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Der Stelzbock - Das Blatt für den Block», 18. Ausgabe (PDF - 4,8 MB)

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<strong>18.</strong> <strong>Ausgabe</strong> Magazin der United Supporters Luzern 12. Mai 2012<br />

Cupfinal-Special<br />

20 Jahre sind genug!<br />

«D Ziit esch riif före Chöbu!»<br />

«D Ziit esch riif» – das ist nicht nur der Titel<br />

eines Songs aus dem Album der Open Minded<br />

Riot Crew, sondern auch das Motto <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />

Cupfinal 2012. Genau zwanzig Jahre nach<br />

dem letzten Triumph hat der FC Luzern die<br />

Chance <strong>den</strong> «Chöbu» wieder in die Leuchtenstadt<br />

zu holen. Es waren zwanzig Jahre, die<br />

von Ab- und Aufstiegen, einer drohen<strong>den</strong><br />

Pleite, drei verlorenen Cupfinals, einigen<br />

Die Cupsiege<br />

des<br />

Präsi<strong>den</strong>tenwechseln, einem Übergangs- und<br />

einem neuen Stadion geprägt waren.<br />

Es waren Zeiten, in <strong>den</strong>en es hart war, FCL-<br />

Fan zu sein. Doch wie es im Songtext heisst,<br />

«Lozärn esch ändlech weder do – starch<br />

gnueg, zom Tröim wohr wärde lo.» Lasst uns<br />

also alle zusammen diesen Traum wahr wer<strong>den</strong><br />

lassen und <strong>den</strong> Cup nach Luzern holen:<br />

«D Ziit esch riif!»<br />

ab S. 9<br />

Fussballclubs Luzern


2 Impressum<br />

Impressum<br />

Herausgeber<br />

United Supporters Luzern<br />

Online: www.us-luzern.ch<br />

Bildnachweis<br />

Mit freundlicher Genehmigung<br />

abgedruckt von:<br />

footballislife.ch.vu<br />

lucernedynamite.ch<br />

fcl.fan-fotos.ch<br />

Druck<br />

Auchli Druck<br />

Romantica<br />

6106 Werthenstein<br />

Tel: 041 490 20 83<br />

auchli-druck@bluemail.ch<br />

Auflage: 3‘000 Ex.<br />

Kontakt<br />

Wir freuen uns über jedes<br />

Feedback! Mit einem E-Mail an<br />

unsere Adresse<br />

stelzbock@us-luzern.ch oder in<br />

unserem Fanlokal «Zone 5» am<br />

Bundesplatz kannst du mit uns<br />

Kontakt aufnehmen.<br />

Spen<strong>den</strong><br />

<strong>Das</strong> Magazin wird in ehrenamtlicher<br />

Arbeit produziert und<br />

kostenlos verteilt. Beiträge zur<br />

Deckung unserer Aufwendungen<br />

sind jederzeit herzlich<br />

willkommen.<br />

Spen<strong>den</strong> nehmen wir gerne<br />

per Überweisung mit Stichwort<br />

«<strong>Stelzbock</strong>» an<br />

United Supporters 6000<br />

Luzern, Raiffeisenbank Region<br />

Stans, Kontonummer<br />

94453.59, Clearing 81223,<br />

Postkonto 60-7178-4,<br />

IBAN CH61 8122 3000 0094<br />

4535 9 entgegen.<br />

Eindrücke zum Saisonende<br />

Luzerns Choreo-Statement zu <strong>den</strong> Skandalfiguren des Schweizer<br />

Fussballs.<br />

Nach Stephan Lehmanns Sieg am Billardtisch folgte im Cup-<br />

Viertelfinal der Triumph auf dem Rasen über Sforzas GC.<br />

Die Mannschaft erhörte <strong>den</strong> Ruf nach neuen Hel<strong>den</strong> beim Cup-<br />

Halbfinal in Sion.


Inhaltsverzeichnis<br />

Weg in <strong>den</strong> Cupfinal<br />

Vor dem grossen Showdown<br />

in Bern blicken wir auf <strong>den</strong><br />

Seiten 6–8 auf die Spiele beider<br />

Finalisten zurück und analysieren<br />

ihren Weg ins Finale.<br />

Cupsiege 1960/1992<br />

Bereits zwei Mal wanderte die<br />

Sandoz-Trophäe in die Leuchtenstadt.<br />

Für alle, die damals<br />

noch nicht dabei sein konnten,<br />

berichten wir auf <strong>den</strong> Seiten<br />

9–14 aus der guten alten Zeit.<br />

Cupfinal 1997<br />

Einem der <strong>den</strong>kwürdigsten<br />

Cupfinals aller Zeiten und<br />

dramatischsten Cupspiel mit<br />

Luzerner Beteiligung überhaupt,<br />

widmen wir einen Bericht<br />

auf <strong>den</strong> Seiten 18–21.<br />

Blau-wiissi Nacht<br />

Am 13. April präsentierte die<br />

Open Minded Riot Crew ihr<br />

Fussballalbum live on stage in<br />

der Schüür. <strong>Der</strong> <strong>Stelzbock</strong> war<br />

vor Ort und schildert auf <strong>den</strong><br />

Seiten 22 und 23 was rund<br />

ums Konzert alles abging.<br />

Cupfinal Infos: Bärn esch blau-wiiss, Seite 4–5<br />

Aus dem Archiv: Zeitungsbericht zur Stimmung am Cupfinal 1960,<br />

Seite 15–17<br />

Zone 5: Infos zur Saisonabschlussparty, Seite 21<br />

USL-Fancup: Melde dich jetzt an, Seite 23<br />

Allmend United: Die neue Online-Plattform, Seite 24<br />

Editorial<br />

Liebe FCL-Fans,<br />

3<br />

Es ist vollbracht – nach fünf Jahren<br />

und zum insgesamt sechsten Mal<br />

steht der FC Luzern im Cupfinal. Diesem<br />

Umstand widmen wir eine <strong>Stelzbock</strong>-Sonderausgabe<br />

mit allen Infos<br />

zum wichtigsten Spiel der Saison. Wir<br />

blicken ausserdem zurück auf die zwei<br />

bisherigen Cupsiege und <strong>den</strong> legendären<br />

Final 1997. Aus Platzgrün<strong>den</strong>,<br />

und weil die letzten bei<strong>den</strong> Luzerner<br />

Finalteilnahmen noch nicht so lange<br />

zurückliegen, verzichten wir auf Berichte<br />

zu <strong>den</strong> Finals 2005 und 2007.<br />

An dieser Stelle dankte ich in der letzten<br />

<strong>Ausgabe</strong> allen FCL-Fans, die sich<br />

am Protest gegen das Fahnenverbot<br />

beteiligten und uns im Kampf <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />

Erhalt von Freiraum <strong>für</strong> Fankultur im<br />

Stadion unterstützten. Wie jeder Stadionbesucher<br />

sicher mitbekommen<br />

hat, war unser Protest erfolgreich und<br />

es dürfen nun wieder Fahnenmeere<br />

und Choreos in der Fankurve bewundert<br />

wer<strong>den</strong>. Dieser Erfolg zeigt, wie<br />

wichtig es ist, sich <strong>für</strong> seine Anliegen<br />

einzusetzen und der Repression entgegenzuwirken.<br />

Wie immer zum Saisonende müssen<br />

wir leider auch Personen aus Luzern<br />

verabschie<strong>den</strong>, die wir gerne weiter in<br />

der Leuchtenstadt gesehen hätten.<br />

Zum einen Stephan Lehmann, dem<br />

leider von Vereinsseite nicht der Abschied<br />

gewährt wurde, <strong>den</strong> er verdient<br />

gehabt hätte und zum anderen<br />

Burim Kukeli, der sich in <strong>den</strong> letzten<br />

vier Jahren <strong>für</strong> unser Team im Mittelfeld<br />

abrackerte. Danke <strong>für</strong> euren Einsatz<br />

und alles Gute <strong>für</strong> eure Zukunft.<br />

Viel Spass beim Lesen und lasst uns in<br />

Bern unsere Mannschaft gemeinsam<br />

zum Cupsieg schreien!<br />

René Schwarzentruber<br />

Präsi<strong>den</strong>t USL


4 Infos zum Cupfinal 2012<br />

Cupfinal 2012: Bärn esch blau-wiiss!<br />

<strong>Der</strong> Cupfinal soll ein unvergessliches<br />

Fussballfest wer<strong>den</strong>. Deshalb gilt:<br />

Dresscode blau! Und vor allem: Alle<br />

(ALLE!!!) bereits am Mittag auf <strong>den</strong><br />

USL-Extrazug!<br />

<strong>Der</strong> diesjährige Cupfinal soll so gefeiert wer<strong>den</strong>,<br />

wie es sich <strong>für</strong> einen Cupfinal gehört!<br />

Nicht nur im Stadion soll nach allen Regeln<br />

der Kunst ein Fussballfest zelebriert wer<strong>den</strong>,<br />

sondern bereits tagsüber in der Stadt Bern.<br />

Deshalb unser Appell an alle (ALLE!!!) FCL-<br />

Fans: Nehmt am 16. Mai am besten gleich<br />

<strong>den</strong> ganzen Tag frei. Es gehört sich <strong>für</strong> einen<br />

echten Luzerner nicht, dass er am Tag des<br />

Cupfinals arbeitet!<br />

Alle um 13.26 auf <strong>den</strong> Extrazug!<br />

Damit in Bern genügend Zeit bleibt, eine<br />

blau-weisse Cupfinal-Party zu feiern, fährt<br />

der USL-Extrazug bereits um 13.26 ab Luzern<br />

los. Nach Zwischenhalten in Sursee<br />

(13.45) und Zofingen (13.59) trifft der Extrazug<br />

um 15.05 in Bern ein. Ankunftsort ist<br />

selbstverständlich der Berner Hauptbahnhof<br />

– etwas anderes kommt <strong>für</strong> einen Cupfinal<br />

nicht in Frage! Wichtig: Besorgt Euch die Tickets<br />

<strong>für</strong> <strong>den</strong> USL-Extrazug rechtzeitig, da<br />

die Anzahl Tickets beschränkt ist! Sollte der<br />

USL-Extrazug vorzeitig ausverkauft sein,<br />

empfehlen wir <strong>den</strong> Interregio Luzern ab<br />

14.00. Dieser Zug wird ungefähr zeitgleich in<br />

Bern HB eintreffen.<br />

Treffpunkt in Bern: Bärenplatz!<br />

Treffpunkt in Bern <strong>für</strong> alle (ALLE!!!) Luzerner<br />

ist der Bärenplatz. <strong>Der</strong> Platz in der Nähe des<br />

Bundeshauses ist nicht zufällig gewählt: Jeder<br />

soll sehen, welche Farben am Cupfinaltag<br />

in der Stadt Bern regieren! Auf dem Bärenplatz<br />

gibt es zahlreiche Beizen mit genügend<br />

Bier, ideale Voraussetzungen also, um<br />

sich gemeinsam <strong>für</strong> <strong>den</strong> Cupfinal einzustimmen<br />

und einzusingen! Die blau-weisse Cupfinalparty<br />

auf dem Bärenplatz geht um ca.<br />

15 Uhr los!<br />

Alle zusammen ins Stadion!<br />

Nach der Bärenplatz-Party laufen wir alle<br />

(ALLE!!!) zusammen zum Stadion. Die<br />

Marschroute führt vom Bärenplatz durch die<br />

Berner Altstadt via Nydeggbrücke und Bärengraben<br />

zum Stadion. Wir wer<strong>den</strong> um ca.<br />

17.30 Uhr losmarschieren, damit wir sicher<br />

rechtzeitig zur Stadionöffnung um <strong>18.</strong>30<br />

Uhr vor Ort sind.<br />

Dresscode blau!<br />

Am Cupfinaltag sollen alle (ALLE!!!) Luzerner<br />

Farbe bekennen. Man soll im Stadion auf<br />

<strong>den</strong> ersten Blick sehen, wo sich die Luzerner<br />

befin<strong>den</strong>. Deshalb: Alle (ALLE!!!) mit einem<br />

blauen T-Shirt an <strong>den</strong> Cupfinal – es reicht,<br />

wenn die Mannschaft in gruusigen gelben


Infos zum Cupfinal 2012<br />

Trikots <strong>den</strong> Platz betritt! Auf dass eine imposante<br />

blaue Wand <strong>den</strong> FCL zum Cupsieg<br />

pusht!<br />

Besorge Dir die USL-Cupfinal-<br />

Kollektion!<br />

<strong>Das</strong> perfekte Cupfinal-Outfit <strong>für</strong> alle<br />

(ALLE!!!) Luzerner ist das blaue USL-Cupfinal-Shirt<br />

und der dazu passende Cupfinal-Schal.<br />

Beides könnt Ihr heute vor und<br />

nach dem Match rund ums Stadion kaufen.<br />

Achtet Euch auf die USL-Verkäufer!<br />

Verkaufsdaten:<br />

5<br />

Eine weitere Gelegenheit Euch mit <strong>den</strong><br />

USL-Cupfinal-Artikeln einzudecken, habt<br />

Ihr am Dienstag 15. Mai am Cupfinal-Einstimmungs-Apero<br />

in der Zone 5 (ab 19.01<br />

Uhr).<br />

Rückfahrt ab Ostermundigen<br />

Nach dem Spiel fahren alle Extrazüge ab<br />

Ostermundigen zurück nach Luzern. Nach<br />

einem Abstecher in der Zone 5 geht’s dann<br />

gemeinsam zum Hotel Schweizerhof zur<br />

offiziellen Cupsieger-Party!<br />

Samstag, 12. Mai:<br />

Vor und nach dem Heimspiel FCL-Lausanne vor dem Stadion und in der Zone 5.<br />

Montag, 14. Mai:<br />

12–14 Uhr und 16–20 Uhr, Büro Fanarbeit Luzern, Bundesplatz 9.<br />

Dienstag, 15. Mai:<br />

Ab 19 Uhr, am Cupfinal-Apéro in der Zone 5.<br />

Mittwoch, 16. Mai:<br />

Ab 9 Uhr in der Zone 5, vor der Abfahrt beim Perron


6 Weg in <strong>den</strong> Cupfinal<br />

<strong>Der</strong> Weg in <strong>den</strong> Cupfinal<br />

Eigentlich ist es unwichtig, wie man in <strong>den</strong> Final<br />

gekommen ist. Was <strong>für</strong> die bei<strong>den</strong> Teams zählt<br />

ist lediglich der Finaltag selbst. Wir wollen <strong>den</strong><br />

Weg der bei<strong>den</strong> Teams allerdings doch noch<br />

einmal aufarbeiten und an vielleicht bereits<br />

vergessene Spiele erinnern.<br />

Erste Runde<br />

<strong>Der</strong> FC Basel traf in der ersten<br />

Runde auf <strong>den</strong> FC<br />

Eschenbach, <strong>für</strong> welchen<br />

dieses Spiel das Highlight<br />

der 33-jährigen Clubgeschichte<br />

bedeutete. Sieben<br />

Tribünen wur<strong>den</strong> <strong>für</strong> dieses<br />

Erstrun<strong>den</strong>spiel errichtet,<br />

damit immerhin gut 3‘700<br />

Zuschauer das Spiel vor Ort<br />

mitverfolgen konnten. Für<br />

die Einheimischen war das<br />

Spiel zwischen dem grossen<br />

FC Basel und ihrem Zweitligisten<br />

allerdings bereits<br />

nach elf Minuten gelaufen.<br />

Pak und Zoua brachten <strong>den</strong><br />

FC Basel bis zur Pause zur<br />

Drei-Tore-Führung.<br />

Die Bebbi spulten ihr Programm<br />

auch in der zweiten<br />

Halbzeit souverän ab und<br />

gewannen schlussendlich<br />

verdient mit 4:0.<br />

<strong>Der</strong> Basler<br />

Weg in <strong>den</strong><br />

Cupfinal 2012<br />

weist eine<br />

Länge von 786<br />

Kilometern<br />

auf.<br />

Ein 1502<br />

Kilometer<br />

langer Weg<br />

legte Luzern<br />

zurück.<br />

Die Reise des FC Luzern begann<br />

in Losone, wo man<br />

vor rund 1‘600 Zuschauern<br />

gegen <strong>den</strong> dort ansässigen<br />

Fussballclub Losone Sportiva<br />

traf. Gegen 400 Luzerner<br />

begleiteten ihre Mannschaft<br />

ins Tessin. Etwas weniger,<br />

als es dann am Finaltag<br />

sein dürften. Im Gegensatz<br />

zu anderen Gegnern<br />

dieser Grössenordnung,<br />

wurde die Luzerner Anhängerschaft<br />

sehr vorbildlich<br />

und gastfreundlich empfangen.<br />

Die erste Halbzeit wird<br />

allerdings keinen Platz in<br />

Geschichtsbüchern einnehmen.<br />

Nicht nur im Luzerner<br />

Fanblock herrschte Katerstimmung<br />

(gehoben zwar,


Weg in <strong>den</strong> Cupfinal<br />

da einige im Designer-Anzug<br />

einfuhren), sondern<br />

auch bei <strong>den</strong> Herren auf<br />

dem Platz. <strong>Der</strong> Mann des<br />

Spiels wurde Nico Siegrist,<br />

der eine tolle zweite Halbzeit<br />

zeigte und mit einem<br />

sensationellen Tor <strong>den</strong> Sieg<br />

ebnete.<br />

Zweite Runde<br />

Bereits zum vierten Mal in<br />

Folge durfte oder musste<br />

der FC Schötz schon zu Beginn<br />

des Turniers gegen einen<br />

Gegner aus der höchsten<br />

Spielklasse antreten.<br />

Und zum zweiten Mal hiess<br />

er FC Basel. Allerdings war<br />

der grosse Traum bereits<br />

nach 8 Minuten ausgeträumt.<br />

Heiko Vogels Debüt<br />

als Cheftrainer endete mit<br />

einem souveränen 5:1-Sieg,<br />

wie man es von einem Cup-<br />

Favoriten erwartet.<br />

<strong>Der</strong> FC Luzern seinerseits<br />

spielte irgendwo weit weg<br />

von der schönsten Stadt der<br />

Schweiz. Genauer gesagt in<br />

der Nähe von Genf als Gast<br />

beim Grand-Lancy FC. Anders<br />

als in der ersten Runde,<br />

startete der FC Luzern wie<br />

man es von ihm erwartete<br />

und ging rasch 2:0 in Führung.<br />

Doch in der Halbzeitpause<br />

ging ein Bruch durch<br />

das Team. Grand-Lancy<br />

hätte gut und gerne drei<br />

Tore schiessen können.<br />

Doch wir können uns glücklich<br />

schätzen mit Wüthrich<br />

einen starken Ersatztorhüter<br />

im Team zu haben. Und<br />

man hätte es diesem kleinen<br />

Verein nicht missgönnt,<br />

wenn sie unsere Profis aus<br />

dem Wettbewerb gekickt<br />

hätten. Manch einer wurde<br />

gar ein Fan von Aussenverteidiger<br />

Aleksandar Bratic.<br />

<strong>Der</strong> 40-jährige Bosnier, früher<br />

Spieler bei Servette<br />

Genf, rannte auf ab und lies<br />

Ferreira und Co. einige Male<br />

schlecht aussehen. Etwas,<br />

was die ersten Cup-Run<strong>den</strong><br />

so sympathisch macht.<br />

Schlussendlich endete das<br />

Spiel trotzdem mit 3:1 <strong>für</strong><br />

die Leuchten, aber man war<br />

ganz schön nahe am Aus.<br />

Zum Glück hätten das nur<br />

800 Leute gesehen.<br />

Achtelfinale<br />

Basel musste im Achtelfinale<br />

zu dem Gegner, welcher<br />

sie im vergangenen<br />

Jahr aus dem Pokal gekickt<br />

hatte. <strong>Das</strong> Spiel gegen <strong>den</strong><br />

FC Wil war erneut ein Spiel<br />

mit vielen Emotionen und<br />

spannend wie man sich<br />

Fussball wünscht. <strong>Das</strong> Spiel<br />

kurz zusammenzufassen ist<br />

bei der Fülle an Geschehnissen<br />

fast nicht möglich: Ein<br />

Platzverweis <strong>für</strong> Sommer,<br />

Elfmeter, Heiko Vogel auf<br />

die Tribüne, Edelmetall, Verlängerung,<br />

zwei weitere<br />

rote Karten usw. Nach 111<br />

Minuten war der FC Basel<br />

eigentlich bereits ausge-<br />

7<br />

schie<strong>den</strong>. <strong>Der</strong> FC Will führte<br />

mit 2:1. Doch der FCB<br />

konnte das Spiel dank einem<br />

eigentlich irregulären<br />

Tor von Degen und einem<br />

Traumtor durch Alex Frei<br />

dann doch noch drehen in<br />

die nächste Runde einziehen.<br />

Auch unser Verein tat sich<br />

schwer in dieser Runde. In<br />

Wohlen, welches uns bisher<br />

stets gastfreundlich empfangen<br />

hat, gewannen unsere<br />

Mannen lediglich 2:1<br />

und mussten phasenweise<br />

ihr Glück beanspruchen.<br />

Ansonsten wäre es womöglich<br />

zur Verlängerung gekommen.<br />

Gestört hätte dies<br />

allerdings wohl nur wenige,<br />

da das Wohlener Kaffi-<br />

Schnaps gut Schuss besass.<br />

Viertelfinale<br />

Bereits fünf Teams aus der<br />

Nationalliga A mussten Federn<br />

lassen. Die einzigen<br />

Heimspiele <strong>für</strong> beide Teams.<br />

Basel empfing Lausanne<br />

und der FC Luzern die Grasshoppers<br />

aus Zürich. Obwohl<br />

man auf Gegner traf,<br />

die vermeintlich stärker sein<br />

müssten, als Grand-Lancy<br />

oder Eschenbach, zeigten<br />

Basel wie auch Luzern die<br />

wohl souveränsten Spiele<br />

bis zu dem Zeitpunkt. Beide<br />

Mannschaften gewannen<br />

mit einem lockeren Dreitorvorsprung.<br />


8 Weg in <strong>den</strong> Cupfinal<br />

Phänomen Cup: Je näher man dem Endspiel kommt, desto mehr wohnen <strong>den</strong> Spielen bei,<br />

obwohl einige Amateurspieler das Spiel ihres Lebens bereits in <strong>den</strong> ersten Run<strong>den</strong> des Cups<br />

haben.<br />

Halbfinale<br />

Basels vorletztes Spiel in dieser<br />

Cup-Saison fand in Winterthur<br />

statt. Anders als eine<br />

Runde zuvor, bekundete<br />

Rot-Blau wieder vermehrt<br />

Mühe. Es sah lange Zeit so<br />

aus, als ob Winterthur eine<br />

ihrer vielen Chancen ausnutzen<br />

würde. Doch keiner<br />

weiss es besser als das Phrasenschwein:<br />

Wer sie vorne<br />

nicht macht, der kriegt sie<br />

hinten rein. Trotz der<br />

1:0-Führung <strong>für</strong> Basel spielte<br />

Winterthur munter weiter<br />

und kam zu unzähligen<br />

Möglichkeiten. Es wäre beinahe<br />

noch besser gekommen,<br />

<strong>den</strong>n Sommer hätte in<br />

der ersten Halbzeit rot sehen<br />

müssen (inklusive Doppelbestrafung<br />

Elfmeter), sowie Fabian<br />

Frei in der zweiten. Vor<br />

allem die Fehlentscheidung<br />

gegenüber Basels Schlussmann<br />

fiel dank dessen starker<br />

Leistung ins Gewicht.<br />

Dank diverser Kontermöglichkeiten<br />

gewannen die<br />

Basler schlussendlich mit<br />

2:1.<br />

<strong>Das</strong>s Luzern im Halbfinale<br />

gegen das Cup-Monster Sion<br />

antreten musste, muss eigentlich<br />

nicht erwähnt wer<strong>den</strong>.<br />

Die Euphorie vor und<br />

nach der Partie war derart<br />

gigantisch, dass man selbst<br />

beim Gedanken daran erhöhten<br />

Pulsschlag und Hühnerhaut<br />

kriegt. Wir möchten<br />

uns allerdings an dieser Stelle<br />

bei allen bedanken, die <strong>den</strong><br />

Finaleinzug möglich gemacht<br />

haben und zum Fussballfest<br />

und Heimspiel in Sion beigetragen<br />

haben.<br />

Es ist normalerweise schwierig<br />

die bei<strong>den</strong> Wege miteinander<br />

zu vergleichen und<br />

herauszufin<strong>den</strong>, wessen<br />

Leistung grösser einzuschätzen<br />

ist. Allerdings ist in diesem<br />

Fall augenscheinlich,<br />

dass der FC Basel das klar<br />

härtere Programm hinter sich<br />

hat. Denn er musste sich bereits<br />

zweimal gegen Vereine<br />

aus dem Kanton Luzern<br />

durchsetzen. Doch auf die<br />

dritte Hürde folgt der Wassergraben!


Cupsiege 1960/92<br />

Die Cupsiege des<br />

Fussballclubs Luzern<br />

1960: <strong>Der</strong> erste Titel <strong>für</strong> die Leuchtenstadt<br />

Als am <strong>18.</strong> April 1960 der Cup-Halbfinal<br />

zwischen Luzern und <strong>den</strong> Young Boys auf der<br />

Allmend vor 18‘000 Zuschauern abgepfiffen<br />

wurde, war die erste Cupfinalqualifikation der<br />

Vereinsgeschichte Tatsache gewor<strong>den</strong>.<br />

<strong>Der</strong> FCL schlug <strong>den</strong> damaligen<br />

Serienmeister YB (vier Titel<br />

in Folge zwischen 1957<br />

und 1960) mit 3:1, und dies,<br />

obwohl zwei Wochen zuvor<br />

Albert Sings Schützlinge, das<br />

Mass aller Dinge des Schweizer<br />

Fussballs, <strong>den</strong> FCL auf der<br />

Allmend noch mit einem 8:4-<br />

Sieg abfertigten. Die Überraschung<br />

war geschafft.<br />

Am 8. Mai 1960 war der<br />

grosse Tag gekommen - der<br />

erste Cupfinal mit Luzerner<br />

Beteiligung. Vor 30‘000 Zuschauern<br />

hiess der Gegner im<br />

Berner Wankdorf FC Grenchen,<br />

der zu dieser Zeit noch<br />

in der NLA spielte und im Vorjahr<br />

<strong>den</strong> Cup gewinnen<br />

konnte. Unter der Führung<br />

der deutschen Trainerikone<br />

Rudi Gutendorf, der im Guinness-Buch<br />

der Rekorde wegen<br />

seiner insgesamt 55 Trainerstationen<br />

in aller Welt einen<br />

Eintrag hält, und der leben<strong>den</strong><br />

FCL-Legende Paul<br />

«Wolf» Wolfisberg als Kapitän<br />

gewann Luzern mit 1:0<br />

dank eines Tores von Robert<br />

Blättler in der 82. Minute. Es<br />

war ein kampfbetontes Spiel,<br />

wie verschie<strong>den</strong>e Zeitungen<br />

betonten. Die Berner Zeitung<br />

berichtete gar von «holzen<strong>den</strong><br />

Luzernern» und davon,<br />

dass «Luzern überhaupt einen<br />

Aufbau aus der Verteidigung<br />

nicht kennt. Jeder Ball<br />

wird ohne Sinn <strong>für</strong> gepflegte<br />

Kombinationen weggedroschen».<br />

Die Neue Zürcher Zeitung<br />

gab sich hingegen etwas<br />

objektiver: «Nach unserer persönlichen<br />

Überzeugung hat<br />

Luzern vermöge seines un-<br />

9<br />

bändigen Siegerwillens, der<br />

sich in einer Kraftleistung sondergleichen<br />

bekundete, <strong>den</strong><br />

Schlusskampf um <strong>den</strong><br />

Schweizer Cup nicht unverdient<br />

gewonnen. Es boten<br />

sich <strong>den</strong> Innerschweizern<br />

doch wohl einige Erfolgschancen<br />

mehr als <strong>den</strong> Solothurnern.»<br />

<strong>Das</strong>s nur ein Tor<br />

fiel, passte nicht zur Chancen-<br />

<strong>Der</strong> eingewechselte Robert Blättler trifft zum 1:0-Endstand.<br />

anzahl im Spiel. Mehr oder<br />

minder übereinstimmend war<br />

zu lesen, dass es nach der ersten<br />

Halbzeit 3:1 <strong>für</strong> Luzern<br />

und nach der zweiten «mindestens<br />

4:4» hätte stehen<br />

müssen. Einen massgeblichen<br />

Anteil daran hatte auch der<br />

Luzerner Torhüter, Toni Kunz,<br />

der alle Chancen der Solothurner<br />

zunichtemachen<br />

konnte. «So gezittert wie bis<br />


10 Cupsiege 1960/92<br />

zu diesem 1:0 gegen Grenchen<br />

habe ich nie zuvor»,<br />

sagte er 32 Jahre später. «Die<br />

Tat», eine ehemalige Schweizer<br />

Wochen- und später Tageszeitung<br />

der Migros, sah<br />

die «Coupe Aurèle Sandoz»<br />

je<strong>den</strong>falls in <strong>den</strong> richtigen<br />

Hän<strong>den</strong>: «Luzern hat verdient<br />

gewonnen, vor allem dank<br />

der ersten Halbzeit.»<br />

<strong>Das</strong>s der Luzerner Anhang<br />

bereits damals feiertauglich<br />

war und seine Mannschaft<br />

mit Enthusiasmus unterstützte,<br />

zeigen Fernseh- und<br />

Zeitungsbilder, auf <strong>den</strong>en<br />

Fans mit Fahnen,<br />

Ballons und Doppelhaltern<br />

zu sehen<br />

sind. Anton<br />

Meuret beispielsweise,<br />

ein 67-jährigerSchlossermeister,<br />

machte<br />

sich bereits am<br />

Freitagabend auf<br />

<strong>den</strong> Weg ins<br />

Wankdorf - zu<br />

Fuss notabene. Er<br />

würdigte <strong>den</strong><br />

Cupfinal auf seine<br />

Weise, und im Stadion durfte<br />

er vor <strong>den</strong> vollen Rängen eine<br />

Kapitän Paul Wolfisberg mit der Sandoz- Trophäe.<br />

Telegramm<br />

FC Luzern – FC Grenchen 1:0 (0:0)<br />

Wankdorf, 30‘000 Zuschauer.<br />

Schiedsrichter: Wyssling. Tor: 82.<br />

Blättler 1:0. Luzern: Kunz, Glaus,<br />

Cerutti, Stehrenberger, Hofmann,<br />

Arn, Beerli, Hahn, Lüscher (43.<br />

Blättler), Wolfisberg, Frey. Grenchen:<br />

Campoleoni, Karrer, Morf, Mumenthaler,<br />

Sidler, Spahr, Meier,<br />

Hamel, Glisovic, Raboud I, Dubois.<br />

Ehrenrunde drehen. Wie im<br />

Werk «85 Jahre FCL» von<br />

Miklos Szvircsev zu lesen ist,<br />

begrüssten die Supporter die<br />

Luzerner Akteure im blauen<br />

Dress mit Transparenten,<br />

grellgelben Fähnchen, Kuhglocken<br />

und etlichen Knallpetar<strong>den</strong>.<br />

Auf der Tribüne hatte<br />

ganz klar Blau-Weiss das Sagen.<br />

«Die Tat» beschrieb die<br />

Szenen nach dem Spiel so:<br />

«Mit dem Schlusspfiff überfluteten<br />

die aus dem Häuschen<br />

geratenen Luzerner Anhänger<br />

<strong>den</strong> Platz und erdrückten<br />

beinahe die siegreichen<br />

Spieler.» Mit unzähligen<br />

Knallpetar<strong>den</strong> aus allen Teilen<br />

des Stadions wurde dann die<br />

Pokalübergabe an Luzerns<br />

Nummer Zehn, Paul Wolfisberg,<br />

gefeiert. Trainer Gutendorf<br />

bedankte sich beim Vorstand<br />

genauso wie bei <strong>den</strong><br />

Supportern: «[…] Neben dem<br />

Publikum, das die Mannschaft<br />

auch in <strong>den</strong> Minuten


Cupsiege 1960/92<br />

grösster Bedrängnis mit einem<br />

noch nie gehörten<br />

stimmlichen und instrumentalen<br />

Aufwand anfeuerte,<br />

möchte ich die Gelegenheit<br />

wahrnehmen, dem Vorstand<br />

einmal öffentlich <strong>den</strong> Dank<br />

zu sagen.» Wolfisberg<br />

schrieb <strong>den</strong> Sieg sogar gänzlich<br />

<strong>den</strong> etwa 8000 mitgereisten<br />

Luzerner Fans zu:<br />

«Unsere Freude ist gewaltig.<br />

Im Namen der Mannschaft<br />

möchte ich allen Luzerner Zuschauern<br />

die kraftvolle Unterstützung<br />

bestens verdanken.<br />

Nur die hat uns zum<br />

Sieg verholfen.»<br />

Nach der Rückkehr der Luzerner<br />

Cup-Hel<strong>den</strong> spielten<br />

sich in der Stadt unbeschreibliche<br />

Szenen ab. So war in<br />

der Tageszeitung Vaterland<br />

zu lesen: «Berner Pressekolle-<br />

Doch so weit kam es nicht:<br />

Trotz unzähligen Torchancen<br />

und Eckbällen verloren die<br />

Blau-Weissen mit 1:2 und<br />

stiegen drei Jahre nach dem<br />

Meistertitel in die Nationalliga<br />

B ab. Die Euphorie <strong>für</strong><br />

<strong>den</strong> eine Woche später be-<br />

gen, die schon über 25 Jahre<br />

<strong>den</strong> Cupendspielen beiwohnen,<br />

versicherten uns, dass<br />

bisher noch nie eine Mannschaft<br />

und eine Stadt so viel<br />

Atmosphäre und Cupstimmung<br />

nach Bern gebracht<br />

hätten. Wenn diese Berner<br />

Kollegen <strong>den</strong> Empfang in Luzern<br />

miterlebt hätten! Wer<br />

noch nicht wusste, wie man<br />

sich <strong>für</strong> eine sportliche Glanzleistung<br />

begeistern kann, erlebte<br />

dies gestern Abend.»<br />

Begleitet von «Raketen und<br />

Dörflimusig» wur<strong>den</strong> die<br />

FCL-Spieler auf <strong>den</strong> Schultern<br />

der Anhänger zur offiziellen<br />

Siegesfeier getragen.<br />

<strong>Der</strong> heute 85-jährige Weltenbummler<br />

Rudi Gutendorf erzählte<br />

vor zwei Jahren in einem<br />

Interview, dass der Cupsieg<br />

mit dem FCL «der Höhe-<br />

vorstehen<strong>den</strong> Cupfinal war,<br />

verständlicherweise, gelinde<br />

gesagt gedämpft. Beat Mutter,<br />

der damalige Mann zwischen<br />

<strong>den</strong> Pfosten beim FCL,<br />

bekam <strong>den</strong> Luzerner Frust in<br />

dieser Woche auf eine besonders<br />

unangenehme Art<br />

11<br />

punkt meines ganzen Lebens»<br />

war. «Wir kamen mit<br />

dem Sonderzug von Bern<br />

nach Luzern, die ganze Innerschweiz<br />

war auf <strong>den</strong> Beinen<br />

und stand mit Kuhglocken<br />

am Wegesrand. Und<br />

der Bahnhofsplatz war mit<br />

10‘000 Leuten gefüllt. Wir<br />

wur<strong>den</strong> auf <strong>den</strong> Schultern<br />

über die Seebrücke ins Restaurant<br />

Löwengarten getragen.<br />

<strong>Das</strong> war ein riesiges<br />

Hochgefühl.» Wenn man be<strong>den</strong>kt,<br />

dass dies der erste<br />

grosse Erfolg in der dazumal<br />

59-jährigen Vereinsgeschichte<br />

war, ist die überschwängliche<br />

Freude mehr<br />

als verständlich. Und bis zum<br />

nächsten Titel sollten bekanntlich<br />

satte 29 Jahre vergehen…<br />

1992: Cuptriumph mit schalem Beigeschmack<br />

Am 30. Mai 1992 brach <strong>für</strong> viele Luzerner eine<br />

Welt zusammen. Im letzten Spiel der Auf-/<br />

Abstiegsrunde in der Gruppe B hätte beim FC<br />

Grenchen ein Punkt gereicht, um <strong>den</strong> zweiten<br />

Platz und damit <strong>den</strong> Verbleib in der Nationalliga<br />

A zu sichern.<br />

und Weise zu spüren: Er erhielt<br />

anonyme Anrufe und<br />

Briefe, die ihn wegen seiner<br />

Flops in <strong>den</strong> bei<strong>den</strong> Grenchen-Spiele<br />

<strong>für</strong> <strong>den</strong> Abstieg<br />

verantwortlich machten. «Ich<br />

habe in bei<strong>den</strong> Spielen gegen<br />

Grenchen dem Gegner ein<br />

Tor ermöglicht. Im Hinspiel<br />

auf der Allmend wars der<br />

Freistoss von Przybylo nach<br />

zwei Minuten, in Grenchen<br />

am letzten Samstag erwischte<br />

mich Sonnleitner<br />

nach einer halben Stunde»,<br />

sagte er <strong>den</strong> Luzerner Neus-<br />


12 Cupsiege 1960/92<br />

«Atze» Knup verabschiedet sich mit einem Cupsieg.<br />

ten Nachrichten (LNN) im<br />

Vorfeld des Cupfinals.<br />

Nichtsdestotrotz traten die<br />

Luzerner am 8. Juni 1992 im<br />

Berner Wankdorf gegen <strong>den</strong><br />

FC Lugano im Cupfinal an,<br />

der im Gegensatz zu Luzern<br />

in der Gruppe A der Auf-/Abstiegsrunde<br />

<strong>den</strong> Ligaerhalt<br />

geschafft hatte. Die Saison<br />

war zwar nicht mehr zu retten,<br />

aber mit einem Cupsieg<br />

hätte sie wenigstens ein versöhnliches<br />

Ende nehmen können.<br />

Vor 40‘000 Zuschauern<br />

fiel in der 36. Minute das erste<br />

Tor - <strong>für</strong> <strong>den</strong> FC Lugano. Paulo<br />

Andrioli haute einen Freistoss<br />

aus über 30 Metern in die<br />

Maschen. Dabei sah Goalie<br />

Mutter wiederum schlecht<br />

aus, als er auf der Linie ausrutschte<br />

und <strong>den</strong> Ball passieren<br />

lassen musste. Friedel<br />

Rausch, der bislang einzige<br />

Luzerner Meistertrainer,<br />

meinte dazu: «Wenn du eine<br />

ganze Saison lang so viel Pech<br />

hast wie wir, dann kommt das<br />

irgendeinmal in Form von<br />

Glück zurück.» So sollte es<br />

auch kommen, <strong>den</strong>n bereits<br />

in der 41. Minute erzielte der<br />

Urner Heinz Moser mit einem<br />

platzierten Weitschuss in die<br />

rechte Ecke <strong>den</strong> 1:1-Ausgleich.<br />

Nach der Halbzeitpause<br />

kam Peter Nadig, der<br />

Basler in Luzerner Diensten,<br />

einem Treffer per Lattenkopfball<br />

in der 53. Minute am<br />

nächsten. Doch in der zweiten<br />

Halbzeit fiel kein Treffer<br />

mehr, so dass das Spiel nach<br />

90 Minuten um zweimal 15<br />

Minuten verlängert wer<strong>den</strong><br />

musste. Bereits nach sechs<br />

Minuten war das Spiel gedreht.<br />

Semir Tuce lancierte Urs<br />

«Longo» Schönenberger über<br />

die linke Seite, der Adrian<br />

«Atze» Knup in der Mitte bediente.<br />

Im zweiten Anlauf traf<br />

er zum 2:1 <strong>für</strong> Luzern. <strong>Der</strong><br />

Triumph war nun greifbar,<br />

und in der 116. Minute folgte<br />

die Entscheidung: <strong>Der</strong> in bei<strong>den</strong><br />

Luzerner Tageszeitungen<br />

mit Bestnoten bedachte Littauer<br />

«Motor» (Luzerner Zeitung),<br />

Herbert «Hebi» Bau-


Cupfinals 1960/92<br />

mann, erkämpfte sich gegen<br />

Luganos Andrioli <strong>den</strong> Ball und<br />

leitete diesen an <strong>den</strong> eingewechselten<br />

Oliver Camenzind<br />

weiter, der mit einem Steilpass<br />

Adrian Knup in der Mitte<br />

bediente. <strong>Der</strong> Weitschuss<br />

schlug in der linken unteren<br />

Ecke ein und bescherte dem<br />

FCL <strong>den</strong> zweiten Cupsieg im<br />

zweiten Cupfinal der Vereinsgeschichte.<br />

<strong>Das</strong>s der Abstieg noch ganz<br />

tief in <strong>den</strong> Knochen steckte,<br />

bezeugt das Fernsehinterview,<br />

das Friedel Rausch wenige<br />

Minuten nach dem Abpfiff<br />

gab. Auf die Frage, ob<br />

ihm jetzt ein grosser Felsbrock<br />

vom Herz gefallen sei, meinte<br />

er: «Ja, aber jetzt sitzt immer<br />

noch ein Felsenblock auf dem<br />

Herzen, weil es schmerzt<br />

schon, dass wir Cupsieger<br />

wer<strong>den</strong> und trotzdem in der<br />

Nationalliga B sind.» Auch in<br />

<strong>den</strong> Berichterstattungen zum<br />

Cupgewinn war der Abstieg<br />

allgegenwärtig. So titelte die<br />

Luzerner Zeitung: «Beim<br />

zweitwichtigsten Saisonspiel<br />

hielten die Nerven: Cuptriumph!»<br />

Rausch, der <strong>den</strong> FCL<br />

nach diesem Spiel in Richtung<br />

Basel verliess, konnte sich<br />

nicht unbeschwert über das<br />

Erreichte freuen. «Ganz klar,<br />

der Ligaerhalt wäre mir lieber<br />

gewesen», sagte er <strong>den</strong> LNN.<br />

Abwehrchef Martin Rueda,<br />

der in der Luzerner Zeitung<br />

eine Woche lang ein Cupfinal-Tagebuch<br />

führte, berichtete<br />

Ähnliches: «<strong>Das</strong> Gefühl,<br />

welches du als Spieler einer<br />

Cupsieger-Mannschaft empfindest,<br />

ist fast nicht in Worte<br />

zu klei<strong>den</strong>. Nach dem 3:1<br />

durch Adrian Knup schwebte<br />

ich <strong>für</strong> einige Minuten auf einer<br />

Wolke der Euphorie: Etwas<br />

Schöneres kann ein Fussballer<br />

in seiner Karriere gar<br />

nicht erleben. […] Doch der<br />

Alltag holte mich schon eine<br />

Viertelstunde nach dem<br />

Schlusspfiff wieder ein: Plötzlich<br />

ging mir durch <strong>den</strong> Kopf,<br />

dass es zwar eine ganz tolle<br />

Sache ist, als Cupsieger zu leben,<br />

doch das ändert rein gar<br />

nichts daran, dass wir nächste<br />

13<br />

Saison in der Nationalliga B<br />

Fussball spielen.»<br />

Auch die unzähligen Luzerner<br />

Fans, die an diesem Pfingstmontag<br />

unter anderem mit<br />

drei Extrazügen nach Bern pilgerten,<br />

hatten <strong>den</strong> Abstieg<br />

noch keineswegs verdaut. Einige<br />

mitgereiste Fans schien<br />

nicht einmal dieser Cupsieg<br />

trösten zu können: «Überhaupt<br />

war die Stimmung<br />

nicht so toll, der Abstieg liegt<br />

eben manch einem noch auf<br />

dem Magen.» Andere nahmens<br />

mit Humor und sangen<br />

«Jetzt gömmer is B, is B, was<br />

wemmer im A, im A, met<br />

dem Scheiss-GC.» <strong>Der</strong> Abstieg<br />

schlug sich während des<br />

Spiels merklich auf die Stimmung<br />

im Stadion nieder, wie<br />

die LNN berichteten. Unter<br />

<strong>den</strong> insgesamt 40‘000 Zuschauern<br />

war von gegen<br />

30‘000 Blau-Weissen die<br />

Rede, die diese Übermacht<br />

auf <strong>den</strong> Rängen aber lange<br />

nicht zu bestätigen vermochte.<br />

<strong>Der</strong> harte Kern der<br />

Luzerner, mit Trommeln aus-<br />


14 Cupsiege 1960/92<br />

gerüstet, schaffte es nicht, die<br />

Stimmung auf <strong>den</strong> Luzerner<br />

Stehplätzen in Schwung zu<br />

bringen. Da<strong>für</strong> brauchte es<br />

schon eines der drei Luzerner<br />

Tore: «Optisch wie akustisch<br />

schlugen die Luzerner Fans ihr<br />

zahlenmässig unterlegenes<br />

Gegenlager erst, als Atze<br />

Knup das zweite Goal in der<br />

Verlängerung schoss. Nun ertönten<br />

endlich die gewohnt<br />

lautstarken Hopp-Hopp-Lozärn-Sprechchöre,<br />

tauchten<br />

Halstücher und Fahnen das<br />

Wankdorfstadion in ein blauweisses<br />

Meer, glitzerten die<br />

Wunderkerzen auf, und die<br />

La-Ola-Welle von hochschnellen<strong>den</strong><br />

Armen konnte von einer<br />

Ecke in die andere durchgezogen<br />

wer<strong>den</strong>.» Dies war<br />

auch die Retourkutsche an die<br />

Luganesi, die vor Spielbeginn<br />

einige Luzerner unter einer<br />

Blockfahne mit geworfenen<br />

Fackeln und Rauchbomben<br />

eindeckten. Auch während<br />

und nach dem Spiel liessen es<br />

sich die Tessiner nicht nehmen,<br />

die Anhänger aus der<br />

Leuchtenstadt zu provozieren.<br />

Trotz Schmährufen wie<br />

«Liga B, Liga B» und Angriffsversuchen<br />

mit zwei Meter langen<br />

Holzlatten mussten die<br />

Bianconeri mit leeren Hän<strong>den</strong><br />

nachhause reisen.<br />

Als der Cupsieger-Tross wieder<br />

Luzern erreichte, war spätestens<br />

der letzte Luzerner<br />

noch in Festlaune gekommen.<br />

Siegesstumpen wur<strong>den</strong><br />

angezündet und<br />

Autos hupend<br />

durch die Stadt gefahren.<br />

Vor dem<br />

Casino begrüsste<br />

das riesige, feierndeEmpfangskomitee<br />

die Luzerner<br />

Cup-Hel<strong>den</strong>.<br />

<strong>Der</strong> Harmonie zwischen<br />

Fans und<br />

Mannschaft<br />

konnte der Abstieg<br />

nichts anhaben.<br />

Die Luzerner<br />

Equipe zahlte <strong>den</strong><br />

Kredit, <strong>den</strong> ihr die Abertausen<strong>den</strong><br />

von treuen Anhängern<br />

gewährten, mit dem<br />

Sieg eindrücklich zurück. Und<br />

von Spieler über Trainer<br />

bis hin zum Präsi<strong>den</strong>ten<br />

wusste man dies zu<br />

schätzen: «Den Abstieg<br />

haben wir mit diesem<br />

grossartigen Sieg nicht<br />

gutgemacht. Aber so wie<br />

unsere Anhänger uns in<br />

Bern unterstützten und<br />

so wie das Team sich schliesslich<br />

mit einer aufopfern<strong>den</strong>,<br />

kämpferisch hervorragen<strong>den</strong><br />

Leistung erkenntlich zeigte, so<br />

etwas verdient Respekt. Ich<br />

bin stolz, diesem Verein vorstehen<br />

zu dürfen. Jetzt erst<br />

recht», sagte Präsi<strong>den</strong>t Romano<br />

Simioni. Mittelfeldspieler<br />

Urs Schönenberger stiess<br />

ins gleiche Horn: «Es ist kein<br />

Trost <strong>für</strong> <strong>den</strong> Abstieg in die<br />

NLB, <strong>den</strong> ich nach wie vor<br />

nicht verdaut habe. Es war<br />

Telegramm<br />

FC Lugano - FC Luzern 1:3 n. V.<br />

(1:1, 1:1)<br />

Wankdorf, 40‘000 Zuschauer.<br />

Schiedsrichter: Martino. Tore: 36.<br />

Andrioli 1:0. 41. Moser 1:1. 96. Knup<br />

1:2. 116. Knup 1:3. Lugano: Romagna;<br />

Galvao; Sylvestre (102. Pelosi),<br />

Penzavalli, Marco Walker; Hertig (74.<br />

Carasco), Colombo, Andrioli, Tami;<br />

Graciani, Zuffi. Luzern: Mutter;<br />

Rueda; Birrer, van Eck; Moser, Wolf,<br />

Baumann, Schönenberger (115. Arts);<br />

Knup, Nadig, Tuce (113. Camenzind).<br />

schlicht und einfach unsere<br />

Antwort auf jene, die nach<br />

dem unverzeihlichen Lapsus<br />

nicht mehr an uns glaubten.<br />

Siegesstumpen wur<strong>den</strong><br />

angezündet und Autos<br />

hupend durch die Stadt<br />

gefahren.<br />

Und es ist unser Geschenk an<br />

die treusten Fans, die der<br />

Schweizer Fussball kennt. Ihnen<br />

widme ich diesen Sieg.»<br />

Wie man feiert, wusste der<br />

Partylöwe spätestens seit dem<br />

Meistertitel 1989. «In Erinnerung<br />

bleibt der Kübel, obwohl<br />

wir eine Woche zuvor abgestiegen<br />

waren. Präsi<strong>den</strong>t Simioni<br />

wollte uns nicht feiern sehen»,<br />

sagt «Longo» heute.<br />

«Aber wir hatten trotzdem<br />

unsere Party.»


Aus dem Archiv<br />

König Fussball und sein Volk<br />

Die ausgelassene Stimmung und<br />

die noch nie da gewesene Unterstützung<br />

der Luzerner Mannschaft<br />

durch das Publikum nahmen die<br />

Luzerner Neuesten Nachrichten<br />

(LNN) zum Anlass, das Wesen des<br />

Fussballfans und seine Moti vation<br />

zu ergrün<strong>den</strong> und auf dessen<br />

Wirkung auf das Spielgeschehen<br />

einzugehen. Eine köstliche Abhandlung<br />

über die Fussballbegeisterung<br />

aus der <strong>Ausgabe</strong> vom<br />

11. Mai 1960 in der Originalfassung.<br />

Was Fussballbegeisterung ist und wie sie sich<br />

optisch und akkustisch ausdrückt, das haben<br />

die Luzerner in <strong>den</strong> letzten Wochen zu spüren<br />

15<br />

bekommen. Es begann mit dem Spiel der Einheimischen<br />

gegen die Young Boys, wobei die<br />

hochkotierten Berner deutlich geschlagen das<br />

Feld verlassen mussten. Schon dieser Match<br />

hatte die Luzerner Fussball-Fans in eine Begeisterung<br />

versetzt, wie sie auf der sonst eher<br />

nüchternen Allmend selten erlebt wird. Nach<br />

diesem Spiel, welches <strong>den</strong> Luzernern die Finalqualifikation<br />

sicherte, riss die Spannung nicht<br />

mehr ab. Die ganze Stadt, ja die ganze Innerschweiz,<br />

wog die Chancen der Mannschaft ab,<br />

diskutierte ihre Aufstellung und pilgerte<br />

schlussendlich in hellen Scharen nach Bern, um<br />

dem Final beizuwohnen. Mit Harsthörnern,<br />

mit Kuhglocken, mit Transparenten und nicht<br />

zuletzt durch anfeuernde, im Chor vorgetragene<br />

«Hopp-Lozärn»-Rufe unterstützte man<br />

die Akteure auf dem Rasen, und als dann das<br />

Spiel auch gewonnen wurde, touchierte die<br />

Begeisterung die Grenze der Fussball-Verrücktheit.<br />

➤<br />

Grosse Fangemeinde mit Kult-Doppelhalter nach Cupsieg 1960.


16<br />

Wechselbeziehung Spieler-Publikum<br />

Es wäre Aufgabe eines Psychologen, festzustellen,<br />

weshalb in einem Falle das Publikum<br />

guten Leistungen der Spieler gegenüber kühl<br />

und reserviert bleibt, im andern Falle sich zu<br />

Begeisterungsausbrüchen hinreissen lässt, und<br />

damit die Spieler auf dem Felde im positiven<br />

Sinne stimuliert. Man müsste auch Psychologe<br />

sein, um ergrün<strong>den</strong> zu können, weshalb Herr<br />

Meier, der wochentags brav und gesittet seiner<br />

Arbeit nachgeht, der auf der Strasse, zu Hause<br />

und im Geschäft korrekt auf gute Sitten hält,<br />

sonntags auf dem Fussballplatz ausser Rand<br />

und Band gerät, wie wild seinen Hut schwenkt,<br />

seinem Vordermann eins übers andere Mal auf<br />

die Schulter haut und mit allen Zeichen der<br />

Enttäuschung die Arme verwirft, wenn seine<br />

Mannschaft vor dem gegnerischen Tor versagt.<br />

Ist es der gleiche Herr Meier, der montags wieder<br />

beherrscht und kühl schwierige geschäftliche<br />

Transaktionen vornimmt oder technische<br />

Aus dem Archiv<br />

Probleme löst, der Herr Meier, in dessen Gesicht<br />

sich alle Skalen des Entsetzens spiegeln,<br />

wenn vor dem Tor «seiner» Mannschaft eine<br />

brenzlige Situation entsteht?<br />

Es ist wohl derselbe Mann, aber auf dem Fussballplatz<br />

ist er besessen von König Fussball; wie<br />

ein Narkotikum wirkt auf ihn die Begeisterung<br />

der übrigen Zehn-, Zwanzig- oder Dreissigtausend,<br />

die schreien, klatschen, Hände und Hüte<br />

verwerfen und mitgerissen sind vom Rausche<br />

der Begeisterung – das ist König Fussball! Wie<br />

anders liesse es sich sonst erklären, dass der im<br />

Alltag so beherrschte Herr Meier nach dem<br />

Spiel auf <strong>den</strong> Platz stürmt, <strong>den</strong> erstbesten Spieler,<br />

<strong>den</strong> er erwischt, umarmt, streichelt und auf<br />

die Schultern hebt - der Herr Meier, der seiner<br />

Frau in der Bahnhofshalle kaum einen Kuss zu<br />

geben wagt - es schickt sich doch in der<br />

Schweiz nicht!<br />

Cupsieger-Mannschaft von 1960.


Aus dem Archiv<br />

Wie aber wirkt das Mitgehen der Masse diese<br />

vom sanften Murmeln bis zum orkanartig anschwellen<strong>den</strong><br />

Gebrüll alles umfassende Skala<br />

der Begeisterung während dem Spiel auf die<br />

Fussballer? Wir haben darüber drei unserer Luzerner<br />

Fussballer befragt, und sie gaben uns<br />

übereinstimmend die Auskunft, dass die Begeisterung<br />

wohl stimulierend wirke, jedoch<br />

nur unbewusst aufgenommen werde.<br />

Trainer Rudi Gutendorf meinte, das Mitgehen<br />

des Publikums wirke grundsätzlich positiv stimulierend;<br />

«man gibt dann automatisch sein<br />

Bestes, wenn man <strong>den</strong> good will des Publikums<br />

spürt.» Er betrachtet das Verhalten des<br />

Publikums als ausschlaggebender Faktor im<br />

Berner Finalspiel. «Ich habe in Deutschland<br />

viele grosse Matches mitgespielt, einer derart<br />

grossen Anteilnahme des Publikums bin ich<br />

noch nie begegnet. Als Deutscher hätte ich nie<br />

geglaubt, dass die Innerschweizer, die doch als<br />

nüchtern und verschlossen gelten, derart begeisterungsfähig<br />

sind.»<br />

«Es ist unmöglich, bei einem derartigen Enthusiasmus<br />

des Publikums ein solches Spiel zu verlieren»,<br />

meinte Cerutti, der «Turm» der Luzerner<br />

Mannschaft. «Wenn die Luzerner mit einem<br />

solchen Supporter-Anhang dieses Spiel<br />

nicht gewonnen hätten, dann wäre kein Spiel<br />

<strong>für</strong> sie zu gewinnen gewesen!»<br />

Auch Frey bezeichnete das Mitgehen des Publikums<br />

am Berner Match als «phantastisch».<br />

«Die Begeisterung auf <strong>den</strong> Plätzen rund um<br />

das Spielfeld reisst einen einfach mit; man<br />

kann nicht herumstehen und auf <strong>den</strong> Ball warten,<br />

man muss laufen und sich einsetzen, man<br />

wird ganz einfach mitgerissen.» Er glaubt, dass<br />

der Anhang der Luzerner in der kritischen<br />

Phase der zweiten Halbzeit, als die Blauweissen<br />

eine Schwächeperiode zu überstehen hatten,<br />

<strong>den</strong> Spielern das Selbstvertrauen zurückgegeben<br />

hat.»<br />

17<br />

Man darf also von einer Wechselbeziehung<br />

zwischen Publikum und Spieler sprechen: das<br />

Spiel auf dem Rasen reisst das Publikum hin,<br />

und die Begeisterung der Masse wirkt ihrerseits<br />

stimulierend auf die Leistungen der Spieler.<br />

Selbstverständlich hat auch dieses Ding<br />

seine zwei Seiten, <strong>den</strong>n das Publikum begeistert<br />

sich doch nur <strong>für</strong> die Leistungen der eigenen<br />

Mannschaft: ein absolut neutrales Publikum,<br />

das «Freund» und «Feind» gleichermassen<br />

Beifall zollt, gibt es nicht. Die passive Resistenz<br />

der Zuschauer entmutigt die Akteure oder<br />

treibt sie in eine verbissene Trotzstellung, erschwert<br />

dem Team auf je<strong>den</strong> Fall seine Aufgabe<br />

ganz beträchtlich und kann bei gleichwertigen<br />

Mannschaften spielentschei<strong>den</strong>d<br />

sein.<br />

Wem das Verhalten der Luzerner Fussball-Fans,<br />

wie es auch unsere Bilder zeigen oder wie er es<br />

etwa in <strong>den</strong> Abendstun<strong>den</strong> des Sonntags zu<br />

sehen und zu hören bekam, unbegreiflich vorkommt,<br />

der lasse sich dahin belehren, dass beispielsweise<br />

bei <strong>den</strong> Engländern, die uns an<br />

Kühle und Reserviertheit doch noch einiges<br />

«über» haben, die Begeisterung noch viel höhere<br />

Wellen schlagen kann. In südlichen Ländern,<br />

in Italien, Spanien und in Südamerika<br />

auch, mussten gewisse Fussballplätze mit<br />

Drahtzäunen umgeben wer<strong>den</strong>, einerseits um<br />

zu verhindern, dass das Publikum - in der Ekstase<br />

befangen - kurzerhand <strong>den</strong> Platz stürmt,<br />

<strong>den</strong> Schiedsrichter oder einen unbeliebten<br />

Spieler lyncht oder einen andern in der Begeisterung<br />

über <strong>den</strong> errungenen Sieg erdrückt,<br />

andererseits auch um das Publikum daran zu<br />

hindern, während des Spiels Hüte, Flaschen,<br />

Schirme und was sonst an Werfbarem zur<br />

Hand ist, auf das Spielfeld oder an <strong>den</strong> Kopf<br />

des Schiedsrichters zu werfen. Gemessen an<br />

diesen Massstäben hielt sich der Enthusiasmus<br />

der Luzerner Fussballfans noch in recht vernünftigen<br />

und reservierten Grenzen.


18 Cupfinal 1997<br />

Spektakel im Zeichen der<br />

Freundschaft<br />

Ein gescheiterter<br />

La-Ola-Weltkrekordversuch,<br />

ein Platzsturm<br />

durch einen Walliser<br />

Güggel und ein FCL-<br />

Trainer im Dress der<br />

Deutschen Nationalmannschaft:<br />

<strong>Der</strong><br />

Cupfinal 1997 gegen<br />

<strong>den</strong> FC Sion bleibt<br />

nicht nur wegen<br />

seinem dramatischen<br />

Spielverlauf unvergessen.<br />

<strong>Der</strong> Cupfinal als ein friedliches<br />

Volksfest <strong>für</strong> Jung und<br />

Alt – wohl kaum ein Endspiel<br />

wurde diesem «Ideal» gerechter<br />

als die finale Ausmarchung<br />

aus dem Jahr<br />

1997 zwischen dem FC Luzern<br />

und dem FC Sion. <strong>Das</strong><br />

lag einerseits daran, dass<br />

beide Vereine traditionell<br />

über einen grossen und festfreudigen<br />

Anhang verfügen<br />

und vor allem an Cupfinals<br />

weit über die eigentliche<br />

Fanszene hinaus Anhänger<br />

mobilisieren können. Andererseits<br />

befand sich die aus<br />

heutiger Sicht eher bizarr<br />

Stefan Wolf feiert seinen verwerteten Penalty zum 3:2<br />

frenetisch und sieht da<strong>für</strong> die gelbe Karte.<br />

Rechts Petar Aleksandrov.<br />

anmutende Fanfreundschaft<br />

zwischen Luzern und Sion<br />

im Jahr 1997 auf ihrem absoluten<br />

Höhepunkt, was<br />

rund um <strong>den</strong> Cupfinal ausgiebig<br />

zelebriert wurde.<br />

Bereits am Vormittag des<br />

Spieltags fuhren die ersten<br />

Extrazüge Richtung Bundeshauptstadt.<br />

Zielort war<br />

selbstverständlich der Berner<br />

Hauptbahnhof – auf die<br />

Idee, aus «verkehrs- und sicherheitspolizeilichenGrün<strong>den</strong>»<br />

die Luzerner Fans nur<br />

bis Ostermundigen fahren<br />

zu lassen, kam zu jener Zeit<br />

gottlob noch niemand.<br />

In der Stadt Bern traf die Luzerner<br />

Anhängerschaft an<br />

allen Ecken und En<strong>den</strong> auf<br />

Fangruppen aus dem Wallis.<br />

Sofort kam es zum Körperkontakt<br />

– allerdings nicht<br />

wie man heute vermuten<br />

könnte in Form von Kinnhaken<br />

und Fusstritten, sondern<br />

in Form von Schulterklopfern,<br />

Handshakes und High<br />

Fives. Sowieso waren damals<br />

Freund und Feind gar nicht<br />

so einfach voneinander zu<br />

unterschei<strong>den</strong>, kreierten<br />

doch die bei<strong>den</strong> Fanlager zusammen<br />

ein gemeinsames<br />

Cupfinal-T-Shirt – eine Kooperation<br />

über Vereinsgren-


Cupfinal 1997<br />

zen hinweg, die im Jahr<br />

2012 nur noch schwer vorstellbar<br />

ist.<br />

Die freundschaftliche Atmosphäre<br />

war auch im Stadion<br />

überall spürbar. Gespielt<br />

wurde damals noch im alten<br />

Wankdorfstadion, dessen<br />

Kapazität allerdings aufgrund<br />

diverser baulicher<br />

Massnahmen schon arg geschrumpft<br />

war. So wurde<br />

beispielsweise die Gegentribüne<br />

mittels Holzbänken<br />

mehr schlecht <strong>den</strong>n recht in<br />

einen Sitzplatzbereich umfunktioniert.<br />

Hinter <strong>den</strong> Toren<br />

gab es aber immer noch<br />

Stehplätze. Insgesamt betrug<br />

das Fassungsvermögen<br />

28‘400 Zuschauer. Selbstverständlich<br />

war das Stadion<br />

ausverkauft, man hätte wohl<br />

locker die doppelte Anzahl<br />

Tickets verkaufen können.<br />

Die Fans aus dem Wallis waren<br />

leicht in der Überzahl,<br />

stimmungsmässig waren die<br />

Luzerner aber mehr als<br />

ebenbürtig.<br />

Als ein weiteres, auch optisch<br />

beeindruckendes Zeichen<br />

der gegenseitigen Zuneigung<br />

machten sich vor<br />

Spielbeginn Exponenten beider<br />

Fanlager in voller Kuttenmontur<br />

zusammen mit<br />

Menschen in Trachten, die in<br />

Körben landwirtschaftliche<br />

Erzeugnisse aus <strong>den</strong> jeweiligen<br />

Kantonen präsentierten,<br />

auf eine Ehrenrunde rund<br />

ums Spielfeld – ein prächtiges<br />

Spektakel, das zumindest<br />

bei jenen Zuschauern,<br />

die nicht ganz so chuttige<br />

Gene in sich trugen <strong>für</strong><br />

grosse Heiterkeit sorgte.<br />

Dann folgte der unumstrittene<br />

Höhepunkt des urchigen<br />

Fanspektakels: Ein<br />

Laola-Weltrekordversuch,<br />

der mit einem Eintrag ins<br />

Guiness Buch der Rekorde<br />

gekrönt wer<strong>den</strong> sollte. 100<br />

Mal sollte die Welle rund<br />

ums Stadion bran<strong>den</strong> – doch<br />

leider offenbarten die Organisatoren<br />

des Weltrekordversuchs<br />

im Zeitmanagement<br />

gewisse Schwächen.<br />

Schade! Bereits nach Runde<br />

14 betraten die bei<strong>den</strong><br />

Mannschaften das Spielfeld<br />

– der Weltrekordversuch<br />

musste zähneknirschend abgebrochen<br />

wer<strong>den</strong>.<br />

Noch mitten im Laola-Fieber<br />

blieb dem Luzerner Anhang<br />

nicht viel Zeit, sein Intro zu<br />

präsentieren. <strong>Der</strong> VFFC – die<br />

traditionelle Fanclubvereinigung<br />

war damals in der Luzerner<br />

Kurve noch federführend<br />

– hatte sich nach intensiven<br />

Überlegungen <strong>für</strong> eine<br />

... Ballonchoreo entschie<strong>den</strong>.<br />

Während man also im<br />

optischen Bereich keine<br />

neuen Masstäbe setzte, war<br />

die akustische Performance,<br />

die der Luzerner Anhang an<br />

19<br />

diesem Tag ablieferte, geradezu<br />

meisterhaft. Während<br />

<strong>den</strong> folgen<strong>den</strong> 120 Minuten<br />

herrschte in der Luzerner<br />

Kurve fast durchgehend eine<br />

Bombenstimmung, nicht zuletzt<br />

begünstigt durch <strong>den</strong><br />

hochdramatischen Spielverlauf.<br />

<strong>Das</strong>s sich die bei<strong>den</strong> Mannschaften<br />

auf dem Rasen einen<br />

derart spektakulären<br />

Fight liefern wür<strong>den</strong>, konnte<br />

nicht erwartet wer<strong>den</strong>. Denn<br />

die sportliche Ausgangslage<br />

versprach nicht allzu viel<br />

Spannung. Die Favoritenrolle<br />

war klar verteilt. Auf<br />

der einen Seite war der FC<br />

Sion unter ihrem italienischen<br />

Trainer Alberto Bigon<br />

gerade erst Schweizer Meister<br />

gewor<strong>den</strong> und blickte<br />

mit viel Selbstvertrauen auf<br />

die stolze Serie von acht ungeschlagenen<br />

Cupfinals zurück.<br />

Auf der anderen Seite stand<br />

der FC Luzern – bei welchem<br />

die Ära Simioni langsam<br />

aber sicher ihrem bitteren<br />

Ende zuging – am Ende einer<br />

geradezu desaströsen<br />

Saison, in welcher der Ligaerhalt<br />

nur in extremis geschafft<br />

wurde. Den Fans<br />

wur<strong>den</strong> nicht nur peinvolle<br />

Heimniederlagen gegen<br />

fussballerische «Hochkaräter»<br />

wie Etoile Carouge zugemutet,<br />

sondern auch ein<br />


20<br />

Walliser Güggel stürmt <strong>den</strong> Platz und bleibt unaufhaltbar.<br />

«Sportchef» namens Roger<br />

Wehrli. Diesem gelang die<br />

Glanzleistung, Torhüter Beat<br />

Mutter drei Tage vor dem<br />

Cupfinal mitzuteilen, dass er<br />

ab der kommen<strong>den</strong> Sasion<br />

beim FCL nicht mehr erwünscht<br />

ist. Ein Affront, der<br />

nicht ohne Folgen bleiben<br />

sollte...<br />

FCL-Cheftrainer war damals<br />

Kudi Müller, der mitten in<br />

der Saison <strong>den</strong> von Wehrli<br />

weggemobbten Jean-Paul<br />

Brigger ersetzte. «Tac! Tac!<br />

Tac!»-Kudi sorgte am Cupfinal<br />

weniger durch taktisches<br />

Feingespür <strong>für</strong> Aufsehen<br />

(«Taktik ist ein Tor mehr als<br />

der Gegner zu schiessen»),<br />

als durch seine gelungene<br />

Kleiderwahl. So setzte das<br />

unverwüstliche FCL-Urgestein<br />

mit schicker Trainings-<br />

hose und dem Leibchen der<br />

Deutschen Nationalmannschaft<br />

ein unvergessliches<br />

modisches Glanzlicht.<br />

<strong>Das</strong> Spektakel auf dem Rasen<br />

spielt sich dann kurz zusammengefasst<br />

wie folgt ab:<br />

Bereits in der ersten Spielminute<br />

geht Sion in Führung<br />

(der verunsicherte Beat Mutter<br />

greift glorios daneben).<br />

In der achten Spielminute<br />

stürmt ein Walliser Hahn<br />

<strong>den</strong> Rasen. <strong>Der</strong> Chaot im Federkleid<br />

kann erst nach ein<br />

paar Minuten durch Petar<br />

Aleksandrov eingefangen<br />

wer<strong>den</strong>. In der 16. Minute<br />

gleicht Stefan Wolf aus,<br />

zwölf Minuten später bringt<br />

Gaspoz die Walliser wieder<br />

in Führung. Drei Minuten<br />

vor dem Halbzeitpfiff gelingt<br />

Wiggerl Kögl der erneute<br />

Cupfinal 1997<br />

Ausgleich. In der 68. Minute<br />

dann die erstmalige Luzerner<br />

Führung durch einen<br />

verwandelten Elfmeter von<br />

Stefan Wolf, der anschliessend<br />

die gelbe Karte wegen<br />

übertriebenem Torjubel kassiert.<br />

In der 71. und 82. Minute<br />

verpassen Josephus<br />

Yenay und Agent Sawu je<br />

zwei 100%ige-Torchancen<br />

und damit die Entscheidung<br />

<strong>für</strong> Blau-weiss. Sechs Minuten<br />

vor Spielschluss fällt<br />

Schiedsrichter Claude Détruche<br />

einen umstrittenen Penalty-Entscheid<br />

gegen <strong>den</strong><br />

FCL, der ihn fast ins Spital<br />

und Petar Aleksandrov fast<br />

ins Gefängnis bringt. <strong>Der</strong><br />

wutschnaubende Bulgare<br />

kann vom gesamten Luzerner<br />

Betreuerstab nur mit vereinten<br />

Kräften davon abgehalten<br />

wer<strong>den</strong>, dem Schiedsrichter<br />

seine Sicht der Dinge<br />

mittels einer rechten Gera<strong>den</strong><br />

kundzutun.<br />

<strong>Der</strong> Penalty wird verwandelt,<br />

das Spiel geht in die Verlängerung.<br />

In der 120. Minute<br />

schliesst Ahmed Ouattara<br />

<strong>den</strong> allerletzten Angriff des<br />

Spiels per Kopf zum alles<br />

entschei<strong>den</strong><strong>den</strong> 4:3 <strong>für</strong> Sion<br />

ab. Die Sion-Spieler werfen<br />

vor Begeisterung ihre Trikots<br />

in <strong>den</strong> Himmel und liegen<br />

sich jubelnd in <strong>den</strong> Armen.<br />

In der 121. Minute entdeckt<br />

Schiedsrichter Détruche<br />

endlich das Fähnchen, das


Cupfinal 1997<br />

vom Linienrichter wild geschwungen<br />

wird. Outtara<br />

soll im Abseits gestan<strong>den</strong><br />

sein. Kudi Müller, der sich<br />

bereits auf dem Weg in die<br />

Katakomben befindet, kehrt<br />

wieder aufs Spielfeld zurück.<br />

Nachdem die Sion-Spieler<br />

ihre Trikots wieder gefun<strong>den</strong><br />

haben, beginnt – zum ersten<br />

Mal in der Geschichte des<br />

Schweizer Cups – das Penaltyschiessen.<br />

Die ersten acht<br />

Schützen verwandeln alle<br />

souverän, dann scheitert<br />

Gürkan Sermeter an Sion-<br />

Keeper Stefan Lehmann. Assis<br />

kann mit dem letzten Elfer<br />

aller klar machen, doch<br />

Beat Mutter hält mirakulös.<br />

<strong>Das</strong> Penaltyschiessen geht in<br />

die Verlängerung. Agent<br />

Sawu verschiesst, Quentin<br />

trifft. Sion ist zum neunten<br />

Mal Schweizer Cupsieger.<br />

Nach dem Spiel stürmen die<br />

Walliser Anhänger <strong>den</strong> Rasen.<br />

Viele davon steuern direkt<br />

auf die Luzerner Fankurve<br />

zu. Dann passiert an<br />

Saisonabschlussparty<br />

Samstag, 26. Mai 2012, Zone 5<br />

21<br />

diesem nicht ganz gewöhnlichen<br />

Cupfinal zum letzten<br />

Mal etwas, was man sich<br />

heute nicht mehr vorstellen<br />

kann: Die Luzerner Fans<br />

spen<strong>den</strong> ihren Walliser<br />

Freun<strong>den</strong> Applaus und machen<br />

mit ihnen zusammen<br />

die Welle. Aus tausen<strong>den</strong><br />

Luzerner Kehlen ertönt<br />

«Sion allez!»<br />

<strong>Das</strong> Wort «Merde» wurde<br />

diesem Lied dann erst ein<br />

paar Jahre später hinzugefügt...<br />

Am Nachmittag<br />

Tschuttibildli Tauschbörse<br />

+ Barbecue<br />

Am Abend<br />

Highlights der Saison<br />

auf Grossleinwand<br />

+ DJ SBS


22<br />

«Blau-wiissi Nacht - Die Party der Fanszene Luzern»<br />

Ein etwas anderer Konzertbericht<br />

Wenn der Durchschnittsbürger Fussballfans beschreiben müsste,<br />

wür<strong>den</strong> wohl Worte wie «Dosenbier», «aggressiv» oder «ungebildet»,<br />

jedoch ganz bestimmt nicht «romantisch» oder «musikalisch» fallen.<br />

Doch nicht erst seit der Veröffentlichung des Doppel-Albums der<br />

OMRC, sollte er merken dass er sich irrt. Am 13. April fand nun das<br />

lang ersehnte Konzert in der Schüür statt.<br />

Eigentlich fehlen einem<br />

die Worte, wenn man<br />

an <strong>den</strong> Abend zurück<strong>den</strong>kt.<br />

Oder man hat<br />

einfach Mühe die passen<strong>den</strong><br />

<strong>für</strong> diesen Anlass<br />

zu fin<strong>den</strong>. Denn <strong>für</strong><br />

so einige war es eins<br />

der besten Konzerte allgemein<br />

und die wohl<br />

beste Veranstaltung der<br />

Luzerner Fanszene<br />

fernab der Spieltage.<br />

Seit der Veröffentlichung<br />

des Doppelalbums<br />

der Open Minded Riot Crew rund um<br />

<strong>den</strong> Fussball in Luzern dachte eigentlich niemand<br />

daran, dass dieses geniale Projekt noch<br />

einmal überboten wer<strong>den</strong> könnte.<br />

Es war auch ein Zeichen, wie gut vernetzt die<br />

Luzerner Fanszene unter einander bereits ist.<br />

Kurzfristig kam die Idee auf, das Konzert wie<br />

ein normales Spiel zu besuchen. «Alli met<br />

Schal id Schüür» hiess es erst am selben Tag<br />

unabhängig von <strong>den</strong> Organisatoren und so<br />

verstan<strong>den</strong> einige Nicht-Fussballfans die Welt<br />

nicht mehr, als am Freitag Abend eine Gruppe<br />

von rund 250 Leuten gemeinsam das Fan-Lokal<br />

Zone 5 mit Schals und Gesängen über die<br />

Langensand-Brücke Richtung Schüür verliess.<br />

Die Vorfreude war bei jedem Einzelnen spürbar.<br />

Eine Vorfreude, welche sich mit dem Cupfinal-Einzug<br />

unter der Woche im Wallis noch<br />

Sensationelle Stimmung in der mit FCL-Fans gefüllten Schüür.<br />

um ein vielfaches gesteigert hat. Erst recht,<br />

weil es auch schön zu sehen ist, dass der Fussball<br />

in Luzern wieder einen gewissen Stellenwert<br />

hat. <strong>Das</strong>s man sich nicht <strong>für</strong> seine Lei<strong>den</strong>schaft<br />

schämt, sondern stolz ist Luzerner zu<br />

sein und selbst unabhängig von Spieltagen einen<br />

Schal trägt.<br />

Die Anwesen<strong>den</strong> in der Schüür waren alle gespannt,<br />

wie man dieses an Vielfältigkeit nicht<br />

zu überbietende Album auf der Bühne umsetzen<br />

will. Schon vor dem Konzertstart fühlte<br />

man sich eher wie in einem Stadion, als an einem<br />

Konzert. Es wurde gesungen, gescherzt<br />

und natürlich nahm jeder genügend Flüssigkeit<br />

<strong>für</strong> die bevorstehen<strong>den</strong> und kräfterauben<strong>den</strong><br />

Stun<strong>den</strong> zu sich. <strong>Der</strong> Reihe nach wur<strong>den</strong> die<br />

Künstler ein- und ausgewechselt und sangen<br />

sich selbst fast in Ekstase. Die Vielfalt an Musik-


stilen ist das eine, die unterschiedlichen Charaktere<br />

der Bands das fast noch faszinierendere.<br />

Die Open Minded Riot Crew erinnert<br />

generell teilweise an eine amerikanische Sitcom<br />

in welcher stets ein Schönling (Johnny<br />

Burn), ein Cooler (The Lyrix/Freeze), ein Vernünftiger<br />

(Hendrik Bel<strong>den</strong>, Mauro Guarise), ein<br />

Luder (Karin Steffen) und jemand zwischen<br />

geistig verwirrt oder sonst irgendwie nicht<br />

ganz normal (Friedli&Fränz) usw. mitspielen.<br />

Genauso verschie<strong>den</strong> wie sich die Fans im Sta-<br />

«Danke ihr geilsten der<br />

geilsten Fans! Ihr wart<br />

Wahnsinn!»<br />

Henrik Bel<strong>den</strong>, Musiker<br />

dion <strong>für</strong> eine Sache zusammenfin<strong>den</strong>. Über die<br />

einzelnen Songs bleibt nicht viel zu sagen, da<br />

die OMRC-CD bei jedem in mehrfacher Stückzahl<br />

vorhan<strong>den</strong> sein sollte. Speziell zu erwähnen<br />

bleibt The Lyrix, welche sich dem Konzert<br />

der OMRC anschlossen und das extra einstudierte<br />

Kurvenlied «Fuessballjugend».<br />

Es war ein sehr emotionaler Abend in jeder<br />

Hinsicht. Es flossen nicht nur im Publikum Trä-<br />

23<br />

nen, sondern auch bei einigen Musikern, welche<br />

so etwas ebenfalls noch nicht erlebt hatten.<br />

Ein Auftritt wo jedes einzelne Lied dem<br />

Musiker und seinem Publikum gleichermassen<br />

ans Herz ging. Einige stan<strong>den</strong> nach dem Konzert<br />

total erschöpft und aufgelöst vor der<br />

Bühne. Um <strong>den</strong> Abend zusammenzufassen<br />

bediene ich mich Hendrik Bel<strong>den</strong>s Worten:<br />

«Danke ihr geilsten der geilsten Fans! Ihr wart<br />

Wahnsinn!». Ein Kompliment, welches man<br />

vor allem auch an Frezzu und Diego weitergeben<br />

muss. Zwei wirklich echte sogenannte<br />

Fans.<br />

Doch so genial der Abend auch war. Ein unschöner<br />

Beigeschmack blieb zumindest bei mir<br />

haften: Ist das, was ich <strong>für</strong> meine Stadt und<br />

meinen Verein mache gut genug? Kann ich<br />

meiner Lei<strong>den</strong>schaft genügend Ausdruck verleihen<br />

oder mache ich es mir zu einfach? Ich<br />

<strong>den</strong>ke die Herren und Damen auf und hinter<br />

der Bühne haben bewiesen, was möglich ist<br />

wenn man an eine Idee glaubt, wenn man ihr<br />

mit einer hundertprozentigen Überzeugung<br />

nachgeht und seine ganze Liebe in ein Projekt<br />

steckt. Sollte bei jemandem das selbe Gefühl<br />

aufgekommen sein; glaubt daran! Die Fanszene<br />

und wir von <strong>den</strong> United Supporters sind<br />

auf je<strong>den</strong> Fall offen <strong>für</strong> eure Ideen und bereit<br />

euch dabei zu unterstützen.


24 Allmend United<br />

Aus Protest wird Online-Plattform<br />

Als Reaktion auf die<br />

Repressionen seitens<br />

des FCL-Vorstands<br />

entstand im letzten<br />

Dezember die Plattform<br />

Allmend United,<br />

die beschlossen hat,<br />

sich auch nach dem<br />

Rückzug der Sanktionen<br />

weiterhin <strong>für</strong> eine<br />

lebendige Luzerner<br />

Fankultur einzu setzen.<br />

<strong>Das</strong> von Walter Stierli umgesetzte<br />

Fahnenverbot hat die<br />

Luzerner Fanszene auf einen<br />

Schlag vor eine grosse Herausforderung<br />

gestellt. Während<br />

die Kurve nur Tage zuvor<br />

noch <strong>für</strong> die gelungene Choreo<br />

im Lausanne-Spiel gefeiert<br />

wurde, wurde sie von<br />

Stierli, stets sekundiert vom<br />

lokalen Medienmonopolisten,<br />

kurzerhand als austauschbar<br />

bezeichnet. Vertreter<br />

der aktiven Fanszene, allen<br />

voran die USL, nahmen<br />

rasch und sachlich zum begangenen<br />

Vertrauensbruch<br />

Stellung. Dennoch hielten ein<br />

paar langjährige FCL-Fans<br />

ausserhalb der Ultraszene<br />

<strong>den</strong> Moment <strong>für</strong> gekommen,<br />

der Kurve in dieser Situation<br />

<strong>den</strong> Rücken zu stärken. Ein<br />

geeigneter Name <strong>für</strong> das Unterfangen<br />

war schnell zur<br />

Hand: Allmend United.<br />

<strong>Der</strong> Name<br />

wurde bewusst gewählt.<br />

In einer Zeit in<br />

der seitens des FCL<br />

ziemlich achtlos Tradition<br />

verkauft wird<br />

und man plötzlich<br />

begann, Fans in<br />

«richtige» und «falsche»<br />

einzuteilen,<br />

wollten wir einen<br />

Kontrapunkt setzen.<br />

Unser Stadion ist die Allmend,<br />

und wie ihr Name<br />

sagt, soll sie ein Ort <strong>für</strong> alle<br />

sein.<br />

Allmend United gab mittels<br />

einer Internet- und Facebook-<br />

Plattform jedem FCL-Fan die<br />

Möglichkeit, sich zu Fragen<br />

der Fankultur und zum FCL<br />

zu äussern. Viele Fans kamen<br />

diesem Aufruf nach und<br />

schon bald entstand ein reger<br />

Diskussionsbetrieb. Neben<br />

der Publikation von Artikeln<br />

und dem Verteilen von Flyern<br />

bot Allmend United auch der<br />

symbolischen «Sitzplatz-Saisonkarten-Rückgabeaktion»<br />

eine Plattform. Danach folgten<br />

öffentliche Auftritte bei<br />

diversen Radiostationen und<br />

bei Tele 1. Ziel war es, die<br />

Sicht der Fans auch einem<br />

breiteren Publikum zugänglich<br />

zu machen und an die<br />

Öffentlichkeit zu treten.<br />

Gänzlich ignoriert, trotz<br />

mehrmaligen Versuchen,<br />

wurde man eigentlich nur<br />

von der NLZ.<br />

Motivation von Allmend United<br />

war und ist, die friedliche,<br />

unabhängige und aktive Fankultur<br />

in Luzern zu fördern<br />

und wo es nötig ist, Missverständnisse<br />

aufzuklären. Wir<br />

wollen <strong>für</strong> all jene eine Unterstützung<br />

sein, die <strong>den</strong> FCL im<br />

Herzen tragen und ihn durch<br />

dick und dünn begleiten. <strong>Das</strong><br />

bedeutet auch, dass man ab<br />

und zu kritisch auf die Finger<br />

derjenigen schaut, die im Verein<br />

am Steuer sitzen. Treue<br />

Anhänger sind das wichtigste<br />

Kapital des FC Luzern. Ihre<br />

Bedürfnisse müssen ernst genommen,<br />

ihre Anliegen verstan<strong>den</strong><br />

wer<strong>den</strong>.<br />

Allmend United wird sich<br />

auch in Zukunft diesen Zielen<br />

verschreiben.<br />

➤ www.allmend-united.org<br />

➤ www.facebook.com/<br />

AllmendUnited

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