"Auf dem Weg zum neuen Hörgerät" - Merkblatt für Hörgeschädigte
"Auf dem Weg zum neuen Hörgerät" - Merkblatt für Hörgeschädigte
"Auf dem Weg zum neuen Hörgerät" - Merkblatt für Hörgeschädigte
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Sozialverband VdK Deutschland e.V.<br />
Sie befinden sich hier:<br />
Der VdK Themen Behinderung<br />
"<strong>Auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Weg</strong> <strong>zum</strong> <strong>neuen</strong> Hörgerät" - <strong>Merkblatt</strong> <strong>für</strong> <strong>Hörgeschädigte</strong><br />
BEHINDERUNG<br />
BEHINDERUNG<br />
BEHINDERUNG<br />
17. Dezember 2012<br />
"<strong>Auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Weg</strong> <strong>zum</strong> <strong>neuen</strong> Hörgerät" -<br />
<strong>Merkblatt</strong> <strong>für</strong> <strong>Hörgeschädigte</strong><br />
In der Hörgeräteversorgung zahlen die Krankenkassen pauschale<br />
Festbeträge. Das Bundessozialgericht hat aber entschieden, dass dies<br />
die Krankenkassen nicht von der Pflicht befreit, die Hörbehinderung<br />
auszugleichen (Urteil vom 17. Dezember 2009).<br />
© Imago<br />
Das bedeutet, dass die Patienten Anspruch auf ein Hörgerät haben, das "die nach<br />
<strong>dem</strong> Stand der Medizintechnik bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen<br />
Gesunder erlaubt, soweit dies im Alltagsleben einen erheblichen Gebrauchsvorteil<br />
bietet". Soweit technisch möglich, gehört dazu auch das Hören und Verstehen in<br />
größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen und nicht nur das<br />
Einzelgespräch. Insbesondere bei an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit reichte<br />
der Festbetrag dazu nicht aus. Daher gilt da<strong>für</strong> nun ein eigenständiger Festbetrag.<br />
Festbeträge (ohne Ohrpassstück):<br />
Normale Schwerhörigkeit: ca. 760 Euro<br />
An Taubheit grenzende Schwerhörigkeit: ca. 1400 Euro<br />
Nichtsdestotrotz bleibt der Anspruch auf Ausgleich der Hörbehinderung die zentrale<br />
Richtgröße. Das bedeutet, wenn auch der neue, höhere Festbetrag nicht ausreicht,<br />
muss die Kasse auch ein teureres Hörgerät bezahlen.
Hier finden Sie noch einmal alle Schritte auf <strong>dem</strong> <strong>Weg</strong> zu einem <strong>neuen</strong> Hörgerät auf<br />
einen Blick:<br />
1. Besuchen Sie zuerst Ihren Hals-Nasen-Ohren (HNO)-Arzt!<br />
Ihr HNO-Arzt wird Sie gründlich untersuchen, Ihren Grad der Schwerhörigkeit<br />
feststellen und Ihnen eine Verordnung <strong>für</strong> ein Hörgerät ausstellen. Diese Verordnung<br />
ist die Grundlage <strong>für</strong> die Versorgung. Lassen Sie Sich auch ein ärztliches Attest<br />
erstellen, das Grad der Schwerhörigkeit sowie eventuelle weitere Gründe <strong>für</strong> die<br />
Verordnung eines Hörgerätes deutlich festhält. Machen Sie sich eine Kopie der<br />
Verordnung <strong>für</strong> Ihre Unterlagen.<br />
Lassen Sie beim Arzt ein Audiogramm machen, um in Akustikerläden ohne<br />
Zusatzkosten Preisauskünfte einholen zu können. Einige HNO-Ärzte bieten im<br />
Rahmen des verkürzten Versorgungsweges auch selber Hörgeräte an. Lassen Sie<br />
Sich ein Angebot machen, aber lassen Sie Sich nicht überrumpeln.<br />
2. Suchen Sie Ihren Hörgeräteakustiker auf!<br />
Mit der Verordnung und <strong>dem</strong> Audiogramm suchen Sie einen Hörgeräteakustiker auf.<br />
Die Krankenkassen und die Hörgeräteakustiker haben Versorgungsverträge<br />
geschlossen, die die Akustiker verpflichten mindestens ein Gerät <strong>zum</strong> Festbetrag,<br />
also ohne Eigenbeteiligung des Versicherten bereitzuhalten (abgesehen von der<br />
gesetzlichen Zuzahlung von 10 Euro). Sie können auch verschiedene Akustiker<br />
aufsuchen und Preise vergleichen, bevor Sie mit <strong>dem</strong> Anpassungstest beginnen.<br />
Wenn Sie ein ausreichendes Hörgerät <strong>zum</strong> Festbetrag finden, sparen Sie sich viel<br />
Ärger und Bürokratie. <strong>Auf</strong> Grundlage der Verordnung wird Ihnen der Akustiker<br />
mehrere Geräte vorschlagen, die Sie kostenlos testen dürfen. Dabei sollten Sie ein<br />
Hörtagebuch führen und genau notieren in welcher Situation Sie mit welchem Gerät<br />
wie gut hören konnten. Sie können auch nach <strong>dem</strong> Anpassungstest noch den<br />
Akkustiker wechseln, dieser erhält dann eine Abbruchvergütung von der<br />
Krankenkasse. Bedenken Sie aber, dass nicht nur der Preis, sondern auch ein guter<br />
Service wichtig ist <strong>für</strong> eine gute Hörgeräteversorgung.<br />
Wenn das Gerät <strong>zum</strong> Festbetrag nicht ausreicht um Ihre individuelle Hörbehinderung<br />
auszugleichen und ein teureres gewählt werden muss, können Sie einen Antrag auf<br />
Kostenübernahme bei Ihrer Krankenversicherung stellen. Beachten Sie, dass<br />
Annehmlichkeiten, wie besseres Tragegefühl oder unauffälligeres Hörgerät nicht <strong>zum</strong><br />
Behinderungsausgleich gehören. Entscheiden Sie sich aufgrund dieser Gründe <strong>für</strong><br />
ein teureres Hörgerät müssen Sie die Mehrkosten selber tragen.<br />
Dieses Verfahren kann langwierig und kompliziert werden, deshalb beachten Sie die<br />
folgenden Schritte:<br />
3. Stellen Sie einen Antrag auf Kostenübernahme<br />
Lassen Sie Sich von Ihrem Hörgeräteakustiker ein Gutachten schreiben, in <strong>dem</strong><br />
dargelegt wird, warum nur das ausgewählte, teurere Gerät ihre Hörbehinderung<br />
ausgleichen kann. <strong>Auf</strong> die Defizite insbesondere der Festbetragsgeräte sollte<br />
detailliert eingegangen werden. Ihr Hörtagebuch kann dabei wertvolle Hilfe leisten.<br />
Reichen Sie das Gutachten zusammen mit <strong>dem</strong> Kostenvoranschlag <strong>für</strong> das benötigte<br />
Modell und einem formlosen schriftlichen Antrag auf Übernahme der Kosten <strong>für</strong> das<br />
gewählte Hörgerät bei Ihrer Krankenkasse ein und lassen Sie sich den Empfang<br />
bestätigen.
Nun gibt es drei Möglichkeiten:<br />
a) Die Kasse genehmigt die Kostenübernahme, dann ist <strong>für</strong> Sie alles geklärt und Sie<br />
müssen nur noch Ihr Hörgerät abholen und feinanpassen lassen.<br />
b) Die Kasse lehnt Ihren Antrag ab, dann legen Sie Widerspruch ein (siehe 4a).<br />
c) Die Kasse reagiert gar nicht. Dann stellen Sie eine Frist (siehe 4b).<br />
4a) Legen Sie Widerspruch ein!<br />
Lehnt die Kasse Ihren Antrag auf Kostenübernahme und <strong>für</strong> das benötigte Hörgerät<br />
ab, so müssen Sie innerhalb eines Monats formlos und schriftlich Widerspruch gegen<br />
diese Entscheidung einlegen. Legen Sie <strong>dem</strong> Widerspruch das ärztliche Atteste Ihres<br />
HNO-Arztes sowie den Anpassungstest sowie das Gutachten des<br />
Hörgeräteakustikers und ggf. Ihr Hörtagebuch (alles in Kopie!) bei und bitten Sie Ihre<br />
Kasse um Erstellung eines Gutachtens durch den MDK (Medizinischer Dienst der<br />
Krankenkassen). Die Erstellung dieses MDK-Gutachtens zu Ihrem Fall ist <strong>für</strong> Sie<br />
kostenlos und die Kasse ist nach <strong>dem</strong> Amtsermittlungsgrundsatz verpflichtet, Ihren<br />
Antrag auch medizinisch zu prüfen, bevor sie ihn endgültig ablehnt! Nach einer<br />
endgültigen Ablehnung bleibt Ihnen noch die Klage vor <strong>dem</strong> Sozialgericht.<br />
Wichtig ist dabei, dass die Kasse eine schriftliche Ablehnung schickt. Wenn die<br />
Kasse Sie anruft, bestehen Sie auf einem schriftlichen Bescheid.<br />
4b) Setzen Sie eine Frist<br />
Ab <strong>dem</strong> 1. Januar muss die Krankenkasse Ihnen innerhalb von drei Wochen<br />
antworten, wenn sie ein Gutachten des MDK beauftragt innerhalb von fünf Wochen.<br />
Die Antwort kann auch statt einer Entscheidung Gründe enthalten, warum die Frist<br />
überschritten wird. Wenn innerhalb der Frist keine Antwort kommt, oder die Gründe<br />
nicht hinreichend sind, können Sie der Kasse eine Frist setzen, nach deren Ablauf<br />
Sie Sich das Hörgerät selber kaufen, die Kasse muss die Kosten dann übernehmen<br />
(§13 Absatz 3a SGB V). Dazu reicht ein formloses Schreiben, als Frist sind zwei<br />
Wochen angemessen. Wenn nach Ablauf der Frist immer noch keine Entscheidung<br />
der Kasse vorliegt, kaufen Sie das gewählte Hörgerät und reichen die Rechnung bei<br />
der Kasse zur Kostenerstattung ein. Wenn ein Ablehnungsbescheid erfolgt, legen Sie<br />
Widerspruch ein (siehe 4a).<br />
Sowohl die Widerspruchslösung, als auch die Kostenübernahme haben ihre Tücken.<br />
Im ersten Fall erhalten Sie kein Hörgerät, solange das (Gerichts-)Verfahren läuft. Im<br />
zweiten Fall, bleiben Sie eventuell auf den Mehrkosten sitzen, wenn Gutachter im<br />
Gerichtsverfahren feststellen, dass ihr Hörgerät keinen "wesentlichen"<br />
Gebrauchsvorteil gegenüber <strong>dem</strong> Festbetragsgerät besitzt.<br />
In je<strong>dem</strong> Fall sollten Sie kein Hörgerät kaufen, bevor Sie nicht mit der Kasse die<br />
Kosten geklärt haben, weil Sie dann jeglichen Anspruch verlieren. Also entweder den<br />
Ablehnungsbescheid abwarten, oder falls dieser nicht kommt, eine Frist setzen und<br />
warten bis diese verstrichen ist.<br />
5. Vorsicht Mehrkostenerklärung!<br />
Häufig sollen Sie beim Hörgeräteakustiker ein Formular unterschreiben, dass Sie<br />
sich freiwillig <strong>für</strong> dieses Hörgerät entscheiden haben, wohl wissend, dass es über<br />
<strong>dem</strong> Festbetrag der Krankenkasse liegt. Ohne dieses Formular wird Ihr Antrag bei<br />
der Krankenkasse als "unvollständig" nicht bearbeitet, aber mit <strong>dem</strong> Formular treten<br />
Sie Ihren Anspruch auf Kostenerstattung ab. Streichen Sie die entsprechenden Sätze<br />
und unterschreiben Sie das Formular. In neueren Formularen sollen Gründe<br />
angekreuzt werden, warum Sie Sich <strong>für</strong> ein Gerät über <strong>dem</strong> Festbetrag entschieden
haben. Fügen Sie hier ein neues Kästchen hinzu, das einen medizinischen Grund<br />
angibt, <strong>zum</strong> Beispiel "Sprachverstehen in größeren Personengruppen".<br />
Machen Sie sich nicht allzu große Sorgen über dieses Formular, wenn es zu einem<br />
Gerichtsverfahren kommt, wird die Krankenkasse sich wahrscheinlich nicht darauf<br />
berufen, da unklar ist, ob diese Verzichtserklärung nicht sittenwidrig ist. <strong>Auf</strong> jeden Fall<br />
die Mehrkostenerklärung erst nach <strong>dem</strong> Ablehnungsbescheid der Kasse<br />
unterschreiben.<br />
6. Vereinbaren Sie einen Termin bei Ihrer VdK-Geschäftsstelle vor<br />
Ort!<br />
Sollte Ihr Widerspruch nicht erfolgreich sein, so wenden Sie sich bitte zur weiteren<br />
juristischen Prüfung und Rechtsvertretung an die <strong>für</strong> Ihren Wohnort zuständige VdK-<br />
Geschäftsstelle. Die Kontaktdaten erhalten Sie unter hier: Landesverbände.<br />
<strong>Auf</strong> dieser Seite stehen unter Musteranträge <strong>zum</strong> Herunterladen zur Verfügung:<br />
1. Muster: Antrag auf Kostenerstattung <strong>für</strong> ein selbst beschafftes bedarfsgerechtes<br />
Hörgerät<br />
2. Muster: Erstantrag <strong>für</strong> ein bedarfsgerechtes Hörgerät<br />
3. Muster: Widerspruch bei erfolgter Ablehnung des Antrags auf ein bedarfsgerechtes<br />
Hörgerät<br />
Die VdK-Geschäftsstellen vor Ort halten alle Materialien ebenfalls bereit und stehen<br />
Ihnen bei Fragen gerne zur Verfügung.<br />
Musterantrag Kostenerstattung (41,89 KB, RTF-Datei)<br />
Muster: Antrag auf Kostenerstattung <strong>für</strong> ein selbst beschafftes bedarfsgerechtes<br />
Hörgerät. Quelle: Sozialverband VdK Deutschland<br />
Erstantrag <strong>für</strong> ein bedarfsgerechtes Hörgerät (42,86 KB, RTF-Datei)<br />
Muster: Erstantrag <strong>für</strong> ein bedarfsgerechtes Hörgerät. Quelle: Sozialverband VdK<br />
Deutschland<br />
Muster: Widerspruch bei erfolgter Ablehnung des Antrags auf ein<br />
bedarfsgerechtes Hörgerät (43,77 KB, RTF-Datei)<br />
Muster: Widerspruch bei erfolgter Ablehnung des Antrags auf ein bedarfsgerechtes<br />
Hörgerät. Quelle: Sozialverband VdK Deutschland<br />
ADRESSE: ADRESSE: http://www.vdk.de/deutschland/pages/28650/merkblatt_fuer_hoergeschaedigte<br />
PERMALINK: PERMALINK: http://www.vdk.de/permalink/28650<br />
© Sozialverband VdK Deutschland e.V.