2011 Jahresbrief von Bill Gates - Bill & Melinda Gates Foundation
2011 Jahresbrief von Bill Gates - Bill & Melinda Gates Foundation
2011 Jahresbrief von Bill Gates - Bill & Melinda Gates Foundation
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<strong>Jahresbrief</strong> <strong>von</strong> <strong>Bill</strong> <strong>Gates</strong>
Säugling bei der Impfung im Kreiskrankenhaus (Dowa, Malawi, 2010).<br />
2
<strong>2011</strong><br />
<strong>Jahresbrief</strong> <strong>von</strong> <strong>Bill</strong> <strong>Gates</strong><br />
Während ich an meinem dritten jährlichen Rundschreiben arbeite, stehen Regierungen auf der ganzen Welt<br />
vor der schweren Entscheidung, wo sie den Rotstift ansetzen sollen. Obwohl Entwicklungshilfe weniger als<br />
ein Prozent des Gesamthaushaltes der Regierungen ausmacht, soll gerade dort gekürzt werden. Dadurch sind<br />
Hilfsmaßnahmen im Gesundheitswesen und in der Landwirtschaft, die arme Länder auf den Weg zur wirtschaftlichen<br />
Unabhängigkeit bringen können, gefährdet.<br />
Die Ärmsten der Welt werden im Gegensatz zu anderen Interessengruppen keine Regierungstreffen besuchen, um sie <strong>von</strong><br />
ihrem Anliegen zu überzeugen. Daher möchte ich mich für sie einsetzen, indem ich über Fortschritte berichte und über das<br />
Potenzial, das ich in Schlüsselbereichen wie dem Gesundheitswesen und der Entwicklung sehe. Vielleicht ist es paradox,<br />
dass jemand, der so viel Glück hatte, über die Notlage derjenigen berichtet, denen es nicht so geht.<br />
Ich glaube, dass es im Sinne des aufgeklärten Eigeninteresses der reichen Welt ist, weiterhin in Entwicklungshilfe zu<br />
investieren. Wenn Gesellschaften ihren Mitgliedern keine grundlegende gesundheitliche Versorgung und weder ausreichend<br />
Nahrung noch Bildung garantieren können, dann kommt es zu Bevölkerungswachstum und Problemen, und die Welt<br />
verliert an Stabilität.<br />
Egal, ob Sie es für Ihre moralische Pflicht halten oder an ein aufgeklärtes Eigeninteresse der reichen Nationen glauben: Für<br />
jeden die Bedingungen zu schaffen, um einer Zukunft in Gesundheit und Wohlstand entgegenzusehen, ist ein Ziel, <strong>von</strong> dem<br />
ich glaube, dass wir es alle anstreben.<br />
Viele haben keine genaue Vorstellung da<strong>von</strong>, was Entwicklungshilfe tatsächlich bewirkt. Das ist nicht verwunderlich,<br />
denn Entwicklungshilfe wird auf vielen verschiedenen Gebieten geleistet. Außerdem wurde in der Vergangenheit oft Hilfe<br />
geleistet, um Verbündete zu kaufen, ohne dabei besonders auf die Auswirkungen zu achten. Heute jedoch kommt ein<br />
Großteil der Entwicklungshilfe äußerst effektiven Programmen zugute, die das Leben der Menschen sowohl kurz- als auch<br />
langfristig verbessern.<br />
Unabhängig <strong>von</strong> drohenden Hilfsmittelkürzungen bin ich angesichts des Mutes unserer führenden Politiker doch<br />
optimistisch, Wege zu finden, das Wohl der Armen zur Priorität zu machen. Unter der Führung <strong>von</strong> David Cameron hat<br />
Großbritannien ein großartiges Beispiel gegeben, indem es sein Wort gehalten und seine Ausgaben für Entwicklungshilfe<br />
trotz notwendiger Ausgabenkürzungen erhöht hat. Es ist inspirierend zu erleben, wie ein Spitzenpolitiker für etwas eintritt,<br />
an das er glaubt, auch wenn das nicht einfach ist.<br />
Rückgang in Ländern mit anhaltender Übertragung <strong>von</strong> Polio, 1988 - 2010<br />
125<br />
Länder im 4Länder im<br />
Jahr<br />
Jahr<br />
1988 2010<br />
Afghanistan<br />
Indien<br />
Nigeria<br />
Pakistan<br />
3<br />
Ein an Polio erkranktes Kind liest ein Comicbuch, das<br />
am Rand einer Eisernen Lunge befestigt ist (ca. 1955).
Geschätzte Anzahl <strong>von</strong> Poliofällen pro Jahr<br />
350,000<br />
300,000<br />
250,000<br />
200,000<br />
150,000<br />
100,000<br />
50,000<br />
3,500<br />
3,000<br />
2,500<br />
2,000<br />
1,500<br />
1,000<br />
500<br />
0<br />
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010<br />
0<br />
1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010<br />
Quelle: Weltgesundheitsorganisation/Polio-Datenbestand<br />
Überfüllte Poliokrankenstation im Hynes Memorial Hospital (Boston, 1955).<br />
4
Der Kampf Gegen Kinderlähmung<br />
<strong>2011</strong><br />
<strong>Jahresbrief</strong> <strong>von</strong> <strong>Bill</strong> <strong>Gates</strong><br />
Die Hilfe für die Ärmsten der Welt hat schon viel bewirkt. Wir stehen beispielsweise dank der Großzügigkeit unserer<br />
Spender kurz davor, die Kinderlähmung endgültig zu besiegen.<br />
Die Kinderlähmung ist eine furchtbare Krankheit, die oft tödlich endet und viele andere gelähmt zurückbleiben lässt.<br />
Vor fünfzig Jahren war sie auf der ganzen Welt weit verbreitet. Wenn man in den USA mit jemandem redet, der sich<br />
an die Kinderlähmung erinnert, erzählt er <strong>von</strong> der Angst und der Panik während der Epidemien und <strong>von</strong> trostlosen<br />
Krankenstationen mit Kindern, deren Atmung in Eisernen Lungen unterstützt werden musste. 1952, auf dem Höhepunkt<br />
der Epidemien in den Vereinigten Staaten, wurden mehr als 24.000 Menschen durch Kinderlähmung gelähmt oder starben.<br />
Dank des konsequenten Einsatzes <strong>von</strong> Polio-Impfungen, wurde die Kinderlähmung in den USA und in den meisten<br />
entwickelten Ländern der Welt vor Jahrzehnten eliminiert. In den reichen Ländern ist man im Allgemeinen da<strong>von</strong> überzeugt,<br />
dass Polio längst besiegt ist und keine Kinder mehr deswegen sterben oder gelähmt zurückbleiben. Aber in vielen Gegenden<br />
der Welt ist sie immer noch eine reale Bedrohung.<br />
1988 setzte sich die Weltgemeinschaft das Ziel, die Kinderlähmung ein für alle Mal zu besiegen. Zu diesem Zeitpunkt starben<br />
weltweit 350.000 Kinder jährlich an dieser Krankheit oder wurden durch sie gelähmt. Seitdem hatten Impfprogramme<br />
zunehmend Erfolg und die Anzahl <strong>von</strong> Erkrankungen ist im letzten Jahr um 99 Prozent auf weniger als 1.500 zurückgegangen.<br />
Inzwischen gibt es nur noch vier Länder, in denen Polio-Infektionen nie ganz eliminiert wurden: Indien, Nigeria, Pakistan<br />
und Afghanistan.<br />
Das ist ein unglaublicher Fortschritt, aber das letzte eine Prozent stellt eine wirkliche Bedrohung dar. Die Ausrottung ist<br />
nicht garantiert. Dafür sind Impfprogramme nötig, um alle Kinder unter 5 Jahren in den armen Ländern zu immunisieren.<br />
Die Kosten betragen fast $1 Milliarde pro Jahr. Wir müssen diese Programme mit allen Mitteln fördern, bis wir auch das<br />
letzte Prozent ausgemerzt haben.<br />
Daher ist die Finanzierung <strong>von</strong> äußerster Wichtigkeit. Organisationen wie Rotary International und die Regierungen <strong>von</strong><br />
Indien, den USA, Großbritannien und Japan sind alle bedeutende Geldgeber für das Polio-Programm. Unsere Stiftung<br />
spendet etwa $200 Millionen im Jahr. Aber dem Programm fehlen immer noch $720 Millionen für <strong>2011</strong>/2012. Es wäre<br />
tragisch, wenn die Ausrottung <strong>von</strong> Polio an der mangelnden Großzügigkeit der Spenderländer scheitern würde. Wir<br />
sind so nah dran, aber wir haben den entscheidenden letzten Schritt noch nicht geschafft. Wir müssen diese Fälle auf<br />
Null reduzieren, sorgfältig kontrollieren, ob das Virus auch wirklich ausgemerzt wurde, und uns inzwischen mithilfe <strong>von</strong><br />
Impfprogrammen absichern, bis der Erfolg endgültig nachweisbar ist.<br />
Warum ist es so wichtig, die Kinderlähmung zu besiegen? Ihre Ausrottung hat drei wichtige<br />
Vorteile.<br />
Zum einen bedeutet die Ausrottung der Kinderlähmung, dass in Zukunft kein Kind mehr<br />
an dieser Krankheit stirbt oder dadurch gelähmt wird. Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass die<br />
Fortschritte, die wir in den letzten zwei Jahrzehnten erreicht haben, zunichtegemacht werden können,<br />
wenn wir die Krankheit nicht vollkommen ausmerzen. Die Krankheit wird nicht auf ihrem jetzigen<br />
niedrigen Stand bleiben. Wenn wir sie nicht ausmerzen, wird sie sich wieder in den Ländern verbreiten,<br />
in denen sie bereits eliminiert war, und Kinder töten und lähmen, die bisher sicher vor ihr waren. Nur eine vollständige<br />
Ausrottung kann allen Kindern Sicherheit geben.<br />
Zweitens werden die Mittel, die wir durch die Ausrottung <strong>von</strong> Polio einsparen, bei Weitem die übertreffen, die wir jetzt<br />
für die Eliminierung der Kinderlähmung aufbringen. Der Langzeiteffekt der letzten zwei Milliarden Dollar, die jetzt in<br />
die Ausrottung investiert werden, wird mit Sicherheit herausragend sein. Eine Schätzung neueren Datums addierte die<br />
eingesparten Behandlungskosten zur höheren wirtschaftlichen Produktionskraft <strong>von</strong> Erwachsenen, die nicht an Polio<br />
erkranken. Die Ausrottung würde in den nächsten 25 Jahren weltweit bis zu $50 Milliarden einsparen.<br />
Ein dritter Vorteil ist, dass ein Erfolg auf diesem Gebiet das globale Gesundheitswesen voranbringen würde, denn er zeigt,<br />
dass Investments in die Gesundheitsvorsorge zu erstaunlichen Ergebnissen führen können. Dieser Kampf gegen Polio zeigt<br />
klar, dass große Verbesserungen in den menschlichen Existenzbedingungen Entschlossenheit und Mut verlangt. Um diese<br />
wichtigen Siege zu erringen, müssen auf globaler Ebene Partnerschaften, Geld, Wissenschaft, Politik und Förderung in den<br />
Entwicklungsländern zusammenkommen.<br />
5
Polio-Zeitleiste<br />
3000 v. Chr. auf ägyptischen<br />
Gemälden und Schnitzereien<br />
sind Menschen mit<br />
verkümmerten Gliedmaßen<br />
abgebildet, die an Krücken<br />
gehen<br />
1928 Erster<br />
Einsatz einer<br />
Eisernen Lunge<br />
im Children’s<br />
Hospital in<br />
Boston<br />
1952 Schlimmster<br />
Ausbruch <strong>von</strong> Polio in der<br />
Geschichte der Vereinigten<br />
Staaten mit 58.000<br />
gemeldeten Fällen<br />
1955 Jonas Salks<br />
injizierter Impfstoff<br />
gegen Polio wird<br />
eingesetzt<br />
1963 Albert Sabins<br />
Schluckimpfstoff gegen<br />
Polio wird lizenziert<br />
Nationale Impfprogramme<br />
werden 1970 ins Leben<br />
gerufen, wodurch viele<br />
Industrieländer die<br />
Krankheit in den Griff<br />
bekommen<br />
6<br />
1979 Letzter Fall natürlich<br />
vorkommender Polio in<br />
den Vereinigten Staaten<br />
1988 Polio existiert<br />
immer noch in 125<br />
Ländern und lähmt etwa<br />
350.000 Kinder; die<br />
Global Polio Eradication<br />
Initiative wird gegründet<br />
2007 Die<br />
Weltgesundheitsorganisation<br />
gibt die Ausrottung <strong>von</strong><br />
Polio in Nord-, Mittel- und<br />
Südamerika sowie in Europa<br />
und im westlichen Pazifik<br />
bekannt<br />
2010 Anhaltende<br />
Übertragung <strong>von</strong> Polio<br />
in vier Ländern, aber<br />
Ausbrüche in 16 Ländern<br />
erinnern daran, dass, wenn<br />
Polio irgendwo ist, die<br />
Bedrohung überall ist<br />
Im Uhrzeigersinn <strong>von</strong> oben: Impfteams der Rotary <strong>Foundation</strong> holen Impfstoffe und andere Hilfsstoffe am Bahnhof Patna Junction ab (Bihar, Indien, 2010). Arbeiter der<br />
Weltgesundheitsorganisation packen Polioimpfstoff aus Kisten aus, in denen er gekühlt bleibt (Bihar, Indien, 2010). An Plakatwänden wird für die laufende Poliokampagne in Patna<br />
geworben (Bihar, Indien, 2010).
<strong>2011</strong><br />
<strong>Jahresbrief</strong> <strong>von</strong> <strong>Bill</strong> <strong>Gates</strong><br />
Die Geschichte der Kinderlähmung und deren Ausrottung ist<br />
faszinierend (eins der besten Bücher, die ich darüber gelesen habe,<br />
ist David Oshinskys Polio: An American Story). Polio war die erste<br />
Krankheit, für die die Öffentlichkeit erhebliche Geldbeträge spendete. Der<br />
“March of Dimes” (der “Marsch der Groschen”) wurde zur Bekämpfung<br />
der Krankheit ins Leben gerufen. Obwohl Präsident Roosevelt und viele<br />
Hollywood-Stars die Kampagne unterstützten, wurde sie erst ein wirklicher<br />
Erfolg durch Spendensammlungen <strong>von</strong> Tür zu Tür. Ich erinnere mich, dass<br />
die freiwilligen Helfer des March of Dimes an unserer Tür klingelten, als ich<br />
Kind war, und um eine Spende baten. Die Großzügigkeit der Öffentlichkeit<br />
machte diese Kampagne zu einer der erfolgreichsten überhaupt im<br />
Gesundheitswesen.<br />
Der March of Dimes finanzierte die Forschung nach einem ersten<br />
Polioimpfstoff, der <strong>von</strong> Dr. Jonas Salk erfunden und 1955 eingeführt<br />
wurde. Die Polioimpfung auf breiter Basis zu ermöglichen, war <strong>von</strong> solcher<br />
Wichtigkeit, dass die US-Regierung das Programm sponserte, etwas, was sie<br />
bisher noch nie getan hatte. Die Kampagnen in den späten 50er Jahren waren<br />
enorm erfolgreich, und 1961 kam es in den Vereinigten Staaten nur noch zu<br />
161 Neuerkrankungen.<br />
Eine weitere Polioimpfung – dieses Mal in Form einer Schluckimpfung<br />
statt der Spritze in den Arm - wurde <strong>von</strong> Dr. Albert Sabin erfunden und<br />
1963 zugelassen. 1979 war in den Vereinigten Staaten kein Poliovirus mehr<br />
nachweisbar. Dr. Salks und Dr. Sabins Impfstoffe sind auch heute noch das<br />
wichtigste Mittel im Kampf gegen Polio.<br />
Bis heute ist die Kampagne zur Bekämpfung der Pocken die einzige Erfolgsgeschichte im Kampf gegen Krankheiten. Auf<br />
ihrem höchsten Stand töteten die Pocken jährlich über zwei Millionen Menschen und führten bei vielen anderen zu Blindheit<br />
und Behinderungen. Die Ausrottungskampagne begann 1967, die letzte auf natürliche Art erfolgte Pockenerkrankung<br />
wurde 1977 nachgewiesen, und seit 1979 gilt die Welt als pockenfrei. (Zwei hervorragende Bücher über die Ausrottung der<br />
Pocken sind Dr. D.A. Hendersons Smallpox: The Death of a Disease und das demnächst erscheinende House on Fire eines<br />
anderen wichtigen Bekämpfers der Pocken, Dr. <strong>Bill</strong> Foege.)<br />
Die Pocken haben eine Anzahl <strong>von</strong> Charakteristika, die ihre Eliminierung einfacher machen als die <strong>von</strong> Polio. Fast jeder,<br />
der an Pocken erkrankte, bekam einen typischen Ausschlag. Im Gegensatz dazu werden die meisten Polioinfektionen nicht<br />
erkannt, weil weniger als einer <strong>von</strong> 100 Infizierten gelähmt wird, obwohl alle Infizierten den Virus weitergeben können. Das<br />
bedeutet, dass, wenn eine Lähmung entdeckt wird, sich der Poliovirus vermutlich bereits verbreitet hat.<br />
Außerdem sind Impfungen gegen Polio nicht so effektiv wie die gegen Pocken, die so erfolgreich waren, dass eine einzige<br />
Impfdosis fast jeden schützte. Die gebräuchlichste Polioimpfung muss in mindestens drei Dosen verabreicht werden, um 85<br />
Prozent der Kinder vollkommen zu schützen. In vielen Entwicklungsländern sind sogar noch mehr Dosen notwendig, um<br />
einen Immunschutz zu gewährleisten, der die Verbreitung des Virus verhindert.<br />
Aber das Polioprogramm hat auch viele Vorteile, die die Pockenkampagne nicht hatte. Der weiter entwickelte Stand der<br />
Wissenschaft heutzutage gestattet es uns, die DNS des Poliovirus zu sequenzieren und den Mechanismus der Ansteckung<br />
zu verstehen, etwas, was unsere Arbeit leitet. Wir haben auch bessere Kommunikations- und Modelliermöglichkeiten als in<br />
den 70er Jahren, und sie werden blitzschnell eingesetzt, um sofort auf jede Epidemie zu reagieren.<br />
2003 hätte ich gesagt, dass wir nur noch ein paar Jahre da<strong>von</strong> entfernt sind, die Kinderlähmung auszurotten, und ich<br />
hätte mich geirrt. In jenem Jahr kamen aus Nigeria falsche Gerüchte, dass die Polioimpfung Frauen steril gemacht<br />
hatte. Dadurch kam es zu einem Wiederaufflammen und einer Verbreitung der Krankheit in vielen anderen Ländern.<br />
Die Erfahrung <strong>von</strong> 2003 lehrt uns, während unseres weiteren Vorgehens bescheiden zu bleiben. Aber Bescheidenheit ist<br />
nicht mit Fatalismus gleichzusetzen.<br />
Glücklicherweise wurden diese falschen Gerüchte inzwischen dank der Mithilfe politischer und religiöser Führungspersönlichkeiten<br />
fast gänzlich eliminiert. Als ich 2009 den Norden Nigerias besuchte, um den wichtigsten traditionellen Führer, den Sultan <strong>von</strong><br />
Sokoto, zu treffen, unterstützte er das Programm. Es war fantastisch zu sehen, wie er öffentlich seine Unterstützung bekannt gab.<br />
(Er schenkte mir außerdem zum Dank ein Pferd, aber ich sagte ihm, dass ich es nicht mitnehmen könne.)<br />
7<br />
Mädchen zuckt während der Pockenschutzimpfung zusammen<br />
(Nigeria, 1969).
© GAVI<br />
Im Uhrzeigersinn <strong>von</strong> oben links: Medizinische Fachkräfte impfen eine Frau gegen Tetanus (Freetown, Sierra Leone, 2009). Ein Kind bekommt eine Schluckimpfung gegen Polio<br />
verabreicht <strong>von</strong> einem Impfteam, das <strong>von</strong> Haus zu Haus geht (Kano, Nigeria, 2010). Eine Mutter lässt ihr Baby gegen den Rotavirus impfen (Corozal, Nicaragua, 2009).<br />
Anstieg der Impfrate gegen Masern und der Impfrate gegen Diphterie, Tetanus und Keuchhusten (DTP3), 1980-1995<br />
100%<br />
90%<br />
80%<br />
70%<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995<br />
Quelle: UNICEF<br />
8<br />
DTP3<br />
Masern
<strong>2011</strong><br />
<strong>Jahresbrief</strong> <strong>von</strong> <strong>Bill</strong> <strong>Gates</strong><br />
Im letzten Jahr gab es sowohl in Indien als auch in Nigeria erheblich weniger Neuerkrankungen als je zuvor. In Indien sank<br />
die Anzahl der Erkrankungen <strong>von</strong> 741 im Jahr 2009 auf nur 41 im Jahr 2010. In Nigeria sank die Anzahl der Erkrankungen<br />
hauptsächlich dank der erneuten Unterstützung im Norden des Landes <strong>von</strong> 288 auf nur 18. Aber dieser phänomenale<br />
Fortschritt lehrt uns auch, dass Erfolge ohne anhaltende Bemühungen zunichtegemacht werden können.<br />
2010 kam es zu den meisten Erkrankungen in Ländern, die bereits poliofrei gewesen waren, bis das Virus die Grenzen<br />
überquerte und Epidemien in Gegenden ausbrachen, in denen man in Bezug auf Impfungen zu sorglos geworden war.<br />
In Tadschikistan kam es in der ersten Hälfte des Jahres 2010 zu einem großen Ausbruch und im Kongo in der zweiten<br />
Jahreshälfte zu einem weiteren. In beiden Regionen wurden daraufhin eine Anzahl <strong>von</strong> Immunisierungsprogrammen ins<br />
Leben gerufen. Heute scheinen die Epidemien unter Kontrolle zu sein.<br />
Diese Epidemien in bisher poliofreien Ländern beweisen, dass die Ausrottung ein weltweites Projekt ist, zu dem jedes Land<br />
seinen Teil beitragen muss. Für sehr wenige Projekte ist ein weltweites Engagement nötig. Meistens kann jedes Land seine<br />
eigenen Maßnahmen einsetzen, und die betroffenen Länder können dann die Ergebnisse vergleichen, um zu sehen, welcher<br />
Ansatz am erfolgversprechendsten ist.<br />
Der Philosoph und Historiker Will Durant hat einmal bemerkt, dass das Einzige, was Länder dazu bringen könnte,<br />
sich zusammenzuschließen, eine außerirdische Invasion sei. Meiner Ansicht nach sind schreckliche Krankheiten etwas<br />
Ähnliches wie eine außerirdische Invasion. Wenn wir Erfolg haben wollen, braucht die Welt die Unterstützung einer<br />
globalen Institution und erhebliche, koordinierte Ressourcen aus den reichen Ländern, um Programme in den armen<br />
Ländern zu finanzieren.<br />
Bei der Kinderlähmung hat die Weltgesundheitsorganisation diese Schlüsselrolle übernommen, zusammen mit Rotary<br />
International, dem Kontrollzentrum zur Krankheitsvorbeugung und der UNICEF. Die Ausrottung <strong>von</strong> Polio hat enorm<br />
durch die Unterstützung <strong>von</strong> Rotary International profitiert. Rotary begann sich 1985 zu engagieren und hat die Ausrottung<br />
der Kinderlähmung zur höchsten Priorität gemacht. Wo auch immer ich mich über Polio informiere, treffe ich auf hart<br />
arbeitende Rotary-Mitglieder.<br />
Ich bin sicher, dass wir mit fortdauernder Unterstützung basierend auf der Arbeit dieses Jahres erhebliche Fortschritte<br />
erzielen können. Die Webseite www.polioeradication.org publiziert die wichtigsten Informationen des Programms,<br />
einschließlich der Finanzierung und der Neuerkrankungen. Bei meinen Reisen dieses Jahr, unter anderem nach Indien<br />
und Nigeria, steht Polio im Mittelpunkt. Auf der Webseite der Stiftung werde ich darüber Bericht erstatten. Jeder, der das<br />
Polioprogramm unterstützen möchte, was fantastisch wäre, kann dies tun, indem er auf der Webseite www.rotary.org das<br />
EndPolioNow-Logo anklickt.<br />
Das Wunder Der Immunisierung<br />
Genau wie ich während meiner Zeit bei Microsoft über die Magie <strong>von</strong> Software geredet habe, verbringe<br />
ich nun meine Zeit damit, über die Magie <strong>von</strong> Immunisierungen zu reden. Durch Impfungen stehen wir<br />
kurz davor, die Kinderlähmung zu besiegen. Sie gehören zu den effektivsten und kosteneffizientesten<br />
Methoden der Gesundheitsvorsorge, die je erfunden wurden. Ich finde, dass Impfungen ein Wunder<br />
sind. Nur ein paar Dosen eines Impfstoffes können ein Kind für den Rest seines Lebens vor verheerenden<br />
und tödlichen Krankheiten schützen. Und die meisten Impfstoffe sind extrem preiswert. Eine Polioimpfung kostet zum<br />
Beispiel nur 13 Cents pro Dosis.<br />
Dieses Jahr werden 1.4 Millionen Kinder an Krankheiten sterben, für die es bereits Impfstoffe gibt – Krankheiten wie Masern,<br />
Lungenentzündung und Tetanus. Diese Leben können gerettet werden, wenn wir die Kosten der Impfstoffe senken und<br />
genug Gelder aufbringen, um sie kaufen und verteilen zu können. Wenn wir nur die bereits existierenden Impfprogramme<br />
in den fünf Ländern mit der höchsten Kindersterblichkeit ausweiten, können wir in den nächsten zehn Jahren 3 Millionen<br />
Leben retten (und mehr als $2.9 Milliarden allein in Behandlungskosten einsparen). Außerdem arbeiten Forscher an neuen<br />
Impfstoffen gegen Malaria, AIDS und Tuberkulose, die weitere Millionen Leben retten können. Aber um dieses wahrhaftig<br />
lebensrettende Potenzial <strong>von</strong> Impfungen zu nutzen, sind großzügige Spenden nötig. Die bedeutet, dass pro Kürzung der<br />
wichtigsten Hilfsmittel um $2000 ein Kind sterben wird.<br />
V<br />
or ein paar Jahren habe ich mich mit der historischen Entwicklung <strong>von</strong> Impfprogrammen befasst. 1980 erhielten<br />
weniger als 20 Prozent aller Kinder weltweit Impfungen, unter anderem gegen Masern, Diphterie, Tetanus und<br />
Keuchhusten, die für Kinder in den reichen Ländern üblich sind. 1995, weniger als 15 Jahre später, waren 70<br />
Prozent geimpft. Erst in diesem Jahr habe ich herausgefunden, woran das lag. Der Direktor <strong>von</strong> UNICEF, Jim Grant, hatte<br />
9
Zusammenhang zwischen IQ und Krankheitsbelastung in 184 ausgewählten Ländern<br />
IQ<br />
110<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
2.0 2.5 3.0 3.5<br />
Krankheitsbelastung*<br />
4.0 4.5 5.0<br />
*Der Logarithmus <strong>von</strong> Lebensjahren, die durch Behinderung gezeichnet sind (DALYs) und die durch<br />
28 repräsentative und bedeutende menschliche Infektionskrankheiten verloren gegangen sind.<br />
Sozialarbeiter impft Neugeborene (Uttar Pradesh, Indien, 2010).<br />
10<br />
Quelle: Christopher Eppig,<br />
University of New Mexico
<strong>2011</strong><br />
<strong>Jahresbrief</strong> <strong>von</strong> <strong>Bill</strong> <strong>Gates</strong><br />
dafür gesorgt. Das Buch Jim Grant–UNICEF Visionary erzählt seine<br />
unglaubliche Geschichte. Da es da<strong>von</strong> nur einige wenige gebrauchte<br />
Kopien gibt, hat UNICEF es kürzlich im Internet unter http://www.<br />
unicef.org/publications/index_4402.html ins Netz gestellt.<br />
Es wundert mich, wie wenig Interesse an seiner Geschichte besteht,<br />
und wie lange ich brauchte, um da<strong>von</strong> zu erfahren. Ich wurde darauf<br />
aufmerksam, als ich las, wie er den globalen Fortschritt in den<br />
wirtschaftlich harten 1980er Jahren vorantrieb. Wir können jetzt, zu<br />
Zeiten, die ebenfalls wirtschaftlich hart sind, <strong>von</strong> ihm lernen.<br />
Wie so oft bei kühnen Ansätzen gab es viele, die sich Jim Grant in den<br />
Weg stellten, weil sie glaubten, dass seine Maßnahmen zu sehr <strong>von</strong><br />
oben nach unten gerichtet waren. Es gelang ihm jedoch, eine Anzahl<br />
<strong>von</strong> Ländern für sein Programm zu gewinnen, und sobald die Zahl der<br />
Todesfälle in diesen Ländern dramatisch absank, konnte er fast jedes<br />
Land da<strong>von</strong> überzeugen, umfangreiche Impfprogramme einzuführen.<br />
Es ist besonders erstaunlich, dass er dies zu einer Zeit erreichte, als es<br />
weder das Internet noch E-Mail gab. Jim Grant hat bei der Rettung <strong>von</strong><br />
Kinderleben ein wahres Wunder vollbracht.<br />
Die Vorteile umfassender Immunisierungen werden meist anhand der Leben illustriert, die gerettet werden, und<br />
allein aufgrund dessen sind Impfungen die beste Investition, um die menschlichen Existenzbedingungen zu<br />
verbessern. Es gibt jedoch zwei weitere ebenso wichtige Vorteile, die wenig bekannt sind, unter anderem, weil sie<br />
schwerer messbar sind.<br />
Zum einen ist da der Rückgang <strong>von</strong> Krankheiten. Ich meine nicht die akute Erkrankung, bei der ein Kind sichtbar leidet,<br />
sondern durch die Krankheit verursachte bleibende Behinderungen. Dies ist besonders offensichtlich bei einer Krankheit,<br />
die so klare Symptome hat wie die Lähmungen bei Polio oder die Taubheit bei einer Pneumokokken-Infektion. Am<br />
schlimmsten sind jedoch die Auswirkungen auf die geistige Entwicklung. Eine schwere zerebrale Malaria schädigt das<br />
Gehirn, selbst wenn man überlebt. Wenn Kinder oft Durchfall haben oder Darmparasiten, bekommen sie nicht genug<br />
Nährstoffe, damit sich ihr Gehirn vollständig entwickeln kann.<br />
Die hohe Anzahl <strong>von</strong> Infektionskrankheiten in armen Ländern führt dazu, dass ein erheblicher Anteil ihres menschlichen<br />
Potenzials bereits verloren ist, wenn Kinder 5 Jahre alt sind. Forscher an der University of New Mexico haben in einer<br />
in The Economist veröffentlichten Studie untersucht, in welchem Verhältnis ein niedriger IQ mit einer hohen Anzahl<br />
<strong>von</strong> Infektionskrankheiten in einem Land steht. Obwohl ein IQ-Test kein perfektes Richtmaß darstellt, ist der sichtbare<br />
dramatische Effekt eine ungeheure Ungerechtigkeit. Er erklärt unter anderem, warum Länder mit hohen Infektionsraten<br />
mehr Schwierigkeiten mit ihrer wirtschaftlichen Entwicklung haben als weniger betroffene Länder.<br />
Der zweite große Vorteil <strong>von</strong> Immunisierungen ist, dass, wenn die Anzahl <strong>von</strong> Todesfällen im Kindesalter zurückgeht, es<br />
dazu führt, dass innerhalb <strong>von</strong> 10 bis 20 Jahren Familien sich entschließen, weniger Kinder zu haben. Obwohl es logisch zu<br />
sein scheint, dass das Retten <strong>von</strong> Kinderleben zu Überbevölkerung führt, ist das Gegenteil der Fall.<br />
Ich erwähne diesen erstaunlichen Zusammenhang oft, weil ich noch weiß, dass ich ihn selbst mehrfach hören musste, bevor<br />
mir die Bedeutung vollständig klar wurde. Dies ist der Grund, warum Gesundheitsprobleme <strong>von</strong> Kindern der Schlüssel<br />
für viele andere Probleme sind, unter anderem Bildungsressourcen, das Schaffen <strong>von</strong> ausreichend Arbeitsplätzen und<br />
Umweltschutz. Erst als <strong>Melinda</strong> und ich diese Verbindung verstanden, begannen wir uns für Gesundheitsvorsorge und<br />
insbesondere Impfprogramme zu engagieren.<br />
Die Beziehung zwischen Gesundheit und Bildung, Arbeit und der Umwelt zeigt den enormen Nutzen hochwertiger<br />
internationaler Hilfe – und warum es so wichtig ist, dass Geberländer nicht ihre Hilfsmittel kürzen. <strong>Melinda</strong> und ich wenden<br />
über die nächsten 10 Jahre $10 Milliarden aus unserer Stiftung auf, um dieses Jahrzehnt zum Jahrzehnt der Immunisierungen<br />
zu machen. Das wird jedoch nicht ausreichen.<br />
Die Organisation, die armen Ländern hilft, Impfstoffe zu kaufen und die Anzahl der Impfungen zu erhöhen, ist die GAVI<br />
Alliance, und wie bei der Polio-Kampagne hängt ihr Erfolg <strong>von</strong> der Großzügigkeit der Spender ab.<br />
11<br />
Jim Grant liest mit einem Kind in einem Gemeindezentrum<br />
(Abidjan, Elfenbeinküste, 1994).<br />
© UNICEF
Herstellung <strong>von</strong> Moskitonetzen zum Schutz gegen Malaria in den A to Z Textile Mills (Arusha, Tansania 2009).<br />
Shanti Devi hält ihre neugeborene Tochter (Koelikher Village, Indien, 2004). <strong>Melinda</strong> beobachtet Neugeborene im Bwaila Hospital (Lilongwe, Malawi, 2010).<br />
12
<strong>2011</strong><br />
<strong>Jahresbrief</strong> <strong>von</strong> <strong>Bill</strong> <strong>Gates</strong><br />
Die Webseite der Stiftung ist eine gute Informationsquelle für unsere Projekte, aber ich möchte in diesem Schreiben<br />
noch auf einige konkrete Anliegen zu sprechen kommen. Die Welt hat einige entscheidende Erfolge erzielt, und ich<br />
glaube, dass wir unter einer effektiven Führung noch viel mehr erreichen können.<br />
Malaria: Fortschritt auf mehreren Ebenen<br />
Bei der Bekämpfung der Malaria hat es gute Fortschritte gegeben. Die Anzahl der Todesfälle, die meisten<br />
da<strong>von</strong> Kleinkinder in Afrika, ist <strong>von</strong> 985.000 im Jahre 2000 auf 781.000 im Jahr 2009 gesunken. Von<br />
99 Ländern mit Malariafällen konnten 43 die Neuerkrankungen um mehr als 50 Prozent reduzieren.<br />
Turkmenistan und Marokko wurden vor Kurzem für malariafrei erklärt. Für diese Gemeinschaften<br />
macht der Rückgang <strong>von</strong> Todesfällen und Erkrankungen einen enormen Unterschied. Und dies ist nur<br />
möglich durch die höheren Spendenaufkommen, die 2009 $1.5 Milliarden erreichten.<br />
Die Malaria-Organisation Roll Back, die <strong>von</strong> der WHO und unserer Stiftung unterstützt wird, hat sich das ehrgeizige Ziel<br />
gesetzt, in den nächsten Jahren fast jeden Haushalt mit Moskitonetzen auszustatten. Wenn sich deren Verbreitung <strong>von</strong> den<br />
gegenwärtigen 42 Prozent weiter erhöht, wird das einen dramatischen Effekt haben. In Senegal, wo 80 Prozent der Haushalte<br />
Moskitonetze benutzen, ist die Anzahl <strong>von</strong> Malariaerkrankungen in einem einzigen Jahr um 41 Prozent zurückgegangen.<br />
Viele wunderbare Hilfsorganisationen helfen bei der Verteilung <strong>von</strong> Moskitonetzen. Die Nothing But Nets-Kampagne hat<br />
z.B. Hunderttausende <strong>von</strong> Privatpersonen und Organisationen wie die Evangelisch-methodistische Kirche und die National<br />
Basketball Association dafür gewonnen, sich am Kampf gegen die Malaria zu beteiligen.<br />
Wir arbeiten auch daran, die Kosten für Artemisinin enthaltende Malariamedikamente zu senken, die so teuer sind, dass<br />
viele stattdessen weniger effektive Medikamente einnehmen. Unter anderem unterstützen wir Versuche, die Pflanze, aus der<br />
Artemisinin gewonnen wird, ergiebiger zu machen, und die der sehr hoch entwickelten synthetischen Chemie, Artemisinin<br />
aus einfachem Zucker zu gewinnen.<br />
Wie bei allen Infektionskrankheiten wäre die beste Waffe gegen Malaria eine preiswerte, hocheffiziente Impfung. Die<br />
RTS,S-Impfung, in Partnerschaft mit dem pharmazeutischen Unternehmen GSK entwickelt, ist in ihrer letzten, dritten<br />
Versuchsphase. Später in diesem Jahr werden wir erste Daten zur Verfügung haben, und wir sollten 2015 die endgültigen<br />
Ergebnisse bekommen. Eine Anzahl <strong>von</strong> weiteren Impfstoffen, die möglicherweise noch effektiver sind und mit RTS,S<br />
kombiniert werden können, machen ebenfalls Fortschritte, und mehrere da<strong>von</strong> werden dieses Jahr in klinischen Studien<br />
getestet.<br />
Rettung der Jüngsten Kinder<br />
40 Prozent der 8,1 Millionen Todesfälle jährlich <strong>von</strong> Kindern unter fünf Jahren treten während der<br />
ersten 28 Lebenstage auf. Die guten Neuigkeiten sind, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen.<br />
Im Jahr 1995 gab es rund 5,6 Millionen Todesfälle <strong>von</strong> Neugeborenen. Allerneuesten Schätzungen<br />
zufolge ist diese Zahl auf rund 3,6 Millionen gesunken.<br />
Nicht wie bei den Todesfällen <strong>von</strong> Kleinkindern, die älter als 28 Tage sind, denen fast allen durch die<br />
Erfindung und Lieferung <strong>von</strong> Impfstoffen vorgebeugt werden kann, muss man bei der Reduzierung dieser frühkindlichen<br />
Todesfälle eine Reihe <strong>von</strong> Ansätzen in Betracht ziehen. Für manche braucht man neue Mittel, wie eine Salbe für die Haut<br />
des Babys, die Infektionen verhindert und eine antibiotische Lösung zur Reinigung der abgeschnittenen Nabelschnur.<br />
Viele der entscheidenden Eingriffe jedoch erfordern soziale Veränderungen und Verhaltensänderungen. Es hat positive<br />
Auswirkungen (sowohl auf die Gesundheit des Neugeborenen als auch auf die der Mutter), wenn mehr Geburten <strong>von</strong><br />
ausgebildeten Fachkräften in Kliniken durchgeführt werden. Es ist außerdem wichtig, den Müttern beizubringen, dass<br />
sie ihre Hände waschen, bevor sie sich um das Baby kümmern, dass sie oft direkten Hautkontakt zu ihren Babys haben<br />
sollen, und dass sie ihr Baby während der ersten sechs Monate ausschließlich stillen sollen. (Muttermilch enthält nicht nur<br />
wichtige Nährstoffe, sondern auch Antikörper, die Infektionen verhindern, bis das Immunsystem des Babys bereit ist, allein<br />
zu agieren.) Wenn all diese Elemente vorliegen, können Todesfälle <strong>von</strong> Neugeborenen um 50 Prozent oder mehr reduziert<br />
werden. Deshalb ist es wichtig, dass wir mehr darüber erfahren, wie man Mütter, insbesondere in großem Umfang, effektiv<br />
informiert und motiviert.<br />
<strong>Melinda</strong> ist seit langem eine starke Führungspersönlichkeit bei Gesundheitsfragen für Mutter und Kind. Sie hielt letztes<br />
Jahr bei der Women Deliver-Tagung (http://www.gatesfoundation.org/womendeliver) eine besonders überzeugende Rede.<br />
Die Notlage der Mütter und ihrer Babys geht ihr sehr nahe und wir reden oft darüber. Als sie <strong>von</strong> ihrer Reise nach Malawi<br />
zurückkam, berichtete sie <strong>von</strong> ihrem Erlebnis, als sie in einem Krankenhaus in Lilongwe zwei Babys nebeneinander im<br />
selben Brutkasten liegen gesehen hatte. Sie wurden nur wenige Stunden nacheinander geboren. Beide litten unter denselben<br />
13
Im Uhrzeigersinn <strong>von</strong> oben links: Schwangere Frau beim HIV-Test im NDA Health Center (Dimbokro, Elfenbeinküste, 2010). Transsexuelle Prostituierte in einer Anlaufstelle (Chennai,<br />
Indien, 2008). Prostituierten wird in einer mobilen Klinik gezeigt, wie man Kondome benutzt (Mumbai, 2009). Schild wirbt für den Gebrauch <strong>von</strong> Kondomen, um einer HIV-Infektion<br />
vorzubeugen (Andhra Pradesh, Indien, 2009). Ein Arzt untersucht ein sechsjähriges Mädchen (Siem Reap Provinz, Kambodscha, 2010).<br />
14
<strong>2011</strong><br />
<strong>Jahresbrief</strong> <strong>von</strong> <strong>Bill</strong> <strong>Gates</strong><br />
Beschwerden – sie konnten bei der Geburt nicht atmen. Leider stand es fest, dass nur eines überleben würde. Die Mutter<br />
dieses Kindes hatte es rechtzeitig zur Geburt in die <strong>von</strong> Spendern finanzierte Klinik geschafft und erhielt die Versorgung,<br />
die sie brauchte. Ihr Baby wurde sofort wiederbelebt, wodurch sein Leben gerettet wurde. Das andere hatte nicht so viel<br />
Glück. Der kleine Junge war auf dem Weg ins Krankenhaus am Straßenrand geboren worden und wurde nicht rechtzeitig<br />
wiederbelebt. Ich wünschte, jeder könnte so etwas erleben, wie <strong>Melinda</strong>, damit sie sehen können, wie sich die Dinge<br />
verbessern, aber auch, damit sie verstehen, wie wichtig es ist, noch mehr zu tun.<br />
HIV/AIDS und der Bedarf an Führung<br />
Es werden weiterhin Fortschritte bei der Bekämpfung der AIDS-Epidemie gemacht, aber alles geht<br />
sehr langsam vorwärts. Die Zahl der HIV-Infektionen ist in den letzten 10 Jahren um fast 20 Prozent,<br />
auf weniger als 2,7 Millionen Infektionen im Jahr gesunken. Die Anzahl der Menschen, die an AIDS<br />
gestorben sind, ist in den letzten 5 Jahren um mehr als 20 Prozent, auf weniger als 2 Millionen jährlich<br />
gesunken. Angesichts all der Menschenleben, die auf dem Spiel stehen, bin ich, was diese Sache betrifft,<br />
sehr ungeduldig und ich bin bereit <strong>von</strong> den Menschen, die mit dem Status Quo zufrieden sind, als Unruhestifter angesehen<br />
zu werden.<br />
Der Krieg gegen AIDS wird an zwei Fronten geführt – Behandlung<br />
derer, die schon infiziert sind und Vorbeugung neuer Infektionen.<br />
Die Behandlung nimmt weiterhin zu, mehr als 5 Millionen Menschen<br />
erhalten HIV-Medikamente. Das ist eine großartige Erfolgsgeschichte.<br />
Die Großzügigkeit wohlhabender Länder war dabei ausschlaggebend<br />
und die Durchführung in armen Ländern war stabil. Wenn wir jedoch<br />
den Verlauf <strong>von</strong> HIV nicht aufhalten, wird für die Behandlung all<br />
derer, die sich infizieren, nicht genug Geld zur Verfügung stehen. Weil<br />
es keine Heilung bei AIDS gibt, muss ein Patient sein ganzes Leben<br />
lang weiterbehandelt werden. Das heißt, dass die Kosten weiterhin<br />
ansteigen werden, je mehr Menschen behandelt werden.<br />
Selbst wenn man die Menschen, die sich in Zukunft infizieren, nicht<br />
mitzählt, lägen die Kosten für die Behandlung der 33 Millionen<br />
Menschen, die heute mit AIDS leben, bei über $40 Milliarden pro<br />
Jahr, basierend auf den derzeitigen Kosten – das ist mehr als vier<br />
Mal soviel, wie heute an Unterstützung erbracht wird. Um die Finanzierungslücke möglichst gering zu halten, müssen<br />
wir die Behandlungskosten pro Patient senken. Die Medikamentenkosten wurden bereits auf weniger als 20 Prozent der<br />
Behandlungskosten reduziert. Der größte Teil der zukünftigen Einsparungen wird durch Behandlungsmodelle, bei denen<br />
Personal-, Labor- und indirekte Kosten reduziert werden, erfolgen. Die Problematik bei der Finanzierung <strong>von</strong> Behandlungen<br />
zeigt ganz deutlich, wie wichtig es ist, neuen Fällen vorzubeugen. Je eher wir Fortschritte machen, umso besser. Es muss ein<br />
Gefühl der Dringlichkeit geben, das bis jetzt noch nicht existiert.<br />
Die Vorbeugung lässt sich in viele verschiedene Bereiche aufteilen. Am einfachsten sollte es sein, der Mutter-Kind-<br />
Übertragung vorzubeugen, da dies ganz einfach durch die Verabreichung <strong>von</strong> Medikamenten an die Mutter, durch welche<br />
die Übertragung an ihr Kind verhindert wird, erreicht werden kann. Dadurch kann die derzeitige Anzahl <strong>von</strong> 300.000<br />
solcher Infektionen pro Jahr auf null gesenkt werden. Eine andere Methode der Vorbeugung ist den Menschen zu empfehlen,<br />
ihr Verhalten zu ändern, unter anderem Risiken zu vermeiden und Kondome zu benutzen.<br />
Dann gibt es vorbeugende Methoden, die auf neuen Mitteln beruhen. Es gibt jetzt drei Methoden, die eine signifikante<br />
Wirkung gezeigt haben. Die erste da<strong>von</strong> ist die Beschneidung des Mannes, über die ich letztes Jahr gesprochen habe.<br />
Erstaunlicherweise sind Teenager in Gemeinden, die ein hohes HIV-Vorkommen haben, äußerst bereit, sich beschneiden zu<br />
lassen. Kenia ist hier wegweisend mit über 200.000 durchgeführten Beschneidungen. Es gibt jedoch mehr als 10 Millionen<br />
Männer in risikoreichen Umfeldern in Afrika, denen eine Beschneidung zugutekommen würde, und wir sollten das zehn<br />
Mal schneller angehen , als wir das bisher tun.<br />
Eine andere Methode ist ein Vaginalgel mit Mikrobiziden, das eine Frau benutzen kann, um sich selbst zu schützen. Ein<br />
Versuch vor kurzem zeigte, dass ein Gel, das Tenofovir enthält, Frauen gegen eine Infektion schützt. Jetzt stellt sich die<br />
Frage, wie lange es dauern wird, bevor das Gel im großen Stil auf den Markt kommt. Als jemand, der nicht vom Fach<br />
ist, bin ich überrascht, wie viele Schritte dazu notwendig sind. Zunächst muss das Produkt lizenziert werden, was der<br />
Genehmigung <strong>von</strong> Regulierungsbehörden sowohl in dem Land, in dem das Produkt verwendet werden soll, als auch in den<br />
Geberländern, bedarf. Viele dieser Genehmigungsschritte finden nacheinander statt und nicht gleichzeitig, und nur wenn<br />
15<br />
Gespräch mit Reportern bei der Welt-AIDS-Konferenz (Wien,<br />
Österreich, 2010).<br />
© IAS
Labortechniker im Diamond AIDS Research Center (New York City, 2008).<br />
Bäuerin bereitet getrockneten Mais zum Verkauf vor (Monopo, Mosambik, 2010). Bäuerin trennt Maiskörner <strong>von</strong> den Halmen (Malawi, 2010). © Charlie Barnwell, World Food Programme<br />
16
<strong>2011</strong><br />
<strong>Jahresbrief</strong> <strong>von</strong> <strong>Bill</strong> <strong>Gates</strong><br />
der gesamte Genehmigungsvorgang abgeschlossen ist, kann das Produkt auf den Markt gebracht werden. Selbst dann ist<br />
der Vorgang noch nicht abgeschlossen, weil ein ganzes System zur Auslieferung des Produkts entwickelt werden muss, und<br />
wieder erfolgen diese Schritte sehr langsam einer nach dem anderen.<br />
Bei einer weiteren neuen Vorbeugungsmethode, PrEP (Pre-Expositions-Prophylaxe), nimmt jemand, der nicht HIVinfiziert<br />
ist, regelmäßig ein Anti-HIV-Medikament ein, um eine Infektion zu verhindern. Ein PrEP-Versuch hat einen<br />
hohen Präventionsnutzen bei den Teilnehmern gezeigt, die die Medikamente konsequent eingenommen haben und<br />
eine schwächere Wirkung, wenn alle Teilnehmer berücksichtigt wurden. Mit Mikrobiziden und PrEP sollten Länder<br />
mit weitreichenden Epidemien so bald wie möglich herausfinden, wie sich groß angelegte Versuche in den Gemeinden<br />
durchführen lassen. Dadurch würde die Zeit, ehe allen Patienten diese lebensrettenden Mittel zur Verfügung stehen, um<br />
viele Jahre verkürzt.<br />
Wenn es in den Vereinigten Staaten eine Epidemie gäbe, bei der fast die Hälfte aller Mädchen in großen Gegenden sich eine<br />
schreckliche Krankheit zuziehen würden, würden wir einen Weg finden, um Herr der Lage zu werden. Was HIV betrifft, ist<br />
das schwieriger, da viele Länder betroffen sind. Aber wir müssen kreativ daran arbeiten, diese Verzögerungen zu verkürzen.<br />
Das beste Mittel wäre ein Impfstoff gegen HIV. Diesbezüglich wurden gute wissenschaftliche Fortschritte gemacht. Die<br />
positiven Ergebnisse des Versuchs in Thailand waren ein Wendepunkt auf dem Gebiet, und Blutproben der Freiwilligen<br />
werden genauestens untersucht, da der Impstoff zwar funktioniert hat, aber nur in begrenztem Maße.<br />
Es wurden auch in Rekordzeit Antikörper entdeckt, die die HIV-Infektion verhindern. Wissenschaftler wissen zwar bisher<br />
noch nicht, wie man einen Impfstoff entwickeln kann, der bei den Patienten eine Bildung vieler solcher Antikörper erzeugt,<br />
aber es gibt einige vielversprechende Ansätze, die man innerhalb der nächsten paar Jahre testen wird.<br />
Um einen vollkommen wirksamen HIV-Impfstoff zu erhalten, werden wir mit großer Wahrscheinlichkeit mehrere<br />
Versuchsrunden benötigen, bei denen wir etwas über die möglichen Impfstoffe lernen und sie verbessern können. Um<br />
also so bald wie möglich einen Impfstoff zu erhalten, müssen wir die Versuchsdauer herabsetzen und die Zeit zwischen<br />
den Versuchen verringern. Bis jetzt hat jeder einzelne Zyklus über fünf Jahre gedauert. Fachleute müssen sich damit<br />
auseinandersetzen, wie man das erreichen kann, damit der Fortschritt der Dringlichkeit des Problems entspricht.<br />
Das grosse Versprechen der Landwirtschaft<br />
Abgesehen <strong>von</strong> der Gesundheit ist der Bereich in den wir im Rahmen der Entwicklungshilfe am<br />
meisten investieren die Landwirtschaft. Es liegt unheimlich viel Potenzial in der landwirtschaftlichen<br />
Entwicklung, weil die meisten armen Menschen auf der Welt ihre Familien <strong>von</strong> der Landwirtschaft<br />
ernähren und so auch ihr Einkommen erwirtschaften. Wenn Bauern ihre Produktivität steigern,<br />
verbessert sich die Ernährung und Hunger und Armut werden reduziert. In Ländern wie Ruanda,<br />
Äthiopien und Tansania machen Investitionen in Saatgut, Ausbildung, Marktzugänge und innovative Agrarpolitik<br />
einen enormen Unterschied. Ghana hat Landwirtschaft zu seiner Priorität gemacht und den Hunger zwischen 1990 und<br />
2004 um 75 Prozent reduziert. Der Anstieg in der Lebensmittelproduktion hat zur Wirtschaftsentwicklung in anderen<br />
Bereichen geführt.<br />
Aber die Entwicklung in anderen Ländern war langsamer. Das sind komplexe Probleme und es bedarf einer starken Führung,<br />
um sicherzugehen, dass Bauern die Möglichkeit haben, ihr Potenzial zu erkennen. Kofi Annan, der den Vorsitz der Alliance<br />
for a Green Revolution in Africa innehat, ist in dieser Beziehung führend, indem er hilft, ein neues landwirtschaftliches<br />
Entwicklungsprogramm für den Kontinent auf den Weg zu bringen.<br />
Ein Programm, das mich ganz besonders begeistert, ist eine im Jahr 2008 ins Leben gerufene Partnerschaft mit dem World<br />
Food Programme (WFP), der weltgrößten humanitären Organisation im Kampf gegen den Hunger. Mir gefällt daran, dass<br />
sie einen neuen Ansatz wählt bei etwas, das die Welt schon seit langer Zeit tut: Lebensmittelhilfe.<br />
Die meisten Kleinbauern konnten ihre Produkte bisher nicht an das WFP zur Lebensmittelhilfe verkaufen. Es war schwierig<br />
für sie, die komplizierten Anforderungen des WFP zu erfüllen und Lebensmittel in großen Mengen zu liefern, die den<br />
Qualitätsanforderungen der WFP entsprachen. Unsere Partnerschaft arbeitet mit Bauern und anderen zusammen, um<br />
diese Probleme zu lösen, damit es ihnen ermöglicht wird, an viele zusätzliche Käufer, einschließlich des WFP, verkaufen zu<br />
können. Als das westafrikanische Land Niger letzten Sommer eine Hungersnot durchmachte, kaufte das WFP 1.000 Tonnen<br />
Reis bei einer landwirtschaftlichen Organisation in Mali. Wenn Kleinbauern in Mali sich durch die Ernährung hungernder<br />
Familien in Niger zusätzliches Einkommen erwirtschaften können, so ist das für beide Seiten eindeutig ein Gewinn.<br />
Der kurzfristige Anstieg der Lebensmittelpreise und der langfristig zunehmende Bedarf an Lebensmitteln werden für<br />
Kleinbauern selbst in den ärmsten Ländern Möglichkeiten schaffen. Die zunehmende Nahrungsmittelproduktion in Afrika<br />
wird sogar eine entscheidende Rolle dabei spielen, dass es auf der Welt genug zu essen gibt. Es ist ermutigend, dass die<br />
17
Leistungen der ausgewählten Länder in Mathematik, Lesefähigkeit und Naturwissenschaften, 2009<br />
Mathematik<br />
Schanghai-China<br />
Singapur<br />
Hongkong-China<br />
Korea<br />
Chinesisch-Taipeh<br />
Finnland<br />
Liechtenstein<br />
Schweiz<br />
Japan<br />
Kanada<br />
Niederlande<br />
Macao-China<br />
Neuseeland<br />
Belgien<br />
Australien<br />
Deutschland<br />
Estland<br />
Island<br />
Dänemark<br />
Slowenien<br />
Norwegen<br />
Frankreich<br />
Slowakei<br />
Österreich<br />
Polen<br />
Schweden<br />
Tschechien<br />
Vereinigtes Königreich<br />
Ungarn<br />
Luxemburg<br />
Vereinigte Staaten<br />
Irland<br />
Portugal<br />
600<br />
562<br />
555<br />
546<br />
543<br />
541<br />
536<br />
534<br />
529<br />
527<br />
526<br />
525<br />
519<br />
515<br />
514<br />
513<br />
512<br />
507<br />
503<br />
501<br />
498<br />
497<br />
497<br />
496<br />
495<br />
494<br />
493<br />
492<br />
490<br />
489<br />
487<br />
487<br />
487<br />
Lesefähigkeit Naturwissenschaften<br />
Schanghai-China<br />
Korea<br />
Finnland<br />
Hongkong-China<br />
Singapur<br />
Kanada<br />
Neuseeland<br />
Japan<br />
Australien<br />
Niederlande<br />
Belgien<br />
Norwegen<br />
Estland<br />
Schweiz<br />
Polen<br />
Island<br />
Vereinigte Staaten<br />
Liechtenstein<br />
Schweden<br />
Deutschland<br />
Irland<br />
Frankreich<br />
Chinesisch-Taipeh<br />
Dänemark<br />
Vereinigtes Königreich<br />
Ungarn<br />
Portugal<br />
Macao-China<br />
Italien<br />
Lettland<br />
Slowenien<br />
Griechenland<br />
Spanien<br />
556<br />
539<br />
536<br />
533<br />
526<br />
524<br />
521<br />
520<br />
515<br />
508<br />
506<br />
503<br />
501<br />
501<br />
500<br />
500<br />
500<br />
499<br />
497<br />
497<br />
496<br />
496<br />
495<br />
495<br />
494<br />
494<br />
489<br />
487<br />
486<br />
484<br />
483<br />
483<br />
481<br />
Schanghai-China<br />
Finnland<br />
Hongkong-China<br />
Singapur<br />
Japan<br />
Korea<br />
Neuseeland<br />
Kanada<br />
Estland<br />
Australien<br />
Niederlande<br />
Chinesisch-Taipeh<br />
Deutschland<br />
Liechtenstein<br />
Schweiz<br />
Vereinigtes Königreich<br />
Slowenien<br />
Macao-China<br />
Polen<br />
Irland<br />
Belgien<br />
18<br />
Ungarn<br />
Vereinigte Staaten<br />
Tschechien<br />
Norwegen<br />
Dänemark<br />
Frankreich<br />
Island<br />
Schweden<br />
Österreich<br />
Lettland<br />
Portugal<br />
Litauen<br />
Geoffrey Canada spricht mit Schülern der Harlem Children’s Zone, in einer Szene aus Waiting for “Superman” (New York City, 2009).<br />
556<br />
539<br />
536<br />
533<br />
526<br />
524<br />
521<br />
520<br />
515<br />
508<br />
506<br />
503<br />
501<br />
501<br />
500<br />
500<br />
500<br />
499<br />
497<br />
497<br />
496<br />
496<br />
495<br />
495<br />
494<br />
494<br />
489<br />
487<br />
486<br />
484<br />
483<br />
483<br />
481<br />
Deutlich über dem<br />
OECD-Durchschnitt<br />
OECD-Durchschnitt<br />
Deutlich unter dem<br />
OECD-Durchschnitt<br />
PISA befasst sich mit der Fähigkeit<br />
junger Menschen, ihr Wissen und<br />
ihre Fähigkeiten zu verwenden, um<br />
Herausforderungen im wahren<br />
Leben zu begegnen. Diese<br />
Orientierung spiegelt eine<br />
Abweichung <strong>von</strong> den Zielen und<br />
Vorgaben der Lehrpläne selbst<br />
wieder, die sich immer mehr dafür<br />
interessieren, was die Schüler mit<br />
dem, was sie in der Schule lernen,<br />
anfangen können und nicht nur<br />
damit, ob sie gewisse Lehrplaninhalte<br />
gemeistert haben.<br />
Quelle: OECD PISA Datenbestand 2009<br />
© Paramount Pictures/Participant Media
<strong>2011</strong><br />
<strong>Jahresbrief</strong> <strong>von</strong> <strong>Bill</strong> <strong>Gates</strong><br />
Auslandshilfe für die Landwirtschaft jetzt angestiegen ist, <strong>von</strong> ihrem historischen Tiefstand <strong>von</strong> $2,8 Milliarden im Jahr<br />
2003 auf $5,9 Milliarden im Jahr 2009, und es ist <strong>von</strong> ausschlaggebender Bedeutung, dass die Länder das nicht wieder<br />
kürzen.<br />
Eine der wichtigsten neuen Entwicklungen kündigte sich im April an, als ich mich mit den Finanzministern der Vereinigten<br />
Staaten, <strong>von</strong> Spanien, Kanada und Südkorea zusammentat, um das Global Agriculture and Food Security Programm, mit<br />
anfänglichen Zusagen <strong>von</strong> fast $1 Milliarde über drei Jahre, ins Leben zu rufen. Dieses Programm hilft Entwicklungsländern<br />
mit soliden inländischen landwirtschaftlichen Entwicklungsplänen, in die sie zwar selbst schon investieren, die sie aber<br />
nicht komplett finanzieren können. Es hat erstaunlich viel Nachfrage erzeugt, und beweist dadurch, wie engagiert arme<br />
Nationen sind, was ihre eigene landwirtschaftliche Entwicklung betrifft.<br />
Hervorragender Unterricht<br />
In den Vereinigten Staaten investiert die Stiftung am meisten in die Bildung. Nur ein Drittel aller<br />
Schüler schließt die Highschool ab und ist somit vorbereitet auf einen Arbeitsplatz auf College-Niveau<br />
und noch weniger machen weiter, um ein Diplom zu bekommen, das ihnen dabei helfen wird, sich für<br />
einen guten Arbeitsplatz zu bewerben. Niemand sollte sich, was diese Bilanz betrifft, wohlfühlen.<br />
Davis Guggenheims fantastischer und weitverbreiteter Film Waiting for “Superman“ hat ein<br />
überzeugendes Argument gegen den Status Quo vorgebracht. Darin wird einem breiten Publikum gezeigt, dass Schulen<br />
mit den richtigen Grundvoraussetzungen Erfolg haben können, selbst bei Schülern in den Städten, die in typischen Schulen<br />
keine so gute Bildung erhalten. Indem mehr Menschen verstehen, was für eine Lücke herrscht, zwischen dem, was möglich<br />
ist und dem, was in den meisten Schulen tatsächlich vor sich geht, wird, meiner Meinung nach, der Impuls für eine Reform<br />
wachsen.<br />
Seit 1980 sind die Staatsausgaben für Schüler bis zur 12. Klasse (K12) um 73 Prozent gestiegen, das sind 20 Prozent mehr als<br />
im Vergleich zum der Rest der Wirtschaft. Während dieser Zeit blieb unser Leistungsniveau im Grunde genommen gleich,<br />
während andere Länder uns eingeholt haben. Eine kürzliche Studie vom Programm für internationale Schulleistungen<br />
(PISA) zeigte, dass die Vereinigten Staaten in Naturwissenschaften und Lesefähigkeit etwa durchschnittlich abschneiden<br />
(im Vergleich zu 35 Industrieländern) und in Mathematik unter dem Durchschnitt liegen. Viele Amerikaner tun sich schwer<br />
dabei, diese Daten zu glauben, da wir so sehr daran gewöhnt sind weltweit führend zu sein, was das Bildungsniveau betrifft,<br />
und da wir viel mehr Geld für Bildung ausgeben, als viele andere Länder.<br />
PISA hat das Bildungsniveau in China in der Gegend um Schanghai bewertet, und selbst in Anbetracht der Tatsache, dass<br />
Schanghai eines der fortschrittlichsten Gebiete Chinas ist, waren die Ergebnisse im Vergleich zu den Vereinigten Staaten und<br />
anderen Ländern ziemlich überwältigend. China hat in Mathematik, Naturwissenschaften und Lesefähigkeit im Vergleich<br />
besser abgeschnitten als irgendeines der 65 Länder, und diese Ergebnisse wurden bei einer durchschnittlichen Klassengröße<br />
<strong>von</strong> mehr als 35 Schülern erreicht. Am beeindruckendsten beim chinesischen System ist, wie die Lehrer, entsprechend ihrer<br />
Fähigkeiten, bewertet werden. Es gibt vier Leistungsstufen im chinesischen System, und um eine Stufe aufzusteigen, müssen<br />
Lehrer ihre Fähigkeiten vor einem Gutachterausschuss unter Beweis stellen.<br />
Der PISA-Studie zufolge (erhältlich unter www.pisa.oecd.org) gibt es zwei wichtige Unterschiede zwischen dem<br />
Bildungssystem der USA und dem der meisten anderen Länder. Der erste ist, dass Schüler außerhalb der USA mehr Stunden<br />
in der Schule verbringen, und der zweite ist, dass die Schulsysteme in den USA sehr wenig dafür tun, die Fähigkeiten der<br />
Lehrer zu bewerten, sie zu fördern und die Lehrer dafür zu belohnen.<br />
Die meisten Menschen, die Lehrer werden, tun das, weil sie eine Leidenschaft für Kinder haben. Es ist verblüffend, wie<br />
viel großartige Lehrer für ihre Schüler tun können. Aber das Außerordentliche an großartigen Lehrern heutzutage ist,<br />
dass ihnen in den meisten Fällen niemand beigebracht hat, wie man großartig wird. Sie haben das selbst herausgefunden.<br />
Deshalb investiert unsere Stiftung in die Entwicklung <strong>von</strong> Bewertungs- und Fördersystemen, damit aus guten Lehrern<br />
großartige Lehrer werden können.<br />
Unser Projekt, um zu erfahren, was die besten Lehrer tun – und wie diese Information <strong>von</strong> anderen Lehrern genutzt werden<br />
können – macht bedeutende Fortschritte. Mithilfe <strong>von</strong> Gewerkschaften vor Ort haben wir schon viel gelernt. Wir haben<br />
erfahren, dass es ein wichtiges Element für das Feedback-System sein kann, den Schülern zuzuhören. Klassen, in denen die<br />
Schüler einstimmig sagen: “Unsere Klasse ist immer beschäftigt und wir vertun keine Zeit“ oder “In dieser Klasse lernen wir<br />
fast jeden Tag viel“, tendieren dazu höhere Leistungen zu erlangen.<br />
Eine andere großartige Methode ist die Aufnahme <strong>von</strong> Videos, in denen sowohl Lehrer als auch Schüler gezeigt werden,<br />
und Gutachter zu bitten, Feedback anzubieten. <strong>Melinda</strong> und ich waren im Herbst einige Tage unterwegs und haben<br />
Schulen in Tennessee besucht und haben uns mit Lehrern zusammengesetzt, die sich Videos ansahen, in denen sie selbst<br />
unterrichteten. Wir haben schon <strong>von</strong> einigen <strong>von</strong> ihnen gehört, wie sie sich schon verbessert haben, weil sie gesehen haben,<br />
19
Schweißer-Auszubildende, Jaurie Vaughn, am Tennessee Technology Center (Nashville, Tennessee, 2010).<br />
20
<strong>2011</strong><br />
<strong>Jahresbrief</strong> <strong>von</strong> <strong>Bill</strong> <strong>Gates</strong><br />
wann die Schüler das Interesse verloren und sie die Gründe dafür<br />
analysiert haben.<br />
Letzten Endes ist unser Ziel, qualitativ hochwertiges Feedback<br />
<strong>von</strong> vielen verschiedenen Quellen zu sammeln – Testergebnisse,<br />
Schülerumfragen, Videos, Direktoren und Lehrerkollegen – damit<br />
die Lehrer wissen, wie sie sich verbessern können. Ich glaube, es ist<br />
ganz eindeutig, dass ein System entwickelt werden kann, das <strong>von</strong><br />
allen Lehrern als fair eingeschätzt wird, das mäßigen Mehraufwand<br />
erfordert und das die Lehrer prämiert, die ihren Schülern das Meiste<br />
bieten.<br />
Die Staatsfinanzen, die den größten Teil der Finanzierung <strong>von</strong><br />
K-12 ausmachen, werden in den kommenden Jahren aufgrund<br />
der Konjunkturschwäche, der Schulden durch den vorgezogenen<br />
Ruhestand, durch die Versorgungszusagen und die zunehmenden<br />
Gesundheitskosten herausgefordert werden. Ich habe vor<br />
kurzem eine Rede vor Vertretern des Bildungsministeriums<br />
(http://www.gatesfoundation.org/ccsso) gehalten, darüber, dass sie<br />
Gelder aufbringen werden müssen, um hervorragenden Unterricht<br />
zu prämieren und eine Umverteilung stattfinden muss, <strong>von</strong> Dingen wie Bezahlung für Dienstalter oder akademische Grade,<br />
die in keinem Zusammenhang mit besserem Unterricht stehen.<br />
Ich bin sehr begeistert, was das Innovationspotenzial betrifft, das uns bei der Lösung vieler Probleme innerhalb unseres<br />
Bildungssystems helfen wird. <strong>Melinda</strong> und ich waren beeindruckt bei unserem Besuch des Tennessee Technology Center<br />
in Nashville, einer Einrichtung, die jungen Erwachsenen technische Ausbildung und Zertifikate anbietet. Dort werden<br />
deutlich bessere Ergebnisse erzielt, als in vergleichbaren Einrichtungen – 71 Prozent der Schüler dort bekommen einen<br />
Abschluss – weil man sich dort darauf konzentriert, berufliche Fähigkeiten zu unterrichten, für die eine hohe Nachfrage<br />
besteht, und man sich dort an den Bedürfnissen der Schüler orientiert, die Schule mit Arbeit und Familie unter einen Hut<br />
bringen müssen. Manchmal macht es schon einen sehr großen Unterschied, wenn man die Zeiten, wann der Unterricht<br />
stattfindet, nochmals überdenkt.<br />
Die Stiftung finanziert die Entwicklung <strong>von</strong> Online-Methoden, um sowohl Schülern des K-12-Systems als auch<br />
Collegestudenten beim Lernen zu helfen. Vorreiter wie Sal Khan zeigen bereits, wie wirkungsvoll Online-Methoden sein<br />
können. Auf seiner Website www.khanacademy.org, wird die Sammlung der 2.000 kurzen Schulungsvideos, angefangen<br />
<strong>von</strong> Themen wie den Grundrechenarten bis zu komplizierten Fachgebieten wie Biologie oder Physik, immer umfangreicher.<br />
Die Videos sind ein enormes Hilfsmittel für Schüler und Studenten jeden Alters.<br />
Sals Vorstellung, wie Technologie das Lernen verbessern kann, ist noch umfassender als nur die Videos. Mit der Unterstützung<br />
der Stiftung konnte er seine Website erweitern und Online-Übungen mit einbinden, die Schwachpunkte deutlich machen,<br />
und auf zusätzliches Material verweisen, das die Wissenslücken füllt. Die Khan Academy entwickelt außerdem ein Online-<br />
Dashboard, das den Lehrern dabei helfen soll, die Website als Teil ihres Lehrplanes zu benutzen. Das Dashboard informiert<br />
den Lehrer darüber, wie jeder einzelne Schüler abschneidet, bestimmt ganz genau, wo ihre Schwierigkeiten liegen und<br />
schlägt Erklärungen und Übungen vor, die helfen.<br />
Obwohl es klar ist, dass das Lernen online für hoch motivierte Schüler funktioniert, müssen wir lernen, wie man das<br />
Lernen im Klassenzimmer und das Lernen online miteinander verbinden können, besonders für jüngere und weniger gut<br />
vorbereitete Schüler. Durch die Entwicklung dieser Projekte und indem wir anfangen, viele dieser Fragen zu beantworten,<br />
wird es uns, glaube ich, durch die Technologie möglich werden, die Bildung trotz der Haushaltsbeschränkungen, drastisch<br />
zu verbessern.<br />
Die Giving Pledge<br />
Warren Buffett ist ein außergewöhnlicher Freund und Mentor für <strong>Melinda</strong> und mich, und wir haben<br />
soviel <strong>von</strong> ihm gelernt, indem wir Zeit mit ihm verbracht haben und zusammen mit ihm an Projekten<br />
der Stiftung gearbeitet haben. Vor einigen Jahren schlug Warren vor, dass er, <strong>Melinda</strong> und ich uns mit<br />
einigen der großzügigsten Spender treffen sollten, um zu sehen, was wir <strong>von</strong> ihnen lernen könnten. Wir<br />
fingen mit Abendessen an, bei denen alle darüber sprachen, warum sie spenden, wofür sie Leidenschaft<br />
empfinden und was sie sich wünschen, besser machen zu können. Die Abendessen entwickelten sich zu Diskussionen über<br />
die Schwierigkeiten bei wirkungsvollen Spenden. Es wurde deutlich, dass das kollektive Wissen umfangreich war und dass<br />
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Besuch der Ridgeway Middle School mit <strong>Melinda</strong>, um mehr über das Measures of<br />
Effective Teaching-Projekt zu erfahren (Memphis, Tennessee, 2010).
Im Uhrzeigersinn <strong>von</strong> oben links: Geetanjali in ihrer Bäckerei mit ihrem Sohn und ihrer Tochter (Neu-Delhi, 2010). Frau trägt Mais zum Markt (Kunsu, Ghana, 2010). Kamla<br />
Devi in ihrem Blumenladen am Straßenrand (Neu-Delhi, 2010). Kind bekommt Schluckimpfung gegen Polio (Kano, Nigeria, 2010). Studenten lernen über Biotechnologie in Dr.<br />
Kinchingtons 10. Klasse der Science and Technology Academy (Pittsburgh, Pennsylvania, 2010).<br />
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<strong>2011</strong><br />
<strong>Jahresbrief</strong> <strong>von</strong> <strong>Bill</strong> <strong>Gates</strong><br />
wir uns gegenseitig inspirieren und in manchen Fällen auch zusammenarbeiten könnten. Ein starkes Gefühl herrschte vor,<br />
dass wir unsere Diskussion auf eine größere Gruppe erweitern sollte, einschließlich der Menschen, die noch nicht so lange<br />
gespendet hatten wie wir.<br />
Das führte zu der Idee des Giving Pledge. Dabei handelt es sich einfach nur um eine Verpflichtung, den größten Teils<br />
seines Vermögens zu spenden, entweder während des Lebens oder durch das Testament. Wir hoffen, dass das die<br />
Menschen langfristig dazu ermutigen wird, früher anzufangen, mehr zusammenzuarbeiten und ihre Spenden sogar noch<br />
wirkungsvoller zu machen.<br />
Wir sind begeistert, dass bereits 58 Leute Zusagen gemacht haben. Sie können ihre Briefe, in denen sie darüber schreiben,<br />
was sie über das Spenden denken, auf www.givingpledge.org lesen. Die Vereinigten Staaten sind das großzügigste Land<br />
auf der Welt. Mehr als 15 Prozent der großen Vermögen gehen an die Wohltätigkeit. Das ist aussagekräftig, aber das kann<br />
noch gesteigert werden. Warren meinte: “Wir wollen, dass das Spenden-Level allgemein ansteigt. Wir wollen, dass diese<br />
Aktion dazu beiträgt, dass die Gesellschaft noch großzügiger wird. Wir hoffen, dass sich die Norm verändern wird und die<br />
Menschenliebe noch größer und gewandter wird“.<br />
Obwohl sich diese Bestrebungen auf die wohlhabendsten Menschen in den Vereinigten Staaten konzentrieren, ermutigen<br />
uns die Bemühungen anderer Gruppen und wir unterstützen diese. Einige Spitzen-Geschäftsleute aus China und Indien<br />
haben uns zum Beispiel gebeten, dass wir uns mit ihnen treffen, um die Diskussion über Spenden in ihren Ländern<br />
anzuregen. Warren und ich haben uns im November mit ihnen in China getroffen und waren sehr glücklich darüber, wie<br />
viele Manschen kamen und den Verlauf, den die Unterhaltung nahm. Wir werden alle drei in der ersten Jahreshälfte bei<br />
einem ähnlichen Treffen in Indien dabei sein.<br />
Die Unterhaltung fortführen<br />
Letztes Jahr habe ich www.gatesnotes.com ins Leben gerufen und habe einen Twitter-Feed<br />
(@<strong>Bill</strong><strong>Gates</strong>) begonnen, um meine Gedanken über die Arbeit, die wir tun, und darüber, was ich <strong>von</strong><br />
Führungspersonen und Vorreitern lerne, mitzuteilen. Ein großer Vorteil dieser Methoden ist, dass ich<br />
dadurch etwas <strong>von</strong> den Leuten erfahren kann. Im Laufe des nächsten Jahres werde ich noch ein paar<br />
neue Arten ausprobieren, wie man Interaktivität auf dieser Website mit einbinden kann, damit ich<br />
sogar noch mehr Feedback bekommen kann.<br />
<strong>Melinda</strong> ist auch sehr daran interessiert, eine Unterhaltung in größerem Rahmen anzukurbeln über die Themen, auf die<br />
sie sich innerhalb der Stiftung konzentriert hat. Letztes Jahr hat sie angefangen, regelmäßig Beiträge im Blog der Stiftung<br />
zu verfassen. Sie war auch Gastgeberin einer grandiosen TEDx-Veranstaltung (www.tedxchange.org) in New York, bei<br />
der interessante Referenten zur weltweiten Gesundheit und Entwicklung zusammenkamen. Daran anknüpfend wird sie<br />
nächstes Jahr eine Reihe <strong>von</strong> “TedxChange“-Events rund um die Welt veranstalten – wie z. B. in Kenia und Indien. Ziel<br />
dieser Events ist es, Menschen die Möglichkeit zu geben, etwas über die Gesundheit und die Entwicklung <strong>von</strong> den Menschen<br />
zu erfahren, die in den Ländern wohnen, wo die Arbeit <strong>von</strong>stattengeht.<br />
Trotz der schwierigen Lage des Staatshaushaltes und der Komplexität der Probleme, mit denen sich die Stiftung befasst,<br />
bleiben <strong>Melinda</strong> und ich optimistisch. Wir lernen so viele außergewöhnliche Führungskräfte kennen, durch deren Arbeit<br />
die Welt verbessert wird.<br />
Mein Vater, unser Ko-Vorsitzender, hat die Richtung der Stiftung <strong>von</strong> Anfang an festgelegt und er hilft uns immer dabei,<br />
daran zu denken, was wichtig ist. Jeff Raikes, unser CEO, bringt immer mehr tolle Leute an Bord und verbessert unsere<br />
Arbeit. Nicht jeder kann sich an den Ort des Geschehens begeben oder selbst spenden. Aber jeder <strong>von</strong> uns kann ein<br />
Fürsprecher für die Leute sein, deren Stimmen oft nicht gehört werden. Ich ermutige jeden dazu, sich an dieser Arbeit zu<br />
beteiligen, damit die Probleme, mit denen diese Menschen zu kämpfen haben, gelöst werden können. Diese Arbeit wird Sie<br />
ein Leben lang in ihren Bann ziehen.<br />
<strong>Bill</strong> <strong>Gates</strong><br />
Co-Vorsitzender, <strong>Bill</strong> & <strong>Melinda</strong> <strong>Gates</strong> <strong>Foundation</strong><br />
Januar, <strong>2011</strong><br />
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Die <strong>Bill</strong> & <strong>Melinda</strong> <strong>Gates</strong> <strong>Foundation</strong> wird <strong>von</strong> der Überzeugung geleitet, dass jedes Leben den gleichen Wert hat, und<br />
bemüht sich darum, allen Menschen zu einem gesunden und produktiven Leben zu verhelfen. In Entwicklungsländern<br />
konzentriert sich die Stiftung auf eine Verbesserung der Gesundheit der Menschen und gibt diesen eine Chance, sich<br />
aus Hunger und extremer Armut zu befreien. In den Vereinigten Staaten möchte die Stiftung erreichen, dass alle<br />
Menschen, insbesondere diejenigen mit den geringsten Mitteln, Zugang zu den Chancen erhalten, die für einen Erfolg<br />
in der Schule und im Leben nötig sind. Hauptsitz der Stiftung ist Seattle, Washington. Die Stiftung wird <strong>von</strong> CEO Jeff<br />
Raikes und dem Co-Vorsitzenden William H. <strong>Gates</strong> Sr. unter Führung <strong>von</strong> <strong>Bill</strong> und <strong>Melinda</strong> <strong>Gates</strong> und Warren Buffett<br />
geleitet. Mehr dazu unter: www.gatesfoundation.org.<br />
PO Box 23350, Seattle, WA 98102 | +1.206.709.3100 | info@gatesfoundation.org | www.gatesfoundation.org<br />
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