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2. Ausgabe - Juni 2009 - Ihr Alfahosting Team!

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6 chor tirol 03/08<br />

300jährige Literaturloch vorzudringen,<br />

das in meinem Stimmfach zwischen<br />

Mozart und Britten klafft. Die<br />

Zyklen von Schubert und der „Krämerspiegel“<br />

von Richard Strauss haben<br />

schon allein deshalb eine ganz<br />

besondere Bedeutung für mich bekommen.<br />

Schuberts Sprache ist mir<br />

außerdem persönlich so nahe, dass<br />

ich sehr oft das Gefühl hatte, er sagt<br />

und singt Dinge, wie ich sie selbst<br />

empfinde und vielleicht allein nicht<br />

ausdrücken konnte. Das kann man<br />

also wohl wirklich als „Herzensstücke“<br />

bezeichnen. Bei der „Winterreise“<br />

kommt noch dazu, dass ich<br />

diese Lieder gemeinsam mit meinem<br />

Freund Georg Steinschaden vor und<br />

nach seiner Leukämie-Erkrankung<br />

gesungen habe und sein erstes Konzert<br />

nach der Krankheit bleibt eine<br />

unvergessliche Erinnerung, die den<br />

Texten noch eine zusätzliche tiefe<br />

Bedeutung für mich gegeben hat.<br />

atemtechnik: begriffsverwirrung „stütze“<br />

(gekürzter artikel)<br />

In den letzten Jahren habe ich viele<br />

Seminare zu diesem Thema gehalten.<br />

Durch meine Unterrichtstätigkeit konnte<br />

ich einen guten Überblick gewinnen,<br />

welche verschiedenen Anschauungen<br />

es in diesem Fachbereich gibt.<br />

Aufgrund dieser Erfahrungen muss ich<br />

leider feststellen, dass bezüglich „Atmung<br />

und Stütze“ noch immer eine<br />

unglaubliche Begriffsverwirrung vorherrscht.<br />

Mit diesem Artikel soll Klarheit<br />

geschaffen werden.<br />

Selbst wenn dieser für viele Musiker so<br />

unglücklich gewählte Begriff konkret<br />

angesprochen wird, gibt es die kontroversiellsten<br />

Meinungen. Hier ein Auszug<br />

der häufigsten Aussagen bzw. gängigsten<br />

Praktiken und Lehrmethoden:<br />

• Man muss beim Stützen die Bauchmuskulatur<br />

anspannen, um die Luft<br />

zu komprimieren.<br />

• Stütze ist das gleiche Gefühl, wie<br />

wenn man auf der Toilette sitzt.<br />

• Das Zwerchfell muss beim Blasen /<br />

Singen / Sprechen solange wie<br />

möglich eine Einatem-Tendenz beibehalten.<br />

Singstimmen sind anfällig, sie reagieren<br />

seismografisch auf körperliche<br />

und seelische Belastungen. Wie<br />

gehen Sie mit diesem Druck um?<br />

Sänger können den Zuhörer ja sehr<br />

direkt auf einer Ebene berühren, die<br />

weit über das Akustische hinausgeht,<br />

indem sie Musik ohne ein äußeres Instrument<br />

aus sich selbst hervorbringen.<br />

So steht man als Sänger, aber<br />

auch immer zu einem großen Teil als<br />

der Mensch da, der man selber ist.<br />

Man exponiert sich, spiegelt nach außen<br />

sehr viel Persönliches und macht<br />

sich dadurch verletzlich, auch wenn<br />

das vom Zuhörer vielleicht nur auf einer<br />

unterbewussten Ebene wahrgenommen<br />

wird. Das ist sicher eine besondere<br />

Herausforderung, aber eben<br />

auch gleichzeitig ein einzigartiges Geschenk.<br />

Wenn Countertenor-Stimmen<br />

oft ein besonderer Bezug zum Überirdischen<br />

nachgesagt wird – Sie müssen<br />

nur schauen, welche Rollen zeit-<br />

• Die Stütze ist die Summe aller Kräfte,<br />

die dem Ausströmen der Luft<br />

während der Tongebung entgegenwirken.<br />

All diese Aussagen sind sehr problematisch.<br />

80 bis 90 Prozent aller Bläser<br />

und Sänger bekommen immer wieder<br />

Probleme, weil sie sich durch falsche<br />

Definitionen des Begriffes „Stütze“ verkrampfen.<br />

Meist wird die Tatsache völlig vernachlässigt,<br />

dass sich beim aktiven Ausatmen<br />

ein Öffnen des Brustkorbs, ein<br />

Heben des Brustbeins ergeben muss,<br />

eine Beweglichkeit im Oberkörper-<br />

/ Schulterbereich erhalten bleiben<br />

muss.<br />

Ohne ein Öffnen des Oberkörpers<br />

schränkt man sich so sehr in der Beweglichkeit<br />

ein, dass man beim Blasen<br />

oder Singen unweigerlich zu viel<br />

Spannung in der Bauchdecke und im<br />

gesamten Rumpfbereich aufbaut. Die<br />

Folge: Immer wieder wirkt zu viel Druck<br />

und damit eine „schließende Kraft“ auf<br />

die Stimmbänder!<br />

tiroler künstlerinnen und künstler im interview<br />

genössische Komponisten uns gerne<br />

zuschreiben – dann ist es für uns vielleicht<br />

auch eine besonders lohnende<br />

Aufgabe, sich ganz bewusst auch mit<br />

diesen außerweltlichen Aspekten von<br />

Stimme auseinanderzusetzen.<br />

Ich bemühe mich, mein Ganzes mit<br />

einzubeziehen, für Signale aus meinem<br />

Innern möglichst offen zu sein<br />

und nicht dagegen, sondern wenn<br />

möglich damit zu arbeiten und bereite<br />

mich auf Auftritte auch auf Ebenen<br />

vor, die auf den ersten Blick nichts mit<br />

Gesangstechnik zu tun haben. Auch<br />

meine Arbeit mit anderen Sängern ist<br />

sehr ganzheitlich und geht nicht selten<br />

auch in eine therapeutische Richtung.<br />

Und hier habe ich dann schon wieder<br />

Neuländer gefunden, in die es weiter<br />

mit Begeisterung vorzudringen gilt und<br />

bei so einem Thema, das ja ein lebenslanger<br />

Lernprozess ist, kommt man<br />

auch nie in die Nähe von Routine oder<br />

Stillstand. (Ursula Strohal)<br />

auch singen will gelernt sein – für gesangspädagogen<br />

• Warum dies passiert ist einfach<br />

erklärt:<br />

Wenn sich unser Knochengerüst nicht<br />

bewegt (werden beispielsweise nur die<br />

Schultern fixiert oder verengt), ist das<br />

Einzige, was sich beim Blasen / Singen<br />

bewegen kann, die Muskulatur, die<br />

rundherum kontrahiert und sich immer<br />

mehr verfestigt und verkrampft. Ist das<br />

Knochengerüst hingegen beweglich,<br />

ermöglicht man durch ein Öffnen des<br />

Brustkorbs und die Beweglichkeit der<br />

Schultern eine gewisse Flexibilität, so<br />

bleibt die Muskulatur locker genug, um<br />

auch große körperliche Leistungen, wie<br />

sie etwa beim Blasen von „High-notes“<br />

oder beim Singen einer dramatischen<br />

Arie erforderlich sind, ohne übermäßige<br />

Anstrengung - geschweige denn ein<br />

Verkrampfen - bewältigen zu können.<br />

• Wie kann man es also schaffen,<br />

konsequent zu üben (zu trainieren),<br />

ohne sich ständig dabei zu verkrampfen?<br />

Hierbei kann man durchaus Vergleiche<br />

mit Spitzensportlern ziehen, denn jeder<br />

Sportler, Bläser oder Sänger, generell<br />

auch singen will gelernt sein – für gesangspädagogen<br />

jeder Mensch, der sich in irgendeiner<br />

Form körperlich betätigt und durch<br />

tägliches Training (Üben) bestimmte<br />

Muskelgruppen für seinen spezifischen<br />

Bereich stärkt, führt gleichzeitig einen<br />

ständigen Kampf gegen ein Verkrampfen<br />

der Muskulatur. Eine Optimierung<br />

der bewegungstechnischen Zusammenhänge<br />

ist von Nöten, weil man sich<br />

nur problemlos weiterentwickeln kann,<br />

wenn Beweglichkeit und Lockerheit erhalten<br />

bleiben.<br />

Man muss also zuerst eine gute Technik<br />

erlernen, um in einen „positiven Bereich“<br />

zu kommen. Erst dann kann man<br />

durch konsequente Arbeit die Muskulatur<br />

in Bezug auf Ausdauer und Kraft so<br />

stärken, dass ein guter Fortschritt und<br />

eine Entwicklung bis hin zu einem professionellen<br />

Ergebnis möglich wird.<br />

Das Wichtigste ist prinzipiell die ständige<br />

Beweglichkeit, die Möglichkeit<br />

der Bewegung an sich, weil nur so ein<br />

Verkrampfen der Muskulatur verhindert<br />

werden kann. Eine große Beweglichkeit<br />

bedeutet auch, dass viel Luft bewegt<br />

werden kann, dass man mehr Reserven<br />

hat und nicht so schnell an seine Grenzen<br />

gelangt. Deshalb sollte man sich<br />

drei Schlagwörter immer wieder ins Gedächtnis<br />

rufen: Offenheit, Beweglichkeit,<br />

Lockerheit<br />

In der Praxis sind eine offene Körpersprache<br />

und Beweglichkeit im gesamten<br />

Rumpfbereich Voraussetzung,<br />

um sich eine gewisse Lockerheit zu<br />

bewahren!<br />

zur person<br />

Mit „Stütze“ ist das erzeugen einer<br />

konstanten Luftsäule mit einem gewissen<br />

Luftdruck für den jeweilig zu<br />

produzierenden Ton gemeint.<br />

Die ökonomischste Art und Weise eine<br />

solche Luftsäule zu erzeugen, also eine<br />

in ihren Bewegungsabläufen natürliche<br />

und lockere Atemstütze aufzubauen,<br />

kann nur folgende sein:<br />

Beim aktiven Ausatmen (Blasen / Singen<br />

/ Sprechen) ZIEHEN SICH Bauch-,<br />

Flanken-, und Rückenmuskulatur unter<br />

dem Brustkorb ZUSAMMEN und unterstützen<br />

das Zwerchfell in seiner Bewegung<br />

nach OBEN. Dabei bewegt sich<br />

vornehmlich die Bauchdecke nach IN-<br />

NEN, womit also in einer einheitlichen,<br />

gleichgerichteten Bewegung die Luft<br />

gegen den Widerstand, den die Lippen /<br />

Stimmbänder bieten, komprimiert wird.<br />

Diese Bewegung von Bauchdecke und<br />

Zwerchfell nach INNEN-OBEN bewirkt<br />

im Idealfall, dass der Brustkorb aufgerichtet<br />

wird bzw. sich das Brustbein<br />

hebt. Der Oberkörper muss sich dabei<br />

also öffnen!<br />

Ist der entsprechende Luftdruck für den<br />

zu produzierenden Ton aufgebaut, geben<br />

die Lippen / Stimmbänder die Luft<br />

frei und die an ihnen vorbeistreichende<br />

Luft bringt sie zum Schwingen. So<br />

wird die Luft vorerst komprimiert und<br />

schließlich freigegeben (in der Praxis<br />

vollzieht sich dieser Ablauf in Sekundenbruchteilen).<br />

Man kann in diesem Sinne sagen, die<br />

Luftsäule trägt als lockere Atemstütze<br />

die produzierten Töne.<br />

Robert Kreutzer Geboren am 16. <strong>Juni</strong> 1966<br />

in Zeltweg (Steiermark / Austria). Studium<br />

Trompete (Klassik, Jazz) und Sologesang<br />

(Oper, Lied, Oratorium). 1994: Staatliche<br />

Lehrbefähigungsprüfung im Fach Sologesang,<br />

Schwerpunktstudium Jazz (Trompete)<br />

mit Auszeichnung. 1996: Künstlerisches Diplom<br />

im Fach Sologesang mit Auszeichnung.<br />

Meisterkurse bei KS Prof. Kurt Equiluz (1992)<br />

und KS Prof. Walter Berry (1996). Ab 1994:<br />

Gastspiele als Gesangssolist am Stadttheater<br />

Klagenfurt, Konzerttätigkeit. Intensive<br />

Beschäftigung mit Atemtechnik, sowie Idee<br />

und Entwicklung einer natürlichen Atem-<br />

chor tirol 02/09 7<br />

Entscheidend ist dabei: Jedes bewusste,<br />

kraftvolle Anspannen der Muskulatur,<br />

jedes Fixieren der Bauchdecke und<br />

jedes Verengen des Oberkörpers muss<br />

vermieden werden, weil durch all diese<br />

kraftbetonten Methoden zu viel Druck<br />

auf die Stimmbänder ausgeübt wird<br />

und eine „schließende Kraft“ auf die<br />

Stimmbänder wirkt, die im Extremfall<br />

einen Stimmband-Totalverschluss bedingt.<br />

Ein solcher Totalverschluss der<br />

Stimmbänder bewirkt wiederum einen<br />

Luftstau, der unweigerlich ins Verkrampfen<br />

führt, weil die Luft nicht mehr<br />

entweichen kann.<br />

Es gibt sicher viele Wege, die zum Ziel<br />

führen. Geht man jedoch davon aus,<br />

dass wir alle über die gleichen anatomischen<br />

Anlagen verfügen, muss es<br />

auch ein einfaches, allgemein gültiges<br />

atemtechnisches Prinzip geben, das jeder<br />

erlernen kann.<br />

Ich selbst lehre und praktiziere eine<br />

Atemtechnik, die auf natürlichen<br />

Grundlagen basiert und somit der uns<br />

von der Natur mitgegebenen Funktionalität<br />

des menschlichen Körpers nicht<br />

widerspricht: eine Atemtechnik ohne<br />

jeden unnötigen Kraftaufwand […]<br />

vollständiger Artikel unter: www.robertkreutzer.at<br />

Buchtipp: Robert Kreutzer »Stütze!!? –<br />

Atemtechnik für Bläser und Sänger.<br />

Theoretische Analyse und praktische<br />

Anwendung«<br />

Eigenverlag, 1996. - Erscheint bereits<br />

in 5. Auflage (2004)<br />

technik für Bläser und Sänger bzw. Sprechberufe.<br />

1996: Autor und Herausgeber des<br />

Fachbuches «Stütze!!? – Atemtechnik für<br />

Bläser und Sänger. Theoretische Analyse<br />

und praktische Anwendung». Diese Publikation<br />

setzte, was die Beschreibung der<br />

atemtechnischen Zusammenhänge betrifft,<br />

neue Maßstäbe in Verständlichkeit, Logik<br />

und Praxisbezogenheit. Arbeitet heute als<br />

Gesangspädagoge und Trompetenlehrer.<br />

Umfangreiche Tätigkeit als Leiter von Seminaren<br />

zum Thema Atem-, Blas- und Stimmtechnik.<br />

Autor von Fachartikeln zu diesem<br />

Thema.

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