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Revue1/2006 - FestSpielHaus

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Jahrgang 8 / Mai <strong>2006</strong><br />

Nummer 1/06<br />

INTERVIEW<br />

„Ich war eine<br />

Hetäre“<br />

Interview mit Alexa Oana, 17<br />

Jahre, Projektteilnehmerin,<br />

zuletzt im Februar <strong>2006</strong> bei<br />

der Festinszenierung »Das<br />

Gastmahl des Trimalchio«;<br />

sie wohnt in Neuperlach und geht<br />

auf die FOS in Giesing. Die Fragen<br />

stellte Fredi Öttl.<br />

Wie bist du auf das Programm<br />

des <strong>FestSpielHaus</strong>es gekommen?<br />

Eine Freundin von mir wollte hier<br />

irgendwie mitmachen. Sie hat es<br />

mir erzählt und mich hat es halt<br />

schon interessiert, weil ich gerne<br />

Theater spiele. Ja, dann habe ich<br />

gesagt, ich komme mit und schau<br />

es mir an.<br />

Hast du vorher schon mal<br />

Theater gespielt?<br />

Ja, nur bei so kleinen Schul veran<br />

staltungen, oder so ähnliche<br />

Sachen.<br />

Was war für dich das Be sondere<br />

bei den »Trimalchio«-Insze<br />

nierungen?<br />

Mir hat alles so gut gefallen, das<br />

ist halt, ich weiß nicht, man sitzt<br />

drin und kann sich die ganze<br />

Zeit amüsieren. Auch als Spieler<br />

macht es Spaß und ich weiß nicht,<br />

das alles insgesamt, ich fand es<br />

so toll. Mich hat es halt beeindruckt.<br />

Was hast du gespielt?<br />

Ich war eine Hetäre, also<br />

eine weibliche Gespielin des<br />

Gastgebers.<br />

Was hat dich an dieser<br />

Spielfigur interessiert?<br />

Ja, dass man so... selbst würde<br />

ich nie so aufdrehen, das hat irgendwie<br />

so was Einzigartiges,<br />

dass man einfach so da sitzt und<br />

irgendwie eine spielen kann, obwohl<br />

man sonst so nie ist.<br />

Wie ging es dir in der<br />

Probenarbeit?<br />

Es war immer sehr lustig und...<br />

ja, es ging gut, finde ich.<br />

Bei welchen Produktionen<br />

hast du bisher schon mitgemacht?<br />

Zweimal bei Trimalchio und dann<br />

Rocktoberfest, und jetzt mach ich<br />

bei Casanova mit.<br />

Du hast mir erzählt, dass du<br />

nach Trimalchio noch eine<br />

Geschichte erlebt hast?<br />

Ja bei der Premiere war eine<br />

Lehrerin von meiner alten Schule<br />

da, die ich vom Sehen kannte.<br />

Dann war ich mal wieder dort<br />

in der Schule und habe sie getroffen.<br />

Ich habe sie mal darauf<br />

angesprochen, wie sie es fand. Sie<br />

Fortsetzung auf Seite 2<br />

WAS WAR...<br />

Wir sind die Zukunft<br />

Erster trägerübergreifender Aktionstag für<br />

Münchner Kinder und Jugendliche<br />

Sabine hatte sich auf viele Fragen<br />

vorbereitet, aber wie man zum<br />

Münchner Hofbräuhaus kommt,<br />

war für sie dann doch überraschend...<br />

Im Rahmen des<br />

Aktionstages »Wir sind die Zukunft.<br />

Bil dung – Freizeit – Abenteuer«<br />

steht Sabine mit sieben weiteren<br />

Jugendlichen in der Münchner<br />

Stadtinformation, um für Kinder<br />

und Jugendliche und das JIZ<br />

(Jugendinformationszentrum) zu<br />

werben.<br />

Ganz anders in der Kinder- und<br />

Jugendkulturwerkstatt:<br />

Ber eits vom Bahnhof aus (ver)führen<br />

Plakate zum Besuch in<br />

der Pasinger Fabrik, wo sich die<br />

Be sucherInnen bei Kaffee und<br />

Kuchen rundum über die Bildungs-<br />

und Freizeitmöglich keiten<br />

für ihre Kinder informieren<br />

können, während diese bereits<br />

in den Werkstätten aktiv werden.<br />

In Neuperlach probieren derweil<br />

junge Erwachsene, was man durch<br />

Theaterspielen alles für das Leben<br />

lernen kann: vom freien Sprechen<br />

vor anderen über Konzentration<br />

bis hin zur Teamarbeit. Die Aktion<br />

ist notwendig, weil Kinder und<br />

Jugendliche in München eine<br />

Minderheit sind.<br />

88 Einrichtungen der offenen<br />

Kinder- und Jugendarbeit öffneten<br />

Tag der<br />

offenen Tür<br />

Zum vierten Mal<br />

seit 2003 veranstaltete das<br />

Fest Spiel Haus einen Tag der<br />

offenen Tür – diesmal als<br />

Bestandteil des Aktionstags<br />

»Wir sind die Zukunft« (s.o.).<br />

Die Aktion »Fotos im Kostüm« kam vor allem bei den Jüngeren sehr gut an<br />

am 25. März zur selben Uhrzeit ihre<br />

Türen und zeigten mit dem Motto<br />

»Wir sind die Zukunft. Bildung –<br />

Freizeit – Abenteuer«, dass Kinder<br />

und Jugendliche in der Stadt eine<br />

starke Lobby haben. Dass sich<br />

Kreisjugendring München-Stadt,<br />

Fachforum Freizeitstätten und<br />

das Erzbischöfliche Jugendamt<br />

München-Freising für diese Ak tion<br />

zusammenschlossen, ist einmalig<br />

in der Münchner Geschichte und<br />

zeigt gleichzeitig das Engagement<br />

der Hauptberuflichen in diesem<br />

Bereich - trotz erheblicher Einschnitte.<br />

Letztes Jahr kam es zu<br />

heftigen finanziellen Einsparungen<br />

im Produktbereich, wie es im<br />

In vier kurzen Stunden boten<br />

wir dichtgepacktes Programm.<br />

Auf der Bühne gab es Klassenzimmertheaterstücke<br />

wie »Goethe<br />

& Co.« oder »Pythagoras« zu<br />

sehen, öffentliche Proben aus dem<br />

Casanova - Stück »Die lustbare<br />

Leidenschaft des Langsamen«<br />

oder antike Stand Up - Comedy<br />

aus unserem Theatertraining<br />

»Yorick & Co.«. Im Video-Block<br />

gab es Trailer, Making-Ofs und<br />

Kurzfilme der letzten Jahre (»Auf<br />

Jargon der Stadtverwaltung heißt.<br />

Manche Einrichtungen erhalten bis<br />

zu 30 Prozent weniger Zuschuss.<br />

Auch wenn noch nicht alles ausgewertet<br />

ist, die InitiatorInnen sehen<br />

das stadtweite gemeinsame<br />

Auftreten als vollen Erfolg. Erste<br />

Ideen für weitere Aktionen werden<br />

bereits diskutiert. Deshalb<br />

bleiben sie auch gleich online:<br />

www.wir-sind-die-zukunft.net.<br />

Münchner Trichter engagiert<br />

sich am Aktionstag<br />

Seinen Beitrag für eine solidarische<br />

Stadtgesellschaft sieht der<br />

Münchner Trichter in einem<br />

viel seitigen Bildungs- und<br />

die Kacke, fertig, los!«, »Sturmfrei«<br />

u.a.). Auch unsere brandneue<br />

Seniorengruppe »Die (Lachf)Alten«<br />

zeigte Ausschnitte aus ihrem<br />

Programm.<br />

Gleichzeitig konnte man in sechs<br />

verschiedenen Workshops Theater<br />

spielen, Fotos im Kostüm machen<br />

lassen, Schwarz-Weiß-Fotos<br />

selbst entwickeln oder sich in<br />

die Geheimnisse der filmischen<br />

Szenenauflösung einführen lassen.<br />

Das reichhaltige Angebot wurde<br />

Eines unserer Models bei der Aktion<br />

»Foto im Kostüm« -<br />

so wie alle anderen Bilder auf dieser Seite<br />

am Aktionstag fotografiert wurden<br />

Freizeitangebot für Kinder und<br />

Jugendliche, das Lebensfreude<br />

und Kulturkompetenzen vermitteln<br />

möchte.<br />

Der Münchner Trichter ist eine<br />

Kooperationsgemeinschaft<br />

der freien und verbandsunabhängigen<br />

Träger der Kinder-<br />

und Jugendhilfe, die nach § 75<br />

Kinder- und Jugendhilfegesetz<br />

anerkannt sind. Der Zusammenschluss<br />

ist bunt, von AG<br />

Buhlstraße über <strong>FestSpielHaus</strong><br />

und Medienzentrum München<br />

bis zum Verein Stadtteilarbeit<br />

sind inzwischen 18 regionale<br />

und überregionale Träger mit<br />

65 Einrichtungen vertreten, in<br />

denen über 300 hauptberufliche<br />

und mehr als 600 nebenberufliche<br />

MitarbeiterInnen eng vernetzt<br />

zusammen arbeiten. Der<br />

Zusammenschluss ist freiwillig<br />

und zeichnet sich in seinen<br />

Grundsätzen und in seinem<br />

Handeln durch den Eigensinn,<br />

die Offenheit, die kritische Solidarität<br />

und die Unabhängigkeit<br />

der Beteiligten aus. Die Geschichte<br />

reicht bis 1991 zurück,<br />

als sich 10 Träger zusammenschlossen.<br />

1994 gaben sie dem<br />

Zusammenschluss einen offiziellen<br />

Rahmen und verpflichteten<br />

sich mit einem Kooperationsvertrag.<br />

1999 richteten sie eine<br />

Geschäftsstelle ein und engagierten<br />

eine Planungsbeauftragte.<br />

Der Münchner Trichter wird<br />

bezuschusst vom Sozialreferat/<br />

Stadtjugendamt. Die Kooperationsgemeinschaft<br />

wirkt aktiv in<br />

diversen Gremien mit und hat<br />

Sitze im Kinder- und Jugendhilfeausschuss.<br />

Mehr über die einzelnen Träger<br />

unter<br />

www.muenchner-trichter.de<br />

Martina Ortner<br />

Planungsbeauftragte des Münchner Trichters<br />

eifrig genutzt: Die Besucher erschienen<br />

zahlreich und blieben<br />

lang – manche sogar von Anfang<br />

bis Ende.<br />

Eine Besonderheit war dieses<br />

Jahr das breite Altersspektrum.<br />

So trafen in den Schau spielworkshops<br />

Unter-Zehnjährige auf<br />

Über-Siebzigjährige und hatten<br />

ihren Spaß daran.<br />

Einmal mehr war das Fest Spiel-<br />

Haus ein Ort außergewöhnlicher<br />

Begegnungen! Peter Geierhaas<br />

EXTERNE PROJEKTE<br />

Soziale Stadt:<br />

Ramersdorf<br />

Schülerstimmen der Klasse 2a<br />

WAS WAR...<br />

„We all scream<br />

for ice cream“<br />

Zu Besuch im »Dead End Café«<br />

Filmforum <strong>2006</strong><br />

Die Kontaktbörse für<br />

junge Filmemacher<br />

Kurz & Gut, die Erste <strong>2006</strong><br />

Ergebnisse aus<br />

der Drehbuchwerkstatt<br />

Hysterikon oder<br />

„Jeder kriegt sein<br />

Scheißetütchen“<br />

Von Markus Schlüter<br />

Die (Lachf)Alten<br />

Ein Beitrag von Sandra Ziegler<br />

Senioren machen<br />

gerne Theater<br />

Beitrag eines Teilnehmers<br />

Escape!<br />

Ein Beitrag von Heribert Zapf<br />

Pythagoras<br />

in der Klasse 9c<br />

Schülerstimmen zum<br />

Klassenzimmerstück<br />

INTERVIEW<br />

Wir sind jedes Mal<br />

sehr begeistert<br />

und fasziniert!<br />

Eine unserer treuesten<br />

Besucherinnen antwortet auf unsere<br />

Fragen<br />

WAS WIRD..<br />

Casanova kommt!<br />

Viel Wirbel um den wohl berüchtigsten<br />

Womanizer aller Zeiten


KOMIK KURZWEIL KONTRAPUNKT<br />

1/06 KOMIK KURZWEIL KONTRAPUNKT 1/06<br />

FORTSETZUNG DES INTERVIEWS VON DER ERSTEN SEITE: INTERVIEW<br />

fand das ganz toll, weil es waren<br />

auch Schüler ihrer Klasse dabei.<br />

Sie hat genau an diesem Tag über<br />

das Stück in der Klasse erzählt,<br />

weil sie es in Latein übersetzen<br />

wollten.<br />

Sie hat erzählt, wie toll sie es<br />

fand und dass sie schon seit fünf<br />

Jahren versucht hatte, Karten zu<br />

bekommen, und dass es diesmal<br />

das erste Mal geklappt hat.<br />

Was war für dich der Unterschied<br />

vom ersten zum<br />

zweiten Trimalchio?<br />

Beim Ersten hab ich überhaupt<br />

nicht gewusst, was auf mich zu-<br />

kommt, weil ja meine Freundin<br />

und ich hier erst später dazugekommen<br />

sind, also kurz vor der<br />

Generalprobe konnten wir uns<br />

noch zwei Rollen ausdenken.<br />

Wir spielten zwei Philo sophie-<br />

schülerinnen, die in Trimalchios<br />

Fest hineinplatzen und ihren<br />

Philosophielehrer entschuldigen,<br />

weil der seinen Weinrausch ausschlafen<br />

muss.<br />

Da war es halt für uns so, dass<br />

bei jeder Aufführung was anderes<br />

passierte. Wir schauten die anderen<br />

Szenen an und so „WOW“,<br />

weil wir kannten das Stück ja<br />

nicht. Und jetzt hat man halt gewusst,<br />

was so passiert.<br />

Aber es war trotzdem toll, wenn<br />

man die Texte kennt und wenn<br />

man irgendwie mal improvisieren<br />

muss, das ist halt immer total lustig,<br />

auch mit den Mitspielern.<br />

Was waren für dich wesentliche<br />

Eindrücke bei den<br />

Produktionen?<br />

Ja, so von den Mitspielern<br />

her, da entsteht also total der<br />

Zusammenhalt, weil wir haben<br />

auch danach immer was zusammen<br />

gemacht. Also, das find ich<br />

ganz toll. Ja, ich weiß nicht, alles,<br />

insgesamt sind es halt lauter neue<br />

Eindrücke, die man sonst nie erlebt.<br />

Welche zum Beispiel?<br />

Ja, schon von den Rollen her. Man<br />

kann sich halt in viele verschiedene<br />

Rollen begeben und die dann<br />

Die Hetären: Alexa ist die zweite von links.<br />

so ausspielen, ohne dass man sich<br />

irgendwie blöd vorkommen muss,<br />

oder so. Alles insgesamt, weil ich<br />

ja davor nie in einem Theater<br />

mitgemacht habe... die Kostüme,<br />

das Schminken, einfach alles.<br />

Was sagen deine Freunde und<br />

Bekannten, wenn sie dich bei<br />

einer Vorführung sehen?<br />

Die sind natürlich ganz begeistert....hihihihi.<br />

Bei welcher Produktion<br />

machst du gerade mit?<br />

Casanova, ja, das ist halt so, dass<br />

die Rolle, also ich weiß noch nicht<br />

genau, was ich da spielen will,<br />

aber ich weiß nur, dass ich adelig<br />

bin...oder eine Hexe, die würde<br />

mich auch mal interessieren.<br />

Die Figuren können wir selbst<br />

entwerfen und dann werden sie<br />

eingebaut.<br />

Das diesjährige Gastgeberpaar:<br />

Tobias Zettelmeier als Trimalchio und Jana Braumann als seine Gattin Fortunata<br />

Wir sind jedes Mal sehr begeistert<br />

und fasziniert!<br />

Fredi Öttl interviewt Frau Bilge Colpan-Yildiz, eine treue<br />

und begeisterte Besucherin unseres Hauses, die lieber unter<br />

einem Pseudonym veröffentlicht werden möchte.<br />

Sie ist Apothekerin, Gerichtsdolmetscherin und Lehrerin für<br />

Türkisch und Deutsch.<br />

Woher kannten Sie die Veranstaltung »Das Gastmahl des<br />

Trimalchio«?<br />

Bei unserem ersten Besuch kamen wir geleitet durch unsere kulturelle<br />

Intuition!<br />

Warum sind Sie gekommen?<br />

Weil wir von Ihrem Jugend-Theater jedes Mal sehr begeistert und<br />

fasziniert waren. Die Atmosphäre ist ein großartiges Event!!<br />

Was sagten Ihre Freunde?<br />

Weil unsere Freunde in München wohnen und Ihr Theater nicht<br />

kannten, konnten sie unsere Bemühung um die Karten nicht verstehen,<br />

und sich unter der Aufführung eigentlich gar nichts vorstellen. Aber<br />

schon vor dem Beginn der Aufführung waren sie in den Bann gezogen,<br />

ließen sich ins Treiben mitziehen, wie in einen schönen Traum... Sie<br />

erzählen heute noch von dem phantastischen Festmahl.<br />

Welche Eindrücke sammelten Sie als Gast?<br />

Faszination, Begeisterung, Rausch der Sinne und vor allem Achtung<br />

vor solchen Leistungen der jungen Menschen unter Ihrer Leitung, durch<br />

die Führung einer sinnvollen Jugendarbeit des Stadtjugendamtes der<br />

Stadt München<br />

Was fanden Sie an der Veranstaltung außergewöhnlich?<br />

Alles! Was mich, als Ausländerin, als politisch Interessierte, begeisterte<br />

und ich es in Worten kaum ausdrücken kann, ist, dass es dem<br />

ganzen Team gelungen ist, bis zur letzten Minute die Atmosphäre<br />

zu halten. Damit möchte ich nochmals betonen, wir sind nicht wegen<br />

der Völlerei zum Festmahl gegangen, sondern weil eine gelungene<br />

Jugendarbeit, rundum in jeder Hinsicht durch die Aufführung erlebbar<br />

war; damit wurde eine Utopie, eine längerfristig anhaltende und<br />

sehr gute (bei aller Spaß-Laune wurde die Ernsthaftigkeit gewahrt)<br />

verwirklicht.<br />

Was war für Sie das Besondere an diesem Abend?<br />

Ich sah die funkelnden und glückstrahlenden Augen der jungen<br />

Menschen und keine Spur von der schweren Last ihrer Biographie war<br />

aus den Gesichtern abzulesen ..Diese glücklichen jungen Menschen,<br />

waren - das ist mein Gefühl - an dem Abend, sie selbst! Sie merkten<br />

- ich hatte den Eindruck, sie waren sehr glücklich und stolz auf<br />

die gemeinsam geglückte Arbeit und auf sich selbst, eine unverzichtbare<br />

= glückliche Erfahrung, die Kinder und Jugendliche beim<br />

Erwachsenwerden brauchen. Diese Jugendlichen haben bestimmt<br />

für ihren Lebensweg etwas Kostbares bekommen, und sie wissen<br />

es auch sehr zu schätzen.<br />

Unsere Gäste kommen teils ziemlich authentisch gekleidet - in römischen Gewändern<br />

WAS WAR...<br />

Hysterikon oder<br />

„Jeder kriegt sein Scheißetütchen“<br />

Von Markus Schlüter<br />

Die dritte 27 + -Produktion<br />

(also für Berufsjugendliche<br />

über 27) hatte den wohlklingenden<br />

Titel »Hysterikon«,<br />

ein Wort, unter dem ich mir<br />

nichts, absolut nichts vorstellen<br />

konnte. Nach zwei klassischen<br />

Theaterstücken von<br />

Brecht und Tschechow nun<br />

ein brandneues, nahezu unbekanntes<br />

Stück von Ingrid<br />

Lausund. Ist das das richtige<br />

Stück für eine Laiengruppe<br />

am <strong>FestSpielHaus</strong>? Als häufiger<br />

Theaterbesucher kenne<br />

ich leider auch diese Momente,<br />

wo man nach einer supermodernen<br />

Inszenierung mehr<br />

oder weniger verstört den<br />

Saal verlässt und sich fragt,<br />

ob man zu blöd für das Stück<br />

oder das Stück einfach nur<br />

schlecht war. Trotzdem fanden<br />

sich zehn Leute zusammen,<br />

die es wagen wollten.<br />

Nach ein paar Wochen allgemeinen<br />

Schauspieltrainings<br />

ging’s dann zügig ernsthaft ans<br />

Stück und obwohl die meisten<br />

immer noch etwas skeptisch<br />

waren, genügte allein der unerschütterliche<br />

Optimismus von<br />

Regisseurin Andrea, um uns gut<br />

gelaunt und mit Spielfreude bei<br />

der Stange zu halten.<br />

Doch zurück zum Stück. Ort:<br />

Ein Supermarkt, in dem ein korrekter<br />

Kassierer über die Einhaltung<br />

von Preisen und Regeln<br />

wacht. Darin tummeln sich ein<br />

gutes Dutzend Kunden, die dort<br />

einkaufen. Es ist ein toller Supermarkt,<br />

denn man kann nicht<br />

nur Waren und Dienstleistungen<br />

kaufen, sondern auch Gefühle,<br />

Freunde, Karrieren, einfach alles,<br />

was man sich denken kann. Ein<br />

scheinbar idealer Ort. Nur die<br />

Kunden wirken etwas merkwürdig.<br />

Eine Sammlung von Psychopathen,<br />

Mördern, Verklemmten,<br />

Ungeliebten, Frustrierten, die<br />

auch noch bei jeder Gelegenheit<br />

durchdrehen. Und das soll lustig<br />

oder spannend sein?<br />

Doch schnell erschließt sich,<br />

dass dieser Supermarkt das reale<br />

Leben ist, gezahlt wird nicht<br />

mit Euro, sondern mit der Lifecard.<br />

Für alles, was man kauft,<br />

egal ob Schokolade oder die große<br />

Liebe, wird von der Lifecard<br />

abgebucht, und wenn die Karte<br />

aufgebraucht ist, muss man die<br />

Bühne des Lebens verlassen und<br />

dies wird ohne Ausnahme und<br />

Mitleid vom Kassierer durchgesetzt.<br />

Die Preise stehen fest, und<br />

gehandelt wird nicht!<br />

Doch nicht nur für die Einkäufe<br />

muss man zahlen. Wesentlich<br />

teurer sind die Dinge, die man<br />

nicht getan hat: Für verpasste<br />

Gelegenheiten, fehlenden Mut<br />

und falsche Entscheidungen<br />

wird gnadenlos von der Karte<br />

abgebucht.<br />

Und diese scheinbaren Psychopathen<br />

im Supermarkt sind<br />

gar nicht so extrem, wie sie zunächst<br />

wirken. In beinahe jeder<br />

Figur steckt ein Teil drin, den<br />

man auch in sich selber findet.<br />

Der einfache Mann, der möchte,<br />

dass alles seine Ordnung hat.<br />

Das junge Mädchen, das von der<br />

großen Liebe träumt und sich<br />

dann doch mit einem Glas Nutella<br />

zufrieden geben muss. Der gutaussehende<br />

Mann, der das Mädchen<br />

kennen lernen will, aber im<br />

passenden Moment keine Worte<br />

findet. Die Frau, die<br />

innerlich schon lang<br />

gestorben ist, aber<br />

noch 30 Jahre leben<br />

muss. Eine andere<br />

Frau, die von<br />

Weltverbesserung<br />

träumt und vom<br />

Rest der Welt doch<br />

nur ignoriert wird.<br />

Selbst der Mörder<br />

wirkt gar nicht<br />

mehr so fremd,<br />

wenn man verstan-<br />

den hat, dass er<br />

einfach nicht mehr<br />

belogen werden<br />

will, sondern in einer<br />

ehrlichen Welt<br />

leben will.<br />

Im Clinch an der Supermarktkasse<br />

Immer noch keiner dabei, der<br />

Dir ähnlich erscheint?<br />

Markus Schlüter in der Rolle des<br />

Achtjährigen<br />

Wie wäre es mit dem ganz<br />

normalen Paar, das täglich seinen<br />

Beziehungsstreit ausficht,<br />

oder dem kleinen Jungen, der<br />

mit acht Jahren lernt, dass die<br />

Welt auf Lug und Trug basiert,<br />

die schöne Frau, die es nicht verkraftet,<br />

zu altern und die Männer<br />

nicht mehr anzuziehen. Und<br />

schließlich die alte Frau, die am<br />

Ende ihres Lebens merkt, nicht<br />

ihr eigenes Leben gelebt zu haben.<br />

Und wann immer man eine<br />

Peinlichkeit begeht und man<br />

am liebsten im Boden versinken<br />

möchte, gibt’s vom Kassierer<br />

noch ein „Scheißetütchen“ dazu.<br />

Das sind die Zutaten zu einer<br />

schrillen Komödie, die wir dank<br />

Andrea’ s kreativen Ideen noch<br />

um ein paar musikalische und<br />

choreographische Elemente erweitert<br />

haben. Das ganze wurde<br />

dann am Ende in knapp zwei<br />

Stunden serviert, die dank Tempo<br />

und Witz auch ohne Pause<br />

kurzweilig waren.<br />

Aber sowohl für uns Schauspieler<br />

wie auch für die Zuschauer<br />

nimmt das Stück eine<br />

interessante Wendung im Lauf<br />

der Zeit. Was als nette, leicht<br />

absurde Komödie anfängt, endet<br />

durchaus in einer sehr bitteren,<br />

nachdenklichen Stimmung. In zu<br />

vielen Personen, die ja im Stück<br />

allesamt scheitern, erkennt man<br />

sich wieder, man<br />

erinnert sich an<br />

all seine verpassten<br />

Gelegenheiten,<br />

zu viele Zitate<br />

hat man schon<br />

im ähnlichen Zusammenhang<br />

ge -<br />

braucht.<br />

Man kann einfach<br />

nicht mehr<br />

unbelastet eine<br />

Kaffeekanne betrachten<br />

oder man<br />

fängt sicher mit<br />

dem Joggen an,<br />

falls die Attraktivität<br />

nachlässt.<br />

Und bei jeder neuen Peinlichkeit<br />

warte ich jetzt immer darauf,<br />

dass mir einer ein „Scheißetütchen“<br />

bringt.<br />

Dennoch ist eins sicher, die Teilnahme<br />

am »Hysterikon« - Projekt<br />

war sicher keine verpasste Gelegenheit,<br />

sondern eine erneute<br />

Aufladung der Lifecard. Wer mal<br />

die Chance hat, ein Projekt unter<br />

Andrea’s Leitung mitzumachen,<br />

sollte sie auch nutzen.<br />

WAS WAR...<br />

Die (Lachf)Alten<br />

Ein Beitrag von Sandra Ziegler<br />

es bleibt zurück nur noch ein --rz--<br />

„Ich war schon bei vielen<br />

Aufführungen im Fest Spiel-<br />

Haus zu Gast und habe mir<br />

schon oft überlegt wie es<br />

wäre, hier auch mal auf der<br />

Bühne zu stehen.“<br />

Einmal Theaterluft schnuppern, das<br />

haben sich alle Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer gewünscht,<br />

die seit November 2005 jeden<br />

Donnerstag vormittags regelmässig<br />

an der Seniorentheatergruppe<br />

im <strong>FestSpielHaus</strong> teilnehmen.<br />

Einige von ihnen haben zuletzt in<br />

ihrer Schulzeit Theater gespielt,<br />

manche bringen überhaupt keine<br />

Erfahrung mit, dafür aber die<br />

Freude daran, mal etwas ganz<br />

Neues zu wagen.<br />

Eine Teilnehmerin meint: „Jetzt<br />

habe ich Zeit fürs Theater, ich lebe<br />

jetzt etwas, was mir früher nicht<br />

möglich war. Das Spielen macht<br />

mir Freude.“<br />

Es dauerte einige Wochen, bis<br />

die Gruppe gemeinsam erarbeitet<br />

hatte, was überhaupt öffentlich<br />

aufgeführt werden soll- eindeutig<br />

war von Anfang an die Tendenz<br />

hin zu heiteren Szenen und<br />

Sketchen- der Alltag sei schließlich<br />

grau genug. Zudem könne<br />

man sich kurze Texte leichter<br />

merken.<br />

„Theaterspielen ist ein gutes<br />

Ge dächtnistraining. Ich habe<br />

WAS WAR...<br />

„Was gibt`s denn da zu glotzen?“<br />

Spaß, auch wenn mal was schief<br />

läuft“, so der Kommentar einer<br />

Teilnehmerin.<br />

Und schief läuft meist immer<br />

etwas. Sei es der verpasste Einsatz<br />

oder der vergessene Text, auch ein<br />

fehlendes Wärmekissen oder eine<br />

verlegte Pausenbrotbüchse können<br />

schon mal für Komplikationen<br />

im Ablauf sorgen - wir sind zwar<br />

nicht immer in Hochform, aber<br />

stets mit viel Elan dabei.<br />

Neben der Freude am Spiel erwarten<br />

die Seniorinnen und Senioren<br />

vor allem eine Verbesserung ihrer<br />

Konzentrationsfähigkeit, da sie<br />

jetzt zusätzlich gefordert werden,<br />

mehr Beweglichkeit und<br />

Sicherheit im Auftreten.<br />

Obwohl das große Ziel einer<br />

öffentlichen Präsentation noch<br />

nicht erreicht ist, haben einige<br />

Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />

bereits den Wunsch geäußert,<br />

mit dem Theaterspielen weitermachen<br />

zu wollen. Sie möchten<br />

(nicht nur alten) Menschen eine<br />

Freude machen und sie zum<br />

Lachen bringen.<br />

Unsere Gruppe hatte bisher jedenfalls<br />

viel Spaß, unser zukünftiges<br />

Publikum hoffentlich auch.<br />

Sandra Ziegler,<br />

Praktikantin beim Evangelischen Hilfswerk,<br />

mit dem das <strong>FestSpielHaus</strong> bei diesem<br />

Projekt kooperiert.<br />

Senioren machen gerne Theater<br />

Beitrag eines Teilnehmers<br />

Der lebendige Beweis ist das<br />

Angebot des <strong>FestSpielHaus</strong>es,<br />

das uns bunt gewürfelte Schar<br />

von bis zu 18 Senioren ins<br />

Theater lockte.<br />

Unter der abwechslungsreichen<br />

Anleitung von Johannes<br />

Schindlbeck, einem kongenialen<br />

Partner von Karl Valentin und<br />

den Marx Brothers, lernten wir<br />

nicht nur Konzentrations- und<br />

Koordinationsübungen kennen.<br />

Johannes öffnete uns die Augen<br />

für die Welt des Theaters mit ihren<br />

zahlreichen Facetten zur kreativen<br />

Gestaltung und Ausarbeitung<br />

von Texten, die so für uns nicht<br />

möglich schienen. Mit bewundernswerter<br />

Geduld ertrug er<br />

nicht nur frierende Mitspieler,<br />

vergessene Hörgeräte und verlegte<br />

Lesebrillen, sondern zog auch<br />

die größten Ratscher in seinen<br />

Bann.<br />

Das größte Theater werden wohl<br />

die Aufführung(en) machen.<br />

Harald von Erhardt<br />

EXTERNE PROJEKTE<br />

Soziale Stadt: Ramersdorf<br />

Schülerstimmen der Klasse 2a und Bilder von der Klasse 3b<br />

Das Theaterprojekt im Rahmen<br />

der „Sozialen Stadt“<br />

München ist im Herbst 2005<br />

vom Hasenbergl nach Ramersdorf<br />

in die Grundschule an der<br />

Führichstraße gezogen. Die<br />

Schüler der einzelnen Klassenstufen<br />

haben neun Wochen lang<br />

die Gelegenheit, sich als Schauspieler<br />

auszuprobieren, eigene<br />

Ideen umzusetzen und Bühnenluft<br />

zu schnuppern.<br />

Bevor es losgeht, wird gemeinsam<br />

ein Vertrag geschlossen, in<br />

Sigi Müller macht mit den Schülern der Klasse 3b Theaterübungen<br />

dem Regeln festgehalten<br />

werden, an die<br />

sich alle Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer<br />

des Theaterprojekts<br />

halten wollen. Durch<br />

Spiele und Übungen trainieren<br />

sie ihren körperlichen Ausdruck,<br />

entwickeln Figuren oder setzen<br />

kleine Szenen um.<br />

Die vierten und dritten Klassen<br />

haben bereits mit großem<br />

Erfolg ihre Präsentation gezeigt.<br />

Jedes Kind darf nach der Stunde Theaterarbeit sagen, was ihm gefallen hat, und was nicht.<br />

Als nächstes werden die zweiten<br />

Klassen am Theaterprojekt<br />

teilnehmen. Die Klasse 2a wird<br />

ihr Theaterstück im Mai bei den<br />

Schulmusiktagen aufführen.<br />

Sigi Müller<br />

Alle Kinder unterschreiben den Theatervertrag<br />

WAS WAR...<br />

Pythagoras in der Klasse 9c<br />

Schülerstimmen zum Klassenzimmerstück<br />

Alles Klasse! Theater im Klassenzimmer!<br />

Schülerstimmen zu einer Aufführung von dem neuen<br />

Klassenzimmerstück »Pythagoras« am Heinrich-Heine-<br />

Gymnasium in München-Neuperlach, am 21. März <strong>2006</strong><br />

Am 21. März <strong>2006</strong> besuchte Michael Dietrich vom <strong>FestSpielHaus</strong><br />

die Klasse 9c. In einem kleinen Schauspiel brachte er uns den Satz<br />

a² + b² = c² näher. Als Mitglieder eines Geheimbundes nahmen wir<br />

an einer packenden Reise durch die vielseitige Gedankenwelt des<br />

Pythagoras teil. Willst Du wissen wie es war, dann lies!<br />

„Alles ist Zahl! Durch Herrn Dietrich habe ich gemerkt, dass Mathe<br />

nicht nur Zahlen, sondern viel mehr ist!“<br />

„Mir hat das Theaterstück sehr gut gefallen, weil man auf witzige<br />

Art etwas über die Theorien von Pythagoras erfahren hat. Ich<br />

finde Herr Dietrich hat gut gespielt, da er sehr schnell von einer<br />

zur anderen Rolle gesprungen ist.“<br />

„Es hat sich schon alleine deswegen gelohnt, weil wir jetzt alle<br />

zum Geheimbund der Pythagoreer gehören! Mal schaun, ob das<br />

in Mathe auch hilft!“<br />

„Mir hat es sehr gut gefallen, weil der Schauspieler so witzig gespielt<br />

hat und man sich den Satz des Pythagoras jetzt viel besser<br />

vorstellen kann.<br />

Außerdem hatten wir keinen Unterricht *grins* !!! Das könnte man<br />

öfter wiederholen!!!“<br />

„Ich fands toll, obwohl ich Aspekte über Pythagoras erfahren habe,<br />

die mich ziemlich verwundert haben.<br />

Ich fand dieses Geheimbundgetue nicht so toll, ziemlich übertrieben<br />

sogar. So etwas sollte man auch zu anderen Personen machen,<br />

z.B. C. Darwin, I. Newton...“<br />

„Mir haben die schnellen Rollenwechsel gut gefallen, dadurch ist das<br />

Ganze lustig und locker geworden. Mehrere solche Mathestunden<br />

wären schön.“<br />

Die Klasse 9c ist sich bei der Frage, ob diese Aufführung im kommenden<br />

Jahr in den 9. Klassen wiederholt werden soll, einig.<br />

Klasse 9c: „Ja, es lohnt sich!“<br />

WAS WAR...<br />

Escape!<br />

Die Aufnahme wurde bei einer Aufführung<br />

in der Hauptschule an der Fernpaßstraße gemacht.<br />

Ein Beitrag von Heribert Zapf<br />

Das Stück »Escape« von Rainer<br />

Lewandowski thematisiert<br />

auf dramaturgisch und<br />

schauspielerisch eindrucksvolle<br />

Weise das Thema Jugendsuizid.<br />

Es lässt uns am Erleben von Jan<br />

teilnehmen und führt uns die<br />

Menschen in seiner nächsten<br />

Umgebung vor.<br />

Jan gelingt es nicht, seinem seelischen<br />

Schmerz Ausdruck zu<br />

verleihen. Er ist hilflos gegenüber<br />

den Kränkungen, die er erfährt.<br />

Er ist hilflos in seiner Sehnsucht<br />

nach Liebe und Freiheit. Da er das<br />

Ausmaß seiner Not selbst nicht erfasst,<br />

wäre er auf Menschen angewiesen,<br />

die seine Notsignale deuten<br />

könnten. Diese Menschen gibt<br />

es nicht. Einzig im Computerspiel<br />

findet er einen Rückzugsort, der<br />

eigentlich eine Sackgasse ist. Er<br />

bleibt mit seiner Wut allein. Sie<br />

führt zu einer Verzweiflung, in der<br />

er sich selbst hinrichtet.<br />

Was ich an dem Stück so gut<br />

finde ist, dass nicht moralisiert<br />

wird, weder gegenüber den<br />

Mitmenschen, noch den aggressiven<br />

PC-Spielen. Es gibt keine<br />

Schuldigen. Und doch gibt es<br />

die eindringliche und einfache<br />

Botschaft, dass wir aufeinander<br />

hören und uns zugewandter gegenüber<br />

den jungen, oft sprachlosen<br />

Menschen, mit denen wir zu<br />

tun haben, verhalten sollten. Diese<br />

Botschaft geht auch ganz selbstverständlich<br />

und ohne erhobenen<br />

Zeigefinger an die Jugendlichen,<br />

die dieses Stück hoffentlich sehr<br />

zahlreich sehen werden.<br />

Heribert Zapf,<br />

Mitarbeiter bei »Arche«, Suizidprävention<br />

und Hilfe in Lebenskrisen e.V.


WAS WIRD...<br />

Casanova kommt!<br />

Viel Wirbel um den wohl berüchtigtsten<br />

Womanizer aller Zeiten<br />

Im Halbkreis sitzen die Teilnehmer<br />

auf der Bühne und beobachten gespannt<br />

die Szenen, die sich in ihrer<br />

Mitte abspielen. Um Geschichten<br />

aus dem Tagebuch des Casanova<br />

geht es dort, und um dessen baldige<br />

Ankunft im Schloss des Grafen.<br />

Diese löst dort einige Aufregung<br />

aus, denn der berühmt-berüchtigte<br />

Frauenheld des 18. Jahrhunderts<br />

gedenkt die Tochter des Grafen<br />

zu ehelichen, was dem hoch verschuldeten<br />

Adeligen gerade recht<br />

kommt, könnte ihn diese Heirat<br />

doch aus seiner unangenehmen<br />

Finanzkrise befreien. Dies ist natürlich<br />

ein willkommener Anlass<br />

zu jeder Menge Klatsch, Tratsch,<br />

Eifersüchteleien und Intrigen zwischen<br />

den Bewohnern des gräflichen<br />

Schlosses.<br />

Dargestellt werden diese von 17<br />

jungen Leuten, die seit Februar<br />

an der Casanova-Produktion<br />

des <strong>FestSpielHaus</strong>es teilnehmen.<br />

Momentan arbeiten die Spieler<br />

an den selbst erarbeiteten Figuren<br />

und einigen improvisierten<br />

Szenen, die eventuell später auch<br />

Teil der Aufführung werden sol-<br />

Impressum<br />

Das Team dieser Ausgabe: Micaela Czisch, Peter Geierhaas,<br />

Andrea Moczko, Sigi Müller, Fredi Öttl, Johannes Schindlbeck,<br />

Beate Zeller, sowie Texte von Schülern, Praktikantinnen, Projektteilnehmerinnen,<br />

und Gästen.<br />

Fotos: Andrea Moczko, Beate Zeller<br />

Comic: Bäsh<br />

Im <strong>FestSpielHaus</strong> können Menschen bis 27 Jahre<br />

kostenlos an professionell angeleiteten Theater- und<br />

Videoprojekten teilnehmen. Das gemeinsam erarbeitete<br />

Ergebnis wird öffentlich gezeigt. MitarbeiterInnen des<br />

<strong>FestSpielHaus</strong>es können zur Beratung und Durchführung von<br />

Workshops angefragt werden. Wir sind Mitglied im Münchner<br />

Aus- und Fortbildungskanal (afk) und senden regelmäßig<br />

Videofilmbeiträge im Kabelkanal S 6.<br />

Im Rahmen des kulturellen Bildungsauftrages für junge<br />

Erwachsene arbeitet das <strong>FestSpielHaus</strong> im Auftrag<br />

der LH München eng mit dem Jugendkulturwerk/<br />

Stadtjugendamt zusammen.<br />

KOMIK KURZWEIL KONTRAPUNKT<br />

1/06<br />

Adelige Töchter erwarten sehnsuchtsvoll die Ankunft von Casanova<br />

gefördert von der<br />

len. Mit viel Begeisterung und<br />

Spielfreude werden die Teilnehmer<br />

zu lästernden Waschweibern,<br />

schmachtenden Hofdamen und<br />

eifrigen Dienstboten. Die junge<br />

Tochter des Grafen ist zu sehen,<br />

wie sie sehnsüchtig auf ihren<br />

geliebten Casanova wartet und<br />

von ihrer eifersüchtigen Schwester<br />

aufgezogen wird. Und für einige<br />

Lacher sorgt eine Improvisation<br />

über die Gräfin, die mit bestimmten<br />

Hoffnungen die Ankunft des<br />

Draufgängers erwartet und von<br />

einer rechtschaffenden Nonne zu<br />

diesem Anlass mit abführendem<br />

Johanniskraut, statt mit dem gewünschten<br />

Aphrodisiakum versorgt<br />

wird.<br />

Das Ergebnis der Probenarbeit,<br />

»Die lustbare Leidenschaft<br />

des Langsamen – unglaubliche<br />

Geschichten aus dem<br />

verschollenen Tagebuch des<br />

Casanova« ist ab dem 12.05.06<br />

im <strong>FestSpielHaus</strong> zu sehen.<br />

Jantina Schnittger,<br />

Praktikantin und Studentin der<br />

Kulturwissenschaften in Hildesheim<br />

im 4. Semester<br />

Die <strong>FestSpielHaus</strong>-Revue erscheint zweimal jährlich,<br />

liegt im <strong>FestSpielHaus</strong> aus und berichtet über laufende,<br />

anstehende und zurückliegende Projekte und<br />

Inhalte unserer Arbeit.<br />

Die interessierte Öffentlichkeit und In ha ber Innen der<br />

Clubkarte erhalten sie zugeschickt.<br />

Jahrgang 8 / Mai <strong>2006</strong><br />

Nummer 1 / 06<br />

<strong>FestSpielHaus</strong><br />

Quiddestr. 17<br />

81735 München<br />

fon 089/67 20 20<br />

fax 089/63 73 450<br />

info@festspielhaus.biz<br />

www.festspielhaus.biz<br />

WAS WAR...<br />

Filmforum <strong>2006</strong><br />

Die Kontaktbörse für junge Filmemacher<br />

Die Kommunikationsplattform<br />

für Münchner Filmer konnte<br />

sich gerade in diesem Bezug<br />

gut sehen lassen:<br />

Neue Kontakte wurden geknüpft,<br />

zukünftige Projekte besprochen,<br />

Daten von Filmcrews<br />

für wenigstens die nächsten fünf<br />

Jahre zusammengetragen.<br />

Die acht Filme von sechs Teilnehmern,<br />

die gezeigt wurden,<br />

konnten unterschiedlicher wohl<br />

kaum ausfallen. Ob in der ausdauernden<br />

Einstellung oder im<br />

zeitraffenden Schnitt, der Blick<br />

auf unsere Welt wurde von verschiedenen<br />

Perspektiven gezeigt<br />

und hat hoffentlich auch einige<br />

geöffnet.<br />

WAS WAR...<br />

Im zum Bersten vollen Café des<br />

<strong>FestSpielHaus</strong>es stellten sich die<br />

einzelnen Filmemacher vor, um<br />

in anschließenden Gesprächen<br />

eben solche Verknüpfungen herzustellen,<br />

die das Filmforum ausmachen.<br />

Diese Möglichkeit wurde voll<br />

ausgeschöpft und so gab es nicht<br />

nur einen glücklichen Publikumspreisgewinner<br />

(Tim Fehlbaum<br />

für »stereotyped«), sondern viele<br />

grinsende Gesichter, die versicherten,<br />

wie ergiebig der Abend<br />

für sie war.<br />

Und so soll es sein!<br />

Kurz & Gut, die Erste<br />

Die Ergebnisse der Drehbuchwerkstatt<br />

Nadine Christel an der Kamera, Ines Wuttke schickt einen<br />

prüfenden Blick auf die Szenerie<br />

Erneut wurde das Büro des<br />

<strong>FestSpielHaus</strong>es zum Set eines<br />

Filmes erklärt. Diesmal wurde<br />

jedoch nicht über die Farbe<br />

des Drahtes zur Entschärfung<br />

einer Bombe diskutiert, oder ein<br />

kleiner Angestellter verführerisch<br />

zum Abendessen eingeladen,<br />

sondern das Erstellen einer<br />

Zeitung stand im Mittelpunkt.<br />

Und das in drei völlig verschiedenen<br />

Versionen. So vielseitig<br />

einsetzbar sind die blauen Wände!<br />

Andrea Moczko<br />

Für »Kurz & Gut <strong>2006</strong>« waren<br />

zwei Teams wieder dabei, die<br />

Drehbücher aus der Drehbuchwerkstatt<br />

möglichst genau den<br />

Vorstellungen der jeweiligen Regisseurin<br />

entsprechend umzu-<br />

Farangis Stahl beim Überprüfen der Kameraeinstellungen<br />

Die Filmcrew der »Rote Beete«-Produktion<br />

setzen. Diese hatten zuvor das<br />

Buch geschrieben und nun vor,<br />

diese Geschichte auch bis zum<br />

„bitteren Ende“ durchzuziehen.<br />

Das beinhaltete neben der organisatorischen<br />

Vorbereitung der<br />

Drehs und der Regie auch den<br />

Schnitt. Man will sein „Baby“<br />

einfach nicht mehr loslassen.<br />

Die gesamte Crew war bei<br />

den Dreharbeiten mit großem<br />

Eifer dabei, was bei den unvermeidlich<br />

langen Drehtagen nicht<br />

immer einfach war. Aber es galt<br />

eine Idee zu verwirklichen!<br />

Diese Verwirklichungen waren<br />

dann am 5. Mai im FestSpiel-<br />

Haus zu bewundern, und sicher<br />

nicht nur die Regie war erstaunt,<br />

wie eine Idee plötzlich nicht nur<br />

laufen, sondern gar springen gelernt<br />

hat. Andrea Moczko<br />

WAS WAR...<br />

„We all scream for ice cream ...”<br />

Zu Besuch im »Dead End Café«<br />

„Mir scheint, hier wird Trübsal geblasen. Dumpf gebrütet. Am Leben verzagt.”<br />

Der Weg ist das Ziel? Von<br />

wegen! Wer auch immer diesen<br />

Satz prägte – »Dead End<br />

Café« hat der wohl nicht gesehen.<br />

Jede Figur in unserem<br />

Bühnenstück ist auf ein Ziel<br />

fixiert und trachtet danach,<br />

ihren Traum zu verwirklichen.<br />

Und scheitert kläglich.<br />

Aber alles der Reihe nach.<br />

Oktober 2005, Be sprech ungsraum<br />

des <strong>FestSpielHaus</strong>es: Die<br />

Projektgruppe »Theater macher«<br />

trifft sich zum ersten Mal. Das<br />

offensichtliche Ziel – The a termachen.<br />

Wir stehen, nein, sitzen<br />

in der Vorproduktion für ein<br />

Bühnenstück, das am 17. März<br />

<strong>2006</strong> Premiere haben wird. Proben<br />

beginn ist für Januar angesetzt<br />

und bis dahin muss ein<br />

dramatisches Gerüst erstellt sein.<br />

Gut zwei Monate lang tragen<br />

die Theatermacher nun ihre<br />

Ideen zusammen, vergleichen,<br />

revidieren, eliminieren, und stellen<br />

schließlich fest: Wir wollen<br />

eine „geschlossene Gesellschaft“,<br />

einen Mikrokosmos der Gesellschaft<br />

auf engem Raum - nicht<br />

existentialistisch-düster, sondern<br />

eher rätselhaft-mysteriös, klaustrophobisch<br />

(wenn auch vor<br />

dem Hintergrund endloser Weite),<br />

durchaus auch tragisch, aber<br />

insgesamt doch eine Komödie.<br />

Die unterschiedlichsten Typen<br />

sollen in der Pampa des Nirgendwo<br />

stranden. Ein Ort, an dem es<br />

nichts gibt als eine Toilette und<br />

einen Kaffeeautomaten. Letzterer<br />

soll unsere Figuren nicht nur<br />

mit einer Alltagsdroge versorgen,<br />

sondern auch mit Sentenzen<br />

vergiften, die auf dem Boden<br />

der Kaffeebecher stehen.<br />

Januar <strong>2006</strong>, Probenbeginn:<br />

Neues Jahr, neue Gesichter,<br />

neue Ideen. Das Projekt trägt<br />

nun auch seinen neuen Namen:<br />

»Dead End Café«.<br />

Einen Text gibt es zwar noch<br />

nicht, dafür einen dramatischen<br />

Grundriss mit einem Satz Figuren.<br />

Die Vorgaben der Theatermacher<br />

sind noch im Entwicklungsstadium,<br />

doch der Übertrag<br />

an die künftigen Darsteller<br />

gelingt. Ob nun Glück<br />

oder/und Können, das<br />

Schicksal ist besiegelt<br />

und das Stück erwacht<br />

endlich zum Leben. Nur<br />

eine Kopfgeburt, ein<br />

„Darling“ überlebt nicht<br />

- das Toilettenhäuschen<br />

muss dran glauben. Es<br />

wird gestrichen – schnief! Dafür<br />

ist aber mehr Raum für das<br />

andere Spielmoment – den Kaffeeautomaten.<br />

Nun werden die<br />

Pseudo-Weisheiten und arglosen<br />

Sinnsprüche aus den Kaffeebechern<br />

garantiert ihre Wirkung<br />

entfalten, und ihre Opfer folgenreich<br />

treffen.<br />

In Improvisationen werden<br />

schließlich alle möglichen und<br />

unmöglichen Spielmanöver<br />

ausgelotet. Jeder aus der Gruppe<br />

- die Zahl der Mitwirkenden<br />

stabilisiert sich auf 14 - trägt sein<br />

Scherflein bei. Dennoch bleibt<br />

das Ringen um Stoff- und Sinnfindung<br />

eine mühevolle Arbeit. Wel-<br />

Verona: „Schieß, wenn du willst.”<br />

Bonnie: „Ja, schieß, du Schlappschwanz!”<br />

Erstens<br />

kommt es anders,<br />

und zweitens<br />

als man denkt?<br />

ches Ziel verfolgen die jeweiligen<br />

Figuren, welchen Traum haben<br />

sie im Gepäck? Egal, wir halten<br />

sie alle auf! Das Spießerpärchen<br />

reist gerade in die Flitterwochen,<br />

die Girlie-Band ist auf dem Weg<br />

in die Top Ten, und die dauerdichten<br />

Kiffer haben bald ihre eigene<br />

Cannabis Farm. Das Glück<br />

ist zum Greifen nahe, nur noch<br />

ein letzter Zwischenstop ...<br />

Erstens kommt es anders, und<br />

zweitens als man denkt? Absolut<br />

richtig! Das gilt nicht nur für<br />

die Figuren, sondern auch für<br />

die Projektgruppe selbst. Den<br />

Schluss kannten wir<br />

zum Beispiel auch erst -<br />

zum Schluss. Und nicht,<br />

dass wir ihn gleich als<br />

solchen erkannt hätten:<br />

„Wenn wir schon<br />

nicht kapieren, dass das<br />

Stück an dieser Stelle<br />

zu Ende ist…?“ Zum<br />

Glück erwies sich diese Sorge<br />

als unbegründet. Im letzten Akt<br />

klingelt der Eismann ebenso laut<br />

wie unerwartet und nimmt allen<br />

Verzweifelten ihre überflüssigen<br />

Illusionen im Tausch gegen erfrischende<br />

Eistüten ab.<br />

Danach stellte sich nur noch<br />

die wirklich allerletzte aller Sinnfragen:<br />

„Sollen sich Ronnie und<br />

Gitti küssen?“. Sie wurde vom<br />

Ensemble mit einem überwältigenden<br />

„Aber hallo!“ beantwortet.<br />

Also küssten sie sich – und<br />

das Publikum verstand sofort:<br />

Endstation? Von wegen!<br />

Bernadette Jung,<br />

Teilnehmerin an der Schreibwerkstatt - im<br />

Stück spielt sie die Kifferin „Sunshine“<br />

Oma:<br />

“Hartmut! Oh, mein<br />

Geliebter!”<br />

Marley:<br />

„He, Oma, ich glaube, das<br />

ist ein Missverständnis.”

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