Beispiel 1
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Beispiel 1
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Bedeutung sozialer Daten für die<br />
Frühförderung<br />
Dr. Gabriele Ellsäßer, Landesgesundheitsamt Brandenburg<br />
gabriele.ellsaesser@lga.brandenburg.de<br />
11. Forum Frühförderung „Frühkindliche Entwicklung – Wie wirken Frühförderung und Sozialpädiatrie?“,<br />
Potsdam, 9. September 2009<br />
LASV Landesgesundheitsamt
Gliederung<br />
Soziale Lage und familiärer Kontext<br />
Auswirkung der sozialen Lage auf die Gesundheit<br />
– <strong>Beispiel</strong> 1 Sprach- und Sprechstörungen<br />
– <strong>Beispiel</strong> 2 ärztlich befundete Verhaltensstörungen<br />
Schlussfolgerung<br />
LASV Landesgesundheitsamt
Schulbildung<br />
niedrige Schulbildung (fehlender<br />
Schulabschluss bzw. weniger als 10<br />
Klassen)<br />
mittlere Schulbildung (10 Klassen)<br />
hohe Schulbildung<br />
(mehr als 10 Klassen)<br />
Erwerbstätigkeit<br />
nicht erwerbstätig<br />
erwerbstätig (Vollzeit und Teilzeit)<br />
Konstruktion des Sozialindex<br />
Punkte je<br />
Elternteil<br />
1<br />
2<br />
3<br />
1<br />
2<br />
niedriger<br />
Sozialstatus<br />
4 – 6 Punkte<br />
mittlerer<br />
Sozialstatus<br />
7 – 8 Punkte<br />
hoher Sozialstatus<br />
9 – 10 Punkte
Entwicklung des Sozialstatus von Einschülerfamilien<br />
(2000 – 2008)<br />
Anteil mit niedrigem<br />
Sozialstatus abnehmend<br />
Anteil mit hohem Sozialstatus<br />
zunehmend<br />
Grund:<br />
1. Rückgang der Arbeitslosigkeit<br />
2. höhere Bildungsabschlüsse<br />
der Eltern<br />
100%<br />
80%<br />
60%<br />
40%<br />
20%<br />
0%<br />
%-Anteil Sozialstatusgruppen von Einschülerfamilien<br />
21 21 23 24 25 25 26 28 30<br />
58 57 57 56 55 55 55 54 52<br />
21 22 20 21 20 20 20 18 17<br />
2 0 0 0<br />
(N =1 2 .9 3 1 )<br />
2 0 0 1<br />
(N =1 4 .5 6 4 )<br />
2 0 0 2<br />
(N =1 5 .8 5 7 )<br />
2 0 0 3<br />
(N =1 8 .1 8 7 )<br />
2 0 0 4<br />
(N =1 8 .4 3 7 )<br />
2 0 0 5<br />
(N =2 2 .9 9 5 )<br />
2 0 0 6<br />
(N =2 1 .8 0 9 )<br />
2 0 0 7<br />
(N =1 9 .9 6 8 )<br />
2 0 0 8<br />
(N =1 9 .3 4 8 )<br />
hoch<br />
mittel<br />
niedrig
Sozialstatus und familiärer Kontext<br />
Besonders benachteiligt<br />
sind Einschüler<br />
mit alleinerziehendem<br />
Elternteil und Geschwisterkind,Hauskinder<br />
und Migrantenkinder<br />
(n=1.662) (n=11.048) (n=332)<br />
(n=18.610) (n=362) (n=18.042)<br />
100%<br />
90%<br />
80%<br />
13%<br />
35%<br />
29% 30%<br />
14%<br />
31%<br />
70%<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0%<br />
36%<br />
51%<br />
51%<br />
13%<br />
Allein- Nicht<br />
erziehendAlleinerziehend 44%<br />
27%<br />
nicht<br />
deutsch<br />
53%<br />
17%<br />
42%<br />
44%<br />
deutsch Hauskind<br />
2 oder mehr Kinder Muttersprache Kitabesuch<br />
52%<br />
17%<br />
Kita-<br />
Kind<br />
Sozialstatus<br />
hoch<br />
Sozialstatus<br />
mittel<br />
Sozialstatus<br />
niedrig
Gliederung<br />
Soziale Lage und familiärer Kontext<br />
Auswirkung der sozialen Lage auf die Gesundheit<br />
– <strong>Beispiel</strong> 1 Sprach- und Sprechstörungen<br />
– <strong>Beispiel</strong> 2 ärztlich befundete Verhaltensstörungen<br />
Verhaltensstörungen<br />
Schlussfolgerung<br />
LASV Landesgesundheitsamt
<strong>Beispiel</strong> 1: Relevanz von<br />
Sprachstörungen für Schulerfolg<br />
„Sprache gilt als wesentliche Schlüsselkompetenz, die sich<br />
auf nahezu alle anderen Entwicklungsbereiche auswirkt.<br />
Variationen in der Sprachentwicklung von Kindern korrespondieren<br />
mit Unterschieden der Kinder in anderen Entwicklungsbereichen.<br />
So sind bei Kindern mit Sprachentwicklungsstörungen<br />
Auswirkungen auf den Schulerfolg und<br />
die psychosoziale Entwicklung zu befürchten. Eine wirksame<br />
Einflussnahme auf die sprachliche Entwicklung könnte derlei<br />
sekundären Folgen vorbeugen.“<br />
Quelle: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen:<br />
„Früherkennungsuntersuchung auf umschriebene Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache“ (27.10.2008)<br />
Landesgesundheitsamt im LASV
<strong>Beispiel</strong> 1: Untersuchungsverfahren Sprach- und<br />
Sprechstörungen bei Einschülern<br />
Kind auffällig im<br />
Grammatiktest und<br />
bei der Artikulation<br />
(BUEVA/Esser)<br />
Quelle: Handbuch für den Kinder- und Jugendgesundheitsdienst im Land Brandenburg<br />
– Leitlinien zur einheitlichen Durchführung und Dokumentation der Kinder- und jugendärztlichen Untersuchungen<br />
Aufgabe: grammatische Regeln anwenden<br />
Aufgabe: Was fliegt? Artikulation von<br />
Lauten bzw. Lautfolgen
<strong>Beispiel</strong> 1:<br />
Sprach- und Sprechstörungen in % in den Sozialstatusgruppen<br />
Häufigster Befund mit ca. 20 %<br />
1,5 mal häufiger bei Jungen<br />
3- mal häufiger bei Einschülern<br />
aus Familien mit niedrigem<br />
Sozialstatus (vs. hohem)<br />
Besonders starke Zunahme<br />
bei Einschülern aus Familien<br />
mit niedrigem Sozialstatus<br />
40%<br />
35%<br />
30%<br />
25%<br />
20%<br />
15%<br />
10%<br />
5%<br />
0%<br />
Befunde in % untersuchter Einschüler nach Sozialstatus<br />
771<br />
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />
LASV Landesgesundheitsamt<br />
1.192<br />
Niedriger<br />
Sozialstatus<br />
Hoher<br />
Sozialstatus<br />
Mittlerer<br />
Sozialstatus
Sprachstörungen und familiärer Kontext<br />
Hauskinder aus Familien mit niedrigem Sozialstatus<br />
zeigten signifikant* häufiger Sprachstörungen als<br />
Kinder aus der gleichen Sozialstatusgruppe, die eine<br />
Kita besucht haben 40 % vs. 35 %<br />
Auch Hauskinder aus Familien mit hohem Sozialstatus<br />
haben signifikant* häufiger Sprachstörungen im<br />
Vergleich zu den Kitakindern der gleichen<br />
Sozialstatusgruppe 22 % vs. 11 %<br />
*p< 0, 05
Einfluss von sozialen und kindbezogenen Merkmalen<br />
auf Sprachstörungen (multiple logistische Regression )<br />
Zielgröße: Sprachstörungen bei Einschülern (5,9 Jahre), 19 %, 2008<br />
Sozialstruktur der Familien<br />
Den höchsten Einfluss hatte eine Schulbildung unter 10. Klasse von Vater<br />
oder Mutter (Verdoppelung des Risikos)<br />
Waren Vater oder Mutter nicht erwerbstätig erhöhte sich das Risiko<br />
ebenfalls, aber nicht so stark wie bei niedriger Schulbildung (+40 %)<br />
Familiäre Merkmale<br />
Risikoerhöhend sind mehrere Geschwisterkinder<br />
+35 % bei drei Kindern, + 50 % bei 5 Kindern<br />
Risikoerhöhend Migrationsstatus (+40 %)<br />
Keinen Einfluss hatte die familiäre Beziehungsform
Einfluss von sozialen und kindbezogenen Merkmalen<br />
auf Sprach- und Sprechstörungen<br />
(logistische Regression )<br />
Von den kindbezogenen Einflussmerkmalen waren<br />
am stärksten:<br />
Männliches Geschlecht (+70 %)<br />
Hörstörungen (+ 60 %)<br />
Sehfehler (+ 60 %)<br />
Niedriges Geburtsgewicht (< 2.500 g)
Was „mildert“ Sprachstörungen?<br />
Der Besuch einer Kindertageseinrichtung und die<br />
Dauer des Kita-Besuches in Jahren erwiesen sich<br />
als „mildernde“ Faktoren<br />
– Besuch der Kita unter ein Jahr: Risiko erhöht um<br />
50 %<br />
– Besuch der Kita von 2 Jahren: Risiko verringert<br />
auf 40 %<br />
– Besuch der Kita von 4 Jahren und mehr: kein<br />
Risiko mehr erkennbar
in % der Sozialstatusgruppe<br />
80%<br />
70%<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0%<br />
Der Sozialstatus hat einen Einfluss auf die<br />
Dauer des Kita-Besuches<br />
kein Kita-<br />
Besuch/weniger<br />
als ein Jahr<br />
(N=689)<br />
Einschüler 2008 (N=21.240)<br />
bis zu 2 Jahre<br />
Kita<br />
(N=1.139)<br />
bis zu 3 Jahre<br />
Kita<br />
(N=4.603)<br />
mehr als 3 Jahre<br />
Kita<br />
(N=11.973)<br />
Sozialstatus<br />
niedrig<br />
Sozialstatus<br />
mittel<br />
Sozialstatus<br />
hoch
<strong>Beispiel</strong> 2: Verhaltensstörungen in %<br />
nach sozialer Lage<br />
Bei Kindern aus Familien mit niedrigem Sozialstatus stellten<br />
die Kinderärzte häufiger Verhaltensstörungen fest<br />
ADHS/ADS<br />
emotionale<br />
soziale<br />
Störungen<br />
1,9%<br />
1,7%<br />
Einschüler 2008 (N = 21.240)<br />
3,4%<br />
4,3%<br />
8,2%<br />
8,7%<br />
0% 2% 4% 6% 8% 10%<br />
in %<br />
Einschüler aus Familien<br />
niedrigem Sozialstatus<br />
(N=3.373)<br />
mittlerem Sozialstatus<br />
(N=10.116)<br />
hohem Sozialstatus<br />
(N=5.859)
Gliederung<br />
Soziale Lage und familiärer Kontext<br />
Auswirkung der sozialen Lage auf die Gesundheit<br />
– <strong>Beispiel</strong> 1 Sprach- und Sprechstörungen<br />
– <strong>Beispiel</strong> 2 ärztlich befundete Verhaltensstörungen<br />
Schlussfolgerung<br />
LASV Landesgesundheitsamt
Schlussfolgerung<br />
Die soziale Lage der Eltern prägt die Gesundheit der<br />
Kinder wesentlich<br />
Die soziale Lage der Eltern hat einen stärkeren Einfluss auf<br />
Sprachstörungen der Kinder als kindbezogene Merkmale<br />
Hauskinder sind besonders benachteiligt<br />
Die Dauer des Besuches einer Kindereinrichtung hat eine<br />
kompensatorische (mildernde) Wirkung, z.B. auf<br />
Sprachstörungen<br />
In der Frühförderung ist daher die Sozialanamnese<br />
(Schulbildung der Eltern und Erwerbstätigkeit) systematisch<br />
zu erheben und zu dokumentieren
Vielen Dank für<br />
Ihre<br />
Aufmerksamkeit!