1. Grundprinzipien des US-Steuerrechts - MARC BAUEN
1. Grundprinzipien des US-Steuerrechts - MARC BAUEN
1. Grundprinzipien des US-Steuerrechts - MARC BAUEN
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Marc Bauen<br />
Dr. iur., Rechtsanwalt, LL.M.<br />
Das internationale<br />
Steuerrecht der <strong>US</strong>A<br />
Zweite, vollständig neu bearbeitete und<br />
erweiterte Auflage
Bibliografische Information ‹Der Deutschen Bibliothek›<br />
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;<br />
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ‹http://dnb.ddb.de› abrufbar.<br />
Alle Rechte, auch die <strong>des</strong> Nachdrucks von Auszügen, vorbehalten. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung<br />
<strong>des</strong> Verlages unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen,<br />
Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronische Systeme.<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich · Basel · Genf 2007<br />
ISBN 978-3-7255-5340-2<br />
© LINDE VERLAG WIEN Ges.m.b.H., Wien 2007<br />
ISBN 978-3-7073-1121-1<br />
www.schulthess.com<br />
www.lindeverlag.at
«To tax and to please,<br />
no more than to love and to be wise,<br />
is not given to men.» 1<br />
<strong>1.</strong> <strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
<strong>1.</strong>1 Grundlegende Elemente<br />
<strong>1.</strong><strong>1.</strong>1 Finanzverfassung der <strong>US</strong>A<br />
Im Jahr 1913 wurde dem <strong>US</strong> Congress mit der Verabschiedung <strong>des</strong> XVI. Amendment<br />
zur <strong>US</strong> Constitution die volle Steuerhoheit übertragen 2 . In der Folge begann<br />
die moderne Steuergesetzgebung der <strong>US</strong>A 3 . Mit der Kodifikation <strong>des</strong><br />
Gesetzbuches über die Bun<strong>des</strong>steuern, dem Internal Revenue Code (IRC), kam<br />
es dann im Jahr 1954 zu einer Neufassung der Steuergesetze, welche mit<br />
dem Tax Reform Act of 1986 einer weiteren wegweisenden Umgestaltung<br />
unterworfen wurden. Mit dieser Reform wurden (i) eine Vereinfachung <strong>des</strong><br />
Veranlagungsverfahrens, (ii) eine Ausdehnung der Besteuerungsgrundlage<br />
und (iii) eine ausgewogene Steuerbelastung bei gleichzeitiger Aufkommensneutralität<br />
angestrebt. Dabei sollte einerseits das Haushaltsdefizit verringert<br />
werden, andererseits wollte man insbesondere die in den 1970er und<br />
1980er Jahren in grossem Stil in Mode gekommenen «Verlustabschreibungsmodelle»<br />
(«tax shelters») zerschlagen. Auch die Rechtssicherheit sowie die<br />
Effizienz <strong>des</strong> Veranlagungsverfahrens sollten gesteigert werden. Die Steuersätze<br />
wurden gesenkt, und der Stufentarif erfuhr eine Verflachung. Nominell<br />
wurde die unterschiedliche Besteuerung von Gewinnen aus Veräusserung<br />
von Kapitalgütern («capital gains») und gewöhnlichem Einkommen («ordinary<br />
income») beseitigt 4 .<br />
1 Edmund Burke, Speech on American Taxation, 19. April 1774, in: Fred R. Shapiro (1993) 396<br />
N 3.<br />
2 «The Congress shall have power to lay and collect taxes on income, from whatever source derived,<br />
without apportionment among several States, and without regard to any census or enumeration.»<br />
Vgl. dazu McDaniel/Ault/McMahon/Simmons (2004) 5 ff.; Jörg-Dietrich Kramer (1990) 35 ff.<br />
3 Vgl. McDaniel/Ault/McMahon/Simmons (2004) 1 ff. und (2006) 1 ff.; Clemens Thiele (1999) 9 ff.;<br />
vgl. auch Jörg-Dietrich Kramer (1990) 35 ff. Zum <strong>US</strong>-Steuerrecht im Allgemeinen in Deutsch vgl.<br />
Jörg Kroschel (2000A) und (2000B) mit Hinweisen zu den Unterschieden zum deutschen Recht;<br />
Clemens Thiele (1998); Treumann/Peltzer/Kuehn (1990) 372 ff.; vgl. insbesondere die Beiträge<br />
von Hans Zschiegner, davon u.a. (2003C) 1225 ff., (2002B), (1998) 919 ff. und (1990) 57 ff. Eine<br />
Literaturübersicht gibt Jürgen Kadel (2001) 583 ff. Bei den international tätigen Unternehmen<br />
der Wirtschaftsprüfung können über das Internet zudem praxisnahe Einführungen bezogen<br />
werden; vgl. z.B. www.ernst-young.de. Vgl. auch die Einführung von Joseph C. Amico (1993).<br />
4 Zum Tax Reform Act of 1986 vgl. insbesondere McDaniel/Ault/McMahon/Simmons (2004) 11 ff.;<br />
Cay Folkers (1987) 276 ff.; Haueisen/Haupt (1986) 874 ff. Vgl. auch die Empfehlungen <strong>des</strong><br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
1<br />
1
2<br />
3<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
Die Novelle <strong>des</strong> IRC <strong>des</strong> Jahres 1993, der Omnibus Revenue Reconciliation Act<br />
of 1993 wie auch die Reform von 1997 brachten eine erneute Erhöhung <strong>des</strong><br />
Spitzensteuersatzes durch Hinzufügung einer marginalen Stufe für Einkommen<br />
über 140 000 <strong>US</strong>D von Verheirateten bei gemeinsamer Steuererklärung<br />
und über 115 000 <strong>US</strong>D bei Unverheirateten 5 . Steuerpflichtige der höchsten<br />
Einkommensklasse unterlagen einer Zusatzsteuer («surtax») von 10%. Diese<br />
erhöhte den Maximalsteuersatz der Bun<strong>des</strong>steuer auf 39,6% und fand auf<br />
sämtliche Bemessungsgrundlagen über 250 000 <strong>US</strong>D Anwendung. Der Spitzensteuersatz<br />
für langfristige Gewinne aus Verkäufen wurde demgegenüber<br />
auf 28% eingefroren. Entgegen den Zielen der Reform von 1986 konnte seitdem<br />
nicht mehr von einem einheitlichen Steuersystem («unitary system»)<br />
gesprochen werden. Vergleichend kann auf den Unterschied zur Mehrheit<br />
der europäischen Staaten hingewiesen werden, die in einem ersten Schritt<br />
sämtliche erzielten Einkünfte aller Kategorien zusammenrechnen und im<br />
zweiten Schritt einen einheitlichen Steuertarif darauf anwenden. Die Unterscheidung<br />
in «ordinary income» und «capital gains» ist demgegenüber ein<br />
zentrales Charakteristikum <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong> 6 .<br />
Der Economic Growth and Tax Relief Reconciliation Act of 2001 (EGTRRA)<br />
brachte dann eine allgemeine Reduktion der Steuersätze (u.a. Reduktion <strong>des</strong><br />
Maximalsteuersatzes bei der Bun<strong>des</strong>steuer auf 36%) und eine Erweiterung<br />
der Abzugsmöglichkeiten sowie substanzielle Änderungen bei der Federal<br />
Estate and Gift Tax 7 . Die Steuererleichterungen <strong>des</strong> EGTRRA wurden dann<br />
mit dem Jobs & Growth Tax Relief Reconciliation Act of 2003 noch erweitert<br />
und insbesondere schneller ins geltende Recht übergeführt 8 . Eine weiter<br />
gehende Reform <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>steuerrechts brachte dann der American Jobs<br />
Creation Act of 2004. Dieser hob nicht nur die Regeln zur Foreign Sales Corporation<br />
(FSC) auf, sondern zog auch substanzielle Erleichterungen für in den<br />
<strong>US</strong>A produzierende Unternehmen, für die Landwirtschaft und allgemein für<br />
die kleinen und mittleren Unternehmen («small businesses») nach sich. Des<br />
Weiteren brachte diese Reform auch Erleichterungen im Bereich der steu-<br />
<strong>US</strong> Treasury Department (1985) 1 ff. sowie die Erklärungen <strong>des</strong> Joint Committee on Taxation<br />
(1987) 288 ff.; Hans Zschiegner (1986) 2351 ff.; Siegfried Grotherr (1985).<br />
5 Omnibus Revenue Reconciliation Act of 1993: Diese Gesetzesnovelle liess eine klare Linie vermissen.<br />
Einerseits wurden die Steuersätze für höhere Einkommen erhöht und die Grundlage<br />
der Steuerbemessung (noch) breiter definiert, andererseits wurden einige Steueranreize als<br />
Antwort auf die wirtschaftliche Stagnation aufgenommen. Zu den Reformen der Jahre 1997<br />
und 1999 vgl. Hans Zschiegner (1997) 903 ff.; Gerhard Vorwold (1997) 143 ff.; Kroschel/Wellisch<br />
(1998) 494 ff.; Dominique Jacob (1998) 129 ff.<br />
6 Dieser systemimmanenten Zweiteilung wegen kommt der Charakterisierung der Einkünfte<br />
und der Aufwendungen auch im akademischen Unterricht grösste Bedeutung zu.<br />
7 Vgl. dazu nachstehend 7. Kapitel (N 684 ff.).<br />
8 Vgl. dazu Joseph Anton (2003); Florenz Hundt (2002); IRS Headliner Bd. 50, 20. Juni 2003, zu<br />
finden unter www.irs.gov.<br />
2<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
erlichen Abschreibung, bei der sog. S Corporation sowie bei den Regeln <strong>des</strong><br />
internationalen <strong>Steuerrechts</strong>. Nachstehend wird an den jeweiligen Stellen<br />
auf diese Neuerungen Bezug genommen 9 .<br />
Noch weiter gehende Steuererleichterungen bringt der Tax Increase Prevention<br />
and Reconciliation Act of 2005 (TIPRA), der im Mai 2006 vom <strong>US</strong> Congress<br />
genehmigt wurde. Der TIPRA führt insbesondere im Bereich der Alternative<br />
Minimum Tax (AMT) sowie der Besteuerung von Dividenden und Kapitalgewinnen<br />
zu Steuererleichterungen 10 .<br />
<strong>1.</strong><strong>1.</strong>2 Steuerrecht <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>, der Bun<strong>des</strong>staaten und<br />
Gemeinden<br />
In den <strong>US</strong>A teilen sich Bund und Bun<strong>des</strong>staaten die Steuerhoheit. Die Verfassung<br />
der <strong>US</strong>A, die <strong>US</strong> Constitution, enthält diesbezüglich nur wenige und<br />
unsystematisch verteilte Einzelbestimmungen. Entscheidend ist vielmehr<br />
die «ungeschriebene Verfassungswirklichkeit», in welcher dem Bund nur<br />
die Kompetenz zusteht, die ihm in der Verfassung auch ausdrücklich eingeräumt<br />
wird 11 . Die einzelnen Gebietskörperschaften üben dabei bezüglich jeder<br />
Steuer die ungeteilte Steuerhoheit aus. Für den Teil der Steuerhoheit, der<br />
jeder Körperschaft zukommt, übt diese die Verwaltungs- und Ertragshoheit<br />
wie auch die Gesetzgebungshoheit aus. Diese bun<strong>des</strong>staatliche Kompetenzstruktur<br />
hat zur Folge, dass die wichtigsten Steuern doppelt oder gar dreifach<br />
anfallen können 12 .<br />
Dem Bund kommt aufgrund einer allgemeinen Ermächtigungsnorm und einer<br />
Verbotsnorm der <strong>US</strong> Constitution die ausschliessliche Gesetzgebungshoheit<br />
in Bezug auf die Zölle («custom duties») zu 13 . In der <strong>US</strong> Constitution wird<br />
9 Zum American Jobs Creation Act of 2004 vgl. Reuven S. Avi-Yonah (2005) mit Hinweisen zu den<br />
Änderungen im Bereich <strong>des</strong> internationalen <strong>Steuerrechts</strong>; ausführlich Committee on Ways and<br />
Means (2004) und Conference Report (2004); vgl. auch Deloitte (2004); PricewaterhouseCoopers<br />
(2004); CCH (2004A) sowie (2004B) zum Working Families Tax Relief Act of 2004. Zum «small<br />
business» vgl. auch IRS Publication 334 (2005). Zu den Änderungen im Jahr 2005 vgl. auch IRS<br />
Publication 553 (2006).<br />
10 Vgl. zum TIPRA u.a. Deloitte (2005) und CCH (2006).<br />
11 Zu dieser «Doctrine of Enumerated Powers» vgl. auch James Madison (1751−1836), den «Father<br />
of the Constitution», in: The Federalist Papers, N 45: «The Powers delegated […] to the federal<br />
government are few and defined. Those which are to remain in the State government are numerous<br />
and indefinite. The former will be exercised principally on external objects, as war, peace, negotiation,<br />
and foreign commerce; with which last the power of taxation will, for the most part, be<br />
connected.» Vgl. zum <strong>US</strong>-amerikanischen Verfassungsrecht u.a. ausführlich Sullivan/Gunther<br />
(2004).<br />
12 Einkommens-, Unternehmens- und Verbrauchssteuern.<br />
13 Vgl. Art. I § 8.1 i.V.m. Art. I § 10.2 <strong>US</strong> Constitution.<br />
Marc Bauen, 2. Auflage<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6
7<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
dem Bund die Erhebung direkter Steuern verboten; dennoch kodifizierte<br />
und erhebt dieser ebensolche direkte Steuern. Auch dies ist ein Ausfluss<br />
<strong>US</strong>-amerikanischer Verfassungs- und Rechtswirklichkeit, in welcher von jeher<br />
angelsächsischer Pragmatismus wichtiger ist als kontinentaleuropäische<br />
Systematik und Dogmatik 14 . Zu den vom Bund geregelten Steuern zählen<br />
insbesondere die Einkommenssteuer («income tax») bzw. für die juristischen<br />
Personen eine Unternehmenssteuer («corporate tax»), eine Erbschafts- und<br />
Schenkungssteuer («estate and gift tax») sowie eine Bun<strong>des</strong>verbrauchssteuer<br />
(«excise tax») 15 . Die Steuerbehörde <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>, der Internal Revenue Service<br />
(IRS), ist für die vorgenannten Steuern zuständig. Darüber hinaus erhebt sie<br />
auch die Sozialversicherungsbeiträge («social security taxes»), die terminologisch<br />
nicht von den Steuern unterschieden werden.<br />
Aufgrund der Verfassungslage obliegt die ausschliessliche Gesetzgebungskompetenz<br />
im Bereich der direkten Steuern mit Ausnahme der «income taxes»<br />
den Bun<strong>des</strong>staaten. Auch die Bestimmung der <strong>US</strong> Constitution über den<br />
Handel im zwischenstaatlichen Verkehr, die sog. Interstate Commerce Clause,<br />
steht dem nicht im Weg 16 . Obwohl diese Bestimmung die Regelung zwischenstaatlicher<br />
Geschäftstätigkeiten dem Bund vorbehält und in anderen<br />
Bereichen sehr weit ausgelegt worden ist, hat der <strong>US</strong> Supreme Court bereits<br />
1918 entschieden, dass die Steuern auf dem Einkommen als nur indirekte<br />
Belastungen zwischenstaatlicher Geschäftsaktivitäten von der Verfassung<br />
nicht ausgeschlossen seien 17 . Neben dem Bund erheben auch die Bun<strong>des</strong>staaten<br />
eine Einkommenssteuer für natürliche und juristische Personen. Die<br />
Regelung derselben findet Niederschlag in den Gesetzen der Einzelstaaten 18 .<br />
Eine ausschliessliche Kompetenz zur Besteuerung üben die Einzelstaaten<br />
14 Um die Gesetzgebungshoheit <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> für Erbschafts- und Schenkungssteuern verfassungsrechtlich<br />
zu legitimieren, wurden diese Steuern als «indirekte Steuern» qualifiziert. Vgl.<br />
den Entscheid New York Trust Co. v. Eisner, 256 <strong>US</strong> 345 (1921). Das Gericht stützte sich dabei<br />
auf den Entscheid Knowtown v. Moore, 1978 <strong>US</strong> 41 (1900), in dem Erbschaftssteuern als «gebührenähnliche<br />
Abgaben» («death duties») bezeichnet wurden.<br />
15 Ein der europäischen Mehrwertsteuer ähnliches und umfassen<strong>des</strong> Modell einer Verbrauchssteuer<br />
kennen die <strong>US</strong>A nicht. Zahlreiche Waren und Dienstleistungen werden vom Bund mit<br />
Verbrauchssteuern belegt: Kohle (§ 4121 IRC); Mineralöle (§§ 4041, 4081 ff. IRC); LKWs und<br />
Busse (§ 4051 IRC); Gasmotoren (§ 4064 IRC); Angelgerät, Bogen und Pfeile (§ 4161 IRC); Autoreifen<br />
(§ 4071 IRC); Feuerwaffen (§ 4181 IRC); Telekommunikationsleistungen (§ 4251 IRC);<br />
Luftfrachten (§ 4262 IRC); Versicherungen (§ 4372 IRC); Wetten (§ 4401 IRC); Zucker (§ 4501<br />
IRC); die Umwelt belastende Stoffe (§ 4661 IRC); inländische Ölfunde (§§ 4986 ff. IRC); Alkohol<br />
(§ 5001 IRC); Tabak (§ 5701 IRC) usw.<br />
16 Art. I § 8.3 <strong>US</strong> Constitution spricht von «to regulate commerce […] among the several States».<br />
17 Vgl. <strong>US</strong> Glue Co. v. Town of Oak Creek, 247 <strong>US</strong> 321 (1918) mit dem Hinweis, dass «[…] a tax that<br />
only indirectly affects the profits or returns of such commerce is not within the rule».<br />
18 Alaska, Florida, South Dakota, Nevada, Texas, Washington State und Wyoming erheben keine<br />
Einkommenssteuer. Auf die Erhebung einer Unternehmenssteuer verzichten Nevada, South<br />
Dakota, Texas, Washington State und Wyoming.<br />
4<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
betreffend die Grund- und Vermögenssteuern («property taxes») sowie die<br />
Verkaufs- und Detailhandelssteuern («sales taxes») aus. Die Zahl der Steuern<br />
und deren Ausgestaltung sind nahezu unüberschaubar 19 .<br />
Die kommunalen Steuern («local taxes») werden von den Gemeinden in ungeteilter<br />
Steuerhoheit erhoben. Im Vordergrund stehen dabei die Grund-<br />
und Vermögenssteuern. Erst 1940 begann die Mehrzahl der Gemeinden und<br />
Bezirke, eigene Steuern auf dem Einkommen zu erheben 20 . Heute stellen<br />
diese den zentralen Teil <strong>des</strong> kommunalen Steueraufkommens dar. Sie betragen<br />
zwischen 0,2 und 4,7% <strong>des</strong> nach dem IRC beim Bund steuerpflichtigen<br />
Einkommens. Oftmals bestimmen sich die Steuern der kommunalen Ebene<br />
auch nach einem Prozentsatz der Staatssteuer. Die Belastung durch die Steuern<br />
der einzelnen Bun<strong>des</strong>staaten kann ebenfalls unterschiedlich sein und im<br />
Bereich von 2–50% der Bun<strong>des</strong>steuern liegen 21 .<br />
<strong>1.</strong><strong>1.</strong>3 Quellen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>steuerrechts<br />
<strong>1.</strong><strong>1.</strong>3.1 Steuergesetz <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong><br />
Im Internal Revenue Code (IRC) wird in nahezu 10 000 Paragraphen das gesamte<br />
materielle und formelle Steuerrecht <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> wiedergegeben. Diese<br />
Kodifikation bildet gleichsam den Title 26 of the United States Code (<strong>US</strong>C), der<br />
Gesetzessammlung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> 22 . Anders als in Deutschland, Österreich<br />
oder der Schweiz sind Steuergesetze mit Rückwirkung generell zulässig und<br />
werden vom <strong>US</strong> Congress nicht selten verabschiedet 23 . Der IRC ist in Subtitles,<br />
Chapters, Subchapters und Parts unterteilt. Es erfolgt eine fortlaufende<br />
Numerierung in Paragraphen 24 . Die Wiedergabe einer Fundstelle mit Hinweis<br />
auf die vorgenannte Gliederung erübrigt sich <strong>des</strong>halb. Auf das Verhältnis der<br />
19 Zum Steuerrecht der Bun<strong>des</strong>staaten vgl. Gelfand/Salsich (2000); Pomp/Oldman (1998); vgl.<br />
auch den Online-Service von BNA Tax Management, Washington D.C., unter dem Titel: «State<br />
Tax Highlights» (vgl. www.bnatax.com); vgl. auch die weiterführenden Hinweise und «links»<br />
bei der Federation of Tax Administrators (www.taxadmin.org). Vgl. zu den «sales and use taxes»<br />
auch den Überblick bei Michael Kaiserseder (2002).<br />
20 Der Begriff «local authorities» oder «localities» umfasst nach <strong>US</strong>-amerikanischem Sprachgebrauch<br />
auch Bezirke («counties»), Städte («towns, townships, cities»), Dörfer («villages»),<br />
Schuldistrikte («school districts») und andere Distrikte («special districts»).<br />
21 Zur Verteilung <strong>des</strong> Steueraufkommens vgl. www.census.gov sowie www.irs.gov.<br />
22 Vgl. uscode.house.gov/usc; der Text <strong>des</strong> IRC sowie der Regulations wird zudem als CCH Editorial<br />
Staff Publication von CCH Incorporated, Chicago, periodisch veröffentlicht; vgl. dazu auch www.<br />
cch.com.<br />
23 So z.B. der Tax Reform Act of 1993. Vgl. dazu auch Gerhard Vorwold (2004) 372 ff.; zum Schutz<br />
<strong>des</strong> Vertrauens auf Steuergesetze vgl. auch Englisch/Plum (2004) 342 ff.<br />
24 Diese Sections werden mit «Sec.» oder wie vorliegend mit «§§» zitiert.<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
5<br />
8<br />
9
10<br />
11<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) der <strong>US</strong>A zu den Bestimmungen <strong>des</strong><br />
IRC wird nachstehend im 6. und 8. Kapitel eingegangen 25 .<br />
<strong>1.</strong><strong>1.</strong>3.2 Steuerrichtlinien<br />
Das <strong>US</strong> Treasury Department verfügt nach § 7805 IRC über die Kompetenz<br />
zum Erlass von Richtlinien im Steuerrecht. Soweit der Vorsteher <strong>des</strong> <strong>US</strong> Treasury<br />
Departments seine Kompetenzen nicht überschreitet, erlangen diese<br />
Richtlinien Gesetzeskraft. Von diesen Richtlinien zu unterscheiden sind die<br />
vom Internal Revenue Service (IRS) erlassenen internen Verwaltungsanweisungen<br />
(«procedural regulations»), welchen keine Gesetzeskraft zukommt,<br />
doch werden den Steuerpflichtigen bzw. deren Steuerberatern darin wichtige<br />
Hinweise auf das Vorgehen <strong>des</strong> IRS gegeben. Diese Anweisungen folgen<br />
der gleichen Nummernfolge der einzelnen Paragraphen <strong>des</strong> IRC 26 . Neue<br />
Richtlinien oder Änderungen bestehender Richtlinien werden vorerst in<br />
Form sog. «empfohlener Richtlinien» («proposed regulations») veröffentlicht.<br />
Dies erfolgt unter Ansetzung einer Frist, innerhalb welcher interessierte<br />
Steuerpflichtige oder sonstige Interessierte aus Wirtschaft und Wissenschaft<br />
Stellung nehmen können 27 . Kommt es zum definitiven Erlass, wird von «final<br />
regulations» gesprochen 28 . Bei zeitlicher Dringlichkeit können auch «provisorische<br />
Richtlinien» («temporary regulations») erlassen werden, die oftmals<br />
erst nach Jahren durch definitive Richtlinien ersetzt werden 29 .<br />
<strong>1.</strong><strong>1.</strong>3.3 Rechtsprechung<br />
Auch wenn der Rechtsprechung im amerikanischen Rechtssystem grosse<br />
Bedeutung zukommt, wird der Weiterentwicklung <strong>des</strong> <strong>Steuerrechts</strong> mittels<br />
«Richterrecht» im Vergleich zu den übrigen Rechtsgebieten weniger Gewicht<br />
beigemessen 30 . Dies liegt in der Tatsache begründet, dass das Steuerrecht auf<br />
allen Ebenen <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>staates nachhaltig kodifiziert worden ist. Kommt es<br />
zu einem Rechtsmittelverfahren, stehen den Steuerpflichtigen drei Gerichte<br />
zur Anrufung zur Verfügung. In erster Instanz sind dies ein ordentliches Bun<strong>des</strong>gericht<br />
erster Instanz, der Federal District Court, das Bun<strong>des</strong>gericht für<br />
25 Vgl. nachstehend N 585 ff ff., insbesondere N 592 f. sowie N 752 ff.; vgl. auch die Hinweise<br />
zum Verhältnis <strong>des</strong> Foreign Tax Credit (FTC) zu den DBA nachstehend N 450 f.<br />
26 Die Regulations zum Einkommenssteuertatbestand <strong>des</strong> § 61 IRC werden wie folgt zitiert:<br />
Treas. Reg. § <strong>1.</strong>6<strong>1.</strong> Die Ziffer «1» ist dabei das Kennzeichen für die Income Tax.<br />
27 Zitiert wird hier z.B.: Prop. Reg. § <strong>1.</strong>6<strong>1.</strong><br />
28 Zitiert wird hier z.B.: Treas. Reg. § <strong>1.</strong>6<strong>1.</strong><br />
29 Zitiert wird hier z.B.: Temp. Reg. § <strong>1.</strong>6<strong>1.</strong><br />
30 Zum Begriff <strong>des</strong> «Common Law» vgl. Zweigert/Kötz (1998); Schlesinger/Herzog/Baade (1998);<br />
William Burnham (2002) vermittelt zudem einen ausgezeichneten Überblick über das <strong>US</strong>amerikanische<br />
Recht. Zur richterlichen Rechtsfindung im <strong>US</strong>-Steuerrecht vgl. auch Rainer<br />
Walz (1982).<br />
6<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
Rückerstattungen, der United States Claims Court, oder das Bun<strong>des</strong>steuergericht,<br />
der United States Tax Court 31 . Die Entscheidungen aller dieser Gerichte<br />
können an die zuständigen Appellationsgerichte weitergezogen werden,<br />
d.h. an die United States Courts of Appeals for the Federal Circuit. Das Urteil<br />
eines solchen Court of Appeals kann beim obersten Gericht der <strong>US</strong>A, dem<br />
<strong>US</strong> Supreme Court in Washington D.C., angefochten werden. Der <strong>US</strong> Supreme<br />
Court nimmt jedoch nur selten Fälle im Steuerrecht zur Entscheidung entgegen<br />
32 .<br />
<strong>1.</strong><strong>1.</strong>4 Allgemeine Prinzipien <strong>des</strong> <strong>US</strong>-Steuersystems<br />
In § 1 <strong>des</strong> IRC wird auf dem steuerbaren Einkommen («taxable income») eines<br />
jeden Individuums – sei es eine natürliche oder juristische Person – eine<br />
Steuer erhoben. Das steuerbare Einkommen kann dabei aus der einschlägigen<br />
Definition <strong>des</strong> Bruttoeinkommens («gross income») gewonnen werden,<br />
das alle Einkünfte aus sämtlichen Quellen umfasst 33 . Der Begriff «Quelle»<br />
(«source») beschreibt dabei nicht nur den zu erfassenden Einkommenstypus<br />
als solchen, sondern auch die geographische Herkunft, aus welcher das zu<br />
versteuernde Einkommen stammt. Aus diesem Konzept folgt, dass die dem<br />
IRC unterstehenden Personen für ihr gesamtes «Welteinkommen» («worldwide<br />
income») besteuert werden. Durch die nachfolgenden Bestimmungen<br />
<strong>des</strong> IRC erfährt dieses Prinzip der Besteuerung <strong>des</strong> weltweiten Einkommens<br />
eine Einschränkung und findet lediglich – aber immerhin – auf <strong>US</strong>-Bürger<br />
(«<strong>US</strong> citizens»), in den <strong>US</strong>A domizilierte Gesellschaften («domestic corporations»)<br />
und niedergelassene Ausländer («resident aliens») Anwendung. Für<br />
diese Kategorie von Steuerpflichtigen ist die Einkommensquelle nicht relevant,<br />
da ihre persönliche und umfassende Steuerpflicht allein aufgrund<br />
ihrer engen Beziehung zu den <strong>US</strong>A beruht. Gleiches gilt für Personengesellschaften,<br />
Trusts und Nachlässe, deren Besteuerung derjenigen der natürlichen<br />
Personen sehr nahe kommt. Dies gilt so lange, als diese einen substantiellen<br />
Kontakt mit den <strong>US</strong>A ausweisen 34 .<br />
In den <strong>US</strong>A nicht niedergelassene Ausländer («nonresident aliens»), ausländische<br />
Personengesellschaften («foreign partnerships»), Trusts und Nachlässe<br />
31 Unterschiede in der Rechtsprechung der einzelnen Gerichtskreise sind nicht selten, weshalb<br />
Steueranwälte regelmässig ein «forum shopping» in Betracht ziehen.<br />
32 Zum <strong>US</strong>-Gerichtssystem, das sich effektiv aus 51 Gerichtssystemen zusammensetzt, vgl.<br />
William Burnham (2002). Zum Steuerprozess vgl. McDaniel/Ault/McMahon/Simmons (2004);<br />
Dieter Birk (1991A) und (1991B) mit Hinweisen zum Verfahren vor dem <strong>US</strong> Tax Court. Vgl. zum<br />
<strong>US</strong>-amerikanischen Verfassungsrecht u.a. Sullivan/Gunther (2004).<br />
33 § 61 IRC spricht von «all income from whatever source derived».<br />
34 Und somit vom IRS als «domestic entities» qualifiziert werden.<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
7<br />
12<br />
13
14<br />
15<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
können dort auch steuerpflichtig werden. Die <strong>US</strong>-Steuerhoheit wird hier aber<br />
aufgrund der geografischen Quelle («geographic source») der Einkünfte bestimmt.<br />
Diese Kategorie von Steuerpflichtigen ist grundsätzlich nur für in<br />
den <strong>US</strong>A generiertes Einkommen steuerpflichtig. Während dabei für das Geschäftseinkommen<br />
grundsätzlich dieselben Regeln wie für <strong>US</strong>-Bürger und in<br />
den <strong>US</strong>A niedergelassene Ausländer («resident aliens») gelten, finden auf Einkommen<br />
aus Investitionen besondere Bestimmungen <strong>des</strong> IRC Anwendung 35 .<br />
Indem die Steuerhoheit der <strong>US</strong>A auch auf Einkommen ihrer Staatsangehörigen<br />
und der in ihr niedergelassenen Ausländer, welches im Ausland erzielt worden<br />
ist, ausgeübt wird, wird bewusst eine internationale Doppelbesteuerung herbeigeführt.<br />
Abhilfe soll das komplexe System einer Gutschrift für ausländische<br />
Steuern, der Foreign Tax Credit (FTC), schaffen 36 . Die Nationalität wie auch das<br />
Domizil der Aktionäre einer ausländischen Gesellschaft können einen bestimmenden<br />
Einfluss auf den Besteuerungsmodus in den <strong>US</strong>A haben. Auf diese<br />
Steuerfolgen und die ihnen zugrunde liegenden Kriterien ist bei den «kontrollierten<br />
ausländischen Gesellschaften», den Controlled Foreign Corporations<br />
(CFC), und den mit diesen in engem Kontext stehenden «personenbezogenen<br />
ausländischen Holdinggesellschaften», den Foreign Personal Holding Companies<br />
(FPHC), sowie den «passiven ausländischen Investment-Gesellschaften»,<br />
den Passive Foreign Investment Companies (PFIC), einzugehen 37 .<br />
Was die juristischen Personen betrifft, findet das Prinzip der weltweiten<br />
Besteuerung («worldwide taxation») nur auf in den <strong>US</strong>A errichtete Gesellschaften<br />
Anwendung. Eine Gesellschaft, welche im Ausland errichtet worden<br />
ist, gilt aus Sicht <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong> als ausländische Gesellschaft 38 . Wie<br />
die nicht in den <strong>US</strong>A niedergelassenen ausländischen natürlichen Personen<br />
(«nonresident aliens») unterliegen im Ausland errichtete Gesellschaften («foreign<br />
corporations») nur mit Einkommen, das einer Quelle in den <strong>US</strong>A zugerechnet<br />
werden kann, daselbst einer Besteuerung 39 . Um im internationalen<br />
Verhältnis willkürliche Gewinnverschiebungen («profit shifting») innerhalb<br />
verbundener Unternehmen zu verhindern und im Gleichschritt die Steuerhoheit<br />
der <strong>US</strong>A wie auch deren Zugriff auf das Steuersubstrat zu erhalten,<br />
wurde die Fundamentalnorm <strong>des</strong> § 482 IRC geschaffen. Diese Norm und ihre<br />
korrespondierenden Regeln in den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)<br />
nehmen im internationalen Verhältnis direkten Einfluss auf die Zuteilung<br />
von Einkommen, Gewinn, Abzügen und Steuergutschriften 40 .<br />
35 Vgl. nachstehend N 219 ff.<br />
36 Vgl. nachstehend N 381 ff.<br />
37 Vgl. nachstehend N 464 ff., 479 f. (vgl. auch N 118) und N 499 f.<br />
38 Vgl. nachstehend N 187 f. und N 190 ff.<br />
39 Vgl. nachstehend N 187 f., N 219 ff. und N 264 ff.<br />
40 Vgl. nachstehend 5. Kapitel (N 510 ff.).<br />
8<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
Die mit dem IRC verfolgten Prinzipien der Besteuerung können im internationalen<br />
Verhältnis durch die von den <strong>US</strong>A abgeschlossenen DBA und andere<br />
völkerrechtliche Vereinbarungen, wie insbesondere im Zusammenhang mit<br />
der NAFTA und der WTO, eine Änderung erfahren 41 .<br />
<strong>1.</strong>2 Einkommenssteuer natürlicher Personen<br />
<strong>1.</strong>2.1 Allgemeines<br />
Die Einkommenssteuer <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>, die Federal Income Tax, wird im Subtitle<br />
A – Income Taxes <strong>des</strong> Internal Revenue Code (IRC) geregelt 42 . Sie ist als eine<br />
direkte Steuer konzipiert 43 . Neben ihrem primären Zweck der Beschaffung<br />
von Finanzmitteln für dem Bund zugewiesene Aufgaben verfolgt diese mit<br />
Abstand wichtigste Steuer auch volkswirtschaftliche Ziele der Geld- und<br />
Wirtschaftspolitik 44 .<br />
<strong>1.</strong>2.2 Steuersubjekt und Steuersatz<br />
Staatsbürger der <strong>US</strong>A unterliegen mit ihrem gesamten weltweiten Einkommen<br />
der <strong>US</strong>-Besteuerung 45 . Andere natürliche Personen sind demgegenüber<br />
nur steuerpflichtig, wenn sie als in den <strong>US</strong>A niedergelassen gelten («resident<br />
aliens») oder über ein Visum zur Einwanderung verfügen («green card holders»)<br />
46 . Im Steuerrecht weicht die Definition der Ansässigkeit («residence»)<br />
erheblich von jener nach den Bestimmungen zur Einwanderung <strong>des</strong> Im-<br />
41 Zu den DBA im Steuerrecht der <strong>US</strong>A vgl. nachstehend N 585 ff. und N 752 ff. Zur WTO und<br />
NAFTA vgl. auch Folsom/Gordon/Spanogle (2000); ausführlich Ralph H. Folsom (2004). Zum<br />
Thema «international business transactions» vgl. insbesondere Folsom/Gordon/Spanogle (2001)<br />
und (2004); ausführlich Folsom/Gordon/Spanogle/Fitzgerald (2005).<br />
42 Zur Federal Income Tax vgl. Freeland/Lind/Lathrope (2006); Klein/Bankman/Shaviro (2006);<br />
Bankman/Griffith/Pratt (2005); Marvin A. Chirelstein (2005); Graetz/Schenk (2005); McDaniel/<br />
Ault/McMahon/Simmons (2004) und (2005); John K. McNulty (1999); Paul B. Stephan (1997).<br />
43 §§ 1−1563 IRC. Vgl. den Entscheid Pollock v. Farmers’ Loan & Trust Co., 157 <strong>US</strong> 429 (1895). Zu<br />
diesem «leading case» vgl. McDaniel/Ault/McMahon/Simmons (2004) 4 f.<br />
44 Zu den steuerpolitischen Aspekten der Income Tax vgl. Boris I. Bittker (1979); David F. Bradford<br />
(1986); Joseph M. Dodge (1999). Zu den makroökonomischen Prinzipien der Besteuerung vgl.<br />
insbesondere das Standardwerk <strong>des</strong> Nationalökonomen John Steward Mill (1806–1873), die<br />
Principles of Political Economy. Die Steuereinnahmen werden laufend unter www.census.gov<br />
publiziert.<br />
45 § 7701(b)(1)(A) IRC.<br />
46 Ausländische Steuerpflichtige («nonresident aliens»), die sich ohne Einwanderungsvisum über<br />
mehrere Monate in den <strong>US</strong>A aufhalten, können nach § 7701(b)(3)(A) IRC von der Besteuerung<br />
nach Massgabe <strong>des</strong> § 871 IRC erfasst werden.<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
9<br />
16<br />
17<br />
18
19<br />
20<br />
21<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
migration and Naturalization Act (INA) ab, was in der Praxis zu Abgrenzungsproblemen<br />
führen kann 47 .<br />
Natürliche Personen unterliegen einem Steuersatz von 10−35% (Stand:<br />
3<strong>1.</strong> Dezember 2006) 48 . Es handelt sich hier um progressive Steuersätze, die je<br />
nach Zivilstand <strong>des</strong> Steuerpflichtigen abgestuft werden. Die den einzelnen<br />
Steuersätzen zugeordneten Einkommen werden der Teuerung angepasst 49 .<br />
<strong>1.</strong>2.3 Steuerbemessungsgrundlage<br />
<strong>1.</strong>2.3.1 Allgemeines<br />
Die einzelnen Steuersätze finden auf das steuerbare Einkommen («taxable<br />
income») Anwendung. Rechnerischer Ausgangspunkt ist dabei das Bruttoeinkommen<br />
(«gross income») 50 . Von dieser Zahl werden die geschäftsmässig<br />
begründeten Abzüge («deductions» oder «deductible expenditures») subtrahiert.<br />
Nach weiteren Anpassungen («adjustments») gelangt man zum «angepassten<br />
Bruttoeinkommen», zum sog. Adjusted Gross Income (AGI). Indem die<br />
persönlichen Abzüge und die persönlichen Freibeträge («personal deductions<br />
and exemptions») in Abzug gebracht werden, wird in einem letzten Schritt<br />
das steuerbare Einkommen eruiert 51 .<br />
<strong>1.</strong>2.3.2 Bruttoeinkommen<br />
Das Bruttoeinkommen («gross income») umfasst Einkünfte aus sämtlichen<br />
Einkommensquellen 52 . Wie bei jedem Grundsatz gibt es auch hier Ausnahmen<br />
(«statutory exceptions»). Zu erwähnen sind insbesondere das Einkommen<br />
aus Obligationen von Bun<strong>des</strong>staaten und Gemeinden («state and local<br />
bonds»), Beiträge an und Einkünfte von genehmigten Vorsorgeeinrichtungen<br />
47 Zu den Visatypen <strong>des</strong> <strong>US</strong>-Einwanderungsrechts und ihre steuerrechtliche Implikationen vgl.<br />
insbesondere Schnittker/Syfert (2001).<br />
48 Vgl. auch KENDRIS (2006) 199. Das KENDRIS Jahrbuch zur Steuer- und Nachfolgeplanung erscheint<br />
jährlich und gibt einen Überblick über die Steuerbelastungen durch die Einkommens-<br />
und Erbschaftssteuern in den wichtigsten Industriestaaten.<br />
49 § 1(a)−(c), (f) IRC. Die Reduktion der Steuersätze von 15–39,6% auf 10–35% erfolgte durch den<br />
Economic Growth and Tax Relief Reconciliation Act of 200<strong>1.</strong> Vgl. dazu auch Marvin A. Chirelstein<br />
(2005) 3 ff. mit Hinweisen zum Economic Growth and Tax Relief Reconciliation Act of 2001 sowie<br />
zur politischen Diskussion um die progressive Einkommenssteuer und deren Ersetzung durch<br />
eine proportionale Steuer («flat tax»). Zu den steuerpolitischen Aspekten einer progressiven<br />
Einkommenssteuer vgl. auch Bankman/Griffith (1987). Vgl. auch Gerhard Vorwold (2003).<br />
50 Gross Income = Gross Receipts – Cost of Goods Sold.<br />
51 Zur Bestimmung der «tax base» vgl. auch McDaniel/Ault/Repetti (2005) 2<strong>1.</strong><br />
52 § 61 IRC bezeichnet sie als «from whatever source derived». Marvin A. Chirelstein (2005) 9<br />
spricht in diesem Zusammenhang von einer «catch-all clause». Vgl. auch John K. McNulty<br />
(1999) 12 ff.<br />
10<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
(«qualified employee retirement plans») sowie Geschenke und Leistungen aus<br />
Lebensversicherungen 53 .<br />
<strong>1.</strong>2.3.3 Abzüge vom Bruttoeinkommen<br />
Grundsätzlich gelten für die Abzüge vom Bruttoeinkommen («deductions»)<br />
bei natürlichen Personen die gleichen Regeln wie für juristische Personen 54 .<br />
Neben den gebräuchlichen Abzügen für Geschäftsaufwendungen («business<br />
expenses») stehen den natürlichen Personen auch Abzüge für Aufwendungen<br />
zu, welche für die Generierung und Eintreibung <strong>des</strong> Einkommens<br />
notwendig sind 55 . Auch Aufwendungen für Verwaltung, Unterhalt und Betrieb<br />
von Eigentum, welches für Einkommensgenerierung gehalten wird,<br />
sind zum Abzug zugelassen. Nicht zum Abzug zugelassen sind demgegenüber<br />
Kosten für die persönliche Lebenshaltung, was aber nur dem Grundsatz<br />
nach gilt. Insbesondere aus Gründen der Sozialpolitik wie auch aus rein<br />
praktischen Erwägungen im Sinne einer effizienten Verwaltungsökonomie<br />
wird eine Unzahl von Abzügen für Aufwendungen gewährt, die nicht mit der<br />
Generierung von Einkommen im Zusammenhang stehen 56 .<br />
<strong>1.</strong>2.3.4 Beschränkungen von Abzügen, Zinsaufwendungen und<br />
Verlustverrechnungen<br />
<strong>1.</strong>2.3.4.1 Beschränkung von Abzügen<br />
Es entspricht langjähriger Praxis, dass eine natürliche Person die laufenden<br />
Kosten einer Geschäfts- oder Investitionstätigkeit («trade or business or investment<br />
activity») in Abzug bringen kann. Dies gilt auch, wenn die investierten<br />
Geldmittel auf gewährten Darlehen beruhen, die lediglich durch<br />
ein Pfandrecht gesichert sind und keinerlei direkten Anspruch gegenüber<br />
dem Schuldner gewähren («nonrecourse borrowing»). Derart konnte eine natürliche<br />
Person z.B. ein Gebäude ohne eigene Mittel kaufen, das Darlehen<br />
lediglich durch ein Pfandrecht an demselben absichern und gleichzeitig<br />
Abschreibungen vornehmen, bevor überhaupt eine erste Zinszahlung fällig<br />
wurde. Dieses Missverhältnis von Investition und geltend gemachten Abschreibungen<br />
war einer der tragenden Gründe für die Errichtung sog. Tax<br />
53 §§ 101−137 IRC. Vgl. dazu auch Marvin A. Chirelstein (2005) 9 ff.<br />
54 McDaniel/Ault/Repetti (2005) 23.<br />
55 Zu den «business expenses» vgl. insbesondere IRS Publication 535 (2005).<br />
56 Diese Abzüge werden als «itemized personal deductions» bezeichnet. Vgl. dazu die §§ 123, 163,<br />
164, 165(c), 170, 219 IRC. Übersteigt das AGI 100 000 <strong>US</strong>D (bei getrennter Veranlagung von<br />
Ehegatten 50 000 <strong>US</strong>D), werden nach § 68(a)(1) IRC für den Überbetrag die Abzüge um 3%<br />
reduziert. Vgl. dazu John K. McNulty (1999) 198 ff. Zu den «standard deductions» nach § 63(c)<br />
IRC vgl. u.a. Marvin A. Chirelstein (2005) 184 ff.; Paul B. Stephan (1997) 106 und 154.<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
11<br />
22<br />
23
24<br />
25<br />
26<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
Shelters 57 . Um diesen Möglichkeiten übermässiger Steuereinsparungen entgegenzutreten,<br />
wurden sog. «At-risk»-Bestimmungen in den IRC aufgenommen,<br />
welche die Abzüge auf den Umfang einer jeden Geschäfts- oder Investitionstätigkeit<br />
beschränken, in welchem der Steuerpflichtige mit seinem<br />
eigenen Vermögen haftet. Betreffend Liegenschaften, die durch Hypotheken<br />
(«mortgages») gesichert sind, werden Ausnahmen formuliert, d.h., der Steuerpflichtige<br />
wird als «at risk» behandelt, obwohl er nur mit dem Grundpfand<br />
haftet 58 .<br />
Diese Missbrauchsregeln wurden im Zusammenhang mit den nicht als systemkonform<br />
erachteten Abschreibungen bei Geschäfts- und Investitionstätigkeiten<br />
entwickelt, bei welchen Darlehen ohne persönliche Haftung <strong>des</strong><br />
Schuldners gewährt wurden. In der Folge wurde der «At-risk»-Massstab auch<br />
auf Abzüge bei gewöhnlichen Geschäftstätigkeiten in dem Umfang zur Anwendung<br />
gebracht, als der Steuerpflichtige persönlich nicht «at risk» ist 59 .<br />
<strong>1.</strong>2.3.4.2 Beschränkung von Zinsaufwendungen<br />
Bis 1969 konnten Zinsaufwendungen unabhängig von der Verwendung <strong>des</strong><br />
geliehenen Gel<strong>des</strong> in Abzug gebracht werden. Der <strong>US</strong> Congress begann dann,<br />
strengere Beschränkungen für die Geltendmachung von Zinsaufwendungen<br />
in den IRC aufzunehmen. Diese Bestimmungen verlangen nach einer Aufteilung<br />
der Zinsaufwendungen mit gleichzeitiger Zuweisung an die einschlägigen<br />
Kategorien von Einkünften bzw. betroffenen Geschäftstätigkeiten. Bei<br />
dieser Allocation of Interest Expense kommen zudem unterschiedliche Methoden<br />
zur Anwendung. Resultat dieser Bemühungen <strong>des</strong> Gesetzgebers ist<br />
ein System von Normen, <strong>des</strong>sen Logik nur schwer zu erkennen ist und das<br />
sich nur mit Mühe in das System der Einkommenssteuer einfügt 60 .<br />
Der IRC kennt insbesondere folgende Beschränkungen von Zinsaufwendungen:<br />
57 Dies war insbesondere der Fall, wenn die Möglichkeit einer «accelerated deduction» bestand.<br />
Vgl. dazu McDaniel/Ault/Repetti (2005) 24.<br />
58 § 465 IRC. Ähnliche «At-Risk»-Bestimmungen gelten nach § 49 IRC für gewisse Steuergutschriften.<br />
Der Tax Reform Act of 1986 war auch gegen die Tax Shelters gerichtet. Vgl. zur sog.<br />
«Tax Shelter Battle» insbesondere Joseph Bankman (2004). Vgl. auch Marvin A. Chirelstein (2005)<br />
156 und 315 ff. mit Verweis auf die Neuerungen durch den American Jobs Creation Act of 2004<br />
und dem Hinweis: «In all probability the tax shelter ‹movement› has passed its peak.»<br />
59 Vgl. z.B. § 265 IRC, der Abzüge für Zinsaufwendungen verweigert, wenn mit geliehenem Geld<br />
steuerbefreite Obligationen («tax-exempt bonds») erworben wurden.<br />
60 Nach McDaniel/Ault/Repetti (2005) 24 ist «the result […] a set of rules which are based on no<br />
discernible rational principle for treating interest expenses in an income tax system».<br />
12<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
(i) Zinsaufwendungen anlässlich gewöhnlicher Geschäftstätigkeiten<br />
(«trade or business interest expenses») sind grundsätzlich ohne Einschränkungen<br />
zulässig 61 ;<br />
(ii) Zinsaufwendungen für Investitionen («investment interest expenses»)<br />
sind nur im Umfang <strong>des</strong> aus dieser Investition generierten Einkommens<br />
<strong>des</strong> jeweiligen Steuerjahres abziehbar, während ein Überschuss<br />
auf die kommenden Steuerjahre, in welchen der Steuerpflichtige wieder<br />
Einkommen aus dieser Investition erzielt, vortragbar ist 62 ;<br />
(iii) Zinsen, welche für Hypotheken auf dem Eigenheim sowie einer zweiten<br />
zum Eigengebrauch benutzten Liegenschaft <strong>des</strong> Steuerpflichtigen<br />
bezahlt werden («qualified residence interest»), sind vollumfänglich<br />
zum Abzug zugelassen, die Gesamtschuld darf aber eine Million<br />
<strong>US</strong>D nicht übersteigen 63 ;<br />
(iv) Zinsaufwendungen, die nicht unter die vorstehenden Kategorien fallen,<br />
gelten als persönliche Zinsen («personal interest»), für welche kein<br />
Abzug zugelassen wird, da sie den gewöhnlichen Lebenshaltungskosten<br />
zugerechnet werden 64 .<br />
Andere Bestimmungen <strong>des</strong> IRC auferlegen eigenständige Beschränkungen<br />
auf unterschiedliche Arten von Zinsaufwendungen. So müssen Aufwendungen<br />
für Zinsen während der Errichtung eines Gebäu<strong>des</strong> kapitalisiert und<br />
dem Buchwert («basis») zugerechnet werden 65 . Im Veranlagungsverfahren<br />
werden die Zinsaufwendungen den vorgenannten Kategorien zugeordnet,<br />
indem Grundlage und Qualität der Darlehen bzw. der geliehenen Gelder<br />
analysiert werden. Vorstehende Betrachtungen geben nur annähernd einen<br />
Überblick über die Regeln betreffend die Zinsaufwendungen. Insbesondere<br />
auch mit Blick auf die komplexen Regeln zur Bestimmung der steuerlich erlaubten<br />
Zinsaufwendungen im Zusammenhang mit ausgegebenen Schuldverschreibungen<br />
(«debt obligations») ist auf die einschlägige Literatur zu<br />
verweisen. Im internationalen Kontext werden Zinsaufwendungen nach der<br />
61 § 163(a) und (h)(2)(A) IRC.<br />
62 § 163(d) IRC.<br />
63 § 163(h)(2)(D)(3) IRC.<br />
64 § 163(h)(1)−(2) IRC. Dieses Prinzip wird jedoch z.B. für Zinsaufwendungen zur Finanzierung<br />
einer höheren Schulausbildung durchbrochen, indem § 221 IRC diese zum Abzug zulässt,<br />
obwohl sie als «personal interest» zu qualifizieren sind.<br />
65 § 263A(f) IRC. Vgl. auch Treas. Reg. § <strong>1.</strong>263A-8.<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
13<br />
27<br />
28<br />
29<br />
30<br />
31
32<br />
33<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
«Theorie der Ersetzbarkeit <strong>des</strong> Gel<strong>des</strong>» 66 zugeteilt, wobei noch weniger verständliche<br />
Zuteilungsregeln zur Anwendung kommen 67 .<br />
<strong>1.</strong>2.3.4.3 Beschränkung von Verlustverrechnungen<br />
Um gegen das Phänomen der Tax Shelters vorzugehen bzw. deren Gebrauch<br />
einzuschränken, erliess der <strong>US</strong> Congress im Jahr 1986 weitere Bestimmungen,<br />
obwohl mit den «At-risk»-Bestimmungen 68 , den Beschränkungen von Zinsaufwendungen<br />
bei Investitionen 69 , der Alternative Minimum Tax (AMT) 70 sowie<br />
einer allgemeinen Einschränkung von Steuervorteilen mittels Herabsetzung<br />
marginaler Steuersätze dem IRS bereits ausreichende Mittel zur Bekämpfung<br />
dieser Form verpönter Steuereinsparung eingeräumt wurden. Diese neuen<br />
Bestimmungen beschränken die Zinsaufwendungen bei passiven Investitionen,<br />
die «passive activity deductions», auf den Umfang der aus diesen Investitionen<br />
generierten Einkünfte. Es wird verunmöglicht, dass durch passive<br />
Investitionen entstandene Abzüge zum «Sheltern» von Einkünften aus persönlichen<br />
Dienstleistungen oder allgemein aus aktiven Geschäftstätigkeiten<br />
und Portfolio-Investitionen missbraucht werden 71 . Diese «Aufwendungen»<br />
werden auf die kommenden Steuerjahre vorgetragen, in welchen der Steuerpflichtige<br />
wieder Einkünfte aus einer passiven Tätigkeit erzielt. Eine Aktivität<br />
gilt als «passiv», wenn sie die Miete eines Grundstücks betrifft oder eine<br />
Geschäftstätigkeit («trade or business») zum Gegenstand hat, in welcher der<br />
Steuerpflichtige lediglich eine untergeordnete Stellung einnimmt 72 .<br />
Die Bestimmungen über diese Form der Beschränkung von Verlustverrechnungen<br />
verlangt in einem ersten Schritt eine Zuteilung der Verluste zu den<br />
66 Vgl. Temp. Treas. Reg. § <strong>1.</strong>861-97(a): «[I]n general, money is fungible and […] interest expense<br />
is attributable to all activities and property regardless of any specific purpose for incurring an<br />
obligation on which interest is paid […]. The fungibility approach recognizes that all activities<br />
and property require funds and that management has a great deal of flexibility as to the source<br />
and use of funds. When [money is borrowed for a specific purpose, such] borrowing will generally<br />
free other funds for other purposes, and it is reasonable under this approach to attribute part of<br />
borrowing to such other purposes.» Vgl. auch McDaniel/Ault/Repetti (2005) 46 FN 39 sowie<br />
24 ff.<br />
67 Vgl. Marvin A. Chirelstein (2005) 149 ff.; McDaniel/Ault/Repetti (2005) 25 und 46 f.; Richard L.<br />
Doernberg (2004) 57 und 90 ff.; John K. McNulty (1999) 203 ff.<br />
68 Vgl. vorstehend N 23 f.<br />
69 Vgl. vorstehend N 25 ff.<br />
70 Vgl. nachstehend N 45 f.<br />
71 § 469 IRC. Es ist darauf hinzuweisen, dass ähnliche Einschränkungen auch bei den Steuergutschriften,<br />
die im Zusammenhang mit passiven Aktivitäten entstanden sind, gelten. Vgl.<br />
allgemein zur Behandlung von Net Operating Losses (NOLs) bei natürlichen Personen, Trusts<br />
und Nachlässen IRS Publication 536 (2005).<br />
72 Treas. Reg. § <strong>1.</strong>469-0–11, die besagen, dass «the taxpayer does not materially participate». Die<br />
betreffenden Regulations und Bestimmungen <strong>des</strong> IRC gehen derart ins Detail, dass McDaniel/Ault/Repetti<br />
(2005) 26 von «tortuous detail» sprechen.<br />
14<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
jeweiligen Einkommenskategorien. Sind gleichzeitig die Bestimmungen<br />
über die Beschränkung von Zinsaufwendungen zu berücksichtigen, wird<br />
es offensichtlich, dass die <strong>US</strong>A ihr System der weltweiten Besteuerung <strong>des</strong><br />
Einkommens mit zentralen Elementen eines «schedular system» kombinieren<br />
73 . Diese Kombination führt zu einer nahezu unerträglichen Komplexität<br />
<strong>des</strong> <strong>US</strong>-amerikanischen Einkommenssteuersystems. Zudem führen die<br />
«At-risk»-Bestimmungen dazu, dass Aufwendungen nicht steuerwirksam<br />
geltend gemacht werden können, obwohl diese mit der «Generierung von<br />
Einkommen» im Zusammenhang stehen. Ein solches Resultat ist mit einem<br />
System der weltweiten Besteuerung <strong>des</strong> Einkommens nicht vereinbar 74 .<br />
<strong>1.</strong>2.3.4.4 Dividenden sowie Kapitalgewinne und Kapitalverluste<br />
Von einer in den <strong>US</strong>A domizilierten Gesellschaft («<strong>US</strong> corporation») oder einer<br />
anerkannten ausländischen Gesellschaft («qualified foreign corporation») an<br />
eine natürliche Person ausgeschüttete Dividenden werden zu einem Maximalsatz<br />
von 15% besteuert 75 . Bei den «qualified foreign corporations» handelt<br />
es sich um ausländische Gesellschaften, deren Aktien in den <strong>US</strong>A an der<br />
Börse gehandelt werden, oder um solche, die in den Genuss der Begünstigungen<br />
eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) kommen, welches<br />
Regeln zum Informationsaustausch enthält 76 .<br />
Das Steuerrecht <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> gewährt seit 1997 natürlichen Personen unzählige<br />
Vergünstigungen für Gewinne aus dem Verkauf von Kapitalvermögen<br />
(«capital assets») 77 . Die Berechnung <strong>des</strong> steuerbaren Gewinns ist im Detail<br />
sehr komplex, weshalb die steuerliche Behandlung von Kapitalgewinnen<br />
(«capital gains») nur in ihren Grundzügen wiedergegeben werden soll 78 :<br />
73 McDaniel/Ault/Repetti (2005) 26 sprechen dabei von einem «overlay» beider Systeme.<br />
74 Vgl. dazu IRS Publication 925 (2005); vgl. auch McDaniel/Ault/Repetti (2005) 26, die auf die aussergewöhnliche<br />
Vorgehensweise <strong>des</strong> <strong>US</strong> Congress verweisen, der dem <strong>US</strong> Treasury Department<br />
die Möglichkeit einräumt, Regulations zu erlassen, die mit den einschlägigen Bestimmungen<br />
<strong>des</strong> IRC nicht konform sind, wenn dies «necessary or appropriate to carry out the purposes of<br />
the passive activity loss rules» ist. Vgl. dazu § 469(j) IRC und Treas. Reg. § <strong>1.</strong>469-2T. Vgl. auch<br />
John K. McNulty (1999) 239 ff. und 437 ff.<br />
75 § 1(h)(11) IRC. Vgl. dazu auch McDaniel/Ault/Repetti (2005) 2<strong>1.</strong><br />
76 Vgl. IRS Notice 2003-69, 2003-42 I.R.B. 851 mit einer Liste von DBA, welche diesen Anforderungen<br />
Rechnung tragen (die DBA mit Deutschland, Österreich und der Schweiz gehören<br />
dazu; vgl. auch www.irs.gov/irb/2003-42_IRB/ar09.html). Vgl. auch IRS Notice 2003-71, 2003-43<br />
I.R.B. 922 mit Hinweisen, ab wann eine ausländische Gesellschaft sich als «to be traded on an<br />
established <strong>US</strong> securities market» qualifiziert.<br />
77 Zum Begriff «capital assets» vgl. Marvin A. Chirelstein (2005) 373 ff.; John K. McNulty (1999)<br />
458 ff.; Paul B. Stephan (1997) 140 ff. Vgl. auch IRS Publication 544 (2005).<br />
78 Vgl. § 1(h) IRC. Einen verständlichen Überblick geben Marvin A. Chirelstein (2005) 361 ff. und<br />
John K. McNulty (1999) 448 ff.; vgl. auch Jacobsen/Stange (2005). Zur Berechnung der Kapitalgewinne<br />
vgl. insbesondere Marvin A. Chirelstein (2005) 370 ff. und Daniel Q. Posin (1997)<br />
1450 ff.<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
15<br />
34<br />
35
36<br />
37<br />
38<br />
39<br />
40<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
(i) Nach der Grundregel unterliegen realisierte Gewinne auf Kapitalvermögen,<br />
welches mehr als zwölf Monate im Eigentum <strong>des</strong> Verfügenden<br />
stand, einer Steuer von höchstens 15% 79 . Dieses Steuerregime bevorzugt<br />
all diejenigen Steuerzahler, deren Steuersatz für gewöhnliches<br />
Einkommen über diesen 15% liegt. Aus steuerpolitischer Sicht konsequent<br />
wird die Steuer auf Kapitalgewinne für Steuerpflichtige, bei<br />
welchen Einkommenssteuersätze von 10–15% zur Anwendung kommen,<br />
auf 5% reduziert.<br />
(ii) Auf Gegenstände aus Sammlungen («collectibles») wird eine Steuer<br />
von 28% erhoben 80 .<br />
(iii) Gewinne aus der Veräusserung abschreibbaren Grundeigentums<br />
(«depreciable real estate») unterliegen einer Steuer von 25%; dies aber<br />
nur in dem Umfang, in welchem dieser Gewinn den vorgängig vorgenommenen<br />
Abschreibungen, die den historischen Kostenwert («basis»)<br />
vermindert haben, zugerechnet werden kann.<br />
(iv) Kommt es zum Verkauf von Aktien, welche als «kleine Geschäftsaktien»<br />
(«small business stocks») qualifiziert werden, wird ein dabei realisierter<br />
Gewinn im Umfang von 50% vom Einkommen ausgeschlossen.<br />
Der restliche Gewinnanteil wird mit höchstens 15% besteuert. Daraus<br />
resultiert eine effektive Gesamtsteuerbelastung von höchstens 7,5%.<br />
Ein Veräusserer solcher «small business stocks», der diese für mehr als<br />
sechs Monate im Eigentum gehalten hat, kann eine steuerliche Gewinnrealisation<br />
verhindern, wenn er innert einer Frist von 60 Tagen<br />
den Erlös aus der Veräusserung in die gleiche Kategorie von Aktien<br />
reinvestiert 81 .<br />
(v) Handelt es sich beim veräusserten Gut um das Eigenheim <strong>des</strong> Steuerpflichtigen<br />
(«taxpayer’s principal residence»), wird der Gewinn bis<br />
zu 250 000 bzw. 500 000 <strong>US</strong>D für verheiratete Steuerpflichtige vom<br />
79 Wurde das veräusserte Gut für weniger als zwölf Monate gehalten, unterliegen realisierte<br />
Gewinne den Sätzen der Einkommenssteuer.<br />
80 Nur Steuerpflichtige, deren «ordinary income» mit mehr als 28% besteuert wird, können somit<br />
von diesem Steuerregime profitieren. McDaniel/Ault/Repetti (2005) 22 nennen als Beispiele<br />
«stamp collections, rare coins, etc.».<br />
81 Vgl. die §§ 1045 und 1202 IRC. Damit Aktien einer Gesellschaft als Small Business Stock qualifiziert<br />
werden, müssen detaillierte Erfordernisse erfüllt sein. Macht ein Steuerpflichtiger von<br />
dieser auch als «roll-over provision» bezeichneten Bestimmung Gebrauch, hat er die «basis»<br />
auf die neuen Aktien zu übertragen. Vgl. auch John K. McNulty (1999) 435; McDaniel/Ault/Repetti<br />
(2005) 22, insbesondere FN 79. Vgl. zur Bestimmung der «basis» auch IRS Publication 551<br />
(2002).<br />
16<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
steuerbaren Einkommen ausgeschlossen. Besondere Bestimmungen<br />
müssen hier aber beachtet werden 82 .<br />
Von einer natürlichen Person aus dem Verkauf von Aktien oder anderen Wertpapieren<br />
erzielte Gewinne unterliegen der Einkommenssteuer. Dabei entstandene<br />
Verluste werden aber als «Kapitalverluste» («capital losses») qualifiziert.<br />
Die nachfolgend beschriebenen Regeln für Kapitalgewinne juristischer<br />
Personen finden mit einer Ausnahme grundsätzlich auch bei natürlichen<br />
Personen Anwendung. Übersteigen die Kapitalverluste die Kapitalgewinne,<br />
können diese nicht im Sinne eines «carry back» steuerwirksam zurückgetragen<br />
werden. Lediglich ein Verlustvortrag («carry forward») ist möglich, und<br />
zwar ohne zeitliche Beschränkung 83 .<br />
Aus steuertheoretischer Sicht vermag die vorstehend beschriebene steuerliche<br />
Behandlung von Kapitalgewinnen nicht zu überzeugen. Sie führt zu<br />
einer offensichtlichen Erhöhung der Komplexität <strong>des</strong> IRC84 . Zur Steigerung<br />
der Attraktivität im «internationalen Steuerwettbewerb» ist die unterschiedliche<br />
Behandlung von Kapitalgewinnen («capital gains») und gewöhnlichem<br />
Einkommen («ordinary income») als Standortvorteil für die <strong>US</strong>A aber zu begrüssen.<br />
Sie ist auch eine Quelle für viele den Steuerpflichtigen (noch) zugängliche<br />
Möglichkeiten zur Steuerplanung.<br />
<strong>1.</strong>2.3.4.5 Freibeträge<br />
Jeder steuerpflichtigen natürlichen Person steht ein dem Index unterliegender<br />
Freibetrag zu («personal exemption»). Das Gleiche gilt für den Ehegatten<br />
und jeden vom IRC zugelassenen Unterhaltsberechtigten, wie insbesondere<br />
die minderjährigen Kinder. Im Jahr 2004 belief sich dieser Freibetrag auf<br />
3100 <strong>US</strong>D. Bei den Steuerpflichtigen höherer Einkommensklassen – z.B. bei<br />
mehr als 150 000 <strong>US</strong>D Adjusted Gross Income eines Ehepaars – werden diese<br />
Freibeträge fliessend reduziert («phased-out») 85 .<br />
82 Vgl. § 121 IRC. Vgl. dazu John K. McNulty (1999) 119. Vgl. zum Verkauf von Wohneigentum<br />
insbesondere IRS Publication 523 (2005).<br />
83 McDaniel/Ault/Repetti (2005) 22 f.<br />
84 Vgl. auch McDaniel/Ault/Repetti (2005) 22 f.: «Arguments for preferential treatment of capital<br />
gains on tax policy grounds generally are unconvincing and there is no discernible rationale at all<br />
for the preferential scheme […]. One clear result, however, is the addition of inordinate complexity<br />
in the Code.»<br />
85 Vgl. die §§ 151 f. IRC. Marvin A. Chirelstein (2005) 201 f. geht mit Beispielen auf dieses «phaseout»<br />
ein. Vgl. auch IRS Publication 501 (2005).<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
17<br />
41<br />
42<br />
43
44<br />
45<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
<strong>1.</strong>2.4 Steuergutschriften<br />
Die in § 1 IRC aufgeführten Steuersätze finden Anwendung auf das steuerbare<br />
Einkommen, welches nach den beschriebenen Regeln ermittelt wird. Gegenüber<br />
der derart ermittelten Steuerschuld können gewisse Steuergutschriften<br />
(«tax credits») verrechnet werden. Wie im Steuerrecht für Gesellschaften gibt<br />
es auch im persönlichen Einkommenssteuerrecht zwei Arten von Steuergutschriften.<br />
Der erste Typus einer möglichen Steuergutschrift ist Ausfluss der<br />
dem IRC zugrunde liegenden Systematik und Struktur. Diese Gutschrift betrifft<br />
die von den Arbeitgebern zurückbehaltenen Steuern, geschätzte und<br />
bereits vorausbezahlte Steuern sowie in anderen Steuerhoheiten bezahlte<br />
Einkommenssteuern 86 . Der zweite Typus von Steuergutschriften zielt auf die<br />
Förderung und Unterstützung ausgewählter Personengruppen oder Aktivitäten<br />
ab. Zu erwähnen sind die allgemeine geschäftliche Steuergutschrift<br />
(«general business credit»), die Gutschrift für Kinderversorgung («child care<br />
credit»), die dem Steuerpflichtigen das Arbeiten ausserhalb <strong>des</strong> Heims ermöglichen<br />
soll, Gutschriften für Betagte über 65 Jahre, Gutschriften bis zu<br />
500 <strong>US</strong>D für je<strong>des</strong> Kind unter 17 Jahren («child tax credits») sowie Gutschriften<br />
für höhere Ausbildung («education incentives») 87 .<br />
<strong>1.</strong>2.5 Alternative Minimum Tax<br />
Die natürlichen Personen unterstehen einer alternativen Min<strong>des</strong>tsteuer, der<br />
sog. Alternative Minimum Tax (AMT), wenn diese deren reguläre Steuerschuld<br />
übersteigt 88 . Ziel dieser Steuer ist es, dafür Sorge zu tragen, dass die Steuerpflichtigen<br />
aller Einkommensklassen zur Bezahlung von Steuern herangezogen<br />
werden können. Auch Steuerpflichtige, denen mehr Möglichkeiten<br />
zur Optimierung ihrer Steuersituation zur Verfügung stehen, können mittels<br />
dieser «Auffangsteuer» auf dem Alternative Minimum Tax Income (AMTI)<br />
vom Fiskus zur Kasse gebeten werden. Die heutige Form der AMT stammt<br />
aus dem Jahr 1993 89 . Bis zu einem Einkommen von 175 000 <strong>US</strong>D beträgt der<br />
86 Vgl. die §§ 27, 31 und 6315 IRC.<br />
87 Vgl. die §§ 21, 22, 24, 25A und 32 IRC, welche zum Teil auf dem Taxpayer Relief Act of 1997<br />
basieren. Zum «child tax credit» und den «education incentives» vgl. IRS Publication 970 (2005);<br />
IRS Publication 972 (2005); Marvin A. Chirelstein (2005) 202 ff. mit Hinweisen zu den Neuerungen<br />
aufgrund <strong>des</strong> American Jobs Creation Act of 2004.<br />
88 Zur AMT vgl. McDaniel/Ault/Repetti (2005) 14 ff. und 28; Marvin A. Chirelstein (2005) 188 ff.;<br />
McDaniel/Ault/McMahon/Simmons (2004) 1257 ff.; John K. McNulty (1999) 114 ff. und 499 ff.;<br />
vgl. auch den Überblick bei Daniel Shaviro (2001) 1455 ff.<br />
89 Die AMT geht bis auf die 1960er Jahre zurück. Präsident Ronald Reagan (1980−1988) war dieser<br />
Steuer gegenüber nicht abgeneigt, weshalb sie auch Bestandteil seiner Steuerreformen war.<br />
Gegenüber den vielen Möglichkeiten zur Steuereinsparung, den sog. «loop-holes», äusserte<br />
sich Präsident Reagan dahingehend, dass diese den «powerful or privileged [allow] to keep<br />
18<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
Steuersatz der AMT 26%, für darüber hinausgehende Beträge 28%. Für Kapitalgewinne<br />
finden besondere abgestufte Steuersätze Anwendung 90 . Viele<br />
Abzüge, die im allgemeinen Einkommenssteuerrecht gelten, können zur<br />
Ermittlung <strong>des</strong> AMTI nicht herangezogen werden. So kann der allgemeine<br />
Freibetrag, bei Ehepaaren im Jahr 2005 z.B. 58 000 <strong>US</strong>D, bei Erreichen eines<br />
bestimmten Einkommensniveaus nicht geltend gemacht werden 91 .<br />
Die AMT findet in unterschiedlicher Ausgestaltung auf natürliche und juristische<br />
Personen Anwendung. Indem sie das Ziel verfolgt, dass auch privilegierte<br />
Schichten ihren Beitrag am Steueraufkommen <strong>des</strong> Staates leisten, hat<br />
sich im IRC derart geradezu ein «zweites Steuersystem» entwickelt − eines,<br />
welches die Steuerbemessungsgrundlage breiter definiert als das gewöhnliche<br />
System der Einkommenssteuer, im Gleichschritt aber einen tieferen<br />
Steuersatz zur Anwendung bringt. Die AMT zwingt die Steuerzahler, welche<br />
unter dem üblichen Steuersystem bevorzugt werden, die derart erhaltene<br />
Steuerschuld mit derjenigen der AMT zu vergleichen und in der Folge den<br />
höheren Betrag als Steuer abzuführen. Die AMT erlaubt, weiterhin von den<br />
unzähligen Möglichkeiten der Steuereinsparung Gebrauch zu machen, setzt<br />
aber gleichzeitig einen «Plafond», unter welchen die Steuerschuld nicht fallen<br />
kann 92 .<br />
<strong>1.</strong>2.6 Trusts und Nachlässe<br />
Kommt es zur Besteuerung von Einkommen eines Trusts oder eines Nachlasses<br />
(«estate»), erfolgt dies mittels progressiver Steuersätze. Diese finden<br />
auch bei getrennt veranlagten verheirateten Steuerpflichtigen Anwendung.<br />
Der IRC unterscheidet zwischen einfachen und komplexen Trusts. Bei einem<br />
einfachen Trust («simple trust») wird <strong>des</strong>sen ganzes Einkommen laufend<br />
an den Begünstigten («beneficiary») ausgeschüttet, welcher diesen ausgeschütteten<br />
Gewinn seinem Einkommen zuzurechnen hat. Der einfache Trust<br />
selbst qualifiziert sich nicht als Steuersubjekt. Beim komplexen Trust («complex<br />
trust») wird der erzielte Gewinn demgegenüber nicht oder nur teilweise<br />
den Begünstigten zugewiesen. Für den einbehaltenen Gewinn ist der Trust<br />
from paying taxes when the middle class with no place to hide and no protection from clever<br />
accountants, bear more than their share of the load».<br />
90 Vgl. dazu § 55(b)(3) IRC, der 10, 20 und 25% zur Anwendung bringt.<br />
91 § 55(b)(1)(A) und (3), (d)(1) und (3) IRC. Bei verheirateten Paaren z.B. bei Erreichen eines<br />
gemeinsamen steuerbaren Einkommens von 150 000 <strong>US</strong>D.<br />
92 Vgl. auch McDaniel/Ault/Repetti (2005) 28 mit folgendem kritischen Hinweis: «While the AMT<br />
was originally intended to apply to tax preferences of high-inocme individuals, it has evolved into<br />
a ‹shadow› tax system which applies to many middle class taxpayers.»<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
19<br />
46<br />
47
48<br />
49<br />
50<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
steuerpflichtig. Die ausgeschütteten Gewinne unterliegen beim Begünstigten<br />
der Einkommenssteuer 93 .<br />
In gewissen Fällen behält sich der Errichter («settlor or grantor») eines Trusts<br />
derart weitgehende Rechte über diesen vor, dass er aus Sicht der Einkommenssteuer<br />
weiterhin als der Eigentümer <strong>des</strong> Trust-Vermögens gilt. Man<br />
spricht <strong>des</strong>halb auch von «Grantor-Trust». Gemäss dem IRC ist der Errichter<br />
für sämtliches Einkommen dieser Trust-Form steuerpflichtig. Im Umfang der<br />
Ausschüttungen an einen Begünstigten nimmt er eine Schenkung vor. Erzielt<br />
ein Trust Kapitalgewinne, sind diese grundsätzlich von ihm zu versteuern.<br />
Nur wenn diese Gewinne in den Statuten <strong>des</strong> Trusts ausdrücklich den<br />
Begünstigten zugewiesen werden, sind diese dafür steuerpflichtig 94 .<br />
Der Nachlass eines Erblassers ist für all diejenigen Einkünfte steuerpflichtig,<br />
welche diesem bis zur definitiven Auseinandersetzung der Erben zukommen<br />
und Letzteren nicht bereits zugewendet worden sind. Im Allgemeinen<br />
finden auf den Nachlass die Besteuerungsregeln für den komplexen Trust<br />
Anwendung, zudem sind die Regeln der einzelnen Bun<strong>des</strong>staaten zu berücksichtigen<br />
95 .<br />
<strong>1.</strong>2.7 Sozialversicherungsbeiträge<br />
In den <strong>US</strong>A werden die Beiträge für die Sozialversicherung, d.h. für die Alters-,<br />
Hinterbliebenen- und Invalidenversicherung (Old-Age, Survivors, and Disability<br />
Insurance), dogmatisch nicht von den Steuern getrennt. Wie in der Schweiz<br />
müssen die Arbeitgeber in den <strong>US</strong>A zur Finanzierung der bestehenden Sozialversicherung<br />
von den Gehältern der Arbeitnehmer Steuern bzw. Beiträge<br />
einbehalten und diesen Beträgen noch einen gleich hohen Betrag als Arbeitgeberanteil<br />
zuschlagen. Diese Abgaben werden unter dem Begriff der Sozialversicherungssteuern<br />
(«social securities taxes») nach dem Federal Insurance<br />
Contribution Act (FICA), welcher Teil <strong>des</strong> IRC ist, erhoben 96 . Im Jahr 2006 betrug<br />
93 §§ 641−667 IRC. Im Detail kann die steuerrechtliche Behandlung von Trusts sehr komplex<br />
werden. Vgl. McDaniel/Ault/McMahon/Simmons (2004) 1235 ff.; John K. McNulty (1999) 402 ff.;<br />
vgl. zu steuerplanerischen Aspekten auch Warren G. Whitaker (1999) und (2006). Zum <strong>US</strong>amerikanischen<br />
Trust-Recht vgl. insbesondere Gerry W. Beyer (2005); Dukeminier/Johanson/<br />
Lindgren/Sitkoff (2005); Siegfried Elsing (1990) gibt einen Überblick. Vgl. auch Robert J. Danon<br />
(2004); Sibilla Cretti (2001); Walter Ryser (1998).<br />
94 §§ 671−677 IRC. Vgl. zum Grantor-Trust auch McDaniel/Ault/McMahon/Simmons (2004) 1215 ff.;<br />
John K. McNulty (1999) 406 ff.; vgl. nachstehend N 294 ff., N 302 f. und N 750 f.<br />
95 Vgl. McDaniel/Ault/McMahon/Simmons (2004) 1254 f.<br />
96 Federal Social Insurance Taxes and Contributions. Das <strong>US</strong>-Sozialversicherungsrecht geht auf<br />
das Social Security Program <strong>des</strong> Jahres 1935 zurück, welches ein zentraler Teil <strong>des</strong> «New Deal»<br />
von Präsident Franklin D. Roosevelt (1933−1945) war. Es wird als Social Security Act umfassend<br />
in Title 42, Chapter 7 <strong>des</strong> United States Code (<strong>US</strong>C) geregelt. Zur Sozialversicherung der <strong>US</strong>A<br />
20<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
der Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil jeweils 6,2% bis zur Höchstgrenze<br />
von 94 200 <strong>US</strong>D pro Jahr (Social Security Wage Base). Zusätzlich wurde die<br />
«medicare tax» von jeweils 1,45% erhoben. Selbständigerwerbende wurden<br />
im Jahr 2006 mit einem Satz von 12,4% ihres Einkommens, d.h. den «net earnings<br />
from self-employment», veranlagt 97 . Zusätzlich wurde die «medicare tax»<br />
von 2,9% erhoben 98 . Die gesamte Belastung mit Sozialversicherungsbeiträgen<br />
betrug somit 15,3%. Für die Administration der Beiträge an die Sozialversicherung<br />
ist ebenfalls der Internal Revenue Service (IRS) verantwortlich.<br />
<strong>1.</strong>3 Unternehmenssteuerrecht<br />
<strong>1.</strong>3.1 Allgemeines<br />
Gesellschaften können in den <strong>US</strong>A als Kapitalgesellschaften («corporations»)<br />
oder als Personengesellschaften («partnerships») ausgestaltet sein. Im Gegensatz<br />
zur Personengesellschaft tritt die Kapitalgesellschaft als eigenständiges<br />
Steuersubjekt auf, welches der Einkommenssteuer für Unternehmen,<br />
der Corporate Tax, unterliegt und <strong>des</strong>sen Gewinne – den Steuersystemen<br />
Deutschlands, Österreichs und der Schweiz vergleichbar – einer zweifachen<br />
Besteuerung unterworfen sind 99 : einmal auf der Ebene der Gesellschaft und<br />
ein weiteres Mal beim Gesellschafter, d.h. bei den Aktionären 100 . Bei gewissen<br />
Gesellschaften mit Sonderstatus kommt diese oftmals als «klassisch» bezeichnete<br />
Besteuerung nicht zum Tragen, und es erfolgt eine Besteuerung<br />
als Personengesellschaft, indem deren Erträge unmittelbar den Gesellschaftern<br />
bzw. Anteilseignern zugerechnet werden. Den Personengesellschaften<br />
fehlt die eigene Subjektivität im Steuerrecht, weshalb ihre Erträge direkt den<br />
vgl. die offizielle Internet-Seite der <strong>US</strong> Social Security Administration: www.ssa.gov. Vgl. auch<br />
Bankman/Griffith (1987). Zur Sozialversicherung im internationalen Steuerrecht vgl. auch<br />
Michael Lang (2006)<br />
97 § 1401(a) IRC; vgl. zur Definition der «net earnings from self-employment» § 1402(a) IRC. Die<br />
Sozialversicherungsbeiträge von Selbständigerwerbenden werden gestützt auf den Self-<br />
Employment Contributions Act of 1954 erhoben, der in den §§ 1401–1403 IRC geregelt wird.<br />
98 § 1401(b) IRC.<br />
99 Zur Besteuerung der <strong>US</strong> Corporation vgl. McDaniel/AultRepetti (2005) 7 ff.; Cheryl D. Block<br />
(2004); Karen C. Burke (2002); Abrams/Doernberg (2002); ausführlich Melvin A. Aron Eisenberg<br />
(2005); Bittker/Eustice (2000); McDaniel/McMahon/Simmons (1999); Kahn/Lehman (1994); vgl.<br />
auch IRS Publication 542 (2006); Ernst Boles (1993) gibt einen Überblick. Zu den gesellschaftsrechtlichen<br />
Aspekten der «corporations» vgl. Robert W. Hamilton (2000) und (2005); William<br />
Burnham (2002); vgl. auch die Überblicke bei Stanley Siegel (1996) 336 ff.; Hanno Merkt (1991)<br />
und (1996); Treumann/Peltzer/Kuehn (1990); vgl. auch Jürgen Schneider (2000); Hartwin Bungert<br />
(1999); Eberhard Röhm (1996A) und (1996B) zum Gesellschaftsrecht <strong>des</strong> Staates New York.<br />
100 Dieses «double tax regime» wird in den §§ 301−385 IRC <strong>des</strong> Subchapter C unter dem Titel Corporate<br />
Distributions and Adjustments geregelt, weshalb auch von C Corporations gesprochen<br />
wird. Zur «corporate double tax» vgl. die Ausführungen bei Abrams/Doernberg (2002) 1 ff.<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
21<br />
51
52<br />
53<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
einzelnen Gesellschaftern zufliessen 101 . Überwiegen bei einer Personengesellschaft<br />
jedoch die Merkmale einer Kapitalgesellschaft, können deren Besteuerungsregeln<br />
zum Zug kommen.<br />
Im Fall von Neugründungen ist es <strong>US</strong>-Gesellschaften und ausländischen Unternehmen<br />
nach den sog. «Check-the-Box»-Bestimmungen <strong>des</strong> Jahres 1996<br />
überlassen, für welche der vorhandenen steuerlichen Qualifikationen sie<br />
sich entscheiden 102 . Die Corporate Tax hat derart einen stark freiwilligen Charakter<br />
angenommen. Nach den Regulations werden gewisse Gesellschaften,<br />
wie sämtliche Kapitalgesellschaften, die nach dem Gesellschaftsrecht der<br />
Bun<strong>des</strong>staaten inkorporiert worden sind, oder Versicherungsgesellschaften,<br />
gemeinhin immer als <strong>US</strong> Corporations qualifiziert 103 . Mit Blick auf ausländische<br />
Gesellschaften nennen die Regulations Beispiele ausländischer Gesellschaftsformen,<br />
wie z.B. die Aktiengesellschaft in Deutschland und der<br />
Schweiz 104 sowie die französische Société Anonyme (S.A.), die immer als steuerlich<br />
eigenständige Rechtssubjekte im Sinne einer <strong>US</strong> Corporation behandelt<br />
werden 105 .<br />
Wird eine Gesellschaft nicht als Corporation eingestuft, können ihre Eigentümer<br />
bzw. Anteilseigner verlangen, dass sie einer Qualifikation unterzogen<br />
und als steuerlich eigenständige Kapitalgesellschaft, als Personengesellschaft<br />
oder lediglich als Niederlassung («branch») behandelt wird. Dabei<br />
spielt die Zahl der Eigentümer oftmals eine entscheidende Rolle 106 . Erfolgt<br />
keine Qualifikation, wird eine Gesellschaft mit zwei oder mehr Eigentümern<br />
als Personengesellschaft qualifiziert, es sei denn, sie gilt von Gesetzes wegen<br />
als Kapitalgesellschaft. Daraus folgt, dass die Eigentümer einer Gesellschaft<br />
eine Qualifikation nur vornehmen müssen, wenn sie ihr Unternehmen als<br />
Kapitalgesellschaft besteuert haben möchten 107 . Ein ausländisches Unternehmen,<br />
welches nicht schon per Definition als Kapitalgesellschaft gilt, unterliegt<br />
den Besteuerungsregeln der Personengesellschaft, wenn es zwei<br />
oder mehr Eigentümer aufweist, von denen min<strong>des</strong>tens einer unbeschränkt<br />
haftet. Die Normen <strong>des</strong> IRC über die Kapitalgesellschaft kommen demge-<br />
101 Es wird auch von «flow through entities» gesprochen.<br />
102 Treas. Reg. § 30<strong>1.</strong>7701-2. Vgl. Bitter/Eustice (2000) 2-1 ff.; vgl. auch Robert W. Hamilton (2005);<br />
Stanley Siegel (1996) 336 ff.; Flick/Janka (1998); Hans-Jörg Ziegenhain (1995).<br />
103 Treas. Reg. § 30<strong>1.</strong>7701-2(b)(1)–(7). Vgl. kritisch Flick/Janka (1998) 110 ff.; Hans-Jörg Ziegenhain<br />
(1995) 67<strong>1.</strong><br />
104 Vgl. zur Schweizer Aktiengesellschaft aus aktien- und steuerrechtlicher Sicht ausführlich<br />
Bauen/Bernet (2007) sowie Bauen/Bernet/Rouiller (2007).<br />
105 Treas. Reg. § 30<strong>1.</strong>7701-2(b)(8)(i) mit einer Liste ausländischer Gesellschaftsformen.<br />
106 Treas. Reg. § 30<strong>1.</strong>7701-2(c).<br />
107 Treas. Reg. § 30<strong>1.</strong>7701-3(a),(b)(1).<br />
22<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
genüber zum Zug, wenn alle Eigentümer nur beschränkt für die Schulden<br />
<strong>des</strong> Unternehmens haften 108 .<br />
Im internationalen Verhältnis kann es dazu kommen, dass die <strong>US</strong>A ein Unternehmen<br />
als Personengesellschaft qualifizieren, während ein anderes Land<br />
dasselbe Unternehmen als steuerlich eigenständige Kapitalgesellschaft behandelt;<br />
der gegenteilige Fall ist selbstredend auch möglich. In diesem Kontext<br />
wird auch von «hybrid entities» gesprochen 109 .<br />
<strong>1.</strong>3.2 Kapitalgesellschaften<br />
<strong>1.</strong>3.2.1 Allgemeines<br />
Wie in Deutschland, Österreich und der Schweiz werden Ausschüttungen<br />
einer Kapitalgesellschaft einer Doppelbelastung unterworfen, d.h. sowohl<br />
auf der Ebene der Gesellschaft als auch beim Aktionär 110 . Sowohl die <strong>US</strong>A als<br />
auch die Schweiz kennen keine Milderung in Form einer Steueranrechnung<br />
beim Anteilseigner oder eines Abzugs für die Gewinnausschüttung bei der<br />
Gesellschaft 111 .<br />
Die Gewinnausschüttungen sind beim Aktionär zum zu versteuernden Einkommen<br />
hinzuzurechnen und mit dem gewöhnlichen Steuersatz zu versteuern<br />
112 . Nehmen Kapitalgesellschaften die Stellung eines Anteilseigners ein,<br />
steht diesen für erhaltene Dividenden ein Abzug in Höhe von 70% bzw. je<br />
nach Sachlage 80% oder sogar 100% zur Verfügung 113 . Um den ausschüttungsfähigen<br />
Gewinn zu ermitteln, müssen in einem ersten Schritt Erträge<br />
und Gewinne einer Kapitalgesellschaft, die Earnings and Profits (E&P), berechnet<br />
werden. Kommt es zu Ausschüttungen von Gewinnen, die nicht durch<br />
die E&P gedeckt werden, wird diese Leistung an die Inhaber von Anteilsschei-<br />
108 Treas. Reg. § 30<strong>1.</strong>7701-3(b)(2). Die Frage der beschränkten Haftbarkeit <strong>des</strong> Eigentümers wird<br />
nach dem Recht <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> bestimmt, in dem das Unternehmen errichtet worden ist.<br />
109 Zu den «hybrid entities» vgl. auch McDaniel/Ault/Repetti (2005) 6, 83 ff. und 180 f.; zu den<br />
«foreign corporations» vgl. ausführlich Bitter/Eustice (2000) 15-1 ff.<br />
110 Diese wirtschaftliche Doppelbelastung bei Ausschüttungen liegt darin begründet, dass die<br />
Gesellschaften wie auch die Aktionäre selbständige Steuersubjekte sind.<br />
111 Eine Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung wäre z.B. durch die Reduktion der<br />
Bemessungsgrundlage von Dividenden und anderen geldwerten Leistungen der Gesellschaft<br />
möglich. In Deutschland kommt das sog. Teilbesteuerungsverfahren zur Anwendung, bei<br />
welchem zurzeit die Dividenden nur zu 50% in die Bemessung einbezogen werden. Es wird<br />
<strong>des</strong>halb auch von Halbeinkünfteverfahren gesprochen. In der Schweiz soll im Rahmen der<br />
Unternehmenssteuerreform II ein Teilbesteuerungsverfahren von ebenfalls 50% eingeführt<br />
werden (frühestens ab 2008). In einzelnen Schweizer Kantonen wird die wirtschaftliche<br />
Doppelbelastung bereits heute gemildert.<br />
112 § 61(a)(7) IRC. Vgl. Bitter/Eustice (2000) 8-4 ff.; McDaniel/McMahon/Simmons (1999) 184 ff.<br />
113 § 243 IRC. Zur Konzernbesteuerung in den <strong>US</strong>A vgl. auch Brigitte Wudernitz (1996) 1 ff.<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
23<br />
54<br />
55<br />
56
57<br />
58<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
nen nicht als Dividende, sondern als steuerfreie Kapitalrückzahlung qualifiziert<br />
114 . In der (Buchhaltungs-)Praxis erweist sich die Ermittlung der E&P als<br />
äusserst aufwendig, muss doch ein eigenes umfangreiches Rechenwerk erstellt<br />
werden. In diesem muss zwischen laufenden ausschüttbaren Gewinnen<br />
<strong>des</strong> Steuerjahres, den «current E&P», und der Rücklage der Gewinne früherer<br />
Jahre, den «accumulated E&P», unterschieden werden. Diese Trennung ist<br />
notwendig, da der IRC von der Prämisse ausgeht, dass Dividenden zuerst aus<br />
dem laufenden ausschüttbaren Gewinn bezahlt werden 115 . Erst wenn diese<br />
«current E&P» ausgeschöpft sind, wird auf die «accumulated E&P» zurückgegriffen.<br />
Keine Dividenden im Sinne der einschlägigen Bestimmung <strong>des</strong><br />
IRC sind solche, die aus keinen der beiden Formen der E&P bezahlt werden<br />
können 116 . Diese Ausschüttungen führen zu einer Verminderung der Buchwerte<br />
der Anteilsrechte, die im Umfang <strong>des</strong> Nominalwertes als steuerfreie<br />
Kapitalrückzahlung qualifiziert werden 117 . Übersteigen die Ausschüttungen<br />
auch diesen Umfang, werden sie als Veräusserungsgewinne («capital gains»)<br />
behandelt, die nach den allgemeinen Grundsätzen zu versteuern sind 118 .<br />
<strong>1.</strong>3.2.2 Steuersatz<br />
Kapitalgesellschaften unterliegen beim Bund einem Steuersatz von 15%<br />
auf den ersten 50 000 <strong>US</strong>D <strong>des</strong> steuerbaren Einkommens und von 25% auf<br />
den nächsten 25 000 <strong>US</strong>D. Einkommen von 75 000 bis 10 Mio. <strong>US</strong>D unterliegt<br />
einem Steuersatz von 34%. Ein Steuersatz von 35% wird auf steuerbares<br />
Einkommen einer Kapitalgesellschaft erhoben, das 10 Mio. <strong>US</strong>D übersteigt.<br />
Steuerbares Einkommen über 18,333 Mio. <strong>US</strong>D wird mit einem pauschalen<br />
Steuersatz von 35% besteuert, d.h., die tieferen Steuersätze finden keine Anwendung<br />
mehr auf die ersten Einkommensteile («phased-out») 119 .<br />
Im internationalen Vergleich ist der auf das Einkommen von <strong>US</strong>-Gesellschaften<br />
anwendbare Steuersatz (sehr) hoch. Zudem gilt es zu bedenken,<br />
dass die Einzelstaaten noch ihre eigenen Tarife, die verschieden Formen<br />
ausweisen, zur Anwendung bringen; die Belastung beträgt hier für das Jahr<br />
2006 zwischen etwa 1,9 und 12%. Zumin<strong>des</strong>t können diese Steuern bei der<br />
114 §§ 301(c) i.V.m. 316(a) IRC.<br />
115 § 316(a) IRC.<br />
116 § 316 IRC.<br />
117 § 301(c)(2) IRC.<br />
118 Zum Konzept der E&P vgl. McDaniel/Ault/Repetti (2005) 16 f.; Bittker/Eustice (2000) 8–16 ff.;<br />
McDaniel/McMahon/Simmons (1999) 196 ff.<br />
119 § 11 IRC. Vgl. auch John K. McNulty (1999) 432 ff.; Marvin A. Chirelstein (2005) 3 ff. und 7 f. mit<br />
Hinweisen zum Economic Growth and Tax Relief Reconciliation Act of 200<strong>1.</strong> Vgl. auch Gerhard<br />
Vorwold (2003).<br />
24<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
Bemessung der Federal Income Tax der <strong>US</strong>-Gesellschaften in Abzug gebracht<br />
werden 120 .<br />
<strong>1.</strong>3.2.3 Steuerbemessungsgrundlage<br />
<strong>1.</strong>3.2.3.1 Allgemeines<br />
Die Ermittlung <strong>des</strong> Einkommens richtet sich bei Kapitalgesellschaften nach<br />
den für natürliche Personen geltenden Prinzipien. Es ergeben sich jedoch<br />
Unterschiede, die Resultat der unterschiedlichen Natur einer Kapitalgesellschaft<br />
sind. Dies ist insbesondere bei den steuermindernden Abzügen der<br />
Fall. Während natürliche Personen persönliche Aufwendungen geltend machen<br />
können, stehen Kapitalgesellschaften Abzüge aus Beteiligungserträgen<br />
zur Verfügung, die für natürliche Personen oder Personengesellschaften<br />
nicht in Betracht kommen. Die vorstehend erwähnten Steuersätze finden auf<br />
das steuerbare Einkommen («taxable income») der Gesellschaft Anwendung.<br />
Wie bei den natürlichen Personen wird zu <strong>des</strong>sen Bestimmung vom Bruttoeinkommen<br />
(«gross income») ausgegangen 121 . Dabei erfolgt keine Unterscheidung<br />
in Herkunft oder Kategorien <strong>des</strong> Einkommens 122 . Das steuerbare<br />
Einkommen («taxable income») erhält man, indem vom Bruttoeinkommen<br />
die steuerlich erlaubten Aufwendungen in Abzug gebracht werden 123 .<br />
<strong>1.</strong>3.2.3.2 Bruttoertrag<br />
Das Bruttoeinkommen bzw. der Bruttoertrag («gross income») setzt sich<br />
grundsätzlich aus der Gesamtheit der Erträge einer Kapitalgesellschaft zusammen.<br />
Als Ausnahmen von diesem Grundsatz sind zu erwähnen: (i) Zinsen<br />
120 Die Unternehmenssteuersätze 2006 betragen z.B. in Österreich 25% (zusätzlich 3% auf lokaler<br />
Ebene/Kommunalsteuer; abziehbar); in Belgien 33% (inklusive einer ergänzenden Krisenabgabe<br />
von 3%; gesamthaft somit 33,99%); in Dänemark 28% (bei Vorauszahlung, sonst<br />
Zuschlag von 5,7%); in Finnland 26%; in Frankreich 33,33%; in Deutschland 25% bzw. 26,38%<br />
inklusive Solidaritätszuschlag von 5,5% (zusätzlich 5% auf lokaler Ebene/abziehbar); in Griechenland<br />
29% (22% für offene Handelsgesellschaften und Gesellschaften <strong>des</strong> bürgerlichen<br />
Rechts); in Irland 12,5% (10% für sog. «manufacturing companies»; 25% für sog. «non-tradingincome»);<br />
in Italien 33% (zusätzlich 4,25% auf lokaler Ebene/nicht abziehbar); in Luxemburg<br />
22% bzw. 22,88% inklusive Solidaritätszuschlag von 4% (zusätzlich 3 bis 5% auf lokaler Ebene;<br />
nicht abziehbar); in den Niederlanden 29,6%; in Norwegen 28%; in Portugal 25% (zusätzlich<br />
0–10% auf lokaler Ebene); in Spanien 35%; in Schweden 28%; in der Schweiz 8,5% (zusätzlich<br />
z.B. 8% auf lokaler Ebene im Kanton Zürich; abziehbar); und in Grossbritannien 30%. Die<br />
<strong>US</strong>A wie auch Belgien, Frankreich, Irland, Luxemburg, die Niederlande, Portugal, Spanien<br />
und Grossbritannien wenden zudem tiefere Sätze an für Unternehmen, deren Gewinne eine<br />
gewisse Limite nicht überschreiten, bzw. für kleine Unternehmen. Quelle: Supplementary<br />
Service to European Taxation, IBFD, Amsterdam 2006 betreffend Unternehmenssteuersätze<br />
im Jahr 2006.<br />
121 Gross Income = Gross Receipts − Costs of Goods Sold.<br />
122 Vgl. die §§ 61 und 63 IRC.<br />
123 Taxable Income = Gross Income − Deductions.<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
25<br />
59<br />
60
61<br />
62<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
aus Obligationen («bonds») von Einzelstaaten und diesen untergeordneten<br />
Körperschaften; (ii) Zahlungen aus Lebensversicherungen; (iii) Beiträge an<br />
das ausgewiesene Aktienkapital der Gesellschaft; (iv) Geschenke und Erbschaften.<br />
Hervorzuheben ist, dass bei Zuwendungen von Nichtaktionären an<br />
das Kapital der Gesellschaft die Gesellschaft als Gegenstück zur fehlenden<br />
Steuerbarkeit den Steuerwert der Aktiven im Umfang dieser Zuwendungen<br />
herabzusetzen hat 124 . Kommt es zu Sacheinlagen seitens der Aktionäre, hat<br />
die Gesellschaft deren Steuerwert am eingebrachten Gut zu übernehmen 125 .<br />
Im Fall eines Forderungsverzichts seitens eines Gläubigers ist diese Form von<br />
Einkommen nur steuerbefreit («tax exempt»), wenn sich die steuerpflichtige<br />
Gesellschaft im Konkursverfahren befindet oder als zahlungsunfähig gilt 126 .<br />
<strong>1.</strong>3.2.3.3 Abzüge vom Bruttoertrag<br />
Vom «gross income» können insbesondere zwei Kategorien von Aufwendungen<br />
in Abzug gebracht werden («deductible expenditures»): (i) einerseits<br />
all diejenigen Aufwendungen, die Kosten für die Einkommensgewinnung<br />
darstellen und nach den anwendbaren Buchhaltungsprinzipien dem massgeblichen<br />
Steuerjahr zugeordnet werden können, sowie (ii) andererseits besondere<br />
Abzüge, die ausserhalb der vorstehenden Regel geltend gemacht<br />
werden können.<br />
Zur ersten Kategorie erlaubter Abzüge gehören ordentliche und ausserordentliche<br />
Aufwendungen im Rahmen einer Geschäftstätigkeit («trade or<br />
business»), wie angemessener Personal- und Verwaltungsaufwand, Werbungskosten<br />
usw., Beiträge an Vorsorgeeinrichtungen sowie Ausgaben für<br />
eine Gewinnbeteiligung der Arbeitnehmer, bezahlte oder abgegrenzte Zinsen<br />
und Lizenzausgaben im Zusammenhang mit einer Geschäftstätigkeit,<br />
Mieten für Gegenstände, die geschäftlich genutzt oder als Kapitalanlage<br />
gehalten werden, Prämien für Sachversicherungen von Gegenständen <strong>des</strong><br />
Geschäftsvermögens, Abschreibungen sowie Steuern der Bun<strong>des</strong>staaten<br />
und Gemeinden 127 . Spenden können grundsätzlich im Umfang von bis zu<br />
10% <strong>des</strong> steuerpflichtigen Einkommens abgezogen werden. Die Beiträge an<br />
die Bun<strong>des</strong>sozialversicherung und die Bun<strong>des</strong>arbeitslosenversicherung sind<br />
im Gegensatz zur Einkommenssteuer <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> abzugsfähig. Verluste an<br />
Geschäftsaktiven sind als Aufwand steuermindernd, wenn über diese Ak-<br />
124 § 362(c) IRC.<br />
125 § 362 IRC. Vgl. auch McDaniel/Ault/Repetti (2005) 7 f.<br />
126 § 108(a) IRC. Diese Form der Steuerbefreiung hat nach § 108(b) IRC eine Einschränkung der<br />
Möglichkeit zur Verlustverrechnung zur Folge.<br />
127 §§ 162−168, 401−415 IRC. Vgl. dazu John K. McNulty (1999) 122 ff.; Marvin A. Chirelstein (2005)<br />
26<br />
104 ff.<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
tiven verfügt wird oder diese keinen Wert mehr ausweisen 128 . Ähnliche Regeln<br />
gelten auch für nicht mehr durchsetzbare Forderungen («bad debts») 129 .<br />
Kosten, die als Kapitalaufwendungen («capital expenditures») qualifiziert<br />
werden, sind nicht laufend abzugsfähig und müssen zum Steuerbuchwert<br />
(«cost basis») addiert werden 130 . Als Kapitalaufwendung gilt ein Betrag, der<br />
für den Erwerb eines Aktivums, für <strong>des</strong>sen dauerhafte Verbesserung oder Änderung,<br />
um den Wert von Anlagegütern zu erhöhen, bezahlt wird oder der<br />
dazu führt, dass ein Anlagegut entsteht und bilanziert werden kann, <strong>des</strong>sen<br />
nutzbare Lebensdauer («useful life») über das Steuerjahr hinausgeht. Demgegenüber<br />
sind Aufwendungen für die Reparatur und die Erhaltung von Anlagevermögen<br />
laufend abzugsfähig – vorausgesetzt, sie führen dazu, dass<br />
ein Anlagegut geschaffen wird, <strong>des</strong>sen nutzbare Lebensdauer das Steuerjahr<br />
übersteigt. In der Natur der Kapitalkosten liegt die Tatsache begründet, dass<br />
diese dem Unternehmen wieder «zurückfliessen», sei es in Form eines Abzugspostens<br />
gegen den Verkaufspreis, wenn das Anlagegut verkauft wird,<br />
oder mit jährlichen Abschreibungen, welche die Wertverminderung eines<br />
Wirtschaftsgutes während einer definierten Abschreibungsperiode wiedergeben.<br />
Dabei wird die Abschreibungsperiode von der erwarteten Lebensdauer<br />
<strong>des</strong> betreffenden Gutes bestimmt 131 . Das System der Abschreibungen<br />
für materielle Anlagegüter wird nach einem «beschleunigten System zur<br />
Wiedererlangung <strong>des</strong> Aufwan<strong>des</strong>», dem sog. Accelerated Cost Recovery System<br />
(ACRS), bestimmt, das in seiner durch die Steuerreform von 1986 angepassten<br />
Fassung, dem Modernized Accelerated Cost Recovery System (MACRS),<br />
für alle Arten abschreibbarer Anlagegüter eine anwendbare Abschreibungsdauer<br />
und -art vorschreibt 132 .<br />
Eine in der Unternehmenspraxis zum Abzug zugelassene wichtige Position<br />
sind die von einer Kapitalgesellschaft erhaltenen Dividenden, nämlich zu 70<br />
bzw. 80% der normalen Dividenden, die eine inländische Gesellschaft von<br />
einer anderen inländischen Gesellschaft bezieht, wenn die Beteiligung 20%<br />
oder mehr beträgt. Sind beide Gesellschaften Mitglieder einer Konzerngruppe,<br />
kann der Abzug auf 100% der erhaltenen Dividende ansteigen. Mit<br />
Blick auf die diesbezüglich anwendbaren Bestimmungen <strong>des</strong> IRC liegt ein<br />
128 § 165 IRC. Vgl. auch McDaniel/Ault/McMahon/Simmons (2004) 474 ff.<br />
129 § 166 IRC unterscheidet zwischen «wholly worthless debts» und «partially worthless debts».<br />
130 Die «cost basis» ist der nach § 1012 IRC massgebende historische Kostenwert <strong>des</strong> Wirtschaftsgutes,<br />
der während der Haltedauer <strong>des</strong> Gutes unter Umständen angepasst wird, indem<br />
Abschreibungen zu <strong>des</strong>sen Verminderung, Verbesserungen zu <strong>des</strong>sen Erhöhung führen. Vgl.<br />
§ 1016 IRC sowie McDaniel/Ault/Repetti (2005) 8, die in FN 14 bemerken, dass «‹the adjusted<br />
basis› (often referred to as ‹tax basis›) is in effect a running balance of the tax attributes of an<br />
asset». Vgl. auch John K. McNulty (1999) 168 f.<br />
131 § 263(a) IRC.<br />
132 § 168 IRC. Vgl. Marvin A. Chirelstein (2005) 175 ff.; John K. McNulty (1999) 160 ff.<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
27<br />
63
64<br />
65<br />
66<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
Konzern vor, wenn min<strong>des</strong>tens 80% jeder Aktiengattung von jeder Konzerngesellschaft<br />
von einer anderen Konzerngesellschaft gehalten werden und<br />
die gemeinsame Muttergesellschaft min<strong>des</strong>tens 80% einer jeden Aktiengattung<br />
von min<strong>des</strong>tens einer Konzerngesellschaft hält 133 .<br />
Zur zweiten Kategorie gehören unzählige Bestimmungen, welche einem Unternehmen<br />
ermöglichen, Kapitalaufwendungen schneller steuermindernd<br />
geltend zu machen als die vorgenannten. Dazu gehören z.B. Aufwendungen<br />
im Bereich von Gesellschaften, die sich mit der Ölförderung befassen, Forschungs-<br />
und Entwicklungskosten, Aufwendungen im Zusammenhang mit<br />
Sanierungen von mit Schadstoffen belasteten Grundstücken usw. 134 . Bei<br />
Vorliegen besonderer Situationen können Kapitalaufwendungen über eine<br />
mehr oder weniger willkürliche Zeitdauer steuermindernd geltend gemacht<br />
werden. Dabei ist insbesondere eine Dauer von fünf Jahren typisch, obwohl<br />
die nutzbare Lebensdauer <strong>des</strong> Wirtschaftsgutes länger ist oder die Kosten für<br />
ein neues Unternehmen («start-up costs») sogar unbestimmt sind 135 . Kosten<br />
für erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter, wie der Unternehmenswert<br />
(«goodwill»), können über eine Zeitdauer von bis zu 15 Jahren amortisiert<br />
werden 136 .<br />
Zur Förderung <strong>des</strong> Produktionsstandortes <strong>US</strong>A wurde mit dem American<br />
Jobs Creation Act of 2004 eine neue Bestimmung in den IRC aufgenommen.<br />
Steuerpflichtige Gesellschaften, welche Güter in den <strong>US</strong>A herstellen, können<br />
von den aus deren Verkauf oder Vermietung erzielten Einkünften 3% von der<br />
Steuerbemessungsgrundlage in Abzug bringen 137 .<br />
<strong>1.</strong>3.2.3.4 Nichtabziehbare Aufwendungen<br />
Einige wenige Aufwendungen sind nicht zum Abzug zugelassen («expenditures<br />
not deductible»). Dies ist der Fall, wenn gewisse Grenzen überschritten<br />
werden oder die Gesellschaft sich den Vorwurf gefallen lassen muss,<br />
sie habe übermässige Entschädigungen («excessive compensations») vorgenommen<br />
oder unverhältnismässige Reise- und Unterhaltskosten verursacht<br />
133 § 243 IRC. Zu den «intercorporate dividends» vgl. Abrams/Doernberg (2002) 132 f.; McDaniel/<br />
McMahon/Simmons (1999) 227 ff.; ausführlich Bittker/Eustice (2000) 5–38 ff. Vgl. auch Brigitte<br />
Wudernitz (1996) mit Hinweisen zur Konzernbesteuerung in den <strong>US</strong>A.<br />
134 §§ 263(c), 173 f., 190, 198 IRC.<br />
135 §§ 169, 195, 248, 709 IRC.<br />
136 § 197 IRC.<br />
137 § 199(a)(1) und (2) IRC. Dieser zusätzliche Abzug wird im Jahr 2007 auf 6% und im Jahr 2009<br />
auf 9% erhöht. Der Abzug darf jedoch 50% der vom Steuerpflichtigen in den <strong>US</strong>A bezahlten<br />
Lohnsumme nicht übersteigen; vgl. § 199(b)(1) IRC. Vgl. auch McDaniel/Ault/Repetti<br />
(2005) 9.<br />
28<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
sowie Geschenke an Nichtangestellte mit einem Wert von mehr als 25 <strong>US</strong>D<br />
gemacht 138 .<br />
Kommt es zu Verlusten infolge von Kauf- oder Tauschgeschäften zwischen<br />
einer Kapitalgesellschaft und mit ihr verbundenen Steuersubjekten, die als<br />
Kapitalgesellschaften oder als natürliche Personen mehr als 50% <strong>des</strong> Aktienkapitals<br />
halten, können diese nicht zum Abzug gebracht werden 139 . Abzüge<br />
können nicht steuermindernd geltend gemacht werden, wenn die Aufwendungen<br />
Kosten zur Generierung steuerfreien Einkommens darstellen. Dazu<br />
gehören z.B. Zinsen, die bei der Finanzierung steuerfreier Obligationen der<br />
Bun<strong>des</strong>staaten oder der Gemeinden entstehen 140 und unter Umständen bei<br />
der Finanzierung <strong>des</strong> Erwerbs von Aktiven und Aktien eines Unternehmens<br />
anfallen 141 .<br />
Abzüge sind hingegen in folgenden Fällen erlaubt oder werden auf einen bestimmten<br />
Umfang reduziert: (i) Zuwendungen an wohltätige Organisationen<br />
können nur im Umfang von bis zu 10% <strong>des</strong> steuerbaren Einkommens steuerwirksam<br />
in Abzug gebracht werden; (ii) Aufwendungen für die Einflussnahme<br />
auf den politischen Meinungsbildungsprozess («lobbying») werden<br />
generell beschränkt; (iii) Abfindungen an das Management bei Firmenübernahmen,<br />
die sog. «golden parachutes», können generell nicht steuerwirksam<br />
als Aufwand geltend gemacht werden; (iv) Aufwendungen für Spitzenmanager<br />
werden allgemein nur bis zu einer Million <strong>US</strong>D als Lohnaufwand von der<br />
Steuerbehörde anerkannt 142 .<br />
<strong>1.</strong>3.2.3.5 Besondere Beschränkungen von Verlusten und Zinsaufwendungen<br />
Wie bei den natürlichen Personen wird das Anbringen von Verlusten aus<br />
Aktivitäten, bei welchen die Gesellschaft nur als passiver Investor auftritt,<br />
beschränkt. Diese Bestimmungen verfolgen das Ziel, die Vorteile von Transaktionen<br />
mit Tax Shelters zu beseitigen bzw. zu minimieren. Auch wenn diese<br />
Bestimmungen Gesellschaften betreffen, die von einem kleinen Kreis von Aktionären<br />
gehalten werden, entfalten sie insbesondere auf der Ebene der Gesellschafter<br />
Wirkung. Zahlreich und nicht weniger restriktiv sind die Bestimmungen<br />
im Zusammenhang mit der Beschränkung von Zinsaufwendungen.<br />
Auch hier sind die Personen «hinter» den Kapitalgesellschaften betroffen. Es<br />
138 §§ 162(a)(1), 264, 274 IRC.<br />
139 § 267 IRC. Gleiches gilt auch für Transaktionen zwischen zwei Kapitalgesellschaften, die von<br />
einem solch qualifizierten Aktionär gehalten werden.<br />
140 § 265 IRC.<br />
141 § 279 IRC.<br />
142 §§ 162(e) und (m), 170(b), 280G IRC. Vgl. auch Abrams/Doernberg (2002) 206 f.<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
29<br />
67<br />
68<br />
69
70<br />
71<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
ist <strong>des</strong>halb auf die vorstehenden Äusserungen bei den natürlichen Personen<br />
zu verweisen 143 .<br />
<strong>1.</strong>3.2.3.6 Steuerliche Verlustverrechnung<br />
Wird ein Verlust in der Steuerbilanz ausgewiesen, so kann dieser Net Operating<br />
Loss (NOL) mit Gewinnen der beiden vorhergehenden Jahre verrechnet<br />
werden («carry back») 144 . Ein allfälliger Verlustüberschuss ist sogar auf die<br />
Rechnungen der kommenden 20 Jahre vortragbar («carry over») 145 . Bei wesentlichen<br />
Veränderungen der Beteiligungsverhältnisse und einer Änderung<br />
<strong>des</strong> Unternehmenszwecks kann die Möglichkeit der Verlustverrechnung unter<br />
Umständen eingeschränkt werden bzw. ganz entfallen 146 .<br />
<strong>1.</strong>3.2.4 Kapitalgewinne und Kapitalverluste<br />
Gewinne aus dem Verkauf und Tausch («sale and exchange») von Kapitalgütern<br />
(«capital gains») von Kapitalgesellschaften unterliegen keinem besonderen<br />
Steuersatz und werden mit dem gewöhnlichen Satz von 35% belastet.<br />
Dies steht in klarem Gegensatz zur Besteuerung natürlicher Personen,<br />
bei welchen ein «capital gain» in den meisten Fällen nur mit 15% besteuert<br />
wird. Steuerbar ist der Nettokapitalgewinn, d.h. der Überschuss eines netto<br />
langfristigen Kapitalgewinns über einen netto kurzfristigen Kapitalverlust.<br />
Es kommt hier zur Verrechnung von langfristigen bzw. kurzfristigen Kapitalgewinnen<br />
und -verlusten. Diese werden als langfristig angesehen, wenn sie<br />
sich auf den Verkauf oder Tausch eines Kapitalgutes beziehen, welches die<br />
Gesellschaft länger als ein Jahr in ihrer Buchhaltung führte. Bei einem Zeitraum<br />
von bis zu einem Jahr gelten sie als kurzfristig 147 . Nettokapitalverluste<br />
dürfen nicht mit Gewinnen aus der operativen Geschäftstätigkeit verrechnet<br />
143 Vgl. vorstehend N 23 ff.; vgl. auch McDaniel/Ault/Repetti (2005) 1<strong>1.</strong><br />
144 Einen Verlustrücktrag kennen z.B. auch Frankreich (3 Jahre); Deutschland (1 Jahr; begrenzt<br />
auf 511 500 EUR); Irland (3 Jahre); Niederlande (3 Jahre); Norwegen (2 Jahre) und Grossbritannien<br />
(1 Jahr); Quelle: Supplementary Service to European Taxation, IBFD, Amsterdam 2006<br />
betreffend Verlustbehandlung im Jahr 2006.<br />
145 § 172(b)(1)(A)(i) und (ii) IRC. Vgl. dazu McDaniel/McMahon/Simmons (1999) 732 ff. Einen begrenzten<br />
Verlustvortrag kennen ebenfalls Finnland (10 Jahre); Griechenland (5 Jahre); Italien<br />
(5 Jahre); Portugal (6 Jahre); Spanien (15 Jahre) und die Schweiz (7 Jahre). Ein unbegrenzter<br />
Verlustvortrag ist demgegenüber in Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, Deutschland<br />
(begrenzt auf 1 Mio. EUR), Irland, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Schweden und Grossbritannien<br />
möglich. Quelle: Supplementary Service to European Taxation, IBFD, Amsterdam<br />
2006 betreffend Verlustbehandlung im Jahr 2006.<br />
146 § 382 IRC.<br />
147 Vgl. § 1222 IRC. Vgl. dazu auch Karen C. Burke (2002) 24 f.<br />
30<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
werden, können aber für drei Jahre zurück- bzw. für fünf Jahre vorgetragen<br />
und derart mit einem Nettokapitalgewinn verrechnet werden 148 .<br />
Als Kapitalgut («capital asset») gilt jeder Vermögensgegenstand ausser Vorratsvermögen<br />
(«inventory»), Debitorenguthaben («accounts receivable»),<br />
dem Geschäft zugehöriges abschreibbares Vermögen, dem Geschäftszweck<br />
dienende Immobilien sowie Urheberrechte («copyrights»). Es ist nicht nötig,<br />
dass die Güter mit der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft zusammenhängen<br />
149 . Unter Umständen kann ein Gewinn aus dem Verkauf oder Tausch<br />
eines Kapitalgutes ohne Steuerfolgen bleiben. Insbesondere ist dies bei einer<br />
Ersatzbeschaffung eines ähnlichen Gutes der Fall 150 . Es handelt sich hier<br />
lediglich um einen Steueraufschub («tax deferral»), da das neu erworbene<br />
Gut den Steuerbuchwert <strong>des</strong> veräusserten Gutes «übernimmt». Der gesamte<br />
Gewinn wird erst beim endgültigen Verkauf besteuert 151 .<br />
<strong>1.</strong>3.2.5 Steuergutschriften<br />
Auf das vorstehend umschriebene steuerbare Einkommen («taxable income»)<br />
einer Kapitalgesellschaft finden die in § 11 IRC definierten Steuersätze<br />
Anwendung. Von der derart definierten Steuerschuld können jedoch<br />
noch Steuergutschriften («tax credits») in Abzug gebracht werden, welche in<br />
zwei Kategorien unterteilt werden:<br />
Zur ersten Kategorie gehören Gutschriften für an andere Staaten bezahlte<br />
Steuern und für in den <strong>US</strong>A bezahlte Quellensteuern für im Ausland ansässige<br />
Ausländer sowie daselbst domizilierte juristische Personen 152 .<br />
In die zweite Kategorie von Gutschriften fallen Steueranreize («incentives»),<br />
worunter indirekte Unterstützungen <strong>des</strong> Staates für gewisse Aktivitäten verstanden<br />
werden. Die wichtigste Gutschrift für Kapitalgesellschaften ist die<br />
allgemeine Gutschrift für die Geschäftstätigkeit («general business tax credit»).<br />
Diese stellt die Summe von insgesamt zwölf möglichen Gutschriften<br />
dar, zu welchen insbesondere gehören: (i) Gutschriften für Gesellschaften,<br />
148 §§ 1211 f. IRC. Diese Bestimmungen finden grundsätzlich nur auf Transaktionen Anwendung,<br />
die nach § 1222 IRC als «sale or exchange» qualifiziert werden. Zunehmend wurden aber<br />
komplexe Finanzgeschäfte sowie der Wertschriftenhandel vom Gesetzgeber besonderen<br />
Bestimmungen, die eine Gewinnrealisation annehmen, unterworfen. Zu den «constructive<br />
realization regimes» vgl. auch die §§ 475, 1256, 1259 IRC. Vgl. McDaniel/Ault/Repetti (2005) 12.<br />
Zur Besteuerung von Finanzinstrumenten im <strong>US</strong>-Steuerrecht vgl. den Überblick bei Thomas<br />
Funk (1998) und (1999).<br />
149 § 1221 IRC. Vgl. aber §§ 1231, 1250, 1252, 1254 f. IRC sowie McDaniel/Ault/Repetti (2005) 1<strong>1.</strong><br />
150 §§ 1031, 1033 IRC. § 1031(a) IRC spricht von «property […] exchanged solely for property of like<br />
kind which is to be held either for productive use in a trade or business or for investment».<br />
151 McDaniel/Ault/Repetti (2005) 12, die von «exchanged basis rule» sprechen.<br />
152 §§ 27 und 33 IRC.<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
31<br />
72<br />
73<br />
74<br />
75
76<br />
77<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
die bestimmten, auf dem Arbeitsmarkt schwer vermittelbaren Personen einen<br />
Arbeitsplatz zur Verfügung stellen 153 ; (ii) Gutschriften für Investitionen<br />
in Alternativenergien, wie z.B. Solar- und Windenergie 154 ; (iii) Gutschriften für<br />
Kosten im Zusammenhang mit der Produktion von auf Alkohol basierendem<br />
Benzin 155 ; (iv) Gutschriften für Investitionen in Wohnprojekte für untere Einkommensschichten;<br />
(v) Gutschriften für Kosten für qualifizierte Forschungstätigkeiten<br />
156 .<br />
<strong>1.</strong>3.2.6 Alternative Minimum Tax<br />
<strong>1.</strong>3.2.6.1 Allgemeines<br />
Seit dem Jahr 1969 kennen die <strong>US</strong>A eine alternative Min<strong>des</strong>tsteuer bei Kapitalgesellschaften,<br />
welche unterschiedlich ausgestaltet war, jedoch immer ein<br />
paralleles Steuersystem im Sinne einer «Auffangsteuer» hervorbrachte. Ziel<br />
dieser Alternative Minimum Tax (AMT) ist es, übermässig benutzte Steuervorteile<br />
der allgemeinen Bestimmungen <strong>des</strong> IRC wieder rückgängig zu machen.<br />
Eine steuerpflichtige Gesellschaft wird der AMT unterstellt, wenn nach deren<br />
Bestimmungen ihr «alternatives» steuerbares Einkommen, das Alternative<br />
Minimum Taxable Income (AMTI), höher ausfällt als nach den regulären<br />
Bestimmungen zur Ermittlung <strong>des</strong> steuerbaren Einkommens 157 . Die heutige<br />
Form der AMT von Kapitalgesellschaften stammt aus dem Jahr 1982. Nachfolgende<br />
Änderungen <strong>des</strong> IRC hatten zur Folge, dass die AMT sich zu einem<br />
«parallelen Steuersystem» entwickelte. Dies insbesondere wegen der Annäherung<br />
der steuerlichen Spitzenbelastung von 35% der regulären Steuer an<br />
den Pauschalsatz von 20% der AMT, welche jedoch von einer breiteren Steuerbemessungsgrundlage<br />
ausgeht 158 . In der Praxis werden sowohl <strong>US</strong> Corporations<br />
als auch im Ausland domizilierte Gesellschaften, welche mittels Betriebsstätten<br />
in den <strong>US</strong>A Geschäfte betreiben, der AMT unterstellt.<br />
<strong>1.</strong>3.2.6.2 Bemessungsgrundlage<br />
Um die Bemessungsgrundlage («base») der AMT zu erhalten, ist vom steuerbaren<br />
Einkommen, welches nach den vorstehend beschriebenen Grundsätzen<br />
ermittelt wird, auszugehen. Dieses «taxable income» wird mittels An-<br />
153 § 51 IRC. Nach § 280C IRC sind die für die Gehälter dieser Personen bilanzierten Aufwendungen<br />
um diesen «work opportunity credit» zu kürzen. Vgl. auch § 51A IRC.<br />
154 §§ 46 und 48 IRC.<br />
155 § 40 IRC.<br />
156 §§ 40, 41, 46 und 48 IRC.<br />
157 Vgl. zur AMT für Kapitalgesellschaften McDaniel/McMahon/Simmons (1999) 6 ff.; Bittker/<br />
Eustice (2000) 5-65 ff.; Karen C. Burke (2002) 31 ff.; vgl. auch Abrams/Doernberg (2002) 53 f.<br />
158 McDaniel/Ault/Repetti (2005) 14: «The AMT system employs a single flat tax rate lower than<br />
the regular tax rate, but it is applied to a tax base that more closely approximates economic<br />
income.»<br />
32<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
passungen («adjustments») erhöht. Als mögliche Anpassungen sind insbesondere<br />
zu nennen: (i) die Reduzierung der Abschreibungssätze 159 ; (ii) die<br />
Einschränkung der Geltendmachung von Verlusten 160 und (iii) die Verbreiterung<br />
der Bemessungsgrundlage, indem Einkommen zugerechnet wird,<br />
welches nach den allgemeinen Grundsätzen nicht zur Steuerbemessungsgrundlage<br />
gehört 161 . Nach Vornahme vorgenannter Anpassungen reduzieren<br />
gewisse Steuerbegünstigungen das AMTI. Grundsätzlich kommt eine<br />
Steuerbefreiung im Umfang von 40 000 <strong>US</strong>D zur Anwendung, welche bei<br />
Vorliegen eines AMTI einer Kapitalgesellschaft von 150 000 <strong>US</strong>D oder mehr<br />
zunehmend reduziert wird («phased out») 162 . Auf das Kleingewerbe («small<br />
corporations») wird die AMT nicht angewendet, da diese Steuer nur für Gesellschaften<br />
massgeblich ist, deren durchschnittliche Einnahmen der drei<br />
vorhergehenden Jahre 5 Mio. <strong>US</strong>D überschreiten bzw. in den nachfolgenden<br />
Jahren 7,5 Mio. <strong>US</strong>D übersteigen 163 .<br />
<strong>1.</strong>3.2.6.3 Steuersatz<br />
Der Steuersatz der AMT beträgt proportional 20% 164 .<br />
<strong>1.</strong>3.2.6.4 Steuergutschrift und Alternative Minimum Tax<br />
Die Steuergutschrift für ausländische Steuern, der Foreign Tax Credit (FTC),<br />
vermag die AMT zu reduzieren. Eine solche Reduktion war bis anhin auf 90%<br />
der AMT beschränkt, doch gilt aufgrund <strong>des</strong> American Jobs Creation Act of<br />
2004 diese Einschränkung nicht mehr 165 . Ein Überschuss kann zurück- oder<br />
vorgetragen werden 166 .<br />
<strong>1.</strong>3.2.6.5 Definitive Steuerschuld<br />
Das steuerbare Einkommen wird nach den regulären Regeln sowie nach den<br />
auf die AMT anwendbaren Bestimmungen ermittelt. Übersteigt die AMT die<br />
reguläre Steuer («regular tax») für das betreffende Steuerjahr, wird dieser<br />
159 § 56(a)(1)(A)(ii) IRC.<br />
160 § 56(a)(4) und (d) IRC.<br />
161 § 56(c) und (g) IRC.<br />
162 § 55(d)(2) und (3) IRC. Übersteigt das AMTI 310 000 <strong>US</strong>D, kommt kein Steuerfreibetrag mehr<br />
zur Anwendung.<br />
163 § 55(e)(1) und (2) IRC.<br />
164 § 55(b)(1)(B) IRC.<br />
165 McDaniel/Ault/Repetti (2005) 15 mit dem Hinweis in FN 52, dass diese Einschränkung auf 90%<br />
der AMT im Widerspruch zu vielen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) stand, welche eine<br />
vollständige Entlastung verlangen.<br />
166 §§ 55(b)(1)(B) und 59(a) IRC.<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
33<br />
78<br />
79<br />
80
81<br />
82<br />
83<br />
84<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
Überschuss der regulären Steuerschuld zugerechnet, um derart die definitive<br />
Steuerschuld zu eruieren 167 .<br />
<strong>1.</strong>3.2.6.6 Steuergutschrift<br />
Eine steuerpflichtige Gesellschaft kann in einem Jahr der AMT unterstellt sein,<br />
in einem anderen der regulären Steuer. Dieser Wechsel in den Besteuerungssystemen<br />
kann durch unterschiedliche (steuer)buchhalterische Behandlung<br />
gewisser Aktiven verursacht werden. Um Unstimmigkeiten zu verhindern,<br />
wird eine Steuergutschrift für Jahre gewährt, in welchen die AMT zur Anwendung<br />
kommt. Dieser «credit» kann bei einer künftigen Anwendung der<br />
regulären Steuer geltend gemacht werden, wodurch die 20% AMT als eine<br />
«Vorauszahlung» für die reguläre Steuer angesehen werden können 168 .<br />
<strong>1.</strong>3.2.7 Transaktionen zwischen Kapitalgesellschaften und Aktionären<br />
Wie im Steuerrecht der Schweiz, von Deutschland und Österreich besitzt die<br />
Kapitalgesellschaft auch im <strong>US</strong>-Steuerrecht eigene Rechtssubjektivität und<br />
unterscheidet sich klar von ihren Aktionären 169 . Ausschüttungen der Gesellschaft<br />
werden nur auf der Ebene der Anteilseigner besteuert.<br />
Bei der Gründung («formation») einer Kapitalgesellschaft erfolgt die Einbringung<br />
von Vermögenswerten steuerneutral, wenn die einbringenden Aktionäre<br />
die Gesellschaft unmittelbar nach der Gründung zu min<strong>des</strong>tens 80%<br />
kontrollieren. Die Gesellschaft unterliegt auch bei der Emission von Aktien<br />
keinen Steuerfolgen, während die durch Einbringung liberierten Aktien den<br />
steuerlichen Buchwert («basis») der eingebrachten Güter übernehmen. Derart<br />
sichert sich der Fiskus das Steuersubstrat der Kapitalgewinnsteuer, indem<br />
die Steuerbuchwerte nicht zu seinem Nachteil steuerneutral heraufgesetzt<br />
werden können 170 .<br />
Ausschüttungen von Geld oder Wirtschaftsgütern durch eine Kapitalgesellschaft<br />
an ihre Aktionäre stellen steuerbare Dividenden dar, und zwar<br />
so lange, als diese aus den Earnings and Profits (E&P) erfolgen 171 . Während<br />
ausgeschüttete Dividenden bei der Gesellschaft nicht als Aufwand verbucht<br />
werden können, sind Zinsen für Schulden der Gesellschaft abziehbar. Dies<br />
führt dazu, dass Wertpapiere dem Eigenkapital oder dem Fremdkapital zu-<br />
167 § 55(a) IRC spricht von «the tentative minimum tax for the taxable year, over the regular tax for<br />
the taxable year».<br />
168 § 53 IRC.<br />
169 McDaniel/Ault/Repetti (2005) 16 sprechen von einer «entity separate and distinct from its<br />
shareholders».<br />
170 Vgl. die §§ 351, 358, 362, 1032 IRC. Zur «formation» einer Kapitalgesellschaft vgl. McDaniel/<br />
McMahon/Simmons (1999) 74 ff. und Bittker/Eustice (2000) 3-3 ff.<br />
171 § 316 IRC.<br />
34<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
geordnet werden müssen 172 . Das steuertechnische Konzept der E&P nähert<br />
sich dabei mehr oder weniger dem Begriff <strong>des</strong> Ertragsüberschusses im Sinne<br />
<strong>des</strong> «earned surplus» der Finanzbuchhaltung an 173 . Werden Wirtschaftsgüter<br />
der Gesellschaft an einen Aktionär mit einem Verkehrswert («fair market<br />
value») übertragen, der über dem steuerlichen Buchwert liegt, hat die Gesellschaft<br />
im Umfang der Differenz einen steuerbaren Kapitalgewinn erzielt,<br />
indem eine «Veräusserung» an den Aktionär fingiert wird. Daraus resultiert,<br />
dass in derartigen Transaktionen auf der Ebene der Gesellschaft wie auch<br />
beim Aktionär steuerbares Einkommen realisiert wird 174 . Sowohl für die Gesellschaft<br />
als auch für den Aktionär definiert sich der Betrag der Dividenden<br />
über das empfangene Geld bzw. über den Verkehrswert <strong>des</strong> empfangenen<br />
Wirtschaftsgutes. Geht die Ausschüttung über den Betrag der E&P hinaus,<br />
reduziert der Aktionär den Steuerbuchwert seiner Aktien im Umfang dieser<br />
Differenz. Nimmt sie ein grösseres Ausmass an, wird der über den Steuerbuchwert<br />
hinausgehende Betrag als Kapitalgewinn besteuert. Ist eine Kapitalgesellschaft<br />
Empfängerin einer Dividende, kann sie zur Vermeidung einer<br />
dreifachen Belastung einen Abzug geltend machen 175 .<br />
Zuteilungen neuer Aktien («stock dividends») sind für den Aktionär grundsätzlich<br />
steuerneutral. Kommt es aber zu einer Änderung der Kapitalstruktur,<br />
kann diese Zuweisung beim Aktionär als Einkommen besteuert werden 176 .<br />
Ein Aktienrückkauf («redemption») seitens der Gesellschaft kann beim Aktionär<br />
als Kapitalgewinn besteuert werden, soweit die Vergütung nicht<br />
einer Dividende ähnlich ist. Der IRC bestimmt, ob die Vergütung für den<br />
Aktienrückkauf als «gewöhnliches Einkommen» oder als Kapitalgewinn zu<br />
behandeln ist. Wie bei der allgemeinen Dividendenausschüttung führt die<br />
Übertragung von im Wert gestiegenem Vermögen zum Zweck eines Aktien-<br />
172 In der Praxis ist diese Unterscheidung nicht einfach und wird oftmals auf Gerichtsebene<br />
entschieden. Der <strong>US</strong> Congress war auf diesem Gebiet bereits mehrfach tätig, um die Abzugsfähigkeit<br />
von Zinsen zu beschränken (vgl. dazu auch vorstehend N 25 ff.). Vgl. dazu die<br />
§§ 163(e), (j) und (l) sowie 385 IRC. Das Abgrenzungsproblem beim Eigen- und Fremdkapital<br />
ist mit dem System <strong>des</strong> Gesellschaftssteuerrechts, in welchem die Kapitalgesellschaft als<br />
eigenständiges, vom Aktionär getrenntes Steuersubjekt behandelt wird, verbunden. Zur<br />
«Debt-versus-Equity»-Problematik vgl. insbesondere McDaniel/McMahon/Simmons (1999)<br />
138 ff. und Bittker/Eustice (2000) 4-4 ff.<br />
173 § 312 IRC. Vgl. dazu auch Karen C. Burke (2002) 85 ff.<br />
174 §§ 61 und 311(b) IRC.<br />
175 §§ 243 und 301(b)−(c) IRC.<br />
176 § 305 IRC. Vgl. zur Ausgabe von Vorzugsaktien («preferred stock») § 306 IRC. Zu den «stock<br />
dividends» vgl. die Ausführungen bei Abrams/Doernberg (2002) 148 ff.; Karen C. Burke (2002)<br />
146 ff.; Bittker/Eustice (2000) 8-85 ff.; McDaniel/McMahon/Simmons (1999) 291 ff.<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
35<br />
85<br />
86
87<br />
88<br />
89<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
rückkaufs seitens einer Kapitalgesellschaft zu einer Gewinnrealisierung der<br />
Gesellschaft 177 .<br />
Kommt es zu Vermögensübertragungen bei Teil- oder Totalliquidation einer<br />
Gesellschaft, können diese sich auf der Ebene <strong>des</strong> Aktionärs als steuerbare<br />
Kapitalgewinne qualifizieren. Auch hier realisiert die Gesellschaft einen Gewinn<br />
im Umfang <strong>des</strong> Wertzuwachses 178 . Die Liquidation einer zu min<strong>des</strong>tens<br />
80% gehaltenen Tochtergesellschaft bleibt auf der Ebene von Mutter- und<br />
Tochtergesellschaft ohne Steuerfolgen. Konsequent übernimmt die Muttergesellschaft<br />
hier die Steuerbuchwerte der liquidierten Tochtergesellschaft<br />
179 .<br />
Konzerne können konsolidierte Steuererklärungen («consolidated returns»)<br />
einreichen. Voraussetzung dafür ist, dass das Mutterunternehmen über<br />
min<strong>des</strong>tens 80% der Aktien ihrer einzelnen Tochterunternehmen verfügt.<br />
Die nahezu nur in den Regulations enthaltenen Bestimmungen über die<br />
steuerliche Konsolidierung verlangen nach einer Konsolidierung von Einkünften<br />
und Abzügen aller Konzerngesellschaften, was zu einem konsolidierten<br />
steuerbaren Einkommen bzw. Gewinn führt. Dividenden innerhalb<br />
der Gruppe sind nicht steuerwirksam. Eine ausländische Gesellschaft kann<br />
nicht Mitglied einer derart konsolidierten Gruppe sein, weshalb die beschriebenen<br />
Regeln nur für rein <strong>US</strong>-amerikanische Konzerngesellschaften von Bedeutung<br />
sind 180 .<br />
<strong>1.</strong>3.2.8 Steuern gegen die Einbehaltung von Gewinnen<br />
<strong>1.</strong>3.2.8.1 Accumulated Earnings Tax<br />
Bis anhin war im <strong>US</strong>-Steuerrecht der Maximalsatz für Kapitalgesellschaften<br />
immer tiefer als bei natürlichen Personen. Hieraus resultierte die «Versuchung»,<br />
die Gesamtsteuerbelastung einer Gesellschaft und ihrer Aktionäre<br />
zu minimieren, indem die Gewinne so lange wie möglich nicht als Dividenden<br />
ausgeschüttet wurden und es derart zu keiner zweiten Besteuerung<br />
beim Aktionär kam. Um diesem Verhalten entgegenzuwirken bzw. es zu «bestrafen»,<br />
wurde ein System zur Besteuerung bestimmter einbehaltener Ge-<br />
177 §§ 302 und 311 IRC. Zu den «stock redemptions» vgl. ausführlich Karen C. Burke (2002) 106 ff.;<br />
Bittker/Eustice (2000) 9-3 ff. McDaniel/McMahon/Simmons (1999) 235 ff.<br />
178 §§ 302(b)(4), 311, 331 und 336 IRC.<br />
179 §§ 332, 334(b)(1), 337 IRC. Zu den «corporate liquidations» vgl. Abrams/Doernberg (2002)<br />
170 ff.; Bittker/Eustice (2000) 10-50 ff.; McDaniel/McMahon/Simmons (1999) 331 ff.<br />
180 Treas. Reg. § <strong>1.</strong>1502-1 et seq. Vgl. ausführlich Bittker/Eustice (2000) 13-74 ff. Die Regulations sind<br />
äusserst komplex und beschreiben im Detail die Behandlung von Transaktionen innerhalb<br />
der konsolidierten Gruppe. Eine steuerlich konsolidierte Gruppe kann auch ausländische<br />
Aktionäre ausweisen. Vgl. auch Brigitte Wudernitz (1996); Claus Luttermann (1996).<br />
36<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
winne, die sog. Accumulated Earnings Tax (AET), in den IRC aufgenommen 181 .<br />
Diese Steuer wird auf jede Gesellschaft angewendet, die «formed or availed<br />
of for the purpose of avoiding the income tax with respect to its shareholders or<br />
the shareholders of any other corporation, by permitting earnings and profits to<br />
accumulate instead of being divided or distributed» 182 .<br />
Die Anhäufung der Gewinne in der Gesellschaft hat ihren Bedürfnissen in<br />
vernünftigem Mass zu entsprechen, was in der Steuerpraxis komplexe Abklärungen<br />
erfordert 183 . Auch <strong>US</strong>-Gesellschaften mit ausländischen Aktionären<br />
und ausländische Gesellschaften mit <strong>US</strong>-Aktionären können dieser «Strafsteuer»<br />
(«penalty tax») auf ihre nichtausgeschütteten Gewinne unterworfen<br />
werden. Ausländische Gesellschaften mit <strong>US</strong>-Aktionären betrifft dies jedoch<br />
nur im Umfang ihrer den <strong>US</strong>-Quellen zugerechneten Einkünfte. Verfügen<br />
ausländische Gesellschaften über keine <strong>US</strong>-Aktionäre, kommt diese Steuer<br />
grundsätzlich nicht zum Zug 184 .<br />
<strong>1.</strong>3.2.8.2 Personenbezogene Holdinggesellschaften<br />
Holdinggesellschaften mit einer personenbezogenen Ausgestaltung, die<br />
sog. Personal Holding Companies, werden seit 1934 einem besonderen Steuerregime<br />
unterstellt 185 . Um einer übermässigen Kapitalanhäufung in der<br />
Gesellschaft entgegenzuwirken, wurden in den IRC Bestimmungen aufgenommen,<br />
welche die Ausschüttung von Dividenden vorschreiben. Nicht<br />
ausgeschüttete Gewinne, das sog. «undistributed personal holding company<br />
income», werden dabei mit einer «Strafsteuer» («penalty tax») von 15% belegt.<br />
Als steuerbares Einkommen stehen hier insbesondere Dividenden, Zinsen,<br />
Lizenzvergütungen und Rentenzahlungen im Vordergrund. Diese Bestimmungen<br />
finden auf jede <strong>US</strong>-Gesellschaft Anwendung, und zwar unabhängig<br />
von der Einkommensquelle oder der Frage, ob ein bedeutender Teil bzw.<br />
alle ihre Aktionäre Ausländer sind. Eine Kapitalgesellschaft kann dennoch als<br />
«Investmentvehikel» benutzt werden; denn es ist einfach, die vorgenannten<br />
Bestimmungen zu umgehen, indem die Gesellschaft sich der einfachen Besteuerung<br />
nach Subchapter S <strong>des</strong> IRC unterstellt 186 .<br />
181 §§ 531–537 IRC. Vgl. McDaniel/McMahon/Simmons (1999) 779 ff.; Bittker/Eustice (2000)<br />
7-2 ff.<br />
182 § 532(a) IRC.<br />
183 McDaniel/Ault/Repetti (2005) 19 f.<br />
184 McDaniel/Ault/Repetti (2005) 20.<br />
185 §§ 541−547 IRC. Vgl. dazu Bittker/Eustice (2000) 7-38 ff.; Karen C. Burke (2002) 39 ff.; zur Abgrenzung<br />
gegenüber der Foreign Personal Holding Company vgl. Bittker/Eustice (2000) 15-92 ff.<br />
186 Vgl. McDaniel/Ault/Repetti (2005) 20 mit Hinweisen zur sog. «deficiency dividend», mit welcher<br />
die Bezahlung der Personal Holding Company Tax verhindert werden kann.<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
37<br />
90<br />
91<br />
92
93<br />
94<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
<strong>1.</strong>3.2.9 Umstrukturierungen<br />
<strong>1.</strong>3.2.9.1 Sacheinlagen<br />
Werden Sacheinlagen durch eine oder mehrere natürliche oder juristische<br />
Personen gegen Ausgabe von Aktien in eine Kapitalgesellschaft eingebracht,<br />
kann dies grundsätzlich steuerneutral erfolgen. Nach § 351(a) IRC wird jedoch<br />
vorausgesetzt, dass diese Personen unmittelbar nach der Einlage min<strong>des</strong>tens<br />
80% aller Stimmrechte und Aktienklassen auf sich vereinigen 187 .<br />
Erhält dieser Personenkreis neben Aktien auch eine andere Abfindung, sei<br />
es in Form von Geld oder anderen Wirtschaftsgütern, löst diese als «boot» bezeichnete<br />
Entschädigung eine steuerliche Gewinnrealisierung aus 188 . Kommt<br />
es zu Sacheinlagen in eine ausländische Kapitalgesellschaft, wird regelmässig<br />
auch ohne Vorliegen von «boot» eine teilweise Gewinnrealisierung angenommen.<br />
Derart soll verhindert werden, dass (<strong>US</strong>-amerikanisches) Steuersubstrat<br />
definitiv an das Ausland verloren geht 189 .<br />
<strong>1.</strong>3.2.9.2 Kapitalherabsetzungen<br />
Jede Ausschüttung einer Kapitalgesellschaft an einen Aktionär wird, soweit<br />
Earnings and Profits (E&P) vorhanden sind, grundsätzlich als Dividende qualifiziert.<br />
Über die E&P hinausgehende Beträge gelten als steuerlich neutrale<br />
Rückzahlungen von Eigenkapital 190 . Kommt es zu Ausschüttungen über<br />
dieses Niveau hinaus, gelten diese als steuerbare Veräusserungsgewinne<br />
(«capital gains») 191 . Zahlungen, die nicht in Zusammenhang mit der Eigentümerschaft<br />
der Aktionäre stehen, werden systemkonform nicht als Dividenden<br />
behandelt 192 . Bei Ausschüttungen im Rahmen einer Kapitalherabsetzung<br />
(«redemption») nach § 317(a) IRC wird eine Ausschüttung von Eigenkapital<br />
angenommen, wenn der Beteiligungsprozentsatz <strong>des</strong> Aktionärs sich<br />
erheblich verringert, die Ausschüttung bzw. Rückführung nicht wesentlich<br />
einer Dividende entspricht, der Aktionär seine Beteiligung aufgibt oder eine<br />
Teilliquidation stattfindet 193 .<br />
187 Man spricht von einer «nonrecognition provision».<br />
188 § 351(b) IRC. Zum Begriff «boot» vgl. Karen C. Burke (2002) 54 ff.; Abrams/Doernberg (2002)<br />
26 ff.<br />
189 § 367 IRC. Im internationalen Kontext ist insbesondere auf § 367(d) IRC zu verweisen. Vgl.<br />
auch die Ausführungen bei Richard L. Doernberg (2001) 368 ff. und (2004) 422 ff. und 445 ff.;<br />
ausführlich Bittker/Lokken (2005/2006) 71-2 ff.; McDaniel/Ault/Repetti (2005) 128 f. und 130 ff.;<br />
vgl. auch Hal Hicks (2003) 179 ff.<br />
190 § 302(c)(2) IRC. Es wird dabei von «tax free return of capital» gesprochen.<br />
191 § 302(c)(3) IRC.<br />
192 Lohnzahlungen, Zinsen, Miet- und Pachtzinszahlungen usw.<br />
193 § 302(b)(1)−(4) IRC. Vgl. zu den «stock redemptions» Bittker/Eustice (2000) 9-3 ff.; McDaniel/<br />
McMahon/Simmons (1999) 235 ff.; vgl. auch Abrams/Doernberg (2002) 108 ff.; Karen C. Burke<br />
(2002) 106 ff.<br />
38<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>1.</strong>3.2.9.3 Steuerneutrale Umstrukturierungen<br />
<strong>1.</strong>3.2.9.3.1 Allgemeines<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
Für steuerneutrale Umstrukturierungen («tax free reorganizations» oder «nonrecognition<br />
transactions») 194 gilt als zentrale Bestimmung § 368 IRC, welche<br />
für verschiedene Formen von Reorganisationen deren Steuerneutralität gewährt,<br />
wenn die Buchwerte der Steuerbilanz fortgeführt werden. In Ergänzung<br />
zu dieser Bestimmung regelt § 361 IRC, dass eine Gesellschaft, welche<br />
anlässlich einer in § 368 IRC vorgegebenen Umstrukturierung Aktiven oder<br />
Aktien überträgt, keinen steuerbaren Kapitalgewinn bzw. -verlust realisiert,<br />
und § 354 IRC legt fest, dass Aktionäre in solchen Fällen ihre Aktien steuerneutral<br />
austauschen können 195 . Grundgedanke dieser Bestimmung ist, dass<br />
Umstrukturierungen eine Änderung in der Struktur der Geschäftstätigkeit<br />
bzw. <strong>des</strong> Geschäftsbetriebs steuerneutral herbeiführen dürfen, ohne aber<br />
Natur und Charakter der Beziehung von Gesellschaft und Anteilseignern<br />
fundamental zu ändern. Der IRC nennt in § 368 insbesondere folgende Formen<br />
steuerneutraler Umstrukturierungen 196 :<br />
<strong>1.</strong>3.2.9.3.2 Type A Reorganization<br />
Bei der A Reorganization handelt es sich um eine steuerneutrale Verschmelzung<br />
von zwei Kapitalgesellschaften durch Fusion («statutory merger») oder<br />
um eine Verschmelzung zur Neugründung («consolidation») 197 . Dabei übernimmt<br />
die aufnehmende Gesellschaft steuerneutral das Gesamtvermögen<br />
der übertragenden Gesellschaft 198 und die Gesellschafter der übertragenden<br />
194 In der Praxis wird pauschal auch von «Reorgs» gesprochen.<br />
195 Vgl. auch McDaniel/Ault/Repetti (2005) 130.<br />
196 Zu den «tax free corporate reorganizations» nach § 368 IRC vgl. Abrams/Doernberg (2002) 208 ff.;<br />
Karen C. Burke (2002) 231 ff.; McDaniel/Ault/Repetti (2005) 128 ff.; ausführlich Bittker/Eustice<br />
(2000) 12-1 ff.; McDaniel/McMahon/Simmons (1999) 515 ff.; zu den internationalen Aspekten<br />
vgl. insbesondere Richard L. Doernberg (2001) 364 ff. und (2004) 422 ff. und 445 ff.; vgl. dazu<br />
auch Bittker/Lokken (2000) 71-2 ff.; vgl. dazu auch die Internet-Seite von Reimar Pinkernell zum<br />
<strong>US</strong>-amerikanischen Steuerrecht unter www.pinkernell.de, insbesondere das <strong>US</strong>-Steuerglossar<br />
(Stand: <strong>1.</strong> Oktober 2001).<br />
197 § 368(a)(1)(A) IRC. Die Definition einer A Reorganization beinhaltet nicht die Fusion einer<br />
<strong>US</strong> Corporation mit einer ausländischen Gesellschaft; vgl. dazu auch § 367(a)(5) IRC. Im Jahr<br />
2005 hat der IRS eine Änderung der Definition der A Reorganization vorgeschlagen, welche<br />
auch die Fusion einer <strong>US</strong> Corporation mit einer ausländischen Gesellschaft steuerneutral<br />
zulässt. Vgl. dazu Prop. Treas. Reg. § <strong>1.</strong>368-1(b)(1)(ii); vgl. auch McDaniel/Ault/Repetti (2005)<br />
132, insbesondere FN 55.<br />
198 Die aufnehmende Gesellschaft führt die Buchwerte der übertragenden Gesellschaft unverändert<br />
weiter («basis carryover»). Dabei handelt es sich um ein klassisches Prinzip zur Wahrung<br />
der Steuerneutralität bei Umstrukturierungen; vgl. z.B. zur Rechtslage in der Schweiz u.a.<br />
Marc Bauen (2004) 79 ff.; Bauen/Jegher/Wenger/Zen-Ruffinen (2005) 67 f., 183, 303 f.<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
39<br />
95<br />
96
97<br />
98<br />
99<br />
100<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
Gesellschaft erhalten steuerneutral als Gegenleistung Anteile und/oder Anleihen<br />
(«securities») der übernehmenden Gesellschaft 199 .<br />
In der Praxis kommt die A Reorganization regelmässig in Form <strong>des</strong> «triangular<br />
merger» («triangular A») unter Einschaltung einer neugegründeten<br />
Tochtergesellschaft zur Anwendung. Diese Umstrukturierungsform hat insbesondere<br />
die zwei Vorteile, dass (i) für die Verschmelzung kein Beschluss<br />
der Gesellschafter der Muttergesellschaft erforderlich ist und dass (ii) die<br />
Schulden der übertragenden Gesellschaft in der (neugegründeten) Tochtergesellschaft<br />
isoliert werden können200 . Dieser «triangular merger» kommt in<br />
der Praxis insbesondere in zwei Formen vor:<br />
(i) «forward triangular merger»: Bei dieser Umstrukturierungsform werden<br />
von der Muttergesellschaft eigene Anteile in die Tochtergesellschaft,<br />
mit welcher die Zielgesellschaft («target corporation») fusioniert wird,<br />
eingebracht. Im Gegenzug erhalten die Gesellschafter der Zielgesellschaft<br />
diese eingebrachten Anteile für ihre Anteile und werden somit<br />
Gesellschafter der Muttergesellschaft.<br />
(ii) «reverse triangular merger»: Bei dieser Umstrukturierungsform wird<br />
die Tochtergesellschaft mit der Zielgesellschaft fusioniert; dadurch<br />
besteht die Zielgesellschaft weiter und wird zur 100-prozentigen<br />
Tochtergesellschaft. Die Anteilsinhaber der Zielgesellschaft erhalten<br />
in der Folge Anteile an der Muttergesellschaft201 .<br />
<strong>1.</strong>3.2.9.3.3 Type B Reorganization<br />
Als B Reorganization wird der Erwerb einer Kapitalgesellschaft ausschliesslich<br />
durch Emission von Aktien der übernehmenden Gesellschaft («acquiring<br />
corporation») bezeichnet202 . Dabei werden in dieser «stock-for-stock acquisition»<br />
die früheren Aktionäre der erworbenen Gesellschaft zu Aktionären der<br />
199 Innerhalb gewisser Grenzen kann die übernehmende Gesellschaft («acquiring corporation»)<br />
auch Abfindungen zahlen, die als «boot» bezeichnet werden und vom Gesellschafter der<br />
übernommenen Gesellschaft («acquired corporation») als Einkommen zu versteuern sind.<br />
200 Diese Umstrukturierungsform lässt zudem Barabfindungen im grossen Ausmass zu, ohne<br />
die Steuerfreiheit für die beteiligten Gesellschaften in Frage zu stellen («nonrecognition<br />
treatment»). Die Kooperation der Zielgesellschaft ist hier Voraussetzung. Für eine steuerfreie<br />
feindliche Übernahme («hostile takeover») kommt demgegenüber nur die B Reorganization<br />
in Frage.<br />
201 Diese Form der Verschmelzung ist insbesondere dann von Vorteil, wenn die Zielgesellschaft<br />
als selbständiger Rechtsträger erhalten bleiben soll. Dies ist z.B. anzustreben, wenn sie über<br />
Rechte verfügt, welche bei einer sog. Gesamtrechtsnachfolge (Universalsukzession) verloren<br />
gehen würden. Vgl. auch §§ 368, 354, 361 und 362 IRC.<br />
202 Vgl. § 368(a)(1)(B) IRC: «[…] the acquisition by one corporation, in exchange solely for all or a<br />
part of its voting stock (or in exchange solely for all or a part of the voting stock of a corporation<br />
which is in control of the acquiring corporation), of stock of another corporation if, immediately<br />
40<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
erwerbenden Gesellschaft 203 . Die übernehmende Gesellschaft hat bei einem<br />
solchen steuerneutralen Anteilsaustausch min<strong>des</strong>tens 80% der Anteile der<br />
Zielgesellschaft («target corporation») im Austausch für eigene, stimmberechtigte<br />
Anteile («voting stock») zu erwerben; Barabfindungen sind somit<br />
nicht zulässig («zero boot tolerance») 204 .<br />
Da die übernehmende Gesellschaft nur stimmberechtigte Anteile als Gegenleistung<br />
verwenden kann, handelt es sich bei der B Reorganization um die<br />
unflexibelste Form der Umstrukturierung. Sie kommt insbesondere bei der<br />
feindlichen Übernahme («hostile takeover») vor, und zwar immer dann, wenn<br />
die übernehmende Gesellschaft nicht über genügend Barmittel verfügt, um<br />
die Anteile der Zielgesellschaft zu erwerben.<br />
<strong>1.</strong>3.2.9.3.4 Type C Reorganization<br />
Der Erwerb <strong>des</strong> – mehr oder weniger – ganzen Geschäftsbetriebs einer Kapitalgesellschaft<br />
(«asset acquisition») ausschliesslich gegen Ausgabe von<br />
stimmberechtigten Aktien («voting stock») der erwerbenden Gesellschaft<br />
(«acquiring corporation») wird als C Reorganization bezeichnet205 . Die Kapitalgesellschaft,<br />
die in dieser «stock-for-asset acquisition» ihren operativen<br />
Geschäftsbetrieb veräussert hat, muss zum Erhalt der Steuerneutralität der<br />
Transaktion anschliessend liquidiert werden («liquidation requirement») und<br />
die Anteile an der erwerbenden Kapitalgesellschaft sowie allfällig verbleibende<br />
Wirtschaftsgüter ihren Aktionären zuwenden206 .<br />
Im Gegensatz zur klassischen Fusion («merger») im Sinne der A Reorganization<br />
verfügt die übernehmende Gesellschaft bei der C Reorganization über<br />
mehr Spielraum, da sie bei dieser Vermögensübernahme («asset acquisition»)<br />
spezifische Vermögensgegenstände der Zielgesellschaft («target corporation»)<br />
übernehmen kann, ohne automatisch auch deren Schulden zu<br />
after the acquisition, the acquiring corporation has control of such other corporation (whether or<br />
not such acquiring corporation had control immediately before the acquisition;[…]».<br />
203 Bei einer solchen Transaktion bestimmt sich der Buchwert («basis») der erhaltenen Anteile<br />
nach dem Buchwert der hingegebenen Anteile. Derart bleiben die in den Anteilen enthaltenen<br />
stillen Reserven konserviert und werden erst im Fall einer späteren Veräusserung<br />
aufgedeckt.<br />
204 In diesem Zusammenhang spricht man auch von einer Triangular B Reorganization, wenn<br />
eine eigens für diesen Zweck gegründete Tochtergesellschaft als Übernahmevehikel die<br />
stimmberechtigten Anteile ihrer Muttergesellschaft als Gegenleistung verwendet.<br />
205 Vgl. § 368(a)(1)(C) IRC: «[…] the acquisition by one corporation, in exchange solely for all or a<br />
part of its voting stock (or in exchange solely for all or a part of the voting stock of a corporation<br />
which is in control of the acquiring corporation), of substantially all of the properties of another<br />
corporation, but in determining whether the exchange is solely for stock the assumption by the<br />
acquiring corporation of a liability of the other shall be disregarded;[…]».<br />
206 In der Steuerpraxis wird die C Reorganization auch als «practical merger» bezeichnet, wirkt<br />
sie sich im Ergebnis doch als A Reorganization aus.<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
41<br />
101<br />
102<br />
103
104<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
übernehmen 207 . Auch bei dieser Umstrukturierungsform kann eine eigens<br />
für diesen Zweck gegründete Tochtergesellschaft als Gegenleistung die<br />
stimmberechtigten Anteile ihrer Muttergesellschaft verwenden («Triangular<br />
C Reorganization») 208 .<br />
<strong>1.</strong>3.2.9.3.5 Type D Reorganization<br />
Werden organisatorisch verselbständigte Teilbetriebe einer Kapitalgesellschaft<br />
an eine andere Kapitalgesellschaft gegen deren Aktien übertragen,<br />
wird von einer «non-divisive type D Reorganization» gesprochen 209 . Die Aktien<br />
werden dabei nur an Aktionäre der den Teilbetrieb ausgliedernden Gesellschaft<br />
zugeteilt, wobei in der Praxis verschiedene Formen dieser Umstrukturierung<br />
möglich sind. Dabei müssen jedoch verschiedene Anforderungen<br />
erfüllt sein, um missbräuchliche Gestaltungen zu verhindern. Eine Umstrukturierung<br />
in Form einer D Reorganization kann insbesondere zur Vorbereitung<br />
einer Unternehmensspaltung («corporate division») 210 oder auch zur<br />
Verlagerung <strong>des</strong> Unternehmens in einen anderen Bun<strong>des</strong>staat, in welchem<br />
die Tochtergesellschaft inkorporiert ist, verwendet werden.<br />
207 Die A Reorganization qualifiziert sich demgegenüber als eine sog. Gesamtrechtsnachfolge,<br />
bei welcher auch die Schulden übernommen werden müssen.<br />
208 Die übernehmende Gesellschaft kann aber auch nach Abschluss der C Reorganization die<br />
übernommenen Wirtschaftsgüter steuerfrei in eine Tochtergesellschaft einbringen («asset<br />
drop-down»). Vgl. zu einer solchen «Ausgliederung» auch § 351 IRC.<br />
209 Vgl. § 368(a)(1)(D) IRC: «[…] a transfer by a corporation of all or a part of its assets to another<br />
corporation if immediately after the transfer the transferor, or one or more of its shareholders<br />
(including persons who were shareholders immediately before the transfer), or any combination<br />
thereof, is in control of the corporation to which the assets are transferred; but only if, in pursuance<br />
of the plan, stock or securities of the corporation to which the assets are transferred are distributed<br />
in a transaction which qualifies under section 354, 355, or 355;[…]».<br />
210 Unternehmensspaltungen kommen insbesondere in drei Formen vor:<br />
(i) Spin-off: Bei dieser Spaltungsform werden Mutter- und Tochtergesellschaft zu beteiligungsidentischen<br />
Schwestergesellschaften, indem die Muttergesellschaft die Anteile an der von ihr<br />
beherrschten Tochtergesellschaft (80% oder mehr) an ihre Anteilsinhaber ausschüttet. Aus<br />
Sicht der Anteilsinhaber ändert sich lediglich die Form der Beteiligung, indem eine indirekte<br />
durch eine direkte Beteiligung ersetzt wird. Der Spin-off ist somit ein gesetzlich geregelter<br />
Sonderfall der Sachdividende («distribution in kind»).<br />
(ii) Split-off: Auch hier überträgt die Muttergesellschaft auf ihre Anteilsinhaber Anteile an einer<br />
beherrschten Tochtergesellschaft, wodurch Mutter- und Tochtergesellschaft zu Schwestergesellschaften<br />
werden. Die Übertragung stellt hier jedoch keine Ausschüttung dar, sondern<br />
erfolgt in Form eines entgeltlichen Austauschgeschäftes, bei welchem die Gegenleistung<br />
der Anteilsinhaber aus deren Anteilen an der übertragenden Gesellschaft besteht. Aus gesellschaftsrechtlicher<br />
Sicht wird dabei von «redemption of stock» gesprochen.<br />
(iii) Split-up: Dabei handelt es sich um eine steuerfreie Übertragung der Beteiligung an einer<br />
Tochtergesellschaft auf einen oder mehrere Gesellschafter der Muttergesellschaft als Abfindung<br />
für deren Ausscheiden. Kommt eine Barabfindung nicht in Betracht, eignet sich der<br />
Split-up insbesondere zur Trennung verfeindeter Gruppen von Anteilsinhabern. Im Gegensatz<br />
zum Spin-off oder zum Split-off entsteht keine Schwestergesellschaft, sondern es liegen zwei<br />
Gesellschaften mit getrennten Kreisen von Anteilsinhabern vor.<br />
42<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
Der Hauptanwendungsfall dieser Form der Umstrukturierung liegt in der<br />
Vorbereitung <strong>des</strong> Verkaufs einer Tochtergesellschaft. Denn kommt es zum<br />
Verkauf durch die Anteilsinhaber selbst, kann der Anfall der Unternehmenssteuer<br />
auf Ebene der Muttergesellschaft verhindert werden, was unter dem<br />
klassischen System zur wirtschaftlichen Doppelbelastung <strong>des</strong> Veräusserungsgewinns<br />
führen würde. Der spätere Gewinn der Gesellschafter aus der<br />
Veräusserung der Anteile ist demgegenüber als «capital gain» steuerlich begünstigt.<br />
<strong>1.</strong>3.2.9.3.6 Type E Reorganization<br />
Eine Änderung der Kapitalstruktur einer Gesellschaft («recapitalization»)<br />
kann in Form einer E Reorganization steuerneutral vorgenommen werden211 .<br />
Zu denken ist an die Emission von Stammaktien anstelle von Vorzugsaktien<br />
und umgekehrt bzw. von Aktien anstelle von Schuldverschreibungen<br />
(«bonds») usw.<br />
<strong>1.</strong>3.2.9.3.7 Type F Reorganization<br />
Ein Wechsel der Rechtsform, der Firma oder <strong>des</strong> Sitzes der Kapitalgesellschaft<br />
wird als F Reorganization bezeichnet und löst in der Regel ebenfalls keine<br />
Steuerfolgen aus212 .<br />
<strong>1.</strong>3.2.9.3.8 Type G Reorganization<br />
Im Sanierungsfall können die Bestimmungen der G Reorganization angerufen<br />
werden, die für Umstrukturierungen im Fall eines Konkurs- oder Nachlassverfahrens<br />
(Chapter 11) Steuerneutralität gewähren213 .<br />
<strong>1.</strong>3.2.9.4 Liquidation einer Kapitalgesellschaft<br />
Seit dem Tax Reform Act of 1986 sieht der IRC vor, dass im Fall einer Liquidation<br />
auch auf der Ebene der liquidierten Kapitalgesellschaft eine Gewinnrealisierung<br />
stattfindet214 . Dies folgt dem klassischen Prinzip <strong>des</strong> Unternehmenssteuerrechts,<br />
dass Erträge sowohl auf der Ebene der Gesellschaft als<br />
auch nach der Ausschüttung beim Aktionär besteuert werden. Die Rechtsprechung<br />
ging demgegenüber seit der Entscheidung <strong>des</strong> <strong>US</strong> Supreme Court<br />
i.S. General Utilities & Operating Co. v. Helvering215 mittels der «General Utilities<br />
211 Vgl. § 368(a)(1)(E) IRC.<br />
212 § 368(a)(1)(F) IRC.<br />
213 § 368(a)(1)(G) IRC. Vgl. auch §§ 354, 355 und 356 IRC. Vgl. zum <strong>US</strong>-amerikanischen Konkursrecht<br />
LoPucki/Mirick (2006) mit ausführlichen Hinweisen zum Chapter 1<strong>1.</strong><br />
214 § 336(a) IRC. Zur «liquidation» einer Kapitalgesellschaft vgl. Abrams/Doernberg (2002) 170 ff.;<br />
Karen C. Burke (2002) 174 ff.; ausführlich Bittker/Eustice (2000) 10-4 ff.; McDaniel/McMahon/<br />
Simmons (1999) 331 ff.<br />
215 General Utilities & Operating Co. v. Helvering, 296 <strong>US</strong> 200 (1935).<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
43<br />
105<br />
106<br />
107<br />
108<br />
109
110<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
Doctrine» davon aus, dass bei einer Liquidation eine Gewinnrealisierung nur<br />
beim Aktionär besteuert wird. Werden hingegen min<strong>des</strong>tens 80% der Aktien<br />
der liquidierten Gesellschaft von einer anderen Kapitalgesellschaft gehalten,<br />
wird ein Liquidationsplan vorgelegt und erfolgt die Liquidation innerhalb<br />
von spätestens drei Steuerjahren nach der Erstausschüttung, kommt es bei<br />
dieser «complete liquidation of a subsidiary» nur auf der Ebene der Gesellschaft<br />
zu Steuerfolgen 216 . Ausnahmen werden zudem im Rahmen einer steuerfreien<br />
Gründung, Verschmelzung oder Teilung im Sinne <strong>des</strong> vorstehend<br />
besprochenen § 368 IRC gewährt. Der Steuer auf der Ebene der später liquidierten<br />
Gesellschaft unterliegen jedoch alle Gewinne aus der Veräusserung<br />
<strong>des</strong> gesamten Vorratsvermögens 217 .<br />
<strong>1.</strong>3.3 Kapitalgesellschaften mit Sonderstatus<br />
<strong>1.</strong>3.3.1 S Corporation<br />
Eine Sonderform einer Kapitalgesellschaft ist die S Corporation, deren Einkommen,<br />
d.h. Gewinne und Verluste, Abzüge und Steuergutschriften, ihren<br />
Aktionären im Verhältnis ihrer Beteiligung wie bei einer Personengesellschaft<br />
direkt zugerechnet wird 218 . Eine Kapitalgesellschaft mit personenbezogener<br />
Struktur kann dafür optieren, wie eine Personengesellschaft besteuert zu<br />
werden, wenn sie nicht mehr als 75 Aktionäre bzw. «Gesellschafter» aufweist,<br />
unter welchen sich weder Kapitalgesellschaften noch nichtansässige Ausländer<br />
befinden 219 . Besitzt eine S Corporation eine Tochtergesellschaft zu 100%,<br />
so geht deren steuerliche Qualifikation auf sie über. Derart kann sie ihren<br />
Sonderstatus verlieren, obwohl sie selbst alle Merkmale einer S Corporation<br />
erfüllt 220 . Eine weitere Voraussetzung für die Qualifikation ist eine «einzige<br />
Art von herausgegebenen Aktien» («one class of stock»), welche den Aktionären<br />
die gleichen Rechte am Gewinn und am Vermögen der Gesellschaft<br />
vermitteln 221 .<br />
216 Vgl. § 332(a) i.V.m. § 332(b) IRC sowie Bittker/Eustice (2000) 10-50 ff.<br />
217 § 337 IRC.<br />
218 §§ 1361−1379. Man spricht von S Corporation, da diese Gesellschaftsform im Subchapter S<br />
<strong>des</strong> IRC geregelt wird. Vgl. ausführlich McDaniel/Ault/McMahon/Simmons (2006) und (2002B);<br />
Eustice/Kuntz (2001); Bittker/Eustice (2000) 6-1 ff., die unter 6-66 ff. die Unterschiede zur<br />
C Corporation aufzeigen; McDaniel/McMahon/Simmons (1999) 361 ff., die diese Sonderform<br />
einer «corporation» unter dem Titel «Elective Passthrough Tax Treatment» behandeln; vgl. auch<br />
Abrams/Doernberg (2002) 310 ff.; Karen C. Burke (2002) 316 ff. Vgl. auch Klaus Sieker (1993) und<br />
Soukup/Ziegelbauer (2005).<br />
219 §§ 1361 und 1362(a) IRC. Vom IRC definierte Trusts und gemeinnützige Organisationen<br />
können auch Aktionäre einer S Corporation sein. Vgl. dazu Karen C. Burke (2002) 318.<br />
220 § 1361 IRC.<br />
221 §§ 1361(b)(1)(D) und 1377(a) IRC. Unterschiede in den Stimmrechten sind aber zulässig.<br />
44<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
Der Status einer S Corporation wird durch Wegfall eines der vorgenannten<br />
Merkmale wie auch durch Mehrheitsbeschluss der Aktionäre herbeigeführt<br />
222 . Wie erwähnt, wird die S Corporation wie eine Personengesellschaft<br />
besteuert. Gleich wie diese ist sie kein eigenständiges Steuersubjekt und<br />
lediglich zur Mitteilung steuerlich relevanter Tatsachen an den IRS verpflichtet<br />
223 . Anteilige Verluste werden nur bis zur Höhe <strong>des</strong> Aktienkapitals zuzüglich<br />
etwaiger Darlehen der Aktionäre im laufenden Steuerjahr <strong>des</strong> Aktionärs<br />
berücksichtigt. Überschüssige Verlustanteile sind demgegenüber unbegrenzt<br />
zum Vortrag zugelassen 224 .<br />
Die Bestimmungen über die S Corporation wurden ursprünglich für kleine<br />
Gesellschaften eingeführt, doch finden sie heute auch auf grosse Unternehmen<br />
Anwendung 225 . Vorstehend wurde mehrmals hervorgehoben, dass<br />
diese Sonderform einer Kapitalgesellschaft wie eine Personengesellschaft<br />
besteuert wird. Auch wenn dieser Vergleich oftmals vorgenommen wird, ist<br />
er irreführend. Entgegen den Bestimmungen über die Besteuerung einer<br />
Personengesellschaft realisiert eine S Corporation – wie die herkömmlichen<br />
C Corporations – Gewinn auf allen Ausschüttungen von Wirtschaftsgütern<br />
mit Wertzuwachs. Auch finden als Auffangtatbestände, d.h. für Sachverhalte,<br />
die nicht durch die besonderen Bestimmungen über die S Corporation erfasst<br />
werden, die Bestimmungen über die C Corporation Anwendung. Mit<br />
Blick auf die nachstehende Behandlung der Personengesellschaften kann<br />
zudem darauf verwiesen werden, dass die steuerlichen Bestimmungen über<br />
die S Corporation nicht dieselbe Flexibilität in der Zuteilung von Steuerattributen<br />
zwischen Aktionären aufweisen wie die nämlichen Bestimmungen bei<br />
der Personengesellschaft betreffend ihre Gesellschafter. In der Praxis wird die<br />
S Corporation oft als «Vehikel» für Transaktionen im Ausland benutzt. Für ausländische<br />
Gesellschaften und nichtansässige Ausländer ist sie von keinem<br />
Nutzen, da diese per Definition nicht Aktionäre sein dürfen 226 .<br />
<strong>1.</strong>3.3.2 Sonstige Sondergesellschaften<br />
<strong>1.</strong>3.3.2.1 Allgemeines<br />
Der Internal Revenue Code (IRC) kennt bzw. kannte weitere Gesellschaften<br />
mit Sonderstatus, deren Bedeutung vor allem im internationalen Steuerrecht<br />
liegt bzw. lag. Dabei handelt es sich um die Domestic International Sales<br />
222 § 1377(a) IRC.<br />
223 § 1366(a) IRC. In diesem Zusammenhang wird auch von «reporting entity» gesprochen.<br />
224 § 1366(d) IRC.<br />
225 Es gibt keine Begrenzung einer S Corporation in quantitativer Sicht – weder hinsichtlich ihres<br />
Einkommens noch ihrer Bilanzsumme.<br />
226 McDaniel/Ault/Repetti (2005) 3<strong>1.</strong><br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
45<br />
111<br />
112<br />
113
114<br />
115<br />
116<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
Corporation (DISC), die Foreign Sales Corporation (FSC), die Foreign Personal<br />
Holding Company (FPHC) und die Passive Foreign Investment Company (PFIC).<br />
Der IRC kennt zudem auch Gesellschaftsformen, welcher sich <strong>US</strong>-Bürger («<strong>US</strong><br />
citizens») und in den <strong>US</strong>A ansässige Ausländer («resident aliens») auch nur für<br />
Geschäfte innerhalb der <strong>US</strong>A bedienen; es sind dies die Regulated Investment<br />
Company (RIC), der Real Estate Investment Trust (REIT) und die Real Estate Mortgage<br />
Investment Conduit (REMIC).<br />
<strong>1.</strong>3.3.2.2 Domestic International Sales Corporation (DISC)<br />
Bei der Domestic International Sales Corporation (DISC) handelte es sich um<br />
eine in den <strong>US</strong>A inkorporierte Kapitalgesellschaft mit qualifizierten Exporterlösen<br />
(«qualified export receipts»). Dabei unterlag der Exportgewinn nicht<br />
der Einkommenssteuer für Kapitalgesellschaften, sondern nur bei Ausschüttung<br />
der Einkommenssteuer für Anteilsinhaber. Die Bestimmungen über die<br />
DISC kommen nur noch auf Altgesellschaften zur Anwendung, da sie 1986<br />
durch die Bestimmungen über die Foreign Sales Corporation (FSC) ersetzt<br />
wurden227 .<br />
<strong>1.</strong>3.3.2.3 Foreign Sales Corporation (FSC)<br />
Bei der Foreign Sales Corporation (FSC) handelt es sich um eine nicht in den<br />
<strong>US</strong>A inkorporierte Kapitalgesellschaft mit weniger als 25 Anteilsinhabern<br />
und Büroräumlichkeiten im Domizilstaat228 . Diese Gesellschaft ist in der Regel<br />
eine Tochtergesellschaft einer <strong>US</strong>-amerikanischen Muttergesellschaft<br />
und vertreibt deren Produkte. Dabei unterliegen die ausländischen Einkünfte<br />
der FSC («foreign trade income») nicht dem normalen Steuersatz, da sie<br />
nicht dem Einkommen der Muttergesellschaft in den <strong>US</strong>A hinzugerechnet<br />
werden. Auch berechtigt eine solche Dividende nicht zur Inanspruchnahme<br />
<strong>des</strong> indirekten Foreign Tax Credit (FTC) 229 . Die Muttergesellschaft erhält vielmehr<br />
bei Ausschüttung seitens der Tochtergesellschaft zu 100% eine Dividends<br />
Received Deduction (DRD) und muss <strong>des</strong>halb für diese Dividende keine<br />
<strong>US</strong>-amerikanische Unternehmenssteuer bezahlen230 .<br />
227 Bei den Bestimmungen über die DISC handelt es sich um die ursprünglichen Regeln für<br />
Exportgesellschaften, doch wurden diese wegen Verstosses gegen das GATT 1984 durch<br />
die FSC-Bestimmungen ersetzt, die auf den 3<strong>1.</strong> Dezember 2001 ebenfalls ausser Kraft traten.<br />
Vgl. zur DISC auch Richard L. Doernberg (2004) 193 f.; ausführlich Bittker/Lokken (2005/2006)<br />
71–78 ff.; vgl. auch McDaniel/Ault/Repetti (2005) 161 f.<br />
228 Vgl. zur FSC Richard L. Doernberg (2004) 194; ausführlich Bittker/Lokken (2005/2006) 71-85 ff.;<br />
vgl. auch Stephan Bellin (1997); Christoph Feddersen (2001).<br />
229 Zum indirekten Foreign Tax Credit (FTC) vgl. nachstehend N 407 ff.<br />
230 Vgl. §§ 921 und 245(c).<br />
46<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
Die steuerliche Begünstigung der FSC diente insbesondere der Exportförderung<br />
und wurde von vielen grossen <strong>US</strong>-Konzernen genutzt 231 . Aufgrund<br />
eines von der EU bei der WTO angestrengten Verfahrens wurde die FSC in<br />
der Folge als unzulässige Exportbeihilfe qualifiziert 232 . Die <strong>US</strong>A haben <strong>des</strong>halb<br />
die FSC-Bestimmungen gestützt auf den FSC Repeal and Exclusion of<br />
Extraterritorial Income Act of 2000 (ETI) durch die sog. «extraterritorial income<br />
exclusion» ersetzt. Bei dieser handelt es sich um eine «exclusion from gross<br />
income», wobei die Befreiung auch für die Alternative Minimum Tax (AMT)<br />
gilt 233 . Auch diese Bestimmungen wurden jedoch von der EU mit Erfolg bei<br />
der WTO angefochten und wiederum von der WTO als unzulässige Exportbeihilfe<br />
qualifiziert 234 . In der Folge hob der American Jobs Creation Act of 2004<br />
die ETI-Bestimmungen für Transaktionen nach dem Jahr 2004 auf – dies jedoch<br />
unter Gewährung grosszügiger Übergangsbestimmungen bis ins Jahr<br />
2006 bzw. unter gewissen Umständen sogar darüber hinaus 235 .<br />
<strong>1.</strong>3.3.2.4 Foreign Personal Holding Company (FPHC)<br />
Bei der Foreign Personal Holding Company (FPHC) handelt es sich um eine<br />
ausländische Kapitalgesellschaft, welche von weniger als fünf <strong>US</strong>-Bürgern<br />
(«<strong>US</strong> citizens») beherrscht wird. Unabhängig von den tatsächlichen Ausschüttungen<br />
werden den Einkommen der Anteilsinhaber die Einkünfte als «Quasidividenden»<br />
(«deemed dividends») hinzugerechnet 236 .<br />
<strong>1.</strong>3.3.2.5 Passive Foreign Investment Company (PFIC)<br />
Bei der Passive Foreign Investment Company (PFIC) handelt es sich um eine<br />
Kapitalgesellschaft, an welcher <strong>US</strong>-Bürger beteiligt sind, ohne diese zu be-<br />
231 Solche FSCs wurden insbesondere auf den Virgin Islands, Barbados und Guam unterhalten. Bei<br />
der FSC wird die ansonsten geltende «credit method» (sog. Anrechnungsmethode) durch die<br />
«exemption method» ersetzt, was effektiv zu einer steuerlichen Subvention führt. Zu diesen<br />
beiden Methoden vgl. nachstehend N 662 ff.<br />
232 Diese Sonderregelung war aus Sicht der <strong>US</strong>A gerechtfertigt, um <strong>US</strong>-amerikanischen Unternehmen<br />
im Wettbewerb mit der europäischen Exportwirtschaft zu unterstützen. Denn die<br />
europäischen Unternehmen kamen auf den jeweiligen Exportmärkten in den Vorteil der in<br />
zahlreichen DBA enthaltenen Freistellungen für Betriebsstättengewinne und Schachtelprivilegien.<br />
Dies jedoch nur, wenn die dortige Steuerbelastung geringer war als das Belastungsniveau<br />
in den <strong>US</strong>A.<br />
233 Die «extraterritorial income exclusion» nach §§ 114, 941 ff. IRC trat auf den <strong>1.</strong> Oktober 2000<br />
in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt war die Gründung neuer FSCs unzulässig; bestehende FSCs<br />
durften die alten FSC-Bestimmungen noch bis zum 3<strong>1.</strong> Dezember 2001 anwenden. Vgl. auch<br />
Bittker/Lokken (2005/2006) 71-104 ff.<br />
234 McDaniel/Ault/Repetti (2005) 163. Diese Entscheidungen der WTO werden bei Paul R. McDaniel<br />
(2004) erläutert und analysiert. Vgl. auch Christoph Feddersen (2001) 551 ff.<br />
235 McDaniel/Ault/Repetti (2005) 162. Vgl. zum Ersatz <strong>des</strong> «ETI Regime» die Hinweise bei Richard<br />
L. Doernberg (2005) 195 f.<br />
236 Vgl. § 551 IRC; vgl. auch Richard L. Doernberg (2004) 384 ff.<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
47<br />
117<br />
118<br />
119
120<br />
121<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
herrschen. In der Regel handelt es sich um ausländische Investmentfonds.<br />
Dabei kann der <strong>US</strong>-amerikanische Anteilseigner zwischen einer laufenden<br />
Besteuerung der auf ihn entfallenden Einkünfte der PFIC oder einer Besteuerung<br />
der Ausschüttungen der PFIC wählen. Wird die Besteuerung der Ausschüttungen<br />
gewählt, sind zusätzlich zu den Steuern auch Zinsen für den<br />
gewährten Steueraufschub («tax deferral») zu entrichten 237 .<br />
<strong>1.</strong>3.3.2.6 Regulated Investment Company (RIC)<br />
Einige Formen von Investmentgesellschaften, wie insbesondere die Anlagefonds<br />
(«mutual funds»), können dafür optieren, einem besonderen Steuerregime<br />
unterstellt zu werden. Dies, obwohl es sich bei diesen Regulated<br />
Investment Companies (RIC) von der Rechtsform her um gewöhnliche Kapitalgesellschaften<br />
handelt. Eine RIC unterliegt dann lediglich für nichtausgeschüttetes<br />
Einkommen einer Besteuerung. Um sich als RIC zu qualifizieren,<br />
hat dieselbe ein breitangelegtes Portfolio auszuweisen, wobei 90% ihres<br />
Bruttoeinkommens aus Dividenden, Zinsen und Gewinnen aus dem Verkauf<br />
von Aktien und sonstigen Wertpapieren stammen müssen. Ergänzend ist auf<br />
die detaillierten Bestimmungen <strong>des</strong> IRC zu verweisen 238 .<br />
<strong>1.</strong>3.3.2.7 Real Estate Investment Trust (REIT)<br />
<strong>1.</strong>3.3.2.7.1 Allgemeines<br />
Beim Real Estate Investment Trust (REIT) handelt es sich um einen eigentlichen<br />
Grundstücksfonds, der als steuerlich transparente Einheit ausgestaltet ist.<br />
Dies, obwohl der REIT als Corporation oder Trust eingerichtet sein muss. Um<br />
sich als REIT zu qualifizieren, müssen zudem folgende Bedingungen erfüllt<br />
sein: (i) Der REIT darf keine Versicherungsgesellschaft und keine Finanzinstitution<br />
sein; (ii) die Option zur Behandlung als REIT muss ausgeübt werden;<br />
(iii) es darf keine «closely held corporation» vorliegen; (iv) es müssen uneingeschränkt<br />
übertragbare Anteilszertifikate ausgegeben werden 239 ; (v) und der<br />
REIT muss über min<strong>des</strong>tens 100 Anteilseigner verfügen. Wie die Real Investment<br />
Company (RIC) unterliegt auch beim REIT die Zusammensetzung <strong>des</strong><br />
Fondsvermögens sowie der Fondseinkünfte bestimmten Anforderungen 240 .<br />
237 §§ 1291–1298 IRC. Vgl. dazu ausführlich Bittker/Lokken (2005/2006) 70-2 ff.; Richard L. Doernberg<br />
(2004) 373 ff.; einen Überblick geben McDaniel/Ault/Repetti (2005) 36 und 137 ff.<br />
238 §§ 851−855 und 860 IRC. Vgl. McDaniel/Ault/Repetti (2005) 31; Bernhard Gröhs (1997) Art. 10<br />
N 8; vgl. auch Swiss–American Chamber of Commerce (2004) 97 f. und 102.<br />
239 Es dürfen somit keine vinkulierten Namenaktien ausgegeben werden.<br />
240 §§ 856−860 IRC. Das Vermögen muss zu 75% aus Grundstücken, grundstücksgleichen<br />
Rechten, Staatsanleihen oder Bargeld bestehen. Die Einkünfte müssen zu 75% aus Grundstücksmieten,<br />
Dividenden anderer REITs, Zinsen aus hypothekarisch gesicherten Darlehen<br />
oder Grundstücksverkäufen stammen. Die Hypotheken («mortgages») werden dabei Klassen<br />
zugeteilt («pooling»), und zwar abhängig von ihrer Fälligkeit sowie dem ihnen zugrunde<br />
48<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>1.</strong>3.3.2.7.2 Laufende Besteuerung<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
Wird den Bestimmungen <strong>des</strong> Internal Revenue Code (IRC) Folge geleistet, werden<br />
die Ausschüttungen <strong>des</strong> REIT nur auf der Ebene der Anteilseigner besteuert.<br />
Der REIT ist zudem verpflichtet, min<strong>des</strong>tens 95% seines zu versteuernden<br />
Einkommens auszuschütten 241 .<br />
<strong>1.</strong>3.3.2.7.3 Gründung<br />
Eine steuerfreie Gründung durch Einbringung von Sachwerten ist in der Regel<br />
nicht möglich.<br />
<strong>1.</strong>3.3.2.7.4 Besteuerung ausländischer Anteilsinhaber<br />
Nach den allgemeinen Regeln unterliegt die Ausschüttung von Dividenden<br />
<strong>des</strong> REIT einem Quellensteuersatz von 30%. Der Teil der Dividende, der jedoch<br />
auf Gewinne aus der Veräusserung von <strong>US</strong>-Grundstücken zurückzuführen<br />
ist, wird als Effectively Connected Income (ECI) von der allgemeinen<br />
Income Tax erfasst. Während die Quellensteuer für Anleger aus Deutschland,<br />
Österreich und der Schweiz nach den einschlägigen Bestimmungen der<br />
Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) auf 15% reduziert wird242 , gilt diese<br />
Ermässigung jedoch nicht für das Effectively Connected Income (ECI) 243 .<br />
Nach den allgemeinen Grundsätzen sind Veräusserungsgewinne aus Anteilen<br />
an Kapitalgesellschaften nicht in den <strong>US</strong>A zu versteuern, doch kommen<br />
bei einem REIT besondere Vorschriften zur Anwendung. Falls sich ein REIT als<br />
<strong>US</strong> Real Property Holding Company qualifiziert244 , sind Veräusserungsgewinne<br />
als Effectively Connected Income (ECI) in den <strong>US</strong>A steuerpflichtig. Werden die<br />
Anteile am REIT hingegen zu weniger als 50% von nicht in den <strong>US</strong>A Ansässigen<br />
gehalten, sind die Veräusserungsgewinne nicht steuerpflichtig245 .<br />
liegenden Risiko. Vgl. dazu Volckens/Panzer (2005); Bernhard Gröhs (1997) Art. 10 N 9; vgl.<br />
dazu auch Swiss–American Chamber of Commerce (2004) 97 f. und 102. Zu den steuerlichen<br />
Aspekten einer Investition in <strong>US</strong>-Grundstücken vgl. insbesondere Quassovsky/Maack (2001A),<br />
(2001B) und (2002); Wolf Wassermeyer (2001); Peter R. Altenburger (1999).<br />
241 Bestimmte untersagte Transaktionen («prohibited transactions») unterliegen einer konfiskatorischen<br />
Strafsteuer von 100%.<br />
242 Vgl. z.B. Art. 10.2 DBA <strong>US</strong>A–CH; Art. 10.2 DBA <strong>US</strong>A–D; Art. 10.2 DBA <strong>US</strong>A–A.<br />
243 Zum Effectively Connected Income (ECI) vgl. nachstehend N 219 und N 228 ff.<br />
244 D.h., die Aktiven <strong>des</strong> REIT bestehen zu mehr als 50% aus <strong>US</strong>-Grunstücken und grundstücksähnlichen<br />
Rechten («<strong>US</strong> real propery interest»). Vgl. dazu auch nachstehend N 315 ff.<br />
245 In diesem Fall handelt es sich um keinen «domestically controlled REIT» (vgl. auch §§ 856–859,<br />
897 IRC).<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
49<br />
122<br />
123<br />
124<br />
125
126<br />
127<br />
128<br />
129<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
<strong>1.</strong>3.3.2.8 Real Estate Mortgage Investment Conduit (REMIC)<br />
<strong>1.</strong>3.3.2.8.1 Allgemeines<br />
Beim Real Estate Mortgage Investment Conduit (REMIC) handelt es sich um ein<br />
steuerlich transparentes Vehikel, welches der «securitization» 246 von hypothekarisch<br />
besicherten Darlehen («mortgages») dient 247 . Die Bestimmungen <strong>des</strong><br />
REIT wurden mit dem Tax Reform Act of 1986 auch auf die REMIC zur Anwendung<br />
gebracht. Während die REMIC keiner Besteuerung unterliegt, werden<br />
ihre Anteilseigner direkt für das daraus bezogene Einkommen besteuert.<br />
Dies unabhängig davon, ob es zu einer Ausschüttung kommt oder ob es in<br />
der Gesellschaft thesauriert wird.<br />
Die Bestimmungen über die REMIC wurden in den IRC aufgenommen, um<br />
die Konzentration von Hypotheken in einer Gesellschaft, welche mehr als<br />
eine Aktienklasse ausgibt, zu erleichtern 248 . Dabei ist die typische «mortgage<br />
securitization» so ausgestaltet, dass der Inhaber («sponsor») von relativ illiquiden<br />
Forderungen diese in eine Zweckgesellschaft («special purpose vehicle»)<br />
gegen Gewährung von handelbaren Anteilsrechten («securities») einbringt.<br />
In der Regel ist diese Einbringung steuerneutral möglich 249 .<br />
<strong>1.</strong>3.3.2.8.2 Errichtung<br />
Zivilrechtlich kann ein REMIC als Corporation, Trust aber auch als nicht rechtsfähiges<br />
Sondervermögen («segregated pool of assets») ausgestaltet werden.<br />
Zudem können ausländische Rechtssubjekte («foreign legal entities») als<br />
REMIC optieren. Nach der Errichtung muss der Errichter («sponsor») innerhalb<br />
einer vorgegebenen Frist für die Behandlung als REMIC optieren, um steuerlich<br />
transparent behandelt zu werden 250 .<br />
<strong>1.</strong>3.3.2.8.3 Zusammensetzung <strong>des</strong> Vermögens<br />
Das Betriebsvermögen eines REMIC muss nahezu vollständig aus «mortgages»<br />
und anderen bestimmten Wirtschaftsgütern (z.B. bestimmte Kassainstrumente)<br />
zusammengesetzt sein. Die Zusammensetzung <strong>des</strong> Vermögens<br />
kann nach dem Zeitpunkt der Errichtung («start-up day») kaum noch verän-<br />
246 Bei der «securitization» werden nichtliquide Wirtschaftsgüter, wie insbesondere Hypothekardarlehen<br />
und Kreditkartenforderungen, in liquide, d.h. handelbare Kapitalmarktinstrumente<br />
(«securities») umgewandelt.<br />
247 Die steuerliche Qualifikation als Kapitalgesellschaft («corporation») mit steuerlicher Doppelbelastung<br />
der ausgeschütteten Erträge würde diese Art der Finanzierung sinnlos machen.<br />
Vgl. auch Bernhard Gröhs (1990) Art. 11 N 4.<br />
248 §§ 860A−860E IRC. Vgl. dazu auch Bernhard Gröhs (1990) Art. 11 N 4–7.<br />
249 Zum REMIC vgl. IRS Publication 938 (2006); vgl. auch McDaniel/Ault/Repetti (2005) 32.<br />
250 Die Transparenz ist beim REMIC im Detail anders ausgestaltet als bei der Partnership oder<br />
beim Trust, wird die REMIC doch in vielen Belangen steuerlich vollständig ignoriert.<br />
50<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
dert werden. Für die in der Praxis häufig verwendeten sog. «revolvierenden<br />
Darlehen» («revolving loans») kann eine REMIC nicht verwendet werden.<br />
<strong>1.</strong>3.3.2.8.4 Ausgabe von Anteilsrechten<br />
Der REMIC kann nur «regular interests» und eine Klasse von «residual interests»<br />
ausgeben. Dabei werden die «regular interests» von den Investoren erworben,<br />
während die «residual interests» vom «sponsor» zurückbehalten werden.<br />
Bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen – bestimmte Laufzeit, fester oder<br />
variabler Zinssatz, garantierte Rückzahlung <strong>des</strong> Anlagebetrags – werden die<br />
«regular interests» steuerlich als Fremdkapitalinstrumente behandelt, die «residual<br />
interests» hingegen in der Regel als Teil <strong>des</strong> Eigenkapitals.<br />
<strong>1.</strong>3.3.2.8.5 Ermittlung <strong>des</strong> steuerbaren Einkommens und Strafsteuer<br />
Auch wenn der REMIC als steuerlich transparent behandelt wird, muss <strong>des</strong>sen<br />
steuerbares Einkommen aus der «securitization» ermittelt werden, um in der<br />
Folge dieses Einkommen auf den «sponsor» und die Investoren verteilen zu<br />
können. In einem ersten Schritt werden die Zinsen aus den «mortgages» als<br />
Einnahmen erfasst und dann die an die Investoren geleisteten Zinsen sowie<br />
sonstige Ausgaben zum Abzug gebracht. Das derart ermittelte steuerbare<br />
Einkommen wird daraufhin den Inhabern von «residual interests» zugerechnet.<br />
Die Inhaber der «regular interests», d.h. die Investoren, müssen demgegenüber<br />
die ihnen zurechenbaren Zinsen nach den allgemeinen Grundsätzen<br />
versteuern.<br />
Werden aus vom IRC bestimmten, nicht erlaubten Transaktionen («prohibited<br />
transactions») Einkünfte erzielt, hat der REMIC darauf eine konfiskatorische<br />
Strafsteuer («penalty tax») von 100% <strong>des</strong> Netto-Einkommens aus diesen<br />
Transaktionen zu entrichten 251 .<br />
<strong>1.</strong>3.3.2.8.6 Steuerliche Behandlung ausländischer Investoren<br />
Zinszahlungen an ausländische Investoren, die «regular interests» erworben<br />
haben, unterliegen nach <strong>US</strong>-amerikanischem Recht nicht dem Quellensteuerabzug.<br />
Das Gleiche gilt in der Regel auch nach dem Zinsartikel der Doppelbesteuerungsabkommen<br />
(DBA) 252 .<br />
Demgegenüber können Zahlungen auf «residual interests» – insbesondere<br />
die «excess inclusion» – unter bestimmten Umständen einer Besteuerung unterliegen.<br />
Dabei handelt es sich bei der «excess inclusion» um eine sehr kom-<br />
251 Als «prohibited transactions» qualifizieren sich insbesondere Veräusserungen von Anlagevermögen,<br />
Einkünfte aus Dienstleistungen oder die Gewährung von Darlehen.<br />
252 Vgl. auch Art. 11 DBA <strong>US</strong>A–CH; Art. 11 DBA <strong>US</strong>A–D; Art. 11 DBA <strong>US</strong>A–A.<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
51<br />
130<br />
131<br />
132<br />
133
135<br />
136<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
plexe und für die Gesetzesadressaten nur schwer verständliche steuerliche<br />
Bestimmung <strong>des</strong> REMIC.<br />
<strong>1.</strong>3.4 Personengesellschaften<br />
<strong>1.</strong>3.4.1 Fehlende Rechtssubjektivität<br />
Nach den Prinzipien <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong>, d.h. insbesondere nach dem Subchapter<br />
K <strong>des</strong> IRC, gelten Personengesellschaften («partnerships») nicht als<br />
eigenständige Rechtssubjekte 253 . Ihre Einkünfte und Aufwendungen werden<br />
direkt den Gesellschaftern zugerechnet. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese<br />
natürliche oder juristische Personen sind. Die steuerliche Behandlung auf der<br />
Ebene der Gesellschafter richtet sich dabei nach den auf diese anwendbaren<br />
Besteuerungsprinzipien. Die Partnership wird aus steuerrechtlicher Sicht als<br />
eine «Buchhaltungseinheit» («reporting entity») für die Zwecke der Ermittlung<br />
von Gewinn oder Verlust betrachtet, welcher anschliessend den Gesellschaftern<br />
zugerechnet und bei diesen besteuert wird. Im Uniform Partnership<br />
Act (UPA) wird eine Partnership als «an association of two or more persons<br />
to carry on as co-owners a business for profit» definiert 254 . Der UPA nimmt eine<br />
Unterscheidung in «general partnership» und «limited partnership» vor 255 . Die<br />
Definition <strong>des</strong> IRC geht weiter und umfasst auch Syndikate, Gruppen, Joint<br />
Ventures und andere nicht als Corporation, Trust oder Nachlass («estate»)<br />
organisierte Zusammenschlüsse zur Durchführung jeglicher geschäftlicher<br />
oder finanzieller Tätigkeiten 256 .<br />
Einkommen und Abzüge, welche auf der Ebene der Partnership generiert<br />
worden sind, behalten bei ihrer Zurechnung zu den Gesellschaftern ihre<br />
Steuermerkmale 257 . Werden auf Gesellschaftsebene steuerfrei Einkünfte erzielt,<br />
gilt dieses Einkommen auch bei den Gesellschaftern als von der Steuer<br />
253 §§ 701−761 IRC. Vgl. zum Subchapter K ausführlich Cunningham/Cunningham (2006); McDaniel/Ault/McMahon/Simmons<br />
(2006) und (2002B); Karen C. Burke (2005); einen Überblick geben<br />
McDaniel/Ault/Repetti (2005) 29 f., die auch von «pass through entities» sprechen; vgl. auch<br />
IRS Publication 541 (2006). Zur Partnership im internationalen Steuerrecht vgl. insbesondere<br />
Jesper Barenfeld (2005); Gerald Toifl (2003); Eleonore Ronge (2003); Urtz/Züger (2001); Michael<br />
Lang (2000); OECD (1999B); Brown/Rabinovitz (1996); Jean-Pierre Le Gall (1996); Hey/Kimbrough<br />
(1990); vgl. auch Quassovsky/Maack (2001B); Johannes Mittelmaier (1999).<br />
254 § 101 UPA. Der UPA ist ein von der National Conference of Commissioners on Uniform State<br />
Laws 1997 ausgearbeitetes Modellgesetz (vgl. www.nccusl.org) und dient den einzelnen<br />
Bun<strong>des</strong>staaten als Vorbild. Er wurde von diesen mit geringen Unterschieden – ausser von<br />
Louisiana – übernommen. Zu den gesellschaftsrechtlichen Aspekten der Partnership vgl. u.a.<br />
Robert W. Hamilton (2000) und (2005); William Burnham (2002).<br />
255 Diese Gesellschaftsformen sind z.B. mit der Kollektiv- und Kommanditgesellschaft <strong>des</strong> Schweizerischen<br />
Rechts vergleichbar (vgl. Art. 552–619 OR).<br />
256 § 761 IRC.<br />
257 § 702(b) IRC.<br />
52<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
befreit. Ausschüttungen an einen Gesellschafter lösen <strong>des</strong>halb grundsätzlich<br />
keine eigenen Steuerfolgen aus, da sie bereits vorgängig beim Gesellschafter<br />
besteuert worden sind 258 . Da es auf der Stufe der Gesellschaft zu<br />
keinen Steuerfolgen für Einkünfte und Gewinne aus der Veräusserung von<br />
Aktiven kommt, ist diese Unternehmensform für geschäftliche Aktivitäten jeder<br />
Art sowohl für <strong>US</strong>-Bürger («<strong>US</strong> citizens») und in den <strong>US</strong>A niedergelassene<br />
Ausländer («resident aliens») wie auch für nicht in den <strong>US</strong>A niedergelassene<br />
Ausländer («nonresident aliens») sehr geeignet. Insbesondere ihre Flexibilität<br />
bei der Zurechnung von Gewinnen, Verlusten, Abzügen und Steuergutschriften<br />
an die einzelnen Gesellschafter verleihen ihr grosse Attraktivität 259 .<br />
Die erwähnten «Check-the-Box»-Bestimmungen können zum Entscheid für<br />
eine Partnership nicht unwesentlich beitragen 260 . Auch kann sie im Gegensatz<br />
zur Corporation ohne Steuerfolgen bei der Einkommenssteuer liquidiert<br />
werden 261 .<br />
Um diesen offensichtlichen Steuervorteilen entgegenzutreten, sind Bestimmungen<br />
für Personengesellschaften, deren Anteile an einer Börse oder<br />
einem Zweitmarkt gehandelt werden, die sog. Publicly Traded Limited Partnerships<br />
(PTLP), eingeführt worden. Die PTLP werden der gewöhnlichen Besteuerung<br />
der Kapitalgesellschaften unterworfen, wenn min<strong>des</strong>tens 90%<br />
ihrer Gewinne aus sog. qualifizierten Einkünften stammen, d.h. aus passiven<br />
Portfolio- oder Investitionserträgen, Erträgen aus Grundvermögen oder<br />
Bodenschätzen. Die Folgen dieser Bestimmungen zu verhindern ist jedoch<br />
nicht schwierig 262 .<br />
Als eine für die <strong>US</strong>A sehr junge Gesellschaftsform wurde in den letzten Jahren<br />
die Limited Liability Company (LLC) nahezu von allen Bun<strong>des</strong>staaten eingeführt.<br />
Die LLC weist mit Blick auf die Haftungsbeschränkung Merkmale<br />
einer Kapitalgesellschaft auf, kann aber im Steuerrecht entweder als Personen-<br />
oder als Kapitalgesellschaft besteuert werden 263 .<br />
258 Ein Gesellschafter kann bei einer Ausschüttung steuerbaren Gewinn realisieren, wenn die<br />
Zuwendungen seinen Anteil und seine ursprüngliche Kapitalbeteiligung übersteigen.<br />
259 Vgl. § 18 UPA und Treas. Reg. § <strong>1.</strong>702-1(a)(8)(iii). Vgl. zu den Tax Shelters insbesondere McDaniel/Ault/McMahon/Simmons<br />
(2004) 958 ff.; Joseph Bankman (2004) sowie die Ausführungen<br />
<strong>des</strong> IRS unter www.irs.gov. Für Investitionen in <strong>US</strong>-Grunstücke vgl. auch Quassovsky/Maack<br />
(2001A), (2001B) und (2002); Wolf Wassermeyer (2001); Peter R. Altenburger (1999).<br />
260 Vgl. dazu vorstehend N 52 sowie nachstehend N 291 ff.<br />
261 §§ 731−735 IRC. Vgl. Cunningham/Cunningham (2006) mit Beispielen.<br />
262 Vgl. auch die §§ 771−777 IRC, die für «electing large partnerships», d.h. Gesellschaften mit<br />
mehr als 100 Gesellschaftern, Erleichterungen gewähren.<br />
263 Zur Besteuerung der LLC vgl. ausführlich Bittker/Eustice (2000) 2-29 ff.; einen Überblick gibt<br />
Peter Ries (1992); vgl. auch Helder Schnittker (2001A) und (2001B).<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
53<br />
137<br />
138
139<br />
140<br />
141<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
<strong>1.</strong>3.4.2 Vorschriften über die Gewinnermittlung<br />
<strong>1.</strong>3.4.2.1 Allgemeines<br />
Wie erwähnt, behalten die Ertrags- und Aufwandspositionen bei der Zuordnung<br />
zu den einzelnen Gesellschaftern ihre Identität bzw. ihre steuerlichen<br />
Merkmale 264 . Sie müssen <strong>des</strong>halb auf der Ebene der Gesellschaft separat<br />
erfasst werden, wenn sie unterschiedlichen Steuerkonsequenzen unterliegen.<br />
Hervorzuheben sind hier insbesondere: (i) die Gewinne und Verluste<br />
aus Veräusserungen 265 ; (ii) die Portfolio-Einkünfte wie Dividenden, Zinsen<br />
und Lizenzvergütungen, die nicht direkt einer Geschäftstätigkeit («trade or<br />
business») zugeordnet werden können; (iii) die nicht abzugsfähige Betriebsausgaben<br />
266 ; (iv) alle sonstigen für die Zwecke der AMT relevanten Ertrags-<br />
und Aufwandspositionen; (v) die Zahlung ausländischer Ertragssteuern 267 ;<br />
(vi) alle sonstigen Ertrags- und Aufwandspositionen, deren Zuordnung nicht<br />
in Übereinstimmung mit der Bestimmung über die Gewinnverteilung <strong>des</strong><br />
Gesellschaftsvertrags («partnership agreement») erfolgt 268 ; und (vii) die Spenden<br />
269 .<br />
Auch wenn die Partnership nicht steuerpflichtig ist, hat sie für je<strong>des</strong> Steuerjahr<br />
eine Steuererklärung («partnership return») einzureichen. Dabei ist das<br />
Augenmerk auf die im Formular 1065 enthaltene Schedule K-1 zu richten. In<br />
dieser sind die Betriebseinkünfte, die gesondert zuzuordnenden Einkommensteile,<br />
Aufwendungen und Gutschriften zusammenzustellen, welche in<br />
die jeweiligen Steuererklärungen der einzelnen Gesellschafter aufzunehmen<br />
sind 270 .<br />
<strong>1.</strong>3.4.2.2 Sondervergütungen und Verlustzuweisungen an die Gesellschafter<br />
Kommt es zu besonderen Leistungen an die Gesellschafter, wie Entgelt für<br />
geleistete Dienste oder Zinszahlungen für gewährte Darlehen, werden diese<br />
buchhalterisch korrekt als «Betriebsaufwand» der Gesellschaft qualifiziert<br />
und vermindern derart den «Betriebsgewinn». Diese Leistungen werden von<br />
den Gesellschaftern nicht in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter erbracht und<br />
sind bei diesen als gewöhnliches Einkommen steuerbar 271 . Zur Prüfung <strong>des</strong><br />
264 § 702(a) IRC. Zu diesen «allocations» vgl. Cunningham/Cunningham (2006) 43 ff.<br />
265 § 1222 i.V.m. § 1231 IRC.<br />
266 § 274(n) IRC.<br />
267 § 901 IRC.<br />
268 Treas. Reg. § <strong>1.</strong>701-1(a)(8)(i).<br />
269 § 170 IRC.<br />
270 Kommt es zu Abweichungen, sind diese im Formular 8082 auszuweisen. Die vom IRC vorgeschriebenen<br />
Steuerformulare können über www.irs.gov/plain/forms bezogen werden.<br />
271 §§ 707 und 707(a) IRC.<br />
54<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
Umfangs der vergüteten Leistungen gelangt der Grundsatz <strong>des</strong> Abschlusses<br />
zu Drittbedingungen, der sog. «Arm’s Length»-Standard, zur Anwendung 272 .<br />
In der Gesellschaftsbuchhaltung ausgewiesene Verluste, die aus dem Verkauf<br />
von Wirtschaftsgütern zwischen einem Gesellschafter und der Gesellschaft<br />
resultieren, werden unter gewissen Voraussetzungen nicht anerkannt.<br />
Auch werden ausgewählte Gewinne, die aus getätigten Vermögensverschiebungen<br />
zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft resultieren, als<br />
gewöhnliches Einkommen («ordinary income») und nicht als – steuerlich<br />
günstiger – Veräusserungsgewinn («capital gain») behandelt. Diese Besteuerungsregeln<br />
finden Anwendung, wenn dem Gesellschafter mehr als 50%<br />
<strong>des</strong> Gesellschaftsgewinns zustehen oder er mehr als 50% der Anteilsrechte<br />
hält. Das Gleiche gilt, wenn die Transaktion zwischen zwei Gesellschaften<br />
stattfindet, an denen dieselben Personen eine qualifizierte Beteiligung im<br />
vorgenannten Sinne besitzen 273 . Bei diesen Bestimmungen steht das steuerpolitische<br />
Ziel im Vordergrund, Zuweisungen an die Gesellschafter nach<br />
ihrem wirtschaftlichen Gehalt zu beurteilen («substance over form»), um<br />
den Missbrauch der Personengesellschaft als «steueroptimieren<strong>des</strong> Verlustabschreibungsvehikel»<br />
(«tax shelter») zu verhindern.<br />
<strong>1.</strong>4 Vorschriften zur steuerlichen<br />
Gewinnermittlung<br />
<strong>1.</strong>4.1 Allgemeines<br />
Während vor allem in den Ländern Kontinentaleuropas bei der steuerlichen<br />
Gewinnermittlung von der Handelsbilanz ausgegangen wird 274 , verlangen<br />
die Steuergesetze <strong>des</strong> angelsächsischen Rechtskreises eine eigenständige<br />
Steuerbilanz. In den <strong>US</strong>A wird das «tax accounting» von besonderen Bestimmungen<br />
<strong>des</strong> IRC vorgegeben, welche gleichsam ein eigenständiges Buchhaltungssystem<br />
errichten 275 . Dabei wird vor allem auf die zeitliche Komponente<br />
272 Rev. Rul. 81-301, 1981-2 Cum. Bull. 314. Vgl. ausführlich zum «Arm’s Length»-Standard nachstehend<br />
5. Kapitel betreffend § 482 IRC (N 510 ff.).<br />
273 § 707(b) IRC.<br />
274 In der Steuerdoktrin wird von der «Massgeblichkeit der Handelsbilanz» gesprochen. Diesem<br />
System der steuerlichen Gewinnermittlung folgen z.B. Deutschland, Frankreich, Italien,<br />
Luxemburg, Österreich, Portugal sowie die Schweiz. Vgl. zum sog. Massgeblichkeitsgrundsatz<br />
u.a. Zweifel/Beusch (2006) 61 ff.; Marc Bauen (2004) 25 ff. und (1999) 108 ff.; ausführlich Roland<br />
Burkhalter (2003); Rolf Benz (1999); betreffend die Schweizer Aktiengesellschaft Bauen/Bernet/Rouiller<br />
(2007); Bauen/Bernet (2007); vgl. auch Holger Kahle (1997); Jürgen Kadel (2001).<br />
275 Vgl. Marvin A. Chirelstein (2005) 267 ff.; McDaniel/Ault/McMahon/Simmons (2004) 979 ff.; Bernd<br />
Haueisen (1990); Jürgen Kadel (2001); Xaver Ditz (2001) 22 ff.; Gerhard Vorwold (2002).<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
55<br />
142<br />
143
144<br />
145<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
der Einkünfteerzielung abgestellt, weshalb insbesondere im akademischen<br />
Unterricht diese Thematik nicht unter dem Titel <strong>des</strong> «tax accounting», sondern<br />
oft als «timing issues» behandelt wird.<br />
Für die Ermittlung der steuerbaren Vorgänge stehen den Steuersubjekten<br />
grundsätzlich zwei Methoden zur Auswahl, zwischen welchen unter Einhaltung<br />
gewisser Bedingungen gewechselt werden kann 276 . Es sind dies die<br />
Buchführung über die Einnahmen und Ausgaben, die sog. «cash method»,<br />
und der Vergleich <strong>des</strong> Betriebsvermögens, die sog. «accrual method» 277 . Neben<br />
diesen beiden Methoden werden noch weitere Arten der Gewinnermittlung<br />
zugelassen. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf die<br />
zwei genannten.<br />
<strong>1.</strong>4.2 Methoden der Gewinnermittlung<br />
<strong>1.</strong>4.2.1 Cash Method<br />
Die «cash method» wird in den Regulations definiert 278 . Kommt diese Methode<br />
zur Anwendung, werden alle effektiv erhaltenen Einnahmen, die als<br />
zugeflossen gelten, und alle effektiv getätigten Ausgaben in der Buchhaltung<br />
erfasst. Einnahmen werden als «zugeflossen» qualifiziert, wenn die<br />
korrespondierende Leistung <strong>des</strong> Gläubigers erbracht worden und die Zahlungsfähigkeit<br />
und Zahlungsbereitschaft <strong>des</strong> Schuldners gegeben ist, der<br />
steuerpflichtige Gläubiger aber den Einkommenszugang verhindert bzw.<br />
nicht anmahnt 279 . Das bestimmende Kriterium auf Seite der Einnahmen ist<br />
somit die tatsächliche und uneingeschränkte Verfügungsmacht <strong>des</strong> Steuerpflichtigen<br />
über seine Einkünfte. Die das Einkommen mindernden Ausgaben<br />
können im Moment der Zahlung geltend gemacht werden. Werden die<br />
Ausgaben für ein Wirtschaftsgut mit einer Nutzungsdauer von über einem<br />
Jahr aufgewandt, hat die Berücksichtigung <strong>des</strong> Aufwands durch jährliche<br />
Abschreibungsbeträge zu erfolgen 280 . Besonderen Einschränkungen unter-<br />
276 §§ 446(e) und 481 IRC. Vgl. auch § Treas. Reg. § <strong>1.</strong>481-2(a).<br />
277 § 446(c) und (d) IRC. Vgl. auch Ulrich Schreiber (2000) 49 ff.; Dejan Engel-Ciric (1998) 775 ff. mit<br />
vergleichenden Hinweisen.<br />
278 Die Treas. Reg. § <strong>1.</strong>446-1(c)(1)(i) sprechen von «cash receipts and disbursments method of accounting».<br />
Zur «cash method» vgl. Marvin A. Chirelstein (2005) 277 ff.; Bankman/Griffith/Pratt<br />
(2005) 161 ff.; McDaniel/Ault/McMahon/Simmons (2004) 986 ff.; Paul B. Stephan (1997) 113 ff.<br />
Vgl. auch IRS Publication 538 (2004).<br />
279 Treas. Reg. § <strong>1.</strong>451-2(a) gehen auf diese «doctrine of constructive receipt» ein.<br />
280 Treas. Reg. § <strong>1.</strong>461-1(a) legen einen Zeitraum von einem Jahr fest. Vgl. auch den Entscheid<br />
Zaninovich v. Commissioner, 616 F.2d 429 (1980), in dem von «useful life which extends substantially<br />
beyond the close of a taxable year» gesprochen wird.<br />
56<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
liegen Vorauszahlungen («prepaid expenses») von Werbekosten, die zur Steuerminderung<br />
vorgenommen worden sind 281 .<br />
Die Verwendung der «cash method» durch juristische Personen wurde vom<br />
<strong>US</strong> Congress eingeschränkt, weshalb sie vornehmlich noch von natürlichen<br />
Personen und dabei insbesondere von den freien Berufen und der Landwirtschaft<br />
angewandt wird. Im Kleingewerbe («small scale business») kommt<br />
diese Methode der Gewinnermittlung auch vor, doch wird sie nur zugelassen,<br />
wenn das steuerpflichtige Unternehmen über keine wesentliche Vorratshaltung<br />
verfügt 282 . Obwohl für Kapitalgesellschaften grundsätzlich die<br />
«accrual method» gilt 283 , können bestimmte Kapitalgesellschaften, welche im<br />
Dienstleistungsbereich tätig sind und besondere Voraussetzungen hinsichtlich<br />
ihrer Gesellschaftsstruktur und ihres Tätigkeitsbereichs erfüllen, nach<br />
der «cash method» Buch führen 284 .<br />
<strong>1.</strong>4.2.2 Accrual Method<br />
Die «accrual method» wird von den meisten Unternehmen angewandt und<br />
ist für C Corporations und nichtinkorporierte grössere Unternehmen wie<br />
Partnerships, welche eine Lagerhaltung führen, vom IRC vorgeschrieben 285 .<br />
Der Begriff der «accrual method» ist als Sammelbegriff zu verstehen, der verschiedene<br />
Methoden eines «Betriebsvermögensvergleichs» umfasst, die in<br />
den Regulations beschrieben werden 286 .<br />
Die steuerliche Gewinnermittlung der «accrual method» folgt grundsätzlich<br />
der Finanzbuchhaltung. Hierzu gibt es aber grundlegende Unterschiede,<br />
denn für das Steuerrecht muss die gewählte Methode das Einkommen klar<br />
wiedergeben 287 . Bei der «accrual method» sind die Erträge und die Aufwendungen<br />
allgemein dann zu erfassen, wenn alle Ereignisse, die sie nach Grund<br />
und Höhe bestimmen, mit angemessener Genauigkeit eingetreten sind 288 .<br />
Im Gegensatz zur «cash method» sind Erträge bereits dann zu erfassen, wenn<br />
sie verdient, fällig oder zugeflossen sind. Das zuerst eingetretene Ereignis ist<br />
281 Vgl. den Entscheid Grynberg v. Commissioner, 83 TC 255 (1984), der die sog. «Grynberg rule»<br />
entwickelte.<br />
282 § 448(b) IRC. Diese Bestimmung wurde mit dem Tax Reform Act of 1986 aufgenommen. Zu<br />
den steuerpolitischen Aspekten <strong>des</strong> «small business» vgl. Joel Slemrod (2004).<br />
283 § 448(a) IRC.<br />
284 § 448(d)(2) IRC.<br />
285 § 446(c) IRC.<br />
286 Treas. Reg. § <strong>1.</strong>446-1(c)(2)(i). Vgl. auch Marvin A. Chirelstein (2005) 285 ff.<br />
287 § 446(b) IRC spricht von «clearly reflect the income».<br />
288 Vgl. Treas. Reg. § <strong>1.</strong>451-1(a) zu den «items of income» und Treas. Reg. § <strong>1.</strong>451-1(a) zu den<br />
«items of expense». Vgl. dazu auch Marvin A. Chirelstein (2005) 286 ff., der vom «all events test»<br />
spricht.<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
57<br />
146<br />
147<br />
148<br />
149
150<br />
152<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
dabei entscheidend 289 . Aufwendungen sind demgegenüber steuerlich dann<br />
zu berücksichtigen, wenn alle die Verbindlichkeiten nach Grund und Höhe<br />
bestimmenden Ereignisse exakt eingetreten sind. Der Zeitpunkt <strong>des</strong> tatsächlichen<br />
Ab- bzw. Zuflusses ist nicht entscheidend. Diese Methode resultiert<br />
daher grundsätzlich in einer genauen Periodenzuteilung von Erträgen und<br />
Aufwendungen, welche lediglich durch Elemente der «cash method» bei der<br />
Erfassung von Erträgen eingeschränkt wird.<br />
Im Entscheid Knight-Ridder Newspaper v. United States aus dem Jahr 1984<br />
wurde der Unterschied der beiden Methoden zur steuerlichen Gewinnermittlung<br />
in folgende, klangvolle Worte gefasst:<br />
«The cash method – simple, plodding, elemental – stands firmly in the physical<br />
realm. It responds only through the physical senses, recognizing only the tangible<br />
flow of currency. Money is income when this raw beast actually feels the<br />
coins in its primal paw: expenditures are made only when the beast can see that<br />
it has given the coins away. The accrual method, however, moves in a more etheral,<br />
mystical realm. The visionary prophet, it recognizes the impact of the future<br />
on the present, and with grave foreboding or ecstatic anticipation, announces<br />
the world to be. When it becomes sure enough of its prophecies, it acutally conducts<br />
life as if the new age has already come to pass. Transactions producing<br />
income or deductions spring to life in the eyes of the seer though nary a dollar<br />
has moved.» 290<br />
<strong>1.</strong>4.3 Ergänzende Bemerkungen<br />
Unabhängig von der anwendbaren Methode verfügt der IRC über viele Sonderbestimmungen<br />
für besondere Situationen. So kann ein Steuerpflichtiger<br />
für gewisse Verkäufe aus dem bilanzierten Vermögen die Bestimmungen<br />
über Ratenzahlungen, die sog. «installment sale method», zur Anwendung<br />
bringen 291 . Bei dieser Sondermethode zur Erfassung von Gewinnen aus Verkäufen<br />
auf Ratenzahlungen muss min<strong>des</strong>tens eine Zahlung in einem anderen<br />
als dem Jahr <strong>des</strong> Verkaufs geleistet werden. Dabei wird der Gewinn nicht<br />
in vollem Umfang im Jahr <strong>des</strong> Verkaufs erfasst, sondern die Gewinnmarge<br />
(«gross profit margin») ermittelt und der hieraus errechnete anteilige Gewinn<br />
für die Steuern jeweils erst mit dem Zufluss der einzelnen Raten als realisiert<br />
angesehen. Diese Methode kommt insbesondere beim Verkauf von Liegen-<br />
289 Aus fiskalischer Sicht ist die «accrual method» attraktiver als die «cash method».<br />
290 Vgl. den Entscheid Knight-Ridder Newspaper v. United States, 743 F.2d 781 (1984).<br />
291 §§ 453, 453A und 453B IRC. Vgl. dazu Marvin A. Chirelstein (2005) 338 f.; John K. McNulty (1999)<br />
325 ff.; ausführlich McDaniel/Ault/McMahon/Simmons (2004) 1123 ff.; vgl. auch IRS Publication<br />
537 (2005).<br />
58<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
schaften und Wirtschaftsgütern, die nicht Vorratsvermögen darstellen, zur<br />
Anwendung. Dem Steuerpflichtigen steht aber immer das Wahlrecht zur<br />
vollen Besteuerung <strong>des</strong> Gewinns zu 292 .<br />
Im <strong>US</strong>-Steuerrecht gibt es zudem detaillierte Bestimmungen über den «Zeitwert<br />
<strong>des</strong> Gel<strong>des</strong>» («time value of money»). In ihrer Wirkung führen sie dazu,<br />
dass bei Transaktionen, an welchen auf der einen Seite ein Steuersubjekt<br />
mit einer «Cash-Method»-Buchhaltung und auf der anderen ein solches mit<br />
einer «Accrual-Method»-Buchhaltung steht, entweder das eine oder das andere<br />
Gewinnermittlungsprinzip zur Anwendung kommt. Die in der Praxis<br />
wichtigsten Bestimmungen sind dabei diejenigen über den Original Issue<br />
Discount (OID), welche im IRC und in den Regulations sehr ausführlich ausgestaltet<br />
sind 293 .<br />
Das Einkommen wird in <strong>US</strong>D berechnet, ebenso ist die Steuerschuld in <strong>US</strong>D<br />
zu begleichen. Letzteres gilt auch für nicht in den <strong>US</strong>A niedergelassene<br />
Ausländer, welche auf Einkommen besteuert werden, das aus <strong>US</strong>-Quellen<br />
stammt. Für Transaktionen in ausländischen Währungen («foreign currency<br />
transactions») gelten besondere Regeln, deren Anwendung im Einzelfall sehr<br />
komplex sein kann 294 .<br />
<strong>1.</strong>5 Verfahrensrecht<br />
<strong>1.</strong>5.1 Formelles Steuerrecht im Überblick<br />
<strong>1.</strong>5.<strong>1.</strong>1 Allgemeines<br />
Im Subtitle F unter dem Titel «Procedure and Administration» wird im IRC<br />
das gesamte formelle Steuerrecht geregelt: das Veranlagungsverfahren,<br />
die Steuerverwaltungsrechtspflege und das Steuerstrafrecht. Dazu zählen<br />
die Pflichten und Rechte <strong>des</strong> Steuerpflichtigen im Veranlagungsverfahren,<br />
die Erfüllung der Steuerschuld, die Rückerstattung von Steuern («refunds»),<br />
die Rechtsmittelverfahren auf Verwaltungs- und Gerichtsebene sowie die<br />
Steuerhinterziehung und der Steuerbetrug 295 . Für die meisten Steuerangelegenheiten<br />
gilt allgemein eine dreijährige Verjährungsfrist 296 . Eine sechs-<br />
292 § 453(d) IRC.<br />
293 §§ 1272–1275 IRC. Zum OID vgl. McDaniel/Ault/McMahon/Simmons (2004) 1149 ff.; vgl. auch<br />
IRS Publication 1212 (2005) mit einer Liste von «OID Instruments».<br />
294 §§ 985 ff. IRC. Vgl. dazu Bittker/Lokken (2005/2006) 74-2 ff.; McDaniel/Ault/Repetti (2005) 167 ff.;<br />
Richard L. Doernberg (2004) 387 ff.<br />
295 §§ 6001−7873 IRC. Zum formellen Steuerrecht vgl. McDaniel/Ault/McMahon/Simmons (2004)<br />
24 ff.; ausführlich Patricia T. Morgan (1999). Vgl. auch Aaron/Slemrod (2004).<br />
296 § 6501(a) IRC.<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
59<br />
153<br />
154<br />
155
156<br />
157<br />
158<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
jährige Frist kommt zum Zug, wenn grössere Steuerbeträge nicht deklariert<br />
worden sind, d.h. konkret, wenn der Steuerpflichtige mehr als 25% seines in<br />
der Steuererklärung («tax return») ausgewiesenen Bruttoeinkommens nicht<br />
ausgewiesen hat 297 . Keine Verjährung tritt ein bei der Nichteinreichung der<br />
Steuererklärung oder wenn dieselbe falsch bzw. in betrügerischer Absicht<br />
erstellt worden ist.<br />
Ein Begehren um Steuerrückerstattung kann der Steuerpflichtige während<br />
drei Jahren nach Einreichung der Steuererklärung oder zwei Jahren nach<br />
Bezahlung der Steuerschuld bei der zuständigen Behörde stellen 298 . Die Verjährungsfristen<br />
erhöhen sich für Rückerstattungsansprüche aufgrund fehlerhafter<br />
Anrechnungen nach den Bestimmungen über die Gutschriften für im<br />
Ausland bezahlte Steuern, dem Foreign Tax Credit (FTC) i.S.v. § 901 IRC, oder<br />
eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) auf zehn Jahre, beginnend<br />
mit der Abgabe der Steuererklärung 299 .<br />
Kommen die Steuerpflichtigen ihren Pflichten nicht nach, steht dem IRS eine<br />
Unzahl von Strafen für Steuerverkürzungen und -delikte zur Verfügung, welche<br />
sowohl zivilrechtlicher als auch strafrechtlicher Natur sein können. Mit<br />
Blick auf die geringe Zahl von Steuerrevisionen («audits») bei Steuererklärungen<br />
natürlicher Personen wird vermehrt auf die Wirkung zivilrechtlicher<br />
Strafen gesetzt, die nicht erst bei Steuerhinterziehung zur Anwendung kommen,<br />
sondern bereits bei substanziellen ungenügenden Angaben über die<br />
Steuerschuld seitens der Steuerpflichtigen und ihrer Steuerberater 300 .<br />
<strong>1.</strong>5.<strong>1.</strong>2 Organisation <strong>des</strong> Internal Revenue Service<br />
Der Internal Revenue Service (IRS) ist als Unterabteilung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>finanzministeriums,<br />
<strong>des</strong> <strong>US</strong> Treasury Department, in ein nationales Büro, ein Regionalbüro<br />
und in Bezirksbüros gegliedert 301 . Geleitet wird der IRS vom Commissioner<br />
of Internal Revenue, der vom Präsidenten mit Zustimmung <strong>des</strong> Senats<br />
297 § 6501(e) IRC.<br />
298 § 6511(a) IRC.<br />
299 § 6511(d)(3) IRC.<br />
300 §§ 6651−6724 IRC. Eine ungenügende Angabe einer Steuerschuld gilt als «substanziell»<br />
i.S.v. § 6662(b)(2) IRC, wenn der nicht deklarierte Betrag mehr als 10% <strong>des</strong>sen entspricht,<br />
was korrekterweise hätte ausgewiesen werden müssen. Die Strafe beträgt dabei 20% <strong>des</strong><br />
nicht deklarierten Betrags und kann nur verhindert werden, wenn der Steuerpflichtige den<br />
steuerpflichtigen Vorgang selbst deklarierte und nach Treu und Glauben davon ausgehen<br />
konnte, dass dieser keiner oder nur einer geringeren Steuer unterliegt.<br />
301 Der IRS verfügte im Jahr 2005 über etwa 100 000 Mitarbeiter und verwaltete ein Budget von<br />
10,2 Milliarden <strong>US</strong>D. Zur Organisation <strong>des</strong> IRS vgl. Kramer/Melton (1990) 93 ff. sowie www.irs.<br />
gov.<br />
60<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
ernannt wird 302 . Als Institution geht der IRS auf den Bürgerkrieg der Jahre<br />
1861 bis 1865 zurück 303 .<br />
Das National Office mit Sitz in Washington D.C. ist zuständig für den Erlass<br />
einheitlicher Regulations, deren Befolgung mittels einer internen Geschäftsprüfungs-<br />
und Sicherheitsabteilung gesichert wird. Für die Erarbeitung dieser<br />
Richtlinien ist die Rechtsabteilung («Chief Counsel») zuständig, welche<br />
auch der Koordinierung der Rechtsmittelverfahren am Bun<strong>des</strong>steuergericht<br />
(«Tax Court») dient und den untergeordneten lokalen Dienststellen <strong>des</strong> IRS<br />
Rechtsberatung gewährt. Der Chief Counsel erteilt auch die Private Letter Rulings<br />
304 . Das Justizdepartement vertritt demgegenüber die <strong>Steuerrechts</strong>fälle<br />
vor sämtlichen übrigen Gerichten. Auf nationaler Ebene ist das Büro <strong>des</strong> Assistant<br />
Commissioner International von besonderer Bedeutung, da sich dieses<br />
mit Fragen <strong>des</strong> internationalen <strong>Steuerrechts</strong> beschäftigt. Dieses Büro unterhält<br />
zahlreiche Auslandvertretungen, deren Hauptaufgaben die Verhandlung<br />
neuer Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) und die Durchführung<br />
<strong>des</strong> Auskunfts- und Verständigungsverfahrens sind 305 .<br />
Des Weiteren ist der IRS auf sieben Regionen verteilt, die für jeweils mehrere<br />
Bun<strong>des</strong>staaten zuständig sind 306 . Im Veranlagungsverfahren sind die<br />
Steuerpflichtigen mit den über 400 lokalen Büros konfrontiert, welche neben<br />
der Veranlagung, der Steuereintreibung und der Steuerfahndung in den<br />
Taxpayer Service Divisions Steuerberatungen zur Verfügung stellen. Die Erfassung<br />
der Steuererklärungen werden überwiegend von einem der zehn<br />
Verarbeitungszentren erledigt 307 .<br />
<strong>1.</strong>5.2 Verfahrensgrundsätze<br />
<strong>1.</strong>5.2.1 Selbstveranlagung<br />
Steuerlich relevante Tatsachen, wie die Steuerbarkeit von Einkünften oder<br />
die Abzugsfähigkeit von Ausgaben, müssen von den natürlichen und juris-<br />
302 § 7802 IRC.<br />
303 Das dem Vorsokratiker Heraklit von Ephesos (544−488 v.Chr.) zugesprochene Wort, dass «der<br />
Krieg Vater aller Dinge» sei (altgriechisch «Π�λεµος π�ντων µ�ν πατ�ρ �στ�»), scheint sich hier<br />
– wieder einmal – zu bewahrheiten. Zur Philosphie <strong>des</strong> Heraklit vgl. insbesondere Bertrand<br />
Russel, History of Western Philosphy, <strong>1.</strong> Aufl. 1946, Neuausgabe, London 2004.<br />
304 Zum Rechtsschutz durch Rulings vgl. u.a. Harry Shannon (1986).<br />
305 Im Ausland verfügen die <strong>US</strong>-Botschaften bzw. Konsulate in Berlin, London, Paris und Puerto<br />
Rico über eigene IRS-Büros, welche auch Auskünfte erteilen (vgl. www.irs.gov).<br />
306 Alaska, Hawaii, Idaho, Kalifornien, Nevada, Oregon und Washington bilden z.B. die Western<br />
Region.<br />
307 Diese Zentren sind die grössten Datenverarbeitungszentren der Welt. Im Jahr 2000 verarbeiteten<br />
sie etwa 225 Mio. Steuererklärungen. Die durchschnittlichen Verwaltungskosten <strong>des</strong><br />
IRS betragen 0,39 <strong>US</strong>D pro veranlagte 100 <strong>US</strong>D. Vgl. dazu www.irs.gov.<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
61<br />
159<br />
160<br />
161
162<br />
163<br />
164<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
tischen Steuersubjekten selbst beurteilt werden. Dasselbe gilt für die Berechnung<br />
allfällig geschuldeter Einkommens- bzw. Unternehmenssteuern.<br />
Wirken Dritte bei der Erstellung der Steuererklärung mit, haben diese gemeinsam<br />
mit den Steuerpflichtigen zu unterschreiben. Abgabetermin der<br />
Steuererklärung für natürliche Personen ist der 15. April jeden Jahres 308 . Eine<br />
Fristverlängerung von bis zu sechs Monaten ist möglich; diese schiebt die<br />
Fälligkeit einer allfälligen Abschlusszahlung jedoch nicht auf 309 .<br />
Im Veranlagungsverfahren ist jeder Steuerpflichtige zur Angabe seiner Steuernummer<br />
verpflichtet. Es handelt sich um die – allgegenwärtige – neunstellige<br />
Sozialversicherungsnummer, die Social Security Number (SSN), die für die<br />
ganze <strong>US</strong>A zentral vergeben wird. Derart wird die Verarbeitung der Steuererklärungen<br />
sowie die Auswertung der vielen Meldeformulare ermöglicht 310 .<br />
<strong>1.</strong>5.2.2 Steuerzahlungen<br />
Grundsätzlich müssen natürliche Personen jeweils am 15. eines jeden Quartalbeginns<br />
eine Vorauszahlung für die Steuern und die Sozialversicherungsbeiträge<br />
leisten 311 . Ausstehende Steuern sind zu verzinsen, wie auch Steuerguthaben<br />
von der Regierung verzinst werden 312 ; Letztere jedoch zu einem<br />
tieferen Zinssatz 313 . Sind Steuerzahlungen ausstehend, kommt es nebst den<br />
Zinsfolgen auch zu Strafzuschlägen («penalties»), die für unzählige Übertretungen<br />
und Vergehen erhoben werden 314 .<br />
<strong>1.</strong>5.2.3 Meldepflichten<br />
<strong>1.</strong>5.2.3.1 Veräusserung und Erwerb von Liegenschaften<br />
Jede Handänderung eines in den <strong>US</strong>A gelegenen Grundstücks muss dem IRS<br />
unter Angabe <strong>des</strong> Verkaufspreises sowie der Namen, Adressen und Steuernummern<br />
der Vertragsparteien gemeldet werden. Diese Meldepflicht obliegt<br />
dem Errichter <strong>des</strong> Vertrags, d.h. oftmals dem beteiligten Rechtsberater, oder<br />
einer anderen mit der Durchführung <strong>des</strong> Vertrags beauftragten Person 315 .<br />
308 § 6072(a) IRC.<br />
309 § 6081(a) i.V.m. § 6151(a) IRC. Zu den Verspätungszuschlägen vgl. § 6651(a) IRC.<br />
310 Zu den Meldeformularen vgl. § 6109 IRC sowie www.irs.gov/plain/forms.<br />
311 Nach § 6654 IRC müssen diese Vorauszahlungen min<strong>des</strong>tens 90% der geschuldeten Steuer<br />
oder 100% der Steuer <strong>des</strong> Vorjahres betragen, andernfalls werden dem Steuersubjekt Verspätungszuschläge<br />
auferlegt.<br />
312 Vgl. die §§ 6621(a) und 6659−6661 IRC.<br />
313 Vgl. zu dieser normierten Ungleichbehandlung § 6621(a)(1) IRC.<br />
314 §§ 6653(a) und (b) sowie 6676(a), (b) und (c) IRC.<br />
315 § 6039 C IRC. Vgl. auch IRS Publication 523 (2005) und IRS Publication 544 (2005).<br />
62<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>1.</strong>5.2.3.2 Ausweis- und Einwanderungswesen<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
Wird ein Antrag auf Ausstellung oder Verlängerung eines Reisepasses durch<br />
<strong>US</strong>-Bürger oder ein Visum zur Einwanderung in die <strong>US</strong>A durch Ausländer<br />
(«green card») gestellt, müssen die Steuernummer und der ausländische<br />
Wohnsitz angegeben werden. Auch Zusatzinformationen zur Klärung der<br />
Frage, ob je eine <strong>US</strong>-Steuererklärung eingereicht worden oder einzureichen<br />
ist, sind von den zuständigen Behörden einzuholen und dem IRS mitzuteilen<br />
316 .<br />
<strong>1.</strong>5.2.3.3 Sonstige Meldungen<br />
Zur Kontrolle der Selbstveranlagungen enthält der IRC eine Vielzahl von Meldepflichten,<br />
denen auf unzähligen «information returns» nachzukommen<br />
ist 317 . Diese werden von den Datenverarbeitungszentren erfasst und ermöglichen<br />
der Steuerfahndung Quervergleiche, welche auf Unregelmässigkeiten<br />
hinweisen können. Arbeitgeber haben Lohn- bzw. Gehaltszahlungen an jeden<br />
Mitarbeiter mit gleichzeitiger Bestätigung <strong>des</strong> Abzugs der Lohnsteuer<br />
und der Sozialversicherungsbeiträge auf dem Formular W-2 zu melden 318 .<br />
Das Gleiche gilt für Makler, die Verkäufe von Aktien, Anleihen, Schuldverschreibungen<br />
und Abschlüsse von Warentermingeschäften mittels <strong>des</strong> Formulars<br />
1099-B dem IRS mitzuteilen haben 319 , sowie für Gesellschaften, die<br />
10 <strong>US</strong>D oder mehr an einen Empfänger pro Jahr in Form von Dividenden,<br />
Veräusserungsgewinnen oder Gratisaktien ausschütten und dies mit dem<br />
Formular 1099-DIV melden müssen 320 . Der IRS ist auch über Zahlungen durch<br />
Behörden von 10 <strong>US</strong>D oder mehr pro Empfänger pro Jahr für Arbeitslosenunterstützung,<br />
Rückerstattung von Staats- und Gemein<strong>des</strong>teuern usw. mit<br />
dem Formular 1099-G zu informieren 321 .<br />
Neben diesen Meldepflichten müssen auch sämtliche Zinszahlungen von<br />
10 <strong>US</strong>D oder mehr pro Empfänger und Jahr auf dem Formular 1099-INT<br />
316 Zu den Visatypen <strong>des</strong> <strong>US</strong>-Einwanderungsrechts und ihren steuerrechtlichen Implikationen vgl.<br />
u.a. Schnittker/Syfert (2001) 518 ff. Vgl. auch IRS Publication 513 (11/2005) und IRS Publication<br />
519 (2005).<br />
317 In Ergänzung dazu unterhält der IRS eine rund um die Uhr zugängliche, gebührenfreie Hotline<br />
For Tax Fraud für anonyme Steueranzeigen. Im Jahr 2004 wurde diese Hotline von 294 000<br />
Personen kontaktiert. Nach § 7623 IRC kann für solche Anzeigen eine Belohnung im Umfang<br />
von 15% <strong>des</strong> aufgrund der Steueranzeige nachträglich veranlagten Steuerbetrages entrichtet<br />
werden – die Belohnung ist jedoch auf 10 Mio. <strong>US</strong>D begrenzt. Vgl. dazu auch IRS Publication<br />
733 (10/2004). Anzumerken ist, dass es zumin<strong>des</strong>t auch eine rund um die Uhr zugängliche,<br />
gebührenfreie IRS Problem Resolution Hotline gibt.<br />
318 § 6051(a) IRC. Vgl. zu den offiziellen Steuerformularen www.irs.gov/plain/forms.<br />
319 § 6045 IRC.<br />
320 § 6042(a) IRC.<br />
321 §§ 6050 B und 6050 E IRC.<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
63<br />
165<br />
166<br />
167
168<br />
169<br />
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
gemeldet werden 322 . Dies gilt auch für Zahlungen von 600 <strong>US</strong>D pro Empfänger<br />
und Jahr für Dienstleistungen, wenn dieser in keinem Angestelltenverhältnis<br />
steht. Die Pflicht zur Meldung wird dabei mittels Formular 1099-<br />
MISC erfüllt 323 . Zudem wurde im Rahmen der Bekämpfung internationaler<br />
Kriminalität, wie Drogenhandel und Geldwäscherei, eine Meldepflicht für<br />
den Empfang von 10 000 <strong>US</strong>D oder mehr mit dem Formular 8300 im IRC verankert<br />
324 .<br />
<strong>1.</strong>5.3 Steuerstrafrecht<br />
Die für die einzelnen Steuerbezirke zuständigen Abteilungen <strong>des</strong> IRS verfügen<br />
jeweils über eine eigene Einheit zur Steuerfahndung («criminal investigation<br />
division»), die mit der Ermittlung von Steuerstraftaten betraut ist. Kommt<br />
die Steuerfahndung zum Ergebnis, dass ein Straftatbestand vorliegt, überweist<br />
sie den Fall mit entsprechenden Strafanträgen und Erläuterungen an<br />
das Justizdepartement. Reichen die Beweise nicht zu einer Strafverfolgung<br />
aus bzw. wird die Gesetzesverletzung nur als geringfügig bezeichnet, kann<br />
der IRS die Verhängung von Geldstrafen bzw. Steuerzuschlägen («penalties»)<br />
von bis zu 50% der Steuern vorschlagen 325 .<br />
In den <strong>US</strong>A ist die Steuerfahndung ausschliesslich mit der Strafverfolgung<br />
befasst. Die Festsetzung der Nach- und Strafsteuern wird dabei Prüfungsabteilungen<br />
(«examination divisions») überlassen. Wird eine Zusammenarbeit<br />
dieser Abteilungen notwendig, übernimmt die Steuerfahndung die Führung.<br />
Als Steuerdelikte sind insbesondere folgende Tatbestände zu betrachten:<br />
Steuerhinterziehung und -betrug («tax evasion and tax fraud») haben die<br />
höchste Strafandrohung zur Folge und stellen <strong>des</strong>halb aus rechtsstaatlicher<br />
Sicht strenge Anforderungen an die anklagende Behörde. Von der Zentralnorm<br />
<strong>des</strong> Steuerstrafrechts <strong>des</strong> § 7201 IRC wird nicht nur die Nichtangabe<br />
steuerbarer Einkommenstatbestände bzw. steuerbaren Einkommens, sondern<br />
auch die Verschleierung der Vermögenslage im Veranlagungsverfahren<br />
unter Strafe gestellt 326 .<br />
322 § 6049 IRC.<br />
323 § 6041A IRC.<br />
324 § 6051 IRC. Vgl. dazu auch IRS Publication 1544 (2003). Allgemein wurden die Meldepflichten<br />
durch den American Jobs Creation Act of 2004 verschärft.<br />
325 Vgl. zu diesen «penalties» auch die §§ 6653(a) und (b) sowie 6676(a) und (b) IRC.<br />
326 Im Entscheid Spies v. United States, 317 U.S. 492 (1943), wird § 7201 IRC bezeichnet als «capstone<br />
of a system of sanctions which singly or in combination were calculated to induce prompt and<br />
forthright fulfillment of every duty under the income tax law and to provide a penalty suitable<br />
to every degree of delinquency». Die Vorgaben der Rechtsprechung wurden in einer internen<br />
Weisung <strong>des</strong> IRS (IRM 4231 § 940) umgesetzt: «[...] keeping a double set of books, making false<br />
entries or alterations, or false invoices or documents, <strong>des</strong>truction of books or records, concealments<br />
64<br />
© Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
Marc Bauen, 2. Auflage
<strong>Grundprinzipien</strong> <strong>des</strong> <strong>US</strong>-<strong>Steuerrechts</strong><br />
Betreffend die subjektiven Elemente der Steuerstraftatbestände wird auf ein<br />
vom IRS vorgegebenes typisiertes Sachverhaltsmuster («badges of fraud»)<br />
abgestellt: (i) Nichtabgabe der Steuererklärung und Nichtbezahlung veranlagter<br />
und geschuldeter Steuern sowie die Verletzung von Aufbewahrungs-,<br />
Offenlegungs- und sonstigen Informationspflichten, als subjektives Tatbestandselement<br />
wird jeweils Vorsatz («willfullness») verlangt 327 ; (ii) Unterlassung<br />
<strong>des</strong> Abzugs oder der Abführung von Quellensteuern und betrügerische<br />
Angaben im Zusammenhang mit denselben 328 ; (iii) vorsätzlich gemachte<br />
falsche Angaben («false statements») sowie Beteiligung an denselben 329 .<br />
Ein Steuerberater, der vorsätzlich falsche Angaben im Veranlagungsverfahren<br />
macht, kann nach beiden vorgängig erwähnten Tatbeständen bestraft<br />
werden 330 .<br />
Für diese Steuerdelikte gilt eine Verjährungsfrist von sechs Jahren. Der Lauf<br />
der Fristen beginnt mit dem Tatzeitpunkt, der grundsätzlich mit der Einreichung<br />
der Steuererklärung gegeben ist 331 .<br />
Im nachfolgenden Kapitel werden die grundlegenden Prinzipien <strong>des</strong> <strong>US</strong>amerikanischen<br />
internationalen <strong>Steuerrechts</strong> dargelegt. Dabei ist insbesondere<br />
der Unterschied in der Besteuerung von <strong>US</strong>-Bürgern («<strong>US</strong> citizens») und<br />
in den <strong>US</strong>A niedergelassenen Ausländern («resident aliens») gegenüber der<br />
steuerlichen Behandlung von ausländischen natürlichen und juristischen<br />
Personen («nonresident aliens and foreign corporations»), die steuerlich relevante<br />
Beziehungen zu den <strong>US</strong>A unterhalten, im Überblick aufzuzeigen.<br />
of assets or coverings up sources of income, handling of one’s affairs to avoid making the records<br />
usual in transactions of the kind, and any conduct, the likely effect of which would be to mislead<br />
or conceal».<br />
327 § 7203 IRC spricht von «willful failure to file return, supply information or pay tax». Vgl. in diesem<br />
Zusammenhang auch § 7202 IRC.<br />
328 Vgl. die §§ 7304 und 7205 IRC.<br />
329 § 7206(1) und (2) IRC.<br />
330 Es gilt diesbezüglich Idealkonkurrenz.<br />
331 Zur Verjährung vgl. § 6531 IRC («Statute of Limitations»).<br />
Marc Bauen, 2. Auflage © Schulthess Juristische Medien AG, Zürich<br />
65<br />
170<br />
171<br />
172<br />
173