Verbandstheorie - JKU
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<strong>Verbandstheorie</strong><br />
Skriptum zur Vorlesung im Sommersemester 2011<br />
Thomas Vetterlein<br />
Institut für Wissensbasierte Mathematische Systeme<br />
Johannes-Kepler-Universität Linz<br />
Altenberger Straße 69<br />
4040 Linz, Österreich<br />
Thomas.Vetterlein@jku.at<br />
Zusammenfassung<br />
Wir geben einen Überblick über die Theorie der Verbände. Es handelt sich um eine<br />
algebraische Struktur, die in vielen Bereichen der Mathematik auftaucht, ja mit<br />
deren Hilfe man viele Teile der Mathematik begründen kann. Unser Schwerpunkt<br />
liegt auf der Logik sowie auf der Geometrie.<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Einleitung 3<br />
2 Distributive Verbände 5<br />
2.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />
2.2 Posets . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />
2.3 Verbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />
2.4 Distributive Verbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />
2.5 Darstellungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />
2.6 Logik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />
3 Boolesche Algebren 36<br />
3.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />
3.2 Komplemente in Verbänden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />
3.3 Boolesche Algebren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />
3.4 Darstellungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />
3.5 Logik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43<br />
1
4 Äquivalenzrelationen und Partitionsverbände 46<br />
4.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />
4.2 Partitionsverbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />
4.3 Darstellungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />
5 Modulare Verbände 54<br />
5.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54<br />
5.2 Modulare und lineare Verbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55<br />
5.3 Atomistische Verbände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59<br />
5.4 Projektive Geometrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64<br />
5.5 Darstellungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68<br />
2
1 Einleitung<br />
<strong>Verbandstheorie</strong> – ist das etwas Abgehobenes? Zu den Zielen dieser Vorlesung gehört<br />
es, das Gegenteil zu demonstrieren. Wenn man will, kann man im Gegenteil den Begriff<br />
des Verbandes als etwas eher Banales ansehen.<br />
In der Tat basiert der Begriff auf recht schlichten Überlegungen. Man gehe von einer<br />
Menge aus, deren Elemente irgendeine Art von Information repräsentieren. Wenn<br />
man von inhaltlichen Aspekten einmal absieht, bleibt immer noch eines, was die innere<br />
Struktur einer solchen Menge kennzeichnet: die relative Aussagekraft. Eine Information<br />
kann mehr aussagen als eine andere, d.h. letztere in ersterer enthalten sein. Durch<br />
diese Beziehung wird die Menge, wie es heißt, partiell geordnet. Setzt man nun voraus,<br />
daß mit je zwei Informationsstücken auch deren gemeinsamer Durchschnitt sowie<br />
deren Vereinigung vorliegt, gelangen wir zum Begriff des Verbandes.<br />
Die Definition mag schlicht sein; sie führt zu einer Theorie, die es in sich hat. <strong>Verbandstheorie</strong><br />
ist ein umfangreiches Gebiet der Algebra und betrifft nicht nur die letztere;<br />
Bezüge bestehen zur Logik und zur linearen Algebra (in Abgrenzung zur abstrakten<br />
Algebra so bezeichnet) und damit auch zu Geometrie und Analysis.<br />
Was die Theorie aber so faszinierend macht, ist der Umstand, daß Verbände in den genannten<br />
Bereichen nicht einfach nur irgendwie auftauchen; dies träfe auf wohl fast alle<br />
Gebiete der Mathematik zu. Vielmehr ist es in vielen Gebieten möglich, mit Verbänden<br />
gewissen Typs zu beginnen und zu derjenigen Struktur zu gelangen, die in der jeweiligen<br />
Theorie im Mittelpunkt steht.<br />
Paradebeispiel sind die linearen Räume. Man kann den R n als Menge von n-Tupeln<br />
reeller Zahlen verstehen und reelle Zahlen ihrerseits als Ergebnis eines nichttrivialen<br />
Konstruktionsprozesses. Man kann lineare Räume, und nicht nur solche über R,<br />
aber auch durch die inneren Eigenschaften ihrer Unterräume charakterisieren. Die Unterräume<br />
bilden einen Verband; die verwendete Beziehung zwischen Unterräumen ist<br />
schlicht die, ineinander enthalten zu sein. Projektive Geometrie ist hier das Stichwort,<br />
deren Anwendungen bis zu den Grundlagen der Quantenphysik reichen.<br />
Ablauf der Vorlesung<br />
Abschnitt 2 behandelt distributive Verbände, die sich durch Systeme von Teilmengen<br />
realisieren lassen. Wir fügen im nachfolgenden Abschnitt 3 eine Komplementfunktion<br />
hinzu und gelangen zu booleschen Algebren. Abschnitt 4 hat eine Brückenfunktion zu<br />
dem, was anschließend folgt. Wir wenden uns der Theorie der Äquivalenzrelationen<br />
zu; denn diese bietet sozusagen einen Schirm für die Theorie der Verbände, und zwar<br />
ohne jede einschränkende Bedingung. Verbände und Unterverbände von Äquivalenzrelationen<br />
zerfallen in drei Gruppen; der sogenannte Typ 3 (und höher) umfaßt (in zu<br />
präzisierendem Sinn) alle Verbände, Typ 2 die modularen und der Typ 1 die linearen.<br />
Die modularen und noch mehr die linearen Verbände, die in Kapitel 5 besprochen werden,<br />
sind von eminentem geometrischem Interesse. Hier ist die projektive Geometrie<br />
einzuordnen, hier ergeben sich die Verbindungen zur linearen Algebra.<br />
3
Wenn eine neue Sorte Verbände eingeführt wird, gehen wir immer nach dem folgenden<br />
Schema vor. Wir betrachten erstens ein prototypisches Beispiel; mit diesem wird die<br />
Anwendung der Theorie spezifiert und ermöglicht, sich manchen reichlich abstrakten<br />
Begriff konkret vorstellen zu können. Wir entwickeln zweitens die jeweilige Darstellungstheorie;<br />
das bedeutet zu zeigen, daß sich die betrachtete, abstrakt definierte Klasse<br />
von Verbänden mit einer gewissen Klasse von Beispielen exakt deckt. Und drittens geht<br />
es um die Frage, wie man hinsichtlich der betrachteten Verbände Schlüsse ziehen kann,<br />
was also daraus gefolgert werden kann, daß zwischen gewissen Elementen eines Verbandes<br />
gewisse Beziehungen bestehen. Das bedeutet, eine zugehörige Logik anzugeben,<br />
sofern eine solche existiert. Im Fall der booleschen Algebren ist dies die klassische<br />
Aussagenlogik, ansonsten ergeben sich speziellere oder allgemeinere Schlußsysteme.<br />
4
2 Distributive Verbände<br />
2.1 Motivation<br />
Befassen wir uns zunächst mit den Grundlagen mathematischer Modellierung. Wie<br />
entsteht ein mathematisches Modell, was ist überhaupt ein mathematisches Modell?<br />
Gegeben sei uns ein Gegenstand, den wir formal beschreiben möchten. Es kann sich um<br />
ein technisches System handeln, dessen Verhalten es zu beschreiben gilt; es kann sich<br />
um einen Körper handeln, dessen Aufenthalt im Raum zu beschreiben ist; es kann sich<br />
um eine bestimmte Art von Ereignis handeln, dessen Auftreten zeitlich zu erfassen ist.<br />
In einem ersten Schritt hin zu einer Formalisierung des Sachverhaltes müssen wir die<br />
Menge von Situationen spezifieren, die wir unter Bezugnahme auf ausgewählte Aspekte<br />
erfassen wollen. Dies kann dadurch erfolgen, daß wir gewisse Merkmale auswählen,<br />
die manchmal erfüllt sind und manchmal nicht und die zusammengenommen zur Charakterisierung<br />
einer Situation ausreichen. Beim technischen System handle es sich beispielsweise<br />
um eine Waage und interessiere die Gesamtheit möglicher Meßergebnisse.<br />
Ein Merkmal wäre, daß sich das Gewicht in einem gewissen Bereich befindet. Beim<br />
beweglichen Körper interessiert der Raumpunkt, in dem er sich aufhält. Je einem mehr<br />
oder weniger weit ausgedehnten Raumbereich ist ein Merkmal zuordenbar. Beim zeitlich<br />
auszuwertenden Ereignis könnte es sich etwa um radioaktiven Zerfall handeln;<br />
von Interesse wären dann die Zeitpunkte der einzelnen Zerfallsvorgänge. Ein Merkmal<br />
kann einem Zeitintervall entsprechen, daß innerhalb dessen ein Zerfall stattgefunden<br />
hat.<br />
Wir gehen also von einer gewissen Grundmenge zu unterscheidender Situationen aus;<br />
man spricht häufig von einer sogenannten Mengen möglicher Welten. Dieser Menge<br />
erfaßbarer Situationen sind des weiteren Merkmale zugeordnet, die in einer gegebenen<br />
unter den Situationen gelten oder nicht; wir sprechen im weiteren von Eigenschaften.<br />
Formal haben wir es mit einer abstrakten Menge zu tun, deren Elemente mögliche<br />
Welten heißen, sowie mit einem System von Teilmengen dieser Menge, welche, wie es<br />
heißt, je eine Eigenschaft modellieren oder repräsentieren. Im Fall des ersten obigen<br />
Beispiels besteht die Menge möglicher Welten aus reellen Zahlen, die je ein Gewicht<br />
repräsentieren; die Eigenschaft, sich in einem Gewichtsbereich aufzuhalten, wird durch<br />
je ein Zahlenintervall modelliert.<br />
Was bedeutet nun, den so erfaßten Gegenstand zu ” beschreiben“? Beschreiben bedeutet,<br />
die hergenommenen Situationen in wechselseitige Zusammenhänge zu setzen. Es<br />
gibt zwei Möglichkeiten. Zum einen können die wechselseitigen Beziehungen zwischen<br />
den möglichen Welten beschrieben werden. Auf den Elementen der reellen Zahlen<br />
gilt eine Ordnungsrelation und ist eine Addition definierbar. Dies bedeutet, die<br />
Menge möglicher Welten mit einer Struktur auszustatten, was uns zur Prädikatenlogik<br />
erster Stufe führt.<br />
Dies ist jedoch nicht das uns bewegende Thema. Je eine mögliche Welt kann mit<br />
der Gesamtheit der in ihr geltenden Eigenschaften identifiziert werden. Beispielsweise<br />
kann je ein Gewicht mit dem – einelementigen – Durchschnitt all dieses enthaltender<br />
Gewichtsbereiche identifiziert werden. Wir wollen im weiteren auf der Ebene der Ei-<br />
5
genschaften bleiben, die zu den möglichen Welten überhaupt erst geführt haben. In<br />
wechselseitige Beziehungen setzen wir im Rahmen dieser bescheideneren und grundlegenderen<br />
Herangehensweise die Eigenschaften selbst.<br />
Es sei W unsere Menge möglicher Welten. Es mögen ϕ und ψ zwei Eigenschaften<br />
symbolisieren. Die MengeAmodelliereϕ, die MengeB modelliereψ. Die Beziehung,<br />
die zwischenAundB herrschen kann, ist die mengentheoretische Inklusion: daßAin<br />
B enthalten ist. Ist dies der Fall, giltψ stets, wennϕgilt. Gemäß unserem Modell steht<br />
ϕ für eine Eigenschaft, die stärker ist alsψ; wir sagen auch, daßϕ ψ impliziert.<br />
Wenn man des weiteren mit einer ganzen Reihe von Eigenschaften zu tun hat, kann<br />
man im Rahmen des Modells aus diesen neue konstruieren. Wird wiederum ϕ durch<br />
A und ψ durch B repräsentiert, kann ich die Mengen A∩B sowie A∪B bilden. Es<br />
liegt nahe festzulegen, daß diese Mengen die Eigenschaften ” ϕ und ψ“ bzw. ” ϕ oder<br />
ψ“ repräsentieren.<br />
Wenn wir genau so weit und nicht weiter gehen – dann gelangen wir zum Begriff<br />
des distributiven Verbandes, der in diesem ersten Kapitel unser Thema ist. Sehen wir<br />
zunächst, wie eine Menge von Teilmengen hinsichtlich der Teilmengenbeziehung strukturiert<br />
werden kann.<br />
Lemma 2.1.1. Es seiW eine nichtleere Menge. Weiter seiLeine Menge von Teilmengen<br />
vonW . Dann gilt für alleA,B,C ∈ L:<br />
(i) A ⊆ A.<br />
(ii) AusA⊆BundB ⊆ A folgtA = B.<br />
(iii) AusA⊆BundB ⊆ C folgtA ⊆ C.<br />
Sehen wir sodann, welche Eigenschaften die beiden Mengenoperationen∩ und ∪ haben.<br />
Definition 2.1.2. Es sei W eine nichtleere Menge. Weiter bestehe L aus Teilmengen<br />
vonW dergestalt, daß mitAundB jeweils auchA∩B undA∪B inList. Dann heiße<br />
(L;∩,∪) ein Teilmengenverband.<br />
Insbesondere ist der Fall denkbar, daß L die Potenzmenge PW von W ist. PW , zusammen<br />
mit ∩ und∪, ist ein Teilmengenverband..<br />
Wir werden später beweisen, daß die im Folgenden aufgeführten Eigenschaften für<br />
einen Teilmengenverband charakteristisch sind.<br />
Lemma 2.1.3. Es sei (L;∩,∪) ein Teilmengenverband. Dann gilt für alle A,B,C ∈<br />
L:<br />
(i) A∩A = A∪A = A.<br />
(ii) A∩B = B ∩A undA∪B = B ∪A.<br />
(iii) A∩(B ∩C) = (A∩B)∩C undA∪(B ∪C) = (A∪B)∪C.<br />
6
(iv) A∩(A∪B) = A∪(A∩B) = A.<br />
(v) A∩(B ∪C) = (A∩B)∪(A∩C) undA∪(B ∩C) = (A∪B)∩(A∪C).<br />
Es sind tatsächlich ” nur“ genau die in Lemma 2.1.3 aufgeführten Eigenschaften, um<br />
die es im weiteren geht. Wenn in den Kapiteln 2 und 3 von Verbänden die Rede sein<br />
wird, braucht man sich nichts als die vorstehende Struktur eines Teilmengenverbandes<br />
vor Augen zu halten.<br />
2.2 Posets<br />
Wir beginnen den formalen Teil.<br />
Wir abstrahieren vom vorstehenden Beispiel; wir tragen die Eigenschaften eines Systems<br />
von Teilmengen einer fixen Menge zusammen. Wir haben gesehen, daß wir einerseits<br />
von der⊆-Beziehung und andererseits von den Operationen∩und∪ausgehen<br />
können. Wir wenden uns zunächst der ersteren Möglichkeit zu.<br />
Definition 2.2.1. Es sei (L;≤) eine Algebra mit der zweistelligen Relation ≤. Dann<br />
heiße L eine partiell geordnete Menge [engl. partially ordered set], oder kurz Poset,<br />
falls für alle a,b,c ∈ L Folgendes gilt:<br />
(P1) a ≤ a (Reflexitivität).<br />
(P2) Ausa ≤ b undb ≤ a folgta = b (Antisymmetrie).<br />
(P3) Ausa ≤ b undb ≤ c folgta ≤ c (Transitivität).<br />
Je zwei Elementea,b ∈ L, für die entwedera ≤ b oderb ≤ a gilt, heißen vergleichbar.<br />
Sind je zwei Elemente vergleichbar, heißt (L;≤) eine linear geordnete Menge [engl.<br />
linearly oder totally ordered set].<br />
Für Elemente eines Posets schreiben wir im weiteren a < b, falls a ≤ b, aber nicht<br />
a = b gilt. Zudem schreiben wir gelegentlichb ≥ a füra ≤ b.<br />
Lemma 2.2.2. Es seiLeine Menge von Teilmengen einer nichtleeren Menge. Dann ist<br />
(L;⊆) ein Poset.<br />
Beweis. Siehe Lemma 2.1.1.<br />
Beispiel 2.2.3. Wir geben zwei weitere immer wiederkehrende Beispiele von Posets<br />
an.<br />
(i) Es sei [0,1] = {r ∈ R: 0 ≤ r ≤ 1} das reelle Einheitsintervall. Es gelte r ≤ s,<br />
fallsr kleiner oder gleichsgemäß der üblichen Ordnung reeller Zahlen ist. Dann<br />
ist ([0,1];≤) ein Poset. Es handelt sich um die natürliche Ordnung auf[0,1].<br />
Für je zwei Elementer,s ∈ [0,1] gilt entwederr ≤ s oders ≤ r: [0,1] ist sogar<br />
eine linear geordnete Menge.<br />
7
(ii) Es sei M eine nichtleere Menge. Eine Fuzzymenge über M ist eine Abbildung<br />
von M nach [0,1]. Es sei F(M) die Menge aller Fuzzymengen über M. Wir<br />
definieren für zwei Fuzzymengenu undv<br />
u ≤ v fallsu(m) ≤ v(m) für alle m ∈ M.<br />
Dies ist die punktweise Ordnung vonF(M). Dann ist (F(M);≤) ein Poset.<br />
Visualisierung von Posets<br />
Um sich über die Bedeutung von Resultaten über Posets ins klare zu setzen, kann man<br />
jederzeit eines der Standardbeispiele verwenden, wozu insbesondere die Teilmengenposets<br />
gehören. Darüberhinaus ist es häufig nützlich, sich Fakten anhand endlicher<br />
Posets klarzumachen oder auch an endlichen Teilstrukturen von Posets.<br />
Zu diesem Zweck besteht eine einfache Möglichkeit der Visualisierung. Man stellt<br />
jedes Element des endlichen Posets(L;≤) durch einen Punkt dergestalt dar, daß, falls<br />
für zwei Elemente a,b ∈ L a ≤ b gilt, b ∈ L höher zu liegen kommt als a ∈ L.<br />
Sodann verbindet man a und b, falls a ≤ b gilt und es kein c mit a < c < b gibt. Das<br />
Ergebnis nennt sich Hassediagramm.<br />
Betrachtet sei beispielsweise die Menge{0,1,2,3}, versehen mit der natürlichen Ordnung,<br />
des weiteren die Potenzmenge der zweielementigen Menge{0,1}, versehen mit<br />
der Mengeninklusion, und schließlich die Potenzmenge der zweielementigen Menge<br />
{0,1} ohne die Menge{0,1}, ebenfalls versehen mit der Mengeninklusion.<br />
({0,1,2,3},≤) (P{0,1},⊆) ({∅,{0},{1}},⊆)<br />
Konstruktionen mit Posets<br />
Von einem Poset kann man zu einer Teilmenge übergehen; dann läßt sich die partielle<br />
Ordnung der größeren Menge problemlos auf die kleinere übertragen.<br />
Lemma 2.2.4. Es sei(L;≤) ein Poset undA ⊆ L. Füra,b ∈ A setzen wira ≤ b, falls<br />
dies in L gilt. Dann ist (A;≤) wiederum ein Poset.<br />
Beweis. Reflexitivität, Antisymmetrie und Transitivität gelten inA, da sie inP gelten.<br />
Definition 2.2.5. Es sei (L;≤) ein Poset und A ⊆ L. Für je zwei Elemente a,b ∈ A<br />
erklären wir, daß a ≤ b gilt, wenn dies für a und b als Elemente von L der Fall ist.<br />
Dann heiße(A;≤) Unterposet vonL.<br />
8
Weiter setzen wir für Elementep,q ∈ L mitp < q<br />
[p,q] = {a ∈ L: p ≤ a ≤ q}.<br />
Dann heißt der Unterposet vonLmit dem Grundbereich[p,q] Intervall des PosetsL.<br />
Wir betrachten im weiteren jede Teilmenge eines Posets ohne expliziten Hinweis immer<br />
als Unterposet.<br />
Beispiel 2.2.6. Zu beachten ist, daß ein Intervall eines Posets, auch wenn es die Bezeichnung<br />
nahelegen mag, keineswegs linear geordnet sein muß. Z.B. seien die folgenden<br />
Posets betrachtet:<br />
L [a,e]<br />
Dann besteht das Intervall[a,e] vonLaus allen Elementen vonLaußerd.<br />
Weiter kann man in einem Poset die Ordnung umdrehen; es ergibt sich wiederum ein<br />
Poset.<br />
Lemma 2.2.7. Es sei(L;≤) ein Poset. Füra,b ∈ A setzen wira ≤ ′ b, fallsb ≤ a gilt.<br />
Dann ist (L;≤ ′ ) wiederum ein Poset.<br />
Beweis. Die Gültigkeit der Axiome (P1) bis (P3) bleibt erhalten, wenn man ” ≤“ überall<br />
durch ” ≥“ ersetzt.<br />
Definition 2.2.8. Es sei (L;≤) ein Poset. Für a,b ∈ L erklären wir, daß a ≤ ′ b gilt,<br />
fallsb≤a. Dann heiße(L;≤ ′ ) der zu(L;≤) duale Poset.<br />
Besondere Eigenschaften von Poset-Elementen<br />
Wir stellen im weiteren besondere Eigenschaften von Elementen oder Elementpaaren<br />
in Posets oder Unterposets zusammen.<br />
Definition 2.2.9. Es sei(L;≤) ein Poset, und es seiAeine (nicht notwendig nichtleere<br />
und nicht notwendig echte) Teilmenge vonL.<br />
(i) Ein b ∈ L heiße untere Schranke [engl. lower bound] vonA, falls b ≤ a für alle<br />
a ∈ A.<br />
Ein c ∈ L heiße obere Schranke [engl. upper bound] von A, falls a ≤ c für alle<br />
a ∈ A.<br />
9
(ii) Ein b ∈ A heiße kleinstes Element [engl. least element] von A, falls b ≤ a für<br />
alle a ∈ A.<br />
Ein c ∈ A heiße größtes Element [engl. greatest element] vonA, fallsa ≤ c für<br />
alle a ∈ A.<br />
(iii) Einb ∈ A mit der Eigenschaft, daßa ∈ A unda ≤ b stetsa = b impliziert, heißt<br />
minimales Element [engl. minimal element] inA.<br />
Einc ∈ A mit der Eigenschaft, daßa ∈ A undc ≤ a stetsa = c impliziert, heißt<br />
maximales Element [engl. maximal element] in A.<br />
Minimale und maximale Elemente dürfen nicht mit kleinsten bzw. größten Elementen<br />
verwechselt werden. An letzteren gibt es nur je eines; erstere kann es viele geben.<br />
Lemma 2.2.10. Es sei (L;≤) und A ⊆ L. Dann gibt es höchstens ein kleinstes und<br />
höchstens ein größtes Element vonA.<br />
Ein kleinstes Element vonAist minimales Element vonA. Ein größtes Element vonA<br />
ist maximales Element vonA.<br />
Beweis. Es sei b1 ∈ L undb2 ∈ L jeweils kleinstes Element vonA. Dann gilt b1 ≤ b2<br />
und b2 ≤ b1, also b1 = b2. Also gibt es nicht mehr als ein kleinstes Element, und<br />
ähnlich folgt, daß es nicht mehr als ein größtes Element gibt.<br />
Es sei b das kleinste Element von A und a ≤ b für ein a ∈ A. Da dann auch b ≤ a<br />
gilt, folgt a = b. Also ist b minimal. Ebenso folgt, das ein größtes Element maximal<br />
ist.<br />
Definition 2.2.11. Es sei (L;≤) ein Poset undA ⊆ L. Existiert ein kleinstes Element<br />
von A, wird dieses mit minA bezeichnet. Existiert ein größtes Element von A, wird<br />
dieses mit maxA bezeichnet.<br />
Besitzt der gesamte Poset ein kleinstes oder/und ein größtes Element vorhanden, spielt<br />
dieses i.a. ein herausgehobene Rolle. Diese Elemente erhalten standardmäßig die Bezeichnung0<br />
bzw.1.<br />
Definition 2.2.12. Es sei (L;≤) ein Poset. Besitzt L ein kleinstes Element 0, heißt 0<br />
das Nullelement. Besitzt L ein größtes Element1, heißt1das Einselement.<br />
Beispiel 2.2.13. Wir betrachten zwei endliche Posets sowie einige der Posets aus Beispiel<br />
2.2.3.<br />
(i) Gegeben seien folgende Posets.<br />
M3<br />
10<br />
L
Im PosetM3 ist e kleinstes undagrößtes Element. Weitere minimale und maximale<br />
Elemente vonM3 gibt es nicht. Der PosetLbesitzt das kleinste Elemente,<br />
jedoch kein größtes Element. Hingegen sindaunddmaximale Elemente vonL.<br />
(ii) Das reelle Einheitsintervall[0,1], versehen mit der natürlichen Ordnung, hat ein<br />
Null- und ein Einselement – die ebenso bezeichneten reellen Zahlen.<br />
(iii) Das offene reelle Intervall(0,1), versehen mit der natürlichen Ordnung, hat weder<br />
ein Null- noch ein Einselement. Das gleiche gilt fürR, die ganze reelle Zahlenachse.<br />
(iv) Die Menge F(M) der Fuzzymengen über einer Menge M, versehen mit der<br />
punktweisen Ordnung, hat Null- wie Einselement, die wir mit ¯0 und ¯1 bezeichnen:<br />
¯0: M → [0,1], m ↦→ 0,<br />
¯1: M → [0,1], m ↦→ 1.<br />
Hat ein Poset kein Null- oder Einselement, läßt sich ein solches hinzufügen; folgende<br />
Konstruktion ist möglich.<br />
Satz 2.2.14. Es sei (L;≤) ein Poset. L besitze kein Nullelement. Es sei 0 ein neues<br />
Element und L0 = L˙∪{0}; für a,b ∈ L0 gelte a ≤ b, falls entweder a,b ∈ L ist und<br />
dies in L gilt oder wenna = 0 ist. Dann ist L0 ein Poset.<br />
Die entsprechende Konstruktion ist möglich, wennLkein Einselement besitzt. Schließlich<br />
ist auch das gleichzeitige Hinzufügen von Null- und Einselement möglich.<br />
Beweis. Es ist leicht nachzuprüfen, daß(L0;≤) ein Poset ist.<br />
Man beachte, daß im Fall, daß Satz 2.2.14 zum Zuge kommt, der VerbandLnotwendigerweise<br />
unendlich ist; ein endlicher Verband hat ohnehin immer ein Null- und Einselement.<br />
Aufeinanderfolgende Elemente von Posets<br />
Das reellle Einheitsintervall [0,1], versehen mit der natürlichen Ordnung, ist das Beispiel<br />
eines Posets mit der folgenden Eigenschaft: Für jedes Paar von Elementen a,b<br />
mit a < b gibt es ein drittes Element c mit a < c < b; man spricht daher von einer<br />
dichten partiellen Ordnung. Im Gegensatz dazu betrachte man den Poset {0, 1<br />
n ,...,1}<br />
für ein n ≥ 2, ebenfalls versehen mit der natürlichen Ordnung. Hier treten Paare a,b<br />
von Elementen auf, so daßa < b gilt und es keincmit a < c < b gibt. In einem naheliegenden<br />
Sinne hat hier jedes von 0 und 1 verschiedene Element einen unmittelbaren<br />
Vorgänger und Nachfolger. Mit Posets solcher Art stellen wir einige Begrifflichkeiten<br />
zusammen.<br />
11
Definition 2.2.15. Es sei(L;≤) ein Poset. Dann heißta ∈ L unmittelbarer Vorgänger<br />
vonb ∈ L undbunmittelbarer Nachfolger vona, in Zeichen<br />
a
Beispiel 2.2.19. (i) Die Posets M3 und L aus Beispiel 2.2.13 haben jeweils die<br />
Länge2.<br />
(ii) Das reelle Einheitsintervall[0,1], versehen mit der natürlichen Ordnung, ist von<br />
unendlicher Länge.<br />
Homomorphismen von Posets<br />
Vielfach werden wir es zu tun haben mit Funktionen, die einen Poset auf einen anderen<br />
abbilden. Dabei interessiert der Fall, daß die Ordnungsrelation erhalten bleibt.<br />
Definition 2.2.20. Es seien (P;≤) und(Q;≤) zwei Posets. Eine Abbildungϕ: P →<br />
Q heiße Ordnungshomomorphismus oder ordnungserhaltend oder monoton, falls für<br />
allea,b ∈ P gilt:<br />
Ausa ≤ b folgtϕ(a) ≤ ϕ(b).<br />
ϕ: P → Q heiße Ordnungsisomorphismus, falls ϕ bijektiv ist und für alle a,b ∈ P<br />
Folgendes gilt:<br />
a ≤ b genau dann, wennϕ(a) ≤ ϕ(b).<br />
Ebenfalls von regelmäßigem Interesse ist der Fall, daß sich die Ordnungsrelation unter<br />
einer Abbildung umdreht.<br />
Definition 2.2.21. Es seien (P;≤) und (Q;≤) zwei Posets. Ein Ordnungshomomorphismus<br />
von P auf den zu Q dualen Poset heißt Ordnungsantihomomorphismus oder<br />
antiton.<br />
Ein Ordnungsisomorphismus zwischenP und dem zuQdualen Poset heißt Ordnungsantiisomorphismus.<br />
Mit anderen Worten ist eine antitone Abbildung zwischen Posets P und Q dergestalt,<br />
daß für alle a,b ∈ P gilt:<br />
Ausa ≤ b folgtϕ(b) ≤ ϕ(a).<br />
Und um einen Ordnungsantiisomorphismus zu charakterisieren, ist hierin die Implikation<br />
durch eine Äquivalenz zu ersetzen.<br />
2.3 Verbände<br />
Die im weiteren zentrale Definition ist die folgende.<br />
Definition 2.3.1. Es sei (L;≤) ein Poset, und es sei A eine Teilmenge von L. Dann<br />
heiße b ∈ L Infimum [engl. infimum] von A, falls b größtes Element der Menge der<br />
unteren Schranken vonAist. Existiert dieses Element, bezeichnen wir es durch<br />
A<br />
13
oder alternativ<br />
fallsA={ai: i = 1,...,n},n ≥ 2.<br />
a1 ∧...∧an,<br />
Ebenso heiße c ∈ L Supremum [engl. supremum] von A, falls c kleinstes Element der<br />
Menge der oberen Schranken von A ist. Existiert dieses Element, bezeichnen wir es<br />
durch A<br />
oder alternativ<br />
fallsA={ai: i = 1,...,n},n ≥ 2.<br />
a1 ∨...∨an,<br />
Gemäß Lemma 2.2.10 hat jede Menge höchstens ein größtes und ein kleinstes Element;<br />
nur deshalb ist die vorstehende Definition sinnvoll. Man beachte, daß, wennATeilmenge<br />
eines Posets ist, der Ausdruck A für sich genommen nicht notwendig einen Sinn<br />
ergibt; das Infimum einer Teilmenge kann existieren, muß aber nicht. Dasselbe gilt für<br />
A, das Supremum.<br />
Infimum und Supremum interessieren am häufigsten für Paarea1,a2 eines Posets. Man<br />
mache sich für diesen Fall die Definition klar. Ist b deren Infimum, ist b größte untere<br />
Schranke vona1 unda2. Das heißt zweierlei:<br />
(1) b ≤ a1,a2;<br />
(2) wennb ′ ≤ a1,a2 für ein weiteres Element gilt, folgtb ′ ≤ b.<br />
Analoges gilt fürs Supremum; ist c Supremum von a1 und a2, ist c kleinste obere<br />
Schranke vona1 unda2:<br />
(1) a1,a2 ≤ c;<br />
(2) wenna1,a2 ≤ c ′ für ein weiteres Element gilt, folgtc ≥ c ′ .<br />
Beispiel 2.3.2. Wir betrachten Beispiel 2.2.3 sowie gewisse Modifikationen.<br />
(i) Sind Elementea undbeines Posets vergleichbar, besitzen sie stets Infimum und<br />
Supremum. Gilt etwa a ≤ b, ist a∧b = a unda∨b = b.<br />
Insbesondere besitzen in der linear geordneten Menge ([0,1];≤) je zwei Elemente<br />
ein Infimum und ein Supremum.<br />
(ii) Es sei(F(M);≤) die Menge der Fuzzymengen überM, versehen mit der punktweisen<br />
Ordnung. Es seien u,v : M → [0,1] Fuzzymengen über M. Die Zielmenge<br />
[0,1] ist standardmäßig mit der natürlichen Ordnung ausgestattet; für<br />
r,s ∈ [0,1] schreiben wir r ∧ s für das kleinere und r ∨ s für das größere<br />
Element.<br />
14
Wir setzen<br />
s: M → [0,1], m ↦→ u(m)∧v(m),<br />
t: M → [0,1], m ↦→ u(m)∨v(m).<br />
Wir behaupten, daß s das Infimum und t das Supremum von u und v ist. Wir<br />
zeigen ersteres.<br />
(1) Für jedes m gilt s(m) = u(m)∧v(m) ≤ u(m), also s ≤ u. Ebenso folgt<br />
s ≤ v.<br />
(2) Die Fuzzymenges ′ sei dergestalt, daßs ′ ≤ u,v. Dann ist für jedesm ∈ M<br />
s ′ (m) ≤ u(m),v(m). Für das Infimumu(m)∧v(m), als die größte untere<br />
Schranke vonu(m) undv(m), folgts ′ (m) ≤ u(m)∧v(m) = s(m). Also<br />
s ′ ≤ s.<br />
Wir haben gezeigt, daßsgrößte untere Schranke vonuundv ist, d.h.s = u∧v.<br />
(iii) Es sei(C 1 (R);≤) die Menge aller stetig differenzierbaren Funktionen, versehen<br />
mit der punktweisen Ordnung. Für zwei Funktionen f,g ∈ C 1 (R) existiert im<br />
allgemeinen weder Infimum noch Supremum.<br />
Um dies zu sehen, betrachte man die Funktionenf undg, definiert durchf(x) =<br />
x undg(x) = −x. Es seih ∈ C 1 (R) eine untere Schranke vonf undg. Dann ist<br />
h(0) < 0; denn im Fallh(0) = 0 wäreham Punkt0nicht differenzierbar. Dann<br />
aber läßt sich zeigen, daß es eine Funktion h ′ ∈ C 1 (R) mit h < h ′ ≤ f,g gibt.<br />
Es folgt, daß es keine größte untere Schranke vonf undg gibt, d.h.f undg kein<br />
Infimum besitzen.<br />
Wir kommen zur zentralen Definition.<br />
Definition 2.3.3. Es sei (L;≤) ein Poset, so daß Infimum und Supremum je zweier<br />
Elemente existieren. Dann heißeL verbandsgeordnet.<br />
Wir fassen in diesem Fall ∧ und ∨ als zwei binäre Operationen auf L auf. Die so<br />
entstandene Algebra(L;∧,∨) heiße Verband.<br />
M.a.W. ist ein Verband eine Algebra (L;∧,∨) mit zwei binären Operationen ∧ und<br />
∨, welche mittels Definition 2.3.1 aus einer partiellen Ordnung auf L hervorgegangen<br />
sind. Sinnvoll ist der zweite Teil von Definition 2.3.3 deshalb, weil sich die partielle<br />
Ordnung, von der man ausgegangen ist, aus∧oder∨eindeutig wieder zurückgewinnen<br />
läßt.<br />
Lemma 2.3.4. Es sei(L;≤) ein Poset, undLsei verbandsgeordnet. Dann gilt für alle<br />
a,b ∈ L<br />
a ≤ b, gdw a∧b = a, gdw a∨b = b. (1)<br />
Insbesondere gilt: Ist (L;∧,∨) ein Verband, gibt es genau eine partielle Ordnung auf<br />
L, bezüglich deren∧und∨je zwei Elementen deren Infimum und Supremum zuordnen.<br />
15
Beweis. Ausa ≤ b folgt offenbara∧b = a. Umgekehrt heißta∧b = a, daß<br />
a = a∧b ≤ b.<br />
Damit ist die erste Äquivalenz gezeigt. Die Äquivalenz vona ≤ b unda∨b = b folgt<br />
analog.<br />
Auf ≤ als diejenige Relation, aus der der Verband (L;∧,∨) hervorgeht, nehmen wir<br />
als die unterliegende partielle Ordnung Bezug.<br />
Lemma 2.3.5. Ein Teilmengenverband (L;∩,∪) ist ein Verband. Die unterliegende<br />
partielle Ordnung ist die Teilmengenbeziehung⊆.<br />
Beweis. Gemäß Lemma 2.2.2 ist (L;⊆) ein Poset. Nach Lemma 2.3.4 ist die partielle<br />
Ordnung, die einem Verband unterliegt, eindeutig bestimmt. Wir behaupten, daß es<br />
sich im vorliegenden Fall um⊆handelt.<br />
FürA,B ∈ L sind gemäß VoraussetzungA∩B wieA∪B inL.A∩B ist die größte in<br />
A undB enthaltende Menge; m.a.W. istA∩B das Infimum vonAundB bezüglich⊆.<br />
Ähnlich ist A∪B deren Supremum. Also ist(L;∩,∪) ein Verband mit unterliegender<br />
Ordnung⊆.<br />
Die nächste Frage ist, wie sich ein Verband ohne Rückgriff auf die unterliegende partielle<br />
Ordnung charakterisieren läßt.<br />
Satz 2.3.6. Es sei (L;∧,∨) ein Verband. Dann gilt für allea,b,c ∈ L Folgendes:<br />
(V1) a∧a = a∨a = a.<br />
(V2) a∧b = b∧a unda∨b = b∨a.<br />
(V3) a∧(b∧c) = (a∧b)∧cunda∨(b∨c) = (a∨b)∨c.<br />
(V4) a∧(a∨b) = a∨(a∧b) = a.<br />
Umgekehrt sei (L;∧,∨) eine Algebra mit den zweistelligen Operationen ∧ und ∨, so<br />
daß für alle a,b,c ∈ L die Bedingungen (V1) bis (V4) erfüllt sind. Dann ist L ein<br />
Verband, dessen unterliegende partielle Ordnung durch (1) gegeben ist.<br />
Beweis. Zum Beweis des ersten Teils nehmen wir an, daß (L;∧,∨) ein Verband ist.<br />
Füra,b ∈ L sind danna∧b unda∨b Infimum und Supremum vonaundbbezüglich<br />
der partiellen Ordnung, die durch (1) bestimmt ist. Wir zeigen jeweils die erste Hälfte<br />
der Behauptungen in (V1), ..., (V4); die zweite folgt jeweils analog.<br />
(V1): a∧a ist das Infimum der einelementigen Menge {a}; dieses ist offenbar gleich<br />
a.<br />
(V2): Sowohla∧balso auchb∧a bezeichnen das Infimum der Menge{a,b}.<br />
(V3): Wir zeigen, daß a ∧ (b ∧ c) das Infimum der Menge {a,b,c} ist, womit die<br />
Behauptung folgt. Für jedes x ∈ L folgt aus x ≤ a und x ≤ b ∧ c, daß x ≤ a,b,c<br />
16
gilt; und umgekehrt folgt ausx ≤ a,b,c, daßx ≤ a,b∧cgilt. Also ist die Menge der<br />
unteren Schranken von{a,b∧c} gleich der Menge der unteren Schranken von{a,b,c}.<br />
Also ist auch das größte Element der unteren Schranken in beiden Fällen dasselbe, d.h.<br />
a∧(b∧c) = a∧b∧c.<br />
(V4): Ausa ≤ a∨bfolgta∧(a∨b) = a.<br />
Um den zweiten Teil des Satzes zu beweisen, nehmen wir nunmehr an, daß (L;∧,∨)<br />
eine Algebra ist, die (V1) bis (V4) erfüllt. Füra,b ∈ L setzen wira ≤ b, fallsa = a∧b.<br />
Wir haben zu zeigen, daß (L;≤) ein Poset ist. a ≤ a folgt aus (V1). Gilt a ≤ b und<br />
b ≤ a, soa = a∧b undb = b∧a, unda = b folgt aus (V2). Schließlich seia ≤ b und<br />
b ≤ c. Dann gilt a = a∧b undb = b∧c, also a = a∧(b∧c) = (a∧b)∧c = a∧c<br />
gemäß (V3).<br />
Als nächstes zeigen wir (1); dafür ist nachzuweisen, daß a ≤ b, gdw a ∨ b = b. Aus<br />
a ≤ b folgt a ∨ b = (a ∧ b) ∨ b = b ∨ (b ∧ a) = b gemäß (V4) und dem zweimal<br />
angewendeten (V2). Umgekehrt folgt aus a ∨ b = b, daß a ∧ b = a ∧ (a ∨ b) = a,<br />
wiederum gemäß (V4).<br />
Weiter ist zu zeigen, daß füra,b ∈ L a∧b das Infimum bezüglich≤ist. Da(a∧b)∧a =<br />
a∧(a∧b) = (a∧a)∧b = a∧b gemäß (V2), (V3) bzw. (V1) gilt, ist a∧b ≤ a. Da<br />
auch(a∧b)∧b = a∧(b∧b) = a∧b gilt, ist a∧b ≤ b. Weiter seix ≤ a,b. Dann ist<br />
x∧(a∧b) = (x∧a)∧b = x∧b = x, also x ≤ a∧b. Die Behauptung folgt.<br />
Als letztes ist zu zeigen, daß füra,b ∈ L a∨b das Supremum bezüglich≤ist. Es gilt<br />
a∧(a∨b) = a gemäß (V4), alsoa ≤ a∨b. Ebenso giltb∧(a∨b) = b∧(b∨a) = b<br />
gemäß (V2) und (V4), also b ≤ a ∨ b. Weiter sei a,b ≤ x. Wir hatten (1) gezeigt; es<br />
folgt (a ∨b)∨x = a ∨(b∨x) = a ∨x = x und damit a∨b ≤ x. Die Behauptung<br />
folgt.<br />
Satz 2.3.6 besagt, daß sich Verbände auch mittels der Axiome (V1) bis (V4) definieren<br />
ließen. Dies wäre technisch sogar einfacher, hieße allerdings das Pferd von hinten her<br />
aufzuzäumen. Verbände wollen wir als partiell geordnete Mengen betrachten mit der<br />
Zusatzeigenschaft, daß Infima und Suprema je zweier Elemente existieren. Daraus und<br />
von nirgendwo andersher ergeben sich die Eigenschaften (V1) bis (V4).<br />
Anmerkung 2.3.7. Unter den Verbände charakterisierenden Eigenschaften (V1) bis<br />
(V4) ist (V1) redundant. In der Algebra (L;∧,∨) gelte (V4). Dann gilt a ∧ a = a ∧<br />
(a∨(a∧a)) = a. Ähnlich folgta∨a = a.<br />
Man könnte meinen, daß in Anwendungen auftretende Posets typischerweise Verbände<br />
sind. Dieser Eindruck ist auch mit dem Umstand konsistent, daß in dieser Vorlesung<br />
Verbände und nicht Posets im Mittelpunkt stehen. Auch wenn dem in Wahrheit nicht<br />
so sein mag – Beispiele von Posets, die keine Verbände sind, wirken häufig künstlich.<br />
Beispiel 2.3.8. Wir rekapitulieren Beispiel 2.3.2 und ergänzen dieses.<br />
(i) Jede linear geordnete Menge ist ein Verband.<br />
(ii) Die Menge F(M) der Fuzzymengen über einer Menge M, versehen mit der<br />
punktweisen Ordnung, ist ein Verband.<br />
17
(iii) Die Menge(C 1 (R);≤) aller stetig differenzierbaren Funktionen aufR, versehen<br />
mit der punktweisen Ordnung, ist kein Verband.<br />
(iv) Wir betrachten verschiedene partielle Ordnungen auf demR n ,n ≥ 1.<br />
(α) Wir setzen (a1,...,an) ≤ (b1,...,bn), falls<br />
a1 ≤ b1, ..., an ≤ bn.<br />
Dies ist die komponentenweise natürliche Ordnung auf demR n und macht<br />
diesen zu einem Verband. Es handelt sich um einen Spezialfall von (ii).<br />
(β) Wir setzen (a1,...,an) ≤lex (b1,...,bn), falls<br />
a1 < b1 oder<br />
a1 = b1 und a2 < b2 oder<br />
a1 = b1, a2 = b2 und a3 < b3 oder<br />
...<br />
a1 = b1, ...,an−1 = bn−1 und an < bn oder<br />
a1 = b1, ...,an = bn.<br />
≤lex ist die lexikographische Ordnung auf dem R n . Man überprüfe, daß<br />
≤lex denR n zu einer linear geordneten Menge macht, insbesondere also zu<br />
einem Verband.<br />
(γ) Fürs dritte Teilbeispiel setzen wir der Einfachheit halbern = 2. Wir setzen<br />
(a1,a2) (b1,b2), falls<br />
(a1,a2) = (b1,b2) oder a1 < b1, und b1 < b2.<br />
Dies ist die sogenannte strikte Ordnung auf dem R 2 . Man überzeuge sich,<br />
daßüberhaupt eine partielle Ordnung ist.<br />
Wir behaupten weiter, daß(R 2 ;) kein Verband ist. In der Tat besitzt beispielsweise<br />
das Paar(0,1) und(1,0) kein Supremum. Die Menge der oberen<br />
Schranken ist nämlich<br />
{(r,s) ∈ R 2 : r > 1, s > 1};<br />
diese Menge hat in bezug aufkein kleinstes Element.<br />
Wir haben Verbände als Algebren eingeführt, die je zwei (nicht notwendig verschiedenen)<br />
Elementen bezüglich einer partiellen Ordnung das Infimum und Supremum zuordnen.<br />
Wie das folgende Lemma zeigt, reichen die zweistelligen Operationen aus,<br />
dasselbe für jede endliche Menge von Elementen zu tun.<br />
Lemma 2.3.9. Es sei (L;∧,∨) ein Verband, und es seien a1,...,an ∈ L, n ≥ 1.<br />
Dann ist<br />
(...(a1 ∧a2)∧a3)∧...∧an−1)∧an<br />
(2)<br />
18
das Infimum der Menge {a1,...,an}. Weiter können in (2) die Klammern nach Belieben<br />
versetzt werden und die Reihenfolge der Elemene nach Belieben verändert werden,<br />
ohne daß sich der Wert verändern würde. Analoges gilt für das Supremum.<br />
Beweis. Im Beweis von (V3), s. Satz 2.3.6, hatten wir gezeigt, daß für a,b,c ∈ L das<br />
Infimum von a ∧b und c gleich dem Infimum von a, b und c ist. Ähnlich können wir<br />
ersehen, daß füra,b,c1,...,ck ∈ L, worink ≥ 1 ist, das Infimum vona∧b, c1,...,ck<br />
gleich dem Infimum vona,b,c1,...,ck ist.<br />
Mittels wiederholter Anwendung dieser Tatsache erschließen wir, daß (2) das Infimum<br />
von a1,...,an ist. Dabei kommt es offensichtlich weder darauf an, wie geklammert<br />
ist, noch, in welcher Reihenfolge dieai stehen.<br />
Hinsichtlich des Supremums gelten die analogen Überlegungen.<br />
Lemma 2.3.9 impliziert zweierlei. Erstens lassen sich beliebige endliche Infima und<br />
Suprema durch die zweistelligen Verbandsoperationen∧ bzw. ∨ ausdrücken. Es seien<br />
nämlich a1,...,an Elemente des Verbandes (L;∧,∨); dann ist (2) deren Infimum.<br />
Zweitens ist klar, daß die Klammerung nicht unbedingt gerade so wie in (2) erfolgen<br />
muß; geklammert werden kann nach Belieben.<br />
So sind die Klammern in (2) eigentlich überflüssig, und wir werden sie im Folgenden<br />
grundsätzlich weglassen. Wir verwenden stattdessen den übersichtlicheren Ausdruck<br />
a1 ∧...∧an<br />
und legen fest, daß dieser stellvertretend für (2) steht. Wenn wir L als einen Poset<br />
betrachten, ista1∧...∧an ohnehin bereits als das Infimum von{a1,...,an} definiert<br />
und damit als dasselbe Element wie (2).<br />
Posets, die die Bildung beliebiger Infima und Suprema erlauben, werden nunmehr<br />
erwähnt.<br />
Definition 2.3.10. Es sei (L;∧,∨) ein Verband. Für jede beliebige Teilmenge A von<br />
L existiere das Infimum und das Supremum von A. Dann heiße L ein vollständiger<br />
Verband.<br />
Man braucht in diesem Fall nicht zu fordern, daß sowohl Infima als auch Suprema<br />
existieren; es reicht, wenn z.B. alle Infima existieren.<br />
Lemma 2.3.11. Es sei (L;∧,∨) ein Verband. Für jede beliebige Teilmenge A von L<br />
existiere das Infimum vonA. Dann ist L ein vollständiger Verband.<br />
Beweis. Es sei A ⊆ L. Wir müssen zeigen, daß das Supremum von A existiert. Wir<br />
setzen<br />
c = {b ∈ L: b ≥ a für alle a ∈ A};<br />
dies ist das nach Voraussetzung existierende Infimum aller oberen Schranken von A.<br />
Insbesondere ist c selbst obere Schranke und damit die kleinste obere Schranke.<br />
19
Wir ergänzen ein paar im Folgenden immer wieder stillschweigend verwendeten Eigenschaften<br />
von Verbänden.<br />
Lemma 2.3.12. Es sei (L;∧,∨) ein Verband. Dann gilt für alle a,b,c ∈ L:<br />
(i) Ausa ≤ b unda ≤ c folgta ≤ b∧c.<br />
Ausb ≤ a undc ≤ a folgtb∨c ≤ a.<br />
(ii) Ausb ≤ c folgta∧b ≤ a∧csowie a∨b ≤ a∨c.<br />
Beweis. (i)a ≤ b,c bedeutet, daßauntere Schranke vonbundcist. Da deren Infimum<br />
die größte untere Schranke ist, folgt a ≤ b ∧ c. Ähnlich ist für den zweiten Teil zu<br />
argumentieren.<br />
(ii) Es seib ≤ c. Dann ist jede untere Schranke vonaundbauch eine solche vonaund<br />
c. Also ist auch a ∧ b, die größte untere Schranke von a und b, eine untere Schranke<br />
vonaundc. Nach Teil (i) folgta∧b ≤ a∧c.<br />
Visualisierung von Verbänden<br />
Um an endlichen Posets bestimmte Eigenschaften zu prüfen, bietet sich stets die Möglichkeit<br />
an, eine entsprechende Eigenschaft des zugehörigen Hassediagramms auszumachen.<br />
Es gibt kein sonderlich elegantes Verfahren, um festzustellen, ob ein Hassediagramm<br />
einen Verband repräsentiert – wir erwähnen dennoch ein solches.<br />
Lemma 2.3.13. Es sei(L;≤) ein endlicher Poset. Dann istLein Verband genau dann,<br />
wenn es kein Paara,b ∈ L verschiedener Elemente gibt, die eine der folgenden Bedingungen<br />
erfüllen:<br />
(i) a undbbesitzen keine untere oder keine obere Schranke.<br />
(ii) Es gibt vier Elemente a,b,c,d mit a,b ≤ c,d, so daß es kein e ∈ L mit a,b ≤<br />
e ≤ c,d gibt.<br />
Beweis. Es sei L ein Verband. Für a,b ∈ L gibt es dann eine kleinste obere Schranke<br />
a∧b und eine größte untere Schrankea∨b. Dies widerspricht sowohl (i) als auch (ii).<br />
Es seiLkein Verband. Dann gibt es ein Paara,b ∈ L, so daß die MengeU der unteren<br />
Schranken vonaundb kein größtes Element hat oder die MengeO der oberen Schranken<br />
kein kleinstes. Wir nehmen den letzteren Fall an; für den ersteren argumentieren<br />
wir analog. Notwendigerweise muß a = b gelten. Ist O leer, gilt (i). O sei nichtleer.<br />
Da O endlich ist, gibt es für jedes x ∈ O ein minimales Element y in U mit y ≤ x.<br />
Also enthält O mindestens ein minimales Element. Enthielte O genau ein minimales<br />
Element, wäre dies das kleinste Element von O, entgegen der Annahme. Also gibt es<br />
zwei verschiedene minimale Elementec unddinU, und es folgt (ii).<br />
Insofern ist ersichtlich, daß folgendes BeispielL1 ein Verband ist,L2 mangels Existenz<br />
einer oberen Schranke vona undbkein Verband ist undL3, dad,e ≤ b,c gilt, es jedoch<br />
kein Elementxgibt mit d,e ≤ x ≤ b,c, ebenfalls kein Verband ist.<br />
20
L1 L2 L3<br />
Konstruktionen mit Verbänden<br />
Wir betrachten als nächstes die Möglichkeit, den Grundbereich eines Verbandes zu<br />
verkleinern. Im Fall eines Posets stellt dies kein Problem dar; im Fall eines Verbandes<br />
ist etwas Vorsicht geboten.<br />
Definition 2.3.14. Es sei (L;∧,∨) ein Verband. Weiter sei A ⊆ L, und mit a,b ∈ A<br />
sei auch a ∧ b ∈ A und a ∨ b ∈ A. Wir erklären die Operationen ∧ und ∨ durch<br />
Einschränkung dieser Operationen von L auf A. Dann heißt (A;∧,∨) Unterverband<br />
vonL.<br />
Lemma 2.3.15. Der Unterverband (A;∧,∨) eines Verbandes (L;∧,∨) ist ebenfalls<br />
ein Verband.<br />
Beweis. Die Gleichungen (V1) bis (V4) gelten inL, also auch in A.<br />
Allerdings ist Folgendes zu beachten. IstLein Verband undA ⊆ L, istAstets ein Unterposet.<br />
Dieser Unterposet ist im allgemeinen kein Unterverband:A ist unter den auf<br />
L erklärten Operationen∧und∨nicht notwendig abgeschlossen. WennAkein Unterverband<br />
von L ist, kann A nichtsdestoweniger verbandsgeordnet sein. Dieser Fall tritt<br />
auf, wennAunter den auf L erklärten Operationen∧ und∨zwar nicht abgeschlossen<br />
ist, inAaber alle Infima und Suprema von Paaren existieren.<br />
Man betrachte das folgende Beispiel:<br />
L L ′<br />
Der aus der Teilmenge L ′ = {a,b,c,g} gebildete Unterposet von L ist ein Verband,<br />
aber kein Unterverband von (L;∧,∨). Das Infimum von b und c ist e in L, in L ′ aber<br />
g.<br />
Weiter können wir von einem Verband, als Poset gesehen, zum dualen Poset übergehen;<br />
das Ergebnis ist wieder ein Verband.<br />
21
Lemma 2.3.16. Es sei(L;∧,∨) ein Verband. Es sei≤die unterliegende Ordnung und<br />
≤ ′ die zugehörige duale Ordnung. Dann ist (L;≤ ′ ) wiederum verbandsgeordnet. Es<br />
seien∧ ′ und∨ ′ die zugehörigen Verbandsoperationen; dann ist ∧ ′ = ∨ und∨ ′ = ∧.<br />
Beweis. Ein Elementc ∈ L ist bezüglich≤ ′ das Infimum vonaundb, wennc ≤ ′ a,b<br />
gilt und aus x ≤ ′ a,b stets c ≤ ′ x folgt; wenn also a,b ≤ c gilt und ausa,b ≤ x stets<br />
x ≤ c folgt; wenn alsocdas Supremum vonaundbbezüglich≤ist.<br />
Also ist a ∨b das Infimum von a und b bezüglich ≤ ′ , und ebenso ist zu ersehen, daß<br />
a∧bdas Suprumum vonaundbbezüglich≤ ′ ist.<br />
Definition 2.3.17. Es sei(L;∧,∨) ein Verband. Dann heiße(L;∧ ′ ,∨ ′ ) der zuLduale<br />
Verband, worin∧ ′ = ∨ und∨ ′ = ∧.<br />
Der Übergang von einem Verband zum dualen Verband bedeutet also, daß ∧ und ∨<br />
vertauscht werden. Daß sich dadurch wiederum ein Verband ergibt, ist im übrigen an<br />
den Bedingungen (V1) bis (V4) zu ersehen; diese sind in∧und∨symmetrisch.<br />
Wir schließen mit einer in der Algebra häufig angewandten Konstruktion.<br />
Definition 2.3.18. Es seien(Lι;∧ι,∨ι), ι ∈ I, Verbände. Wir setzen<br />
L = <br />
und definieren für(aι)ι,(bι)ι ∈ L<br />
ι∈I<br />
Lι<br />
(aι)ι ∧(bι)ι = (aι ∧ι bι)ι,<br />
(aι)ι ∨(bι)ι = (aι ∨ι bι)ι.<br />
Dann heißt(L;∧,∨) das direkte Produkt [engl. direct product] der VerbändeLι.<br />
Lemma 2.3.19. Das direkte Produkt von Verbänden ist wiederum ein Verband.<br />
Beweis. Jede Gleichung, die in jedem der Verbände gilt, gilt auch im Produkt. Also<br />
gelten die Verbandsaxiome.<br />
Definition 2.3.20. Wir sagen, daß ein Verband L unzerlegbar ist, falls L nicht dem<br />
direkten Produkt mindestens zweielementiger VerbändeL1 undL2 isomorph ist.<br />
Homomorphismen von Verbänden<br />
Wir definieren strukturerhaltende Abbildungen zwischen Verbänden.<br />
Definition 2.3.21. Es seien (P;∧,∨) und (Q;∧,∨) zwei Verbände. Eine Abbildung<br />
ϕ: P → Q heiße Verbandshomomorphismus, falls für allea,b ∈ P gilt:<br />
ϕ(a∧b) = ϕ(a)∧ϕ(b),<br />
ϕ(a∨b) = ϕ(a)∨ϕ(b).<br />
22
Ist ϕ: P → Q injektiv, heißt ϕ auch eine Einbettung, und wir sagen, daß sich P in Q<br />
einbetten läßt.<br />
Ist ϕ: P → Q surjektiv, sagen wir, daßQein homomorphes Bild vonP ist.<br />
Ist ϕ: P → Q bijektiv, heißtϕein Verbandsisomorphismus.<br />
Da jeder Verband auch ein Poset ist, ist das Verhältnis zwischen Verbands- und Posethomomorphismus<br />
zu klären.<br />
Lemma 2.3.22. Es seien (P;∧,∨) und(Q;∧,∨) Verbände.<br />
(i) ϕ: P → Q sei ein Verbandshomomorphismus. Dann ist ϕ ordnungserhaltend.<br />
(ii) ϕ: P → Q sei ein Ordnungsisomorphismus. Dann ist ϕ ein Verbandsisomorphismus.<br />
Beweis. (i) Ist a ≤ b, soa = a∧b, alsoϕ(a) = ϕ(a∧b) = ϕ(a)∧ϕ(b) ≤ ϕ(b).<br />
(ii) Wir zeigen, daß ϕ(a ∧ b) das Infimum von ϕ(a) und ϕ(b) ist. Da a ∧ b ≤ a,b,<br />
gilt ϕ(a ∧ b) ≤ ϕ(a),ϕ(b). Es sei x ≤ ϕ(a),ϕ(b). Wegen der Bijektivität von ϕ ist<br />
x = ϕ(c) für ein c ∈ P ; und weil ϕ ein Ordnungsisomorphismus ist, folgt ausϕ(c) ≤<br />
ϕ(a),ϕ(b), daßc ≤ a undc ≤ b gilt. Alsoc ≤ a∧b und weiterx = ϕ(c) ≤ ϕ(a∧b).<br />
Alsoϕ(a∧b) = ϕ(a)∧ϕ(b), und ähnlich erschließen wirϕ(a∨b) = ϕ(a)∨ϕ(b).<br />
Hingegen ist zu beachten, daß eine ordnungserhaltendeAbbildung zwischen Verbänden<br />
nicht notwendig ein Verbandshomomorphismus ist.<br />
2.4 Distributive Verbände<br />
Wir kommen zu einer weiteren Eigenschaft, die Verbände erfüllen können. Wie wir gezeigt<br />
haben, sind für Verbände die Eigenschaften (i) bis (iv) eines Teilmengenverbandes<br />
maßgeblich, s. Lemma 2.1.3. Die Eigenschaft (v) ist bislang aber nicht aufgetaucht.<br />
Definition 2.4.1. Ein Verband (L;∧,∨) heiße distributiv, falls für alle a,b,c ∈ L<br />
Folgendes gilt:<br />
(D) a∧(b∨c) = (a∧b)∨(a∧c) unda∨(b∧c) = (a∨b)∧(a∨c).<br />
Lemma 2.4.2. Es sei (L;∩,∪) ein Teilmengenverband. Dann ist L ein distributiver<br />
Verband.<br />
Beweis. Gemäß Lemma 2.3.5 ist (L;∩,∪) ein Verband. Infolge Lemma 2.1.3(v) ist<br />
dieser Verband distributiv.<br />
Anmerkung 2.4.3. Die Ungleichungen<br />
a∧(b∨c) ≥ (a∧b)∨(a∧c) (3)<br />
a∨(b∧c) ≤ (a∨b)∧(a∨c) (4)<br />
23
gelten in jedem Verband. Daher betrifft Axiom (D) nur die jeweils umgekehrte Ungleichung.<br />
(3) beweist sich folgendermaßen. Gemäß Lemma 2.3.12(ii) folgt aus b ≤ b ∨ c, daß<br />
a∧b ≤ a∧(b∨c); und ebenso gilta∧c ≤ a∧(b∨c). Gemäß Lemma 2.3.12(i) folgt<br />
(3).<br />
Entsprechend läßt sich auch (4) zeigen.<br />
Wir zeigen weiter, daß von den die Distributivität definierenden (Un)gleichungen sogar<br />
nur eine reicht.<br />
Lemma 2.4.4. Es sei(L;∧,∨) ein Verband. Dann ist Folgendes paarweise äquivalent:<br />
(i) L ist distributiv.<br />
(ii) Für allea,b,c ∈ L gilt<br />
(iii) Für allea,b,c ∈ L gilt<br />
a∧(b∨c) ≤ (a∧b)∨(a∧c). (5)<br />
a∨(b∧c) ≥ (a∨b)∧(a∨c). (6)<br />
Beweis. Definitionsgemäß impliziert (i) sowohl (ii) als auch (iii). Mit Blick auf Bemerkung<br />
2.4.3 impliziert (ii) und (iii) zusammengenommen (i). Zu zeigen ist also, daß<br />
(ii) und (iii) äquivalent sind.<br />
Wir zeigen, daß aus (ii) (iii) folgt. Ähnlich ist für die andere Richtung vorzugehen.<br />
Es gelte also (ii). Gemäß Bemerkung 2.4.3 gilt damit die Gleichheit beider Seiten in<br />
(5). Wir rechnen unter zweimaliger Verwendung von (ii)<br />
(a∨b)∧(a∨c) = ((a∨b)∧a)∨((a∨b)∧c)<br />
= a∨(c∧(a∨b)<br />
= a∨(c∧a)∨(c∧b)<br />
= a∨(b∧c).<br />
Hier heißt es allerdings aufzupassen: (6) folgt daraus, daß (5) für alle a,b,c eines VerbandesL<br />
gilt, und umgekehrt. Gilt hingegen (5) nur für gewisse Elemente a,b,c ∈ L,<br />
heißt dies nicht, daß für diese auch (6) gilt.<br />
Beispiel 2.4.5. Alle in Beispiel 2.3.8 besprochenen Verbänden sind distributiv.<br />
Nichtdistributive Verbände sind erst das Thema ab Kapitel 4. Wir nehmen dennoch<br />
einen Fall vorweg, nur um zu demonstrieren, daß die distributiven Verbände innerhalb<br />
der Verbände eine eher spezielle Teilklasse bilden.<br />
24
Es seiLdie Menge aller linearen Unterräume desR 2 .Lenthält also den0-dimensionalen<br />
Unterraum {0}; die 1-dimensionalen Unterräume [(r,s)] = {λ(r,s) : λ ∈ R} für<br />
(r,s) ∈ R 2 ; und den ganzen Raum R 2 . Wir ordnen L durch mengentheoretische Inklusion.<br />
Dann ist L ein Verband; das Infimum zweier Unterräume A und B ist deren<br />
DurchschnittA∩B und das SupremumA∨B der vonAundB aufgespannte Unterraum.<br />
Es gilt<br />
aber<br />
[(1,1)]∩([(1,0)]∨[(0,1)]) = [(1,1)]∩R 2 = [(1,1)],<br />
([(1,1)]∩[(1,0)])∨([(1,1)]∩[(0,1)]) = {0}∨{0} = {0}.<br />
Folglich ist der Verband(L;∩,∨) nicht distributiv.<br />
Lemma 2.4.6. Der Unterverband(A;∧,∨) eines distributiven Verbandes(L;∧,∨) ist<br />
ebenfalls ein distributiver Verband.<br />
Beweis. Gemäß Lemma 2.3.15 ist L ein Verband. Des weiteren gilt die Gleichung (D)<br />
inL, folglich auch inA.<br />
Schließlich stellt sich die Frage, wie man aus einem Hassediagramm herauslesen kann,<br />
ob ein Verband distributiv ist. Es gilt folgendes Lemma.<br />
Lemma 2.4.7. Ein VerbandList genau dann distributiv, wenn er keinen Unterverband<br />
der folgenden Form enthält:<br />
N5<br />
Beweis. Ausgelassen.<br />
0,1-Verbände<br />
M3<br />
Null- und Einselement eines Verbandes werden zuweilen zum Teil der Struktur gemacht,<br />
d.h. es werden Konstanten hinzugefügt, die durch das Null- bzw. Einselement<br />
interpretiert werden.<br />
Definition 2.4.8. Eine Struktur (L;∧,∨,0,1) heiße 0,1-Verband, falls (L;∧,∨) ein<br />
Verband ist und0das Null- und1das Einselement vonList.<br />
Hat ein Verband kein Null- oder Einselement, läßt sich gemäß Lemma 2.2.14 ein solches<br />
hinzufügen. Das Ergebnis ist ein0,1-Verband.<br />
25
Satz 2.4.9. Es sei(L;∧,∨) ein Verband.L besitze kein Nullelement. Es sei0ein neues<br />
Element und L0 = L˙∪{0}; für a,b ∈ L0 gelte a ≤ b, falls entweder a,b ∈ L ist und<br />
dies in L gilt oder wenn a = 0 ist. Dann ist L0 verbandsgeordnet, und die identische<br />
Abbildung vonLnachL0 ist eine Einbettung von Verbänden.<br />
Die entsprechende Konstruktion ist möglich, wennLkein Einselement besitzt. Schließlich<br />
ist auch das gleichzeitige Hinzufügen von Null- und Einselement möglich.<br />
Beweis. Gemäß Lemma 2.2.14 ist (L0;≤) ein Poset. Weiter sei a,b ∈ L0.<br />
Sind a und b beide in L, ist das in L berechnete Infimum c auch das Infimum in L0;<br />
denn in L0 gilt c ≤ a,b, und ist x ≤ a,b, ist x ≤ c unabhängig davon, ob x ∈ L oder<br />
x = 0 ist. Ebenso ist das inLberechnete Supremum auch das Supremum inL0.<br />
Ist a = 0 oder b = 0, sind a und b gemäß Konstruktion vergleichbar und besitzen<br />
deshalb Infimum wie Supremum. Wir haben gezeigt, daß L0 verbandsgeordnet ist.<br />
Gleichfalls haben wir bewiesen, daß die identische Abbildung L → L0 Infimum und<br />
Supremum erhält. Damit ist der Beweis des ersten Teils komplett.<br />
Fehlt ein Einselement, gehen wir in exakter Analogie vor. Die Konstruktion ist anwendbar<br />
aufLebenso wie aufL0.<br />
Man beachte, daß im Fall, daß Satz 2.4.9 zum Zuge kommt, der VerbandLnotwendigerweise<br />
unendlich ist; ein endlicher Verband hat immer ein Null- und Einselement.<br />
2.5 Darstellungstheorie<br />
Das grundlegende Beispiel eines distributiven Verbandes ist der Teilmengenverband.<br />
Wir zeigen nun, daß es keine weiteren Beispiele gibt; jeder distributive Verband ist als<br />
Teilmengenverband darstellbar.<br />
Um dies zu zeigen, müssen wir, ausgehend von einem distributiven Verband L, eine<br />
Menge konstruieren und jedes Element von L mit einer Teilmenge identifizieren. Zu<br />
überlegen ist, wie man in einem Teilmengenverband von den Teilmengen zu den einzelnen<br />
Elementen der Menge gelangt. Das geht ganz einfach: Man identifiziert jedes<br />
Element der Menge mit dem System dieses enthaltender Teilmengen. Dieses System<br />
ist offenbar unter Durchschnitt und Vergrößerung abgeschlossen und führt uns zu folgender<br />
Definition.<br />
Definition 2.5.1. Es sei (L;∧,∨) ein Verband. Eine nichtleere Teilmenge F von L<br />
heiße Filter, falls die folgenden Bedingungen gelten:<br />
(F1) Ist a,b ∈ F , so aucha∧b ∈ F .<br />
(F2) Ist a ∈ F undb ≥ a, so auchb ∈ F .<br />
Ein FilterF heiße eigentlich, fallsF nicht ganzLumfaßt.<br />
Ein eigentlicher FilterF vonL heiße Primfilter, falls Folgendes gilt:<br />
26
(F3) Ist füra,b ∈ L a∨b ∈ F , gilt entwedera ∈ F oderb ∈ F .<br />
Wir sehen, daß für ein beliebiges Elementaeines VerbandesL beispielsweise das System<br />
aller Elemente, die größer als a sind, einen Filter bilden; {b ∈ L: b ≥ a} heißt<br />
der Prinzipalfilter von a. Insofern taugt der Begriff des Filters schon einmal, um einzelne<br />
Elemente vonLzu identifizieren. Der Prinzipalfilter vonaist jedoch nach unten<br />
hin begrenzt;awird sozusagen nicht weiter aufgesplittet. Dies wiederum ist notwendigerweise<br />
der Fall für einen Primfilter; ista = c∨d, muß auch eines der beiden untera<br />
liegenden Elemente c oder d in F liegen. So können wir in einem Teilmengenverband<br />
mit zugrundeliegender MengeW einen Punktx ∈ W wählen; dann ist die Menge aller<br />
x enthaltenden Elemente vonLein Primfilter.<br />
In der Tat wollen wir als Grundmenge für den zu konstruierenden Teilmengenverband<br />
die Menge der Primfilter verwenden. Worauf es ankommt, ist zu zeigen, daß es deren<br />
hinreichend viele gibt. Mit Bezug auf einen Teilmengenverband: Sind die zwei verschiedenen<br />
Elementen der Grundmenge zugeordneten Primfilter immer verschieden?<br />
Das ist in der Tat der Fall, wennL distributiv ist, wie Lemma 2.5.4 zeigen wird.<br />
Lemma 2.5.2. Es sei F Filter eines VerbandesL unda ∈ L nicht inF . Dann ist<br />
der kleinste F undaenthaltende Filter.<br />
Fa = {b ∈ L: b ≥ a∧f für einf ∈ F }<br />
Beweis. Ein Filter ist abgeschlossen unter der Bildung von Infima und der Vergrößerung<br />
von Elementen. Ein Filter, derF ∪{a} enthält, muß demzufolge auchFa enthalten.<br />
Auf der anderen Seite ist Fa ein Filter. Denn ist b,c ∈ Fa, folgt b ≥ a ∧ f1 und<br />
c ≥ a ∧f2 für f1,f2 ∈ F und weiter b∧c ≥ a∧f1 ∧f2, d.h. b∧c ∈ Fa. Und mit<br />
b ∈ Fa ist zudem klarerweise auch jedesc ≥ b inFa.<br />
Im weiteren benötigen wir das Zornsche Lemma, welches seinerseits mit dem mengentheoretischen<br />
Auswahlaxiom, kurz (AC), gleichwertig ist.<br />
Lemma 2.5.3. (AC) Es sei (P;≤) ein Poset mit folgender Eigenschaft: Jeder linear<br />
geordnete Unterposet hat eine obere Schranke. Dann hatP mindestens ein maximales<br />
Element.<br />
Lemma 2.5.4. Es sei F Filter eines distributiven VerbandesL und a ∈ L nicht in F .<br />
Dann gibt es einen Primfilter, derF umfaßt undanicht enthält.<br />
Beweis. Es sei F die Menge aller Filter vonL, dieanicht enthalten. DaF ∈ F, ist F<br />
nicht leer.F wird mittels⊆zu einem Poset. Es seiC ⊆ F linear geordnet, d.h. bestehe<br />
aus das Element a nicht enthaltenden Filtern, so daß je zwei von diesen ineinander<br />
enthalten sind. Dann ist offenbar C ebenfalls ein Filter, der a nicht enthält; und C<br />
ist eine obere Schranke vonC.<br />
27
Folglich können wir Lemma 2.5.3, das Zornsche Lemma, auf den Poset(F;⊆) anwenden;<br />
es seiP ein maximales Element inF. Daa /∈ P , istP ein eigentlicher Filter. Wir<br />
behaupten, daßP sogar ein Primfilter ist.<br />
Dies zu zeigen, sei c,d ∈ L und c∨d ∈ P . Wir nehmen an, daß weder c nochdin P<br />
liegt.P ist maximal in F; das bedeutet, daß der von P zusammen mit c oderdgemäß<br />
Lemma 2.5.2 erzeugte Filter nicht mehr in F liegt, also a enthält. Nach Lemma 2.5.2<br />
bedeutet a ∈ Pc, daß a ≥ c ∧ f1 für ein f1 ∈ P , und a ∈ Pd, daß a ≥ c ∧ f2 für<br />
ein f2 ∈ P . Aus der Distributivität von L folgt a ≥ (c ∧f1 ∧f2) ∨(d ∧f1 ∧f2) =<br />
(c∨d)∧f1∧f2. Daf1∧f2 ∈ P undc∨d ∈ P , heißt dies abera ∈ P . Wir schließen,<br />
daß entwedercoderdin P liegt.<br />
Schließlich geben wir noch folgende Charakterisierungen der Begriffe Filter und Primfilter:<br />
Lemma 2.5.5. Es sei (L;∧,∨) ein Verband.<br />
(i) Eine nichtleere Teilmenge F von L ist genau dann ein Filter, wenn Folgendes<br />
gilt: Für allea,b ∈ L ist a∧b ∈ F äquivalent zua ∈ F undb ∈ F .<br />
(ii) L enthalte ein Nullelement0. Dann ist ein FilterF vonLgenau dann eigentlich,<br />
wenn0 /∈ F .<br />
(iii) Ein eigentlicher Filter F von L ist genau dann ein Primfilter, wenn Folgendes<br />
gilt: Für allea,b ∈ L ist a∨b ∈ F äquivalent zua ∈ F oderb ∈ F .<br />
Beweis. (i) Es sei F ein Filter und a,b ∈ L. Aus a ∧ b ∈ F folgt a,b ∈ F aus (F2).<br />
Ausa,b ∈ F folgta∧b ∈ F aus (F1).<br />
Es sei F ⊆ L, und es gelte a∧b ∈ F , gdwa,b ∈ F . (F1) folgt unmittelbar. Ist a ∈ F<br />
undb ≥ a, so ist a∧b = a ∈ F und folglichb ∈ F .<br />
(ii) Daß F uneigentlich ist, heißt F = L und insbesondere 0 ∈ F . Gilt 0 ∈ F , folgt<br />
F = L aus (F2).<br />
(iii) Aus a ∈ F oder b ∈ F folgt a ∨ b ∈ F gemäß (F2). Der Rest folgt aus der<br />
Definition eines Primfilters.<br />
Wir kommen zum Darstellungssatz für distributive Verbände.<br />
Satz 2.5.6. Es sei (L;∧,∨) ein distributiver Verband. Dann ist L zu einem Teilmengenverband<br />
isomorph.<br />
Beweis. Es sei P die Menge aller Primfilter von L. Wir ordnen jedem Element a ∈ L<br />
die Menge aller a enthaltenden Primfilter zu:<br />
ϕ(a) = {P ∈ P: a ∈ P}. (7)<br />
28
Wir behaupten, daß dies ein Homomorphismus vonLin den Verband aller Teilmengen<br />
vonP ist. In der Tat ergibt sich füra,b ∈ L unter Verwendung von Lemma 2.5.5:<br />
ϕ(a∧b) = {P ∈ P: a∧b ∈ P}<br />
= {P ∈ P: a ∈ P undb∈P}<br />
= {P ∈ P: a ∈ P}∩{P ∈ P: b ∈ P}<br />
= ϕ(a)∩ϕ(b)<br />
sowie im Hinblick auf Lemma 2.5.5(iii)<br />
ϕ(a∨b) = {P ∈ P: a∨b ∈ P}<br />
= {P ∈ P: a ∈ P oderb∈P}<br />
= {P ∈ P: a ∈ P}∪{P ∈ P: b ∈ P}<br />
= ϕ(a)∪ϕ(b)<br />
Weiter istϕinjektiv. Denn es seiena,b ∈ L zwei verschiedene Elemente. O.E.d.A. nehmen<br />
wira < b an. Dann ist b im Prinzipalfilter vonanicht enthalten; dieser kann nach<br />
Lemma 2.5.4 zu einem b weiterhin nicht enthaltenden Primfilter P erweitert werden.<br />
Also ist P ∈ ϕ(a), aberP /∈ ϕ(b).<br />
Es sei nun L ′ das Bild von ϕ in der Potenzmenge von P. L ′ bildet den Teilmengenverband(L<br />
′ ;∩,∪), undϕ, aufgefaßt als Abbildung vonLnachL ′ , ist ein Isomorphismus.<br />
Leicht läßt sich der Fall ergänzen, daß das Null- und Einselement durch Konstanten<br />
vertreten sind. Enthält ein Teilmengenverband die leere und ganze Menge, bezeichnen<br />
wir diese mit∅bzw. 1 .<br />
Satz 2.5.7. Es sei (L;∧,∨,0,1) ein distributiver 0,1-Verband. Dann ist L zu einem<br />
Teilmengenverband isomorph, wobei 0 durch die leere und 1 durch die ganze Menge<br />
repräsentiert sind.<br />
Beweis. Gemäß Satz 2.5.6 ist(L;∧,∨) isomorph zu einem Teilmengenverband(L ′ ;∩,∪).<br />
Der Isomorphismusϕ: L → L ′ war durch (7) definiert worden. Wir lesen ab: ϕ(0) =<br />
{P ∈ P: 0 ∈ P} = ∅, weilP nur aus eigentlichen Filtern besteht; s. Lemma 2.5.5(ii).<br />
Weiter gilt: ϕ(1) = {P ∈ P : 1 ∈ P} = P; denn aufgrund Bedingung (F2) enthält<br />
jeder eigentliche Filter1.<br />
Also ist (L;∧,∨,0,1) isomorph zu(L ′ ;∩,∪,∅, 1<br />
2.6 Logik<br />
Nach den algebraisch-theoretischen Überlegungen des letzten Abschnitts kehren wir<br />
nunmehr zum ursprünglichen Verständnis distributiver Verbände zurück: Wir fassen<br />
diesen als ein System auf, der gewisse Aussagen repräsentiert.<br />
29<br />
).
Weiterhin ist das Bild eines Teilmengenverbandes(L;∩,∪) maßgeblich. Deren Grundmenge<br />
W repräsentiert eine Menge hinsichtlich irgendwelcher Aspekte unterschiedener<br />
Situationen; wir hattenW eingangs Menge möglicher Welten genannt. JedesA ∈ L<br />
ist eine Teilmenge von W und repräsentiert eine Eigenschaft: diejenige Eigenschaft,<br />
die in denjenigen möglichen Welten gilt, die A enthält, und die in den übrigen Welten<br />
nicht gilt.<br />
Es mögen beispielsweise ϕ,ψ,ζ,η vier Eigenschaften symbolisieren. Zu deren Repräsentierung<br />
sei eine MengeW möglicher Welten gegeben, undϕ,ψ,ζ,η seien durch<br />
die Teilmengen A, B, C bzw. D aus L dargestellt. Die Struktur (L;∧,∨) bietet nun<br />
zwei Operationen, die es ermöglicht, aus gegebenen Teilmengen neue zu konstruieren,<br />
sowie die Möglichkeit, mengentheoretische Inklusion auszudrücken. Aus A und<br />
B wird A ∩ B, welches als die Konjunktion der Eigenschaften ϕ und ψ interpretierbar<br />
ist: ” ϕ und ψ“. Ebenso kann A∪B mit der Disjunktion von ϕ und ψ identifiziert<br />
werden: ” ϕ oderψ“. Weiterhin können Eigenschaften ihrer Ausdruckskraft gemäß zueinander<br />
in Bezug gesetzt werden. Es gelte inLetwa<br />
A∩B ⊆ C ∪D; (8)<br />
dies kann interpretiert werden als die Aussage ” Ausϕ undψ folgt, daßζ oderη“.<br />
Diesem Verständnis logischer Zusammenhänge wollen wir nun einen formalen Rahmen<br />
verleihen. Wir werden es zu tun haben mit Aussagen wie z.B.<br />
ϕ∧ψ → ζ ∨η (9)<br />
und diese genau so verstehen wie vorstehend skizzirt:ϕ,ψ,ζ,η werden durch Teilmengen<br />
einer fixen Menge modelliert, und (9) wird für gültig erklärt, wenn (8) zutrifft.<br />
Was ist hierbei die Fragestellung? Herausfinden wollen wir, was aus Postulaten von der<br />
Form (9) zu schließen ist. Eine TheorieT wird eine Menge von Implikationen wie (9)<br />
sein; z.B. T = {ϕ → α, ϕ → β}; dann werden wir in der Lage sein, hieraus ϕ →<br />
α ∧ β abzuleiten. Es geht mit anderen Worten darum zu ergründen, welche Schlüsse<br />
aus Zusammenhängen gezogen werden, die in einer Sprache formuliert sind, welche<br />
nichts als das logische ” und“, das logische ” oder“ sowie die Implikation enthält – dies<br />
ist die Sprache der <strong>Verbandstheorie</strong>.<br />
Wir werden eine spezielle Aussagenlogik definieren. Eine solche konstituiert sich aus<br />
dreierlei:<br />
• Durch die Wahl einer formalen Sprache wird festgelegt, welcher Art Aussagen<br />
betrachtet werden. Die Sprache besteht aus Variablensymbolen, welche beliebige<br />
Aussagen bezeichnen, aus Konstantensymbolen, welche bestimmte Aussagen<br />
bezeichnen, sowie aus Verknüpfungssymbolen, mit welchen aus gegebenen Aussagen<br />
neue konstruiert werden.<br />
• Weiter wird spezifiert, in welcher Art formalen Strukturen die Aussagen der formalen<br />
Sprache zu interpretieren sind. Es handelt sich um Algebren, deren Elemente<br />
Aussagen modellieren und die mit Operationen versehen sind, die je eine<br />
Verknüpfung modellieren.<br />
30
• Ein Beweissystem besteht aus Regeln, wie aus in der gewählten formalen Sprache<br />
formulierten Aussagen weitere solche generiert werden können. Wenn dabei<br />
erstere unter einer Interpretation in einer Struktur gelten, so muß dies auch für<br />
die abgeleiteten gelten.<br />
Am Beispiel der distributiven 0,1-Verbände demonstrieren wir nun dieses allgemeine<br />
Schema. Wir spezifieren im Folgenden die Logik distributiver Verbände, abgekürzt<br />
LDV.<br />
Definition 2.6.1. Die Terme der LogikLDV sind die gemäß folgenden Regeln zustandekommenden<br />
Zeichenketten.<br />
(i) Eine Variable ist eines der Symboleϕ1,ϕ2,...; eine Konstante ist eines der Symbole⊥,⊤.<br />
Jede Variable und jede Konstante ist ein Term; und zwar ein sogenannt<br />
atomarer Term.<br />
(ii) Sindαundβ Terme, so auchα∧β undα∨β, wobei im Fall, daßαoderβ nicht<br />
atomar ist, diese von Klammern zu umschließen sind.<br />
Die Menge aller Terme sei A.<br />
Weiter ist eine Aussage von LDV ein Paar, bestehend aus einer nichtleere endliche<br />
Menge von Termenα1,...,αn sowie einem einzelnen weiteren Termβ. Diese notieren<br />
wir gemäß<br />
α1,...,αn → β.<br />
Beispiele für Terme sind etwa ϕ23, ϕ2 ∧ (ϕ4 ∨ ϕ3), ⊥. Beispiele für Aussagen sind<br />
ϕ2 → ϕ5 oder ϕ1,ϕ2 → ϕ3 ∨ϕ4. An letzterer läßt sich die beabsichtigte Bedeutung<br />
einer Aussage demontrieren: ” Wenn ϕ1 und ϕ2 gilt, so ϕ3 oder ϕ4“. Die logischen<br />
Verknüpfungen∧ und∨spiegeln mithin ” und“ und ” oder“ wieder; das Komma hat wie<br />
∧ die Bedeutung ” und“.<br />
Wir legen nun so, wie oben angedeutet, die Interpretation der Aussagen vonLDV fest.<br />
Definition 2.6.2. Es sei (L;∩,∪,∅, 1 ) ein Teilmengenverband. Weiter sei v eine Abbildung<br />
von der Menge A aller Terme nach L, so daß folgende Bedingungen erfüllt<br />
sind:<br />
(i) v(⊥) = ∅ undv(⊤) = 1<br />
;<br />
(ii) v(α∧β) = v(α)∩v(β) undv(α∨β) = v(α)∪v(β) für alle Termeα, β.<br />
Dann heißev eine Belegung [engl. evaluation] (der Terme) vonLDV. Der TeilmengenverbandL<br />
heiße dann auch Modell vonLDV.<br />
Eine Aussageα1,...,αn → β sei gültig unter einer Belegungv, falls<br />
v(α1)∩...∩v(αn) ⊆ v(β).<br />
31
Eine Belegung ist damit eine Interpretation der Terme der Logik LDV in einem Teilmengenverband.<br />
Letzterer wird auf diese Weise zu einem Modell vonLDV. Eine Aussage<br />
gilt unter einer gegebenen Interpretation, falls der Durchschnitt auf der linken<br />
Seite eine kleinere Menge ergibt als auf der rechten Seite steht; das heißt inhaltlich,<br />
daß die Konjunktion der linken Seite die rechte Seite impliziert.<br />
Zur modelltheoretischen Definition der LogikLDV fehlt nun nur noch die Folgebeziehung.<br />
Definition 2.6.3. Eine Theorie vonLDV sei eine Menge von Aussagen vonLDV.<br />
Es sei T ein Theorie und Φ eine Aussage von LDV. Wir sagen, daß T Φ semantisch<br />
impliziert, in Zeichen T |= Φ, falls Φ unter jeder Belegung gültig ist, unter der jede<br />
Aussage inT gültig ist.<br />
M.a.W. impliziert eine Menge von Aussagen semantisch eine weitere solche, falls letztere<br />
in jedem Modell gilt, in dem jede ersterer gilt.<br />
Damit haben wir festgelegt, was Aussagen von LDV beinhalten und was es heißt, daß<br />
solche andere nach sich ziehen. Die Frage ist nun, ob es Regeln gibt, mit denen man<br />
aus gegebenen Aussagen all diejenigen ableiten kann, die semantisch impliziert sind.<br />
FürLDV ist dies der Fall; wir stellen ein Beweissystem fürLDV vor.<br />
Eine Regel ist ein Paar, bestehend aus einer endlichen Menge von Aussagen, den<br />
Prämissen, und einer weiteren Aussage, der Konsequenz. Das Paar wird übereinander<br />
notiert, durch einen horizontalen Strich getrennt. Eine Regel mit leerer Prämissenmenge<br />
heißt Axiome; in diesem Fall wird allein die Konsequenz notiert.<br />
Weiter ist die linke Seite einer Aussage stets definitionsgemäß eine nichtleere endliche<br />
Menge; ” α1,...,αk“ ist die α1,...,αk enthaltende Menge, und Doppeltnennungen<br />
sind möglich. Wir werden außer Termen auch Teilmengen von Termen durch Kommata<br />
reihen. Es steht dann z.B. ” Γ,α,β“ fürΓ∪{α,β}.Γkann dabei leer sein, andererseits<br />
könnenα undβ auch inΓenthalten sein.<br />
Definition 2.6.4. Die Regeln von LDV sind die folgenden, worin Γ eine beliebige<br />
endliche Menge von Termen ist undα, β, γ beliebige Terme sind:<br />
Γ → β<br />
(lw)<br />
(∧ →)<br />
Γ,α → β<br />
Γ,α → γ Γ,β → γ<br />
(∨ →)<br />
Γ,α∨β → γ<br />
(A1) ⊥ → α (A2) α → α (A3) α → ⊤<br />
(Cut) Γ1 → α Γ2,α → β<br />
Γ1,Γ2 → β<br />
Γ,α,β → γ<br />
(→ ∧)<br />
Γ,α∧β → γ<br />
Γ → α<br />
(→ ∨1)<br />
Γ → α∨β<br />
Γ → α Γ → β<br />
Γ → α∧β<br />
Γ → β<br />
(→ ∨2)<br />
Γ → α∨β<br />
Weiter sei T eine Theorie undΦeine Aussage. Ein Beweis vonΦausT ist eine endliche<br />
Sequenz von Regeln, so daß jeder Prämisse einer Regel entweder ausT oder gleich<br />
der Konsequenz einer vorhergehenden Regel ist undΦdie Konsequenz der letzten Regel<br />
ist.Φheißt ausT beweisbar, in ZeichenT ⊢ Φ, falls es einen Beweis vonΦausT<br />
gibt.<br />
32
Liegt für eine semantisch begründete Logik ein Beweissystem vor, stellen sich zwei<br />
Fragen. Als wichtigstes ist erstens zu fragen, ob die Regeln korrekt sind: Kann ich mit<br />
den Regeln nur das ableiten, was auch semantisch impliziert ist? Zweitens stellt sich<br />
die manchmal nur akademische, aus Sicht der Logiker aber alles entscheidende Frage,<br />
ob die Regeln vollständig sind: Kann ich mit den Regeln alles ableiten, was semantisch<br />
impliziert ist? Im vorliegenden Fall ist die Antwort zweimal positiv.<br />
Der folgende Satz beinhaltet die sogenannte Korrektheit unseres Beweissystems.<br />
Satz 2.6.5. Es sei T eine Theorie vonLDV. Ist Φ ausT beweisbar, so impliziert T Φ<br />
semantisch.<br />
Beweis. Wir müssen für jede Regel Folgendes prüfen: Gelten unter einer Belegung alle<br />
Prämissen, so auch die Konsequenz.<br />
Die drei Axiome müssen demgemäß unter jeder Belegung gelten. Wir betrachten das<br />
Axiom (A1), d.h. ⊥ → α. Dieses gilt unter einer Belegung v, falls v(⊥) ⊆ v(α). v<br />
bildet⊥nach∅undαin das ElementA einer Teilmengenalgebra ab; da∅ ⊆ A immer<br />
gilt, ist die Bedingung also erfüllt. Ähnlich ist für die übrigen Axiome vorzugehen.<br />
Wir betrachten die Regel (lw), d.h. Γ→β<br />
Γ,α→β . Es sei Γ = {γ1,...,γk}. Es sei v eine<br />
Belegung; wir setzen G1 = v(γ1),...,Gk = v(γk) und A = v(α), B = v(β).<br />
Weiter seien die Prämissen der Regel unter v erfüllt; das bedeutet definitionsgemäß<br />
v(γ1)∩...∩v(γk) ⊆ v(β), d.h.<br />
Hieraus folgt<br />
G1 ∩...Gk ⊆ B.<br />
G1 ∩...Gk ∩A ⊆ B,<br />
also gilt auch die Konsequenz. Nach dem gleichen Schema ist für die übrigen Regeln<br />
vorzugehen; letztlich sind nur triviale mengentheoretische Fakten benötigt.<br />
Wir kommen nun zur Vollständigkeit unseres Beweissystems. Vollständigkeitsbeweise<br />
können sehr lang und knifflig sein; der vorliegende Fall gibt einen Geschmack davon.<br />
Wir verwenden im Beweis den Begriff der Äquivalenzrelation. Definiert und in aller<br />
Ausführlichkeit besprochen wird dieser jedoch erst in anderem Zusammenhang in Kapitel<br />
4.2. Wer ihn nicht kennt, sei auf Abschnitt 4.2 verwiesen, der sich vom Rest unabhängig<br />
lesen läßt; relevant sind hier nur die Definitionen 4.2.1 und 4.2.2 sowie Lemma<br />
4.2.3. Alternativ kann der vorliegende sowie der später noch folgende Vollständigkeitsbeweis<br />
beim ersten Lesen auch übersprungen werden.<br />
Satz 2.6.6. Es sei T eine Theorie von LDV. Impliziert T Φ semantisch, so ist Φ aus<br />
T beweisbar.<br />
Beweis. Der Beweis verläuft indirekt. Wir nehmen an, daß Φ aus T nicht beweisbar<br />
ist. Unser Ziel ist es, zu zeigen, daß es eine Belegung gibt, unter alle Elemente vonT,<br />
nicht aberΦerfüllt ist.<br />
33
Für zwei Termeαundβ ausF setzen wir<br />
α ∼ β falls T ⊢ α → β undT ⊢ β → α.<br />
Dann ist ∼ eine Äquivalenzrelation auf F; Reflexitivität gilt wegen (A1), Symmetrie<br />
nach Konstruktion und Transitivität wegen (Cut). Es sei〈α〉 die Äquivalenzklasse eines<br />
α ∈ F, und es sei 〈F〉 = {〈α〉: α ∈ F}.<br />
Wir behaupten weiter, daß∼eine mit ∧ und∨kompatible Äquivalenzrelation ist. Das<br />
bedeutet Folgendes:<br />
(⋆) Es sei α,α ′ ,β,β ′ ∈ F. Ausα ∼ α ′ undβ ∼ β ′ folgt dannα∧β ∼ α ′ ∧β ′ sowie<br />
α∨β ∼ α ′ ∨β ′ .<br />
Zum Beweis nehmen wir also α ∼ α ′ und β ∼ β ′ an. T beweist dann α → α ′ . Es<br />
folgt α,β → α ′ mit (lw). Weiter ist β → β Axiom, aus welchem α,β → β folgt. Mit<br />
(→ ∧) ergibt sich α,β → α ′ ∧ β und mit (→ ∧) α ∧ β → α ′ ∧β. Entsprechend ist<br />
auchα ′ ∧β → α ′ ∧β ′ herleitbar, und mit (Cut) folgtα∧β → α ′ ∧β ′ . Ebenso zeigen<br />
wir, daßT auchα ′ ∧β ′ → α∧β beweist; alsoα∧β ∼ α ′ ∧β ′ .<br />
Im Fall von ∨ gehen wir ähnlich vor. Aus α → α ′ folgtα → α ′ ∨β mit (→ ∨1). Aus<br />
β → β folgt β → α ′ ∨ β mit (→ ∨2). Also α ∨ β → α ′ ∨ β mittels (∨ →). Nach<br />
Wiederholung dieser Schritte gelangen wir schließlich zuα∨β ∼ α ′ ∨β ′ .<br />
Wir nutzen nun (⋆) aus, um die Operationen ∧ und ∨ auf 〈F〉 wie folgt zu erklären.<br />
Fürα,β ∈ F setzen wir<br />
〈α〉∧〈β〉 = 〈α∧β〉,<br />
〈α〉∨〈β〉 = 〈α∨β〉.<br />
Damit haben wir eine Algebra (〈F〉;∧,∨,〈0〉,〈1〉) konstruiert. Wir zeigen, daß diese<br />
ein distributiver Verband ist.<br />
Zunächst statten wir 〈F〉 mit der Relation<br />
〈α〉 ≤ 〈β〉, falls T ⊢ α → β<br />
aus. Dann ist ≤ eine partielle Ordnung; Reflexivität gilt wegen (A1), Antisymmetrie<br />
nach Konstruktion und Transitivität wegen (Cut).<br />
Wir zeigen als nächstes, daß ∧ und ∨ in bezug auf ≤ Infimums- und Supremumsoperation<br />
sind. Es gilt〈α∧β〉 ≤ 〈α〉,〈β〉; dies zeigt im ersteren Fall der Beweis<br />
α → α<br />
α,β → α (lw)<br />
α∧β → α, (∧→)<br />
der letztere Fall geht analog. Weiter sei 〈γ〉 ≤ 〈α〉,〈β〉 angenommen; das bedeutet,<br />
daßT γ → α undγ → β beweist. Es folgtγ → α∧β, d.h.〈γ〉 ≤ 〈α∧β〉.<br />
Ähnlich gilt 〈α〉,〈β〉 ≤ 〈α∨β〉, und aus 〈α〉,〈β〉 ≤ 〈γ〉 folgt 〈α∨β〉 ≤ 〈γ〉. Damit<br />
ist gezeigt, daß(〈F〉;∧,∨) ein Verband ist.<br />
34
Wegen (A1) und (A3) sind 〈⊥〉 und〈⊤〉 Null- und Einselement. Es verbleibt, das Distributivgesetz<br />
nachzuweisen. Wir gehen wie folgt vor:<br />
α → α<br />
α,β → α (lw)<br />
β → β<br />
α,β → β (lw)<br />
(→∧)<br />
α,β → α∧β<br />
α,β → (α∧β)∨(α∧γ) (→∨)<br />
Ähnlich sehen wir α,γ → (α∧β)∨(α∧γ). Es folgtα,β ∨γ → (α∧β)∨(α∧γ)<br />
und schließlichα∧(β∨γ) → (α∧β)∨(α∧γ). Im Hinblick auf Lemma 2.4.4 ist der<br />
Beweis komplett.<br />
Wir definieren nun<br />
v ′ : F → 〈F〉, α ↦→ 〈α〉.<br />
Dann istv ′ (⊥) = 〈⊥〉 undv ′ (⊤) = 〈⊤〉, und es giltv ′ (α∧β) = v ′ (α)∧v ′ (β) sowie<br />
v ′ (α∨β) = v ′ (α)∨v ′ (β). Schließlich ist der distributive Verband(〈F〉;∧,∨,〈0〉,〈1〉)<br />
einem Teilmengenverband isomorph. Ist ϕ der Isomorphismus, ist v = ϕ ◦ v ′ eine<br />
Belegung.<br />
Es sei weiter α1,...,αk → β eine Aussage aus T . Diese ist trivialerweise aus T<br />
beweisbar und damit auchα1∧...∧αk → β. Dies bedeutet wiederumv ′ (α1)∧...∧<br />
v(αk) = 〈α1〉 ∧... ∧〈αk〉 = 〈α1 ∧...∧αk〉 ≤ 〈β〉 = v ′ (β). Also ist die Aussage<br />
unterv erfüllt.<br />
Weiter seiΦdie Aussageγ1,...,γl → δ. WäreΦunterv erfüllt, hieße dies〈γ1 ∧...∧γl〉 =<br />
〈γ1〉∧...∧〈γl〉 = v(γ1)∧...∧v(γl) ≤ v(δ) = 〈δ〉; also wäre Φ aus T beweisbar.<br />
Es folgt, daßΦunterv nicht erfüllt ist.<br />
35
3 Boolesche Algebren<br />
3.1 Motivation<br />
Ein weiteres Mal gehen wir davon aus, daß wir eine Menge von Situationen zu modellieren<br />
haben, repräsentiert durch eine Menge möglicher Welten W . Mögliche Welten<br />
sind durch Eigenschaften charakterisiert, die in jeder solchen entweder zutreffen oder<br />
nicht. Ja-Nein-Aussagen besagen, daß eine gewisse Eigenschaft zutrifft. Eine Aussage<br />
ϕ wird demgemäß durch eine Teilmenge von W modelliert, etwa A; eine mögliche<br />
Welt ist in A genau denn, wenn die ϕ zugeordnete Eigenschaft in dieser möglichen<br />
Welt zutrifft.<br />
Wir haben Aussagen ihrer Stärke nach verglichen. Es sei etwa ϕ durchAundψ durch<br />
B modelliert. Dann kann A in B enthalten sein; in diesem Fall ist ϕ die stärkere der<br />
beiden Aussagen undψ die schwächere; in der Tat giltψ in allen möglichen Welten, in<br />
deneϕgilt, und in diesem Sinne impliziertϕ ψ. Die zugehörige abstrakte Struktur ist<br />
die eines Posets.<br />
Mittels der partiellen Ordnung kann man weiter je zwei Aussagen deren Konjunktion<br />
zuordnen. Als Konjunktion können wir die schwächste Aussage ansehen, die stärker<br />
ist als beide diese Aussagen; im Poset ist dies das Infimum der beiden Teilmengen von<br />
W , der mengentheoretische Durchschnitt von A und B, d.h. A ∩ B. Als Disjunktion<br />
können wir die stärkste Aussage ansehen, die schwächer ist alsϕundψ; es ergibt sich<br />
das Supremum, die Vereinigung vonAundB, d.h.A∪B.<br />
Wir haben die Negation von Aussagen bislang noch nicht betrachtet. Nahe liegt, wenn<br />
ϕ durchA repräsentiert wird, die Negation vonϕdurch das mengentheoretische Komplement<br />
darzustellen, d.h. ∁A. Genau dies werden wir im weiteren tun. Man beachte,<br />
daß damit das Gebiet der Posets nicht verlassen; so wie das Infimum und das Supremum<br />
ist auch das Komplement allein durch die partielle Ordnung festgelegt. Die Negation<br />
vonϕist die schwächste Aussage, deren Konjunktion mitϕdie falsche Aussage<br />
ist; demgemäß wird sie durch die größte Menge modelliert, deren Durchschnitt mit A<br />
die leere Menge ergibt – dies ist ∁A.<br />
Wenn wir die so verstandene Negation hinzufügen, gelangen wir vom distributiven<br />
0,1-Verband zur booleschen Algebra.<br />
Definition 3.1.1. Es sei W eine nichtleere Menge. Weiter bestehe L aus Teilmengen<br />
vonW dergestalt, daß∅ und 1 = W , mitAjeweils auch∁A und mitAundB jeweils<br />
auchA∩B undA∪B inList. Dann heiße(L;∩,∪,∁,∅, 1 ) eine Teilmengenalgebra.<br />
Insbesondere kannLdie ganze PotenzmengePW vonW sein.<br />
Wir listen im Folgenden die charakteristischen Eigenschaften einer Teilmengenalgebra<br />
auf.<br />
Lemma 3.1.2. Es sei (L;∩,∪,∁,∅, 1<br />
A,B,C ∈ L:<br />
(0) ∅ ⊆ A undA ⊆ 1<br />
.<br />
) eine Teilmengenalgebra. Dann gilt für alle<br />
36
(i) A∩A = A∪A = A.<br />
(ii) A∩B = B ∩A undA∪B = B ∪A.<br />
(iii) A∩(B ∩C) = (A∩B)∩C undA∩(B ∪C) = (A∪B)∪C.<br />
(iv) A∩(A∪B) = A∪(A∩B) = A.<br />
(v) A∩(B ∪C) = (A∩B)∪(A∩C) undA∪(B ∩C) = (A∪B)∩(A∪C).<br />
(vi) A∩∁A = ∅ undA∪∁A = 1<br />
3.2 Komplemente in Verbänden<br />
.<br />
Wir halten uns für die folgenden Definitionen die Teilmengenalgebra vor Augen.<br />
Definition 3.2.1. Es sei (L;∧,∨,0,1) ein 0,1-Verband. Es sei a ∈ L. Dann heiße<br />
b ∈ L Komplement vonafalls<br />
(i) a∧b = 0,<br />
(ii) a∨b = 1<br />
gilt. Besitzt jedesa ∈ L ein Komplement, heißeL komplementiert.<br />
Eine Funktion¬: L → L heiße eine Komplementfunktion vonL, falls für allea,b ∈ L<br />
Folgendes gilt:<br />
(CF1) ¬a ist ein Komplement vona,<br />
(CF2) ausa ≤ b folgt¬b ≤ ¬a,<br />
(CF3) ¬¬a = a.<br />
Man könnte vielleicht meinen, daß Komplemente, wenn vorhanden, eindeutig bestimmt<br />
sind oder zumindest jedes Element ein kanonisches Komplement hat. Dies gilt für distributive<br />
Verbände, keinesfalls aber allgemein.<br />
Beispiel 3.2.2. (i) Es sei (L;∩,∪,∅, 1 ) ein Teilmengenverband mit 0 und 1. Dann<br />
ist L komplementiert. Wie man sich leicht überlegt, hat jedes A ∈ L genau ein<br />
Komplement, und zwar ∁A. Zudem ist L → L, A ↦→ ∁A eine Komplementfunktion.<br />
(ii) Ein linear geordnete Menge mit mehr als zwei Elementen ist nicht komplementiert.<br />
Man betrachte z.B. die vierelementige Menge {0,1,2,3} mit ≤ als der<br />
natürlichen Ordnung. Es hat 1 kein Komplement; x ∧ 1 = 0 impliziert x = 0,<br />
wohingegenx∨1 = 3 x = 3 bedeutet.<br />
(iii) Der Verband M3 (s. Beispiel 2.2.13) ist komplementiert. Die nichtextremalen<br />
Elemente haben je zwei Komplemente. Z.B. besitzt b das Komplementc undd.<br />
Eine Komplementfunktion läßt sich aufM3 jedoch nicht definieren.<br />
37
Der Begriff des Komplementes läßt sich wie folgt auch lokal definieren. In einem Teilmengenverband<br />
können wir etwa eine Menge herausgreifen, das Intervall betrachten,<br />
das aus deren Teilmengen besteht, und danach fragen, ob Teilmengen innerhalb dieses<br />
Intervalls Komplemente besitzen.<br />
Definition 3.2.3. Es sei (L;∧,∨) ein Verband. Es sei p,q ∈ L mit p < q, und es sei<br />
a ∈ [p,q]. Dann heißeb ∈ L relatives Komplement vonain[p,q], falls<br />
(i) a∧b = p,<br />
(ii) a∨b = q<br />
gilt. Besitzt jedesaein relatives Komplement in jedem a enthaltenden Intervall, heiße<br />
L relativ komplementiert.<br />
Dies läßt sich auch so ausdrücken: In einem Verband sei p ≤ a ≤ q; dann heißt<br />
für b, ein relatives Komplement von a im Intervall [p,q] zu sein, ein Komplement im<br />
normalen Sinne im0,1-Verband([p,q];∧,∨,p,q) zu sein.<br />
Lemma 3.2.4. Ein Verband L ist relativ komplementiert genau dann, wenn jedes Intervall<br />
vonLkomplementiert ist.<br />
Beweis. Dies ist aus den Definitionen unmittelbar einsichtig.<br />
In distributiven Verbänden können wir aus Komplementen leicht auch relative Komplemente<br />
bestimmen.<br />
Lemma 3.2.5. Es sei (L;∧,∨) ein distributiver Verband. Es sei b ∈ L Komplement<br />
vona ∈ L. Weiter sei p < q unda ∈ [p,q]. Dann ist<br />
relatives Komplement vonain[p,q].<br />
b ′ = (b∧q)∨p (10)<br />
Beweis. Dies überprüfen wir durch Nachrechnen der Bedingungen (i), (ii) aus Definition<br />
3.2.3.<br />
Beispiel 3.2.6. (i) Es sei (L;∩,∪,∅, 1 ) ein Teilmengenverband mit 0 und 1. Es<br />
seien P,Q ∈ L mitP ⊂ Q undA ∈ L mit P ⊆ A ⊆ Q gegeben.<br />
Hat A das relative KomplementB in [P,Q], muß A∩B = P undA∪B = Q<br />
gelten. Also ist(∁A∩Q)∪P = (∁A∩(A∪B))∪(A∩B) = (∁A∩∩B)∪(A∩B) =<br />
B. Damit ist (10) bestätigt.<br />
(ii) Der folgende VerbandList komplementiert. Jedoch hat das Element c im Intervall<br />
[b,d] kein relatives Komplement:<br />
38
3.3 Boolesche Algebren<br />
Wir betrachten nunmehr Komplementfunktionen auf distributiven Verbänden.<br />
Definition 3.3.1. Eine Algebra (L;∧,∨,¬,0,1) heiße boolesche Algebra, falls Folgendes<br />
gilt:<br />
(BA1) (L;∧,∨,¬,0,1) ist ein distributiver0,1-Verband.<br />
(BA2) ¬ ist eine Komplementfunktion aufL.<br />
Boolesche Algebren sind insbesondere komplementierte distributive Verbände. Boolesche<br />
Algebren und komplementierte distributive Verbände sind im Grunde sogar dasselbe,<br />
wie das folgende Lemma zeigt.<br />
Lemma 3.3.2. Es sei (L;∧,∨,0,1) ein komplementierter distributiver 0,1-Verband.<br />
Dann besitzt jedesagenau ein Komplement¬a, und zwar<br />
L<br />
¬a = max {c ∈ L: a∧c = 0}. (11)<br />
Es gibt zudem genau eine Komplementfunktion auf L, gegeben durch die Zuordnung<br />
a ↦→ ¬a. Mit dieser ist (L;∧,∨,¬,0,1) eine boolesche Algebra.<br />
Beweis. Es seia ∈ L. Nach Voraussetzung besitztadas Komplementb. Daa∧b = 0,<br />
istbin der Menge{c ∈ L: a∧c = 0} enthalten, welche damit insbesondere nicht leer<br />
ist. Angenommen sei, daßa∧c = 0 für einc ∈ L. Dann folgtc = c∧1 = c∧(a∨b) =<br />
(c∧a)∨(c∧b) = c∧b ≤ b. Also ist b das größte Element von{c ∈ L: a∧c = 0}.<br />
Es folgt (11) und insbesondere, daßagenau ein Komplement besitzt.<br />
Wir zeigen, daß (11) eine Komplementfunktion definiert; dann folgt, daß L, erweitert<br />
um die Operation¬, eine boolesche Algebra ist. Nachzuprüfen sind (CF2) und (CF3).<br />
Ista ≤ b, folgt{c ∈ L: b∧c = 0} ⊆ {c ∈ L: a∧c = 0}, also ist das Maximum über<br />
letztere Menge größer als das über die erstere, d.h.¬b ≤ ¬a. Ist weiter b Komplement<br />
von a, so ist auch a Komplement von b; wegen der Eindeutigkeit des Komplements<br />
folgt¬¬a = a.<br />
Damit ist formal gezeigt, daß die Komplementfunktion boolescher Algebra durch die<br />
partielle Ordnung allein schon eindeutig bestimmt ist.<br />
Lemma 3.3.3. Eine Teilmengenalgebra(L;∩,∪,∁,∅, 1<br />
39<br />
) ist eine boolesche Algebra.
Beweis. Gemäß Lemma 2.3.5 ist (L;∩,∪) ein Verband. Gemäß Lemma 3.1.2(0) ist ∅<br />
das Null- und 1 das Einselement. Gemäß 3.1.2(vi) ist∁A ein Komplement einesA ∈ L.<br />
Also ist L ein komplementierter distributiver 0,1-Verband, gemäß Lemma 3.3.2 also<br />
eine boolesche Algebra.<br />
Beispiel 3.3.4. Über das Standardbeispiel hinaus weitere Beispiele zu geben ist gar<br />
nicht einfach.<br />
(i) Der einfachste Fall von Lemma 3.3.3 ist die ganze Potenzmenge einer Menge<br />
W . Das folgende ist ein Beispiel, wo nicht die ganze Potenzmenge zum Einsatz<br />
kommt.<br />
Es sei W eine unendliche Menge. Es sei Wf = {A ⊆ W : A ist endlich} die<br />
Menge aller endlichen und Wcf = {A ⊆ W : ∁A ist endlich} die Menge aller<br />
sogenannt koendlichen Teilmengen von W . Dann überlegt man sich leicht, daß<br />
L = Wf∪Wcf die leere und ganze Menge enthält und unter Durchschnitt, Vereinigung<br />
sowie Komplementbildung abgeschlossen ist. Also ist (L;∩,∪,∁,∅, 1 )<br />
eine Teilmengenalgebra, insbesondere eine boolesche Algebra.<br />
(ii) Es sei W ein topologischer Raum und es sei L die Menge aller regulär offenen<br />
Mengen:<br />
L = {A ◦ : A ⊆ W ist abgeschlossen}.<br />
Beispielsweise sei W = R mit der üblichen Topologie versehen. Dann sind<br />
offene Intervalle in L und auch deren Vereinigungen, sofern die Randpunkte<br />
nicht übereinstimmen. D.h. (0,1) ∪ (2,3) liegt in L, (0,1) ∪ (1,2) aber nicht;<br />
(0,1)∪(1,2) ist nicht das offene Innere irgendeiner abgeschlossenen Menge.<br />
FürA ⊆ W setzen wir<br />
A r = A −◦ .<br />
Wir behaupten, daßA rr = A für jedesA⊆W gilt. Hierfür berechnen wir<br />
A r = {x ∈ W : es gibt eine UmgebungU vonx, so daßU ⊆ A − }<br />
= {x ∈ W : es gibt eine UmgebungU vonx, so daß<br />
für jede UmgebungV eines beliebigeny ∈ U gilt V ∩A = ∅}<br />
= {x ∈ W : es gibt eine UmgebungU vonx, so daß<br />
Es folgt, da A r offen ist, daß<br />
für jedes nichtleere offeneV ⊆ U gilt V ∩A = ∅}.<br />
A rr = {x ∈ W : es gibt eine UmgebungU vonx, so daß<br />
für jedes nichtleere offeneV ⊆ U gilt V ∩A r = ∅}<br />
= {x ∈ W : es gibt eine UmgebungU vonx, so daßU ⊆ A r gilt}<br />
= A r .<br />
Wir behaupten weiter, daß eine TeilmengeA ⊆ W genau dann regulär ist, wenn<br />
A = A r . Denn aus A = A r folgt natürlich die Regularität von A. Umgekehrt<br />
40
sei A regulär, d.h. A = B ◦ für ein abgeschlossenes B ⊆ W . Dann folgt A r =<br />
B ◦r = B rr = B r = B ◦ = A.<br />
Als nächstes bemerken wir, daß für offene MengenA,B ⊆ W gilt<br />
Denn, wie wir wissen, gilt<br />
A r ∩B r = (A∩B) r .<br />
A r ∩B r = {x ∈ W : es gibt eine UmgebungU vonx, so daß<br />
für jedes nichtleere offeneV ⊆ U gilt V ∩A,V ∩B = ∅}.<br />
Für ein x sei U eine Umgebung wie spezifiziert. Dann gilt für jdees offeneV ⊆<br />
U, daßV ∩A = ∅; und da auchV ∩A offen ist, gilt auchV ∩A∩B = ∅. Es<br />
folgt<br />
A r ∩B r = {x ∈ W : es gibt eine UmgebungU vonx, so daß<br />
= (A∩B) r .<br />
für jedes nichtleere offeneV ⊆ U giltV ∩A∩B = ∅}<br />
L sei nun durch⊆partiell geordnet. Wir behaupten, daß dannL ein Verband ist.<br />
Denn für reguläre MengenA,B ∈ L ist<br />
A∩B = A r ∩B r<br />
= (A∩B) r<br />
wiederum regulär; also ist A∩B das Infimum von A und B in L. Die Vereinigung<br />
zweier regulärer Mengen ist i.a. nicht regulär; das Supremum vonA undB<br />
existiert dennoch:<br />
A∨B = (A∪B) r .<br />
In der Tat folgt aus A ⊆ A ∪ B, daß A = A r ⊆ (A ∪ B) r gilt; ähnlich folgt<br />
B ⊆ (A∪B) r ; also ist(A∪B) r obere Schranke vonAundB. Ist weiterC ∈ L<br />
undA,B ⊆ C, folgtA∪B ⊆ C und weiter(A∪B) r ⊆ C r = C.<br />
Klarerweise sind∅und 1<br />
ein0,1-Verband ist.<br />
Dieser ist sogar distributiv. Es seienA,B,C ∈ L:<br />
= W regulär. Wir haben mithin gezeigt, daß(L;∩,∨,∅, 1<br />
A∩(B ∨C) = A r ∩(B ∪C) r<br />
Schließlich zeigen wir, daß für jedesA ∈ L<br />
= (A∩(B ∪C)) r<br />
= ((A∩B)∪(A∩C)) r<br />
= (A∩B)∨(A∩C)<br />
¬A = (∁A) ◦<br />
41<br />
)
ein Komplement von A in L ist. Gemäß Lemma 3.3.2 ist somit ¬ eine Komplementfunktion<br />
und(L;∩,∨,¬,∅, 1 ) eine boolesche Algebra.<br />
Zunächst ist klar, daß ¬A als offenes Innere einer abgeschlossenen Menge in L<br />
liegt. Weiter gilt<br />
sowie<br />
und damit¬A∨A = (¬A∪A) r = 1<br />
¬A∩A = (∁A) ◦ ∩A<br />
= (∁A) r ∩A r<br />
= (∁A∩A) r<br />
= ∅<br />
(¬A∪A) − = ((∁A) ◦ ∪A) −<br />
= (∁A) ◦− ∪A −<br />
= ∁A −◦ ∪A −<br />
= ∁A∪A −<br />
Wie im Fall der Verbände fragen wir als nächstes, wie sich boolesche Algebren ohne<br />
Rückgriff auf die partielle Ordnung, vielmehr nur durch Gleichungen im Stil von Satz<br />
2.3.6 definieren lassen.<br />
Satz 3.3.5. Eine Algebra (L;∧,∨,¬,0,1) ist eine boolesche Algebra genau dann,<br />
wenn für alle a,b,c ∈ L die Bedingungen (V1) bis (V4), (D) sowie Folgendes gilt:<br />
(V5) 0∧a = 0 und1∨a = 1.<br />
(K) a∧¬a = 0 unda∨¬a = 1.<br />
Beweis. Ist L eine boolesche Algebra, ist definitionsgemäß (L;∧,∨,0,1) ein distributiver<br />
0,1-Verband mit der Komplementfunktion ¬. Es folgt die eine Richtung der<br />
Behauptung.<br />
Es sei (L;∧,∨,¬,0,1) eine Algebra, die (V1) bis (V5), (D) und (K) erfüllt. Dann ist<br />
(L;∧,∨) nach Satz 2.3.6 ein Verband; dieser ist wegen (D) distributiv. Weiter sind 0<br />
und1wegen (V5) Null- und Einselement. Schließlich istLwegen (K) komplementiert<br />
und ordnet¬ jedema ein Komplement zu; gemäß Satz 3.3.2 ist(L;∧,∨,¬,0,1) damit<br />
eine boolesche Algebra.<br />
3.4 Darstellungstheorie<br />
Wir zeigen nun, daß sich jede boolesche Algebra durch eine Teilmengenalgebra darstellen<br />
läßt.<br />
= 1<br />
.<br />
42
Satz 3.4.1. Es sei (L;∧,∨,¬,0,1) eine boolesche Algebra. Dann ist L zu einer Teilmengenalgebra<br />
isomorph.<br />
Beweis. (L;∧,∨,0,1) ist ein distributiver 0,1-Verband. Nach Satz 2.5.7 ist dieser einem<br />
Teilmengenverband(L ′ ;∩,∪,∅, 1 ) isomorph. Es seiϕ: L → L ′ der Isomorphismus.<br />
Es verbleibt zu zeigen, daßϕ(¬a) = ∁ϕ(a) für alle a ∈ L gilt. Man rekapituliere, daß<br />
im Beweis von Satz 2.5.6ϕ durch (7) definiert war.<br />
Wir behaupten, daß für jeden Primfilter P und jedes a ∈ L ¬a ∈ F genau dann gilt,<br />
wenna /∈ P gilt. Es sei ¬a ∈ P ; dann hießea ∈ P , daß0 = a∧¬a ∈ P undP = L,<br />
also P uneigentlich wäre, ein Widerspruch. Es sei a /∈ P . Aus a ∨¬a = 1 ∈ P und<br />
Lemma 2.5.5(iii) folgt, daß entwedera ∈ P oder¬a ∈ P ist; es folgt¬a ∈ P .<br />
Daraus ergibt sich<br />
3.5 Logik<br />
ϕ(¬a) = {P ∈ P: ¬a ∈ P}<br />
= {P ∈ P: a /∈ P}<br />
= ∁{P ∈ P: a ∈ P}<br />
= ∁ϕ(a).<br />
Wie im Fall distributiver Verbände wenden wir uns der ursprünglichen Motivation zu,<br />
aus der heraus wir die in diesem Abschnitt besprochenen Algebren untersucht haben:<br />
Boolesche Algebren stehen für Systeme von Aussagen.<br />
Wir gehen diesmal von einer Teilmengenalgebra (L;∩,∪,¬,∅, 1 ) aus. Jedes A ∈<br />
L repräsentiert eine Eigenschaft und enthält diejenigen möglichen Welten, in der die<br />
Eigenschaft gilt. Die Verknüpfung zweier Eigenschaften durch ein und“ wird durch<br />
”<br />
die Durchschnittsbildung der modellierenden Teilmengen realisiert, die Verknüpfung<br />
” oder“ durch die Vereinigungsbildung. Die leere Menge repräsentiert die nie, die ganze<br />
Menge die immer zutreffende Eigenschaft.<br />
Im Fall boolescher Algebren kommt neu hinzu die Negation. Es vertreteϕeine Eigenschaft.<br />
Wir legen fest, daß diejenige Eigenschaft, die genau dann gilt, wennϕnicht gilt,<br />
durch das Komplement vonAzu modellieren. Wird alsoϕdurchA ∈ L modelliert, so<br />
” nichtϕ“ durch∁A.<br />
Von dieser Ergänzung abgesehen gehen wir im Folgenden exakt genauso vor wie im<br />
Fall distributiver Verbände. Wir spezifizieren nunmehr die Klassische Aussagenlogik,<br />
abgekürztKAL.<br />
Definition 3.5.1. Die Terme der Logik KAL sind die gemäß den für LDV geltenden<br />
Regeln aus Def. 2.6.1 (i), (ii) zustandekommenden Zeichenketten mit einem Zusatz:<br />
43
(iii) Istαein Term, so auch¬α, wobeiαim Fall, daß es sich nicht um einen atomaren<br />
Term handelt, von Klammern zu umschließen ist.<br />
Die Menge aller Terme seiA. Ausgehend von den Termen vonKAL sind Aussagen von<br />
KAL wie im FallLDV erklärt.<br />
Aussagen vonKAL werden wie folgt interpretiert.<br />
Definition 3.5.2. Es sei (L;∩,∪,∁,∅, 1 ) eine Teilmengenalgebra. Weiter sei v eine<br />
Abbildung von der MengeAaller Terme nachL, so daß folgende Bedingungen erfüllt<br />
sind:<br />
(i) v(⊥) = ∅ undv(⊤) = 1<br />
;<br />
(ii) v(α∧β) = v(α)∩v(β), v(α∨β) = v(α)∪v(β) undv(¬α) = ∁v(α) für alle<br />
Termeα, β.<br />
Dann heißev eine Belegung vonKAL.<br />
Eine Aussageα1,...,αn → β sei gültig unter einer Belegungv, falls<br />
v(α1)∩...∩v(αn) ⊆ v(β).<br />
Schließlich wird auch die semantische Folgebeziehung für KAL genauso wie für LDV<br />
erklärt.<br />
Definition 3.5.3. Eine Theorie vonKAL sei eine Menge von Aussagen vonKAL.<br />
Es sei T ein Theorie und Φ eine Aussage von KAL. Wir sagen, daß T Φ semantisch<br />
impliziert, in Zeichen T |= Φ, falls Φ unter jeder Belegung gültig ist, unter der jede<br />
Aussage inT gültig ist.<br />
Nach der Spezifikation vonKAL wenden wir uns nun der Frage nach einem Beweissystem<br />
zu. Es stellt sich heraus, daß es genügt, die Regeln vonLDV um zwei zu ergänzen,<br />
die die neu hinzugekommene Negation betreffen.<br />
Definition 3.5.4. Die Regeln von KAL sind diejenigen von LDV und zusätzlich die<br />
folgenden, worinΓeine beliebige endliche Menge von Termen ist undα,β,γ beliebige<br />
Terme sind:<br />
(A4) α,¬α → ⊥ (¬1)<br />
Γ,α → ⊥<br />
Γ → ¬α<br />
(¬2)<br />
Γ,¬α → ⊥<br />
Γ → α<br />
Die Begriffe des Beweises und der Beweisbarkeit sind für KAL in der gleichen Weise<br />
definiert wie fürLDV.<br />
Wir wenden uns der Frage der Korrektheit und Vollständigkeit zu.<br />
Erstere ist wieder einfach und wird nicht weiter ausgeführt.<br />
Satz 3.5.5. Es sei T eine Theorie von KAL. Ist Φ ausT beweisbar, so impliziert T Φ<br />
semantisch.<br />
44
Beweis. Das Vorgehen ist das gleiche wie im Fall von Satz 2.6.5.<br />
Für letztere müssen wir lediglich den Beweis von Satz 2.6.6 etwas erweitern.<br />
Satz 3.5.6. Es sei T eine Theorie von KAL. Impliziert T Φ semantisch, so ist Φ aus<br />
T beweisbar.<br />
Beweis. Wir nehmen an, daß Φ aus T nicht beweisbar ist. Wie im Beweis von Satz<br />
2.6.6 konstruieren wir 〈F〉.<br />
Dort war gezeigt, daß ∼ eine mit ∧ und ∨ kompatible Äquivalenzrelation ist. Wir<br />
zeigen, daß∼darüberhinaus auch mit ¬ kompatibel ist. Das bedeutet:<br />
(⋆⋆) Es sei α,α ′ ∈ F. Ausα ∼ α ′ folgt dann¬α ∼ ¬α ′ .<br />
Wir nehmen also α ∼ α ′ . T beweist dann α → α ′ , also auch α,¬α ′ → ⊥ und weiter<br />
¬α ′ → ¬α. Ähnlich sehen wir ¬α → ¬α ′ , und es folgt¬α ∼ ¬α ′ .<br />
Wir erklären nun die Operationen∧und∨auf〈F〉 wie gehabt und¬gemäß<br />
¬〈α〉 = 〈¬α〉<br />
für α ∈ F. Wir behaupten, daß die Algebra (〈F〉;∧,∨,¬,〈0〉,〈1〉) eine boolesche<br />
Algebra ist. Bereits gezeigt war, daß(〈F〉;∧,∨,〈0〉,〈1〉) ein distributiver0,1-Verband<br />
ist. Es verbleibt nachzuweisen, daß für jedesα ∈ F ¬〈α〉 ein Komplement von〈α〉 in<br />
〈F〉 ist.<br />
Es seiα ∈ F. Aus (A4) folgtα∧¬α → ⊥; umgekehrt gilt⊥ → α∧¬α gemäß (A1).<br />
Somit ist 〈α∧¬α〉 = 〈⊥〉.<br />
Weiter läßt sich α → α ∨ ¬α sowie ¬α → α ∨ ¬α beweisen. Durch Anwendung<br />
von (¬1) folgt weiter ¬(α ∨ ¬α) → ¬α sowie ¬(α ∨ ¬α) → ¬¬α und aus beidem<br />
zusammen¬(α∨¬α) → ¬α∧¬¬α. Wir hatten bereits gezeigt, da߬α∧¬¬α → ⊥,<br />
und es folgt ¬(α ∨¬α) → ⊥ und weiter ¬⊥ → ¬¬(α∨¬α). Mit (¬1) ist ⊤ → ¬⊥<br />
beweisbar; weiter ist¬¬(α∨¬α),¬(α∨¬α) → ⊥ und damit¬¬(α∨¬α) → α∨¬α<br />
beweisbar. Somit folgt schließlich⊤→α∨¬α. Da ohnehinα∨¬α → ⊤ Axiom ist,<br />
ist 〈α∨¬α〉 = 〈⊤〉 gezeigt.<br />
Die verbleibende Argumentation ist wiederum wie im Beweis von Satz 2.6.6.<br />
45
4 Äquivalenzrelationen und Partitionsverbände<br />
4.1 Motivation<br />
Verbände sind spezielle partielle geordnete Mengen; eine partielle Ordnung drückt auf<br />
einem Grundbereich ein ” Mehr oder Weniger“, ein ” Umfassen oder Enthaltensein“,<br />
ein ” Stärker oder Schwächer“ aus. Unser prototypisches Beispiel war ein System von<br />
Teilmengen einer fix gegebenen Menge; betrachtet haben wir die Relation, daß eine<br />
Teilmenge in einer anderen enthalten war.<br />
Wir gehen auch im Folgenden von einer fix gegebenen Menge und deren Teilmengen<br />
aus, steigen nunmehr aber sozusagen in der Betrachtung ” eine Ebene höher“. Wir betrachten<br />
nicht mehr einzelne Teilmengen der ganzen Menge; wir betrachten einzelne<br />
Arten, die ganze Menge, sagen wir wieder W , in Teilmengen aufzuteilen. Eine Partition<br />
besteht aus paarweise disjunkten Teilmengen, Blöcke genannt, die zusammen<br />
ganz W ergeben. Was vorher eine einzelne Teilmenge unserer Grundmenge war, ist<br />
nunmehr ein einzelne Partition. Wir betrachten unterschiedliche Partitionen auf derselben<br />
Grundmenge, und wir führen auf der Menge der Partitionen eine partielle Ordnung<br />
ein: eine gegebene Partition kann feiner sein als eine andere, indem erstere aus letzterer<br />
dadurch hervorgeht, daß die Blöcke letzterer noch weiter unterteilt werden.<br />
Um uns ein intuitives Bild von der Aufgabe zu machen, die wir im Folgenden angehen,<br />
können wir von folgendem Bild ausgehen. Es sei eine Menge irgendwelcher Objekte<br />
gegeben; diese Menge W darf mit einer Menge möglicher Welten identifiziert werden.<br />
Eine Partition von W kann dann als eine Art und Weise angesehen werden, die<br />
gegebenen Objekte zu klassifizieren.<br />
Beispielsweise sei jedes Objekt durch drei reelle Parameter beschreibbar; wir wählen<br />
demgemäß W = R 3 . Wir können nun zu einer gröberen Klassifizierung übergehen,<br />
z.B. zu derjenigen, die nur den einen der drei Parameter berücksichtigt. Wir betrachten<br />
also die Gruppen derjenigen Objekte, dereni-ter Parameter übereinstimmt,i = 1,2,3.<br />
Füri = 1 ergibt sich die Partition<br />
R 3 = ˙<br />
x1∈R {(x1,x2,x3): x2,x3 ∈ R}.<br />
Für i = 2 erhalten wir R3 = ˙<br />
y∈R {(x1,x2,x3) : x1,x3 ∈ R} und können fragen:<br />
Welches ist die gröbste Unterteilung von R3 , welche beide diese Partitionen enthält?<br />
Oder auch umgekehrt: Welches ist die feinste Unterteilung von R3 , welche beide diese<br />
Partitionen enthalten? Die Antworten: R3 = ˙<br />
x1,x2∈R {(x1,x2,x3): x3 ∈ R} ist<br />
die gröbste gemeinsame Verfeinerung; zwei Objekte werden genau dann unterschieden<br />
und sind gementsprechend in verschiedenen Klassen, wenn sie sich entweder in<br />
bezug auf die erste oder die zweite Unterteilung unterscheiden lassen. Die feinste gemeinsame<br />
Vergröberung ist die triviale Partition, die nur aus einem Block, dem ganzen<br />
R3 , besteht; denn hier werden je zwei Objekte miteinander identifiziert, wenn sie sich<br />
bezüglich der einen oder der anderen Partition identifizieren lassen.<br />
46
4.2 Partitionsverbände<br />
Der im weiteren zentrale Begriff ist der einer Partition. Es gibt zwei unterschiedliche<br />
Sichtweisen auf diesen Begriff – einen mengentheoretischen und einen algebraischen.<br />
Wir beginnen mit ersterem.<br />
Definition 4.2.1. Es sei W eine nichtleere Menge. Unter einer Partition verstehen wir<br />
eine endliche MengeB1,...,Bn von Teilmengen vonW , so daß<br />
(i) Bi ∩Bj = ∅ füri = j,<br />
(ii) B1 ∪...∪Bn = W .<br />
Die Elemente einer Partition werden Blöcke genannt.<br />
M.a.W. ist eine Partition eine Unterteilung einer Menge in disjunkte Teilmengen.<br />
Alternativ lassen sich Partitionen durch die Beziehung je zweier Elemente beschreiben,<br />
demselben Block anzugehören.<br />
Definition 4.2.2. Es sei a eine Partition aus der Menge W . Für v,w ∈ W definieren<br />
wir<br />
v ∼a w, fallsv,w ∈ B für einen BlockB vonP .<br />
Dann heißt∼a die zuagehörige Äquivalenzrelation.<br />
Äquivalenzrelationen lassen sich wie folgt charakterisieren.<br />
Lemma 4.2.3. Es sei W eine nichtleere Menge. Eine zweistellige Relation ∼ auf W<br />
ist eine Äquivalenzrelation genau dann, wenn für alleu,v,w ∈ W Folgendes gilt:<br />
(Ä1) v ∼ v (Reflexivität);<br />
(Ä2) ausv ∼ w folgtw ∼ v (Symmetrie);<br />
(Ä3) ausu ∼ v undv ∼ w folgtu ∼ w (Transitivität).<br />
In diesem Fall ist ∼ die zu genau einer Partition a gehörige Äquivalenzrelation ∼a.<br />
Die Blöcke vonasind die Mengen<br />
fürv ∈ W .<br />
〈v〉 = {w ∈ W : w ∼ v} (12)<br />
Beweis. a sei eine Partition von W und ∼ sei die zu a gehörige Äquivalenzrelation.<br />
Definitionsgemäß gilt v ∼ w für v,w ∈ W genau dann, wenn v und w demselben<br />
Block angehören. Diese Beziehung erfüllt offenbar (Ä1), (Ä2) und (Ä3).<br />
Umgekehrt erfülle die Relation∼(Ä1), (Ä2) und (Ä3). Wir definieren für jedesv ∈ W<br />
die Teilmenge〈v〉 gemäß (12). Wir haben zu zeigen, daß die Mengen〈v〉,v ∈ W , eine<br />
47
Partition von W bilden. Wegen (Ä1) ist v ∈ 〈v〉, und es folgt <br />
v∈W 〈v〉 = W . Weiter<br />
seien u,v ∈ W . Im Fall u ∼ v gilt w ∼ u, gdw w ∼ v, d.h. 〈u〉 = 〈v〉. Denn aus<br />
w ∼ u folgt wegen (Ä3) w ∼ v; wegen (Ä2) folgt v ∼ u und damit umgekehrt aus<br />
w ∼ v auch w ∼ u. Im Fall u ∼ v gilt hingegen 〈u〉 ∩ 〈v〉 = ∅; denn gäbe es ein<br />
gemeinsames Elementx ∈ 〈u〉∩〈v〉, hieße diesx ∼ u undx ∼ v, und die Konsequenz<br />
wäre u ∼ v. Damit ist gezeigt, daß der Durchschnitt verschiedener Mengen 〈v〉 und<br />
〈w〉 leer ist.<br />
Es sei a die so definierte Partition von W . Es gilt v ∼ w, gdw v ∈ 〈w〉, und hieraus<br />
folgt, daß v und w Element desselben Blocks sind. Gilt umgekehrt v,w ∈ 〈u〉 für ein<br />
u ∈ W , folgtv ∼ w. Also ist ∼ die zuagehörige Äquivalenzrelation.<br />
Es verbleibt zu bemerken, daß zu verschiedenen Partitionen verschiedene Äquivalenzrelationen<br />
gehören.<br />
Definition 4.2.4. Es sei ∼ eine Äquivalenzrelation auf einer Menge W . Dann sagen<br />
wir, daß die Partition, zu der∼gehört, die von∼ induzierte Partition ist.<br />
Mit einer Partition unterteilen wir Mengen; eine Unterteilung kann gröber oder feiner<br />
gewählt werden. Wir befassen uns nun mit der Menge der Partitionen auf einer Grundmenge<br />
und führen in der naheliegenden Weise eine partielle Ordnung ein.<br />
Definition 4.2.5. Es bestehe L aus Partitionen einer Menge W . Eine Partition a ∈ L<br />
heiße feiner als eine weitere Partitionb ∈ L, in Zeichena ≤ b, falls jeder Block vona<br />
in einem Block vonbenthalten ist.<br />
M.a.W. geht aus einer Partition b eine feinere a dadurch hervor, daß man die Blöcke<br />
von b nochmals disjunkt aufteilt und die sich ergebenden Teilmengen zu Blöcken von<br />
a erklärt.<br />
Lemma 4.2.6. Es bestehe L aus Partitionen einer Menge W . Dann ist (L;≤) ein<br />
Poset.<br />
Beweis. Es sei a,b,c ∈ L. Klarerweise gilt a ≤ a. Aus a ≤ b und b ≤ c folgt a ≤ c<br />
wegen der Transitivität von⊆.<br />
Weiter bedeutet a ≤ b, daß jeder Block B ∈ a in einem Block B ′ ∈ b enthalten ist.<br />
Gilt auch b ≤ a, folgt, daß auch B ′ in einem Block B ′′ ∈ a enthalten sein muß. Mit<br />
jedem von B ′′ verschiedenen Block von a hat B ′ folglich einen leeren Durchschnitt,<br />
und daB ′ ∩B = B = ∅, mußB ′′ = B gelten. Also B = B ′ , und es folgta = b.<br />
Die≤-Beziehung zwischen Partitionen nimmt ausgedrückt durch die zugehörigen Äquivalenzrelationen<br />
eine einfache Form an. Man beachte, daß eine zweistellige Relation<br />
zwischen MengenAundB eine Teilmenge des kartesischen ProduktesA×B ist.<br />
Lemma 4.2.7. Es bestehe L aus Partitionen einer Menge W . Für a,b ∈ L gilt a ≤ b<br />
genau dann, wenn∼a⊆∼b.<br />
48
Beweis. Es gelte a ≤ b. Es sei v,w ∈ W . Aus v ∼a w folgt, daß v und w demselben<br />
Block vona, demzufolge auch demselben Block vonbangehören, also v ∼b w gilt.<br />
Es gelte∼a⊆∼b. Es seiAein Block vona. Es seiv ∈ A, und es seiB derv enthaltende<br />
Block von b. Für jedes w ∈ A gilt dannv ∼a w, also auch v ∼b w und damit w ∈ B.<br />
Es folgtA ⊆ B.<br />
M.a.W. ist die partielle Ordnung auf der Menge der Partitionen von W einfach eine<br />
Teilmengenbeziehung auf W × W , wenn man mit jeder Partition deren zugehörige<br />
Äquivalenzrelation identifiziert.<br />
Satz 4.2.8. Es sei L die Menge aller Partitionen einer Menge W . Dann ist L ein<br />
0,1-Verband. Für a,b ∈ L besteht a ∧ b aus allen nichtleeren Mengen von der Form<br />
A ∩ B für A ∈ a und B ∈ b. Das Nullelement ˆ0 ist die aus allen einelementigen<br />
Teilmengen vonW bestehende Partition; das Einselementˆ1 ist die das einzige Element<br />
W enthaltende Partition.<br />
Zu gegebenema,b ∈ L gilt weiter<br />
v ∼a∧b w, gdwv ∼a w undv ∼b w,<br />
v ∼a∨b w, gdw esu1,...,uk gibt mit v ∼a u1 ∼b u2 ∼a ... ∼a uk ∼b w<br />
fürv,w ∈ W . Zudem gilt<br />
fürv,w ∈ W .<br />
v ∼ˆ0 w, gdwv = w,<br />
v ∼ˆ1 w stets<br />
Beweis. Es sei a,b ∈ L. Im Hinblick auf Lemma 4.2.7 müssen wir die größte in ∼a<br />
und∼b enthaltende Äquivalenzrelation aufW bestimmen. Wir behaupten, daß dies das<br />
wie oben definierte ∼a∧b=∼a ∩ ∼b ist. In der Tat ist ∼a∧b eine Äquivalenzrelation;<br />
die Bedingungen (Ä1) bis (Ä3) sind leicht verifizierbar. Klarerweise ist∼a∧b die größte<br />
untere Schranke von ∼a und ∼b. Also ist ∼a∧b das Infimum von ∼a und ∼b im Poset<br />
aller Äquivalenzrelationen.<br />
Zwei Elemente v,w ∈ W sind also im selben Block von a ∧ b, gdw v ∼a w und<br />
v ∼b w, gdw v und w im selben Block von a und im selben Block von b liegen, gdw<br />
v undw im Durchschnitt eines Blocks von a und eines Blocks vonbliegen. Also sind<br />
die Blöcke vona∧b genau die nichtleeren Durchschnitte je eines Blockes vonaundb.<br />
Im Hinblick auf Lemma 4.2.7 müssen wir weiter die kleinste ∼a und ∼b enthaltende<br />
Äquivalenzrelation aufW bestimmen. Wir behaupten, daß dies das wie oben definierte<br />
∼a∨b ist. In der Tat handelt es sich um eine Äquivalenzrelation; es ist nicht schwierig,<br />
(Ä1) bis (Ä3) zu verifizieren. Andererseits sei ∼ eine Äquivalenzrelation mit ∼a⊆∼<br />
und∼b⊆∼. Aus (Ä3) folgt dann, daß auch∼a∨b⊆∼ gilt. Also ist∼a∨b das Supremum<br />
von∼a und∼b.<br />
Die oben definierten Relationen ∼ˆ0 und ∼ˆ1 sind Äquivalenzrelationen auf W . Weiter<br />
gilt∼ˆ0 ⊆∼⊆∼ˆ1 für jede Äquivalenzrelation∼ aufW , im ersten Fall wegen (Ä1). Also<br />
ist ˆ0 = {{v}: v ∈ W} undˆ1 = {W}.<br />
49
Definition 4.2.9. Es sei W eine nichtleere Menge. Dann heiße der 0,1-Verband aller<br />
Partitionen von W der Partitionsverband von W und sei mit (PartW;∩,∨,ˆ0,ˆ1)<br />
bezeichnet.<br />
Den isomorphen 0,1-Verband aller Äquivalenzrelationen auf W bezeichnen wir mit<br />
(ÄRW;∩,∨,˜0,˜1).<br />
4.3 Darstellungstheorie<br />
Interessanterweise ist das Beispiel eines Partitionsverbandes kein besonders spezielles:<br />
Jeder Verband läßt sich in einen Partitionsverband einbetten. Dieses Resultat soll nun<br />
hergeleitet werden. Wir teilen den Beweis in einzelne Lemmata auf.<br />
Wir verwenden folgenden Hilfsbegriff. Es sei W eine nichtleere Menge und L ein<br />
Verband mit0; dann verstehen wir unter einer verbandswertigen Abstandsfunktion eine<br />
Abbildungδ: W×W → L, so daß für alleu,v,w ∈ W Folgendes gilt: (i)δ(v,v) = 0;<br />
(ii)δ(v,w) = δ(w,v); (iii) δ(u,w) ≤ δ(u,v)∨δ(v,w).<br />
Lemma 4.3.1. Es seiW eine nichtleere Menge,Lein Verband mit0, undδ: W×W →<br />
L sei eine surjektive verbandswertige Abstandsfunktion. Für jedes a ∈ L ist dann<br />
folgende binäre Relation aufW eine Äquivalenzrelation:<br />
v a ∼ w fallsδ(v,w) ≤ a (13)<br />
Es sei ϕ(a) die von a ∼ induzierte Partition. Dann ist die Abbildung ϕ: L → PartW<br />
eine Einbettung von Posets, die zudem Infima erhält.<br />
Beweis. Die Eigenschaften (Ä1) bis (Ä3) einer Äquivalenzrelation werden durch (13)<br />
offenbar erfüllt. Weiter seia,b ∈ L mita ≤ b; dann folgt fürv,w ∈ W ausv a ∼ w, daß<br />
δ(v,w) ≤ b und damitv b ∼ w gilt, d.h.ϕ(a) ≤ ϕ(b). Also ist ϕ ordnungserhaltend.<br />
Wir haben aber mehr zu zeigen – den Erhalt von Infima unter ϕ. Es sei a,b ∈ L. Für<br />
v,w ∈ W gilt v a∧b<br />
∼ w, gdw δ(v,w) ≤ a∧b, gdwδ(v,w) ≤ a undδ(v,w) ≤ b, gdw<br />
v a ∼ w undv b ∼ w gilt. Also ist ϕ(a∧b) = ϕ(a)∧ϕ(b).<br />
Es verbleibt, die Injektivität vonϕnachzuprüfen. Es seia,b ∈ L mita ≤ b. Wegen der<br />
Surjektivität von δ können wir v,w ∈ W so wählen, daß δ(v,w) = a. Dann aber gilt<br />
v a ∼ w und nichtv b ∼ w, d.h.ϕ(a) undϕ(b) sind verschieden.<br />
Eine L-wertige Abstandsfunktion gibt es für jeden Verband L. Damit ist klar, daß die<br />
Einbettung vonLin einen Partitionsverband kein Problem ist, wenn es nur darum geht,<br />
die Infima zu erhalten.<br />
Lemma 4.3.2. Es sei L ein Verband mit0. Dann ist<br />
<br />
a∨b füra = b,<br />
δ: L×L → L, (a,b) ↦→<br />
0 füra = b.<br />
eine surjektiveL-wertige Abstandsfunktion.<br />
50
Beweis. Die Eigenschaften (i) bis (iii) einer verbandswertigen Abstandsfunktion sind<br />
offenbar erfüllt.<br />
Wir wenden uns nun der schwierigeren Aufgabe zu, einen Partitionsverband zu konstruieren,<br />
in den sich ein Verband einbetten läßt, d.h. auch unter Erhalt der Suprema.<br />
Lemma 4.3.2 ist der Startpunkt. Als Grundbereich dient hier der Verband selbst; dieser<br />
Grundbereich wird einer sukzessiven Vergrößerung unterworfen.<br />
Lemma 4.3.3. Es seiW eine nichtleere Menge,Lein Verband mit0, undδ: W×W →<br />
L sei eine surjektive L-wertige Abstandsfunktion. Dann gibt es eine MengeW + ⊇ W<br />
und eineδ fortsetzendeL-wertige Abstandsfunktionδ + aufW + , so daß Folgendes gilt:<br />
(⋆) Es seiu,v ∈ W unda,b ∈ L mitδ(u,v) ≤ a∨b. Dann gibt es Elementex,y,z ∈<br />
W + mit<br />
δ + (u,x) = a<br />
δ + (x,y) = b<br />
δ + (y,z) = a<br />
δ + (z,v) = b.<br />
Illustration von Lemma 4.3.3<br />
Beweis. Wir führen den Beweis nur für den Fall, daß W abzählbar ist. Andernfalls<br />
ist der Einsatz des sogenannten Auswahlaxioms notwendig, welches wir hier nicht<br />
besprechen möchten.<br />
51
Es seien<br />
(ui,vi,ai,bi) ∈ W ×W ×L×L, i ∈ N,<br />
sämtliche 4-Tupel mit der Eigenschaft δ(ui,vi) ≤ ai ∨ bi. Es sei W0 = W und<br />
δ0 = δ. Wir erweitern W0 um drei neue Elemente x0,y0,z0 und setzen W1 = W0 ∪<br />
{x0,y0,z0}. Ferner setzen wir δ0 zu einer Abstandsfunktionδ1: W1 ×W1 → L fort,<br />
und zwar mit der Vorschrift<br />
sowie<br />
δ1(x0,y0) = b,<br />
δ1(y0,z0) = a,<br />
δ1(x0,z0) = a∨b,<br />
δ1(t,x0) = δ(t,u0)∨a,<br />
δ1(t,y0) = δ(t,u0)∨a∨b,<br />
δ1(t,z0) = δ(t,v0)∨b,<br />
für jedest ∈ W . Etwas mühsam, aber einfach ist es, ausδ(u0,v0) ≤ a∨b abzuleiten,<br />
daßδ1 wiederum eineL-wertige Abstandfunktion ist.<br />
In der gleichen Weise konstruieren wir aus W1 und der L-wertigen Abstandsfunktion<br />
δ1 aufW1 unter Verwendung des 4-Tupels(u1,v1,x1,y1) eine MengeW2 und setzen<br />
δ2 zur Abstandsfunktionδ2 aufW2 fort.<br />
Am Ende setzen wir W + = <br />
i∈NWi sowie δ + = <br />
i∈Nδi. Damit ist der Beweis<br />
abgeschlossen.<br />
Wir kommen zum Hauptergebnis.<br />
Satz 4.3.4. Es einLein Verband mit0. Dann gibt es eine nichtleere MengeW , so daß<br />
L inPartW einbettbar ist.<br />
Beweis. Gemäß Lemma 4.3.2 wird durch δ 0 (a,b) = a ∨ b eine surjektive L-wertige<br />
Abstandsfunktion auf der GrundmengeL definiert.<br />
Es sei W 0 = L. Mit Bezug auf Lemma 4.3.3 setzen wir W 1 = (W 0 ) + und δ 1 =<br />
(δ 0 ) + ; sodannW 2 = (W 1 ) + undδ 2 = (δ 1 ) + ; und so weiter.<br />
Am Ende setzen wir W = <br />
i∈NWi und δ = <br />
i∈Nδi . Dann ist δ eine surjektive<br />
L-wertige Abstandsfunktion aufW .<br />
Nach Lemma 4.3.1 ist ϕ: L → PartW, definiert durch (13), eine ordnungstheoretische<br />
Einbettung. ϕ erhält sogar Infima, d.h. wir wissen, daß ϕ(a ∧b) = ϕ(a) ∧ϕ(b)<br />
füra,b ∈ L gilt.<br />
Wir behaupten, daß ϕ auch Suprema erhält, d.h. daß ϕ(a ∨ b) = ϕ(a) ∨ ϕ(b) gilt.<br />
Es sei v,w ∈ W mit v a∨b<br />
∼ w. Es sei i hinreichend groß, so daß v,w ∈ W i . Aus<br />
52
δ(v,w) ≤ a ∨ b folgt dann, daß es x,y,z ∈ Wi+1 ⊆ W gibt mit δ(u,x) = a,<br />
δ(x,y) = b, δ(y,z) = a undδ(z,v) = b. Also ist u a ∼ x, x b ∼ y, y a ∼ z undz b ∼ v.<br />
Es ist a∨b<br />
∼ = ∼ ϕ(a)∨ϕ(b) sowie a ∼ = ∼ ϕ(a) und b ∼ = ∼ ϕ(b). Nach Satz 4.2.8 folgt also,<br />
daß ∼ ϕ(a∨b) ⊆ ∼ ϕ(a)∨ϕ(b). Da klarerweise auch ∼ ϕ(a), ∼ ϕ(b) ⊆ ∼ ϕ(a∨b) gilt, folgt<br />
sogar∼ ϕ(a∨b) ⊆ ∼ ϕ(a)∨ϕ(b), d.h.ϕ(a∨b) = ϕ(a)∨ϕ(b).<br />
Indem wir Satz 4.3.4 mit 2.4.9 kombinieren, erhalten wir den folgenden Darstellungssatz<br />
für alle Verbände.<br />
Satz 4.3.5. Es ein L. Dann gibt es eine nichtleere Menge W , so daß L in PartW<br />
einbettbar ist.<br />
Beweis. Hat L ein Nullelement, gilt die Behauptung nach Satz 4.3.4.<br />
Andernfalls läßt sich L in einen Verband L0 mit 0 gemäß Satz 2.4.9 einbetten. L0<br />
läßt sich wiederum gemäß Satz 4.3.4 in einen Partitionsverband einbetten, und die<br />
Behauptung folgt auch in diesem Fall.<br />
53
5 Modulare Verbände<br />
5.1 Motivation<br />
Zwar ist jeder Verband dem Unterverband eines Partitionsverbandes isomorph, aber es<br />
ist klar, daß nicht in jedem Fall eine Darstellung interessiert, die Partitionen verwendet.<br />
Für die früher besprochenen distributiven Verbände etwa gibt es angemessenere<br />
Darstellungen.<br />
Es gibt aber eine Klasse von Verbänden, die als aus Partitionen hervorgehend betrachtet<br />
werden können; diese sollen im Folgenden das Thema sein. Es sind dies diejenigen<br />
Verbände, mit denen wir die Brücke von der abstrakten zur linearen Algebra schlagen<br />
sowie zur projektiven Geometrie.<br />
Die Bedeutung linearer Räume braucht wahrscheinlich nicht weiter hervorgehoben zu<br />
werden. Insbesondere ist der reelle lineare Raum Standardstruktur der Mathematik; in<br />
der Quantenphysik steht der komplexe lineare Raum im Mittelpunkt. Im ersteren Fall<br />
ist der Grund klar; ausgehend von anschaulichen Formen werden wir zu reellen Zahlen<br />
geführt und in einem weiteren Schritt zu Vektorräumen über diesen. Im letzteren Fall<br />
ist der Grund nicht klar; warum gerade die merkwürdig definierten komplexen Zahlen<br />
eine so prominente Rolle in der Quantenphysik spielen und vor allem komplexe Räume<br />
mit innerem Produkt, ist bislang nicht überzeugend dargelegt worden.<br />
Im gegebenen Zusammenhang werden wir zunächst auf lineare Räume allgemeineren<br />
Charakters geführt, zu solchen über einem beliebigen Schiefkörper, wofür R und C<br />
nur zwei einzelne Beispiele sind. Methoden zur Herausfilterung gerade der Standardschiefkörper<br />
ergeben sich durch eine modifizierte Herangehensweise.<br />
Es geht um Verbände von Unterräumen; das nachfolgende ist das grundlegende Beispiel.<br />
Definition 5.1.1. Es sei E ein linear Raum über einem SchiefkörperK. Wir setzen<br />
U(V) = {U ⊆ V : U ist Unterraum vonE}<br />
und ordnenU(V)mittels der mengentheoretischen Inklusion⊆ partiell.<br />
Lemma 5.1.2. Es sei E ein linearer Raum. Dann ist U(E) verbandsgeordnet. Es seien<br />
U und V Unterräume von E. Dann ist deren mengentheoretischer Durchschnitt,<br />
d.h. U ∩V , das Infimum von U und V , und der von U ∪V aufgespannte Unterraum<br />
von E ist das Supremum von U und V . Zudem besitzt U(E) den Nullraum {0} als<br />
Nullelement und den ganzen RaumE als Einselement.<br />
Beweis. U ∩ V ist wie U und V unter den linearen Operationen abgeschlossen und<br />
folglich ein Unterraum vonE. Es ist U ∩V die größte in U undV enthaltene Menge,<br />
also auch der größte in U undV enthaltene Unterraum: das Infimum vonU undV.<br />
Enthält ein UnterraumW sowohlU als auchV,so auch alle Linearkombinationen von<br />
Elementen von U und V , d.h. den von U und V aufgespannten Unterraum. Es folgt,<br />
daß letzterer das Supremum vonU undV ist.<br />
54
Der Nullraum ist in allen Unterräumen enthalten, der ganze Raum enthält alle Unterräume.<br />
Also sind{0} undE Null- und Einselement.<br />
Man erinnere sich, s. Beispiel 3.2.2, daß ein Unterraumverband, sofern der zugrundeliegende<br />
Vektorraum zumindest zweidimensional ist, nicht distributiv ist. Dafür aber<br />
handelt es sich um einen Verband von Partitionen.<br />
Lemma 5.1.3. Es sei E ein linearer Raum. Für jeden Unterraum U von E definieren<br />
wir die Partitionϕ(U) vonE durch folgende Äquivalenzrelation:<br />
x U ∼ y, fallsx−y ∈ U; x,y ∈ E.<br />
Dann ist das BildP vonϕ inPartE ein Unterverband vonPartE, undϕ: U(E) → P<br />
ist ein Isomorphismus von0,1-Verbänden.<br />
Beweis. Es ist zunächst einmal offensichtlich, daß U ∼ eine Äquivalenzrelation ist und<br />
somitϕ(U) wohldefiniert ist.<br />
Wir zeigen, daß U∩V<br />
∼ = U ∼ ∩ V ∼ gilt; daraus folgt ϕ(U ∧ V) = ϕ(U) ∩ ϕ(V). Es sei<br />
x,y ∈ E. Es gilt x U∩V<br />
∼ y, gdwx−y ∈ U ∩V,gdwx−y ∈ U undx−y ∈ V , gdw<br />
x U ∼ y undx V ∼ y gilt.<br />
Wir zeigen weiter U∨V<br />
∼ = U ∼ ∨ V ∼; daraus folgt ϕ(U ∨ V) = ϕ(U) ∨ ϕ(V). Es sei<br />
x,y ∈ E. Es gilt x U∨V<br />
∼ y, gdw x−y ∈ U ∨V, gdwx−y = λ1u+λ2v für u ∈ U,<br />
v ∈ v und λ1,λ2 ∈ K gilt. Hieraus folgt, daß x U ∼ x − λ1u = y + λ2v V ∼ y und<br />
damit x ( U ∼ ∨ V ∼) y gilt. Aus Letzterem folgt umgekehrt, daß es z1,...,zk gibt mit<br />
x = z1<br />
U<br />
∼ z2<br />
V<br />
∼ z3<br />
U<br />
∼ ... V ∼ zk = y; dann ist x−y ∈ U ∨V, d.h.x U∨V<br />
∼ .<br />
Damit ist gezeigt, daß P eine unter Infimum und Supremum abgeschlossene Teilmenge<br />
von PartE, d.h. ein Unterverband von PartE ist und ϕ ein Isomorphismus von<br />
Verbänden. Weiter wird offenbar{0} aufˆ0 undE aufˆ1 abgebildet.<br />
5.2 Modulare und lineare Verbände<br />
Jeder Verband L läßt sich in einen Partitionsverband PartW einbetten. Gemäß Satz<br />
4.2.8 ist dabei die einem Infimum zweier Elementea,b ∈ L zugeordnete Äquivalenzrelation<br />
a∧b<br />
∼ aus a ∼ und b ∼ konstruierbar: Es handelt sich einfach um den Durchschnitt.<br />
Etwas unübersichtlicher geht es beim Supremum zu; es gilt<br />
v a∨b<br />
∼ w, gdw esu0,...,uk+1 gibt mit (14)<br />
v = u0<br />
a b #<br />
∼ u1 ∼ u2...uk ∼ uk+1 = w; v,w ∈ W,<br />
wobei#füraoderbsteht, je nachdem obk gerade oder ungerade ist.<br />
Der Wert von k kann i.a. beliebig groß sein. Man kann sich jedoch fragen, ob man zu<br />
gegebenem Verband eine Darstellung so wählen kann, daß der Wert von k von oben<br />
beschränkt ist.<br />
55
Definition 5.2.1. Es sei (L;∧,∨) ein Verband. Eine Einbettung ϕ : L → PartW<br />
heiße eine Typ-n-Darstellung, falls für alle a,b ∈ L die zu ϕ(a∨b) gehörige Äquivalenzrelation<br />
gemäß (14) bestimmt ist, worink ≤ n.<br />
Ein Blick auf den Beweis des Darstellungssatzes 4.3.5 verrät:<br />
Satz 5.2.2. Jeder Verband besitzt eine Typ-3-Darstellung.<br />
Im vorliegenden Kapitel befassen wir uns mit denjenigen Verbänden, für die k = 2<br />
genügt.<br />
Definition 5.2.3. Ein Verband heiße modular, falls er eine Typ-2-Darstellung besitzt.<br />
Wir befassen uns im weiteren mit Verbänden auf abstrakter Ebene, d.h. nicht im Hinblick<br />
auf eine spezielle Darstellung. Daher benötigen wir zunächst einmal ein Kriterium<br />
für Modularität, mit dem sich gut arbeiten läßt. Das im folgenden Satz enthaltende<br />
Kriterium wird in der Literatur meist als Definition verwendet, ist aber völlig technischer<br />
Natur.<br />
Satz 5.2.4. Ein VerbandList modular genau dann, wenn Folgendes gilt:<br />
(M) Es sei a,b,c ∈ L. Ausc ≤ a folgta∧(b∨c) = (a∧b)∨c.<br />
Den Beweis der einen Richtung von Satz 5.2.4 ist im folgenden Lemma enthalten.<br />
Lemma 5.2.5. Der VerbandL sei modular. Dann gilt (M) für alle a,b,c ∈ L.<br />
Beweis. Es sei a,b,c ∈ L mit c ≤ a. Dann gilt (a∧b) ∨c ≤ a∧(b ∨c); wir haben<br />
also zu zeigen, daßa∧(b∨c) ≤ (a∧b)∨c gilt.<br />
Es sei ϕ: L → PartW eine Typ-2-Darstellung. Es seien v,w ∈ W mit v a∧(b∨c)<br />
∼ w.<br />
Wir müssen zeigen, daß dann auchv (a∧b)∨c<br />
∼ w gilt. Denn dann ist klar, daß die Partition<br />
ϕ(a∧(b∨c)) feiner ist als ϕ((a ∧b)∨c), d.h. daß ϕ(a ∧(b∨c)) ≤ ϕ((a∧b)∨c)<br />
und damit aucha∧(b∨c) ≤ (a∧b)∨c gilt.<br />
Aus v a∧(b∨c)<br />
∼ w folgt zunächst v a ∼ w und v c∨b<br />
∼ w. Letzteres heißt gemäß Vorausset-<br />
zung, daß es gewisse x,y ∈ W gibt mit v c ∼ x b ∼ y c ∼ w. Wegen c ≤ a folgt weiter<br />
x a ∼ v a ∼ w a ∼ y, damitx a ∼ y und weiter x a∧c<br />
∼ y. Also v c ∼ x a∧c<br />
∼ y c ∼ w, und es folgt<br />
v c∨(a∧b)<br />
∼ w.<br />
Als nächstes passen wir Lemma 4.3.3 an. Dann folgt die andere Richtung von Satz<br />
5.2.4 genauso wie im Fall allgemeiner Verbände; s. den Beweis von Satz 4.3.4.<br />
Lemma 5.2.6. Es sei W eine nichtleere Menge, L ein Verband mit 0, der (M) erfüllt,<br />
undδ: W×W → L sei eine surjektiveL-wertige Abstandsfunktion. Dann gibt es eine<br />
MengeW + ⊇ W und eine δ fortsetzende L-wertige Abstandsfunktionδ + auf W + , so<br />
daß Folgendes gilt:<br />
56
(⋆) Es sei u,v ∈ W und a,b ∈ L mit δ(u,v) ≤ a ∨b. Dann gibt es Elemente x,y ∈<br />
W + mit<br />
δ + (u,x) = a,<br />
δ + (x,y) = b,<br />
δ + (y,v) = a.<br />
Illustration von Lemma 5.2.6<br />
Beweis. Wiederum beschränken wir uns auf den Fall, daßW abzählbar ist.<br />
Es seien<br />
(ui,vi,ai,bi) ∈ W ×W ×L×L, i ∈ N,<br />
sämtliche 4-Tupel mit der Eigenschaftδ(ui,vi) ≤ ai∨bi. Es seiW0 = W undδ0 = δ.<br />
Wir erweitern W0 um zwei neue Elemente x0,y0 und setzen W1 = W0 ∪ {x0,y0}.<br />
Ferner setzen wirδ0 zu einer Abstandsfunktionδ1: W1 ×W1 → L fort, und zwar mit<br />
der Vorschrift<br />
δ1(x0,y0) = (δ0(u0,v0)∨a)∧b,<br />
δ1(t,x0) = δ0(t,u0)∨a,<br />
δ1(t,y0) = δ0(t,v0)∨a<br />
für jedes t ∈ W . Daß die Dreiecksungleichung auch für δ1 gilt, zeigen wir für das<br />
57
Tripelt,x0,y0; in den übrigen Fällen ist der Nachweis einfach oder ähnlich.<br />
δ1(t,y0) = δ0(t,v0)∨a<br />
≤ δ0(t,u0)∨δ0(u0,v0)∨a<br />
≤ δ0(t,u0)∨δ0(u0,v0)∨a<br />
≤ δ0(t,u0)∨((δ0(u0,v0)∨a)∧(b∨a))<br />
≤ δ0(t,u0)∨(δ0(u0,v0)∨a)∧b)∨a<br />
≤ δ0(t,u0)∨a∨((δ0(u0,v0)∨a)∧b)<br />
≤ δ0(t,x0)∨δ0(x0,y0)<br />
worin wir δ0(t,x0) ≤ a∨bsowie die Modularität verwendet haben.<br />
In der gleichen Weise konstruieren wir aus W1 und der L-wertigen Abstandsfunktion<br />
δ1 aufW1 unter Verwendung des 4-Tupels(u1,v1,x1,y1) eine MengeW2 und setzen<br />
δ2 zur Abstandsfunktionδ2 aufW2 fort.<br />
Am Ende setzen wir W + = <br />
i∈NWi sowie δ + = <br />
i∈Nδi. Damit ist der Beweis<br />
abgeschlossen.<br />
Ein weiteres häufig verwendetes Charakteristikum von Modularität ist das folgende.<br />
Lemma 5.2.7. Es sei (L;∧,∨) ein modularer Verband unda,b ∈ L. Dann ist<br />
ib: [a,a∨b] → [a∧b,b], x ↦→ x∧b<br />
ein Isomorphismus. Die Umkehrabbildung ist der Isomorphismus<br />
sa: [a∧b,b] → [a,a∨b], x ↦→ x∨a.<br />
Beweis. Zunächst einmal folgt aus a ≤ x ≤ a ∨ b, daß a ∧ b ≤ ib(x) ≤ b, und<br />
aus a ∧ b ≤ x ≤ b, daß a ≤ sa(x) ≤ a ∨ b gilt. Weiter ist klar, daß ib und sa<br />
ordnungserhaltende Abbildungen sind.<br />
Wir zeigen, daßsa ◦ib die Identität auf[a,a∨b] undib ◦sa die Identität auf[a∧b,b]<br />
ist. Dann folgt, daßib bijektiv ist undsa die Umkehrabbildung vonib ist. Als bijektive<br />
ordnungserhaltende Abbildung ist ib gemäß Lemma 2.3.22(ii) ein Verbandshomomorphismus.<br />
Entsprechendes gilt fürib.<br />
Fürx ∈ [a,a∨b] ist wegena ≤ x<br />
sa(ib(x)) = (x∧b)∨a<br />
= x∧(b∨a)<br />
= x;<br />
und ähnlich erschließen wirib(sa(x)) = x fürx ∈ [a∧b,b].<br />
Die für uns eigentlich interessantesten Verbände sind die, für die in Definition 5.2.1<br />
sogark = 1 genügt. Denn hierunter fällt das Beispiel linearer Unterräume.<br />
58
Definition 5.2.8. Ein Verband heiße linear, falls er eine Typ-1-Darstellung besitzt.<br />
Lemma 5.2.9. Jeder lineare Verband ist modular.<br />
Beweis. Ein Typ-k-Verband ist gemäß Definition auch ein Typ-k ′ -Verband für 1 ≤<br />
k ′ < k.<br />
Wir wiederholen das zentrale Beispiel.<br />
Beispiel 5.2.10. Es sei E ein linearer Raum über dem Schiefkörper K. Die Menge<br />
U(E) aller Unterräume vonE ist gemäß Lemma 5.1.2 ein Verband.<br />
Wir hatten zudem gesehen, daß sich U(E) als ein Verband von Partitionen begreifen<br />
läßt. JedemU ordnen wir die Partitionϕ(U) zu, die zur Äquivalenzrelation<br />
x U ∼ y fallsx−y ∈ U fürx,y ∈ E<br />
gehört. Für x,y ∈ E gilt x U∨V<br />
∼ y, gdw x−y ∈ U ∨V , gdw x−y = λu+µv für<br />
u ∈ U,v ∈ v undλ,µ ∈ K. Das aber heißtx U ∼ x−λu V ∼ x−λu−µv = y. Also ist<br />
ϕ eine Typ-1-Darstellung.<br />
Wir werden im weiteren allerdings nicht von der Tatsache Gebrauch machen, daß Unterraumverbände<br />
vom Typ 1 und nicht bloß vom Typ 2 sind. Lineare Verbände lassen<br />
sich nämlich nicht in so einfacher Weise charakterisieren wie gemäß Satz 5.2.4 modulare.<br />
5.3 Atomistische Verbände<br />
Wir stellen im weiteren Eigenschaften von Verbänden zusammen, die insbesondere auf<br />
Unterraumverbände zutreffen.<br />
Definition 5.3.1. Ein Verband L mit 0 heiße atomistisch [engl. atomistic], falls jedes<br />
von0 verschiedenea ∈ L das Supremum aller Atomeemit e ≤ a ist.<br />
Lemma 5.3.2. Es seiE ein linear Raum. Die Atome des Verbandes(U(E);∩,∨,{0},E)<br />
sind genau die eindimensionalen Unterräume, d.h. die Unterräume der Form[v] für ein<br />
v ∈ E mit v = 0. Weiter ist U(E) atomistisch.<br />
Beweis. Es sei v ∈ E mit v = 0. Dann folgt für einen Unterraum U aus {0} ⊂ U ⊆<br />
[v], daß w ∈ U für ein w = 0 gilt und weiter w = λv für ein λ ∈ K. Also [v] = U,<br />
und [v] ist ein Atom. Enthält andererseits ein Unterraum U zwei linear unabhängige<br />
Elementev undw, folgt{0} ⊂ [v] ⊂ U, d.h.U ist kein Atom. Also ist jedes Atom von<br />
U(E) von der Form[v] für einv = 0.<br />
Weiter seiU ein von{0} verschiedener Unterraum. Dann ist[v] ⊆ [U] für jedesv ∈ U<br />
mit v = 0. Also ist U die Vereinigung und folglich das Supremum aller Atome [v] ⊆<br />
U.<br />
59
Definition 5.3.3. Es sei L ein Verband mit 0. Wir sagen, daßL die Bedeckungseigenschaft<br />
[engl. covering property] erfüllt, falls für jedes a ∈ L und jedes Atom e mit<br />
a∧e = 0<br />
a
Lemma 5.3.9. Ein modularer Verband erfüllt die Austauscheigenschaft.<br />
Beweis. Die folgt aus den Lemmata 5.3.5 und 5.3.8.<br />
Definition 5.3.10. Es sei L ein atomistischer Verband mit 0. Dann heißen Atome<br />
e1,...,en ∈ L unabhängig [engl. independent], falls<br />
für alle i = 1,...n gilt.<br />
(e1 ∨...∨ei−1 ∨ei+1 ∨...en)∧ei = 0<br />
Lemma 5.3.11. Es seien e1,...,en von 0 verschiedene Elemente eines Vektorraums<br />
E. Dann bildet [e1],...,[en] eine unabhängige Teilmenge im Verband U(E) genau<br />
dann, wenne1,...,en linear unabhängige Vektoren inE sind.<br />
Beweis. In beiden Fällen bedeutet Nichtgelten, daß einer der Vektoren eine Linearkombination<br />
der übrigen ist.<br />
Satz 5.3.12. Es seiLein atomistischer modularer0,1-Verband. Weiter seiene1,...,em,<br />
m ≥ 1, undf1,...,fn,n ≥ 1, zwei Mengen unabhängiger Atome mit<br />
Dann folgtm ≤ n.<br />
e1 ∨...∨em ≤ f1 ∨...∨fn. (15)<br />
Gilt insbesondere in (15) sogar Gleichheit, folgtm = n.<br />
Beweis. O.B.d.A. nehmen wir an, daß (15) nach Streichung eines der Disjunktef1,...,fn<br />
nicht gilt. Weiter nehmen wir an, daßn < m gilt.<br />
Wir wählen eini1 ∈ {1,...,m}, für welchesei1∧(f2∨...∨fn) = 0 gilt. Ein solches<br />
i1 muß es geben; denn andernfalls wäreei ≤ f2∨...∨fn für allei, alsoe1∨...∨em ≤<br />
f2∨...∨fn, im Widerspruch zur Annahme. Da zudemei1 ≤ f1∨(f2∨...∨fn) gilt,<br />
folgt wegen der Austauscheigenschaftf1 ∨...∨fn = ei1 ∨f2 ∨...∨fn.<br />
Dasselbe Argument wenden wir nun auff2∨ei1∨f3∨...∨fn = e1∨...∨em an. Wir<br />
bestimmen also eini2 ∈ {1,...,n}, für welchesei2∧(ei1∨f3∨...∨fn) = 0 gilt. Man<br />
beachte, daßi2 = i1 sein muß. Wir erschließenf1∨...∨fn = ei1∨ei2∨f3∨...∨fn.<br />
n-malige Anwendung des Argumentes bringt schließlich f1 ∨...∨fn = ei1 ∨ei2 ∨<br />
...∨ein. Dann aber sind diee1,...,em nicht unabhängig.<br />
Lemma 5.3.13. Es sei L ein atomistischer modularer 0,1-Verband. Ist a ∈ L das<br />
Supremum vonnunabhängigen Atomen,1 ≤ n < ω, ist n die Höhe vona.<br />
Beweis. Es seia = e1∨...∨em, worine1,...,em unabhängige Atome sind. Aus der<br />
Unabhängigkeit derei und der Bedeckungseigenschaft vonLfolgt, daß dann<br />
0
Wir müssen zeigen, daß es keine längere Kette in[0,a] gibt; dann ist klar, daßagenau<br />
von der Höhe n ist. Es sei 0 < b1 < b2 < ... < bm = a eine weitere Kette in [0,a].<br />
Es sei dann f1 ≤ b1 ein Atom. Es sei f2 ≤ b2 ein Atom mit f2 ∧b1 = 0; ein solches<br />
muß es geben, da andernfalls alle f2 ≤ b2 unterhalb b1 lägen, im Widerspruch zur<br />
Atomizität von L. In dieser Weise konstruieren wir eine Folge unabhängiger Atome<br />
f1,...,fm mitf1 ∨...∨fm ≤ bm = a. Aus Satz 5.3.12 folgtm ≤ n.<br />
Lemma 5.3.14. Es seiLein atomistischer modularer0,1-Verband, unda,b ∈ L seien<br />
endlich. Dann gilt<br />
h(a)+h(b) = h(a∧b)+h(a∨b). (16)<br />
Beweis. Mit a undbist offensichtlich aucha∨bendlich.<br />
Wir betrachten zunächst das Intervall[a,a∨b]. Die Höhe vonainLplus die Höhe von<br />
a∨b in [a,a∨b] ist die Höhe von[a∨b] inL. Also ist h(a∨b)−h(a) die Höhe von<br />
a∨b im Intervall[a,a∨b], d.h. die Länge des Verbandes[a,a∨b]. Ähnlich erschließen<br />
wir, daß die Länge des Verbandes[a∧b,b] gleichh(b)−h(a∧b) ist. Beide sind wegen<br />
Lemma 5.2.7 aber isomorph; die Behauptung folgt.<br />
Lemma 5.3.15. Es sei E ein linearer Raum und U ein n-dimensionaler Unterraum<br />
vonE, 1 ≤ n < ω. Dann ist die Höhe vonU im VerbandU(E) gleichn.<br />
Beweis. Dies folgt aus Lemma 5.3.11 und Lemma 5.3.13.<br />
Wir fahren fort mit der Charakterisierung von Unterraumverbänden.<br />
Lemma 5.3.16. Es sei E ein linearer Raum überK. Dann ist U(E) ein vollständiger<br />
Verband.<br />
Beweis. Es seien Uι, ι ∈ I, Unterräume von E. Dann ist <br />
ι Uι unter Linearkombinationen<br />
abgeschlossen, folglich wieder ein Unterraum und damit das Infimum der Uι.<br />
Weiter ist<br />
{λ1u1+...+λnun: u1 ∈ Uι1,...,un ∈ Uιn fürι1,...,ιn ∈ I sowie λ1,...,λn ∈ K}<br />
der kleinste alleUι enthaltende Unterraum und folglich deren Supremum.<br />
Definition 5.3.17. Ein Verband L heiße kompakt atomistisch, falls L vollständig und<br />
atomistisch ist und es für jedes Atome ∈ L und jede Mengefι,ι ∈ I, von Atomen mit<br />
e ≤ <br />
eine endliche Teilmengeι1,...,ιk ∈ I gibt, so daß<br />
ι<br />
fι<br />
e ≤ fι1 ∨...∨fιk .<br />
Lemma 5.3.18. Es sei E ein linearer Raum über K. Dann ist U(E) kompakt atomistisch.<br />
62
Beweis. Es seien u,vι, ι ∈ I, Vektoren in E mit [u] ⊆ <br />
ι [vι]. Das heißt, daß u in<br />
dem von denvι aufgespannten Vektorraum liegt; m.a.W. ist u eine Linearkombination<br />
gewisservι1,...,vιk , ι1,...,ιk ∈ I. Also [u] ⊆ [vι1]∨...∨[vιk ].<br />
Schließlich stellen wir die Komplementierung betreffenden Eigenschaften von Unterraumverbänden<br />
fest.<br />
Lemma 5.3.19. Es sei E ein linearer Raum. Dann ist U(E) relativ komplementiert<br />
und insbesondere komplementiert.<br />
Beweis. Es seien U und V Unterräume mit U ⊂ V . Weiter sei U ⊆ W ⊆ V . Es sei<br />
nun B = B1 ˙∨B2 ˙∨B3 ˙∨B4 eine Basis von E, so daß B1 eine Basis von U, B1 ∨ B2<br />
eine solche vonW und schließlichB1 ∨B2∨B3 eine Basis vonV ist. W ′ sei der von<br />
B1∨B3 aufgespannte Unterraum. Dann ist jedesu ∈ W ∩W ′ Linearkombination von<br />
Vektoren aus B1 ∨ B2 sowie solchen aus B1 ∨ B3, also nur solchen aus B1; es folgt<br />
W ∩W ′ = U. Offensichtlich istW ∨W ′ = V . Also istW ′ relatives Komplement von<br />
W in [U,V].<br />
Wir beweisen nun, daß man kompakt atomistische Verbände in Bestandteile ” zerlegen“<br />
kann.<br />
Lemma 5.3.20. Es sei L ein atomistischer modularer Verband. Für Atome p und q<br />
von L setzen wir p ∼ q, falls entweder p = q gilt oder es andernfalls ein von p und q<br />
verschiedenes Atomr ≤ p∨q gibt. Dann ist ∼ eine Äquivalenzrelation.<br />
Beweis. Es seien p,q,r Atome von L. Gemäß der Definition von ∼ gilt p ∼ p und ist<br />
p ∼ q mit q ∼ p gleichwertig. Also ist ∼ reflexiv und symmetrisch.<br />
Wir nehmen weiter an, daß p ∼ q und q ∼ r gilt, um hieraus p ∼ r abzuleiten;<br />
dann wird auch die Transitivität gezeigt sein. Sind zwei der Atome gleich, folgt p ∼ r<br />
unmittelbar. Wir nehmen an, daßp,q,r paarweise verschieden sind. Istr ≤ p∨q, folgt<br />
wegen der Austauscheigenschaft q ≤ p ∨ r, d.h. auch dann gilt p ∼ r. Wir nehmen<br />
weiter an, daßr ≤ p∨q gilt, daß alsor,p,q unabhängig sind.<br />
Gemäß Definition von∼gibt es dann ein vonpundq verschiedeness ≤ p∨q und ein<br />
vonq undr verschiedenest ≤ q∨r. Wir setzenu = (s∨t)∧(p∨r); dann istu ≤ p∨r.<br />
Gemäß Lemma 5.3.14 gilth(u) = h(s∨t)+h(p∨r)−h(s∨t∨p∨r) = 2+2−3 = 1,<br />
das∨t∨p∨r = p∨q ∨r ist. Also ist u ein Atom, undp ∼ r.<br />
Lemma 5.3.21. Es seiLein relativ komplementierter, kompakt atomistischer modularer<br />
Verband. Es seien a,b ∈ L, und es sei e ein Atom von L mit e ≤ a∨b. Dann gibt<br />
es Atomeea ≤ a undeb ≤ b mit e ≤ ea ∨eb.<br />
Beweis. Da L kompakt atomistisch ist, können wir annehmen, daß a und b endlich<br />
sind. Weiter ist der Fall e ≤ a oder e ≤ b trivial. Wir nehmen im weiteren an, daß<br />
a ∧ e = b ∧ e = 0. Einfach ist auch der Fall a ∧ b > 0; dann wählen wir ein Atom<br />
ea = eb ≤ a∧b. Wir nehmen im weiteren an, daßa∧b = 0.<br />
63
Wir setzen ea = (b∨e)∧a ≤ a. Wir rechnenh(a∨b) = h(a)+h(b)−h(a∧b) =<br />
h(a)+h(b) sowieh(b∨e) = h(b)+1 und erhaltenh(ea) = h(b∨e)+h(a)−h(a∨<br />
b ∨ e) = h(b ∨ e) + h(a) − h(a ∨ b) = 1, also ist ea ein Atom. Wir setzen ebenso<br />
eb = (a∨e)∧b und schließen in analoger Weise, daßeb ≤ b ein Atom ist. Wegen der<br />
Modularität folgt<br />
ea ∨eb = [(e∨b)∧a)]∨eb<br />
= (e∨b)∧(a∨eb)<br />
= (e∨b)∧(a∨[(e∨a)∧b])<br />
= (e∨b)∧(a∨b)∧(e∨a)<br />
= (e∨b)∧(e∨a)<br />
≥ e.<br />
Satz 5.3.22. Es sei L ein relativ komplementierter, kompakt atomistischer modularer<br />
Verband. Dann ist L direktes Produkt unzerlegbarer Verbände.<br />
Beweis. Es seienEι,ι ∈ I, die Äquivalenzklassen bezüglich der Relation∼aus Lemma<br />
5.3.20. Für jedesι ∈ I sei zι = Eι.<br />
Wir behaupten, daß für jedesa ∈ L undι ∈ L<br />
(a∨b)∧zι = (a∧zι)∨(b∧zι)<br />
gilt. Es seie ≤ (a∨b)∧zι ein Atom; wir müssen zeigen, daß danne ≤ (a∧zι)∨(b∧zι)<br />
gilt. Ist e ≤ a oder e ≤ b, folgt dies unmittelbar. Es gelte andererseits weder e ≤ a<br />
noche ≤ b. Wegen Lemma 5.3.21 gibt es Atome ea ≤ a und eb ≤ b mit e ≤ ea ∨eb.<br />
Dann sind e,ea,eb paarweise verschieden, weshalb all diese drei Atome in derselben<br />
Äquivalenzklasse liegen; wegene ≤ zι ist folglichea,eb ≤ zι. Es folgte ≤ ea ∨eb ≤<br />
(a∧zι)∨(b∧zι).<br />
Wir folgern, daß<br />
eine Verbandshomomorphismus ist.<br />
ϕ: L → Πι∈I[0,zι], a ↦→ (a∧zι)ι∈I<br />
Ista b, gibt es ein Atome ≤ a, e b. Dann iste ≤ zι für einι ∈ I, unde ≤ a∧zι,<br />
aber e b∧zι. Also ist a ∧zι = b∧zι, d.h. ϕ ist injektiv. Schließlich folgt aus der<br />
Vollständigkeit vonL, daßϕsurjektiv ist.<br />
Es sei ι ∈ I. Wäre [0,zι] zerlegbar, gäbe es x,y ≤ zι mit x∧y = 0 und x∨y = zι,<br />
so daß jedesavon der Forma = ax ∨ay für ax ≤ x und ay ≤ y wäre. Für beliebige<br />
Atome e ≤ x und f ≤ y gibt es, da e ∼ f gilt, jedoch ein drittes Atom g ≤ e∨f, so<br />
daßg kann nicht von der besagten Form sein kann.<br />
5.4 Projektive Geometrien<br />
Lemma 5.4.1. Es sei E ein linearer Raum über einem Schiefkörper K. A(E) sei<br />
die Menge aller eindimensionalen Unterräume von E. Wir ordnen je zwei Elementen<br />
64
P,Q ∈ A(E) den von diesen aufgespannten UnterraumPQ = [P,Q] zu. Dann erfüllt<br />
das Paar(A(E),··) folgende Eigenschaften:<br />
(i) Es seien P,Q ∈ A(E). Es gilt PP = {P}, und im Fall P = Q ist PQ mindestens<br />
dreielementig.<br />
(ii) Es seien P,Q ∈ A(E) verschieden. Dann gibt es genau einen zweidimensionalen<br />
Unterraum, derP undQenthält.<br />
(ii) Es seien P,Q,R ∈ A(E) paarweise verschieden und nicht alle drei in einem<br />
zweidimensionalen Unterraum von E enthalten. Weiter seien S ∈ PQ und T ∈<br />
QR verschieden. Dann ist PR∩ST nichtleer.<br />
Beweis. (i) Es sei P = [p] und Q = [q], p,q ∈ E. Klarerweise ist PQ = [p] im<br />
Fall P = Q. Andernfalls ist p = q, sind p und q also linear unabhängig. Damit ist<br />
der Vektor p + q weder in P noch in Q; es sind [p],[q],[p + q] drei verschiedene in<br />
PQ = [p,q] enthaltene eindimensionale Unterräume.<br />
(ii) Es sei P = [p] undQ = [q], p,q ∈ E. P undQsind in einem zweidimensionalen<br />
Unterraum genau dann enthalten, wenn dieser p und q und damit [p,q] enthält. [p,q]<br />
ist aber der einzige zweidimensionale Unterraum, der[p,q] enthält; denn jeder größere<br />
wäre mindestens dreidimensional.<br />
(iii) Es sei P = [p], Q = [q] und R = [r], p,q,r ∈ E. Gemäß Voraussetzung<br />
sind p,q,r linear unabhängig. Weiter sei S = [s] und T = [t], s,t ∈ E. Dann ist<br />
s = λ1p+λ2q undt = λ3q +λ4r fürλ1,...,λ4 ∈ K. Aus λ3s−λ2t ∈ [p,r] folgt,<br />
daß[p,r]∩[s,t] nicht leern ist.<br />
Definition 5.4.2. Es sei A eine nichtleere Menge, und es sei ·· eine Abbildung, die<br />
je zwei Elementen p,q ∈ A eine Teilmenge pq von A zuordnet. Wir bezeichnen ein<br />
p ∈ A als Punkt [engl. point] und für verschiedene Punkte p und q die Menge pq als<br />
die durchpundq verlaufende Gerade [engl. line]. Weiter gelte Folgendes:<br />
(PR1) Es sei p,q ∈ A. Dann enthält pq die beiden Punkte p und q. Ferner enthält pq<br />
noch mindestens einen weiteren Punkt genau dann, wenn p und q verschieden<br />
sind.<br />
(PR2) Je zwei verschiedene Punkte liegen auf genau einer Geraden.<br />
(PR3) Es seien p,q,r ∈ A, so daß es keine Gerade gibt, die durch all die drei Punkte<br />
verläuft. Weiter seien s ∈ pq und t ∈ qr verschiedene Punkte. Dann haben pr<br />
undst eine nichtleere Schnittmenge.<br />
Dann nennen wir(A,··) einen projektiven Raum [engl. projective space].<br />
Eine nichtleere Teilmenge U von A, für die mit p,q ∈ U auch pq ⊆ U gilt, heiße<br />
Unterraum [engl. subspace] vonA. Für zwei UnterräumeU,V setzen wir<br />
U +V = {pq: p ∈ U, q ∈ V}.<br />
65
Illustration des Axioms (PR3)<br />
(s. Lemma 5.4.1 und Definition 5.4.2)<br />
Der Einfachheit halber nehmen wir im weiteren auf einen projektiven Raum als auf<br />
dessen Punktemenge Bezug; die Zuordnung·· versteht sich jeweils.<br />
Lemma 5.4.3. Es seiAein projektiver Raum, undU,V seien zwei seiner Unterräume.<br />
Dann ist auchU +V ein Unterraum.<br />
Beweis. Wir beweisen zunächst Folgendes:<br />
(⋆) Es seienU,V,W Unterräume. Dann giltU +(V +W) = (U +V)+W .<br />
Es sei p ∈ U +(V + W). Dann gibt es u ∈ U, v ∈ V und w ∈ W , so daß p ∈ ur,<br />
worinr ∈ vw.<br />
Fall 1: u = v. dann ist p ∈ vr und r ∈ vw. Sind r,v,w nicht paarweise verschieden,<br />
folgt p ∈ V +W ⊆ (U +V) +W . Es seien r,v,w paarweise verschieden. Dann ist<br />
p ∈ vr = vw ⊆ V +W ⊆ (U +V)+W .<br />
Fall 2: u = v und r ∈ uv. Ist r = u oder r = v, folgt p ∈ U +V ⊆ (U +V) +W .<br />
Andernfalls sind u,v,r paarweise verschiedene Punkte, die auf einer Gerade liegen.<br />
Da r ∈ vw, liegt w dann ebenfalls auf dieser Gerade. Also p ∈ uw oder p ∈ vw, je<br />
nachdem obw vonuoder vonv verschieden ist. Es folgtp ∈ U +W bzw.p ∈ V +W<br />
und in jedem Fall p ∈ (U +V)+W .<br />
Fall 3: u = v und r /∈ uv. Es ist p ∈ ur und w ∈ vr. Zudem gilt v = w, da sonst<br />
r = v wäre. Ist nunw = p, sop ∈ W ⊆ (U +V)+W . Andernfalls besagt Bedingung<br />
(PR3), daß es eins ∈ pw∩uv gibt. Dav = w, mußs = w sein. Also folgtp ∈ sw mit<br />
s ∈ U +V undw ∈ W , d.h.p ∈ (U +V)+W .<br />
Damit istU +(V +W) ⊆ (U +V)+W bewiesen; aus Symmetriegründen folgt auch<br />
der umgekehrte Einschluß. Damit ist der Beweis von (⋆) abgeschlossen.<br />
Aus (⋆) leiten wir nunmehr die Behauptung des Lemmas ab. Es seip,q ∈ U+V . Dann<br />
ist<br />
pq ⊆ (U +V)+(U +V) = ((U +V)+U)+V<br />
= (U +(U +V))+V = ((U +U)+V)+V<br />
= (U +V)+V = U +(V +V) = U +V.<br />
66
Definition 5.4.4. Es sei (A,··) ein projektiver Raum. Dann sei L(A) der durch mengentheoretische<br />
Inklusion geordnete Poset aller Unterräume von(A,··).<br />
Lemma 5.4.5. Es sei (A,··) ein projektiver Raum. Dann ist L(A) ein vollständiger<br />
Verband. Für UnterräumeUι, ι ∈ I, ist <br />
ι∈I Uι deren Infimum; weiter gilt<br />
<br />
Uι = {Uι1 +...+Uιk : ι1,...ιk ∈ I, k ≥ 1}. (17)<br />
ι∈I<br />
Beweis. Der Durchschnitt einer beliebigen Menge von Unterräumen Uι, ι ∈ I, ist<br />
wieder ein Unterraum; daher ist <br />
ι∈I Uι das Infimum der Uι. Es folgt bereits daß<br />
L(A) ein vollständiger Verband ist.<br />
Das Supremum der Uι muß die rechte Seite von (17) enthalten. Andererseits folgt<br />
aus Lemma 5.4.3, daß die rechte Seite von (17) unter ·· abgeschlossen und damit ein<br />
Unterraum ist.<br />
Lemma 5.4.6. Es sei (A,··) ein projektiver Raum. Dann ist L(A) ein modularer Verband.<br />
Beweis. Es seienU,V,W Unterräume,W ⊆ U, und es seir ∈ U∧(V ∨W); wir haben<br />
zu zeigen, daß dannr ∈ (U∧V)∨W folgt. Gemäß Lemma 5.4.5 giltr ∈ U∩(V +W),<br />
und wir haben zu zeigen, daß r ∈ (U ∩ V) + W . Wir wissen r ∈ U sowie r ∈ vw<br />
für gewisse v ∈ V und w ∈ W ⊆ U. Im Fall r = w ist r ∈ W ⊆ (U ∩ V) + W .<br />
Andernfalls ist v = w und v ∈ vw = rw ⊆ U, also v ∈ U ∩V. Wegen r ∈ vw folgt<br />
alsor ∈ (U ∩V)+W .<br />
Für den Typ von Verbänden, die als Unteraumverbände projektiver Räume auftauchen,<br />
gibt es eine spezielle Bezeichnung.<br />
Definition 5.4.7. Ein kompakt atomistischer, komplementierter, unzerlegbarer modularer<br />
Verband heiße geomodular.<br />
Satz 5.4.8. Es sei (A,··) ein projektiver Raum. Dann ist L(A) ein geomodularer Verband.<br />
Beweis. Gemäß Lemma 5.4.6 ist L(A) ein modularer Verband.<br />
Weiter ist gemäß Lemma 5.4.5L(A) ein vollständiger Verband. Die eindimensionalen<br />
Unterräume sind genau die Atome. Jeder Unterraum ist die mengentheoretische Vereinigung<br />
seiner eindimensionalen Unterräume und somit deren Supremum. Es folgt, daß<br />
L(A) atomistisch ist. Aus Lemma 5.4.5 folgt, daßL(A) kompakt atomistisch ist.<br />
Angenommen sei schließlich, daß L(A) zerlegbar ist. Dann gibt gemäß Satz 5.3.22<br />
und dessen Beweis zwei UnterräumeU undV mit U ∩V = ∅ und U ∪V = A. Jede<br />
Geradeuv mit u ∈ U undv ∈ V enthält jedoch ein vonuundv verschiedenes drittes<br />
Elementw; undw liegt weder inU noch inV.<br />
Es gilt hiervon auch eine Umkehrung.<br />
67
Definition 5.4.9. Es sei (L;∧,∨,0,1) ein geomodularer Verband. Es sei A(L) die<br />
Menge aller Atome vonL. Fürp,q ∈ A(L) sei<br />
pq = {r ∈ A(L): r ≤ p∨q}. (18)<br />
Satz 5.4.10. Es sei (L;∧,∨,0,1) ein geomodularer Verband. Dann ist A(L) zusammen<br />
mit der Zuordnung (18) ein projektiver Raum.<br />
Dessen Unterräume sind genau die Mengen der Form{p ∈ A: p ≤ a}. Die Abbildung<br />
ist ein Isomorphismus.<br />
ϕ: L → L(A(L)), a ↦→ {p ∈ A: p ≤ a}<br />
Beweis. (PR1) Auf L ist Satz 5.3.22 anwendbar. Daher folgt aus der Unzerlegbarkeit,<br />
daß für je zwei verschiedene Atomepundq vonLein drittes, vonpundq verschiedenes,<br />
liegt. Also ist pq mindestens dreielementig. Zudem ist pp = p.<br />
(PR2) L ist modular, erfüllt nach Lemma 5.3.9 also die Austauscheigenschaft. Sind<br />
p,q,r paarweise verschiedene Atome, sind die Aussagenp ≤ q∨r undq ≤ p∨r und<br />
r ≤ p ∨q daher paarweise äquivalent. Liegen also zwei verschiedene Punkte p,q auf<br />
einer Gerade, ist diese gleichp∨q. Haben also zwei Geraden zwei Punkte gemeinsam,<br />
sind sie gleich.<br />
(PR3) Es seien p,q,r Atome, die nicht auf einer Gerade liegen. Dann sind p,q,r unabhängig,<br />
und es folgt h(p ∨ q ∨ r) = 3. Weiter seien s ≤ p ∨ q und t ≤ q ∨ r<br />
verschiedene Atome, womit h(s ∨ t ∨ p ∨ r) ≤ 3. Also h((s ∨ t) ∧ (p ∨ r)) =<br />
h(s ∨ t) + h(p ∨ r) − h(s ∨ t ∨ p ∨ r) ≥ 2 + 2 − 3 = 1. Also ist st ∩ pr nicht<br />
leer.<br />
Es folgt der erste Teil des Satzes: A(L) ist ein projektiver Raum.<br />
Für jedesa ∈ L ist ϕ(a) offenbar ein Unterraum vonA(L). Weiter ist ϕ ist ordnungserhaltend.<br />
Da L atomistisch ist, folgt zudem, daßϕinjektiv ist.<br />
Weiter sei U ein Unterraum von A(L), und es sei a = U. Wir wollen zeigen, daß<br />
U = ϕ(a) gilt; denn dann folgt, ϕ auch surjektiv und mithin ein Verbandsisomorphismus<br />
ist. Klarerweise ist U ⊆ ϕ(a). Umgekehrt sei p ∈ ϕ(a), also p ≤ a. Da L<br />
kompakt atomistisch ist, folgt aus p ≤ U, daß es Atome q1,...,qk ∈ U gibt mit<br />
p ≤ q1 ∨...∨qk. Aus Lemma 5.3.21 folgtp ∈ U und damitϕ(a) ⊆ U.<br />
5.5 Darstellungstheorie<br />
Geomodulare Verbände führen auf direktem Wege zur linearen Algebra; sie sind zu<br />
Unterraumverbänden isomorph. Diesen Zusammenhang wollen wir zum Abschluß der<br />
Vorlesung anführen.<br />
Satz 5.5.1. Es sei (L;∧,∨,0,1) ein geomodularer Verband der Länge n ≥ 4. Dann<br />
gibt es genau einen Schiefkörper K, so daß L isomorph zu (U(E);∩,∨,{0},E) ist,<br />
worinE einn-dimensionaler linearer Raum überK ist.<br />
68
Den Beweis von Satz 5.5.1, der von erheblichem Umfang ist, werden wir nicht geben.<br />
Wir werden jedoch, um wenigstens einen Eindruck von der Komplexität des Konstruktionsprozesses<br />
zu vermitteln, die Einführung von Koordinaten eines zweidimensionalen<br />
projektiven Raumes grob darstellen.<br />
Unter einer projektiven Ebene verstehen wir einen projektiven Raum, dessen zugehöriger<br />
Verband die Länge3hat. Ein Beispiel ist die reelle projektive EbeneRP 2 erfolgen;<br />
der zugehörige Verband istU(R 3 ), d.h. der Verband der Unterräume des dreidimensionalen<br />
reellen Raumes. Anschaulich besteht RP 2 aus den Geraden durch den Ursprung<br />
desR 3 . Alternativ läßt sich RP 2 als die Einheitssphäre im R 3 verbildlichen, auf der je<br />
zwei gegenüberliegende Punkte miteinander identifiziert sind.<br />
Einem Punkt der projektiven EbeneRP2 entspricht je ein eindimensionaler Unterraum<br />
<br />
], x,y,z ∈ R,<br />
[ x yz<br />
worin die drei Koordinaten x,y,z nicht alle drei gleich 0 sein dürfen und zudem nur<br />
bis auf einen Faktor eindeutig bestimmt sind. Die Koordinatendarstellung läßt sich<br />
eindeutig machen, indem gefordert wird, daß die letzte von0verschiedene Koordinate<br />
1 sei. Dann entsprechen den Punkten folgende Koordinatentripel:<br />
x y , x,y ∈ R,<br />
1<br />
x 10 , x ∈ R sowie<br />
100 <br />
.<br />
Angenommen, es läßt sich jedem Punkt einer projektiven Ebene ein Koordinatentripel<br />
zuordnen; wie erhalten wir dann aus der Struktur der projektiven Ebene die additive und<br />
multiplikative Struktur der Koordinatenmenge? Die Idee ist die folgende, mit Bezug<br />
auf denRP 2 ; es sei a,b,λ ∈ R:<br />
[ a b 1<br />
0 110 a<br />
] ∈ [ µ ]∨[ ], gdw für einλ ∈ R [ b1<br />
1<br />
gdw für einλ ∈ R [ a b 1<br />
gdwa = λ undb = λ+µ.<br />
] ∈ [ 0 µ<br />
1<br />
] = [ λ<br />
110 <br />
+λ ],<br />
M.a.W. enthält die von [ 0 110 <br />
b1 ], b ∈ R, und [ ] aufgespannte Gerade die Punkte von<br />
der Form[<br />
a<br />
a+b<br />
1<br />
], a ∈ R.<br />
Ähnlich enthält die von [ 1 001 <br />
b0 ], b ∈ R, und [ ] aufgespannte Gerade die Punkte von<br />
a <br />
der Form[ ], a ∈ R.<br />
a·b<br />
1<br />
Wir skizzieren nun, wie die Einführung von Koordinaten im allgemeinen funktioniert.<br />
Es sei F eine projektive Ebene.Rsei eine Menge von Symbolen, vom Umfang her eines<br />
weniger als Punkte auf einer Gerade liegen; darunter seien insbesondere die Symbole0<br />
und1. Dann ordnen wir wie folgt jedem Punkt vonF ein Tripel ausR zu:<br />
• Wir wählen vier PunkteX,Y,Z,I vonF , so daß je drei nicht auf einer Geraden<br />
liegen.<br />
λ+µ<br />
1<br />
Wir setzenX = (1,0,0), Y = (0,1,0), Z = (0,0,1) undI = (1,1,1).<br />
69<br />
],
• Wir ordnen auch den übrigen Punkten auf ZI\XY Koordinatentripel von der<br />
Form(a,a,1) zu, wobei für verschiedene Punkte verschiedene Symbole zu verwenden<br />
sind. Für den verbleibenden Punkt setzen wir ZI ∩XY = (1,1,0).<br />
• Füra,b ∈ R sei X(b,b,1)∩Y(a,a,1) = (a,b,1).<br />
Füra ∈ R sei schließlichZ(a,1,1)∩XY = (a,1,0).<br />
Sodann definieren wir die Operationen + und · auf R. Wir setzen a + b = c, wenn<br />
(a,c,1) ∈ (0,b,1)(1,1,0) gilt. Wir setzen a·b = c, wenn(c,a,1) ∈ (b,1,0)Z.<br />
(0,b,1)<br />
(a,b,1)<br />
Z=(0,0,1)<br />
(b,1,1)<br />
Y=(0,1,0)<br />
(a,0,1)<br />
(a,a,1) (b,b,1)<br />
(b,1,0)<br />
Multiplikation mit b<br />
I=(1,1,1)<br />
(1,1,0)<br />
Addition von b<br />
X=(1,0,0)<br />
Illustration der Koordinatisierung einer projektiven Ebene<br />
Die so spezifierte Algebra (R;+,·,0,1) ist ein sogenannter Ternärring. Mittels des<br />
TernärringsR läßt sich die projektive EbeneF darstellen.<br />
Jeder Schiefkörper ist ein Ternärring; die Umkehrung gilt nicht. Unter gewissen Bedingungen<br />
ist der oben konstruierte Ternärring ein Schiefkörper; der Beweis ist umfangreich.<br />
70
Literatur<br />
[Art] R. Artzy, ” Linear Geometry“, Addison-Wesley, Reading 1974.<br />
[Bae] R. Baer, ” Linear Algebra and Projective Geometry“, Academic Press, New<br />
York 1952.<br />
[BeRo] A. Beutelspacher, U. Rosenbaum, ” Projektive Geometrie“ (2. Aufl.), Vieweg,<br />
Wiesbaden 2004.<br />
[Bir] G. Birkhoff, ” Lattice Theory“, American Mathematical Society Coll. Publ. 25,<br />
1948.<br />
[CrDi] P. Crawley, R.P. Dilworth, ” Algebraic Theory of Lattices“, Prentice-Hall,<br />
Englewood Cliffs N.J., 1973.<br />
[Gra] G. Grätzer, ” General Lattice Theory“ (2. Aufl.), Birkhäuser, Basel 2003.<br />
[MaMa] F. Maeda, S. Maeda, ” Theory of Symmetric Lattices“, Springer-Verlag, Berlin<br />
1970.<br />
[Sik] R. Sikorski, ” Boolean Algebras“, Springer-Verlag, Berlin 1964.<br />
71