7_Prof. Merkt - Freilaw – Freiburg Law Students Journal
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<strong>Freilaw</strong> - <strong>Freiburg</strong> <strong>Law</strong> <strong>Students</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1/2008<br />
„Exzellenzinitiative 2007“<br />
Interview mit <strong>Prof</strong>. Dr. <strong>Merkt</strong> LL.M. (Univ. of Chicago) 1<br />
von stud jur. Carolin Siegel & stud jur. Fabian Schür, Universität <strong>Freiburg</strong><br />
Am 19. Oktober 2007 wurde endlich das mit Spannung erwartete Ergebnis<br />
der zweiten Antragsstaffel im Rahmen der Exzellenzinitiative 2 verkündet:<br />
„Die Universität <strong>Freiburg</strong> ist Eliteuniversität“<br />
Nach zwei Jahren harten Wettbewerbs zwischen den deutschen<br />
Hochschulen können sich die <strong>Freiburg</strong>er Wissenschaftler über einen<br />
Geldsegen von ca. 132 Millionen Euro (über einen Zeitraum von fünf<br />
Jahren) freuen. Mit diesen Geldern werden die Graduiertenschule<br />
„Spemann Graduate School of Biology and Medicine“ 3 , das<br />
Exzellenzcluster „Centre for Biological Signalling Studies <strong>–</strong> From Analysis<br />
to Synthesis” (bioss) und das Zukunftsprojekt „Windows for Research“<br />
1 <strong>Prof</strong>. Dr. Hanno <strong>Merkt</strong> LL.M. ist seit 2003 Direktor des Instituts für Ausländisches und<br />
Internationales Privatrecht der Albert-Ludwigs-Universität <strong>Freiburg</strong>.<br />
2 Die Exzellenzinitiative ist ein Programm zur Förderung der Universitäten in der<br />
Bundesrepublik Deutschland, welches am 23. Juni 2005 vom Bund und den Ländern<br />
beschlossen und am 29. Juli 2005 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)<br />
und dem Wissenschaftsrat ausgeschrieben wurde. Die Exzellenzinitiative umfasst<br />
insgesamt drei Förderlinien: Graduiertenschulen, Exzellenzcluster und Zukunftskonzept.<br />
Nur die Universitäten, die sich in allen drei Förderlinien erfolgreich beworben, und damit<br />
den höchstmöglichen Förderungsgrad erreicht haben, dürfen sich offiziell<br />
Exzellenzuniversität nennen.<br />
3 Die Spemann Graduiertenschule wurde bereits im Rahmen der ersten Antragsstaffel<br />
2006 bewilligt.<br />
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<strong>Freilaw</strong> - <strong>Freiburg</strong> <strong>Law</strong> <strong>Students</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1/2008<br />
umgesetzt. Aufgrund des überwiegenden Erfolges von<br />
naturwissenschaftlichen Projekten, stellt sich nun die Frage, welche<br />
Impulse und Auswirkungen die Exzellenzinitiative für andere Fachgebiete,<br />
insbesondere die Rechtswissenschaft mit sich bringt. Diesbezüglich führte<br />
<strong>Freilaw</strong> ein Gespräch mit <strong>Prof</strong>. Dr. <strong>Merkt</strong>, der in Zusammenarbeit mit<br />
anderen Wissenschaftlern sich sowohl in der ersten als auch in der<br />
zweiten Antragsstaffel unter anderem mit dem Projekt „Private Rule<br />
Making <strong>–</strong> Privat <strong>Law</strong> Enforcement“ (PRIMA LAW) engagierte.<br />
<strong>Freilaw</strong>: Herr <strong>Prof</strong>. Dr. <strong>Merkt</strong>, die Universität <strong>Freiburg</strong> darf sich seit<br />
letztem Jahr offiziell Exzellenzuniversität nennen. Ändern sich damit aus<br />
Ihrer Sicht die Umstände für das Studium der JurastudentInnen in<br />
<strong>Freiburg</strong>?<br />
<strong>Merkt</strong>: Noch hat sich kaum etwas geändert. Es wird noch eine gewisse<br />
Zeit dauern bis sich das, was durch die Exzellenzinitiative angestoßen<br />
wurde, in irgendeiner Form für die Studenten konkret bemerkbar machen<br />
wird. Denn momentan ist von alledem noch nichts sozusagen „am<br />
Arbeiten“. Wie Sie wissen, ist unser Projekt 4 in der Endrunde nicht<br />
erfolgreich gewesen, was ich natürlich außerordentlich bedauere, weil sich<br />
eine große Zahl von Kolleginnen und Kollegen in unserer Fakultät ebenso<br />
wie in anderen Fakultäten und kooperierende Forschungseinrichtungen im<br />
In- und Ausland in großartiger Weise engagiert haben, wofür ich mich<br />
auch an dieser Stelle und auch im Namen der Fakultät nochmals ganz<br />
herzlich bedanken möchte. Unmittelbar ist also mit der Exzellenzinitiative<br />
für die Studierenden der Rechtswissenschaft, jedenfalls zur Zeit, noch<br />
4 PRIMA LAW war als eine Internationale Graduiertenschule konzipiert, die<br />
Doktorandinnen und Doktoranden aus dem In- und Ausland eine internationalinterdisziplinäre<br />
Graduiertenausbildung in den Forschungsfeldern<br />
Rechtswissenschaft/Rechtsvergleichung, Ökonomie, Politikwissenschaft und<br />
Umweltwissenschaften ermöglichen sollte.<br />
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<strong>Freilaw</strong> - <strong>Freiburg</strong> <strong>Law</strong> <strong>Students</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1/2008<br />
nichts verbunden. Ob und in welchen Umfang andere universitätsweite<br />
Projekte, etwa das FRIAS 5 und die IGA 6 für unsere Studierenden im Laufe<br />
der nächsten Monate oder Jahre greifbare Änderungen bringen werden,<br />
ist noch schwer abzusehen, da diese Strukturen alle noch nicht voll<br />
etabliert sind. Wir versuchen natürlich so gut es geht, trotz der schwierigen<br />
Ausgangsposition der Rechtswissenschaft nach Abschluss der zweiten<br />
Staffel der Exzellenzinitiative bei diesen Projekten mitzuwirken. So<br />
bemühen wir uns darum, dass z. B. die IGA um Angebote für die<br />
juristischen Doktoranden und Doktorandinnen erweitert wird. Wir werden<br />
uns ebenso anstrengen, dass das FRIAS um rechtswissenschaftliche<br />
Elemente ergänzt wird, vielleicht um eine rechtswissenschaftliche oder<br />
rechtswissenschaftlich-ökonomische fünfte Säule. Es gibt auch schon<br />
Überlegungen, wie das aussehen könnte. Ich will dazu aber in diesem<br />
relativ frühen Stadium nicht zuviel sagen. Wir arbeiten daran.<br />
<strong>Freilaw</strong>: Werden sich darüber hinaus, trotz der Ablehnung, positive<br />
Impulse für die Forschung und Lehre ergeben?<br />
<strong>Merkt</strong>: Auf jeden Fall, das kann man überall beobachten. Die<br />
Exzellenzinitiative hat etwas bewegt und es ist uns vor allem eines klar<br />
geworden: Wenn wir in diesem Bereich erfolgreich sein wollen, gerade als<br />
Juristinnen und Juristen, dann können wir nicht ad hoc, wenn die<br />
Aufforderung kommt etwas einzureichen, etwas entwerfen in der<br />
Hoffnung, dass wir Erfolg haben. Wir müssen jetzt und heute Dinge in<br />
Gang setzen und wenn die Exzellenzinitiative in dieser oder jener Form<br />
fortgeführt werden sollte, wovon alle ausgehen, müssen wir bereits ein<br />
laufendes Projekt vorzeigen können, auf dem wir dann aufbauen. Unser<br />
Problem war vor allem, dass wir für die Exzellenzinitiative ein Projekt<br />
entworfen haben, dem man angesehen hat, dass es jedenfalls in dieser<br />
5 „<strong>Freiburg</strong> Institute for Advanced Studies“.<br />
6 Internationale Graduiertenakademie.<br />
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<strong>Freilaw</strong> - <strong>Freiburg</strong> <strong>Law</strong> <strong>Students</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1/2008<br />
Gestalt ad hoc für diesen Zweck entworfen war. Die Naturwissenschaften<br />
haben zum Teil Projekte, an denen seit 15 Jahren 100 Leute arbeiten und<br />
die dementsprechend bereits Ergebnisse und Erfolge erzielt und zum Teil<br />
sogar bereits Preise verliehen bekommen haben. Damit können sie sich<br />
natürlich ganz anders präsentieren als eine Fakultät wie die unsere, die für<br />
diesen Zweck eine in großen Teilen neue Forschergruppe<br />
zusammengestellt und sich auch mit einer ganz neuen Fragestellung<br />
beschäftigt hat. Wir müssen jetzt für die Zukunft planen. Das ist die<br />
Lektion, die wir gelernt haben. Die zweite Lehre ist, dass wir noch<br />
intensiver als bisher im Bereich drittfinanzierter Projektforschung aktiv<br />
werden müssen. In Zukunft wird man immer häufiger sagen: „Wenn ihr<br />
Geld braucht, dann geht bitte zu den Drittmittelgebern und erwartet nicht,<br />
dass die Universität oder das Land euch finanzieren.“ Das ist für uns eine<br />
harte Lektion, denn wir arbeiten wie kaum eine andere Fakultät nicht in<br />
Gruppen oder Projekten, sondern forschen in erster Linie als einzelne. Im<br />
Grunde ist das aus der Sicht der Exzellenzinitiative ein überholtes Modell,<br />
wie immer man das aus der Warte unserer Disziplin bewerten mag. Die<br />
Geisteswissenschaften haben generell dieses Problem, aber wir Juristen<br />
in besonderer Weise. Wir müssen unseren Arbeitsstil ändern bzw.<br />
erweitern.<br />
<strong>Freilaw</strong>: Inwiefern, meinen Sie, hat der Status der Universität <strong>Freiburg</strong> als<br />
„Eliteuniversität“ positive Auswirkungen für Juristen auf dem Arbeitsmarkt?<br />
Verbessern sich dadurch Bewerbungschancen?<br />
<strong>Merkt</strong>: Das ist eine gute Frage. Generell ist in der Rechtswissenschaft,<br />
anders als in manchem anderen Fach, die zentrale Frage die der<br />
Examensnote. Bei der Bewerbung später zählen vor allem das erste und<br />
das zweite Examen. Ob das aus Kiel, aus Rostock oder aus <strong>Freiburg</strong><br />
kommt, ist gewiss nicht unbedeutend, aber sicher auch nicht<br />
letztentscheidend. Nachrangig ist in diesem Kontext jedenfalls momentan<br />
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<strong>Freilaw</strong> - <strong>Freiburg</strong> <strong>Law</strong> <strong>Students</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1/2008<br />
noch die Frage, ob Universitäten in der dritten Förderlinie als exzellente<br />
Universitäten abgeschnitten haben. Ob sich dies im Laufe der Zeit ändern<br />
wird, ist schwer zu sagen, scheint mir aber nicht sehr wahrscheinlich. Was<br />
bedeutet das für den einzelnen Absolventen, die einzelne Absolventin?<br />
Wenn wir mit den Naturwissenschaften in der Exzellenzinitiative<br />
bestanden haben, dann ist klar, dass das für die juristische Ausbildung<br />
jedenfalls noch kein Thema ist.<br />
Es ist natürlich eine spannende Frage, ob sich das ändert und ob die<br />
Leute, die im juristischen Bereich Personal einstellen, das zukünftig zur<br />
Kenntnis nehmen und sagen: „Sie kommen von einer exzellenten Uni. Das<br />
ist ein Pluspunkt.“ Zu diesem Effekt mag es in dem Moment kommen, in<br />
dem wir selber aktiv dabei sind, sei es mit einer Graduiertenschule, sei es<br />
in anderer Form. Dann wäre die Reaktion aber auch „Sie kommen von<br />
einer exzellenten Fakultät.“ Das würde sich dann vielleicht konkret<br />
niederschlagen, indem man begleitend zur Promotion an Seminaren, an<br />
Symposien und an Workshops teilnimmt und dass man mit Leuten aus der<br />
Praxis und mit hochkarätigen Wissenschaftlern aus dem Ausland Kontakt<br />
hat. Es mag sein, dass sich das mittelfristig niederschlägt. Momentan<br />
würde ich sagen, dass wenn Sie bei den Kanzleien oder in der Justiz die<br />
Leute darauf ansprechen und sagen, dass sie an einer exzellenten Uni<br />
studiert haben, diese eher schmunzeln werden.<br />
<strong>Freilaw</strong>: Sie haben sich ebenfalls im Rahmen der Exzelleninitiative für die<br />
Errichtung einer Graduiertenschule „Private Rule Making <strong>–</strong> Private <strong>Law</strong><br />
Enforcement“ (Prima <strong>Law</strong>) persönlich beworben …<br />
<strong>Merkt</strong>: (schmunzelt) Ich darf das kurz richtig stellen: Ich habe mich nicht<br />
persönlich beworben, sondern wir haben uns gemeinsam mit einem<br />
Projekt beworben…<br />
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<strong>Freilaw</strong> - <strong>Freiburg</strong> <strong>Law</strong> <strong>Students</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1/2008<br />
<strong>Freilaw</strong>: Das ist richtig, aber Sie haben ja persönliche Erfahrungen damit<br />
gemacht. Wie muss man sich den Ablauf eines solchen<br />
Bewerbungsverfahrens vorstellen? Welche besonderen Voraussetzungen<br />
bzw. Anforderungen mussten erfüllt und beachtet werden?<br />
<strong>Merkt</strong>: Wir haben das - wie gesagt - als Gruppe gemacht. Aus der<br />
Fakultät waren wir 12 Kolleginnen und Kollegen und haben uns mit 13<br />
Auswärtigen zu einer Gruppe von 25 Projektverantwortlichen<br />
zusammengetan, die dann wiederum ergänzt wurde um sechs<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Bereich der Assistenten. Das<br />
Verfahren war recht langwierig, aufwendig und komplex. Kurz geschildert:<br />
Wir wurden zunächst im Frühling 2006 für die erste Runde aufgefordert<br />
ein Projekt einzureichen, entweder eine Graduiertenschule oder ein<br />
Exzellenzcluster. Es war uns relativ schnell klar, dass ein Exzellenzcluster<br />
für Rechtswissenschaften zu groß dimensioniert war. Das wären 80<br />
Wissenschaftler gewesen und 300 bis 400 Doktoranden in einer Frist von<br />
fünf Jahren. Das ist für uns kaum darstellbar. Die Substanz dafür haben<br />
wir nicht. Solch große Forschungsverbände bekommt man nur mit<br />
Naturwissenschaften zusammen, wenn drei, vier Fakultäten<br />
zusammenarbeiten. Uns war klar, dass es eine Graduiertenschule sein<br />
musste. Dazu habe wir uns in der ersten Runde als Juristen mit mehreren<br />
Kolleginnen und Kollegen anderen Fakultäten zusammen getan. Es war<br />
ein Projekt, das bereits in der Vorrunde scheiterte. Das will ich jetzt aber<br />
auch gar nicht weiter vertiefen. Aus dieser Erfahrung heraus, haben wir<br />
jedoch gesagt: „Wir machen jetzt etwas, bei dem wir als<br />
Rechtswissenschaftler selbst stärker entscheiden, worum es gehen soll<br />
und mit wem wir zusammenarbeiten.“ Das war dann das PRIMA LAW<br />
Projekt. Wir haben im Herbst eine thematische und organisatorische<br />
Skizze eingereicht. Erfreulicherweise haben wir die Vorrunde erfolgreich<br />
überstanden und wurden aufgefordert, einen Vollantrag einzureichen. Der<br />
Vollantrag war relativ aufwendig und bestand aus jeweils 100 Seiten<br />
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<strong>Freilaw</strong> - <strong>Freiburg</strong> <strong>Law</strong> <strong>Students</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1/2008<br />
Projekt zu entwerfen und umzusetzen, das besser ist und das höhere<br />
Erfolgschancen hat. Wir sind bereits am überlegen. Ich bin mit Herrn<br />
Masing 11 bereits im Gespräch, der sich sehr interessiert daran gezeigt hat,<br />
an einem neuen Projekt mitzuwirken. Es wird mit Sicherheit nicht noch<br />
einmal das PRIMA LAW-Projekt sein. Wir suchen nach einer<br />
grundlegenden Fragestellung, die in möglichst vielen Teilbereichen der<br />
Rechtswissenschaft von Bedeutung ist. Eine solche Themenstellung muss<br />
gut überlegt sein. Denn mit dieser Thematik will man sich ja über längere<br />
Zeit auseinandersetzen. Wichtig dürfte sein, dass das Projekt<br />
interdisziplinäre Perspektiven eröffnet. Denn heute wird erwartet, dass<br />
man über den Tellerrand der eigenen Wissenschaft hinaussieht und in<br />
neue Kooperationen eintritt.<br />
<strong>Freilaw</strong>: Da Sie gerade von einem neuem Projekt sprechen, inwieweit<br />
haben Sie vor, dieses neue Konzept im Rahmen der Exzellenzinitiative<br />
erneut einzureichen?<br />
<strong>Merkt</strong>: Nun, im Moment gibt es keine neue Exzellenzinitiative. Soweit wir<br />
momentan ein neues Projekt, etwa ein Graduiertenkolleg in Angriff<br />
nehmen würden, müssten wir die Finanzierung über andere Wege<br />
sicherstellen. Wir könnten uns um eine Förderung aus DFG-Mitteln<br />
bemühen. Wenn dann die Exzellenzinitiative fortgesetzt würde, hätten wir<br />
möglicherweise bereits ein laufendes Projekt, das die Basis für einen<br />
neuen Antrag darstellen könnte. Die Exzellenzinitiative hat bislang vor<br />
allem die Doktorandenausbildung zum Gegenstand gehabt. Es ging nicht<br />
um Spitzenforschung durch arrivierte Wissenschaftler, sondern es ging um<br />
Spitzenforschung durch Doktoranden. Dies ist natürlich ein begrenzter<br />
Fokus. Wir können ein neues Projekt jetzt uneingeschränkt beginnen und<br />
schauen, ob eine Fortsetzung der Exzellenzinitiative wiederum bei der<br />
11 <strong>Prof</strong>. Dr. Johannes Masing ist Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht an der<br />
Albert-Ludwigs-Universität <strong>Freiburg</strong>.<br />
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<strong>Freilaw</strong> - <strong>Freiburg</strong> <strong>Law</strong> <strong>Students</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1/2008<br />
Doktorandenausbildung ansetzt oder ob man dann sagt, wir wollen in der<br />
nächsten Runde nicht nur die Doktorandenausbildung verbessern,<br />
sondern wir wollen auch die Forschung im Allgemeinen verbessern.<br />
<strong>Freilaw</strong>: Aber die Doktorandenausbildung in der bisherigen<br />
Exzellenzinitiative ist doch nicht so stark finanziell gefördert worden, wie<br />
z. B. die Exzellenzcluster oder die Zukunftskonzepte?<br />
<strong>Merkt</strong>: Das kann man so nicht sagen. Graduiertenschulen bieten nach<br />
ihrer Konzeption einer kleineren Zahl von Doktoranden<br />
Forschungsmöglichkeit. Bei den Exzellenzclustern sind mehrere hundert<br />
Doktoranden beteiligt, wohingegen diese Zahl bei den Graduiertenschulen<br />
in der ersten und zweiten Runde der Exzellenzinitiative deutlich darunter<br />
liegt. Wir hatten das, wie andere auch, so konzipiert, dass nur ein Teil der<br />
Doktorandenförderung aus den Exzellenzmitteln und ein anderer Teil aus<br />
Dritt- bzw. genau genommen aus Viertmitteln gekommen wären.<br />
<strong>Freilaw</strong>: Das heißt, die Idee bzw. das Projekt, das Sie eingereicht haben,<br />
wird jetzt nicht weiter verfolgt?<br />
<strong>Merkt</strong>: Richtig, zumal die Fragestellung natürlich durch den ganzen<br />
Exzellenzprozess an Innovativität verloren hat. Übrigens schon in der Zeit,<br />
in der es als Antrag der DFG vorlag, wurde dieses Thema an vielen<br />
Stellen aufgegriffen. Das hängt gewiss nicht mit unserem Antrag<br />
zusammen. Es ist ein aktuelles Thema und an vielen Plätzen wird<br />
inzwischen dazu gearbeitet: in Münster und Augsburg forschen<br />
inzwischen Kolleginnen und Kollegen projektbezogen an entsprechenden<br />
Fragestellungen. An der Humboldt-Universität in Berlin werden<br />
Teilbereiche der Thematik bearbeitet. Auch an verschiedenen<br />
Universitäten in den USA und an der Universität Tokio werden<br />
entsprechende Projekte, natürlich in einem anderen Rahmen, mit anderer<br />
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<strong>Freilaw</strong> - <strong>Freiburg</strong> <strong>Law</strong> <strong>Students</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1/2008<br />
Zusammensetzung, aber mit einer ähnlichen Themenstellung verfolgt. Die<br />
Attraktivität, die das Thema anfangs hatte, hat etwas nachgelassen. Auch<br />
deshalb wollen wir nicht einfach an diesem Konzept festhalten. Ich denke,<br />
wir sollten jetzt etwas Neues machen, was aber durchaus mit PRIMA LAW<br />
verwandt sein kann.<br />
<strong>Freilaw</strong>: Wenn Sie jetzt sagen, Sie wollen etwas Neues machen, bleibt<br />
die Kooperation von Wissenschaftlern und Mentoren in <strong>Freiburg</strong>, in den<br />
USA und in Fernost bestehen?<br />
<strong>Merkt</strong>: Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Die Kooperation mit<br />
Kollegen von der Harvard Universität über Herrn Stürner, unsere<br />
Kooperation mit Kyoto über Herrn Leipold 12 , unsere Kooperation mit Seoul<br />
über Herrn Würtenberger 13 und unsere Kooperation mit Peking über Herrn<br />
Blaurock 14 , sind alles Kontakte, die selbstverständlich weiterlaufen. Diese<br />
Kooperationen waren für uns bei PRIMA LAW eine wichtige Basis und sie<br />
werden für uns auch in Zukunft immer eine wichtige Basis sein. Sie<br />
werden heute in dem Bereich nichts mehr erreichen, wenn sie ein Projekt<br />
rein national oder gar regional konzipieren. Wir müssen mit anderen<br />
Einrichtungen in Deutschland, Europa und auf anderen Kontinenten<br />
zusammen arbeiten, wenn wir das Maß an Exzellenz erreichen wollen,<br />
das von uns verlangt wird. Und auch die interdisziplinäre Kooperation in<br />
<strong>Freiburg</strong> und in der Region werden wir natürlich ausbauen.<br />
<strong>Freilaw</strong>: Also gab es keine neuen Verbindungen, die man in diesem<br />
Zusammenhang geknüpft hat?<br />
12<br />
<strong>Prof</strong>. Dr. Dr. h. c. Dieter Leipold ist emeritierter ordentlicher <strong>Prof</strong>essor der Albert-<br />
Ludwigs-Universität <strong>Freiburg</strong>.<br />
13<br />
<strong>Prof</strong>. Dr. Thomas Würtenberger ist Inhaber des Lehrstuhls Öffentliches Recht<br />
(Staatsrecht) an der Albert-Ludwigs-Universität <strong>Freiburg</strong>.<br />
14<br />
<strong>Prof</strong>. Dr. Uwe Blaurock ist Direktor des Instituts für Handels- und Wirtschaftsrecht der<br />
Albert-Ludwigs-Universität <strong>Freiburg</strong>.<br />
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<strong>Freilaw</strong> - <strong>Freiburg</strong> <strong>Law</strong> <strong>Students</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1/2008<br />
<strong>Merkt</strong>: Nein. Das sollte ja auch gerade nicht geschehen. Die<br />
Exzellenzinitiative war im Ansatz an solche Projekte gerichtet, die bereits<br />
laufen und die auch schon gewisse Erträge gebracht haben. Das war ja in<br />
gewisser Weise unser Problem, dass wir eben nicht bereits seit mehreren<br />
Jahren an diesem Projekt arbeiten, jedenfalls nicht in diesem Umfang und<br />
in dieser personellen Zusammensetzung. Insofern war im Rahmen der<br />
Antragstellung der Verweis auf belegbare Forschungskontakte, die bereits<br />
seit einer gewissen Zeit bestehen, sehr wichtig.<br />
<strong>Freilaw</strong>: Hat man sich um neue Beziehungen bemüht im Rahmen des<br />
PRIMA LAW-Projekts?<br />
<strong>Merkt</strong>: Genau das war der heikle Punkt. Wenn wir etwas ganz Neues mit<br />
neuen Kontakten angefangen hätten, dann hätte man uns womöglich<br />
entgegengehalten: „Ach so, ihr habt also noch gar nichts!“ Was man im<br />
Prinzip wollte, waren <strong>–</strong> wenn ich das so sagen darf - „Eindrittel-Projekte“,<br />
also Projekte, bei denen ein Drittel des Weges bereits gegangen wurde<br />
und bei denen aus DFG-Sicht auf der Basis des ersten Drittels beurteilt<br />
werden kann, ob die weiteren Zweidrittel förderungswürdig sind. Die Frage<br />
lautete: Kann man sagen, dass es da schon feste Kontakte, feste<br />
Arbeitsbeziehungen, festen Austausch gibt? Wenn wir auch noch nicht ein<br />
ganzes Drittel hinter uns hatten mit PRIMA LAW, so sollte der Hinweis auf<br />
bestehende Forschungskooperationen doch belegen, dass wir vielleicht<br />
schon zehn oder fünfzehn Prozent zurückgelegt hatten. Neu war gewiss<br />
die Kooperation mit den Umweltwissenschaften. Da konnten wir<br />
überraschenderweise interessante Übereinstimmungen in Fragestellungen<br />
und Überschneidungen von Forschungsgebieten feststellen. So wird die<br />
Nachhaltigkeit bei der Forstbewirtschaftung, das wusste ich vorher auch<br />
nicht, in weiten Teilen über private Regulierungen sichergestellt, und dies<br />
offenbar mit Erfolg. Forstwirtschaftliche Betriebe verpflichten sich im<br />
Rahmen privater Vereinbarungen zu nachhaltiger Bewirtschaftung. Das<br />
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<strong>Freilaw</strong> - <strong>Freiburg</strong> <strong>Law</strong> <strong>Students</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1/2008<br />
ist, wenn Sie so wollen, ein Feldversuch, der sich für<br />
rechtswissenschaftliche Auswertung anbietet. Der Kontakt zur<br />
Umweltwissenschaft kam übrigens über Prorektor Volz 15 und den Kollegen<br />
Meidinger 16 von der State University in Buffalo, N.Y. zustande.<br />
<strong>Freilaw</strong>: Gab es jetzt überhaupt noch andere vergleichbare juristische<br />
Projekte, die sich im Rahmen der Exzellenzinitiative beworben haben?<br />
<strong>Merkt</strong>: Das ist eine erstaunliche Sache. Fast gar nicht. Das war für uns<br />
die große Überraschung. Wir waren das einzige mit Schwerpunkt in der<br />
Rechtswissenschaft angesiedelte Projekt, das die Vorrunde überstanden<br />
hat. Es gab in Berlin, in Frankfurt und in München Projekte, an denen<br />
waren Juristen beteiligt, aber die Federführung lag bei anderen Disziplinen<br />
und alle diese Projekte haben die Vorrunde nicht überstanden. Wir waren<br />
das einzige Projekt, dessen Gegenstand primär eine<br />
rechtswissenschaftliche Thematik bildete und das die Vorrunde geschafft<br />
hat. Dass aber am Ende kein einziges juristisches Projekt erfolgreich war<br />
in beiden Staffeln der Exzellenzinitiative, muss uns als<br />
Rechtswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern sehr zu denken geben.<br />
Dass wir es im Prinzip sehr wohl können, haben wir hier in <strong>Freiburg</strong> in der<br />
Vergangenheit mit sehr erfolgreichen Graduiertenkollegs bereits<br />
bewiesen. Es kann und darf eigentlich nicht sein, dass eine ganz<br />
Wissenschaft bei der Exzellenz außen vor bleibt.<br />
<strong>Freilaw</strong>: Woran lag das Ihrer Meinung nach?<br />
15<br />
<strong>Prof</strong>. Dr. Karl-Reinhard Volz ist Prorektor für Angelegenheiten der Studierenden und<br />
des Studiums an der Albert-Ludwigs-Universität <strong>Freiburg</strong>.<br />
16<br />
<strong>Prof</strong>. Dr. Errol E. Meidinger ist <strong>Prof</strong>essor an der State University of New York in<br />
Buffalo und Honorarprofessor für Forst- und Umweltwissenschaft an der Alber-<br />
Ludwigsuniversität <strong>Freiburg</strong>.<br />
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<strong>Freilaw</strong> - <strong>Freiburg</strong> <strong>Law</strong> <strong>Students</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1/2008<br />
<strong>Merkt</strong>: Ob die Gründe für dieses schlechte Abschneiden unserer Disziplin<br />
tatsächlich ganz allein hausgemacht sind, mag dahinstehen. Denkbar<br />
könnte auch sein, dass die Außenwahrnehmung der Rechtswissenschaft<br />
als echte Wissenschaft mit Innovationskraft unzureichend ist.<br />
Rechtwissenschaft wird gegenwärtig nicht primär als Wissenschaft<br />
wahrgenommen. Uns Juristen sieht man nicht als Wissenschaftler. Einen<br />
Nobelpreis für Rechtswissenschaft gibt es nicht. Und schauen Sie sich die<br />
FAZ an: „Forschung und Wissenschaft“ ist dort völlig frei von<br />
Rechtswissenschaft. Wo findet Rechtswissenschaft statt? Im politischen<br />
und gesellschaftlichen Teil, im Teil Wirtschaft und Finanzmärkte, da<br />
kommt Jura vor. Das liegt vielleicht auch ein bisschen an unserer Materie<br />
selbst. Wir haben vom Grundansatz unserer Arbeit eine gewisse<br />
Beharrungstendenz. Daher sagt man uns ja auch nach, dass wir so<br />
konservativ seien. Wenn heute jemand käme und sagen würde, er habe<br />
etwas völlig neues in der Rechtswissenschaft entdeckt, würde jeder von<br />
uns sagen: „Um Gotteswillen, was soll das sein? Was bitte ist vollkommen<br />
neu, was hat die Gesellschaft noch nie gesehen, noch nie erlebt und wird<br />
dennoch ganz dringend gebraucht?“ Recht, Normen und rechtliche<br />
Institute erwachsen aus der Gesellschaft heraus, und wenn sie<br />
wahrgenommen werden als solche, dann sind sie im Grunde schon<br />
adaptiert bzw. man hat sich daran gewöhnt. Das heißt, dass es für uns<br />
unglaublich schwer ist, wissenschaftliche Innovation zu präsentieren. Im<br />
Gegenteil, wir sollen keine Innovationen präsentieren. Wir sollen das<br />
System behutsam fortentwickeln. Da, wo es gut ist, sollen wir dafür<br />
sorgen, dass es so bleibt, und da, wo es schlecht ist, sollen wir es<br />
vorsichtig reformieren, aber so, dass sich die Reform mit dem sonstigen<br />
Recht verträgt.<br />
(Augenzwinkernd) Aber vielleicht lässt sich da etwas machen,<br />
möglicherweise indem wir die neue Disziplin des Nano-Rechts erfinden.<br />
- 13 -
<strong>Freilaw</strong> - <strong>Freiburg</strong> <strong>Law</strong> <strong>Students</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1/2008<br />
Das Wort „Nano“ tauchte ja bekanntlich sehr häufig im Titel erfolgreicher<br />
Exzellenz-Anträge auf.<br />
<strong>Freilaw</strong>: Jetzt nimmt aber gerade das Projekt PRIMA LAW, Probleme<br />
auf, die im Zuge der Globalisierung immer mehr an Bedeutung gewinnen.<br />
Wäre es da nicht gerade wichtig gewesen, dass man so etwas speziell<br />
fördert?<br />
<strong>Merkt</strong>: Probleme ja, aber die Lösungen dürfen nicht zu Brüchen führen.<br />
Neue Probleme tauchen ständig auf, aber wir tun als Juristen gut daran,<br />
bei der Lösung neuer Probleme sorgfältig zu prüfen, ob sich diese<br />
Probleme mit dem bekannten Regelungsinstrumentarium angemessen<br />
lösen lassen. Nehmen wir mal den ganzen Bereich des Internetrechts:<br />
Noch vor zehn oder fünfzehn Jahren fürchtete man, dass das Ende des<br />
Vertragsrechts gekommen sei. Manche hielten die gesamte Dogmatik des<br />
Vertragsrechts für überfordert und überholt. Heute wissen wir, dass das<br />
gute alte BGB mit den im Internet geschlossenen Verträgen wunderbar<br />
klarkommt.<br />
<strong>Freilaw</strong>: Hat sich Ihre Einstellung, insbesondere durch Ihr persönliches<br />
Engagement, zu der Exzellenzinitiative verändert?<br />
<strong>Merkt</strong>: Ich denke, dass man da zwei Dinge strikt trennen sollte. Persönlich<br />
sind wir, die wir bei PRIMA LAW mitgewirkt haben, enttäuscht darüber,<br />
dass wir es nicht geschafft haben. Das ist, glaube ich, ganz normal.<br />
Andererseits haben wir klar erkannt, dass die Entwicklung und<br />
Durchführung solcher Projekte der einzige Weg ist, um uns in dem immer<br />
schärferen Wettbewerb der Forschungsdiszipline zu behaupten und zu<br />
verbessern. Wir müssen weiter an solchen Projekten arbeiten, wir müssen<br />
noch überzeugendere Anträge verfassen, damit wir beim nächsten Mal<br />
erfolgreich sind. Das muss uns gelingen, und es kann nicht sein, dass wir<br />
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<strong>Freilaw</strong> - <strong>Freiburg</strong> <strong>Law</strong> <strong>Students</strong> <strong>Journal</strong> Ausgabe 1/2008<br />
jetzt sagen: „Schön, wir sind jetzt eine exzellente Uni und da sind wir<br />
Juristen auch irgendwie dabei und das reicht jetzt.“ Das ist völlig<br />
unzureichend. Das heißt zugleich, dass sich die Arbeit in unserer<br />
Wissenschaft wandelt. Es geht immer mehr um Planung und Organisation,<br />
immer mehr um Netzwerkbildung und Kooperation, und immer weniger um<br />
eigenes stilles Forschen. Wir müssen nur sehr darauf achten, dass die<br />
Forschung am Ende nicht zu kurz kommt. Ob man die Verlagerung gut<br />
oder schlecht findet, ist eigentlich nicht die Frage. Wer stehen bleibt, ist<br />
schon zurückgefallen.<br />
<strong>Freilaw</strong>: Herr <strong>Prof</strong>. Dr. <strong>Merkt</strong>, vielen Dank für das Gespräch!<br />
- 15 -