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TiebelKurier November 2013

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TieBelkurier<br />

ABSCHIED NEHMEN<br />

Nr. 275/Oktober <strong>2013</strong><br />

Trauer ist „nachgetragene Liebe“<br />

Wenn wir an Trauer denken, so denken wir in erster Linie an Verlust. Dieser Verlust ist ebenso wie<br />

die Trauer ein Teil unseres Daseins. Freude und Leiden – eines gibt es nicht ohne das andere.<br />

Seit 1997 begleitet die Religionslehrerin<br />

und Gemeindepädagogin Anke<br />

Witt Menschen in ihrer Trauer. „Ich<br />

denke, dass ich schon mein ganzes<br />

Leben lang mit dieser Thematik<br />

beschäftigt bin“, resümiert Witt.<br />

Sie selbst hat als Kind ihre Mutter<br />

verloren – hat früh einen Verlust<br />

erlitten und ihren Weg gefunden<br />

damit umzugehen. „In dieser Situation<br />

hat man das Gefühl, dass das<br />

Leben stehenbleibt und dennoch<br />

geht es draußen weiter als ob nichts<br />

geschehen wäre.“ Eben darum ist es<br />

ihr auch ein Bedürfnis Menschen in<br />

ihrer Trauer zu begleiten und ihnen<br />

zu vermitteln, dass sie nicht alleine<br />

sind. „Trauer braucht ihren Platz im<br />

Leben. Ein Verlust kann durch den<br />

Tod eines geliebten Menschen entstehen<br />

ebenso durch Scheidung oder<br />

Trennung. Letztendlich muss die<br />

Trauer aber Platz haben. Wenn man<br />

diesen Prozess zulässt und seine<br />

Gefühle ernst nimmt, dann wird<br />

man gestärkt daraus hervorgehen.<br />

Negiert man Trauer, dann begegnet<br />

sie einem im Laufe des Lebens in<br />

anderer Form – Depression, Krank-<br />

heit, … - wieder“, weiß die Trauerbegleiterin.<br />

Tränen sind Teil dieses<br />

Prozesses, auf dem sie schon viele<br />

Menschen begleitet hat und der zu<br />

einem Teil ihrer Identität geworden<br />

ist. „Ich begleite Menschen durch<br />

schwere Zeiten und helfe ihnen wieder<br />

Mut zu schöpfen. Dennoch ist es<br />

der Verdienst jedes Einzelnen, wenn<br />

er gestärkt aus dieser Lebenszeit<br />

hervorgeht. Jeder trägt seine Erfahrungen,<br />

seine Geschichte und seine<br />

Gefühle selbst.“<br />

„Weinen<br />

ist etwas Schönes“<br />

„Tränen streicheln die Wangen und<br />

Tränen sind das Grundwasser der<br />

Seele“, gibt Witt zu bedenken. Als<br />

durchaus erlösend empfinden viele<br />

Trauernde das Weinen. Es ist Ausdruck<br />

der Befreiung und hilft Emotionen<br />

in Fluss zu setzen. „Ich möchte<br />

für die Menschen, die ich begleite<br />

Nachtherberge für die Wegwunden<br />

sein. Mit dem Mut zur Trauer stellt<br />

man sich dem leben und in der Tiefe<br />

der Trauer erhält das Leben neue<br />

Qualität. Unwesentliches wird zur<br />

Seite geschoben und losgelassen.“<br />

Gerade der Prozess des Loslassens<br />

ist für die Trauerbegleiterin eng mit<br />

jenem des Verlusts verbunden.<br />

Loslassen und bewahren<br />

„Loslassen ist ein Lebensthema. Es<br />

ist ein schmerzhafter Vorgang, der<br />

notwendig ist um ins Leben zu kommen,<br />

um für Neues offen zu sein.“<br />

Kraft für ihre Arbeit schöpft die gläubige<br />

Trauerbegleiterin aus der Natur.<br />

Hier findet laufend Veränderung<br />

statt und es ist ein ständiger Prozess<br />

des Kommens und Vergehens im<br />

Gange – ein Geben und ein Nehmen.<br />

Ganz ähnlich wie im menschlichen<br />

Miteinander. „Wenn zwei Menschen<br />

auf einer Kommunikationsebene in<br />

Kontakt treten, dann beginnt auch<br />

hier ein Fluss zu fließen. Man gibt,<br />

man nimmt und letztlich profitiert<br />

man voneinander. Das erlebe ich<br />

auch immer wieder in meinen Gruppen.<br />

Hier finden sich Menschen, die<br />

trauern zusammen und durchleben<br />

gemeinsam eine schwere Zeit. In den<br />

Herzen gibt es aber zwei Kammern<br />

– jene der Traurigkeit und jene der<br />

Freude. Die Grenze verschwimmt oft<br />

und nur wer das eine zulässt kann<br />

auch das andere wirklich und wahrhaftig<br />

erfahren.“<br />

Nächste Trauergruppe:<br />

Mi., 4. Dezember <strong>2013</strong><br />

17 – 19 Uhr, Tschöran<br />

Anke Witt, Tel. 04276/37663<br />

oder 0650/81 47 733<br />

Seit 1997 begleitet Anke Witt<br />

Trauernde durch ihre schwierige<br />

Lebenssituation.<br />

Foto: Sigrid Harig_pixelio.de

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