Schwarzbuch Wald - Deutscher Forstverein
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proWALD : SEPTEMBER | 2009<br />
SEITEN DES FORSTVEREINS<br />
Forderungen des Naturschutzes) ein <strong>Wald</strong>umbau<br />
durchgeführt werden soll. Zudem<br />
stellt sich die Frage, ob das Fällen von zwei<br />
nebeneinander stehenden großkronigen<br />
Bäumen schon einen Kahlschlag darstellt<br />
und inwieweit man die Forstwirtschaft für<br />
eine durch ein Sturmereignis geschädigte<br />
Fläche verantwortlich machen kann, die geräumt<br />
werden muss. Kahlschlag?<br />
»Sechs dieser Kahlschläge wurden mit<br />
Verkehrssicherungspflichten begründet.«<br />
Man darf hier Ursache und Wirkung<br />
nicht verwechseln. Wenn Trassenführungen<br />
von Straßen (oder Wanderwegen) immer<br />
noch durch <strong>Wald</strong>gebiete verlaufen und nicht<br />
die vorgeschriebenen Abstände zum <strong>Wald</strong>rand<br />
eingehalten werden, ist der <strong>Wald</strong>besitzer<br />
(leider!) gezwungen, verkehrssichernde<br />
Maßnahmen zu ergreifen. Die ses kann beispielsweise<br />
bei stark befahrenen Straßen<br />
auch zu einer Entnahme des Randstreifens<br />
führen, denn bei Unfällen kann die Haftung<br />
schnell auf den <strong>Wald</strong>besitzer zurückfallen.<br />
Und im Übrigen: Die momentane Regelung<br />
zur Verkehrssicherungspflicht wird auch<br />
von den <strong>Wald</strong>besitzern kritisiert. Sie fühlen<br />
sich vom Gesetzgeber im Stich gelassen.<br />
»In zwei Drittel der Fallstudien wurden<br />
Verstöße gegen die FFH- beziehungsweise<br />
SPA-Richtlinie festgestellt.« In<br />
der Tat stellen die FFH- und SPA-Richtlinien<br />
ein scharfes Schwert des Naturschutzes dar.<br />
Die beiden von der Europäischen Union<br />
festgelegten Richtlinien wurden seinerzeit<br />
ohne eine maßgebliche Beteiligung der Betroffenen<br />
durch gesetzt. Insbesondere die<br />
<strong>Wald</strong>besitzer haben dadurch entgegen vielen<br />
Beteuerungen seitens des Naturschutzes<br />
mit zum Teil erheblichen Einschränkungen<br />
ihrer wirtschaftenden Tätigkeit zu kämpfen.<br />
»In mehr als der Hälfte der Fälle wurden<br />
Biotopbäume verbotenerweise gefällt.«<br />
Allein ein starker Durchmesser eines<br />
Baumes in einem bewirtschafteten <strong>Wald</strong><br />
macht aus ihm nicht zwingend einen »Biotopbaum«.<br />
Auch hier greift oftmals die Verkehrssicherungspflicht.<br />
»In drei Fällen wurde dabei auch die<br />
Brut beziehungsweise Nachzucht von<br />
besonders geschützten Arten zerstört.«<br />
Es ist schon eine böswillige Unterstellung,<br />
dass die Förster nichts Besseres zu tun hätten,<br />
als Bäume um zusägen, in denen z. B.<br />
Spechte ihre Brut aufziehen. Trotz sorgfäl-<br />
tiger Überprüfung kann es jedoch immer<br />
wieder passieren, dass solche Bäume gefällt<br />
werden. Mit ähnlicher Begründung könnte<br />
auch das Fahrradfahren in FFH-Gebieten<br />
verboten werden, da so ein Goldlaufkäfer<br />
überrollt werden könnte.<br />
»Eine größere Bedeutung hatten außerdem<br />
überstarke Eingriffe in die Altbaumausstattung<br />
…« Natürlich werden<br />
bei einer nachhaltigen <strong>Wald</strong>bewirtschaftung<br />
auch Altbäume mit starken Durchmessern<br />
eingeschlagen. Dieses ist ja der waldbauliche<br />
Zweck: Produktion von qualitativ hochwertigem<br />
Starkholz.<br />
»… sowie Bodenschäden durch Holz-<br />
Ernte ma schi nen.« Die Holz-Erntemaschinen<br />
fahren auf genau festgelegten und<br />
dauerhaft angelegten sogenannten Rückegassen.<br />
Dabei ist durch die moderne Bereifung<br />
und vorschriftsmäßige Nutzung der<br />
Fahrzeuge eine optimale Verteilung des Bodendrucks<br />
gewährleistet. Ein Pferd verdichtet<br />
u. U. den <strong>Wald</strong>boden punktuell stärker<br />
als ein großer Harvester. Wenn man durch<br />
einen frisch durchforsteten Be stand geht,<br />
sieht es unter Umständen tatsächlich verheerend<br />
aus. Man kann die Menschen nur<br />
dazu ermuntern, nach ei nem Jahr an dieselbe<br />
Stelle zurückzukehren, dann sind kaum<br />
noch Spuren zu sehen.<br />
»Eines der bemerkenswertesten Ergebnisse<br />
ist, dass die in der Fallstudie kritisierten<br />
Eingriffe von verantwortlicher<br />
Seite vielfach nicht als kritikwürdig beziehungsweise<br />
nicht als Verstoß gegen<br />
Vorschriften betrachtet werden. Weiterhin<br />
ist auffällig, wie oft die Verkehrssicherungspflicht<br />
als Deckmantel für<br />
massive Eingriffe missbraucht wird.«<br />
Dass die Eingriffe von den verantwortlichen<br />
Behörden nicht als kritikwürdig oder nicht<br />
als Verstoß gegen Vorschriften betrachtet<br />
wurden, sollte nun eigentlich den BUND<br />
nachdenklich stimmen. Bei den Maßnahmen<br />
wurden die relevanten Behörden oder<br />
Interessenverbände an dem Entscheidungsprozess<br />
beteiligt. Dabei geht es streng nach<br />
Gesetz und Recht, wie anders auch. Das Ergebnis<br />
ist, wie oft in einer Demokratie bei Ermessensentscheidungen,<br />
ein Kompromiss,<br />
mit dem alle Beteiligten mehr oder weniger<br />
leben können. Nur weil eine Seite sich nicht<br />
in allen Punkten durchsetzen kann, heißt<br />
dies noch nicht, dass hier im großen Stil die<br />
Rechtsordnung untergraben wird.