Festschrift – 60 Jahre politischer Liberalismus in - FDP Hamburg

Wirtschaftsministers Otto Graf Lambsdorff zeigen. Diese wirtschaftspolitische Positionierung
der Bundespartei führt dann auch zum Bruch der Koalition 1982 und zur sogen. Wende.
Folglich agiert die Hamburger Bürgerschaftsfraktion, die als neues Team seit 1974 ihr
Reform-Programm in einer Koalition mit der SPD überzeugend umzusetzen versucht, auf
einer fiktiven sozialliberalen Stimmungsbasis von 1969/1972, die jedoch nach 1974 immer
weniger dem Lebensgefühl und den Alltagsproblemen vieler Bürger und Wähler entspricht.
Diese gesellschaftspolitische ‘Verspätung‘ trägt 1978 vermutlich maßgeblich zur
Wahlniederlage - ja, zum Absturz auf 4,8 Prozent bei. Denn die wachsende Diskrepanz zum
Erscheinungsbild der Bundespartei wird gerade die neuen Wähler der reformierten Freien
Demokraten gestört haben und der bereits erwähnte seismographische Effekt bei
landespolitischen Wahlen in Hamburg kam verstärkend hinzu.
Aber bei der bundespolitischen Debatte über die Neue Ostpolitik können die Hamburger
Liberalen überzeugend argumentieren, weil sie selbst bereits seit 1953/1957 ein eigenes
Konzept ihres damaligen Hafensenators Ernst Plate - die “Politik der Elbe“ - verfolgen und
damit inzwischen reichlich Erfahrungen sammeln konnten. Diese frühe wirtschaftspolitische
Orientierung nach Osten, die entsprechender außenpolitischer Rahmenbedingungen bedarf,
hat wenig mit deutsch-nationalem Einheitsdrang zu tun sondern orientiert sich ganz
pragmatisch an geopolitischen Bedingungen für Hamburg. Folglich gelingt den Hamburger
Freien Demokraten auf dem Bundesparteitag 1968 eine überzeugende und mehrheitsfähige
Formulierung zur Ostpolitik, die eine Brücke zu schlagen versucht.
Dem entsprechend bleiben diesem Landesverband manche Turbulenzen angesichts der dann
auch schrittweise umgesetzten Neuen Ost- bzw. angefeindeten „Verzichtspolitik“ durch die
Regierung Brandt/Scheel erspart, die in anderen Landesverbänden die Mitgliederstrukturen
bereits stark verändern.
Dafür trifft die Hamburger Parteifreunde die bundespolitische Wende der FDP im viel
zitierten Schicksalsjahr 1982 „mitten ins sozialliberale Herz“; löst Empörung – ja, Schmerz –
und dann Auflösungserscheinungen aus. Der wirtschaftspolitisch begründete Scheidebrief von
Graf Lambsdorff an die SPD ist eine logische Fortsetzung seiner Kieler Thesen, ein Teil der
Partei hatte diese Richtung jedoch zu ignorieren versucht – nicht nur in Hamburg. Bundesweit
kommt es zu Austrittswellen und alternativen Zusammenschlüssen in „Liberalen
Vereinigungen“.
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