Großunternehmer und NSDAP im November 1932 - eine ...
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<strong>Großunternehmer</strong> <strong>und</strong> <strong>NSDAP</strong> <strong>im</strong> <strong>November</strong> <strong>1932</strong> -<br />
<strong>eine</strong> wissenschaftspropädeutische Unterrichtsreihe<br />
Die heuristisch-konstruktive Arbeit mit Quellen ist zwar ein Charakteristikum<br />
des modernen problemorientierten Geschichtsunterrichts. Insoweit werden sogar<br />
schon in der Sek<strong>und</strong>arstufe I Gr<strong>und</strong>formen wissenschaftlichen Erkennens<br />
vermittelt. Die Schüler gewinnen aber kein klares Bild von dem zweiten Wesenselement<br />
der wissenschaftlichen Arbeitsweise, nämlich der kritischen Überprüfung<br />
der von den Forschern aufgestellten Behauptungen. Beispiele, wie Historiker<br />
ihre Thesen <strong>im</strong> einzelnen gewinnen <strong>und</strong> belegen, finden sich in den<br />
Schulbüchern kaum. Die für die Oberstufe best<strong>im</strong>mten Materialsammlungen<br />
enthalten zwar Auszüge aus der Sek<strong>und</strong>ärliteratur, z. B. zu Imperialismus- oder<br />
Faschismustheorien , <strong>und</strong> die Auswahl ist durchaus kontrovers angelegt. Die<br />
betreffenden Texte stellen aber meist resümierende Gesamtbetrachtungen der<br />
Autoren dar <strong>und</strong> befinden sich daher auf <strong>eine</strong>m so hohen Abstraktionsniveau,<br />
daß die Beweisführung, die ja letzten Endes <strong>im</strong>mer auf Quellen basiert, für den<br />
unerfahrenen Leser kaum noch nachvollziehbar, geschweige denn überprüfbar<br />
ist. Dem Verfasser dieses Aufsatzes ist k<strong>eine</strong> für die Hand des Schülers best<strong>im</strong>mte<br />
Textsammlung bekannt, in der nicht nur der eigentliche wissenschaftliche<br />
Text (die Darstellung), sondern auch die Quellenverweise (Anmerkungen)<br />
<strong>und</strong> vor allem die Belege selbst abgedruckt sind. Nur auf diese Weise könnten<br />
aber die Schüler <strong>eine</strong>n anschaulichen Eindruck vom Wesen der wissenschaftlichen<br />
Methode <strong>im</strong> allgem<strong>eine</strong>n <strong>und</strong> der spezifisch historischen Arbeitsweise gewinnen.<br />
Ein solches Unterrichtsmodell wird <strong>im</strong> Folgenden vorgestellt. Als Beispiel wurde<br />
das Verhältnis zwischen deutschen <strong>Großunternehmer</strong>n <strong>und</strong> Nationalsozialisten in<br />
der Endphase der We<strong>im</strong>arer Republik gewählt, weil dieses Thema Schüler aufgr<strong>und</strong><br />
s<strong>eine</strong>r politischen Relevanz besonders interessiert, gleichzeitig jedoch<br />
erhebliche Unkenntnis festzustellen ist. Vor allem aber ist auf diesem Gebiet<br />
ein wissenschaftlicher Disput <strong>im</strong> Gang, der an <strong>eine</strong>m wichtigen Punkt schnell<br />
nachvollziehbar ist <strong>und</strong> auch von Schülern überprüft werden kann. Dies gilt nicht<br />
für die Frage nach der Finanzierung der <strong>NSDAP</strong> durch in- <strong>und</strong> ausländische<br />
Geldgeber. Die Quellenlage ist hier so schlecht, daß gr<strong>und</strong>sätzliche Aussagen<br />
bisher kaum möglich sind. Dagegen liegt für die Stellung der deutschen <strong>Großunternehmer</strong><br />
zum Nationalsozialismus gegen Ende des Jahres <strong>1932</strong>, also kurz vor<br />
der Machtergreifung, aufschlußreiches Quellenmaterial vor, das den Mittelpunkt<br />
der Unterrichtsreihe bildet. Es handelt sich dabei um <strong>eine</strong> Petition, mit<br />
der sich Mitte <strong>November</strong> <strong>1932</strong> 23 Persönlichkeiten der deutschen Wirtschaft<br />
an den Reichspräsidenten wandten, um die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler<br />
zu erreichen. Bezüglich der Interpretation der Eingabe, insbesondere ihrer<br />
Entstehung, der Wirkung <strong>und</strong> überhaupt der sich darin äußernden Einstellung<br />
der deutschen Wirtschaft zum Nationalsozialismus, besteht <strong>eine</strong> heftige Kontroverse<br />
zwischen dem amerikanischen Historiker Henry A. Turner <strong>und</strong> s<strong>eine</strong>m<br />
© Rainer Decker – Studienseminar Sek II Paderborn 2