14.10.2013 Aufrufe

Melville - Dark Fantasy Roman

- Zweite, überarbeitete Version (September 2013) - Ein Buch über die Welt eines Mannes, dessen Karriere ganz anders verlief, als er sich erhofft hatte. Ein Vampirroman für Erwachsene, schonungslos, finster und seelisch tiefblickend. Erleben Sie Melvilles so ungewöhnliche Geschichte und tauchen Sie ein in die Verstrickungen von Macht, Verrat und Intrigen. "Ohne Rücksicht tauchen meine Zähne in ihren Hals. Sie schreit nicht, sie wehrt sich nicht. Freudige Erregung in ihrem Seufzen. Es ist immer dasselbe verführerische Szenario. Eine Fremde. Ich kenne ihre Geschichte und ihre Pläne nicht, selbst wenn, wäre es mir egal. Ich nehme ihr, was sie mir niemals freiwillig geben würde und dennoch scheint sie dankbar. Eine trügerische, durch Hormone und übernatürlichen Willen erschaffene Illusion. Sie entgleitet meinen Armen, irgendwo zwischen Leben und Tod, irgendwo zwischen Zivilisation und Rinnstein. Ich mache einen großen Schritt über sie hinweg, richte meine Krawatte und trete zurück unter die anderen blinden Menschen. Ein Wolf im Schafspelz. Mit einem letzten Fingerwisch entferne ich die roten Reste dieser Frau aus meinen Mundwinkeln. Ein Raubtier ... oh ja, ein Raubtier. Ich liebe es."

- Zweite, überarbeitete Version (September 2013) -

Ein Buch über die Welt eines Mannes, dessen Karriere ganz anders verlief, als er sich erhofft hatte. Ein Vampirroman für Erwachsene, schonungslos, finster und seelisch tiefblickend. Erleben Sie Melvilles so ungewöhnliche Geschichte und tauchen Sie ein in die Verstrickungen von Macht, Verrat und Intrigen.

"Ohne Rücksicht tauchen meine Zähne in ihren Hals. Sie schreit nicht, sie wehrt sich nicht. Freudige Erregung in ihrem Seufzen. Es ist immer dasselbe verführerische Szenario. Eine Fremde. Ich kenne ihre Geschichte und ihre Pläne nicht, selbst wenn, wäre es mir egal. Ich nehme ihr, was sie mir niemals freiwillig geben würde und dennoch scheint sie dankbar. Eine trügerische, durch Hormone und übernatürlichen Willen erschaffene Illusion. Sie entgleitet meinen Armen, irgendwo zwischen Leben und Tod, irgendwo zwischen Zivilisation und Rinnstein. Ich mache einen großen Schritt über sie hinweg, richte meine Krawatte und trete zurück unter die anderen blinden Menschen. Ein Wolf im Schafspelz. Mit einem letzten Fingerwisch entferne ich die roten Reste dieser Frau aus meinen Mundwinkeln.
Ein Raubtier ... oh ja, ein Raubtier.
Ich liebe es."

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„Sagen wir es so, auf meinem Nachttisch hatte ich die Erstausgabe von Wells ‚Die<br />

Zeitmaschine‘ liegen.“<br />

Ich sehe ihn an, nicht ganz sicher, um welches Jahrzehnt es sich handeln könnte. Es muss<br />

Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts gewesen sein, als dieser <strong>Roman</strong> veröffentlicht wurde.<br />

Damit könnte Benedict an die hundertfünfzig Jahre alt sein. Ist das jetzt viel für einen Vampir?<br />

Ich weiß es nicht.<br />

„Wie alt werden wir Kainiten im Schnitt denn?“, frage ich deshalb vorsichtig nach.<br />

„Wenn kriegerische Zeiten herrschen, sind es bedeutend weniger hohe Zahlen, <strong>Melville</strong>. Aber<br />

wenn es friedlich ist, sind durchaus mehrere hundert Jahre möglich. Mein Erzeuger, zum<br />

Beispiel, war bereits über vierhundert Jahre alt, als er sich mir offenbarte. Es ist weniger die<br />

Frage, ob dein Körper es verkraftet, denn das tut er, sondern mehr, ob deine Psyche stabil<br />

bleibt. So alt zu werden birgt Gefahren, die sich zu Beginn nicht abschätzen lassen.“<br />

Seine Aussage beruhigt und verunsichert mich zugleich. Über vierhundert Jahre, ich bin noch<br />

nicht einmal vierzig.<br />

Langsam flanieren wir über den Leicester Square und ich beobachte die Menschen<br />

aufmerksam. Obwohl ich mich vorher nie für sie interessiert habe, empfinde ich nun eine<br />

gewisse distanzierte Faszination für sie. Wie sie aufgeregt mit ihren Fotoapparaten die<br />

Handabdrücke der Stars auf dem Platz für spätere Erinnerungen festhalten. Festhalten, um<br />

nicht zu vergessen, bis der Tod sie dahinrafft und die nach ihnen Lebenden diese Dokumente<br />

desinteressiert entsorgen. Doch dann werde ich noch leben, jung sein und ein Teil des Pulses<br />

der zukünftigen Zeit. Und es sind diese Gedanken, die mich erhabenen Schrittes an den<br />

Kinobesuchern und nicht abklingenden Strom an neuen Menschen aus den U-Bahnhöfen und<br />

Restaurants vorbeigehen lassen. Dieser philosophische Moment in mir lenkt mich zwar auch ein<br />

wenig von meiner jetzigen Aufgabe ab, aber zu meiner Überraschung habe ich eh direkt<br />

festgestellt, dass gleich einige für mich als Beute in Frage kommen würden. Die Gemeinsamkeit<br />

dieser Auserwählten ist mir nur noch nicht ganz bewusst. Doch ich will Benedict nicht darüber<br />

informieren, bis ich nicht jemanden entdecke, der außergewöhnlich intensiv mein Tier in mir<br />

herausfordert und mir quasi das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt.<br />

Wir können unter ihnen wandeln, ohne dass sie begreifen, wer wir eigentlich sind. Wir beide<br />

schweigen und ich habe das Gefühl, dass Benedict ein wenig in alten Erinnerungen schwelgt.<br />

Sein Blick gilt weniger den Menschen, viel eher den Gebäuden, die an den Platz grenzen. Öfters<br />

richtet sich sein Blick nach oben, zu den Fassaden und dunklen Fenstern, die stillgelegten<br />

Bereiche, abseits des nächtlichen Trubels auf den Straßen.<br />

Und dann entdecke ich sie. Sie ist wunderschön, porzellangleiche Haut, zarte Rosélippen, lange<br />

Beine, die sie sicher auf eine Körpergröße von über einen Meter siebzig heben. Ihr graziler<br />

Gang, während sie eilig an uns vorbeigeht und angeregt durch ihr Mobiltelefon mit jemandem<br />

spricht. Für mich fließt ihre Erscheinung eher vorbei. Obwohl es nur einige Sekundenbruchteile<br />

sind, stürze ich mich innerlich bereits auf sie. Benedict bemerkt meine plötzliche Drehung in ihre<br />

Richtung und greift nach meinem Arm.<br />

„Halt!“, spricht er mir leise, aber sehr bestimmt in das Ohr.<br />

„Ist sie es? Die brünette Frau am Telefon?“<br />

„Ja ...“, hauche ich nur tonlos zurück. Mein Blick immer noch permanent auf ihr liegend fixiere<br />

ich ihren mir zugewandten und sich fatalerweise langsam entfernenden Rücken.<br />

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