Seekrankheit, ein Übel mit Folgen - Seglerfreunde.de
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Cockpit <strong>ein</strong>en Platz, an <strong>de</strong>m Sie sich möglichst geschützt und entspannt aufhalten können. Orientieren Sie<br />
sich an Küstenlinien o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Horizont.<br />
O<strong>de</strong>r übernehmen Sie, wenn Ihr<br />
Können und die Bedingungen es<br />
zulassen, das Ru<strong>de</strong>r. Die<br />
konzentrierte Aus<strong>ein</strong>an<strong>de</strong>rsetzung <strong>mit</strong><br />
Kurshalten und Wellenaussteuern und<br />
vielleicht auch das Hochgefühl,<br />
dieses Schiff <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n eigenen Hän<strong>de</strong>n<br />
durch die bewegte See zu führen,<br />
können stabilisierend wirken.<br />
Kommt es schließlich doch zum<br />
Opfergang an <strong>de</strong>r Reling, so hocken<br />
Sie sich bequem nach Lee, sichern<br />
Sie sich <strong>mit</strong> <strong>de</strong>r L<strong>ein</strong>e ihres<br />
Sicherheitsgurtes, und fügen Sie sich<br />
so entspannt wie möglich ins<br />
Unvermeidliche. Eine rücksichtsvolle<br />
Crew wird Sie nicht <strong>mit</strong> dummen<br />
Sprüchen obendr<strong>ein</strong> quälen, son<strong>de</strong>rn ausreichend Mineralwasser zum Mundausspülen sowie Papiertücher<br />
bereithalten.<br />
Vermei<strong>de</strong>n Sie unnötige Ausflüge unter Deck. Dazu gehört, nicht so viel zu trinken, daß Sie dauernd auf die<br />
Toilette müssen (Seekranke gehören für diesen Gang auf k<strong>ein</strong>en Fall an die Reling). Und wenn schon unter<br />
Deck, dann am besten gleich in die Koje! Die Angst vor <strong>de</strong>m ständigen Brechreiz hält viele von diesem<br />
Schritt ab. Nach<strong>de</strong>m Sie aber die Hauptlast aus <strong>de</strong>m ,lagen bereits über die Reling o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Eimer<br />
losgewor<strong>de</strong>n sind, paßt das Wenige was dann in <strong>de</strong>r Regel noch folgt, in <strong>ein</strong>e <strong>mit</strong> Papiertüchern ausgelegte<br />
Plastiktüte, Da schwappt nichts mehr, und sie kann immer und überall bereitliegen.<br />
Niemand sollte die Wirkung von Haus<strong>mit</strong>teln unterschätzen~ Zugegeben, das Bund Petersilie unterm Hemd<br />
auf <strong>de</strong>r Brust getragen, die um <strong>de</strong>n Bauch gebun<strong>de</strong>ne Zusammengefaltete Zeitung und die Augenklappe zur<br />
Einschränkung räumlichen Sehens (Links- und Rechtshän<strong>de</strong>r <strong>de</strong>cken jeweils das gegenüberliegen<strong>de</strong> Auge<br />
ab) entbehren nicht <strong>ein</strong>er gewissen Komik. Aber wem es hilft, <strong>de</strong>r schwört drauf. So kann durchaus <strong>ein</strong>e<br />
Diät aus Cola <strong>mit</strong> Salzstangen, das Knabbern von Stu<strong>de</strong>ntenfutter, Müsliriegel o<strong>de</strong>r trockenem Brot <strong>de</strong>n<br />
Kampf gegen das <strong>Übel</strong> nahrhaft unterstützen.<br />
Wem nicht <strong>ein</strong>mal nach <strong>ein</strong>igen Tagen <strong>de</strong>r möglichen Gewöhnung Seeb<strong>ein</strong>e wachsen, <strong>de</strong>r muß nicht gleich<br />
das Segeln aufgeben. Denn es gibt viele Medikamente gegen Reise- beziehungsweise <strong>Seekrankheit</strong>. Bei <strong>de</strong>n<br />
meisten han<strong>de</strong>lt es sich um mehr o<strong>de</strong>r weniger starke Psychopharmaka, die dämpfend auf Austausch und<br />
Transport von Signalen im Nervensystem wirken. Manche müssen Prophylaktisch <strong>ein</strong>ige Tage vor Beginn<br />
<strong>de</strong>r Reise und kontinuierlich während ihrer Dauer <strong>ein</strong>genommen wer<strong>de</strong>n, selbst wenn noch gar nicht<br />
feststeht, ob die Wetterbedingungen es später erfor<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r nicht.<br />
Mittel <strong>mit</strong> sofortiger Wirkung bei Auftreten <strong>de</strong>r <strong>Seekrankheit</strong> gibt es nicht. Auch die schnell wirken<strong>de</strong>n<br />
haben Anlaufzeiten von <strong>ein</strong>igen Stun<strong>de</strong>n. Auf <strong>ein</strong>es <strong>de</strong>r wirksamsten und trotz verschie<strong>de</strong>ner<br />
Nebenwirkungen beliebtesten Mittel müssen die Segler seit fast zwei Jahren verzichten: Scopo<strong>de</strong>rm TTS. Es<br />
war <strong>ein</strong>fach in s<strong>ein</strong>er Anwendung, die Wirkung trat relativ schnell <strong>ein</strong> und hielt etwa drei Tage an. S<strong>ein</strong><br />
Wirkstoff Scopolamin war in <strong>ein</strong>em Pflaster gespeichert, das hinter das Ohr geklebt wur<strong>de</strong>. Im Sommer<br />
1995 wur<strong>de</strong> die Produktion aus technischen Grün<strong>de</strong>n <strong>ein</strong>gestellt. Es soll aber laut Hersteller Novartis im<br />
Laufe dieses Jahres wie<strong>de</strong>r lieferbar s<strong>ein</strong>. Die für Segler unangenehmste<br />
Nebenwirkung von Scopo<strong>de</strong>rm - die Sehstörungen - läßt sich Übrigens weitgehend vermei<strong>de</strong>n, wenn man<br />
sich sofort die Hän<strong>de</strong> wäscht und nicht <strong>mit</strong> <strong>de</strong>n "Pflaster-Fingern" in <strong>de</strong>n Augen reibt, Dabei kann nämlich<br />
<strong>de</strong>r Wirkstoff Atropin in die Pupillen gelangen und sie zwangsweise erweitern. Dann kann man für <strong>ein</strong>ige<br />
Stun<strong>de</strong>n nicht mehr scharf sehen.