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050929 - Zusammenfassungen - FRONTINUS-Gesellschaft

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Kurzfassungen<br />

der<br />

Vorträge


Inhalt:<br />

Burganlagen im regionalen Umfeld<br />

Dr. Peter Haupt Die karolingische Wasserleitung bei Ingelheim,<br />

Kr. Mainz-Bingen<br />

Holger Grewe, M.A. Die Wasserversorgung der Kaiserpfalz Ingelheim<br />

am Rhein im 8. / 9. Jahrhundert<br />

Dr. Reinhard Friedrich Zur Wasserversorgung von Burgen am Mittelrhein<br />

Dieter Barz Schlössel / Klingenmünster: Wasserversorgung und<br />

Hygiene auf einer Burg des 11. Jahrhunderts<br />

Dr. Hubert Puhl Burg Spangenberg: Zweigleisige Wasserversorgung<br />

einer kleinen Grenzburg im Pfälzerwald<br />

Dipl.-Ing. Michael Müller Wasserversorgung der Burg Frankenstein a. d.<br />

Bergstraße<br />

Christoph Keller, M. A. Der Deichelweiher der Burg Blankenberg<br />

Dr. Klaus Grewe Wasser für Burg Blankenheim<br />

Interdisziplinäre Untersuchungen zur Wasserleitung<br />

von Burg Blankenheim<br />

Dr. Klaus Grewe Die Techniken der Herstellung von Holzrohren<br />

Dr. Jutta Meurers-Balke und Die frühneuzeitliche Landschaft um Blankenheim im<br />

Dr. Ralf Urz Spiegel archäobotanischer Untersuchungen<br />

Dipl.-Forstw. Mechthild Neyses-Eiden Aussagemöglichkeiten der Dendrochronologie zur<br />

Wasserversorgung<br />

Prof. Dr.-Ing. Peter Mesenburg Raumanalyse nach Vermessung und Modellierung<br />

Dipl.-Geophys. Jobst J. M. Wippern Die Lokalisierung der Blankenheimer Holzrohr-<br />

leitung mit dem Magnetometer<br />

Frank Willer Zur mittelalterlichen Wasserleitung aus Blanken-<br />

heim – Metallanalysen und Herstellungstechnik<br />

der Deichelringe<br />

Dipl.-Ing. Werner und Hydraulische Betrachtungen zur karolingischen<br />

Dipl.-Ing. Bodo Lamberth Wasserleitung Ingelheim<br />

Burganlagen im überregionalen Umfeld<br />

Dirk Höhne Filterzisternen auf Burgen im mitteldeutschen Raum<br />

Prof. Dr.-Ing. Horst Wingrich Die Wasserversorgung der Merseburg in Sachsen<br />

Matthias. Weinhold Die Wasserversorgung auf Burgen der sächsischen<br />

und böhmischen Schweiz<br />

Prof. Dr. Ralf Busch Die Wasserversorgung der Harzburg oberhalb von<br />

Bad Harzburg, Niedersachsen<br />

Dr. Bernhard Ernst Die Wasserversorgung auf Burgen im Südosten der<br />

Oberpfalz unter besonderer Berücksichtigung der<br />

Burg Runding


Thomas Bitterli-Waldvogel, M.A. Wasserversorgung auf Burgen im Jura (Kalk) und<br />

im Alpenraum (Kristallin) – Eine regionale Übersicht<br />

Dipl.-Ing. ETH/SIA Raeto M. Conrad Die Tiefbrunnen im Burgstädtchen Regensberg/<br />

Zürich und auf dem Stammsitz der Habsburger im<br />

Aargau<br />

Heinz Hause Tiefster Basalt-Burgbrunnen auf der Hohenburg<br />

Lothar Türck Die Grabung im Burgbrunnen von Schloss Nienover<br />

Ernst Kanitz, Mag. Phil. / M. A. Die Wasserversorgung der Engelsburg in Rom<br />

Dr.-Ing. Dankwart Leistikow Wassertechnische Einrichtungen in Castel del<br />

Monte und zeitnahen Kastellbauten<br />

Dr. phil. Michael Losse, M. A. Aspekte der Wasserversorgung mittelalterlicher<br />

Burgen auf den ägäischen Inseln (Griechenland):<br />

Beispiele aus dem Johanniter-Ordensstaat auf den<br />

Dodekanes (1306/07-1522)<br />

Dr. Mathias Piana Zur Wasserversorgung von Kreuzfahrerburgen<br />

René Kill Filterzisternen auf Höhenburgen des Elsass


Die karolingische Wasserleitung bei Ingelheim, Kr. Mainz-Bingen<br />

Dr. Peter Haupt<br />

und<br />

Die Wasserversorgung der Kaiserpfalz Ingelheim am Rhein im 8. / 9. Jahrhundert<br />

Holger Grewe, M. A.<br />

Die Kaiserpfalz Ingelheim zählt zu den wenigen Großbauten des Frühmittelalters, die in umfangreichen<br />

Resten erhalten sind und die auf Grund intensiver archäologischer Forschung<br />

hinsichtlich ihrer Bauform und -topographie einigermaßen gesichert rekonstruierbar sind.<br />

Nach heutiger Kenntnis handelt es sich um ein Bauensemble, dessen einzelne Gebäude<br />

einesteils in den Formen des 8. / 9. Jahrhunderts stehen, andernteils jedoch auf Vorbilder<br />

der antiken und spätantiken Architektur zurück gehen. Pars pro toto lässt sich diese Feststellung<br />

für die Aula regia treffen, die in der Bauperiode 1 nach der Form und den Raumproportionen<br />

ein Abbild der einschiffigen monumentalen Apsidensäle vom Typ der sog. Konstantinsbasilika<br />

in Trier aus dem frühen 4. Jahrhundert ist.<br />

Auf diesem Hintergrund ist es besonders interessant, dass östlich von Ingelheim die Reste<br />

einer sieben Kilometer langen Fernwasserleitung erhalten sind, die das Quellgebiet Karlsquellen<br />

bei Heidesheim mit dem Pfalzbezirk verband. Die Sohle und Wangen der im lichten<br />

Maß bis 43 cm breiten gemauerten Leitung sind mit Opus signinum verputzt, die innere<br />

Scheitelhöhe des Gewölbes beträgt bis 110 cm. Die Leitung verläuft am nördlichen Plateaurand<br />

des Mainzer Berges durch Löß- und Sandböden und durchfährt hierbei das Wackernheimer<br />

Tal, ohne dass eine Aquäduktbrücke erforderlich war. Die vormalige Bezeichnung<br />

des Bauwerks als römisch-karolingische Wasserleitung ist heute überholt, nachdem bei archäologischen<br />

Untersuchungen 1997 drei nachrömische Keramikfragmente im Mörtel der<br />

Leitung entdeckt wurden. Aus dem Kalkmörtel stammen ebenso Holzkohlepartikel, deren<br />

Untersuchung mit der Radiokarbonmethode kalibrierte Alter für 779, 793 und 800 n. Chr.<br />

ergab.<br />

Es ist bemerkenswert, dass nur 3 Kilometer östlich der Karlsquellen im Königsborn bei<br />

Mainz-Finthen das Quellgebiet für die römische Wasserleitung des Legionslagers Mogontiacum<br />

(Mainz) liegt. Der Bau der Fernwasserleitung für die Pfalz Ingelheim war demnach nicht<br />

nur ganz allgemein an antiken Vorläuferbauten orientiert, sondern vielleicht durch die vorerwähnte<br />

Leitung inspiriert. Jedenfalls boten deren Reste, die bis heute im Zahlbachtal auch<br />

oberirdisch erhalten sind, ein Anschauungsbeispiel und Studienobjekt für die gegen Ende<br />

des 8. Jahrhunderts in Ingelheim beschäftigten Bauingenieure.<br />

Bei den jüngsten, seit 1993 laufenden archäologischen Untersuchungen in der Kaiserpfalz<br />

konnten auch weiterführende Beobachtungen zu den wasserbautechnischen Anlagen angestellt<br />

werden. Bei der Ausgrabung von zwei Rundtürmen am Heidesheimer Tor wurde ein<br />

gemauerter Kanal freigelegt, der an anderer Stelle bereits bei Altgrabungen aufgedeckt worden<br />

war, ohne dass bisher eine zuverlässige Datierung möglich gewesen wäre. Selbst die<br />

Zweckbestimmung als Teil einer superben Kloakenanlage wurde in Vorschlag gebracht.<br />

Zu den wichtigsten neuen Feststellungen zählt nun die Beobachtung, dass der Kanal mit<br />

dem Mauerwerk der Rundtürme verzahnt ist und die Türme selbst mit der exedraförmigen<br />

Halbkreisarchitektur im Bauverband stehen. Damit erweist sich der Kanal als Teil der ersten<br />

Bauperiode des späten 8. Jahrhunderts. Er durchzieht mindestens vier von insgesamt sieben<br />

Türmen auf der Exedra-Außenseite, in denen er teils offen, teils überwölbt verlief. Bis heute<br />

ist der Einspeisungspunkt des Trinkwassers aus der Fernleitung in diesen Kanal nicht aufge-


deckt, da Ausgrabungen im Südteil des Pfalzareals vollständig fehlen. Auch die Verbrauchsstellen<br />

sind nicht bekannt. Jedenfalls kommt das in alten Grabungsplänen verzeichnete<br />

„Karlsbad“ als Badeanlage Karls des Großen nach dem Vorbild der in karolingischer Zeit<br />

wieder in Gebrauch gesetzten Thermen der Aachener Pfalz nicht in Frage, da seine geringe<br />

Größe eindeutig gegen diese Funktion spricht.<br />

Aus Altgrabungen sind noch weitere Befunde bekannt, die zu wasserführenden Einrichtungen<br />

gehört haben könnten. Hierzu zählen kanalartige Schächte im Fundament mehrerer<br />

Pfalzgebäude.<br />

Auch wenn mit der Datierung der Wasserleitung in der Kaiserpfalz ein wichtiges Ergebnis<br />

erzielt werden konnte, ist unsere Kenntnis von baulichen Anlagen zum Gebrauch des Wassers<br />

noch sehr gering. Auch aus diesem Grund ist der Fortführung der archäologischen Ausgrabungen,<br />

die 2007 erstmals in den noch vollständig unbekannten Südteil des Pfalzareals<br />

voran getrieben werden können, mit hohen Erwartungen entgegen zu sehen.<br />

Zur Wasserversorgung von Burgen am Mittelrhein<br />

Dr. Reinhard Friedrich<br />

Die Wasserversorgung spielte eine zentrale Rolle auf mittelalterlichen Höhenburgen. In Friedenszeiten<br />

benötigten Mensch und Tier ausreichend Trink-, Koch- und Waschwasser. Bei<br />

einer Belagerung wurde die Trinkwasserversorgung zu einem entscheidenden Faktor. Dennoch<br />

waren bei der Standortwahl zunächst fortifikatorische Gesichtspunkte ausschlaggebend.<br />

Um die Wasserversorgung auf den Höhenburgen sicher zu stellen, bedurfte es häufig<br />

aufwändiger Maßnahmen.<br />

Bei den Burgen im Mittelrheingebiet finden sich Beispiele für alle Arten der Wasserversorgung<br />

auf mittelalterlichen Burgen.<br />

Nur wenige Befestigungen waren in der glücklichen Lage, im Burgbereich eine natürliche<br />

Wasserversorgung durch eine Quelle zu haben, deren Wasser z. B. in einem aus dem Fels<br />

geschlagenen Becken gesammelt werden konnte (Gutenfels; Stahleck).<br />

Technisch aufwändig und entsprechend selten war eine externe Wasserversorgung über<br />

Rohrleitungen wie im Falle der Burg Dalberg. Sie hatte zudem den großen Nachteil, dass sie<br />

in Gefahrenzeiten vom Angreifer blockiert werden konnte. Dies gilt auch für den Wassertransport<br />

mittels Lasttieren.<br />

Die übliche Methode war daher Anlage eines Brunnens. Bei Höhenburgen konnte dieser<br />

eine beträchtliche Tiefe haben und erforderte einen hohen Arbeitsaufwand und Kosteneinsatz.<br />

Der vielleicht auf römische Zeit zurückgehende Brunnen der Burg Klopp besitzt beispielsweise<br />

eine Tiefe von ca. 52 Metern.<br />

Eine weitere Möglichkeit war das Auffangen des von den Dächern ablaufenden Regenwassers.<br />

Es wurde mittels Rohrleitungen in Becken oder in unterirdisch angelegten, mit Ton abgedichteten<br />

Tankzisternen gesammelt, wo es kühl lagerte und mit Eimern wie aus einem<br />

Brunnen geschöpft werden konnte. Aufwändiger waren Filterzisternen, bei denen das Regenwasser<br />

zunächst durch Kiesschichten geleitet und gesäubert wurde. In Burg Monfort nahe<br />

Bad Kreuznach wurde eine solche entdeckt. Auch auf Burg Ehrenfels konnte eine Filterzisterne<br />

ausgegraben werden. Das Regenwasser wurde dort zunächst in zwei mit Ton abgedichtete<br />

Einlaufbecken aus schräg gestellten Schieferplatten geleitet und zur Filterung durch<br />

Kiesschichten geführt. Durch überwölbte Kanäle wurde das Wasser anschließend in die ringförmig<br />

gemauerte Zisterne von 1,7 m Durchmesser geleitet.


Da sich sowohl der Rand eines Tiefbrunnens als auch einer Zisterne über der Oberfläche<br />

gleichen, ist bei zahlreichen Burgen ohne Ausgrabung kaum zu klären, ob ein erhaltener<br />

„Brunnenrand“ wirklich zu einem Brunnen oder vielleicht auch zu einer Zisterne gehört.<br />

Schlössel / Klingenmünster: Wasserversorgung und Hygiene auf einer Burg<br />

des 11. Jahrhunderts.<br />

Dieter Barz<br />

Die Burgruine „Schlössel“ – deren eigentlicher Name unbekannt ist – liegt auf einem Bergausläufer<br />

am Rande des Pfälzer Waldes bei Klingenmünster. Die Ruine überlagert einen Teil<br />

einer frühmittelalterlichen Befestigung und wird nach Ausgrabungen von 1899 –1904 und<br />

1935, erneut seit 1988 archäologisch untersucht. Die Ausgrabung der Kernburg ist – bis auf<br />

kleinere Verkehrsflächen im Hof sowie Nachuntersuchungen im Wohnturm und Abortschacht<br />

– weitgehend abgeschlossen. Dabei haben sich bisher keinerlei Hinweise auf Wasserversorgungseinrichtungen<br />

ergeben. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand wurde die Burg etwa um<br />

1030/50 errichtet und nach vier Zerstörungen wohl in der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts verlassen<br />

und durch die Burg Landeck ersetzt. Die Kernburg war von Anfang an durch eine<br />

Mauer in zwei Bereiche geteilt, wobei der Wohnturm mit Abortschacht und Vorbau sowie ein<br />

kleiner Innenhof den „herrschaftlichen Bereich“ bilden und der größere Teil der Burg in der<br />

Frühzeit nahezu ausschließlich zu handwerklichen Tätigkeiten genutzt wurde.<br />

Hinweise auf die Hygiene geben neben dem Abortschacht, in der zweiten Bauphase besonders<br />

ein Badehaus mit einer Heizungsanlage aus Stein, das nach Befunden sowohl für<br />

Dampfbäder als auch für Wannenbäder gedient haben dürfte. Auf eine andere konstruktive<br />

Umsetzung weisen Befunde aus der Stammburg der Grafen von Anjou in Angers (Maine-et-<br />

Loire) in Frankreich aus dem 10./11. Jh. hin. Die zeitgenössische Literatur gibt u.a. neben<br />

konstruktiven Beschreibungen auch Hinweise auf gemeinschaftliche Dampf- und Wannenbäder<br />

und das ein Gast mit einem Bad empfangen wurde. Die gesellschaftliche Bedeutung<br />

des Badens im Mittelalter darf generell nicht unterschätzt werden. Besonders aufwendige<br />

Badehäuser könnten durchaus auch eine gewisse Rolle als Statussymbol gespielt haben.<br />

Im Erdgeschoss des Wohnturmes vom Schlössel gibt ein Mauerschlitz - der innen in Hüfthöhe<br />

und außen 2,20 m über dem Hofniveau liegt - einen Hinweis auf eine weitere Möglichkeit<br />

der Wasserversorgung neben Zisternen oder Brunnen und zwar auf die Lagerung von Wasser<br />

in Holzfässern. Es ist durchaus möglich, das Wasser von außen mittels Holzdeichelleitung<br />

oder Lederschlauch ins Innere des Wohnturmes geleitet wurde und dort möglicherweise<br />

direkt in Holzfässer oder andere Behältnisse gefüllt wurde. Mehrere kleine Hufeisen im<br />

Fundgut weisen darauf hin, dass der Wassertransport in die Burg durch sog. Wasserträger<br />

mit Hilfe von Mulis oder Eseln erfolgt sein dürfte. In der näheren Umgebung der Burg befinden<br />

sich zwei Quellen bzw. ein Wasserlauf in unterschiedlicher Höhe, welche eine derartige<br />

Wasserversorgung gut möglich machen. Auf diese Weise dürfte wohl auch der tägliche Bedarf<br />

an Frisch- und Brauchwasser gedeckt worden sein.<br />

Im frühen Burgenbau lassen sich sowohl Burgen ohne als auch mit Zisternen oder Brunnen<br />

beobachten. Im 12. und 13. Jahrhundert besitzt nicht jede Kernburg eine derartige Vorrichtung.<br />

So liegt z. B. der Brunnen von Neuleinigen in der Vorburg oder erfolgte die Wasserversorgung<br />

von Schloss Tirol mit einer Wasserleitung von einer Quelle oberhalb der Burg. Hier<br />

dürfen wir wohl annehmen, dass das Wasser für den Notfall in Holzfässern - wahrscheinlich<br />

in jeweils vorhandenen Kellern - gelagert wurde.<br />

Abschließend werden Fragen aufgeworfen, die für die Beurteilung der Wasserversorgung<br />

von Burgen von Bedeutung sein können.


Burg Spangenberg: Zweigleisige Wasserversorgung einer kleinen Grenzburg<br />

im Pfälzerwald<br />

Dr. Hubert Puhl<br />

Burg Spangenberg, gelegen im Pfälzerwald bei der kleinen Ortschaft Erfenstein im Kreis Bad<br />

Dürkheim, ist seiner einprägsamen Silhouette wegen das Wahrzeichen des Elmsteiner Tales.<br />

Hier stößt ein Ausläufer des (heute so genannten) Schlossberges weit ins Tal des Speyerbaches<br />

vor und endet abrupt in einem ca. 24 m hohen senkrecht abfallenden Sandsteinfelsen.<br />

Auf diesem Felsen von rd. 110 m 2 Grundfläche erhob sich die (Ober-)Burg. Indem man<br />

bergseitig den Schlossberg durchschnitt, gewann man auf bequeme Weise Baumaterial für<br />

die Burg und schuf gleichzeitig einen Halsgraben. In einem 2. Bauabschnitt vergrößerte man<br />

den Halsgraben und errichtete eine 2. Schildmauer, die zusätzlichen Platz für Gebäude in<br />

der so entstehenden Mittelburg schuf. Erst in einem 3., wesentlich späteren Bauabschnitt<br />

umschloss man den Fuß des Burgfelsens mit einer Ringmauer, wodurch die Unterburg entstand.<br />

Bauherr und Gründungsjahr der Burg sind unbekannt. Die Ersturkundenerwähnung datiert<br />

von 1317. Damals waren die Fürstbischöfe von Speyer Besitzer der Burg, und sie blieben es<br />

ohne jegliche Verpfändung bis 1803. Auf Spangenberg dienten speyerische Gefolgsleute,<br />

die dem Niederadel entstammten. Ein Geschlecht „von Spangenberg“ hat es hier nie gegeben.<br />

Beginnend mit dem 30-jährigen Krieg wurde die Burg mehrfach zerstört.<br />

Das Motiv zum Bauen einer Veste in diesem abgelegenen Tal bestand im Schutz der damals<br />

kostbaren Wälder gegenüber den Grafen von Leiningen, die auf dem andern Ufer des Speyerbaches<br />

über Besitzungen verfügten. Die Leininger wiederum fürchteten genau so einen<br />

Übergriff durch die Speyerer, was sie durch den Bau der Gegenburgen Erfenstein und Breitenstein<br />

zu verhindern trachteten. Diese Grenzsituation ist heutzutage noch gegenwärtig:<br />

Burg Erfenstein und die gleichnamige Ortschaft gehören zum Landkreis Bad Dürkheim, während<br />

Burg Spangenberg auf Neustadter Gebiet liegt. Die Stadt Neustadt ist übrigens auch<br />

Besitzerin der Burg.<br />

In der Südostecke der Oberburg gibt es eine Zisterne. Ihr Unterteil (V = 3,4 m 3 ) ist aus dem<br />

Felsen geschlagen, ihr Oberteil (V = 2,1 m 3 ) wurde erst wieder in jüngster Zeit aufgemauert.<br />

Die Menge an gespeichertem (Regen-)Wasser hätte ausgereicht, die Burgbesatzung für 60<br />

Tage mit dem kostbaren Nass zu versorgen.<br />

Dass die Burgenerbauer keinen Tiefbrunnen bohren mussten, war bestimmt ein weiterer<br />

Pluspunkt bei der Wahl des Bauplatzes: Sie ersparten sich dadurch rd. 80 Höhenmeter<br />

Bergbauarbeit; denn im Fels selbst war kein Wasservorkommen zu erwarten. Höhenmäßig<br />

oberhalb von Burg Spangenberg gibt es nämlich in rd. 400 m Entfernung eine Hangquelle,<br />

deren Wasser man über eine Deichelleitung in die Burg leitete.<br />

Der heute so bezeichnete Burgbrunnen ist zweifelsfrei durch Menschenhand angelegt. Er<br />

besteht aus zwei Brunnenkammern, deren hintere gegenüber der vorderen gewinkelt abknickt.<br />

Die Seitenwände bestehen aus sorgfältig behauenen Sandsteinquadern in Trockenmauertechnik.<br />

Große Platten decken das Ganze ab. Der Boden der Vorderkammer war mit<br />

Platten ausgelegt. Vor der Stirnwand des Brunnens befindet sich ein Absatzbecken. Die<br />

Quelle liefert noch heute Wasser.<br />

Die Strecke zwischen Burgbrunnen und Burg wurde mittels einer hölzernen Deichelleitung<br />

überbrückt. Dass es eine Deichelverbindung gab, ist durch Funde gesichert, ihr exakter Verlauf<br />

jedoch nicht. Ebenfalls gesichert ist das Ende der Deichelleitung, das so genannte Auslaufbecken.<br />

Es ist eines der wenigen größeren Fundstücke auf Burg Spangenberg. Zudem<br />

ist der „steinerne Sarg“ literarisch belegt (1748). Eine Replik steht heute touristisch attraktiv<br />

im Hof der Mittelburg. Ursprünglich steckte das Auslaufbecken in der Ringmauer der Mittelburg.<br />

Das kann am Original aufgrund der äußeren Form sowie von Mörtelresten abgelesen<br />

werden. Das Wasser des Burgbrunnens ist jedenfalls nie in die Zisterne der Oberburg geleitet<br />

worden.


Auf jeden Fall haben die Burgerbauer schon damals für eine optimale Wasserversorgung<br />

ihrer Burg gesorgt.<br />

Abb. 1:Grundriss des Burgbrunnens Abb. 2: Endpunkt der Deichelleitung und<br />

Auslaufbecken in der Mittelburg<br />

Abb. 3: Ein Stück Deichelleitung zwischen Burgbrunnen und Burg


Wasserversorgung der Burg Frankenstein a. d. Bergstraße<br />

Dipl.-Ing. Michael Müller<br />

Die Burg Frankenstein liegt etwa 15 km südlich von Darmstadt und wurde 1252 erstmals<br />

urkundlich erwähnt. Die vorliegende Untersuchung entstand im Rahmen einer umfassenden<br />

Recherche zur Rekonstruktion der mittelalterlichen Anlage. Es stellte sich dabei heraus, dass<br />

der Brunnen das ursprünglichste Bauwerk der durch Sanierungsmaßnahmen stark verfälschten<br />

Höhenburg ist.<br />

Der innere Brunnenmantel wurde fotografisch dokumentiert und im Handaufmaß vermessen.<br />

Sein Durchmesser beträgt etwa 2,00 m. Bis zu einer Tiefe von 6,00 m ist die Brunnenröhre in<br />

Bruchstein (Mauerstärke 0,40 m) gemauert und führt durch Aufschüttung. Im Abstand von<br />

ca. 0,25 m wird das unregelmäßige Mauerwerk immer wieder zu einer durchlaufenden Fuge<br />

vermittelt. Darunter ist sie in den anstehenden Gabbro geschlagen. Hier verläuft ihr runder<br />

Querschnitt in einen viereckigen. Sie endet bei 10m in einer Schuttschicht. Der Wasserspiegel<br />

lag im Kontrolljahr 2003 konstant in 8m Tiefe. In der Brunnenwand befinden sich Rüstlöcher<br />

in drei Lagen (bei 3,00 m, 4,30 m, 6,00 m). Daneben wurde eine fensterartige Öffnung<br />

(0,60 x 0,40 m) in 3,30 m Tiefe entdeckt, deren Bedeutung nicht geklärt werden konnte.<br />

Bei der Quellenrecherche traten Hinweise auf einen zweiten Brunnen auf, der allerdings im<br />

19. Jh. zugeschüttet wurde und seitdem als verschollen gilt. Es ist auch nicht klar, ob es sich<br />

tatsächlich um echte Brunnen oder um Zisternen handelt. Sicher ist, dass sie nicht ergiebig<br />

genug waren. Dies wird aus historischen Dokumenten (ab 16. Jh.) deutlich, die von der Verwendung<br />

von Wassertragtieren berichten. Hier ist der Ort ihrer Ställe, der Name der Hangquelle<br />

sowie Organisatorisches zum Schöpfdienst genannt. Offenbar erhielt die Vorburg eigens<br />

eine kleine Seitenpforte, um den Weg zur Quelle zu verkürzen. Der jüngste Text, der<br />

den Gebrauch von Wassereseln dokumentiert, stammt aus dem Jahr 1923.<br />

Der Deichelweiher der Burg Blankenberg<br />

Christoph Keller, M. A.<br />

Von 2003 bis 2005 wurde in drei Grabungskampagnen vom Rheinischen Amt für Bodendenkmalpflege<br />

ein Staudamm bei Blankenheim in der Eifel untersucht, um dessen Konstruktionsweise<br />

zu klären. Gleichzeitig sollten Hinweise auf die Datierung und einen vermuteten<br />

Zusammenhang mit der talwärts gelegenen Quellfassung der Wasserversorgung der Blankenheimer<br />

Burg gewonnen werden (vgl. Beitrag K. Grewe).<br />

Der Damm, dessen Aufbau durch einen Querschnitt untersucht wurde, war ein einfacher<br />

Erdwall. Hinweise auf hölzerne Einbauten oder einen aus Ton oder Steinen gearbeiteten<br />

Kern ergaben sich nicht. Dafür aber wurde deutlich, dass die Aufschüttung in zwei Phasen<br />

erfolgt sein muss. Als Baumaterial diente in beiden Fällen der lokal anstehende, stark mit<br />

Hangschutt durchsetzte Lehmboden.<br />

Durch den Dammfuß verliefen zwei Holzwasserleitungen. Die ältere Leitung, die 1517 aus<br />

zwei Buchenstämmen gefertigt hatte, diente als Ablass des Teiches. Die Stämme waren zu<br />

vierkantigen Balken gesägt und anschließend u-förmig ausgehöhlt worden. Ein aufgedübeltes<br />

Brett verschloss die Leitung, bevor sie im Staudamm verlegt wurde. Der 2,4 m hohe Erddamm<br />

selbst ruhte auf einem Unterbau aus Rasensoden, mit denen man den Baugrund stabilisiert<br />

hatte.


Um das Wasser aus dem Teich in das Rohr zu leiten, bedurfte es einer besonderen Konstruktion.<br />

In eine senkrecht auf der Leitung aufsitzenden Schacht, einen so genannten<br />

„Mönch“, stürzte das Wasser. Durch Schieber konnte der Wasserstand reguliert werden.<br />

Knapp 100 Jahre später, im Jahre 1605, musste eine neue Leitung verlegt werden. Diesmal<br />

verwendeten die Bauleute zwei mächtige Eichenstämme, um einen größeren Rohrdurchmesser<br />

zu erhalten. Auch wenn sie im Konstruktionsprinzip der älteren Leitung glich, so war<br />

sie doch mit deutlich weniger Aufwand hergestellt worden. Die neue Leitung scheint bis in<br />

das 19. Jahrhundert hinein funktioniert zu haben, bevor der Damm brach und nicht mehr<br />

repariert wurde.<br />

Vergleiche mit anderen Befunden im Rheinland zeigen, dass hier ein gängiges Konstruktionsprinzip<br />

für Stauteiche vorhanden war, welches in Blankenheim erstmals archäologisch<br />

gut untersucht werden konnte.<br />

Vermutlich diente der Teich zur Lagerung von Holzrohren, die zur Reparatur der Burg eigenen<br />

Wasserleitung hergestellt worden waren.<br />

Wasser für Burg Blankenheim<br />

Dr. Klaus Grewe<br />

Eins ist auf den ersten Blick klar: Die Wasserversorgung auf den Burgen des Mittelalters war<br />

für Menschen und Tiere lebenswichtig - zu manchen Zeiten gar überlebenswichtig. Betrachtet<br />

man aber die Gründe für die Auswahl eines Platzes bei der Anlage einer mittelalterlichen<br />

Burg, dann findet man die Wasserversorgung zumeist nachrangig behandelt, denn in erster<br />

Linie galt es offensichtlich, einen sicheren und gut zu verteidigenden Bauplatz auszuwählen.<br />

Die Probleme der Infrastruktur mussten dann sehr pragmatisch gelöst werden, und dazu<br />

gehörte auch die Auswahl der Möglichkeiten der Wasserversorgung.<br />

Da Burgen zumeist auf Bergen, zumindest aber auf Anhöhen oder künstlich angeschütteten<br />

Hügeln errichtet wurden, standen interne stetig fließende Quellen für die Versorgung kaum<br />

zur Verfügung. Man musste also mit dem Wasserdargebot zurechtkommen, das unter den<br />

vorgegebenen Umständen nutzbar zu machen war, denn die Auswahl unter verschiedenen<br />

Techniken war durchaus eingeschränkt: So war das Wasser externer Quellen oder Bäche<br />

nur zu nutzen, wenn es mittels Lasttieren oder Rohrleitungen herantransportiert werden<br />

konnte. Konnte man solche Dargebote nicht nutzen, blieb nur noch, sich aus Brunnen oder<br />

Zisternen zu versorgen.<br />

Die Wasserleitung der Grafen von Blankenheim<br />

Bei einem Ortstermin im Winter 1997/98 entpuppte sich ein bis dato sowohl von der Denkmalpflege<br />

als auch von der Bodendenkmalpflege undefiniertes Bauwerk im Hintergelände<br />

der Burg Blankenheim/Eifel überraschenderweise als großvolumiges Wasserreservoir. Deutliche<br />

Kalksinterablagerungen an den Innenwänden dieses kellerartigen Gebäudes ließen<br />

ohne Zweifel eine Zweckbestimmung als Wasserbehälter zu. Bei der Suche nach der unverzichtbar<br />

dazugehörigen Wasserzuleitung zeigten sich im nördlich an das Wasserreservoir<br />

anschließenden Gelände Bodenmerkmale, die mit der Wasserzuführung in Zusammenhang<br />

gestanden haben müssen. Dazu gehörten fünf trichterförmige Vertiefungen, die wie die Perlen<br />

einer Kette aneinandergereiht einer Linie über den Tiergarten-Berg folgen. Ein Zulaufgraben<br />

jenseits des Berges folgt dieser Linie und bildet mit den Trichtern zusammen den<br />

oberirdisch sichtbaren Teil eines Aquädukttunnels. Der gut 150 m lange Tunnel ist in der aus<br />

der Antike bekannten Qanatbauweise - also von einer Kette von fünf senkrechten Bauschächten<br />

aus - errichtet worden und durchsticht den Berg mit einer Überdeckung von bis zu<br />

16 m.


Wird die Blankenheimer Anlage schon durch den Tunnelbau unter den Technikbauten des<br />

späten Mittelalters hervorgehoben, so fällt sie auch in der weiteren Betrachtung noch einmal<br />

besonders auf. Denn auch im vor dem Tunnel von der Quelle herkommenden Trassenabschnitt<br />

entdeckten wir eine technische Besonderheit: Auf das Jahr 1468 (oder 1469) als Baujahr<br />

hatte die dendrochronologische Untersuchung eines hölzernen Wasserrohres hingewiesen,<br />

das in diesem Trassenabschnitt gefunden worden war. Das für die Untersuchung zur<br />

Verfügung stehende Rohrstück stammt aus einem von insgesamt zwei Holzrohrfunden, die<br />

1910-13 und noch einmal 1938 beim Blankenheimer Bahnhof gemacht worden waren.<br />

Schon die Fundlage dieser Rohre deutete darauf hin, dass das zwischen Quelle und Tunnel<br />

liegende – und an dieser Stelle 12 m tief eingeschnittene - Tal nicht von einer Gefälleleitung<br />

umfahren worden war, sondern dass man sich hier für die Verlegung einer Druckrohrleitung<br />

entschieden hatte.<br />

Die Zufallsfunde der Rohrstücke (Deicheln) ließen den ungefähren Verlauf der Leitung durch<br />

das Tal ohne weitergehende Untersuchungen festlegen. Darüber hinaus gaben sie aber<br />

auch bereits einen Hinweis auf die außergewöhnliche Ausführung dieses Siphons, nämlich<br />

als Holzrohrleitung (Deichelleitung), die immerhin einem Druck von 1,2 bar standzuhalten<br />

hatte. Diese Technik der Rohrverlegung ist außergewöhnlich, denn aus der Antike ist bekannt,<br />

dass man Druckleitungen eher aus Blei-, Stein- oder Tonrohren gebaut hat. Auch die<br />

Druckleitungen der mittelalterlichen Klöster hat man in der Regel aus Bleirohren gebaut. Im<br />

mittelalterlichen Burgenbau nimmt die Wasserleitung von Burg Blankenheim mit ihrem Tunnel<br />

und der Druckleitung auch in dieser Hinsicht eine Sonderstellung ein.<br />

Wenn auch die Technik der Taldurchfahrung dieser Wasserleitung aus Zufallsfunden ersichtlich<br />

war, so blieben weitere Fragen auch zu dieser Druckleitung offen. Da die Fundstellen<br />

aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bezüglich ihrer Lage nur beschrieben waren, galt<br />

es, den exakten Verlauf der Druckleitung zu bestimmen. Darüber hinaus war von Interesse,<br />

ob von der Leitung noch Reste im Boden verborgen sind und welchen Erhaltungszustand<br />

diese aufweisen.<br />

Um den genauen Verlauf der unterirdisch verlegten Leitung festzustellen, wurde auf einer<br />

Weide im ansteigenden Teil der Trasse eine Kartierung des magnetischen Feldes vorgenommen.<br />

Das Ergebnis der durchgeführten Magnetometermessungen ist für die archäologische<br />

Untersuchung der Wasserversorgung der Burg Blankenheim ein außerordentlicher<br />

Glücksfall, obwohl im Messbild von den Holzrohren nichts nachzuweisen war. Stattdessen<br />

zeigten sich aber die magnetischen Auswirkungen der Holzverbindungen, da sich die aus<br />

Eisen hergestellten Manschetten - die sog. Deichelringe - erhalten hatten. Im ansteigenden<br />

Teil der Druckleitungsstrecke konnten auf diese Weise rund 70 Deichelringe nachgewiesen<br />

werden, wodurch der Trassenverlauf in diesem Abschnitt auf rund 150 m Länge nachgewiesen<br />

war. Die Längen der einzelnen Holzrohre sind danach unterschiedlich bei einer mittleren<br />

Länge von rund 2 m.<br />

Im Sommer 2002 wurde im tief liegenden Teil dieser Taldurchfahrung eine archäologische<br />

Untersuchung durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass die Holzrohre völlig vergangen waren.<br />

Die eisernen Deichelringe und einige Spannringe hatten sich in ihrer ursprünglichen Lage<br />

allerdings erhalten.<br />

Bei der Suche nach dem Ort der Wassergewinnung führten verschiedene Hinweise in ein<br />

kleines Tal oberhalb von Blankenheim, dessen beziehungsreicher Name „In der Rhenn“ auf<br />

einen gewissen Wasserreichtum hinwies. Spärliche Reste eines steinernen Bauwerks konnten<br />

mit der Wasserversorgung der Burg in Zusammenhang gebracht werden, da hier auch<br />

heute noch Wasser an das Tageslicht tritt. In der Tranchot-Karte von 1808/09 ist diese Stelle<br />

zudem als „Font Vieille“ bezeichnet. Ausgrabungen brachten den gut erhaltenen Rest der<br />

aus drei Kammern bestehenden Brunnenstube zutage, die inzwischen wiederhergestellt und<br />

mit einem Schutzdach überbaut wurde.<br />

Der geringe Höhenunterschied von lediglich 7 m zwischen dieser „Alten Quelle“ und dem<br />

Burggelände machte dann schnell deutlich, warum hier in Blankenheim von der Technik her<br />

derart aufwendige Anstrengungen unternommen wurden, um die Burg mit Wasser aus der<br />

Quelle in der Rhenn zu versorgen: Die Quelle liegt in der Luftlinie rund 1000 m von der Burg<br />

entfernt; eine an das Geländerelief angepasste Gefälleleitung wäre aber rund doppelt so<br />

lang geworden, da sie ein weites Tal ausfahren und einen Berg – den Tiergarten – umrunden


musste. Nun waren im Mittelalter nicht derart schwache Gefälle auszubauen, wie wir sie von<br />

den römischen Wasserleitungen her kennen. Bei einem Gefälle von angenommenen 5‰<br />

hätte die Strecke zwischen Quelle und Burg jedenfalls eine Energiehöhe von mehr als 7 m<br />

erfordert. Da diese Höhe aber nicht zur Verfügung stand, war nach Möglichkeit eine verkürzte<br />

Trasse auszubauen. Das machte zum einen den Bau des Tiergartentunnels erforderlich.<br />

Durch den Ausbau einer weiteren Teilstrecke als Düker, also nach dem Prinzip der kommunizierenden<br />

Röhren, war darüber hinaus weitere Energiehöhe einzusparen.<br />

Um dieser außergewöhnlichen Einrichtung in ihrer technikhistorischen Bedeutung gerecht zu<br />

werden, sind inzwischen der Tunnel mit zwei Bauschächten und einem Mundloch, das Wasserhäuschen<br />

und die Brunnenstube restauriert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht<br />

worden. Danach können in Blankenheim sämtliche technischen Elemente der mittelalterlichen<br />

Wasserversorgung besichtigt werden.<br />

Die Techniken der Herstellung von Holzrohren<br />

Dr. Klaus Grewe<br />

Die 1998 begonnenen Untersuchungen an der Blankenheimer Wasserleitung, deren Ursprung<br />

durch ein Dendrodatum in den Winter 1468/69 gelegt werden kann, brachten eine<br />

hochtechnische Anlage an das Tageslicht. Die technische Ausstattung einer Fernwasserleitung<br />

mit einem Druckleitungsabschnitt und einer Tunnelstrecke ist für die Zeitstellung spätes<br />

Mittelalter äußerst ungewöhnlich. Die Untersuchungen des Rheinischen Amtes für Bodendenkmalpflege<br />

richteten sich deshalb auf alle technischen Elemente dieser Leitung, wobei<br />

schon die bisher erzielten Ergebnisse durchaus als spektakulär zu bezeichnen sind. Nach<br />

dem Tunnel (1998-2000) wurde im Jahre 2001 die Quellfassung am Anfang der Leitung untersucht.<br />

Dabei kamen acht zusammenhängend zu einem Trassenabschnitt der Leitung gehörende<br />

Holzrohre an das Tageslicht, die zwischen 1,0 m und 2,76 m lang waren. Diese<br />

Rohre waren recht gut erhalten und wurden einer genaueren Betrachtung unterzogen.<br />

Schon die dendrochronologische Untersuchung brachte überraschende Datierungsergebnisse.<br />

So sind die Fälldaten der zur Rohrherstellung verwendeten Baumstämme nicht<br />

einheitlich, sondern belegen einen Zeitraum von 1525 bis 1685. Da alle Rohre unterschiedliche<br />

Fälldaten aufweisen, kann nur davon ausgegangen werden, dass am Ort ein oftmaliger<br />

Austausch von Rohren stattgefunden hat, wobei jeweils marode Stücke ersetzt worden sind.<br />

Auch für die hier vorzulegenden Betrachtungen zur Herstellung von Holzrohren konnten interessante<br />

Beobachtungen gemacht werden. In keinem der Rohre konnten im Inneren Spuren<br />

gefunden werden, die auf eine Aufbohren von zwei Seiten schließen lassen: sämtliche Bohrkanäle<br />

waren durchgängig und ohne Versprünge ausgeführt worden. Gleichwohl war verdächtig,<br />

dass die Durchmesser der Aufbohrungen unterschiedlich waren, so wurden Werte<br />

zwischen 4,6 cm und 6.5 cm ermittelt. Das war nun wiederum ein deutlicher Hinweis auf ein<br />

„Bohren mit Bohrsätzen“. Dabei wurde „jede Bohrung ganz durchgetrieben, ehe der nächste<br />

Durchmesser“ angesetzt wurde. Somit wurden spätestens mit dem letzten Bohrgang alle<br />

Unebenheiten im Rohrinneren beseitigt; Spuren eines beidseitigen Aufbohrens waren danach<br />

natürlich nicht mehr vorhanden.<br />

Das genaue Vorgehen bei der Rohrherstellung konnte dann an einem Rohrstück nachgewiesen<br />

werden, das bei den 2001er Ausgrabungen außerhalb der Leitungstrasse in der Tonabdichtung<br />

der Quellfassung gefunden worden war. Dieses Rohrstück war nur 1 m lang. Zur<br />

Herstellung war ein in Längsrichtung geviertelter Eichenstamm verwendet worden, so dass<br />

das Markzentrum exzentrisch lag und nicht für die Bohrerführung verwendet werden konnte.<br />

Ein Kopfende dieses Rohrstückes ragte aus dem Grabungsprofil heraus und bot dabei das<br />

zunächst rätselhafte Bild eines Holzrohres: In der glatten Schnittfläche des Rohrkopfstücks<br />

waren die Spuren von zwei Bohrungen zu sehen. Man erkannte eine durchgängige Boh-


ung, die allerdings am Rand des Rohres ansetzte, und eine Anbohrung von nur wenigen<br />

Millimetern Tiefe, die allerdings ziemlich zentrisch saß.<br />

Erst nach der völligen Freilegung des Rohres war klar, dass es keinesfalls zu einer weiteren<br />

von der Quelle abgehenden Leitung gehört haben konnte, sondern völlig zusammenhanglos<br />

an seinem späteren Fundort deponiert worden war. Es schien sich also um ein bei der Rohrherstellung<br />

angefallenes Abfallprodukt gehandelt zu haben, dass man hier auf einfache Weise<br />

entsorgt hat. Es war zwar nur 1,00 m lang, aber in bestem Zustand erhalten.<br />

Zunächst aber überraschten die merkwürdigen Bohrerspuren an einem der beiden Kopfenden<br />

des Rohres. Nach einigem Überlegen war dann aber klar, dass wir es hier tatsächlich<br />

mit einer Fehlproduktion zu tun hatten: Vor uns lag nur die eine Hälfte eines aufgebohrten<br />

Rohres, dass man von zwei Seiten aus aufgebohrt hatte. Während in einer Hälfte die Bohrung<br />

zentral gelungen war, hatte man von der anderen Seite aus die Gegenbohrung verfehlt,<br />

und zwar derart gravierend, dass auch mit mehrmaligem Nachbohren mit größeren Bohrlöffeln<br />

keine durchgängige Bohrung zu erzielen gewesen wäre. Man hat nach der fehlerhaften<br />

Vorbohrung das Rohr als Ganzes verloren gegeben und nur die eine – gelungene – Hälfte<br />

verwendet. Dazu war das Rohr mittig durchgesägt worden, und zwar zentimetergenau im<br />

Treffpunktbereich der Bohrungen. Das führte dann zu dem Bild, das sich in der Schnittfläche<br />

des Rohres bei der Ausgrabung bot: Exzentrisch das Ende der durchgängigen, aber fehlerhaften<br />

Bohrung und zentrisch die schwache, aber deutliche Spur der zentral gelungenen<br />

Bohrung in Form einer millimetertiefen Anbohrung.<br />

Dieser Befund gibt nicht nur einen deutlichen Hinweis auf die Technik der in Blankenheim<br />

angewendeten Bohrungen, sondern sagt darüber hinaus auch etwas über den Zeitpunkt und<br />

den Ort der Bohrungen. Da niemand ein misslungenes Rohrstück von seinem Herstellungsort<br />

zur Baustelle transportiert haben dürfte, müssen Herstellungsort und Baustelle identisch<br />

sein. Es scheint also, als habe man die Bäume an Ort und Stelle geschlagen, zur Rohrherstellung<br />

vorbereitet und aufgebohrt.<br />

Erst der archäologische Befund im Damm eines Stauteiches etwa 500 m oberhalb der Alten<br />

Quelle (2004-2005) belegte dann darüber hinausgehend, dass man Rohre auch auf Vorrat<br />

gebohrt hat, um sie dann in einem Deicherweiher zwischenzulagern.<br />

Die frühneuzeitliche Landschaft um Blankenheim im Spiegel archäobotanischer<br />

Untersuchungen<br />

Dr. Jutta Meurers-Balke und Dr. Ralf Urz<br />

Im Sommer 2004 wurde durch Archäologen des Rheinischen Amts für Bodendenkmalpflege<br />

Bonn oberhalb von Blankenheim ein verlandeter Teich, ein Deichelweiher des 16./17. Jahrhunderts,<br />

untersucht. Während der Ausgrabungen in dem Kerbtälchen „In der Rhenn“ konnten<br />

zwei massive, hölzerne Kanäle freigelegt und schließlich geborgen werden, die beide in<br />

dem ehemaligen Teich ansetzten und unter einem noch heute sichtbaren Damm talabwärts<br />

nach außen führten. In einem kontinuierlich durchfeuchteten Ablagerungsmilieu der Teichanlage<br />

war die Erhaltung organischer Substanzen (Holz, Moose und andere Pflanzenreste)<br />

besonders gut. Für die Archäobotanik ergab sich so die Möglichkeit, die Vegetation der frühen<br />

Neuzeit „In der Rhenn“ zu untersuchen und daraus Rückschlüsse auf die Landschaft zu<br />

ziehen, in der die aufwändige Wasserversorgung der Burg Blankenheim eingerichtet und<br />

betrieben wurde.<br />

Für pollen- und großrestanalytische Untersuchungen wurden zwei Sedimentprofile aus dem<br />

Damm des Weihers, ein Profil aus dem Anschnitt der Teichablagerungen sowie verschiedene<br />

Einzelproben aus den Baugruben der Entwässerungsleitungen und vom Auslauf der unteren<br />

Wasserleitung beprobt.


Im Labor für Archäobotanik des Kölner Instituts für Ur- und Frühgeschichte wurden die Pollen-<br />

und Großrestproben chemisch aufbereitet und unter dem Mikroskop bzw. unter dem<br />

Binokular untersucht.<br />

Von den über hundert nachgewiesenen Pollentypen wurden einige besonders aussagekräftige<br />

ausgewählt und in einem Pollendiagramm dargestellt. Das Diagramm vermittelt ein Landschaftsbild<br />

des kleinen Tals zur Zeit der Anlage des Stauteichs. Es zeigt eine nahezu waldfreie<br />

Landschaft mit ausgedehnten Ackerflächen und Wiesen und Weiden. Wälder gab es im<br />

Gegensatz zu heute „In der Rhenn“ nicht. Kennzeichnend sind besonders die hohen Pollenwerte<br />

der Gräser und der Pflanzen des frischen Grünlands. Wir sehen daraus, dass das Tal<br />

selbst – dort woher die Plaggen zum Aufbau des Weiherdammes abgestochen wurden – von<br />

Wiesen und Weiden für die Viehhaltung eingenommen wurde. An den Hängen lagen Ackerflächen<br />

für den Anbau von Getreide. Der Weiher und vermutlich auch die übrigen oberirdischen<br />

Anlagen zur Wasserversorgung der Burg wurden offensichtlich in einem voll erschlossenen,<br />

sehr intensiv bewirtschafteten Gebiet aufgestaut und nicht etwa in einem Waldland,<br />

wie es heute erscheint.<br />

Die Baugruben für die beiden hölzernen Kanäle waren überwiegend mit tonigem Sediment<br />

verfüllt. An einigen Stellen traten vereinzelte Laubmoospolster zu Tage sowie moosreiche<br />

Soden, die auch in mehreren Lagen den Damm des Weihers aufbauen. Wie eine erste botanische<br />

Untersuchung der Moose durch Prof. J.-P. Frahm (Botanisches Institut der Universität<br />

Bonn) ergab, handelt es sich durchweg um Feuchtezeiger an Bachrändern und nassen Wiesen.<br />

Die moosreichen Grassoden wurden also in unmittelbarer Umgebung in feuchten Wiesen<br />

abgestochen und als Plaggen zur Verfüllung des Leitungsgrabens und zum Aufbau des<br />

Dammes verwendet.<br />

Außerhalb des Dammes, einen halben Meter vor Auslauf der unteren Leitung, ergab eine<br />

weitere Pollenprobe hohe Werte von Igelkolben und Mädesüß. An dieser Stelle war eine<br />

Hochstaudenvegetation ausgebildet, wie sie natürlicherweise am Ausfluss einer solchen Leitung<br />

zu erwarten ist.<br />

Aus den Teichablagerungen selbst ergab die Analyse von Pollen und pflanzlichen Großresten<br />

(Früchte und Samen) eine artenreiche Vegetation, die sich aus Wasser-, Teichboden-<br />

und Uferpflanzen sowie Arten feuchter Sickerstellen zusammensetzt. Den größten Anteil<br />

bilden jedoch auch hier Pflanzenreste von Wiesen, Weiden und Ackerflächen. Arten der<br />

Saumgesellschaften von Gebüschen und Wäldern treten demgegenüber deutlich in den Hintergrund<br />

und bestätigen das Bild einer weitgehend waldfreien frühneuzeitlichen Eifellandschaft<br />

„In der Rhenn“.<br />

Aussagemöglichkeiten der Dendrochronologie zur Wasserversorgung<br />

Dipl.-Forstw. Mechthild Neyses-Eiden<br />

Hölzerne Relikte antiker, mittelalterlicher oder neuzeitlicher Wasserversorgungsanlagen geraten<br />

vergleichsweise oft in das Blickfeld des Dendrochronologen. Dies ist dem Umstand zu<br />

verdanken, dass Wasserbauten in der Regel dort entstanden, wo Wasser verfügbar war und<br />

Holz - sofern es als Baumaterial in den Konstruktionen Verwendung fand - sich in dem heute<br />

zumeist noch feuchten Bodenmilieu unter Sauerstoffabschluss über Jahrhunderte und sogar<br />

Jahrtausende hinweg erhalten konnte. Hölzer aus solchen Befunden sind ausgesprochen<br />

wertvolle Dokumente, da sie unter bestimmten Voraussetzungen einen zuverlässigen Maßstab<br />

bei der exakten zeitlichen Einordnung historischer Wasserbauten liefern können.


Mit Hilfe der dendrochronologischen Methode wurden in der Vergangenheit im Labor des<br />

Rheinischen Landesmuseums zahlreiche Hölzer von Wasserbauten untersucht und wichtige<br />

Eckdaten ermittelt. Dabei konnten mit der kontinuierlichen Bearbeitung dendrochronologischer<br />

Funde zuweilen Aussagen zum Wasserversorgungssystem einer Region getroffen<br />

werden. Als Beispiel hierfür stehen die römischen Wasserversorgungseinrichtungen in Trier<br />

und dem Umland. Das Spektrum reicht von bronzezeitlichen Quellfassungen über römische<br />

Aquädukte bzw. Qanate und Brunnen in vielfältigen Konstruktionsvarianten – z. T. mit technisch<br />

ausgeklügelten Systemen zur Grundwasserhebung – bis hin zu mittelalter- bzw. neuzeitlichen<br />

Wasserleitungen.<br />

Besonders überraschende Datierungsergebnisse erbrachte eine umfangreiche Holzprobenserie,<br />

die zuletzt im Rahmen archäologischer Ausgrabungen im Bereich des Tiergarten-<br />

Tunnels der Burg Blankenheim zutage kamen. Zwischen 1997 und 2004 wurden insgesamt<br />

rund 30 Hölzer – darunter vorwiegend Abschnitte von Rohrleitungen, aber auch zwei Wasserrinnen<br />

– jahrringchronologisch bearbeitet. Die Fälldaten der für die Wasserleitungen verwendeten<br />

Hölzer sind nicht einheitlich, sondern belegen einen Zeitraum vom letzten Viertel<br />

des 15. Jahrhunderts bis in das letzte Viertel des 17. Jahrhunderts.<br />

Das früheste Datum „nach 1468“ konnte für ein einzelnes, aus Buchenholz gearbeitetes<br />

Holzrohr ermittelt werden, das aus der Sammlung des Kreismuseums in Blankenheim<br />

stammt und bereits 1910 beim Bau des Blankenheimer Bahnhofs gefunden worden war. Die<br />

Zeitstellung dieses Holzes deutet auf die Bauzeit der Blankenheimer Wasserleitung hin, die<br />

unter Graf Dietrich dem III. stattfand, der als Bauherr damit offensichtlich eine Neuorientierung<br />

der Wasserversorgung der Burg einleitete. Die Daten der übrigen Leitungsabschnitte<br />

setzen um 1517 ein und enden um 1680. Aufgrund dieses Datenspektrums ist davon auszugehen,<br />

dass die häufig maroden Holzrohre durch neue Stücke ausgetauscht werden mussten.<br />

Über die Ermittlung der Fäll- bzw. Verarbeitungsdaten der Hölzer hinaus konnte aufgrund<br />

der hohen Ähnlichkeit der Jahrringmuster mit nahegelegenen Lokalchronologien<br />

nachgewiesen werden, dass das Holz für die Blankenheimer Wasserleitung aus nahegelegenen<br />

Waldgebieten stammt. Herstellungsort der Holzrohre bzw. –rinnen und Baustelle dürften<br />

somit weitgehend identisch sein.<br />

Raumanalyse nach Vermessung und Modellierung<br />

Prof. Dr.-Ing. Peter Mesenburg<br />

Die Errichtung baulicher Anlagen ist vom Grundsatz her ein geometrisch-konstruktiver Prozess.<br />

Dies gilt in besonderem Maße für technische Bauwerke, die als notwendige Voraussetzung<br />

zur Existenz und zur Entwicklung menschlicher Gemeinschaften erdacht, geplant<br />

und realisiert werden und wurden.<br />

Technische Bauwerke – wie z. B. auch die mittelalterliche Trinkwasserversorgungsanlage<br />

der Burg Blankenheim – werden niemals zu ihrem Selbstzweck errichtet, sondern sie entstehen<br />

im Zusammenspiel von Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit im Rahmen der jeweils<br />

technischen Möglichkeiten. Die Umsetzung der Idee in die Wirklichkeit erfordert eine intensive<br />

und gründliche Planung, die naturgemäß bei raumgreifenden Bauwerken auch die Erkundung<br />

und Berücksichtigung der Geländegegebenheiten mit einschließt. Da der zu errichtende<br />

Baukörper in jedem Falle ein dreidimensionales Konstrukt ist, ist auch die dreidimensionale<br />

Vermessung des vom Einzugsbereich der Baustelle betroffenen Geländes unabdingbare<br />

Voraussetzung für den technischen Erfolg der Baumaßnahme.<br />

Was uns heute als selbstverständliche (oft zu selbstverständliche) Maßnahme erscheint und<br />

– je nach Vorgabe – durchaus fachlich höchste Anforderungen an die ausführenden Ingenieure<br />

stellt, das fasziniert uns bei Anlagen aus alter Zeit in besonderer Weise. In aller Regel<br />

sind Pläne von wieder entdeckten Bauwerken nicht mehr vorhanden und auch zeitgenössische<br />

Beschreibungen größerer Bauwerke, so sie denn vorhanden sind, geben i. A. nur wenig


Aufschluss über Planungsgedanken und Arbeitsmethoden der seinerzeit beteiligten Ingenieure.<br />

Will man diese dennoch entschlüsseln, so gilt es, die im Bauwerk selbst immanent vorhandenen<br />

Informationen zu analysieren. Ausgangspunkt hierfür ist eine geometrisch exakte<br />

Zustandsbeschreibung des Bauwerkes, die nach vermessungstechnischer Aufnahme und<br />

kartographischer – heute meist dreidimensionaler – Modellierung der Gegebenheiten (Bauwerk<br />

und Gelände) ermöglicht wird.<br />

Am Beispiel der mittelalterlichen Wasserversorgungsleitung der Burg Blankenheim sollen<br />

Überlegungen, Verfahren und praktische Ergebnisse einer sehr erfreulichen und bewährten<br />

interdisziplinären Zusammenarbeit erläutert werden.<br />

Die Lokalisierung der Blankenheimer Holzrohrleitung mit dem Magnetometer<br />

Dipl.-Geophys. Jobst J. M. Wippern<br />

Der Einsatz geophysikalischer Methoden zur Lokalisierung des unterflurig verlaufenden Abschnittes<br />

der spätmittelalterlichen Wasserleitung zur Burg Blankenheim wurde 2000 eingeleitet.<br />

Zu diesem Zeitpunkt war der Tiergartentunnel schon archäologisch untersucht. Aus der<br />

Karte von Tranchot und v. Müffling (1808/9) ist zu entnehmen, dass im Norden auf der gegenüber<br />

liegenden Seite eines Tales eine Quelle und ein Staudamm lagen. Dazwischen<br />

wurde bei Erdarbeiten in den Jahren 1910-1913 und 1938 Holzrohre gefunden; die<br />

dendrochronologische Datierung ergab bei einem der Rohre ein Fälldatum nach 1468.<br />

Bei der ersten Kampagne 2000 wurde eine Wiese untersucht, die an das nördliche Ende des<br />

Tiergartentunnels anschließt. Eine Testmessung ergab, dass die Kartierung des elektrischen<br />

Widerstandes trotz erhöhten Aufwands (3 verschiedene Auslagen) keine zwingenden Ergebnisse<br />

liefert. In der Kartierung des magnetischen Feldes mit dem Magnetometer zeichneten<br />

sich dagegen auf einer Länge von 120 m mehr als 50 Deichel- bzw. Spannringe aus Eisen,<br />

mit denen die einzelnen Holzrohre verbunden wurden, im Abstand von 1,1 m bis 2,2 m ab.<br />

Da aufgrund von modernen Störungen der Oberfläche eine weitere Fortsetzung der Untersuchung<br />

in Richtung der Quelle nicht möglich war, wurde 2001 ein Streifen zwischen Quelle<br />

und Staudamm vermessen. Die Existenz von Resten einer Holzleitung konnte hier anhand<br />

der Ergebnisse zwar ausgeschlossen werden, es zeichneten sich aber Befunde ab, die als<br />

Spuren einer Freispiegelleitung gedeutet werden konnten. Leider musste aufgrund der Resultate<br />

einer anschließenden Grabung diese Interpretation ausgeschlossen werden.<br />

Weitere Messungen wurden 2001/2002 nahe der Quelle im Süden d.h., zwischen Quelle und<br />

Tiergartentunnel, durchgeführt. Im Magnetogramm zeichnet sich hier ein kurzer Abschnitt<br />

einer Leitung ab, von der eine weitere Leitung abzweigt. Beide Stränge sind zwar nur durch<br />

wenige Punkte belegt, das Ergebnis ist dennoch plausibel: 2001 wurden im Zuge der Grabung<br />

der Brunnenstube auch mehrere Holzrohre in unmittelbarem Anschluss an das Bauwerk<br />

geborgen. Die dendrochronologische Untersuchung ergab Fälldaten zwischen 1585<br />

und 1680. Diese Ergebnis belegt, dass hier verschiedentlich – vermutlich aufgrund ungünstiger<br />

Bodenverhältnisse – Reparaturmaßnahmen notwendig wurden. Dabei wurde offensichtlich<br />

auch der Verlauf der Trasse geändert.


Zur mittelalterlichen Wasserleitung aus Blankenheim – Metallanalysen und<br />

Herstellungstechnik der Deichelringe<br />

Frank Willer<br />

Während der Restaurierung der mittelalterlichen Wasserleitung aus Blankenheim in den<br />

Restaurierungswerkstätten des Rheinischen LandesMuseums Bonn konnten bei der Bearbeitung<br />

der eisernen Deichselringe interessante Beobachtungen zu deren Herstellungstechnik<br />

gemacht werden. Trotz der langen Bodenlagerung im feuchten Milieu wiesen die Deichselringe<br />

einen erstaunlich guten Erhaltungszustand auf, der Korrosionsgrad des Eisens war<br />

gering und so ließen sich überraschenderweise die Schmiedespuren der Herstellung auch<br />

mit bloßem Auge noch deutlich erkennen. Dieser außergewöhnliche Erhaltungszustand deutete<br />

auf die Verwendung einer besonderen Eisenlegierung hin. Aus diesem Grund wurde<br />

eine eingehende Untersuchung des Eisens mit einer zusätzlichen Metallanalyse vorgenommen.<br />

Hierzu wurde an einem Deichselring eine Probe entnommen. Die Probenpräparation und die<br />

Voruntersuchungen erfolgten in den Werkstätten des Rheinischen LandesMuseums. Die<br />

Materialanalyse selbst wurde am Gießereiinstitut der RWTH in Aachen durchgeführt.<br />

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen und Analysen ergaben, dass es sich bei der hier<br />

verwendeten Eisenlegierung tatsächlich um einen recht aufwendig hergestellten Werkstoff<br />

handelt, dessen Verwendung bislang nur von hochwertigen Waffen oder Werkzeugen bekannt<br />

war. Die Planer der mittelalterlichen Wasserleitung hatten also bei der Herstellung der<br />

Deichselringe mögliche Korrosionsprobleme berücksichtigt und wohl aus diesem Grund einen<br />

relativ korrosionsstabilen Werkstoff herstellen lassen.<br />

Hydraulische Betrachtungen zur karolingischen Wasserleitung Ingelheim<br />

Dipl.-Ing. Werner und Dipl.-Ing. Bodo Lamberth<br />

Bei den Ausgrabungen zur karolingischen Pfalz in Ingelheim wurde 1905 eine unterirdische<br />

Wasserzuführung von den 6,5 km entfernten Karlsquellen entdeckt. Im Laufe der Jahre<br />

konnte die Trasse der Leitung mit Ausnahme des Ein- und Auslaufes hinreichend genau kartiert<br />

werden.<br />

Südlich der Pfalz befindet sich ein Hang mit hohem Grundwasserstand aus dem der normale<br />

Bedarf der Pfalz und ihrer Wirtschaftsbetriebe bei Abwesenheit des Kaisers gedeckt werden<br />

konnte. Sobald jedoch der Kaiser mit Gefolge und Heer anwesend war, konnte die Schüttung<br />

der Quellen in unmittelbarer Nähe nicht mehr die erforderlichen Wassermengen decken.<br />

Deshalb musste Wasser aus den Karlsquellen herbeigeleitet werden.<br />

Im Beitrag werden Berechnungen über den Wasserbedarf bei der Belegung der Pfalz und<br />

die Leistungsfähigkeit der Leitung angestellt und nachgewiesen, dass die Karlsquellen und<br />

die Leitung für diesen Bedarf ausreichend dimensioniert wurden.


Filterzisternen auf Burgen im mitteldeutschen Raum<br />

Dirk Höhne, M. A.<br />

Neben Brunnen dienten auf Burgen des Mittelalters hauptsächlich Zisternen als Lieferanten<br />

für das lebensnotwendige Wasser. Wo es möglich war, versuchte man einen Brunnen abzuteufen,<br />

da Grund-, Sicker- und Schichtenwasser nicht nur die zuverlässigere, sondern auch<br />

die reinere Variante der Bevorratung darstellte. Geologische oder topografische Unzulänglichkeiten<br />

erlaubten bei vielen Burgen aber gar nicht die Schachtung eines Sodbrunnens, so<br />

dass man auf das alleinige Sammeln von Regen-, Oberflächen- und Schmelzwasser zurückgreifen<br />

musste. Einige der bedeutendsten Burgen des deutschen Sprachraumes verfügten<br />

nie über einen Brunnen, sondern dort wurde der Wasserbedarf gänzlich mit Zisternen abgedeckt<br />

- wie beispielsweise auf der bekannten Thüringer Landgrafenfeste "Wartburg".<br />

Um qualitativ hochwertiges und sauberes Wasser zu bekommen, das sich auch nach längerer<br />

Standzeit nicht eintrübte, erbaute man neben den einfachen Tankzisternen gleichzeitig<br />

auch die spezialisierte Form der Filterzisterne. Ihre "klassische" Ausführung ist durch einen<br />

mittig in der Grube sitzenden Schöpfschacht gekennzeichnet, der von einem Sand-Kies-<br />

Gemisch umgeben wird. Das kostbare Nass leitete man in den Filtrierkörper ein, damit es<br />

beim Durchfließen von Verschmutzungen und Schwebstoffen befreit werden konnte, bevor<br />

es in den Entnahmeschacht einsickerte. Neben der klassischen Filterzisterne existierten<br />

zahlreiche Varianten, Spielarten und Mischformen aus Filter- und Tankanlagen, die alle eine<br />

Funktion besaßen: die Säuberung des Wassers.<br />

Bei der Aufgabe oder Schleifung einer Burg waren die in der Regel unterirdisch angelegten<br />

Wasserversorgungsanlagen meistens auch die ersten Bauten, die unter dicken Schutt- und<br />

Erdschichten verschwanden und sich somit der Burgenforschung entzogen. Dies und andere<br />

Gründe sind dafür verantwortlich, warum das Wissen um die Wasserversorgung mittelalterlicher<br />

Burgen im allgemeinen - und das die Filterzisternen betreffende im speziellen - zumindest<br />

für Mitteldeutschland als Forschungsdesiderat einzustufen ist.<br />

Im Vortrag wird ein Überblick über den derzeitigen Forschungsstand zu Filterzisternen der<br />

mitteldeutschen Region, die im wesentlichen aus den Bundesländern Sachsen, Sachsen-<br />

Anhalt, Thüringen und Teilen Brandenburgs gebildet wird, gegeben. Behandelt werden neben<br />

Verbreitung, Aufbau und Wirkungsweise der klassischen Anlagen auch einige Varianten<br />

und individuelle Lösungen. Darüber hinaus ist auf die vergangenen und aktuellen Probleme<br />

hinzuweisen, die mit der Erforschung dieser Thematik in Zusammenhang stehen.<br />

Die Wasserversorgung der Merseburg in Sachsen<br />

Prof. Dr.-Ing. Horst Wingrich<br />

Die Anfänge der Stadt Merseburg im heutigen Bundesland Sachsen-Anhalt sind in vorkarolingischer<br />

Zeit zu suchen. Die erste nachweisbare Nennung ist in einer aus dem 11. Jahrhundert<br />

angefertigten Abschrift des Hersfelder Zehntverzeichnisses von etwa 850 u. Z. als<br />

„Mersiburc civitas“ enthalten. Auf dem am linken Saaleufer aufragenden Höhenrücken, der<br />

nach Westen und Süden durch die Flüsschen Geisel und Klia auf natürliche Weise geschützt<br />

war, liegt der ursprüngliche Siedlungsbereich. Dieser Burgbereich gliedert sich in<br />

drei Abschnitte: Im Norden liegt die sogenannte Altenburg mit den wahrscheinlich ältesten<br />

Siedlungen und späterer häufiger Überbauung. Zur Zeit Karls des Großen verlagerte sich der<br />

Bebauungsschwerpunkt in den Bereich südlich der heutigen Dompropstei. Bereits zum Zentrum<br />

der östlichen Grenzregion geworden, erwarb König Heinrich I. die Merseburg dann<br />

durch Heirat und ließ sie zu einer stark befestigten Residenz ausbauen. Der mittlere Teil


dieses Burgbergs wird ab dem Mittelalter schließlich in mehreren Bauepochen zum Standort<br />

des heute die Stadt überragenden schönen Dom-Schloss-Ensembles.<br />

Die Versorgung mit Trinkwasser erfolgte in der Frühzeit mit Hilfe von Wasserträgern aus einer<br />

Quelle am Berghang zur Saale, aus der Saale selbst und später aus Brunnen auf dem<br />

Burgberg. Literarisch erstmals ist in einer Chronik von 1557 ein Ziehbrunnen im südlichen<br />

Bereich belegt, der wahrscheinlich seit der Residenz Heinrichs I. existierte. Mit dem Bau der<br />

Kuriengebäude durch die zunehmend wohlhabender werdenden Domherren ab dem 12.<br />

Jahrhundert ist die Errichtung von Brunnen in deren Höfen verbunden. Aus einer Quelle von<br />

1889 ist ersichtlich, dass in mindestens 5 der damals existierenden 13 Kurien Brunnen vorhanden<br />

waren. Zwei solcher Kurienbrunnen sind heute noch zu identifizieren und werden<br />

beschrieben.<br />

Auf dem Platz vor dem Dom steht der 1515 errichtete Dombrunnen. Ursprünglich von einem<br />

Brunnenhaus umgeben und zuletzt 1883 mit einem stählernen Pumpwerk sowie der steinernen<br />

Einfassung versehen, ist er seit 1925, umrahmt von zwei riesigen Platanen, ein besonderes<br />

Schmuckelement des Domplatzes.<br />

Im Schlosshof steht der im Rahmen der Schlosserneuerung 1605 vom Dresdner Architekten<br />

Melchior Brenner errichtete schönste Merseburger Schöpfbrunnen: der Schloss- oder Neptunbrunnen.<br />

Seine technische Ausstattung wurde bis ins 19. Jahrhundert verbessert, besondere<br />

Anerkennung wurde ihm allerdings infolge seiner künstlerischen Gestaltung im Stil der<br />

Renaissance und seinem Standort in der Südostecke des Schlosshofes zuteil.<br />

Über 400 Jahre versorgte eine Wasserkunst die Merseburg. Auf dem Stiftstag 1573 beschlossen,<br />

wurde sie 1593-95 von dem Freiberger Oberbergmeister Michael Planer errichtet.<br />

Die vorwiegenden Holzbauten wurden nach mehreren Bränden schließlich 1738 von dem<br />

Merseburger Bildhauer und Architekten Johann Michael Hoppenhaupt neu errichtet. Diese<br />

Wasserkunst bestand aus den Gebäuden der am Ufer der Saale liegenden Unteren Wasserkunst<br />

mit dem Stand der Technik ständig angepassten Fördermaschinen, der Oberen Wasserkunst,<br />

deren barockes Gebäude noch heute nicht nur die Kunsthistoriker erfreut, und den<br />

Röhrenwasserleitungen zum Schloss und einer größeren Zahl angeschlossener Grundstücke.<br />

Sie diente der Versorgung mit Trink-, Betriebs- und Löschwasser. Eine Urkunde des<br />

Herzogs von Sachsen-Merseburg aus dem Jahre 1690 legte den sog. Röhrzins fest, den die<br />

Nutzer an das Domstift zu zahlen hatten. Der älteste erhaltene Lageplan stammt aus dem<br />

Jahre 1768, über die Unterhaltungsarbeiten durch den jeweiligen Röhrmeister liegen vielfältige<br />

Akten vor. Noch 1823 erfolgten Änderungen der hölzernen Röhrgelege im Haupt- und<br />

Nebenstrang. 1851 wurde die Verlegung gusseiserner Rohre in Auftrag gegeben.<br />

Schließlich wurde auch der Bereich des ganzen Burgbergs 1889 an das städtische Wasserversorgungsnetz<br />

und 1902 an die städtische Kanalisation der inzwischen zu beiden Seiten<br />

der Saale sich erstreckenden Hauptstadt des preußischen Regierungsbezirks Merseburg<br />

angeschlossen.<br />

Die Wasserversorgung auf Burgen der sächsischen und böhmischen Schweiz<br />

Matthias Weinhold<br />

Im Gebiet des Elbsandsteins gibt es ein breites Spektrum von Zeugnissen mittelalterlicher<br />

Wasserversorgung auf Burgen. Die Einbeziehung der periphären Regionen des Zittauer und<br />

Lausitzer Gebirges ist wegen der landesgeschichtlichen Zusammenhänge legitim und bereichert<br />

die Aussagefähigkeit der Betrachtung. Die angeführten Beispiele reichen von dem<br />

152,5 m abgeteuften Brunnen des Königsteins über geschlägelte Rinnen im Sandstein zur<br />

Sammlung und Weiterleitung von Regenwasser bis hin zu kunstvoll ausgehauenen Zisternen<br />

an nahezu unzugänglichen Stellen des Sandsteinmassivs. Die Wasserförderung ging mit<br />

primitivem Haspelantrieb vonstatten und erreichte mit komplizierten Getrieben an Treträdern<br />

bis hin zu Göpelantrieben technische Meisterleistungen.


Der Höhepunkt des Burgenbaus im Untersuchungsgebiet ist erst im 14. Jahrhundert nachzuweisen;<br />

ein Grund, dass die im sächsisch/ böhmischen Bergbau gemachten Erfahrungen<br />

beim Abteufen tiefer Schächte und bei der Befahrung und Förderung aus großen Tiefen genutzt<br />

werden konnten. Die Unzugänglichkeit der Felsenburgen im Sandsteinmassiv und das<br />

nur eingeschränkt mögliche Arbeitsvermögen zwang die Burgenbauer andererseits nach<br />

Lösungen zu suchen, die mit überschaubarem technischen Aufwand eine stabile Wasserversorgung<br />

ermöglichte. Das führte zur bevorzugten Nutzung von Zisternen, nicht nur bei den<br />

Felsenburgen mit kleiner Besatzung, sondern auch, wie beispielsweise am Oybin, einer zentrale<br />

Wehranlage, die beim Ausbau des Landes Zittau erstrangige Bedeutung hatte.<br />

Die Brunnen auf den Burgen Falkenstein, Bürgstein, Habichtstein, Pauska und Kellersberg<br />

bleiben mit den Teufungen gegenüber den Tiefbrunnen auf Stolpen und dem Königstein zurück.<br />

Sie bedürfen zwar noch der detaillierten archäologischen Untersuchung, weisen aber<br />

zum Teil mit den Spuren einst vorhandener Tretradkonstruktionen auf fortschrittliche technische<br />

Lösungen zur Wasserversorgung hin, die wegen der komplizierten Raumstruktur im<br />

Fels spezielle Lösungen erforderten.<br />

Bei den meisten Burgen des Sandsteingebietes kann von einer direkten Nutzung der natürlichen<br />

Ressourcen wie Quellen, Bäche oder offene Wasseradern ausgegangen werden. Es ist<br />

sogar anzunehmen, dass der Transport von Frischwasser mittels Lasttieren oder Trägern der<br />

in friedlichen Zeiten übliche Weg der Wasserversorgung auf Burgen war. Zusammenfassend<br />

ist festzustellen, dass die Art der Wasserversorgung vom ökonomischen Potential des Burgherrn<br />

abhängig war, die topographischen Gegebenheiten bestimmend wirkten und die im<br />

Umland vorliegenden technischen Erfahrungen genutzt wurden. Auch bei den Felsenburgen<br />

der sächsischen und böhmischen Schweiz bestätigt sich die Auffassung von Piper, dass die<br />

Gewährleistung einer stabilen Wasserversorgung einen erheblichen Kostenfaktor für den<br />

Burgenbau darstellte.<br />

Die Wasserversorgung der Harzburg oberhalb von Bad Harzburg, Niedersachsen<br />

Prof. Dr. Ralf Busch<br />

Die Harzburg auf dem Großen Burgberg wurde um 1065 von Heinrich IV. gegründet als die<br />

mächtigste seiner Burgengründungen, wozu ihn Erzbischof Adalbert von Bremen-Hamburg<br />

anleitete. Sie ist Teil eines engeren Burgensystems. Auf den benachbart gelegenen Bergkuppen<br />

entstanden gleichzeitig die Kleine Harzburg und eine Befestigung auf dem Sachsenberg,<br />

die unvollendet blieb. Sie ist aber auch Teil einer größeren Burgenlandschaft am Nordharzrand.<br />

Mit der Organisation des Burgenbaus war der Kleriker Benno beauftragt. Der erste<br />

Aufenthalt des Königs ist für 1068 bezeugt.<br />

In der Gruft des von ihm begründeten Chorherrenstifts ließ er seinen 1071 geborenen und<br />

nach der Taufe bereits verstorbenen Sohn beisetzen sowie hier her seinen schon 1055 im<br />

Alter von drei Jahren verstorbenen Bruder Konrad translozieren. Diese Grablege bezeugt<br />

den residentialen Charakter der Gesamtanlage. 1073 verwahrte Heinrich IV. hier die Reichsinsignien.<br />

Die Burg diente auch als Reichsgefängnis.<br />

Im Sachsenkrieg wurde Heinrich IV. 1074 gezwungen, die Burg zu schleifen. Er tat das nur<br />

unvollkommen, so dass die Bauern der umliegenden Dörfer dieses selbst taten und dabei die<br />

Grablege schändeten. Da 1076 Otto von Northeim hier als Statthalter des Königs residierte,<br />

muss sie wohnlich geblieben sein. Der dennoch erforderlich gewordene Wiederaufbau ist<br />

bisher nicht geklärt. Jedenfalls hat Kaiser Friedrich I. Barbarossa sie genutzt und Kaiser Otto<br />

IV. verwendete sie als Residenz. Hier ist er 1218 gestorben. Danach verschwindet die Burg<br />

aus der Reichsgeschichte und in diesem Zusammenhang ist ihr weiteres Schicksal nicht von<br />

belang.


Die Burg ist durch einen Graben in zwei Teile gegliedert, die Ost- und Westburg. Die Hauptburg<br />

ist die östlich gelegene. Die einzelnen Gebäude interessieren uns in diesem Zusammenhang<br />

nicht, jedoch ist wichtig, dass der B u r g b r u n n e n in der Hauptburg lag. Er ist<br />

bis 42 m Tiefe freigelegt, ohne dass seine Sohle erreicht ist.<br />

Auf dem Kleinen Burgberg, wo ebenfalls ein Brunnen anlegt wurde, erreichte dieser eine<br />

Tiefe von ca. 32 m. Er war mit ausgehöhlten Baumstämmen ausgekleidet, im unteren Bereich<br />

aber rechteckig verzimmert.<br />

Kehren wir wieder auf die Hauptburg zurück, begegnet uns hier ein einmaliges Phänomen.<br />

Von einer durch einen Steindamm aufgestauten Quelle am Spüketal ist eine W a s s e r l e i<br />

t u n g entlang des sog. Kaiserwegs verlegt worden. Sie besteht aus ca. 52 cm langen Tonröhren,<br />

die ineinander gesteckt sind, also leicht konisch geformt waren. An drei Stellen sind<br />

solche Tonrohre seit ersten Untersuchungen von 1855 und 1898 nachgewiesen. Noch heute<br />

kann der Verlauf der Trasse an der Kümmervegetation streckenweise verfolgt werden. Die<br />

Wasserleitung umfasst eine Strecke von 1,6 km und mündet in den Brunnen der Hauptburg.<br />

Ohne Zweifel handelt es sich um eine sehr frühe, wenn nicht erste nichtklösterliche Anlage<br />

im Mittelalter, wie wir sie sonst seit St. Gallen kennen.<br />

Die Zuführung einer Leitung mit Quellwasser ist ungewöhnlich. Man spekuliert über deren<br />

Sinn, der hinterfragungswürdig ist. Handelte es sich um die Aufbesserung der Wasserqualität?<br />

Oder ist eher der repräsentative Charakter der Burg gemeint, die residenzartig herausragende<br />

Funktionen besaß? Dem ist noch nachzugehen.<br />

Auch die Frage der Datierung muss neu überdacht werden. Entweder ist diese Wasserleitung<br />

gemeinsam mit dem Brunnen in der 1. Bauphase unter Heinrich dem IV. entstanden<br />

oder während der baulich Erneuerung, die zu Zeiten von Friedrich I. Barbarossa ihren Abschluss<br />

fand. In beiden Phasen wies die Burg eine herausragende Bedeutung auf. Vorerst<br />

gibt es keine archäologischen Befunde, die die Datierung präzisieren könnten. Jedoch haben<br />

jüngere bauhistorische Überlegungen die wichtigsten Baurelikte eher in die Spätphase gesetzt.<br />

Die Wasserversorgung auf Burgen im Südosten der Oberpfalz unter besonderer<br />

Berücksichtigung der Burg Runding<br />

Dr. Bernhard Ernst<br />

Die südöstliche Oberpfalz (Lkr. Cham) ist eine Hügel- und Mittelgebirgslandschaft am Übergang<br />

vom Bayerischen zum Oberpfälzer Wald. Geologisch wird sie von harten Urgesteinen<br />

wie Gneis, Amphibolit und Granit bestimmt. In der Region lassen sich die Standorte von weit<br />

über 100 Burgen aus der Zeit um 800 bis ins 16. Jahrhundert nachweisen. Insbesondere für<br />

das frühe und hohe Mittelalter lassen sich nur wenige gesicherte Erkenntnisse zur Wasserversorgung<br />

gewinnen. Auf den Burgen Schwarzenburg, Haidstein und Kirchenrohrbach<br />

(12.Jh.) bestanden Zisternen bzw. Quellfassungen, in Falkenstein möglicherweise ein 60 m<br />

tiefer Brunnen. Die Burgen Siegenstein (M.13.Jh.) und Lichteneck (um 1300) besaßen außerhalb<br />

gelegene Brunnen, welche auf Quellhorizonte zielten. Ins 14. Jahrhundert datiert die<br />

in den Fels geschlagene Tankzisterne auf dem Schwärzenberg. Für zahlreiche späte Burgen<br />

des 15. Jahrhunderts, erbaut auf talnahen Spornen, lassen sich Brunnen nachweisen und<br />

teils gut datieren. Dies gilt für Kötzting (nach 1450; ca. 10 m), Furth i. Wald (1458-70; 33 m)<br />

oder Neukirchen b. Hl. Blut (um 1480 tiefer abgeteuft; 24 m).<br />

Bei den meisten mehrteiligen Anlagen ist die Brunnen-/Zisternenanlage im Vorburgareal untergebracht,<br />

was für das Hoch- und Spätmittelalter gilt.<br />

Die umfangreichsten Anlagen zur Wasserversorgung – großteils archäologisch nachgewiesen<br />

– besaß die Burg Runding, die Bauphasen vom 11.-18. Jahrhundert aufweist. Insgesamt<br />

drei runde Schächte sind belegt, deren ältester am Südosttor bisher nur über einen Plan von<br />

1905 bekannt ist. In der Südecke der Hauptburg wurde E.15.Jh. ein zweiter Schacht von ca.


1,85 m Dm. angelegt. Er konnte nur 2,75 m tief freigelegt werden. Auffällig ist sein sorgfältiges<br />

Quadermauerwerk. Zwei nach dessen Überbauung durch den Südwestflügel angelegte<br />

Zuläufe weisen ihn als Zisterne aus. Einer (16.Jh.) wurde als Überlauf vom Schacht im Hof in<br />

Backstein ausgeführt, der andere (18.Jh.) als Holz-/Metallleitung durch einen ausgemauerten<br />

Durchbruch in der Ringmauer. Im späten 17.Jh. wurde ein dritter, bruchsteingemauerter<br />

Schacht mit außen achteckiger Wandung nahe der nördlichen Hofecke abgeteuft und bald<br />

danach mit dem Nordostflügel überbaut. Bei einem Dm. von 2,4-2,5 m konnte er nur 1,6 m<br />

tief freigelegt werden. Es dürfte sich ebenfalls um eine Zisterne handeln, deren Versorgung<br />

wohl auch eine 1620 erstmals genannte Druckwasserleitung vom nahen Berg Haidstein her<br />

diente. Für diese wurde eine unterhalb des Gipfels gelegene Quelle gefasst.<br />

Wasserversorgung auf Burgen im Jura (Kalk) und im Alpenraum (Kristallin) –<br />

Eine regionale Übersicht<br />

Thomas Bitterli-Waldvogel, M. A.<br />

Diese Übersicht will der Frage nachgehen, ob in den beiden geologisch und hydrologisch<br />

unterschiedlichen Regionen auch die Wasserversorgung unterschiedlich gelöst wird. Wie die<br />

Beispiele zeigen werden, kommen neben den gängigen Typen wie Zisterne und Sodbrunnen<br />

auch eher ungewöhnliche Formen der Wasserbeschaffung und -lagerung vor. Dabei wird<br />

auch deutlich, dass unser Wissen um das Vorhandensein einer Wasserversorgung manchmal<br />

trotz ausgiebigen archäologischen Forschungen nur lückenhaft ist; im Baselbieter Jura<br />

sind z.B. von 41 mittelalterlichen Burgen des 12-14.Jh. lediglich 9 Filterzisternen bekannt.<br />

Ob die naturräumlichen Voraussetzungen zu einer Differenzierung der Formen – hier eher<br />

Zisterne, da eher Grundwasserbrunnen – führen, wird das Referat zeigen. In Betracht gezogen<br />

werden müssen dabei neben den naturräumlichen Voraussetzungen aber auch die wirtschaftlichen<br />

Aspekte des jeweiligen Bauherrn. Denn dies kann einen Einfluss auf die Wahl<br />

des einen oder anderen Typus der Wasserversorgung haben.<br />

Nebenbei werden an einzelnen konkreten Beispielen auch grundsätzliche Überlegungen<br />

zum Wasserbedarf auf Burgen angestellt.<br />

Die Tiefbrunnen im Burgstädtchen Regensberg/Zürich<br />

und auf dem Stammsitz der Habsburger im Aargau<br />

Dipl. Bau.-Ing. ETH/SIA Raeto M. Conrad<br />

Einleitung<br />

In der Zeitspanne von 1000-1200 n. Chr. sind im Gebiet der heutigen Schweiz mehrere vorher<br />

unbekannte Adelsgeschlechter aufgetreten. Wenn wir daraus zu unserem Thema die<br />

Habsburger und die Regensberger auswählen, so vor allem, weil beide an ihrem Stammsitz<br />

bedeutende Zeugen mittelalterlichen Brunnenbaus hinterlassen haben.<br />

Die Habsburger und ihr Burgbrunnen<br />

Das Haus Habsburg ist erstmals 1273 allgemein bekannt geworden durch die Wahl des Grafen<br />

Rudolf zum römisch-deutschen König. Dieser hat zwar seine Stammburg im heutigen<br />

Kanton Aargau kaum gekannt; gelebt hat er dort nie. Mit dem Stammsitz verband ihn, wie<br />

seine Nachfolger, nicht mehr als der Name.


Die bereits um 1020 errichtete mehrteilige Burganlage wurde auch wenig später wieder teilweise<br />

abgetragen, und hat dann vollständig an Bedeutung verloren. Der Burgbrunnen, ursprünglich<br />

im mauerumsäumten Schlosshof angelegt, befand sich nun auf einem frei zugänglichen<br />

Vorplatz, geriet in Vergessenheit und wurde mit Schutt und Unrat aufgefüllt.<br />

Er ist nur spärlich dokumentiert; die Archäologen haben sogar Mühe gehabt, seinen Standort<br />

aufzufinden. Er muss bereits beim Bau der ersten, relativ großen Burganlage abgeteuft worden<br />

sein. Seine beachtliche Tiefe von 68.4 m verdankt er wohl dem Bestreben, auf das Talgrundwasser,<br />

oder wenigstens auf die Höhe bekannter Quellhorizonte am Abhang des Burghügels<br />

vorzustoßen.<br />

Obwohl es sich um einen der tiefsten Burgbrunnen zwischen Genfer- und Bodensee handelt,<br />

- für die nähere Erforschung war kein Geld vorhanden. Nicht einmal vollständig ausgegraben<br />

hat man ihn; auf 30 m Tiefe wurden die Grabarbeiten abgebrochen, und die Endteufe ist nur<br />

durch eine Bohrung dokumentiert, deren Kernmaterial nicht einmal erhalten ist. Weitere Angaben<br />

fehlen; deshalb kann auch nicht gesagt werden, warum der Grundriss oval und nicht<br />

kreisrund ist.<br />

Regensberg: Die „Stadt auf dem Berg“ und ihr „Galchbrunnen“<br />

Die ersten Regensberger haben um 1040, dem Trend der Zeit entsprechend, eine bescheidene<br />

Burg auf einem Hügel nahe der Stadt Zürich gebaut. Rund 200 Jahre später war das<br />

Freiherrengeschlecht zu großem Reichtum gelangt, besaß Ländereien bis an den Bodensee<br />

und spielte in der Region eine größere Rolle als sogar die Habsburger. Freiherr Lütold V.<br />

hatte um 1220 in seinen jungen Jahren am Hof eines savoyischen Grafen erfolgreich um<br />

dessen Tochter angehalten. Diese Berthe de Neufchâtel muss es gewesen sein, die ihren<br />

Gemahl dazu gebracht hat, auf dem östlichsten Sporn eines Juraausläufers ein Bauwerk zu<br />

errichten, wie sie es aus ihrer Heimat kannte: Eine Wohnburg mit einem savoyischen Rundturm,<br />

mit Häusern für die Dienstleute, und mit einem in den Fels gehauenen Sodbrunnen.<br />

Lütold baute ihr sogar eine veritable Stadt auf dem Berge, gut befestigt, standesgemäss mit<br />

Markt- und Stadtrecht versehen. Und auf dem Hauptplatz ließ er einen tiefen Brunnen anlegen,<br />

der wegen seiner Eimer-Hebeeinrichtung fortan „Galchbrunnen“ genannt wurde.<br />

Dessen beachtliche Tiefe von 57 m dürfte von der Beobachtung der Quellhorizonte am Abhang<br />

des Burghügels herrühren, die man auch im Stadtinnern anzutreffen erwartete. Allerdings<br />

schlug die Geologie den Brunnenbauern ein Schnippchen. Im Scheitel einer Antiklinale<br />

angelegt, geriet der Brunnen mit zunehmender Tiefe in weniger durchlässiges Gestein, und<br />

war nach aller Anstrengung am Schluss kaum mehr als eine Tropfwasser-Fassung . Er wurde<br />

etwa im 15. Jahrhundert durch eine neu angelegte Quellwasser-Leitung ersetzt, und diente<br />

dann bis ins 20. Jahrhundert als Abfallschacht. Im 18. Jahrhundert wurde ein kunstvoll<br />

gefertigter kupferner Deckel auf den Schacht gesetzt, für einige der Nachweis früher Denkmalpflege,<br />

für Prosaiker wohl eher ein Schutz vor üblen Gerüchen.<br />

1960 hat man im Zuge des Regensberger Standortmarketings den Brunnen wieder freigelegt.<br />

Die archäologische Ausbeute war bescheiden, der Pumpversuch ergab eine Leistung<br />

von wenigen Minutenlitern, und der Geologe, welcher das Bauwerk befuhr, kam ohne besondere<br />

Entdeckungen wieder zu Tage. Immerhin: Der Brunnen wurde als Baudenkmal unter<br />

Bundesschutz gestellt und außerdem mit einer Beleuchtung versehen, welche seither<br />

gegen geringe Gebühr den Schacht bis auf den Wasserspiegel bei etwa 45 m Tiefe erhellt.<br />

1974 wurde der Schacht bis auf 40 m Tiefe erneut befahren, als für ein Tiefbauprojekt im<br />

nahen Schlosshof die Stabilität der Brunnenwandung zu beurteilen war. Und schließlich erfolgte<br />

im Frühjahr 2005 eine professionelle Fernseh-Befahrung durch die Berliner Spezialfirma<br />

pigadi, welche nun doch interessante Aufschlüsse ergeben hat. Die an sich grobbankigen<br />

Malmkalke zeigten örtlich beachtliche tektonische Störungen. Entgegen früheren<br />

Vermutungen wurden aber keine seitlichen Fassungsstollen festgestellt, dagegen mehrere<br />

Nischen unterschiedlicher Größe und wohl auch Bedeutung. Im unteren Teil wurden außerdem<br />

deutliche Bearbeitungsspuren festgestellt, welche eigentlichen Schrämmspuren gleichen.<br />

Der Regensberger Brunnen gehört heute zu den am besten dokumentierten mittelalterlichen<br />

Tiefbrunnen, ganz im Gegensatz zu seinem Pendant auf der Habsburg.


Tiefster Basalt-Burgbrunnen auf der Hohenburg<br />

Heinz Hause<br />

Bedeutendster Teil der Burgruine Hohenburg auf dem Homberger Schlossberg (40 km südlich<br />

Kassel) ist das Brunnenhaus mit Zisternen und Burgbrunnen.<br />

Der ab 1605 im Auftrag von Landgraf Moritz zur Sicherung der Verteidigungsfähigkeit der<br />

Burg in den Basaltfels gehauene Burgbrunnen ist eine technische Meisterleistung des 17. Jh.,<br />

ebenso die vollständig erhaltene Zisterne aus Tuffstein (in Nut - und Federverarbeitung). Bis<br />

dato sammelte man das Regenwasser von Burgdächern und holte Wasser vom Hausbrunn en<br />

unterhalb der Burg.<br />

Das Brunnen-Teufen durch 8 Bergleute im harten Säulen-Basalt war mühselig und aufwändig. In<br />

einer Stunde wurden "6 Kübel Bergs" geschafft, 1 m in 8 1/2 Tagen, von Haspelknechten in Kübeln<br />

hochgezogen.<br />

Zur Luftverbesserung „wachten Tag und Nacht auf den Blasbalg zwei Mann“. Eingesetzt wurden<br />

auch Mauersteine und Stämme zum Abstützen sowie viele Fuhren Waldecker Schiefer zum<br />

„Verzwicken“. Schmied Kortrogk hatte in 14 Tagen 1.233 "Spitzen gemacht “, also<br />

Brunnenhämmer geschärft. Erfolg, d. h. Wasser, wurde erst nach 8-jähriger Bauzeit in 150 m<br />

Tiefe erreicht. (Wilhelm Dilich vermerkte: „Der Bron ist 546 Schuh tief“). 25.000 Gulden sind als<br />

„Außgabe Geldt zu erbauung des Bron auffm Schloss“ vermerkt. Über dem Brunnenschacht im<br />

Kellergewölbe stand das hölzerne Brunnenrad, von Eseln getreten.<br />

Der Burgbrunnen war im 30-jähr. Krieg von schicksalhafter Bedeutung. Als nach erfolglosem<br />

Angriff die weit überlegenen kaiserlichen Truppen unter hohen Verlusten bereits wieder abgezogen<br />

waren, verschlimmerte sich die Lage, weil im heißen Juli 1636 eine Magd in den<br />

Schlossbrunnen gestürzt war, „der Körper auf so entsetzliche Weise zerschmettert, dass<br />

man sie nur in Stücken herauszuholen vermochte“. Das Brunnenwasser war bald vergiftet<br />

und „jedem fernern Gebrauche des mit Blut verunreinigten Wassers ein Ekel sich zugesellte,<br />

den nur wenige zu überwinden vermochten.“ Wegen der „Schlossbornkrankheit“ musste<br />

nachts wieder Wasser vom „Hausbronn“ außerhalb der Burg geholt werden. Die Angreifer<br />

kehrten zurück, vergifteten den „Hausbronn“ und nach erneuter Belagerung musste sich die<br />

Burgbesatzung ergeben.<br />

1937 hatten die Ausgrabungsarbeiten im Brunnenhausbereich nach dem alten Grundrissplan<br />

von 1613 begonnen. Bäume und Gestrüpp, 6 Meter hoher Schutt und Erdreich wurden von<br />

Aktiven der Burgberggemeinde in Handarbeit weggeräumt, Zisterne und Brunnen entdeckt<br />

und freigelegt.<br />

1997-2001 wurde der Ende des 30-jähr. Krieges vollständig verschüttete Burgbrunnen vom<br />

Burgverein mit tatkräftiger und finanzieller Förderung aus der Bevölkerung und archäologischer<br />

Begleitung wieder ausgegraben.<br />

Eine 12 m lange Traverse lag auf einem Vierbeinmast und auf der Brunnenhausmauer. Der<br />

Förderkorb fasste ca. 400 Liter bzw. 1 Tonne Verfüllmaterial. Mit einem windenbetriebenen Lastenkorb<br />

fuhr Brunnen-Gräber Dr. Glück in den Brunnenschacht, befüllte ihn in Handarbeit<br />

und fuhr mit dem beladenen Korb nach oben. Außerhalb des Brunnenhauses wurde das<br />

Füllmaterial über einem Siebtisch ausgeschüttet, durchgesehen und dann abgefahren.<br />

Materialbeschaffenheit und Funde wurde sorgfältig analysiert und protokolliert. Neben behauenen<br />

Profilsteinen wurden Keramik und Knochenfunde registriert, Kanonenkugeln, Voll - und<br />

Hohlgeschosse unterschiedlicher Größe, Eisenteile, Holzteile und mehr. Zu den wertvollsten Funden<br />

zählen eine Granate von 1648 mit Original -Zündholzröhrchen und Pulver, gusseiserne Ofenplatten<br />

mit Motiven, ein Fratzenstein, ein fast vollständig erhaltenes Dreifuß-Tontöpfchen mit<br />

Handgriff sowie ein Doppel-Wappenstein. Die letzten Tiefenmeter waren sehr schwierig, weil<br />

Pumpen eingesetzt werden mussten, aber auch besonders fundergiebig.<br />

2001 war dann mit dem 1566. Hiev bei einer Tiefe von 150 m das lang ersehnte Ziel, die aus<br />

Muschelkalk bestehende Brunnensohle, erreicht. Der Brunnenrand wurde aufgemauert, mit<br />

einer Gitter-Abdeckung versehen sowie ein Scheinwerfer und eine Besucherplattform installiert.<br />

Die Burgberggemeinde hat ca. 200.000 € aus Vereinsmitteln, Spenden, Mitgliedsbeiträgen<br />

und Erträgen der Hohenburg-Stiftung aufgewendet.


Beeindruckend ist ein Blick in den Brunnenschacht. Bemerkenswert und wohl einmalig ist,<br />

dass der Brunnen in der vollen Tiefe bis zur Sohle fachmännisch ausgemauert ist, gut erhalten<br />

und mit einigen Steinmetzzeichen sowie 7 seitlichen Brunnennischen versehen.<br />

Homberg hat damit definitiv den dritttiefsten Burgbrunnen, den tiefsten in Basalt gehauenen<br />

Burgbrunnen Deutschlands und den tiefsten komplett ausgemauerten Burgbrunnen überhaupt.<br />

Die Grabung im Burgbrunnen von Schloss Nienover<br />

Lothar Türck<br />

Anfang des 12. Jahrhunderts wurde die Burg Nienover errichtet, in diese frühe Zeit fällt sicherlich<br />

auch die Anlage des Burgbrunnens. Seit Ende des 12. existierte neben der Burg die<br />

Stadt Nienover, die jedoch bereits Ende des 13. Jahrhunderts wieder wüst fiel. Nach der<br />

Zerstörung im 30jährigen Krieg, wurde noch vor Kriegsende mit dem Wiederaufbau der Burg<br />

als Schloss begonnen. Der Brunnen wurde mit einbezogen, heute ist er eines der letzten<br />

Relikte der mittelalterlichen Anlage.<br />

Seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wird das Schloss von einer 2 km langen Wasserleitung,<br />

wohl der frühesten in der Region, mit Trinkwasser versorgt. Heute speist sie,<br />

mehrfach erneuert, mit dem Druck ihres Gefälles die Fontaine eines Springbrunnens im<br />

Schlosspark.<br />

Der Burgbrunnen wurde bis in das 19. Jahrhundert hinein zur Entsorgung von Abfällen genutzt<br />

und dann verschlossen. Er ist auf den oberen 7 m, mit rundem Querschnitt, gemauert<br />

und darüber mit einem Tonnengewölbe überwölbt. Der Einstieg ist nur durch eine Öffnung in<br />

einer teilweise über dem Schacht verlaufenden Wand des Schlossgebäudes möglich. Ab<br />

-7m steht er im anstehenden Buntsandstein, mit annähernd quadratischem Querschnitt von<br />

2,3 x 2,3 m. Zu Beginn der Grabung erreichte er bis zur Oberkante der Verfüllung eine Teufe<br />

von 29 m, inzwischen sind bereits fast 33 m erreicht.<br />

Die Ausgrabung unter der Leitung von Prof. Dr. H.-G. Stephan, Halle (zuvor Göttingen), wird<br />

in Zusammenarbeit mit Höhlenforschern der Arbeitsgemeinschaft für Karstkunde Harz e. V.<br />

durchgeführt.<br />

Personenfahrung geschieht mittels der in der Höhlenforschung üblichen SRT-Technik. Zum<br />

Schutz der auf der Schachtsohle arbeitenden Personen vor Steinschlag wurde eine den halben<br />

Brunnenquerschnitt abdeckende Schutzbühne errichtet, die mit fortschreitender Teufe in<br />

Abständen nachgesetzt wird. Auf der Sohle wurde elektrische Beleuchtung eingerichtet. Mit<br />

einem Industriestaubsauger kann zusätzlich bewettert werden. Die Verfüllung wird stufenweise<br />

abgegraben, sodass ein durchgängiges Profil dokumentiert werden kann. Gefördert<br />

wird mittels eines elektrischen Greifzugs mit Stahlseil in verschließbaren Kunststofftonnen,<br />

die auswechselbar in einem Drahtkorb hängen. Der Aushub wird übertägig gelagert und<br />

nach Funden durchsucht.<br />

Der äußerst umfangreiche Fundkomplex bietet tiefe Einblicke in die Sachkultur der Zeit um<br />

1800. In seiner Geschlossenheit, er umfasst fast das gesamte häusliche Inventar eines ländlichen<br />

Amtssitzes der frühen Neuzeit, ist er als ein Glücksfall für die Neuzeit-Archäologie zu<br />

betrachten. Dem stratigraphischen Prinzip folgend, werden natürlich mit Fortschreiten der<br />

Grabung ältere Funde erwartet.


Wasserleitung 1660<br />

2,1 km lang, mehrfach erneuert<br />

speist heute die Fontaine im<br />

Schlosspark in Nienover<br />

Nienover 12. Jhd.<br />

Schloss von 1644 an Stelle<br />

der mittelalterlichen Burg mit<br />

dem über 30 m tiefen Brunnen<br />

Stadtwüstung 13. Jhd.<br />

Mühle<br />

350<br />

300<br />

Nienover<br />

250<br />

Amelith<br />

0 1 2 km<br />

200<br />

Amelith 1776<br />

Glashütte 1776 - 1926<br />

Polier 1777<br />

wasserkraftgetriebene<br />

Glasschleifereien<br />

B 241<br />

Polier<br />

150<br />

Grafik: Lothar Türck<br />

Eine reiche Kulturlandschaft: Das Reiherbachtal im Solling, dem zweitgrößten zusammenhängenden<br />

Waldgebiet Niedersachsens.<br />

Die Wasserversorgung der Engelsburg in Rom<br />

Ernst Kanitz, Mag. Phil. / M. A.<br />

Die Engelsburg wurde nicht als Wehranlage konzipiert sondern als kaiserliches Grabmal. Als<br />

man sie zunächst schon im 5. Jh. n. Chr. zu einer Bastion mit Verteidigungscharakter umbaute,<br />

welche auch etwaigen längeren Belagerungen standhalten sollte, musste man natürlich<br />

die Wasserversorgung mitberücksichtigen, ein Problem, welches sich für den Grabbau<br />

bestimmungsgemäß nicht gestellt hatte. Ganz im Gegenteil, während es in der römischen<br />

Antike wichtig war das Eindringen von Regenwasser in das Bauwerk zu verhindern bzw. es<br />

sofort abzuleiten, war man ab dem Umfunktionieren der Engelsburg in eine Festung v.a.<br />

auch auf das Auffangen und Speichern von Regenwasser angewiesen.


Im Falle der Engelsburg wurde also improvisiert und unter diesem Standpunkt müssen die<br />

folgenden Ausführungen betrachtet werden.<br />

Ein weiteres Phänomen unterscheidet die Engelsburg von anderen mittelalterlichen Anlagen<br />

mit Wehr- und Verteidigungscharakter: sie musste nur zweimal in ihrer Geschichte einer<br />

Kampfhandlung bzw. Belagerung standhalten, namentlich zur Zeit der Gotenkriege im 6. Jh.<br />

n. Chr. [vgl. die Beschreibung Prokops] und im Jahre 1527 als Karl V. die Stadt Rom seinen<br />

Landsknechten zur Plünderung freigegeben hatte und Papst Klemens VII. sich im Zuge des<br />

sog. Sacco di Roma in die Engelsburg flüchten musste, und sich einige Monate dort aufhielt.<br />

Das Problem der Wasserversorgung wurde also in diesen beiden Fällen wesentlich, v.a.<br />

während des päpstlichen Aufenthaltes, und soll hier noch genauer untersucht werden. Gerade<br />

Klemens VII. machte sich um die hydraulischen Einbauten der Engelsburg verdient wie<br />

seine komplexe Bade- und Heizanlage im Bereich des Theaterhofes zeigt. Vielleicht ist es<br />

kein Zufall, dass der Papst, welcher gezwungenermaßen längere Zeit im Kastell zubrachte,<br />

sich dessen Wasserinfrastruktur besonders annahm. Unterhalb des sog. Theaterhofes im<br />

Nordteil der Anlage befindet sich ein komplexes Kammersystem, welches als Zisternen- und<br />

Speicherbau für Öl und Getreide diente, weswegen man in diesem Fall von einem echten<br />

Versorgungstrakt sprechen kann. Man hatte vom Theaterhof durch mit Travertinplatten abgedeckten<br />

Schächten sowohl zu den Silos als auch zur Zisterne Zugang, wobei letztere direkt<br />

einen Brunnen im oberen Teil des Hofes speiste. Brunnen monumentaler Art findet man<br />

auch im unteren Wehrgang auf dem heutigen Straßenniveau. Letztere werden vom Grundwasser<br />

gespeist.<br />

Schon die Architekten Hadrians hatten ein Wasserabflusssystem angelegt, um zu verhindern,<br />

dass Regenwasser in die Grabkammer eindringe, und dieses System wurde dann auch<br />

zur Nutzwasserversorgung adaptiert. Paradoxerweise konnte also ein Einbau zum Ableiten<br />

des Wassers aus dem als Grabanlage genutzten Baukörper zu einem Zuleitungssystem für<br />

den zur Burg erweiterten Baukörper umfunktioniert werden.<br />

Vielleicht wurden die antiken Regenwasserableitungskanäle des Hadrianmausoleums, soweit<br />

sie noch offen und unverbaut waren, in das Regenwasserauffangsystem der Zisternen<br />

des mittelalterlichen Festungsbaus miteinbezogen.<br />

Wassertechnische Einrichtungen in Castel del Monte und zeitnahen Kastellbauten<br />

Dr.-Ing. Dankwart Leistikow<br />

Apulien war durch die Jahrhunderte ein wasserarmes Land, bis mit dem Bau der großen<br />

apulischen Wasserleitung seit Ende des 19. Jh. Die Wasserversorgung der Region sichergestellt<br />

werden konnte. Seitdem wurden selbst Dörfer in entlegenen Bergsituationen an dieses<br />

weitverzweigte Verteilungsnetz angeschlossen.<br />

Auch für den Kastellbau stellte sich die Frage nach der Wasserzuführung, und meist blieb<br />

die Anlage von Zisternen zur Sammlung des Regenwassers die einzige Lösung. Das in 450<br />

m Höhe gelegene Castel del Monte war ebenfalls auf diese Maßnahme angewiesen, da eine<br />

Gewinnung von Trinkwasser anders nicht möglich erschien, und so musste man für die Beschaffung<br />

des Wassers und für die Entsorgung besondere bauliche Vorkehrungen treffen.<br />

Schon die Konzeption des Grundrisses verrät die konsequente Trennung der Haupträume<br />

von den Nebenanlagen, die in den Ecktürmen konzentriert wurden. Diese vorgestreckten<br />

Türme enthalten die Wendeltreppen, die Sanitärräume und weitere Gelasse. Diese Anordnung<br />

findet sich nirgends funktionell so klar realisiert wie hier.<br />

Zur Erlangung des Regenwassers schuf man mittels eines nach zwei Seiten entwässerten<br />

Flachdachs drei Zisternensysteme: 1. Fünf der acht Ecktürme enthielten Turmzisternen, die<br />

das Wasser der äußeren Dachhälfte über ein Rinnensystem aufnahmen. 2. Im Hof stellte


man eine unterirdische Zisterne her, die das Wasser der inneren Dachhälfte über eigene<br />

Zuleitungen in den Hofecken und im Hofboden sammelte. 3. Außerhalb des Kastells speicherte<br />

eine weitere Zisterne vermutlich den Überlauf aus dem System 1 sowie zusätzlich<br />

Oberflächenwasser. Die Turmzisternen wurden aus den Steinquadern der Wände gebaut,<br />

die Zisternen 2 und 3 ohne baulichen Aufwand aus dem Fels herausgearbeitet und alle mit<br />

Dichtungsputz versehen. Diese Zisternen existieren noch heute.<br />

In jeweils drei Türmen jedes Geschosses liegen hinter gewinkelten Gängen Sanitärräume in<br />

der Mauerdicke verborgen, in denen sich Sitzaborte und teils auch Waschgelegenheiten befinden,<br />

die offensichtlich nicht durch Rohrleitungen mit den Turmzisternen verbunden waren.<br />

Das Wasser musste vielmehr von oben geschöpft werden. Die Toiletten wurden durch Fallschächte<br />

in den Turmwandungen entsorgt. Ungeklärt bleibt ein durch ältere Autoren glaubhaft<br />

überliefertes (Bade-?) Becken in der Hofmitte, bleiben auch die Ansätze zu weiteren<br />

Toilettenanlagen auf der Höhe der Dachplattform, die zu nicht endenden Spekulationen über<br />

ein projektiertes aber nicht ausgeführtes weiteres Obergeschoss Anlass geben.<br />

Ein spezielles, unbearbeitetes Kapitel bilden die ursprünglich verwendeten Rohrleitungen,<br />

ihre Materialien und ihre Technologie. Am ehesten ist hier an Blei zu denken, ohne dass sichere<br />

Belege dazu dokumentiert wären. Für die Regenwasserführung sind neue Gesichtspunkte<br />

mitzuteilen: Schräge oder vertikale Mauerschlitze in den Außenwänden, von Bindersteinen<br />

unterbrochen, nahmen vermutlich Rohre auf oder dienten direkt der Wasserableitung.<br />

Ähnliche Vorkehrungen im Inneren von Castel del Monte bedürfen noch der Erklärung.<br />

Im weiteren Umkreis des Kastells sind unter anderen die eindrucksvollen Zisternen von Gravina,<br />

Lagopesole und Lucera zu nennen, die eine genauere Untersuchung verdienten. Bauten<br />

der Entsorgung (wie in Deutschland in Trifels und Neuenburg) waren im Süden nicht bekannt,<br />

wohl aber diesbezügliche Einrichtungen, unter denen gewiss Castel del Monte und<br />

„Saranta Kolones“ (Paphos) beachtliche Lösungen darstellen. So eröffnet das Gebiet der<br />

Wassertechnik in den Kastellen noch ein weites Forschungsfeld für die Zukunft.<br />

Aspekte der Wasserversorgung mittelalterlicher Burgen auf den ägäischen Inseln<br />

(Griechenland): Beispiele aus dem Johanniter-Ordensstaat auf den Dodekanes<br />

(1306/07-1522)<br />

Dr. phil. Michael Losse, M. A.<br />

Rundum von Wasser umgeben, sind viele Inseln in der Ägäis heute ohne genügend Trink-<br />

und Brauchwasser. Zwar waren viele der Inseln, so etwa das Rhódos benachbarte Chálki, in<br />

der Antike noch sehr fruchtbar, doch führten Abholzungen und daraus resultierende Erosion<br />

in der späten Antike vielfach zu einschneidenden Veränderungen der Landschaft und damit<br />

auch der Wasservorkommen.<br />

Bislang unbekannt ist die Situation auf den Inseln im Mittelalter. Am Beispiel der südostägäischen<br />

Inseln, der unter dem Namen „Dodekanes“ (Dodeka Nisia = „zwölf Inseln“) bekannten<br />

Südlichen Sporaden, habe ich nun untersucht, wie Burgen und Wehrbauten mit Wasser versorgt<br />

wurden. Die Inselgruppe der Dodekanes erstreckt sich vor der Südwestküste Kleinasiens;<br />

sie umfaßt ca. 18 größere bewohnte und, je nach Zählung, bis zu 180 kleinere Inseln<br />

und Felseilande. Ihre 160 km lange Hauptreihe verläuft von Rhódos im Südosten nach<br />

Pátmos im Nordwesten. Weitere Inseln liegen abseits der Hauptgruppe (Astypálaia,<br />

Kárpathos, Kásos, Kastellórizo). Die erst seit 1947 wieder größtenteils zu Griechenland gehörigen<br />

Dodekanes umfassen eine Landfläche von 2.705 qkm, von der mehr als die Hälfte<br />

auf Rhódos entfällt. Die Inseln sind gebirgig, die Kalkberge von Rhódos und Kárpathos erreichen<br />

Höhen von 1.215 m.<br />

Von 1306/07 bis 1522 gehörten die meisten dieser Inseln dem Johanniter-Orden, der auf<br />

Rhódos seinen Hauptsitz hatte, die Residenz- und Festungsstadt Rhódos. Weitere der Dodekanes<br />

gehörten im Spätmittelalter verschiedenen venezianischen Familien (Astypálaia,


Kásos, Kárpathos). Pátmos war Sitz eines Klosterstaates, der während der türkischen Dodekanes-Besetzung<br />

weiter bestand und über Besitz auf anderen Inseln (Agathonísi, Leipsoí,<br />

Léros) verfügte.<br />

Meine Untersuchung gehört in den größeren Kontext der von mir seit 1999 betriebenen Inventarisierung<br />

und Erforschung der Burgen und Wehrbauten des Johanniter-Ordens in der<br />

Ägäis. Im Rahmen dieser Untersuchung wurde deutlich, dass es für die Burgen auf den Dodekanes<br />

verschiedene Arten der Wasserversorgung gegeben haben muss, von denen einige<br />

aber lediglich über Indizien zu erschließen sind. Neben Brunnen und Zisternen – oft wiederverwendeten<br />

antiken Tankzisternen, vereinzelt aber auch neuangelegten externen Filterzisternen<br />

– gab es Eselswege zu nahegelegenen Brunnen, aber anscheinend auch zu Zisternen,<br />

die in Spülrinnen bzw. in Trockentälern lagen. Auch die Möglichkeit der Versorgung mit<br />

Wasserschiffen ist, wie zu zeigen sein wird, nicht auszuschließen.<br />

Vielfach haben sich jenen im Spätmittelalter vergleichbare Formen der Wasserversorgung<br />

bis heute in Dörfern auf den Inseln erhalten, etwa in Form der hausinternen Zisternen, deren<br />

Zulauf über ein leicht geneigtes Flachdach geschieht. Bisweilen wurde in solchen Anlagen<br />

ein Aal zur Verhinderung von Algenbewuchs in der Zisterne gehalten.<br />

Zur Wasserversorgung von Kreuzfahrerburgen<br />

Dr. Mathias Piana<br />

Das Problem der Wasserversorgung von Burgen stellt sich in einer Region mit langen, trockenen<br />

Sommern und nur saisonalen Niederschlägen in ganz besonderer Weise. Diese bleiben<br />

im Sommer, wenn der Wasserbedarf für Mensch und Tier am höchsten ist, oft monatelang<br />

aus. Zudem sind natürliche Wasservorkommen wie Quellen und Flüsse in dieser Zeit<br />

häufig ausgetrocknet. Es mussten daher besondere Vorkehrungen getroffen werden, um den<br />

Wasserbedarf von Burgbesatzungen ganzjährig decken zu können. Die Kreuzfahrer griffen<br />

dabei auf das Know-how ihrer Vorgänger bzw. der lokalen Bevölkerung zurück. Da ein Großteil<br />

der Anlagen auf vorbesiedelten Plätzen errichtet wurde, konnten vorbestehende Einrichtungen<br />

übernommen und ausgebaut werden. Wegen des niedrigeren Grundwasserspiegels<br />

wurden Brunnen weit seltener als in Mitteleuropa genutzt. Sie sind vor allem in Fluss- und<br />

Küstennähe zu finden und eher in Städten bzw. stadtnahen Burgen. Die Hauptversorgungsquelle<br />

aber war Oberflächenwasser aus Niederschlägen, das über Kanäle in großvolumige<br />

unterirdische Zisternen geleitet wurde. Das Regenwasser wurde dabei möglichst vollständig<br />

gesammelt, so dass im Idealfall die gesamte über einer Burg abgeregnete Wassermenge<br />

aufgefangen wurde. Dieses System funktionierte so perfekt, dass erhaltene Zisternen von<br />

weitgehend zerstörten Burgen selbst heute häufig ganzjährig mit Wasser gefüllt sind. Eine<br />

weitere Möglichkeit war die Wasserversorgung über Quellen, die jedoch selten innerhalb der<br />

Burgen lagen, häufig aber besonders geschützt wurden bzw. befestigt waren. Im 13. Jahrhundert,<br />

als vor allem die Ritterorden größere, festungsartige Burganlagen errichteten, wurde<br />

ein ausgefeilteres Wasserverteilungssystem eingeführt, um die größeren Garnisonen versorgen<br />

zu können. Vorbilder hierfür waren die Städte, die seit der Antike über Wasserverteilungssysteme<br />

verfügten. Die Forschungen hierzu befinden sich jedoch aufgrund der geringen<br />

Anzahl archäologisch untersuchter Anlagen noch in den Anfängen.<br />

Eine Besonderheit der Wasserversorgung von Burgen der Region stellt die Trennung von<br />

Nutz- und Trinkwasser dar. Während für letzteres vor allem Zisternen- bzw. Quellwasser<br />

diente, gab es für das Tränken der Tiere und die Bewässerung von Pflanzen größere offene<br />

Wasserbecken bzw. gefasste Teiche, die in der Burg oder in ihrer unmittelbaren Nähe lagen.<br />

Sie wurden berquilia (vom arab. birkat) genannt und waren für die Versorgung von Burgen<br />

und Dörfern gleichermaßen unverzichtbar. In einigen Fällen wurden hierfür auch Burggräben<br />

verwendet. Die Anlage solcher Teiche zur Wasserversorgung geht auf eine antike Praxis


zurück. Gleiches gilt für das Heranführen von Wasser mit Hilfe eines Aquädukts, das sich für<br />

eine Reihe von Burgen und Städten nachweisen lässt. In dem Beitrag sollen die grundlegenden<br />

Prinzipien der kreuzfahrerzeitlichen Wasserversorgung von Burgen erläutert und an einer<br />

Reihe von Beispielen exemplarisch dargestellt werden.<br />

Filterzisternen auf Höhenburgen des Elsass<br />

René Kill<br />

In den Vogesen, das heißt im Elsass und auf dem westlichen Hang der Nordvogesen, welcher<br />

dem Département Moselle (Lothringen) angehört, sind mehr als 50 Filterzisternen bekannt.<br />

Diese Zahl betrifft nur Anlagen, die entweder archäologisch nachgewiesen sind, oder<br />

deren sichtbaren Teile kein Zweifel auf ihre Angehörigkeit deuten lassen. Es gibt ebenfalls<br />

Hinweise für weitere Anlagen, die aber noch weitere Nachforschungen benötigen. Die Verteilungskarte<br />

der Filterzisternen zeigt, dass sich fast zwei Drittel davon in den Nordvogesen<br />

befinden, zwischen Saverne und der pfälzischen Grenze, wo der größte Teil der Höhenburgen<br />

dieses Raumes, eine oder sogar mehrere Anlage dieser Art besitzen. Im südlichen Teil<br />

der Vogesen ist ihre Anzahl bedeutend niedriger.<br />

Im Rahmen einer Studie über die Wasserversorgung der elsässischen Höhenburgen, die seit<br />

ca. 15 Jahren läuft, konnte ein Teil dieser Filterzisternen archäologisch untersucht werden<br />

und die Restlichen soweit dokumentiert wie ihr Zustand es erlaubt.<br />

In diesem Beitrag werden die einzelnen Anlagen dargestellt und ihre Bestandteile beschrieben.<br />

Auch wenn das Prinzip der Filterzisterne während des ganzen Mittelalters gleich blieb,<br />

haben sich einige bauliche Details im Laufe der Zeit verändert bzw. verbessert. Sie lassen<br />

eine deutliche Entwicklung von der ältestbekannten Anlage aus der Mitte des 12. Jahrhunderts<br />

bis in das 13. und 14. Jahrhundert erkennen. Eine besondere Aufmerksamkeit wird<br />

also dieser Ausführungsentwicklung zugeteilt.<br />

Da der Beitrag sich auf technische Aspekte beschränkt, werden allgemeine Punkte, wie Lage<br />

und Schutz der Zisternen, Brunneneinfassungen, Schöpfen des Wassers, usw. nicht erwähnt.

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