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1 Autor: Theodor Böhmerle Thema: Die Glieder der ... - Kahal.De

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Bitte beachten Sie das Copyright des <strong>Autor</strong>s. Vielen Dank. Anregungen und Anfragen hierzu bitte an: Info@<strong>Kahal</strong>.<strong>De</strong><br />

<strong>Autor</strong>: <strong>Theodor</strong> <strong>Böhmerle</strong><br />

<strong>Thema</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeinde und die Kirchen<br />

(<strong>Die</strong> Gemeine-S.001-358-1925+1926-mit Absätzen-aktuell-2-ab 184-Lose-Blatt)<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine<br />

und die Kirchen<br />

Paulus. <strong>De</strong>r Gemeine Gottes zu Korinth, den Geheiligten<br />

in Christo Jesu, den berufenen Heiligen, samt allen,<br />

die anrufen den Namen des Herrn Jesu Christi<br />

an allen ihren und unseren Orten. 1.Korinther 1,2<br />

● Wenn wir von Kirchen reden, so meinen wir die bestehenden sichtbaren Kirchen: römisch-katholische,<br />

griechisch-katholische, die verschiedenen evangelischen in ihrer volks- und landes-kirchlichen sowie in ihrer<br />

frei-kirchlichen Gestalt. <strong>Die</strong>se Kirchen alle umfassen das Volk, wie es nach dem Fleisch geboren ist. <strong>Die</strong>s Volk<br />

wird getauft, dies Volk wird erzogen, dies Volk bildet, einerlei welchen inneren Stand es hat, die Kirche.<br />

<strong>Die</strong>jenigen Kirchen, welche wir hauptsächlich und zuerst im Auge haben, sind Volks- und Landeskirchen.<br />

Doch unterscheiden sich von ihnen die Freikirchen nicht wesentlich, sobald sie alles, was nach dem Fleische<br />

geboren ist, in die Kirche aufnehmen.<br />

Wie stellen sich die gläubigen <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine Christi zu diesen Kirchen und in diesen Kirchen? Das ist<br />

uns von vornherein lebensmäßig klar, dass die Geheiligten in Jesus Christus, dass die berufenen Heiligen und<br />

1


die da anrufen den Namen des Herrn Jesu Christi in diesen Kirchen aus <strong>der</strong> Gesamtmasse herausgenommen<br />

sind. <strong>De</strong>r Glaube ist ja nicht Ding des Je<strong>der</strong>mann (2.Thessalonicher 3,2). Was vom Fleisch geboren ist, das ist<br />

Fleisch – und nur wo durch Wort und Geist des Herrn Glaubensleben geschaffen ist, da kann von Christ o<strong>der</strong><br />

Kind Gottes die Rede sein. <strong>Die</strong> Gläubigern in Christus bilden in allen Kirchen eine kleine, herausgenommene<br />

Schar. Für diese Schar ist es nun von großer Wichtigkeit, wie sie sich zu den großen Kirchen stellt und stellen<br />

wird.<br />

184<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Kirchen<br />

● Wie die großen Kirchen sich zu den Gläubigen aller Zeiten gestellt haben und noch stellen, das wissen<br />

wir. An den Kirchen klebt viel Märtyrerblut o<strong>der</strong> doch Märtyrerwehe <strong>der</strong> Gläubigen. Son<strong>der</strong>lich die griechischkatholische<br />

und die römisch-katholische Kirche haben viel Blut <strong>der</strong> Heiligen getrunken und die Kin<strong>der</strong> Gottes<br />

hart und schwer verfolgt, bedrängt und getötet. Sie haben den Arm <strong>der</strong> weltlichen Gewalten benützt und sind<br />

mit dem Schwert gegen den Geist vorgegangen. <strong>De</strong>r Geist zu solchem Tun liegt heute noch in beiden Kirchen.<br />

<strong>Die</strong> evangelischen Kirchen sind davon auch nicht frei. <strong>Die</strong> in Christus Jesus Stehenden haben zu allen Zeiten<br />

viel von ihnen gelitten.<br />

Wir haben an an<strong>der</strong>er Stelle von den gläubigen Mennoniten geschrieben und haben gesehen, wie sie auch<br />

von den evangelischen Kirchen schwer verfolgt worden sind.<br />

<strong>Die</strong> Kirchen haben die Originalleute in Christus nie leiden mögen und haben <strong>der</strong> freien, geistgewirkten<br />

Tätigkeit <strong>der</strong> Geistesgaben vielfach Hin<strong>der</strong>nisse in den Weg gelegt und sie mit Bedrückung gequält. <strong>Die</strong><br />

Kirchen, auch die evangelischen Kirchen, mögen weithin die in <strong>der</strong> Wahrheit Gläubigen und in Christus<br />

Selbständigen nicht. Das ist bis heute so. Wo kirchliche Organe eine an<strong>der</strong>e Stellung einnehmen, da ist<br />

entwe<strong>der</strong> lebendiger Glaube in diesen Organen – und das hat die evangelische Kirche –, und darum lieben<br />

diese Organe die Gläubigen, kommen aber dadurch selbst in mancherlei Not; o<strong>der</strong> aber man ist freundlich zu<br />

den Gläubigen, um sie für seine eigenen kirchlichen Zwecke zu gewinnen, ohne mit ihnen selbst wesenseins<br />

zu sein. In diesem Falle leiden Gläubige, die sich einspannen lassen, gewöhnlich innerlich Not.<br />

185<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Kirchen<br />

● Eines ist ganz gewiss, die großen kirchlichen Massen, welche doch so recht eigentlich die Kirche bilden,<br />

stehen den lebendig Gläubigen verständnislos, gleichgültig, verwerfend o<strong>der</strong> feindlich gegenüber. Ist nun bei<br />

solch allgemeiner Grundstellung <strong>der</strong> Kirchen zu den Gläubigen die Stellung <strong>der</strong> Gläubigen zu den Kirchen<br />

nicht einfach gegeben? Heißt es da nicht: "Gehet aus von ihnen!"? Es ist gar keine Frage, dass dies die<br />

allermeisten lebendigen Gläubigen je und je einmal bewegt, und zwar alle Gläubigen, auch die gläubigen<br />

Pfarrer und Lehrer, sie vielleicht am meisten, weil sie dienende Organe dieser Kirche sind. In Konflikte kommt<br />

in dieser Beziehung je<strong>der</strong> lebendig Gläubige. Eine Hauptfrage ist aber die: Wohin sollen wir austreten? Wo ist<br />

es in äußeren Organisationen wesentlich an<strong>der</strong>s, als da wo wir sind; und wo bleibt es auf die Dauer wesentlich<br />

an<strong>der</strong>s? Dann aber regeln wir unsere Lebensverhältnisse als Gläubige nicht nach <strong>der</strong> Natur, son<strong>der</strong>n nach<br />

dem Geiste und im Geiste, son<strong>der</strong>lich im Lebensgesetz des Leidens und Sterbens. Wir gehen da, wo wir zu<br />

leiden, zu tragen, zu sterben haben um des Glaubens willen, nicht ohne weiteres weg, son<strong>der</strong>n sehen in<br />

solchen schwierigen Lagen eine Aufgabe. Wir hassen auch nicht, die uns hassen; wir bitten für die, die uns<br />

2


eleidigen o<strong>der</strong> verfolgen. Darum löst sich auch die Frage unserer Stellung zu den Kirchen nicht so einfach.<br />

Wir werden wir sie richtig finden wollen, ins Wesen <strong>der</strong> Kirche und <strong>der</strong> Kirchen tiefer eindringen müssen.<br />

● Eins ist da zunächst festzustellen: Kirche, in ihrem gegenwärtigen Stand und Wesen, ist kein biblischer<br />

Begriff und keine biblische Sache. Das mag vielleicht manchen, wenn er es so scharf aufgestellt hört und liest,<br />

zuerst stechen.<br />

186<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Kirchen<br />

Aber forschen wir nur nach, so werden wir es wahr finden. Zunächst kommt schon das Wort "Kirche" in <strong>der</strong><br />

ganzen Bibel nicht vor. Was man etwa mit "Kirche" übersetzen könnte, nämlich <strong>der</strong> biblische Begriff<br />

"Ekklesia", wird viel richtiger, wie es Luther auch getan hat, mit "Gemeine" übersetzt. Es heißt und bezeichnet<br />

auch etwas ganz an<strong>der</strong>es als das Wort "Kirche". Ekklesia o<strong>der</strong> Gemeine heißt die "Herausgerufene". Es liegt<br />

in diesem Worte <strong>der</strong> Auswahlbegriff. <strong>Die</strong> Kirche will nicht Auswahl, son<strong>der</strong>n das Ganze – soweit sie nicht<br />

lebendig gläubig ist. Das Wort Ekklesia o<strong>der</strong> Gemeine im biblischen Sinne gefasst, ist eigentlich das Gegenteil<br />

des gang und gäbe gewordenen Kirchenbegriffes. Aber auch die Sache <strong>der</strong> Kirche findet sich in <strong>der</strong> Heiligen<br />

Schrift nicht. Will man die Volks-, Landes- und Massenkirche biblisch decken, dann muss man schon auf das<br />

Volk Israel zurückgreifen und auf die Stellen des Neuen Testaments, welche ganz unwi<strong>der</strong>sprechlich auf das<br />

Volk Israel gehen. Daher konnte es auch, dass die großen Kirchen für die bleibende Erwählung Israels zu<br />

einer großen Evangeliumsaufgabe an alle Nationen keinen Sinn haben. Sie haben sich selbst<br />

fälschlicherweise an die Stelle Israels gesetzt. Darum, je klarer und bewusster sie das tun, um so<br />

alttestamentlicher sind sie gestaltet. Sehen wir die griechisch-katholische und noch mehr die römischkatholische<br />

Kirche an, so haben wir vollständige Darstellungen des alttestamentlichen Gesetzeswesens. Und<br />

wenn den evangelischen Kirchen da und dort auch die alttestamentliche, äußere Form fehlt, so müssen sie<br />

doch je länger je mehr auch ins gesetzliche Wesen hinein. Wir schließen dabei immer den Teil, <strong>der</strong> lebendigen<br />

Glauben hat, aus.<br />

187<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Kirchen<br />

Wenn die Kirche vielfach auf die Tätigkeit unseres Heilandes im Fleische beruft und diese Volkswirksamkeit<br />

nachahmen will, so vergisst sie eben, dass es sich bei <strong>der</strong> Wirksamkeit des Heilandes im jüdischen Volk um<br />

das Königreich Gottes handelte und um die Tüchtigmachung des erwählten, für Gott beschnittenen Volkes zu<br />

seinem Königreichsberuf. Das geht uns Nationen nichts an. <strong>Die</strong> Gemeine, welche jetzt gesammelt wird, hat<br />

eine ganz an<strong>der</strong>e Linie, die Erwählungs-Linie. Ja, es gibt auch die Sache <strong>der</strong> Kirche in <strong>der</strong> Bibel nicht. <strong>Die</strong><br />

biblischen Gemeinen sind keine Kirche im heutigen Sinn. Sie sind vor allem, sehen wir sie uns nur einmal an,<br />

Freikörper, aus den staatlichen, religiösen und familiären Beziehungen herausgelöst. Freilich sind auch die<br />

biblischen Gemeinen nicht die reine Darstellung <strong>der</strong> vollendeten Heilandsgemeine. Sobald die Gemeine in die<br />

Sichtbarkeit tritt, ist sie ein Gemisch. Auch in den ersten biblischen Gemeinen war viel Unlauteres, Verkehrtes,<br />

Sündiges. Da waren auch Elemente, die wie<strong>der</strong> abgestoßen wurden. Johannes sagt ja: "Sie sind von uns<br />

ausgegangen, denn sie waren nicht von uns" (1.Johannes 2,19).<br />

3


<strong>Die</strong> Offenbarung des Johannes sagt in ihren ersten Kapiteln auch ganz deutlich, wie es immer wie<strong>der</strong> gehen<br />

werde in <strong>der</strong> äußeren Gestaltung <strong>der</strong> Gemeine. Aber dennoch war die Gestaltung <strong>der</strong> biblischen Gemeinen<br />

gemeinemäßig. Das war – jetzt von Unlauteren und Mitlaufenden abgesehen – ein Geistesauszug und ein<br />

Geisteszusammenzug. Da ging es nicht nach dem Fleische – immer das Unlautere abgerechnet –, son<strong>der</strong>n<br />

nach dem Geiste, und auch die Unlauteren mussten sich geistesmäßig gebärden. <strong>Die</strong> wahre Gemeine aber<br />

war mit allem Drum und Dran eine freie Herausgezogene, und niemand konnte in sie kommen, er hätte denn<br />

einen Geisteszug gehabt.<br />

188<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Kirchen<br />

Und so hätte die Gemeine durch die Jahrhun<strong>der</strong>te bleiben sollen: Ein freier Himmelskörper, wenn auch in <strong>der</strong><br />

Auswirkung noch mit Erdenschlacken, welche er aber immer wie<strong>der</strong> in Geisteswirkung ausstößt – aber frei,<br />

nur was geistesmäßig will, schließt sich an, was nicht will, bleibt weg; was unlauter ist, scheidet immer wie<strong>der</strong><br />

aus. Und alles ist Geisteserwuchs. (Alles ist durch den Geist im Wachsen). Da braucht es keine Organisation.<br />

<strong>Die</strong> wachstümliche Ausgestaltung <strong>der</strong> Bischöfe o<strong>der</strong> Ältesten in <strong>der</strong> ersten Zeit war alles. Dabei wirkten die<br />

verschiedenen Geistesgaben im <strong>Die</strong>nst nach innen und außen. <strong>Die</strong> Gemeinen hatten unter sich keine<br />

Organisation. <strong>De</strong>r lebendige Herr war wandelnd unter den sieben Gemeinen (Offenbarung 2,1). Wo eine<br />

Gemeine nicht wachte, wurde ihr Leuchter weggerückt. Sie hörte auf, und an einem an<strong>der</strong>en Ort entstand<br />

wie<strong>der</strong> eine.<br />

Wie ist denn nun aber die Gemeine nur Kirche geworden? Fragst du. O, sehr natürlich, aber eben natürlich.<br />

Ich denke mir, dass <strong>der</strong> erste Schritt auf dem Wege die Kin<strong>der</strong> waren. Wenn gläubige Eltern nicht ganz<br />

geistesmäßig waren, so wollten sie ihre Kin<strong>der</strong> eben auch in <strong>der</strong> Gemeine haben. Unters Wort konnten sie<br />

natürlich je<strong>der</strong>zeit kommen – das Wort ist für je<strong>der</strong>mann. Aber man hielt diese Kin<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Zeit immer mehr<br />

auch für Christen, ließ sie nicht nur zum Wort, son<strong>der</strong>n auch zum Sakrament zu und nahm sie, auch ohne<br />

neue Geburt, als Gemeineglie<strong>der</strong>. Wir können verstehen, wie bei mangeln<strong>der</strong> Geisteszucht das sich ganz<br />

"natürlich" machte. Wir erleben ja diesen Prozess heute noch in den verschiedensten Formen – auch in den<br />

Gemeinschaften.<br />

Dazu kam noch ein zweites: <strong>Die</strong> christliche Religion erwies sich den verschiedenen heidnischen gegenüber<br />

überlegen. Wie<strong>der</strong> natürlich: <strong>Die</strong> heidnischen Religionen sind von unten, das Evangelium ist von oben. Da<br />

traten nun immer größere Scharen den Gemeinen bei.<br />

189<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Kirchen<br />

Man hätte alle zum Worte nehmen können, aber zu einem Gemeineglied hätte lebendiger Glaube gehören<br />

müssen. Das verwischte sich Schritt für Schritt.<br />

Durch die Menge, durch den Zugang auch einflussreicher Menschen wuchs die Macht <strong>der</strong> Gemeine. Nichts ist<br />

für die Gemeine gefährlicher, als Massen- und Macht-Bewusstsein. Dass dieser Einfluss zunahm, ist bei den<br />

schweren Verfolgungen, welche zwar das Gotteszeichen <strong>der</strong> Gemeine, aber eben auch furchtbar waren, wohl<br />

begreiflich. Je wichtiger die Gemeine wurde, um so leidensfreier wurde sie. Das war vielen recht. Und so lief<br />

es und lief es. Statt eine Auswahl zu sein, wurden die Christen zur Mehrzahl. Viele kamen zu Ansehen und<br />

Herrschaft. Hinauf ging es und hinauf – und schließlich war das ganze Volk "christlich". <strong>Die</strong> Regierung schloss<br />

sich an, <strong>der</strong> Kaiser trat über. <strong>Die</strong> Kirche war da, und <strong>der</strong> Staat und die Kirche wurden eins. Was wie Feuer und<br />

Wasser hätte sein und bleiben sollen, das verband sich. Ja, die Kirche schwang sich so auf, dass sie sogar<br />

zuzeiten die größere und stärkere im Bunde war. Mit den Massen strömten heidnische Anschauungen in Fülle<br />

4


ein. Aus <strong>der</strong> wun<strong>der</strong>baren Gemeinebotschaft wurde je länger, je mehr eine christliche "Volksreligion", welche<br />

Haupt und Fuß verlor und in allgemeinen, gesetzlichen Linien lief. Für die Massen musste man sich je länger,<br />

je mehr auf Äußeres und Allgemeines beschränken. Aus den Bischöfen wurden Beamte, wurden Herrscher.<br />

Eine große Menge will regiert sein. Aus den Gaben wurden Ämter; die Hirten und Lehrer wurden Priester. Ein<br />

großer Haufe braucht stets Priester, weil er selbst nicht priesterlich ist. Lehrstreitigkeiten, Lehrtrennungen,<br />

Irrlehren, Kirchenspaltungen, eins kam zum an<strong>der</strong>en, eins aus dem an<strong>der</strong>en. So gab's bald eine griechischkatholische<br />

und römisch-katholische Kirche mit gar mancherlei Abteilungen und Unterabteilungen.<br />

190<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Kirchen<br />

<strong>Die</strong> Völkerwan<strong>der</strong>ung kam, und ganze Völker wurden verchristlicht und verkirchlicht mit Gewalt – je nachdem.<br />

<strong>Die</strong> Kirche entzündete Kriege, die Kirche führte Kriege. Kämpfe zwischen Staat und Kirche hörten nicht mehr<br />

auf. Bewegungen wie die Kreuzzüge wurden entfacht. Alle Kulturmittel wurden in den <strong>Die</strong>nst <strong>der</strong> Kirche<br />

gestellt. Philosophie, bildende Kunst, Baukunst und <strong>der</strong>gleichen mehr mussten die Macht und Pracht <strong>der</strong><br />

Kirche erhöhen. <strong>De</strong>r ganze Heilsweg und die Heilshoffnung gingen verloren – so wandelte sich die Gemeine in<br />

die großen Völker-Kirchen. Doch war die "wahre Gemeine" in diesen Zeiten immer da. Gläubige fehlten in <strong>der</strong><br />

Kirche nie. Sie streckten auch da und dort das Haupt heraus. In Orden für Mönche und Nonnen, in<br />

wun<strong>der</strong>baren Einzelpersönlichkeiten treten sie je und je hervor. <strong>Die</strong> Kirche stellte sich verschieden zu ihnen.<br />

Bald nahm sie dieselben in ihren <strong>Die</strong>nst und brauchte sie für ihre Zwecke. Bald gab sie ihnen Ehren,<br />

Stellungen und Privilegien, und sie verkirchlichten allmählich. Bald, und zwar je klarer evangelisches Wesen<br />

zur Auswirkung kam, verfolgte und tötete sie die Gläubigen. Und die Gläubigen segneten die Kirche, wenn sie<br />

durften, o<strong>der</strong> sie zeugten wi<strong>der</strong> sie, wenn sie mussten; sie litten und starben unter ihr und wurden so<br />

vollendet. Und während die Kirche je länger, je mehr verdiesseitigte, wuchsen und vertieften sich die<br />

jenseitigen Strömungen. Wurden ihre Führer Märtyrer, so war die innere Segensfrucht um so reicher.<br />

● <strong>Die</strong> Zeiten füllten sich. <strong>Die</strong> Kirche wurde gerichtsreif; <strong>der</strong> Quell für lebendiges Glaubensleben war doch<br />

zu sehr verschüttet. Und siehe, machtvoll brach das Wort sich Bahn, und gewaltig wirkte <strong>der</strong> Geist durchs<br />

Wort. <strong>Die</strong> Reformation brach durch.<br />

191<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Kirchen<br />

Wun<strong>der</strong>bare Erstlinge <strong>der</strong> Gemeine traten auf den Plan. Es war ein Heraustreten <strong>der</strong> Gemeine innerhalb <strong>der</strong><br />

Kirche, wie seit Jahrhun<strong>der</strong>ten nicht. Fast hatte es den Anschein, als sollte und wollte das Gemeine-Leben in<br />

seiner ersten Form wie<strong>der</strong> auftreten. Und es trat darin auch in mancherlei Gestaltungen auf. Kreuz,<br />

Verfolgungen und Trübsal bedeckten die Gläubigen wie in den ersten Tagen und Zeiten. Unter Acht und Bann<br />

ging <strong>der</strong> Bannerträger Luther voran seinen Weg. Aber die Gemeine trat nicht ganz heraus in apostolisch<br />

ursprüngliche Kreuzesschöne. Es war eine Wehe zu ihrer Geburt, aber noch nicht Ausgeburt. <strong>Die</strong> Reformation<br />

sank zurück ins Volks- und Staatskirchenwesen. Aber das Wort und die Sakramente waren frei, und<br />

machtvoller konnten Kin<strong>der</strong> geboren werden, Söhne des Allerhöchsten. Herrliche Gestalten wurden vom Geist<br />

gebildet: öffentlich Bekannte, aber auch Namenlose im Verborgenen. Doch mussten sie in mancherlei<br />

Gegensatz und Kampf auch in <strong>der</strong> evangelischen Volkskirche stehen. <strong>Die</strong> Volks- und Staatskirche fiel bald in<br />

dogmatisches Machtwesen, bald in weltliches Philosophiewesen. Orthodox und rational war <strong>der</strong> Weg <strong>der</strong><br />

Kirche. Doch brachen herrliche Gottessöhne immer wie<strong>der</strong> Bahn. In <strong>De</strong>utschland die pietistische Bewegung in<br />

allen ihren Verzweigungen, in an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n freikirchliche Bewegungen, dann weltweit wirkende Männer<br />

5


wie Zinzendorf – waren lauter Aufleuchtungen <strong>der</strong> Gemeine. Leidendlich blieb sie in <strong>der</strong> Kirche, segnete sie<br />

und wuchs unter ihr, o<strong>der</strong> lief neben ihr her – immer ein Zeugnis über sie. Und dann brachen Brunnen auf.<br />

Lebendige Früchte aus Erweckungs-Bewegungen sammelten sich in den sogenannten Gemeinschafts-<br />

Bewegungen. <strong>Die</strong> Gemeine <strong>der</strong> Gläubigen nahm auch äußere Gestaltung an.<br />

192<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Kirchen<br />

In <strong>der</strong> Wortverkündigung griff man zunächst wie<strong>der</strong> zum biblischen, allgemeinen Priestertum. <strong>Die</strong> Gläubigen<br />

bauten sich selbst. Gemeinen erschienen. <strong>Die</strong> einen blieben in <strong>der</strong> Kirche und entäußerten sich manches<br />

gemeinemäßigen Rechtes zugunsten <strong>der</strong> Kirche; an<strong>der</strong>e nahmen alle Gemeine-Rechte an sich und bauten<br />

sich in Wort und Sakrament nach Art <strong>der</strong> ersten Gemeine. <strong>Die</strong> Kirche fuhr auf und wehrte sich. Sie<br />

verketzerten die einen als Sekten, sie war den an<strong>der</strong>en feind als Unkirchlichen und Kirchenstörern. Doch<br />

allmählich gewöhnte sie sich an den Zustand. <strong>Die</strong> Freikirchen zeigten bald alle Züge <strong>der</strong> Landeskirche und<br />

unterschieden sich immer wenige von ihr, und auch die Frei-Gemeinschaften innerhalb <strong>der</strong> Kirche machten in<br />

<strong>der</strong> zweiten und dritten Generation einen Verkirchlichungs-Prozess durch. Teils sammelten sie sich in<br />

Bibelstunden mit eigenen Amtsorganen, teils bildeten sie innerkirchliche Missions-Kreise. Doch fehlten nie<br />

Gläubige in Christus.<br />

● Aber die Kirchen, son<strong>der</strong>lich die evangelischen, machten ernste und tiefe Schwenkungen. <strong>De</strong>r<br />

welterschütternde erste Weltkrieg und die nachfolgende Revolution leiteten eine neue Weltära ein und wurden<br />

immer sichtbarer <strong>der</strong> Übergang zu einem Äon Gottes.<br />

Das jüdische Volk wurde frei. Das ist die unsagbar große, neue, von noch gar nicht zu ermessenden<br />

umfassendsten Folgen begleitete Tatsache. Das jüdische Volk, als Volk das erste und letzte, tritt zunächt im<br />

negativen, im Ich-Sinn seine Völkermission an auf den Antichristen hin, um dann in seine durch Christus und<br />

den Glauben an Ihn heraufgeführte positive Mission im Königreiche Christi einzutreten. Auf die Kirchen hat<br />

diese Riesenepoche <strong>der</strong> Völkerführung erschütternd eingewirkt, son<strong>der</strong>lich auf die evangelischen.<br />

193<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Kirchen<br />

<strong>Die</strong> katholische Kirche war schon auf den Staats- und Gesamtvolksweg eingerichtet, darum hat sie bei <strong>der</strong><br />

neuen Wendung gleich aktiv eingreifen können und hat einen großen Gewinn und eine riesige<br />

Einflussvermehrung davongetragen. <strong>Die</strong> evangelischen Kirchen mussten sich erst in mancher Hinsicht neu<br />

einstellen und sind darum zunächst die etwas zu kurz Gekommenen. Sie hatten immer noch mehr Gemeine-<br />

Charakter an sich und in sich. Durch die ganz grundmäßige Neuorientierung, welche die Jahre nach dem<br />

ersten Weltkrieg brachten, war die evangelische Kirche gezwungen, sich zu entscheiden. Wollte sie Kirche<br />

des Wortes und des reinen Evangeliums sein, wollte sie aus <strong>der</strong> ganzen Masse die Gläubigen herauspredigen<br />

und für den Herrn-Tag zusammenschließen, dann riskierte sie den Abfall weiter Kreise. Sie wäre<br />

gemeinemäßiger geworden, und das hat Gott ohne Zweifel gewollt – sie aber wollte die Masse behalten und<br />

richtete sich darauf ein. Sie ist dadurch vielem Kreuz entgangen, ist aber auch <strong>der</strong> katholischen Kirche, aus<br />

welcher sie einst ausging, wie<strong>der</strong> viel ähnlicher geworden. Statt gottesvolksmäßiger wird sie volksmäßiger. Sie<br />

ist auf die Menge gerichtet, sie <strong>der</strong> Kirche zu erhalten. Sie wird statt staatsfreier vaterlandsdienen<strong>der</strong>. Sie hat<br />

6


sich demokratisch eingerichtet, ganz nach dem revolutionär-staatlichen Stil. Sie muss viel volkstümliche<br />

Veranstaltungen machen und mitmachen und sitzt dadurch zur Zeit wie<strong>der</strong> etwas fester. Sie muss sich immer<br />

mehr zum Äußeren hinwenden. Eine ungeheure Viel-Tätigkeit auf allen Gebieten setzt ein: Werke statt Geist.<br />

Und im Innern, in den Hauptsachen, ist vielfach ein Sich-gehen-lassen. Je<strong>der</strong> lehrt, was er will, da kämpft man<br />

nicht mehr, man hat jetzt wichtigere Sachen: auf dem praktischen Gebiete trifft man sich. Daher auch die<br />

weltweite Massenvereinigung aller evangelischen Kirchen – wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> katholische Zug – und letzten Endes<br />

Vereinigung <strong>der</strong> ganzen christlichen Kirchen, eingeschlossen die römisch-katholische.<br />

194<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Kirchen<br />

Kreuz weicht, Tätigkeit setzt ein. <strong>Die</strong> kleine, gehasste Gemeine ist nicht das Ziel, vielmehr die reiche,<br />

tatenvolle, vielseitige Mitaufbauerin eines "gesunden Volkslebens". <strong>De</strong>r ganze Plan Gottes: Herausholung des<br />

Leibes Christi, nachdem das Haupt fertig ist, die neue Offenbarung Christi in und mit Seinem Leibe und die<br />

Aufrichtung des Königreichs von Zion aus am Ende des Äons – das alles ist nicht in Rechnung genommen.<br />

Eben sowenig das Kommen des antichristlichen Reiches und <strong>der</strong> Offenbarung Satans jetzt zunächst. Man hilft<br />

Nationen aufbauen mit den religiösen und sittlichen Mitteln.<br />

● Bei diesem auf das Ganze und vorwiegend auf das Irdische und sein Durchdringen Gerichtetsein will die<br />

Kirche auch die Hilfe <strong>der</strong> Gläubigen. Darum kommt sie ihnen sehr entgegen. Darum hat die Menge <strong>der</strong> in<br />

Gemeinschaften sich sammelnden Gläubigen jetzt fast kein Kreuz. Man umwirbt sie. Das müsste jeden, <strong>der</strong><br />

Reichsgottesblick hat, aufs äußerste stutzig machen. Wahre Gläubige werden zwar immer ihr Kreuz haben<br />

und haben es auch jetzt; eine auf dem Wege zum Kirchlein laufende Bewegung hat es nicht – und das ist ein<br />

Zeugnis. Wie stellen sich nun angesichts dieser ganzen Lage die <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine ?<br />

● <strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine wissen zunächst, dass, was sie auch gründeten und schüfen, in wenigen<br />

Jahrzehnten wie<strong>der</strong> neu geschaffen werden müsste. <strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine wissen, dass es einen<br />

vollkommenen Ausdruck des Leibes Christi hier auf Erden, vor <strong>der</strong> Ankunft des Herrn zu Seiner Gemeine,<br />

nicht gibt. <strong>Die</strong> wahrhaftigen <strong>Glie<strong>der</strong></strong> Jesu wissen, dass sie in je<strong>der</strong> äußeren Formation zu leiden und zu tragen<br />

haben.<br />

195<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Kirchen<br />

Das ist ihr Beruf; dazu sind sie gesetzt. – Wir wissen aber auch, dass die übergroße Mehrzahl unserer Brü<strong>der</strong><br />

durch die Jahrhun<strong>der</strong>te im Kirchenrahmen geboren und vollendet worden sind. Das sind grundmäßige<br />

Gedanken, welche uns vor jedem vorschnellen Abbrechen mit <strong>der</strong> Kirche bewahren müssen. Son<strong>der</strong>lich darf<br />

Leiden und Trübsal uns niemals zu einem Bruch bewegen.<br />

● Und was wolltest du dann bauen?<br />

<strong>De</strong>ine eigenen Nachkommen, wenn du welche hättest, würden es in ein an<strong>der</strong>es Geleise führen, als du<br />

wolltest.<br />

● Sodann aber hat die Kirche die Gemeine noch in sich. Es gibt unter Pfarrern, Lehrern und <strong>Glie<strong>der</strong></strong>n <strong>der</strong><br />

Kirche noch viele Erstlinge. Mag sie die Kirche nicht, so wirft sie dieselben doch auch nicht hinaus. Und<br />

solange sie das nicht tut, können wir auch stehenbleiben und sie segnen.<br />

7


● Weiter ist die Kirche doch auch ein gesetzliches Gefäß zur Erweckung religiösen Lebens, auch da, wo<br />

sie von lebendigem Glauben nichts weiß. Und diese gesetzliche Wirkung religiösen Lebens, für welchen<br />

Boden auch immer, kann eine Vorbereitung zum völligen Ergreifen Christi sein. Für solche Vorbereitungen<br />

sind wir, die wir's auf Leben in Christus abgesehen haben, immer dankbar. Wir wünschen diesen allgemeinen,<br />

religiösen Vorbereitungen Gottes Segen. Und wir wollen die Kirche auf diesem gesetzlichen Boden religiösen<br />

Lebens ruhig arbeiten lassen mit den ihr gut scheinenden Mitteln. Wir müssen ja da nicht mittun, wir haben als<br />

Kin<strong>der</strong> Gottes eine an<strong>der</strong>e Aufgabe.<br />

● Weiter haben wir als Männer und Frauen in Christus vielfach auch Kin<strong>der</strong>. Wenn diese Kin<strong>der</strong>, was oft<br />

<strong>der</strong> Fall ist, nicht zum lebendigen Glauben kommen, so haben sie an <strong>der</strong> Kirche doch noch einen allgemeinen,<br />

religiösen Rahmen, in dem sie Halt haben auf ihrer Stufe. Dafür müssen wir dankbar sein.<br />

196<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Kirchen<br />

● Stehen wir in <strong>der</strong> Kirche, dann können wir hier auch das Zeugnis <strong>der</strong> Gemeine wach halten. Wir haben ja<br />

Zeugenrecht und Zeugenpflicht und üben sie aus, auch wenn sie Leiden bringen. Dabei leben wir natürlich<br />

nach unserem Gottes-Kindschafts-Stande. Wir stehen in <strong>der</strong> brü<strong>der</strong>lichen Gemeinschaft mit Gläubigen; wir<br />

beten mit ihnen, wir lesen das Wort mit ihnen; wir arbeiten auch, soweit <strong>der</strong> Herr Raum gibt, ein jeglicher mit<br />

seinen Gaben. Und alle diese Äußerungen des lebendigen Glaubens sind uns wichtiger als die Kirche, je mehr<br />

sie dem Wahrhaftigen dienen. An den spezifisch kirchlichen Aufgaben beteiligen wir uns besser nicht, weil<br />

doch viele, beson<strong>der</strong>s wenn sie die Kirche selbst betreffen, auf einer an<strong>der</strong>en Linie liegen als die<br />

Gemeinelinie. Brü<strong>der</strong>, die sich da viel hineinziehen lassen, verlieren gewöhnlich. Wir brauchen unsere Zeit für<br />

die Gemeine-Aufgaben, vor allem auch für die eigene För<strong>der</strong>ung. Ein Verbot ist das nicht, aber eine Regel <strong>der</strong><br />

Weisheit und <strong>der</strong> Erfahrung. Je freier und unabhängiger ein Kind Gottes steht, je uneingespannter von<br />

an<strong>der</strong>en Kreisen und je mehr es in seiner Freiheit segnet und priesterlich für alles eintritt, um so<br />

einflussreicher ist es.<br />

● Dass wir bei <strong>der</strong> innerkirchlichen Stellung uns mancher Freiheiten und Rechte begeben – und zwar frei<br />

aus Geisteswillen – kann uns nur segnen. Das Wort hat die Gemeine ja, und sie braucht es und bezeugt es,<br />

ein je<strong>der</strong> in seiner Art und Gnade. Und dagegen, dass die Gläubigen in aller Stille neben dem kirchlichen<br />

Abendmahl auch unter sich des Herrn Mahl halten, hat niemand etwas.<br />

197<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Kirchen<br />

Wenn aber das Gemeinschaftsmahl <strong>der</strong> Brü<strong>der</strong> nichts an<strong>der</strong>es ist, als dass die Feier ein an<strong>der</strong>er "Beamter"<br />

hält, dann ist es noch nicht Herrenmahl. Beim Bru<strong>der</strong>mahl muss vor allem die Brü<strong>der</strong>lichkeit zum Ausdruck<br />

kommen. Doch davon im nächsten Abschnitt.<br />

Auch vom Begeben des Rechts <strong>der</strong> Taufe und an<strong>der</strong>em wollen wir des näheren reden, wenn wir von <strong>der</strong><br />

Gemeine und den Sakramenten sprechen werden. Das sei aber hier schon erwähnt, dass die Gotteskin<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

vergangenen Zeiten gewisslich ihre Herrlichkeit auch erlangt haben, obwohl sie in <strong>der</strong> Liebe sich dieses und<br />

jenes Rechtes enthalten haben, welches <strong>der</strong> gläubigen Gemeine wohl zustünde.<br />

8


● Dabei wollen wir freilich nicht vergessen, dass ohne Zweifel, je mehr es dem Ende zugeht, die Gemeine<br />

wie<strong>der</strong> in ihrer apostolischen Freiheit erscheinen wird. Wir werden aber wohl wachstümlich in diese eintreten<br />

und dazu gedrängt werden. Wie rasch wir da hineineilen, zeigen unsere Tage an vielem. Doch gehören zum<br />

vollen Auswirken noch Leidensereignisse.<br />

● Nun könntest du aber noch fragen, warum hat denn <strong>der</strong> Herr diese ganze Kirchenentwicklung<br />

zugelassen, und warum hat Er die Gemeine nicht in ihrer ursprünglichen Form bewahrt?<br />

● Da erscheint uns ein wichtiger Gesichtspunkt <strong>der</strong> zu sein, dass nach <strong>der</strong> Schrift gerade in den Kultur-<br />

Reichen, welche die christliche Religion als Volksreligion haben, das Anti-christentum sich entfalten wird. Wo<br />

aber Antichristentum sich entfalten soll, da muss auch Christus und Sein Wort tief bekannt sein. Und das ist in<br />

diesen christlichen Kultur-Staaten <strong>der</strong> Fall. Sie nehmen die christlichen Gedanken und Ideen und suchen, sie<br />

ohne Christus durchzuführen. Daran sind wir scharf in unseren Tagen.<br />

198<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Kirchen<br />

<strong>Die</strong> christliche Kirche hilft dazu, indem sie die Gedanken Christi in die unbekehrten Massen wirft und sie auch<br />

an ihnen und mit ihnen durchführen will. Gleichwie die Weltgeschichte eine vorwiegend negative Aufgabe hat,<br />

die Bußreifmachung <strong>der</strong> Völker, so hat die Kirche, soweit sie nicht gemeinemäßig ist, die negative Aufgabe,<br />

die Gedanken Christi ins Selbstwesen einzuführen und so das Antichristentum zu nähren. Je mehr das in<br />

unseren Tagen machtvoll geschieht, um so näher sind wir dem antichristlichen Ziele.<br />

● Eine schwere Aufgabe haben wir heute beschrieben. Mancher Bru<strong>der</strong> wird je nach seinem Stande sie<br />

etwas an<strong>der</strong>s beurteilen. Eines aber wollen wir uns hierin beson<strong>der</strong>s schenken lassen: Geduld und Glauben<br />

<strong>der</strong> Heiligen!<br />

199<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine<br />

und die Gnadenmittel<br />

9


Römer Kapitel 6 Taufe und neues Leben.<br />

1.Korinther Kapitel 10 Das warnende Beispiel Israels<br />

1.KorintherKapitel 11 <strong>Die</strong> Frau im Gottesdienst.<br />

● Mit diesem Gegenstand treten wir auf einen heißen Boden. Da werden viele, die bisher mitfolgten,<br />

vielleicht nicht folgen wollen o<strong>der</strong> nicht mehr innerlich mithalten können, weil sie die biblischen Linien in dieser<br />

Weite nicht ausbauen können. Wir müssen zuerst, wenn wir von Gemeine reden, noch einmal ganz klar<br />

sagen, was wir darunter verstehen, weil wir aus Briefen und Äußerungen merken, dass hier noch viele<br />

Unklarheiten herrschen.<br />

● Unter Gemeine verstehen wir die Gesamtheit <strong>der</strong>er, welche durch die Gnadengabe des Glaubens,<br />

Christus im Heiligen Geiste innewohnend haben (Kolosser 1,27), welche darum aus dem Geiste geboren,<br />

Gottes Söhne und Erben und Miterben Christi sind (Römer 8,17). <strong>Die</strong>se Gemeine ist wie ihr Herr und Haupt<br />

bis zu ihrer Vollendung in <strong>der</strong> Erscheinung des Herrn unsichtbar. Sie drängt aber ständig nach Offenbarung<br />

und nimmt auch immer wie<strong>der</strong> äußere Gestaltungen an. Das geschah schon zur apostolischen Zeit. Aber wir<br />

sehen aus den apostolischen Briefen und aus den Sendschreiben <strong>der</strong> Offenbarung, dass die äußere<br />

Gestaltung sich nie mit <strong>der</strong> wahren und einst offenbar werdenden Gemeine deckt. Jede äußere Erscheinung<br />

<strong>der</strong> Gemeine ist ein Gemisch. Darum müssen diese Erscheinungen auch durch Gerichte. Und eben durch<br />

diese Gerichte und durch den ganzen Niedrigkeitsstand und Unebenbürtigkeitsstand <strong>der</strong> äußerlich<br />

erscheinenden Gemeine hindurch werden die wahrhaftigen <strong>Glie<strong>der</strong></strong> leidendlich zugerichtet und vollendet.<br />

200<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gnadenmittel<br />

<strong>Die</strong> äußere Erscheinungsform <strong>der</strong> Gemeine ist vielseitig und wechselnd. Das gehört eben zu ihrer Niedrigkeit.<br />

<strong>Die</strong> einzelnen Erscheinungsformen <strong>der</strong> Gemeine stehen in keiner organisatorischen Einheit – sie sind<br />

organisch eins in ihrem Haupte. Das Haupt ist wandelnd unter den sieben goldenen Leuchtern, ohne dass<br />

diese eine an<strong>der</strong>e Verbindung untereinan<strong>der</strong> hätten als Ihn. Man sollte auch keine Erscheinungsform <strong>der</strong><br />

Gemeine durch organisatorische Gewalt und Macht zusammenhalten und aufrechterhalten wollen. Je mehr<br />

und je länger man das tut, um so weiter entfernen sich diese äußeren Gebilde von den eigentlichen Gemeine-<br />

Linien. Sobald Gefäße, welche einst eine Erscheinungsform <strong>der</strong> Gemeine waren, historisch werden, fallen sie<br />

in den allgemeinen Weltengang. <strong>Die</strong> Gemeine wechselt ständig ihre äußere Erscheinungsform, nicht aus<br />

menschlicher Willkür, son<strong>der</strong>n aus göttlichem Wachstum heraus. Alles, was wirklich wächst, bleibt innerlich in<br />

<strong>der</strong> Einheit; <strong>der</strong> wachsende Körper ist stets <strong>der</strong>selbe, aber er än<strong>der</strong>t immer wie<strong>der</strong> seine äußere<br />

Erscheinungsform. Wir dürfen uns darum bei <strong>der</strong> Gemeine we<strong>der</strong> an <strong>der</strong> verschiedenartigen Fülle ihrer<br />

Formen, noch an dem Wechsel <strong>der</strong>selben stoßen, son<strong>der</strong>n müssen mit geistgestähltem Glaubensauge durch<br />

alles hindurch die Einheit sehen. Dabei wird je<strong>der</strong> Gläubige in irgendeiner äußeren Erscheinungsform einfältig,<br />

treu und leidendlich stehen. Es werden aber im Wachstum stehende Gläubige auch darauf Acht haben,<br />

welche gemeinemäßigen Erscheinungsformen dem Glauben mehr dienen. <strong>Die</strong> Gläubigen suchen immer die<br />

geeignetste Form des Gemeinemäßigen zum Ausdruck zu bringen. <strong>De</strong>r Glaube meint nie, durch immer<br />

straffere Organisation eine Einheit herstellen zu müssen, das wäre dem Wesen <strong>der</strong> Gemeine zuwi<strong>der</strong>. <strong>De</strong>r<br />

Glaube sieht die Einheit im Haupte bei aller Verschiedenheit.<br />

201<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gnadenmittel<br />

10


Eines aber will <strong>der</strong> lebendige Glaube: er will die in <strong>der</strong> Bibel grundlegend gezeichneten Lebenslinien <strong>der</strong><br />

Gemeine zu einem möglichst guten und vollkommenen Ausdruck bringen. Er weiß ganz genau, dass er sie<br />

jetzt in <strong>der</strong> Zeit vor <strong>der</strong> Erscheinung des Herrn nicht zum vollkommenden Ausdruck bringen kann, aber ihm<br />

zumuten, deshalb aufzuhören, nach einem möglichst vollkommenen Ausdruck und nach einer möglichst guten<br />

Ausprägung zu streben, hieße sein Leben unterbinden. Nur muss dabei festgehalten werden, dass beim<br />

Glauben alles in Geduld geht und in leidendlichem Tragen und Wachsen. – Wenn darum in religiösen und<br />

christlichen Gebilden infolge langer, historischer Verknöcherung die Gemeine-Linien schwinden und nicht<br />

mehr klar sichtbar sind, muss das <strong>der</strong> lebendige Glaube bezeugen und betend und wirkend erringen, dass die<br />

Grundlinien <strong>der</strong> Gemeine zur besseren Ausprägung kommen. <strong>De</strong>r Glaube ist damit nicht ein Feind des<br />

Bestehenden – so sieht <strong>der</strong> historisch <strong>De</strong>nkende ihn an –, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Glaube will nur wachstümlich<br />

weiterbauen.<br />

Unter diesen Gesichtspunkten müssen auch unsere folgenden Ausführungen über Gemeine und Gnadenmittel<br />

verstanden werden. Darum haben wir sie vorausgestellt. Dabei müssen wir noch hinzufügen, dass <strong>der</strong> Glaube<br />

stets darauf achten muss, dass er nicht negativ, son<strong>der</strong>n positiv, das heißt aufbauend und weiterbauend<br />

wirke.<br />

● Wie also stellt die gläubige Gemeine nach <strong>der</strong> Heiligen Schrift zu den Gnadenmitteln?<br />

<strong>Die</strong> Gnadenmittel sind nach hergebrachter Auffassung das Wort Gottes und die heiligen Sakramente. Da ist<br />

nun nach <strong>der</strong> Heiligen Schrift ganz klar, dass das Wort Gottes und die heiligen Sakramente den Gläubigen<br />

gehören zu ihrer Gemeine-Aufbauung in dieser Welt.<br />

202<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gnadenmittel<br />

Gnadenmittel können nur Begnadigte richtig haben und handhaben. <strong>Die</strong> Gemeinen <strong>der</strong> Heiligen waren nach<br />

<strong>der</strong> Schrift die Besitzer und Träger des Wortes. Von ihnen erscholl es aus, und in ihnen wuchs es durch die<br />

verschiedenen Gaben, welche <strong>der</strong> Heilige Geist gab. Und erst recht die Sakramente gehören den berufenen<br />

Heiligen. Das ist nach <strong>der</strong> Heiligen Schrift eine völlige Selbstverständlichkeit, dass Taufe und Abendmahl nur<br />

bei gläubig gewordenen Leuten in Anwendung kommen und nicht draußen in <strong>der</strong> Welt. Nur wer sich aufs<br />

bezeugte Wort hin <strong>der</strong> Gemeine anschloss, wurde getauft; und nur wer zur Gemeine gehörte, nahm am<br />

Abendmahl teil. Etwas an<strong>der</strong>es kennen die apostolischen Briefe nicht. Hier sind die Gläubigen unserer Tage<br />

gleich in einer großen inneren Not. Und diese Not liegt auf gläubigen Pfarrern und Lehrern, wie auf gläubigen<br />

<strong>Glie<strong>der</strong></strong>n <strong>der</strong> Kirche in gleicher Weise.<br />

Durch die Massen-Kirchen-Entwicklung – wir sagen so im Gegensatz zur Heraus-Erwählungs-Gemeine, von<br />

<strong>der</strong> allein die Gemeinebriefe reden – sind das Wort und die Sakramente in eine völlig falsche Stellung<br />

hineingeraten. Zunächst hat sich an Stelle <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Geistes-Gemeine lebendigen Gaben das priesterliche<br />

Amt ausgebildet. Wir verstehen das sehr gut, haben wir doch auch in <strong>der</strong> Gemeinschaftsbewegung, sowie sie<br />

älter wird, dieselbe Entwicklung zum Amte hin. Eine Kirche, welche die Massen umfassen will, muss<br />

gesetzlich sein. Ohne Gesetze sind unbekehrte Massen nicht zusammen zu halten. <strong>Die</strong> Gemeine hält durch<br />

den Geist zusammen. <strong>De</strong>r Heilige Geist zieht sie und hält sie beieinan<strong>der</strong>. Das sagt Luther in <strong>der</strong> Auslegung<br />

des dritten Artikels deutlich. Große Landes- und Volks-Kirchen sind Gesetzes-Gebilde mit innewohnen<strong>der</strong><br />

Geistes-Gemeine, wenn wahres Evangelium noch unter ihnen ist.<br />

203<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gnadenmittel<br />

11


<strong>Die</strong> großen gesetzlichen Haufen wollen ihre geistigen und ewigen Dinge nicht selbst besorgen, sie wollen<br />

Besorger, das sind die Beamten und Priester. Es gibt deshalb keine Religion in <strong>der</strong> Welt ohne Priester; darum<br />

musste <strong>der</strong> Herr unter dem Gesetze auch Priester einsetzen. In <strong>der</strong> Gemeine ist das allgemeine Geistes-<br />

Priestertum aller Gläubigen. <strong>Die</strong> Staats-, Landes-; Volks-Kirche, wie wir sie nennen wollen, musste darum<br />

naturgemäß zur Priester-Kirche werden, die evangelische Kirche wenigstens zur Amts-Kirche, die<br />

Gemeinschaften zu Versammlungen, von Angestellten geleitet. Das Grundprinzip ist in allen diesen<br />

Erscheinungen das gleiche: <strong>Die</strong> Menge will Priester – und zum gesetzlichen wie zum natürlichen Wesen<br />

gehören Priester und Beamte. <strong>De</strong>swegen ist auch im Tausendjährigen Reiche das jüdische Volk in seiner<br />

Bekehrungsfülle das Priestervolk, denn das Tausendjährige Reich ist gesetzlich. <strong>Die</strong> Gemeine trägt dagegen,<br />

auch wenn sie noch so unvollkommen in die Erscheinung tritt, den Söhne-Charakter bei verschiedener<br />

Gabenauswirkung. Das ist etwas spezifisch an<strong>der</strong>es. Nun sind in <strong>der</strong> großen Kirchenentwicklung das Wort<br />

Gottes und die Sakramente von <strong>der</strong> lebendigen Gesamt-Gemeine in die Hände <strong>der</strong> Priester und Angestellten<br />

übergegangen. Das ist natürlich, an <strong>der</strong> Schrift gemessen, ein völliger Fehlweg. Es ist doch klar, dass die<br />

Priester und Angestellten als solche nicht auch Geistesmenschen sind, und damit sind dann Wort und<br />

Sakrament vielfach in weltliche Hände gerutscht. Es kam so weit, dass niemand sich mit Wort und Sakrament<br />

beschäftigen durfte, <strong>der</strong> nicht Priester o<strong>der</strong> Angestellter war. Noch die Augsburgische Konfession lässt<br />

niemand das Wort bezeugen, als die geordneten Pfarrer. Im 1. Korintherbriefe im 14. Kapitel Vers 26 heißt es<br />

so schön:<br />

"Wie ist ihm denn nun liebe Brü<strong>der</strong>? Wenn ihr zusammenkommt, so hat ein jeglicher Psalmen, er hat eine<br />

Lehre, er hat Zungen, er hat Offenbarung, er hat Auslegung." Welch ein reiches Gemeinschaftsleben!<br />

204<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gnadenmittel<br />

● Hier haben nun die aus Gnaden zum lebendigen Glauben Hindurchgedrungenen gleich einen schweren<br />

Stand. Sie wissen: Wort und Sakrament gehören <strong>der</strong> Gemeine, so sie aber <strong>der</strong>selben brauchen wollen, stoßen<br />

sie an. Zwar in Beziehung auf das Wort hat sich in den letzten Jahrzehnten eine gewaltige Wandlung<br />

vollzogen. Das wagt kein Mensch mehr in Zweifel zu ziehen, dass <strong>der</strong> gottgeborene Mann auch das Recht<br />

hat, öffentlich das Wort zu teilen nach seiner Gabe und Berufung. Überall stehen die lebendigen Zeugen, und<br />

das "Amt" ist durchaus nicht mehr <strong>der</strong> einzige Träger des Wortes. Nur wo die Geistgeborenen fehlen, tritt auch<br />

in <strong>der</strong> Gemeinschaftsbewegung sofort das "Amt" wie<strong>der</strong> auf, und es geht von <strong>der</strong> Gemeine zur Kirche. Auch in<br />

Beziehung auf das heilige Abendmahl hat sich schon viel gewandelt. Es wird hin und her schon als Bru<strong>der</strong>-<br />

Gemeinschaftsmahl gehalten, was es ja von Rechts wegen ist. <strong>Die</strong> Kirche hat sich nach <strong>der</strong> Freigabe des<br />

Wortes, welche unter viel Kampf geschah und da und dort noch geschieht, auch schon zur Freigabe des<br />

Abendmahls entschlossen. Vielleicht weiß es die Kirche gar nicht, wie vielfach schon ohne jede Störung und<br />

ohne Aufruhr das heilige Abendmahl in gläubigen Kreisen in den Häusern genossen wird. Beachten wir wohl,<br />

es handelt sich gar nicht darum, ob nicht auch im kleinsten Kreis Unwürdige sind. <strong>Die</strong> sind in Korinth gewesen<br />

und können überall sein. Es handelt sich vielmehr darum, wohin die Gnadenmittel gehören, ob sie an ein Amt<br />

gebunden sind o<strong>der</strong> ob sie den Gläubigen als Gemeingut zur Pflege <strong>der</strong> Bru<strong>der</strong>gemeinschaft gehören. Und da<br />

ist nach <strong>der</strong> Heiligen Schrift kein Zweifel, dass sie <strong>der</strong> Gemeine gehören.<br />

205<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gnadenmittel<br />

12


Ist bei Wort und Abendmahl <strong>der</strong> Weg zur Schrift und zur schriftgemäßen Handhabung schon frei, so ist dies<br />

bei <strong>der</strong> Taufe vielfach noch nicht <strong>der</strong> Fall. Luther hat in seiner Abhandlung über den rechten Gottesdienst<br />

denen, die mit Ernst Christen sein wollen, auch die Taufe in die Hände gegeben. Aber es liegen bei <strong>der</strong> Taufe<br />

ganz beson<strong>der</strong>e Schwierigkeiten vor, welche wir weiter unten besprechen wollen.<br />

● Hier müssen wir zuerst noch auf eine zweite Schwierigkeit zu sprechen kommen, was die Stellung <strong>der</strong><br />

Gnadenmittel angeht. Man hat sie nicht nur an ein äußeres Priesteramt geknüpft, son<strong>der</strong>n auch ganz<br />

hinausgestellt in die Welt. Beim Gnadenmittel des Wortes müssen wir allerdings einen Unterschied machen.<br />

Ein Teil des Wortes, nämlich das Milch-Wort (Hebräer 5,12.13), das Wort von Buße und Glauben, vom<br />

Heiland und von <strong>der</strong> Versöhnung und Erlösung, das muss ja hinaus und gehört allen Menschen zu. Doch gibt<br />

es auch ein Gemeine-Wort, bei dem wir, wie <strong>der</strong> Herr es auch tat, die Gläubigen beson<strong>der</strong>s nehmen. Taufe<br />

und Abendmahl aber, diese beiden Sakramente, gehören nach <strong>der</strong> Schrift ganz auf den Glaubens- und<br />

Gemeineboden. Das ist doch jedem Bibelleser klar, dass <strong>der</strong> Apostel Paulus und die ersten Gläubigen keine<br />

Ungläubigen tauften und noch weniger Ungläubigen das heilige Abendmahl gaben. Das tut ja auch kein<br />

Missionar in <strong>der</strong> Heidenwelt. Hier hat die landes- und volkskirchliche Entwicklung eine viele Gläubige tief<br />

bekümmernde Entwicklung genommen, und zwar bekümmert es Pfarrer wie Gemeindeglie<strong>der</strong>, wenn sie<br />

biblisch sehen. <strong>Die</strong> Tauf-Not, die Konfirmations-Not und die Abendmahls-Not sind große und schwere Nöte.<br />

Hier müsste von <strong>der</strong> Kirche selbst die Anregung zu einer biblischen Lösung ausgehen.<br />

206<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gnadenmittel<br />

● Ganz beson<strong>der</strong>s die Gemeinetaufe ist im Laufe <strong>der</strong> Jahrtausende schwer mitgenommen worden. Wer<br />

seine Bibel in den Gemeine-Schriften aufmerksam liest, wird nirgends, aber auch nirgends von einer<br />

Kin<strong>der</strong>taufe lesen. Wäre nun die Kin<strong>der</strong>taufe von <strong>der</strong> Bedeutung, wie sie uns von Kindesbeinen an hingestellt<br />

worden ist, so wäre es doch Pflicht des Heiligen Geistes gewesen, wenigstens ein einziges Mal auf die<br />

Kin<strong>der</strong>taufe hinzuweisen. <strong>Die</strong> Beschneidung <strong>der</strong> jüdischen Kin<strong>der</strong> darf nicht für die Kin<strong>der</strong>taufe in Anspruch<br />

genommen werden, denn wir Nationen sind eben im Unterschiede zum jüdischen Volke nicht als Völker<br />

erwählt. Zur Gemeine stellen ja selbst die Juden nur Erstlinge. Ihre Volkserwählung betrifft nicht die Gemeine,<br />

son<strong>der</strong>n die Hinausführung des Rates Gottes in <strong>der</strong> Völkerwelt. Dass nach <strong>der</strong> Heiligen Schrift je und je ein<br />

ganzes Haus getauft wird, kann ebenso für wie gegen die Kin<strong>der</strong>taufe angeführt werden – sie ist eben nicht<br />

genannt. Was aber die Bibel von <strong>der</strong> Taufe sagt, und was auch die lutherische Kirche aus <strong>der</strong> Bibel als den<br />

Sinn <strong>der</strong> Taufe herausgestellt hat, das kann an Kin<strong>der</strong>n nicht geschehen und geschieht auch<br />

erfahrungsgemäß an <strong>der</strong> übergroßen Masse nicht. Lesen wir nur Römer 6,3.4; Galater 3,27; 1.Petrus 3,18-22.<br />

Zur Taufe gehört ein begnadeter Wille. <strong>Die</strong> Kirche hat auch selbst zugegeben, dass ihre Taufe nur eine halbe<br />

Sache sei, darum ist die Konfirmation als Ergänzung hinzugefügt worden. Mag nun die Konfirmation noch so<br />

schön sein, mag sie auch, wo Geist und Wort sind, an etlichen gesegnet sein, biblisch ist sie nicht. Gottes<br />

Sakramente, recht gebraucht, brauchen keine Ergänzungen. Wir wissen aber wohl, dass auch diese<br />

Ergänzung bei den meisten keine ist. Darum kommen die weiteren Ergänzungen <strong>der</strong> verschiedensten Vereine<br />

hinzu. Statt <strong>der</strong> vielen Ergänzungen sollte die Kirche das Sakrament recht stellen, sie hätte größeren Segen.<br />

207<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gnadenmittel<br />

13


Wir hören bei <strong>der</strong> gebräuchlichen Taufe den Spruch Christi: "Lasset die Kindlein zu Mir kommen und wehret<br />

ihnen nicht, denn solcher ist das Himmelreich" (Matthäus 19,14). Warum tun wir nicht, was Jesus tat: "Er<br />

herzte sie, legte die Hände auf sie und segnete sie" (Markus 10,16). Da wäre viel innerer Gewissensnot<br />

abgeholfen. <strong>Die</strong> Kirche steht auch in dieser Frage nicht mehr wie früher. Hat sie beim Wort und beim<br />

Abendmahl schon einem biblischeren Standpunkt Raum gegeben, so hat sie etwas doch auch bei <strong>der</strong> Taufe<br />

schon getan. Noch zu unserer Jugendzeit wurden alle Großtäufer für seelengefährliche Sektierer angesehen.<br />

<strong>Die</strong>sen Standpunkt haben ernste, biblisch gerichtete Kirchenmänner heute nicht mehr. So ist zum Beispiel den<br />

Mennoniten gegenüber eine weitgehende, freundliche Stellung vorhanden. <strong>Die</strong> Kirche sollte ihren Gläubigen<br />

auch die Taufe freigeben. Ein Großgetaufter sollte nicht mehr als ein Kirchenfeind angesehen werden. Wenn<br />

die Kirche Christusleugner tragen kann, dann muss sie auch mündige Gläubige in ihrer Mitte tragen können.<br />

Und dass jemand zweimal getauft ist, darüber brauchte die Kirche nicht zu erschrecken. Paulus hat nach<br />

Apostelgeschichte 19,1 ff. auch zum zweiten Male getauft, und unter den an Pfingsten Getauften waren<br />

gewiss die meisten auch schon von Johannes dem Täufer getauft. <strong>Die</strong> Kirche müsste den Gläubigen in<br />

Christo in ihrer Mitte ihre vollen Sohnesrechte geben. Halb haben sie dieselben und halb nicht. Aber <strong>der</strong> Zug,<br />

sie ganz zu haben, mehrt sich unter den Gläubigen. Wie stellen sich nun aber Gläubige, sie solche Erkenntnis<br />

aus <strong>der</strong> Schrift haben, zur Kirche und innerhalb <strong>der</strong> Kirche?<br />

208<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gnadenmittel<br />

● Bei diesen Fragen handelt es sich weniger um das Wort Gottes, da ist die Stellung gelöst, die gläubige<br />

Gemeine hat das Wort frei. Es handelt sich mehr um die Sakramente. Da müssen wir nun, wie wir glauben,<br />

nach <strong>der</strong> Schrift eines vor allem beachten, dass nämlich die Sakramente durchaus nicht die hochbedeutsame<br />

Rolle in <strong>der</strong> Gemeine spielen, zu welcher sie die Kirchen emporgehoben haben. Man kann wohl sagen, je<br />

gesetzlicher eine Kirche ist und je priesterlicher im äußeren Amte, um so sakraler ist sie.<br />

● Nach <strong>der</strong> Heiligen Schrift ist <strong>der</strong> Geistträger das Wort. <strong>Die</strong> Gemeine ist darum eine Wortgemeinschaft.<br />

Auch die Sakramente haben nur darum Wert und Bedeutung, weil das lebendige Wort an Wasser, Brot und<br />

Wein gebunden ist. Ohne das Wort ist Wasser Wasser, sind Brot und Wein eitel Brot und Wein. Darum ruht<br />

alles im Wort, und das Wesentliche ist, dass durchs lebendige Wort ein Geistesleben geboren und<br />

wachstümlich gemehrt wird. Für den Gläubigen in Christus kommt alles darauf an, dass <strong>der</strong> Geist in ihm wohnt<br />

und dass er, <strong>der</strong> Gläubige, in Christus Jesus erfunden wird. Zur Festigung und Mehrung dieses Geisteslebens<br />

tragen die Sakramente auch bei, aber sie stehen in zweiter Linie. Das sollte doch einem Geistesmenschen<br />

klar sein, dass da, wo noch Erdenelemente dabei sind, also Wasser, Wein, Brot, etwas Niedrigeres ist, als da,<br />

wo nur Wort ist. Unsere Kirchen haben uns diese Anschauung vielfach umgestoßen und die Sakramente auf<br />

eine an<strong>der</strong>e Ebene gestellt. Es ist aber klar, dass ungeistliche Massen sich immer lieber an äußere Zeichen<br />

hängen und da die Hauptsache hinlegen, wo es zu sehen und zu schmecken gibt. Geistesmenschen sind,<br />

freilich auch nicht außerhalb <strong>der</strong> Leiblichkeit und sind für leibliche, fassbare Stützen auch dankbar, aber sie<br />

halten sie nicht für das Höchste.<br />

209<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gnadenmittel<br />

14


Wir halten dafür, dass ohne Sakramente jemand ein verklärter Geisteserstling werden könnte, niemals aber<br />

ohne Wort. <strong>Die</strong>se Auffassung bestätigt uns die Schrift. Obwohl Johannes und die Jünger viel tauften, hat doch<br />

<strong>der</strong> Heiland selbst nie getauft (Johannes 4,2). Auch dem Apostel Paulus war die Taufe durchaus nicht etwa<br />

das, wozu sie heute gemacht wird. Vielen Missionaren zum Beispiel ist die Taufe geradezu das Ziel, und das<br />

ist ein großes Fest, wenn Taufen vorgenommen werden können. Paulus schreibt an die Korinther, er sei froh,<br />

dass er fast niemand getauft habe. Nach den Gemeine-Schriften kam Paulus alles auf den Glauben an. War<br />

jemand durchs Wort zum Glauben gekommen, so war <strong>der</strong> neue Anfang gemacht. Das Taufen hat Paulus ganz<br />

offenbar allermeist seinen Gehilfen überlassen. Er setzt im ersten Korintherbriefe sogar noch hinzu: Christus<br />

habe ihn nicht gesandt zu taufen, son<strong>der</strong>n das Evangelium zu verkündigen. <strong>Die</strong>se Stelle steht in einem<br />

direkten Gegensatz zu Matthäus 28,19.20, wo <strong>der</strong> Heiland sagt: "Machet zu Jüngern alle Nationen, indem ihr<br />

sie taufet." Da sehen wir den klaren Unterschied zwischen Königreich und Gemeine. Wenn nun das<br />

Königreich Christi kommt, welches durch den Unglauben <strong>der</strong> Juden hinausgeschoben ist, dann brechen die<br />

Nationen zusammen und können durch die Taufe zu Millionen in die Untertanenschaft Christi aufgenommen<br />

werden. Das gibt ein Massentaufen. Ganz an<strong>der</strong>s liegt die Sache in <strong>der</strong> Gemeine. Hier werden Menschen aus<br />

Wort und Geist zu Kin<strong>der</strong>n Gottes geboren, und die Taufe ist nur das sichtbare Siegel auf dieser Tatsache, Sie<br />

ist nicht bedeutungslos, aber sie ist Sache zweiter Ordnung. Für Paulus war mit dem Geistesempfang das<br />

Glaubensleben gegeben, das äußere Siegel konnten dann auch noch an<strong>der</strong>e aufdrücken, das war ihm nicht<br />

so wichtig.<br />

210<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gnadenmittel<br />

● Genauso ist es mit dem heiligen Abendmahl. Wenn es die Bedeutung als Sakrament in <strong>der</strong> ersten<br />

Gemeine gehabt hätte, zu welcher es heute erhoben wird, dann müsste doch auch in den Briefen davon die<br />

Rede sein. So aber kommt das heilige Abendmahl nur im ersten Korintherbriefe vor – und da nur deshalb, weil<br />

die Korinther in <strong>der</strong> Feier desselben unordentlich waren. Dass aber solche Unordnung einreißen konnte, zeigt<br />

auch an, dass in den ersten Gemeinen keine großen sakramentalen Ordnungen aufgerichtet waren. Dazu<br />

fehlten den Gemeinen schon <strong>der</strong> Altar, welcher eine gesetzlich-priesterliche Einrichtung ist und den Linien des<br />

Gesetzeslebens und –wesens entspricht. So müssen wir also die Sakramente viel einfacher und viel schlichter<br />

auffassen, als wir es hergebrachter weise gewöhnt sind, und den Hauptwert immer auf das Wort und auf den<br />

Geist legen. Wir verachten die Sakramente durchaus nicht, aber wir stellen sie an ihren biblischen Platz. Je<br />

gesetzlicher ein Mensch noch ist, um so sakramentaler ist er gerichtet; je geistesmäßiger ein Mensch ist, um<br />

so wortmäßiger ist er gerichtet. <strong>De</strong>r Herr hat Sich aber viele Tausende von Erstlingen auch unter falschen<br />

sakramentalen Auffassungen sowohl in de katholischen als auch in <strong>der</strong> evangelischen Kirche erzogen. <strong>Die</strong><br />

Erstlinge konnten ja im Geiste evangelisch Sakrament halten. Sakrament ist nicht das Wichtigste. Über<br />

Sakramenten und ihrem Gebrauch dürfen Gläubige nicht mehr uneins werden, wenn sie in Jesus Christus eins<br />

sind. Aber natürlich, dass ein rechter, biblischer Gebrauch <strong>der</strong> Sakramente unter ihnen herrsche, darauf<br />

werden sie bedacht sein.<br />

211<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gnadenmittel<br />

15


Da möchten wir aber noch etwas sehr Wichtiges, was viele Gläubige nicht beachten, aus <strong>der</strong> Schrift<br />

herausstellen. Gleichwie nämlich bei <strong>der</strong> Offenbarung des Wortes in <strong>der</strong> Heiligen Schrift ein stufenmäßiger,<br />

wachstümlicher Aufbau wohl zu bemerken ist, so erkennen wir auch bei den Sakramenten ein stufenmäßiges<br />

Wachstum. Wer das nicht beachtet, <strong>der</strong> kommt <strong>der</strong> Sakramente wegen in viel größere Schwierigkeiten, als<br />

nötig.<br />

● Sakramente hatten die Menschen zu allen Zeiten, und zwar auf den verschiedensten Stufen im<br />

wesentlichen die gleichen. Schon im Paradiese wurden Sakramente gehalten. Wir glauben ganz gewiss, dass<br />

<strong>der</strong> Lebensbaum im Paradiese ein Brotbaum und <strong>der</strong> Baum <strong>der</strong> Erkenntnis eine Rebe gewesen sei. <strong>Die</strong>s zeigt<br />

schon die Bedeutung <strong>der</strong> Rebe in <strong>der</strong> neuen Menschheit unter Noah. <strong>Die</strong>s zeigt noch mehr das Brot und <strong>der</strong><br />

Wein, welche Melchisedek dem Abraham brachte. Ob wir in dem das Paradies durchströmenden Fluss auf<br />

Waschungen Adams schließen dürfen, welche die Schrift auch Taufen heißt (Hebräer 9,10), muss<br />

dahingestellt bleiben. Wahrscheinlich ist es. Doch könnte man geradeso gut sagen: Adam hat noch kein<br />

Untergetauchtwerden gebraucht, solange die Sünde nicht da war. Das Abendmahl aber hat er gehabt, nur<br />

eben in ganz an<strong>der</strong>em Sinn. Noch war kein Blut Christi, kein gebrochener Leib, kein vergossenes Blut nötig.<br />

Er aß vom Brot des Lebens und stärkte sich so im ewigen Leben. <strong>Die</strong> Rebe blieb ihm noch verboten. In <strong>der</strong><br />

Erkenntnis <strong>der</strong> Sünde sollte er erst Schritt für Schritt eindringen, wenn er die nötigen Lebenskräfte angezogen<br />

gehabt hätte, die Sünde Stufe um Stufe zu überwinden. So hatte er noch ein einseitiges Sakrament, seinem<br />

damaligen Stande entsprechend. Er hatte ein Brotsakrament.<br />

212<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gnadenmittel<br />

● Das än<strong>der</strong>te sich mit seinem Fall. <strong>De</strong>r Herr gab den Menschen ein neues Sakrament: das blutige Opfer.<br />

Sie sollten im Schattenbilde sich sehnen lernen nach dem fersengestochenen Schlangenüberwin<strong>der</strong>. Abel, <strong>der</strong><br />

gläubige, gehorcht – Kain, <strong>der</strong> freie, brachte unblutige Opfer. Er ist ein "Liberaler", <strong>der</strong> keinen gekreuzigten<br />

Heiland braucht. Wenn Abel das Fleisch des geschlachteten Opfertieres aß, trat er in wahrhaftige Verbindung<br />

mit <strong>der</strong> Verheißung und mit dem, <strong>der</strong> da kommen sollte. Dass er beim Essen des Fleisches auch Brot aß und<br />

Wein trank – das heißt Traubensaft – ist sicher. Wir könnten ohne diese Annahme nie Noahs Rebenbau und<br />

seine Versündiung, wir könnten nie Melchisedeks Brot und Wein und wir könnten auch nie Brot und Kelch<br />

beim Passahmahl verstehen. So hat Abel auf seiner Stufe Abendmahl gehalten: Brot, Wein und das<br />

geschlachtete Schattenopfer.<br />

● So blieb es bis aufs Gesetz. Unter dem Gesetz wurden alle getauft und hatten in ihrer Art da Abendmahl.<br />

Nach 1.Petrus 3,20.21 ist die ganze Welt getauft bei <strong>der</strong> Hindurchführung <strong>der</strong> Arche durch die Wasser. Petrus<br />

sagt, die Rettung durch die Arche sei ein Gegentypus zur Taufe, also in <strong>der</strong> Art jener Tage auch eine Taufe.<br />

Opfer, Brot und Wein hatte Noah auch. Dann wurde das ganze jüdische Volk auf Mose getauft, das heißt ins<br />

Gesetz hinein, bei seiner Durchrettung durch das Rote Meer (1.Korinther 10,2). Und in <strong>der</strong> Wüste haben sie<br />

geistliche Speisen gegessen und geistlichen Trank getrunken. Vor allem aber hatten sie das Vorbild des<br />

Abendmahles im Passah: das geschlachtete Lamm, Brot und Wein (1.Korinther 10,3 ff.). Wie zwischenhinein<br />

Melchisedek den Abraham mit dem Sakrament versorgte, indem er Brot und Wein brachte, haben wir oben<br />

gesehen. Unter dem Gesetz können wir nach <strong>der</strong> Schrift die verschiedenen Waschungen auch als Taufen<br />

ansehen, wie sie <strong>der</strong> Hebräerbrief bezeichnet.<br />

213<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gnadenmittel<br />

16


● Als die messianische Zeit des Königreiches anbrechen sollte, da trat die Johannestaufe hervor. Sie war<br />

eine Verheißungstaufe, eine Bußtaufe auf den kommenden Heiland und Messias-König hin. Und diese Taufe,<br />

als die Eingangstür zum kommenden Königreich, war Massentaufe, war Volkstaufe im weitesten Sinne. Es<br />

ging hinaus das ganze jüdische Volk (Matthäus 3,5). Dass die Taufe nicht ihren inneren Zweck erfüllte und<br />

das Volk bußfertig vorbereitete auf seinen und <strong>der</strong> Welt König, lag an <strong>der</strong> Unbußfertigkeit <strong>der</strong> Leiter und<br />

weiter, von ihnen verführter Kreise. Da wurde die Gesetzestaufe hinausgeschoben bis an den wahrhaftigen<br />

Anfang des Königreiches. Natürlich wird die Taufe im erfüllten Königreich auf den Namen Jesu und in die<br />

Vergebung <strong>der</strong> Sünden hinein geschehen. Sie wird sein, wie sie an Pfingsten und nach Pfingsten bei dem<br />

Anfang des Königreiches Christi war. Und sie wird Massentaufe sein und bleiben, weil eine Massenbuße im<br />

Königreich eintritt. Matthäus 28,19 sagt uns, dass ganze Nationen getauft werden, wenn das Königreich<br />

ausbricht. Das schiebt sich nun aber hinaus bis an den Tag <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft Christi. <strong>Die</strong>se Königreichstaufe<br />

wird eine Taufe in Jesus zur Vergebung <strong>der</strong> Sünden und zur Untertanenschaft in Seinem Reich sein.<br />

● Ähnlich ist es mit dem Königreichs-Abendmahl. <strong>Die</strong>ses ist, wie uns die drei Königreichs-Evangelien<br />

erzählen, herausgewachsen aus dem Passahmahl. Es ist das Königsmahl des Königreiches. Es ist die stete<br />

Aneignung <strong>der</strong> Vergebung <strong>der</strong> Sünden und die innere, tiefe Verbindung <strong>der</strong> Untertanen mit dem König<br />

untereinan<strong>der</strong>.<br />

214<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gnadenmittel<br />

In bezug auf dieses Mahl sagt <strong>der</strong> Heiland, dass Er mit den Juden und den Jüngern bis zum Anbruch <strong>der</strong><br />

Königreichs-Gemeinde nicht mehr trinken werde vom Gewächs des Weinstocks, bis Er es neu mit ihnen<br />

trinken werde in des Vaters Königreich (Matthäus 26,29). So gibt es gesetzlich gefüllte Sakramente, welche<br />

auch massenmäßige Sakramente sind im Königreich Christi.<br />

● Auf einer höheren Stufe stehen die Sakramente <strong>der</strong> Gemeine. Hier ist die Taufe das Sakrament in Christi<br />

Tod und Christi Auferstehung (Römer 6,3 ff.). <strong>Die</strong> Taufe versiegelt durch das sichtbare Zeichen des Wassers<br />

und des Untergetauchtseins das Gestorbensein in sich selber, dem eigenen Ich und das Leben Gottes in<br />

Christus Jesus. <strong>Die</strong> Taufe stellt das ganze neue Lebensprinzip dar, welches ein Gläubiger durch die<br />

Wie<strong>der</strong>geburt bekommen hat. <strong>Die</strong> Hauptsache dabei ist in erster Linie das Lebensprinzip. <strong>Die</strong> Taufe ist nur<br />

das äußere Zeichen. Das heilige Abendmahl <strong>der</strong> Gemeine bewegt sich auf <strong>der</strong> gleichen Linie. Es ist nicht so<br />

sehr das immer wie<strong>der</strong> Annehmen <strong>der</strong> Vergebung ihrer Sünden, als vielmehr die stete Vertiefung <strong>der</strong><br />

Lebensgemeinschaft mit dem Haupte und den <strong>Glie<strong>der</strong></strong>n. 1.Korinther 11,16 ff. weist darauf klar hin. Auch<br />

1.Korinther 11,16 ff. legt das Hauptgewicht auf das Unterscheiden des Leibes des Herrn. <strong>Die</strong><br />

Lebensgemeinschaft im Herrn und in den Brü<strong>der</strong>n wird gepflegt. Dazu verkündigen wir des Herrn Tod, bis Er<br />

kommt. In Seiner Kreuzes- und Sterbensgemeinschaft stehen wir – und darinnen im Warten auf Ihn.<br />

● Es gibt über dieses unter sichtbaren Zeichen geschehende Abendmahl hinausragend noch ein<br />

geistliches Essen und Trinken des Herrn, wie es im Johannes-Evangelium Kapitel 6,33 ff. und in Offenbarung<br />

3,20 angedeutet ist.<br />

215<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gnadenmittel<br />

17


<strong>Die</strong>ses hat keine äußeren Zeichen und ist die innere Glaubens- und Lebensanziehung des Herrn im Geiste.<br />

So werden wir's halten, wenn wir bei Ihm vollendet sind, aber doch auch schon bei gereiftem Geisteszustand<br />

dieser Erde.<br />

● Was ergibt sich für uns aus dieser wachstümlichen Entwicklung <strong>der</strong> Sakramente? Es ergibt sich, dass die<br />

Gemeine die Sakramente in ihrer Eigenart hat, sie halten darf und muss.<br />

Es ergibt sich aber auch, dass es eine gesetzliche Stufe <strong>der</strong> Sakramente gibt, welche die Kirche sich<br />

angeeignet hat und die ins Massenmäßige geht. <strong>Die</strong> Kirche will das Königreich vorwegnehmen, was sie aber<br />

nicht erreichen wird.<br />

Wo aber nun die Sakramente in <strong>der</strong> Kirche gesetzlich ernst und treu verwaltet werden, kann ein Kind Gottes,<br />

seinem Heiland und seinem Apostel Paulus gleich, gerne herabsteigen auf die gesetzliche Stufe.<br />

Es wird aber das Sakrament auch haben wollen auf <strong>der</strong> Gemeine-Stufe. <strong>De</strong>shalb ist das brü<strong>der</strong>liche Gemeine-<br />

Mahl eine Notwendigkeit. Ob ein Kind Gottes sich noch einmal taufen lassen will, um auch hier gemeinemäßig<br />

zu handeln, das wird man ihm freistellen müssen. Wir haben ja gesehen, so wichtig ist das nicht, um darüber<br />

zu streiten. Wer's tun will, tue es in <strong>der</strong> Einfalt – wer es nicht tun will, sehe zu, dass wahrhaftiges Geistesleben<br />

in ihm sei. Es sind herrliche Gotteskin<strong>der</strong> ohne Großtaufe vollendet worden. Vor allem wollen wir nicht Streit<br />

und Zwietracht anrichten.<br />

Das Wort hat seine Stellung bekommen, des Herrn Mahl ist auf dem Wege, sie einzunehmen, die Großtaufe<br />

wird wachstümlich noch dazukommen. Eins kommt nach dem an<strong>der</strong>en. Hier ist Geduld not.<br />

216<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gnadenmittel<br />

● <strong>Die</strong> Kirche aber sollte ihre geistlich mündig gewordenen <strong>Glie<strong>der</strong></strong> hier freigeben und ihnen erlauben, ihr<br />

Gotteskindschafts-Leben in ihrer Mitte frei zu leben. Hat sie alles Welt-Leben in ihrer Mitte, so wird sie doch<br />

noch viel, viel mehr das Geistesleben nach seinem biblischen Auswirkungs-Linien in sich dulden können – sie<br />

wird davon nur Segen haben.<br />

18


217<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine<br />

und die Gemeinschaften<br />

Was wir gesehen und gehört haben,<br />

das verkündigen wir euch,<br />

auf dass auch ihr mit uns Gemeinschaft habt;<br />

und unsre Gemeinschaft ist mit dem Vater<br />

und mit seinem Sohn Jesus Christus.<br />

Und solches schreiben wir euch,<br />

auf dass eure Freude völlig sei. 1.Johannes 1,3.4<br />

● Sind nicht die Gemeinschaften die richtige äußere Darstellung <strong>der</strong> Gemeine? Sind nicht Gemeine und<br />

Gemeinschaften zwei sich deckende Begriffe?<br />

● Eins ist klar, die Gemeinschaften sind nicht die Gemeine. <strong>Die</strong> Gemeine ist und bleibt unsichtbar, solange<br />

ihr Haupt unsichtbar ist. Sie ist die Summe aller innerlich glaubensmäßig mit dem Haupte verbundenen<br />

Geister, die waren, sind und sein werden. Keine äußere Gestaltung ist je vor dem Erscheinen des Herrn die<br />

sichtbare Darstellung <strong>der</strong> Gemeine. Und doch sucht sich die Gemeine auch äußerlich zu formieren und<br />

formiert sich immer wie<strong>der</strong>. Sie hat wie alles, was geboren werden soll, einen starken Trieb, in die<br />

Erscheinung zu treten. Wo sie aber Gestaltung annimmt, schließen sich sofort auch nicht neugeborene<br />

Geister an, und es entsteht ein Gemisch. Das ist nötig. In ihm üben sich die neugeborenen Kin<strong>der</strong> im Leiden,<br />

Sterben und Aufstehen, aber auch im Herrschen und Regieren in dem Herrn. Jedes Kind Gottes und noch<br />

mehr etliche, zusammengeschlossene Kin<strong>der</strong> Gottes haben einen größeren o<strong>der</strong> kleineren Umkreis um sich,<br />

größer o<strong>der</strong> kleiner, je nach dem Maße und Grade er Gnade und Gabe, welche ausgewirkt werden soll.<br />

218<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gemeinschaften<br />

So darf sich keine Gemeinschaft, wie sie auch äußerlich erscheint, im eigentlichen engsten Sinne Gemeine<br />

nennen. Jede Gemeinschaft, welche sich die Gemeine nennen und welche allein die Sammlung <strong>der</strong><br />

erstgeborenen Kin<strong>der</strong> Gottes sein wollte; jede Gemeinschaft, welche die an<strong>der</strong>en geringer achtete, als keine<br />

Gemeine-Gefäße, die überhöbe und täuschte sich selbst. Jede Gemeinschaft, welche sie auch sei, hat die<br />

Gemeine nur in sich.<br />

● So klar dies ist, so ist es ebenso wahr, dass die Gemeine in <strong>der</strong> Gemeinschaft ihre eigentliche, erste und<br />

entsprechendste Ausdrucksform hat. Wer aus Gott geboren ist, <strong>der</strong> liebt auch den, <strong>der</strong> von Ihm geboren ist<br />

(1.Johannes 5,1). Wer aus dem Geiste ist, den zieht es zu den Geistlichen, er verbindet und baut sich mit<br />

19


ihnen. Johannes verkündigt auch, was er gesehen und gehört hat vom erschienen Leben deswegen, dass die<br />

Gläubigen mit ihm und den an<strong>der</strong>en Gläubigen Gemeinschaft hätten, und die Gemeinschaft untereinan<strong>der</strong><br />

wurzelt in <strong>der</strong> Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne (1.Johannes 1,1-3). Geistesleben ist<br />

Gemeinschaftsleben. Es ist das Gemeinschaftsleben mit dem im Geiste innewohnenden Herrn und in Ihm mit<br />

dem Vater, und es ist das Gemeinschaftsleben <strong>der</strong> geborenen Kin<strong>der</strong> untereinan<strong>der</strong>, unsichtbar mit allen,<br />

sichtbar mit denen, welche man erreichen kann und mit welchen man zusammengeführt wird. Gläubige haben<br />

überall in irgendeiner Form Gemeinschaft mit den Gläubigen. Gläubig sein heißt Glied sein; jedes Glied sucht,<br />

so gut es kann, die Lebensgemeinschaft auch im Äußeren. Innerlich ist diese Gemeinschaft im Haupte, in<br />

welchem wir mit allen Gläubigen stehen, eine vollkommene. Ich glaube die Gemeinschaft <strong>der</strong> Heiligen.<br />

Äußerlich ist sie stets eine unvollkommene, aber sie besteht.<br />

219<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gemeinschaften<br />

<strong>De</strong>r Heilige Geist, in welchem <strong>der</strong> Gläubige lebt, trägt den Namen Gemeinschaft als Charakterisierung Seines<br />

Wesens. <strong>Die</strong> Gnade unseres Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen<br />

Geistes sei mit uns allen.<br />

● Dabei ist als Son<strong>der</strong>liches noch zu nennen, dass die heiligen Apostel in ihren Briefen und <strong>der</strong> Heiland<br />

selbst in den Sendschreiben <strong>der</strong> Offenbarung auch das unvollkommen in die Erscheinung Getretene mit<br />

seinen Fehlern und Gebrechen Gemeine nennen. Was dem Gemeine-Geiste seine Entstehung verdankt, was<br />

die Gläubigen in Christo einschließt, das heißt auch in <strong>der</strong> unvollkommenen Mischform Gemeine. Dabei ist <strong>der</strong><br />

Grad, in dem die einzelnen Formen wahres Gemeine-Wesen in sich tragen, ein sehr verschiedener. Sehen wir<br />

nur die Verschiedenheit <strong>der</strong> einzelnen Gemeine-Briefe und die Verschiedenheit <strong>der</strong> darin gerügten Abirrungen<br />

an, sehen wir nur die tiefe Verschiedenheit <strong>der</strong> sieben Gemeinen in den Sendschreiben an. So dürfen wir also<br />

auch unvollkommene äußere Gebilde, wenn sie Träger und Getragene von Gläubigen sind, als Gemeine<br />

bezeichnen. <strong>Die</strong> größere o<strong>der</strong> geringere Unvollkommenheit, Sündhaftigkeit und Durchsetztheit mit<br />

Anfänglichem, Wachsendem, ja mit Verkehrtem und Falschem schließt den Namen <strong>der</strong> Gemeine nicht aus,<br />

sonst hätte <strong>der</strong> Apostel keine einzige in die Erscheinung getretene "Gemeine" nennen können.<br />

● Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet ist es gewiss, dass die Gebilde, welche sich in unseren Tagen<br />

Gemeinschaften nennen, o<strong>der</strong> auch Gebilde, welche sich freie Kirche nennen, <strong>der</strong> wahren Gemeine am<br />

nächsten kommen.<br />

220<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gemeinschaften<br />

Ganz beson<strong>der</strong>s wenn sie aus Geisteserweckungen und Geistesbewegungen heraus sich neu bilden, stehen<br />

sie dem wahren Gemeine-Charakter sehr nahe. Da sind auch die Gemeine-Linien am klarsten ausgeprägt und<br />

durchgeführt. Je älter aber eine solche Gemeinschaft o<strong>der</strong> solche Gemeinen werden, desto mehr pflegt sich<br />

ihnen <strong>der</strong> Charakter des allgemein Religiösen o<strong>der</strong> des gesetzlich Religiösen aufzuprägen, um so mehr<br />

nehmen sie den Organisations- und Vielfältigkeits-Charakter <strong>der</strong> <strong>Die</strong>seits-Gebilde an und desto mehr<br />

schwinden die eigentlichen Gemeine-Linien des Organismus des Leibes Christi. Das ist immer wie<strong>der</strong> erlebt<br />

worden im Laufe <strong>der</strong> Gemeinezeit, und das erleben wir auch in unseren Tagen.<br />

● Wie die Apostel in ihren Briefen und wie <strong>der</strong> Herr in den Sendschreiben haben da die Kin<strong>der</strong> Gottes, die<br />

Geist-geborenen und Geistbegabten, ein Wächteramt, kraft dessen sie darüber wachen, dass die Geistes-<br />

20


Linien bewahrt und immer wie<strong>der</strong> erneuert werden. Wir sehen in unseren Tagen, wie die meisten<br />

Gemeinschaftsgebilde in einer inneren Krisis stehen und größere und geringere Schwierigkeiten<br />

durchmachen, weil im Laufe <strong>der</strong> Jahrzehnte an Stelle <strong>der</strong> eigentlichen Gemeine-Linien organisatorische,<br />

natürliche Linien getreten sind und Verdiesseitigungen eintraten, welche den Gemeine-Charakter zu<br />

verwischen drohen. <strong>Die</strong> Apostel sind gegen alle auftretenden falschen, gesetzlichen und natürlichen Linien<br />

sehr scharf angegangen und suchten den äußeren Gebilden den Gemeine-Charakter so gut wie möglich zu<br />

erhalten. Ist <strong>der</strong> Gemeine-Charakter nicht gewahrt, dann können die Kin<strong>der</strong> Gottes nicht so klar ihren<br />

Geistesweg sehen. Sie laufen ja auch unter Druck, und Druck tut ihnen gut. Wenn es sich aber nicht nur um<br />

Druck, son<strong>der</strong>n um falsche Linien handelt, dann muss entwe<strong>der</strong> um- o<strong>der</strong> neugebildet werden. <strong>De</strong>r Geist<br />

selbst regt dann die innerlich Gläubigen schon an, dass sie rufen und die Gemeine-Linien aufzeigen.<br />

221<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gemeinschaften<br />

Wir glauben nun, dass die Freikirchen und die Frei-Gemeinschaften, welche sich innerhalb <strong>der</strong> großen,<br />

vielfach fehlgefahrenen Kirchen gebildet haben, um den Gemeine-Charakter wie<strong>der</strong> herauszubilden, im<br />

Begriffe stehen, selbst wie<strong>der</strong> ganz bedeutend fehlzufahren.<br />

● <strong>Die</strong>se Gefahr droht den eigentlichen Freikirchen am meisten, droht aber auch den innerhalb <strong>der</strong> Kirchen<br />

stehenden Gemeinschaften gar sehr.<br />

● <strong>Die</strong> Freikirchen sind schon in großer Gefahr, den Gemeine-Charakter zu verlieren durch die<br />

nachgeborenen Kin<strong>der</strong>, welche durch die Taufe in die Freikirchen aufgenommen werden. <strong>Die</strong> meisten dieser<br />

Kin<strong>der</strong> kommen nicht zur neuen Geburt. Dadurch werden diese Kirchen in ihrem Stande herabgedrückt. Als<br />

Wort-Hörer und als im Worte zu Erziehende können diese Kin<strong>der</strong> wohl bleiben, <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Kirche könnten sie<br />

nur durch einen Entscheid für den Heiland werden, <strong>der</strong> durch die Taufe besiegelt werden könnte. Aber dies ist<br />

nicht die einzige abführende Linie.<br />

● Eine hauptsächliche, die Gemeine in ihrem Grund-Charakter zerstörende Linie ist ein beamtetes<br />

Angestelltentum. <strong>Die</strong> Gemeine wird nach <strong>der</strong> ganzen Schrift durch Gaben weitergebaut, welche <strong>der</strong> Heilige<br />

Geist unter den Gläubigen nach dem Maße eines jeglichen austeilt. Luther hat in <strong>der</strong> deutschen Bibel da noch<br />

stark katholisch übersetzt. Was er Amt nennt, muss <strong>Die</strong>nst heißen. Apostel. Evangelisten, Hirten, Lehrer sind<br />

keine Ämter, son<strong>der</strong>n Gaben, welche führungsmäßig und durch Bestätigung <strong>der</strong> Brü<strong>der</strong> zu <strong>Die</strong>nsten werden.<br />

<strong>Die</strong> mit Gaben und <strong>Die</strong>nsten Begnadeten stehen alle in einem irdischen Berufe und sind imstande, ihren<br />

Lebensunterhalt zu verdienen. <strong>Die</strong> Gaben wirken sich auch meist in einem und neben einem irdischen Berufe<br />

aus. <strong>Die</strong> Brü<strong>der</strong> können aber auch zum <strong>Die</strong>nste freigestellt und in ihrem Lebensunterhalte von <strong>der</strong> Gemeine<br />

getragen werden.<br />

222<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gemeinschaften<br />

Das wird die Gemeine gerne und willig tun, wenn sie den <strong>Die</strong>nst <strong>der</strong> Brü<strong>der</strong> und ihre Begabung zu ihrem<br />

Nutzen erkannt hat. Nie sind aber diese freigestellten Brü<strong>der</strong> mit ihren Gaben Angestellte, und nie kann man<br />

sich diese Stellung durch eine gewisse Vorbildung erwerben, wenn etwa lebendiger Glaube und Begabung<br />

fehlen. Dass große Kirchen mit nicht gläubigen Massen solche Angestellte brauchen, das liegt in ihrem<br />

ganzen gesetzlichen Charakter. <strong>Die</strong> Gemeine kann das nicht brauchen, das nimmt ihr ihren Lebenscharakter.<br />

In <strong>der</strong> Gemeine, als einem Organismus <strong>der</strong> Bru<strong>der</strong>liebe, dient man einan<strong>der</strong>, ein jeglicher mit <strong>der</strong> Gabe, die er<br />

empfangen hat. Und je<strong>der</strong>, auch wenn er Freigestellter, Begabter ist, bleibt stets Bru<strong>der</strong> im Gemeine-Rahmen,<br />

wie ein Apostel Paulus. Sobald Angestellte nach an<strong>der</strong>en Gesichtspunkten als dem freien Brü<strong>der</strong>- und<br />

Gabencharakter da sind, herrschen sie unweigerlich in den Gemeinen, und die Brü<strong>der</strong> treten zurück. Da kann<br />

es sein, dass <strong>der</strong> jüngste Angestellte Leiter und Beherrscher eines ganzen Bezirkes ist. Das ist <strong>der</strong> glatte<br />

Gesetzeskirchenweg, aber nicht <strong>der</strong> Gemeine-Weg. Dann hat man je länger, je mehr viele Angestellte ohne<br />

21


inneren Beruf und Gaben, welche <strong>der</strong> Gemeine nicht dienen können und auch oft von ihr abgelehnt werden.<br />

Unter solchen Angestellten schwinden dann allmählich die Gaben <strong>der</strong> Gemeine in ihrer freien Entfaltung<br />

dahin. Eine frei gestellte Gabe freut sich <strong>der</strong> Selbständigkeit aller Brü<strong>der</strong>, in <strong>der</strong>en Mitte sie steht und durch<br />

<strong>der</strong>en Tragen sie allein bestehen kann. Wo <strong>der</strong> Angestelltencharakter durchbricht, ist eine Umbildung in den<br />

Gemeine- und Brü<strong>der</strong>charakter dringend notwendig. <strong>Die</strong> Gemeine-Linie kennt nur Älteste, das ist etwas<br />

Gewachsenes, und dann freigestellte Gaben inmitten <strong>der</strong> Brü<strong>der</strong>.<br />

221<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gemeinschaften<br />

● Sehr weit ab vom Gemeine-Wesen und eine völlig falsche Linie ist <strong>der</strong> Frauendienst und sind angestellte<br />

Frauen. Es ist doch sehr bezeichnend, dass die Apostel bei <strong>der</strong> Anrede <strong>der</strong> Gemeine stets nur "Liebe Brü<strong>der</strong>"<br />

sagen. Da sind die neugeborenen Frauen mit drin. Dadurch wird <strong>der</strong> männliche Charakter <strong>der</strong> Gemeine –<br />

Sohn Gottes – stark betont und angedeutet, dass <strong>der</strong> Wirkungsbereich <strong>der</strong> Frau nicht nach außen gerichtet ist.<br />

Wenn in einer Gemeine gläubige, gottgeborene Mädchen und Frauen sind, werden sie immer Raum finden,<br />

ein Segen zu sein. Es ist auch ganz klar, dass wenn eine Jungfrau, Frau o<strong>der</strong> Witwe eine Gabe hat, sie<br />

dieselbe im <strong>Die</strong>nste <strong>der</strong> Gemeine an Kin<strong>der</strong>n, Mädchen, Kranken, Armen, Elenden reichlich auswirken kann.<br />

Es muss aber immer gabenmäßig geschehen, ohne Lehren und Predigen, immer auch im gesetzten Alter –<br />

die Bibel nennt 60 Jahre, was allerdings nicht als unumstößliches Gesetz gelten muss. Wenn das öffentliche<br />

Angestelltentum auch hier einreißt, ist es nicht mehr <strong>der</strong> Gemeine-Weg. Wir sind auch <strong>der</strong> Meinung, dass nicht<br />

jede im Schwesternberuf stehende Frau deswegen auch begabt ist, in <strong>der</strong> Gemeine da o<strong>der</strong> dort zu dienen.<br />

Da muss sie erst in <strong>der</strong> Gemeine geisteslegitimiert sein. Sie kann ja ruhig ihren erwählten Beruf ausüben, das<br />

<strong>Die</strong>nen im Gemeinerahmen aber kann nur für Berufene sein. <strong>Die</strong> Gemeinen müssen sich zum <strong>Die</strong>nste <strong>der</strong><br />

Frauen ganz an<strong>der</strong>s stellen, als dies heute vielfach geschieht. Alles, was um einer gewissen Bildung und<br />

Ausbildung willen auch ein Amt beansprucht, ist nicht geistemäßig. Wo solche Linien laufen, müsste langsam<br />

in Liebe umgebaut werden.<br />

224<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gemeinschaften<br />

● Ebenso ist alles gemeinewidrig, was den Einheits-charakter <strong>der</strong> Gemeine stört und zerstört. Dass<br />

einzelne Berufsgruppen sich wie<strong>der</strong> zu ganz beson<strong>der</strong>en Verbänden mit Organisationen zusammentun, das<br />

hat in den Gemeinschaften <strong>der</strong> Bibel nirgends eine Grundlage. Je<strong>der</strong> Gläubige, in welchem Beruf er auch zum<br />

Glauben kommt, fügt sich <strong>der</strong> Gesamtgemeine ein. Aus Berufsgruppen heraus beson<strong>der</strong>s organisierte<br />

Gläubige sind nach dem Gemeinecharakter ein Unding. Wenn einer in Christo ist, leitet ihn <strong>der</strong> Geist auch in<br />

seinem Spezialberufe die richtigen Wege. Werden einzelne desselben Berufes führungsmäßig<br />

zusammengeführt, so können sie sich ja gegenseitig anregen, aber die Son<strong>der</strong>bünde sind nicht nach Christus.<br />

<strong>De</strong>r Bru<strong>der</strong>-Einheitscharakter leidet durch solche Bildungen Not.<br />

22


● Noch viel mehr als durch solche Son<strong>der</strong>bünde wird <strong>der</strong> Einheitscharakter <strong>der</strong> Gemeine beeinträchtigt,<br />

wenn man den Kampf gegen einzelne Sünden zum Gegenstand beson<strong>der</strong>er Organisationen macht. Nirgends<br />

in den Gemeinebriefen liegt irgendeine Grundlage dafür, einzelne Sünden durch beson<strong>der</strong>e Arbeit zu<br />

bekämpfen. Es wird dadurch auch <strong>der</strong> Sündenbegriff verschoben. <strong>Die</strong> Selbstgerechtigkeit und gar<br />

hochgebildetes, philosophisches Eigenwesen, in den Himmel fahren<strong>der</strong> Eigen-Idealismus sind viel<br />

furchtbarere, zerstören<strong>der</strong>e und weit schwerer zu brechende Sünden, als zum Beispiel Trunksucht und<br />

Sinnlichkeit. Es wird ja Huren und Ehebrechern erträglicher gehen am Jüngsten Gericht, als einer<br />

selbstgerechten Stadt (Matthäus 10,15; Judas 7). Wenn in einzelnen Gemeinen Brü<strong>der</strong> sind, welche<br />

beson<strong>der</strong>e Gaben haben – aber auf dies, auf die Gabe kommt es immer an –, mit Trinkern und<br />

Sinnengebundenen son<strong>der</strong>lich zu reden, so sollen sie es im Einverständnis mit den Brü<strong>der</strong>n tun. Das müssen<br />

aber dann auserlesene und vor allem keine zu jungen Brü<strong>der</strong> sein. Beson<strong>der</strong>e Organisationen um dieser<br />

Sünden willen liegen nicht im Wesen <strong>der</strong> Gemeine.<br />

225<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gemeinschaften<br />

Wo <strong>der</strong> Heilige Geist wirken darf, fallen auch Schritt für Schritt die Bande. Es muss alles Spezielle<br />

gabenmäßig und in <strong>der</strong> Gesamtverbindung des Bru<strong>der</strong>organismus laufen, und weil gabenmäßig, darum auch<br />

einzeln laufen. <strong>Die</strong> Organisierung und organisierte Weiterführung solcher Spezialitäten ist nicht nach dem<br />

Geiste. Es geht in <strong>der</strong> Gemeine alles persönlichkeitsmäßig. Ist für irgend etwas keine Geistespersönlichkeit<br />

und keine Gabe da, so unterlässt man es, dann liegt es nicht im Umkreis <strong>der</strong> betreffenden Gemeine. <strong>Die</strong><br />

Gaben einer Geistespersönlichkeit bekommen auch ihre Aufgaben zum Fruchtbringen. Organisierte<br />

Spezialitäten führen ins Vielerlei und in Wachstum hin<strong>der</strong>nde Einseitigkeit, weil es dann vielfach nicht<br />

gabenmäßig geht. Darum sollten lebendige Gemeinen alle diese organisierten Spezialitäten von sich<br />

fernhalten, aber den Herrn bitten, dass Gaben lebendig werden und im Gesamtrahmen <strong>der</strong> Gemeine zur<br />

Auswirkung kommen.<br />

● Eine sehr große Gefahr für lebendiges Gemeinwesen ist eine falsche Jugendpflege. <strong>Die</strong> Gemeinen<br />

sollten nicht nach <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Welt auf die Jugend losgehen und sie gewissermaßen, so viel man ergattern<br />

kann, für sich einspannen wollen. Eine Gemeinschaft, welche sich in einseitiger Jugendarbeit überspannt und<br />

übernimmt, leidet Schaden am Wachstum. <strong>Die</strong> Jugend verlangt ein Herabsteigen unters Gesetz, wenn man<br />

sie in <strong>der</strong> Breite erfassen will. Da wird leicht das ganze Gemeinschaftswesen gesetzlich. Es kommt viel zuviel<br />

des Singens, des Spielens, des Wan<strong>der</strong>ns, des nach außen Gehens in die Gemeine hinein, kurz ein Vielerlei,<br />

welches ihren ganzen Charakter herabdrückt. Da wird auch die Wortverkündigung immer milchiger, und die<br />

starke Speise tritt je länger, je mehr zurück.<br />

226<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gemeinschaften<br />

Eine organisierte Son<strong>der</strong>behandlung <strong>der</strong> Jugend ist vollends ganz vom Übel. Je mehr man sie beson<strong>der</strong>s<br />

behandelt, verliert sie Geruch und Geschmack für das Gemeinewesen. Junge und Alte müssen untereinan<strong>der</strong><br />

sein. <strong>Die</strong> Gemeine ist nicht auf die ganze Jugend und auf ihre Gewinnung gerichtet. Das wäre ja<br />

gemeinewidrig. <strong>Die</strong> Gemeine steht da als ein Licht- und ein Salzfelsen. Was licht- und salzhungrig ist, kommt<br />

auch aus den Jungen heran. <strong>Die</strong>se vom Vater zum Sohne Gezogenen zieht die Gemeine vollends hinein. <strong>Die</strong><br />

an<strong>der</strong>en lässt sie laufen, was nach klarer Schrift – nach Römer 1,24.26.28 – für die Massen <strong>der</strong> Gegenwart<br />

gilt: sie sind dahingegeben. <strong>Die</strong>s Dahingeben ist nicht ein Ver<strong>der</strong>benlassen. Sie können eben nur durch<br />

Zerbruch gerettet werden. Es ist also <strong>der</strong> Weg hinaus durch Gerichte so recht eigentlich <strong>der</strong> Weg zu ihrer<br />

Seligkeit. Wir beten für alle, wir lieben alle – aber ihr Weg ist ihr Weg. <strong>De</strong>s innerlich Gezogenen nehmen wir<br />

23


uns an und ziehen es weiter. So läuft die Jugendpflege <strong>der</strong> Gemeine in den gezogenen Gottesgrenzen.<br />

Jugendorganisationen sind hier durchaus nicht vonnöten, Jugendkonferenzen, von gläubigen Brü<strong>der</strong>n bedient,<br />

sind das einzige. Ist in einer Gemeine ein Bru<strong>der</strong> o<strong>der</strong> eine Frau, welche beson<strong>der</strong>e Gaben für die Jungen<br />

empfangen haben, so mögen sie dieselben anwenden und auswirken. Sind keine solche Gaben da, dann<br />

hören diese son<strong>der</strong>lichen Auswirkungen auch auf. So können an einem Orte beson<strong>der</strong>e Gaben für Junge da<br />

sein, am an<strong>der</strong>en nicht. Da kommen dann die Jungen nur in die Gemeine-Versammlungen. Wir müssen dabei<br />

eben im Auge haben: ein Gottgeborenes ist mehr wert als hun<strong>der</strong>t organisierte Vereinsmitglie<strong>der</strong> ohne neue<br />

Geburt. Aber mit Liebe fürbittend, tragend, helfend, auch in christlichen Häusern helfend, um sie sein – das ist<br />

<strong>der</strong> Gemeine wichtig, soweit <strong>der</strong> Herr Gnade und Gabe gibt.<br />

227<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gemeinschaften<br />

Es wird an berufenen Jungen nicht mangeln. Mögen Kirche, Staat und Organisationen sich sonst <strong>der</strong> Jugend<br />

in ihrer Art annehmen – wir segnen, was gut ist. Wir selbst aber nehmen uns ihrer in <strong>der</strong> uns von Gott<br />

anvertrauten Art nach dem Maß unserer Gaben und Kräfte an. Wir vergessen nicht, dass Gemeinen sich nicht<br />

wesentlich aus <strong>der</strong> Jugend erneuern, son<strong>der</strong>n gar vielfach aus schon erfahrenen und gesetzten Leuten,<br />

welche <strong>der</strong> Herr mitten aus <strong>der</strong> Welt herauszieht. Bei <strong>der</strong> Gemeine heißt es nicht: "Wer die Jugend hat, hat die<br />

Zukunft." Da kann die Jugend manchmal ein an<strong>der</strong>er haben, aber das gereifte Alter gehört dann doch dem<br />

Herrn! <strong>De</strong>r Geist weht, wo Er will. Sorgen wir in den Gemeinen nur, dass es heißen kann: "Du hörtest Sein<br />

Sausen wohl" (Johannes 3,8). Wo in <strong>der</strong> Jugendarbeit falsche Linien beschritten sind, beson<strong>der</strong>s Linien,<br />

welche die Gemeinen überkraften – wir meinen innerlich –, da ist <strong>der</strong> Gemeine nicht gedient. Ein ernster<br />

Fehler ist es auch, wenn die Gemeine mehr nach außen als nach innen und oben blickt. Wenn immer es heißt:<br />

Menschen gewinnen, hinaus zum <strong>Die</strong>nst – sollte es hier heißen: hinein nach dem Innern, ins Werden und<br />

Wachsen, ins Zunehmen an Geist, Zucht und Liebe. Dann wird das gottgegebene Hervorbrechen nicht fehlen.<br />

<strong>Die</strong> Gemeine ist viel mehr wirksam durch das, was sie ist und leidet, als durch das, was sie wirkt. Durch das<br />

zu ausschließliche nach außen Fahren ist die Gemeine auch in die falsche Linie <strong>der</strong> vielen Gesänge und<br />

Chöre und beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> vielen Feste geraten. Wie sagt Paulus im Galaterbrief? "Ihr haltet Tage und Monate,<br />

Feste und Jahre. Ich fürchte, ich habe vielleicht umsonst an euch gearbeitet (Galater 4,10.11)." Hier sind<br />

schwere Fehl-Linien im Gemeinschaftsleben eingerissen. Alle Einrichtungen <strong>der</strong> Gemeinen müssen auf<br />

Innenvertiefungen gehen, und gewichtig wirken auch nach außen; aber nach außen bei innerem Abnehmen ist<br />

eitel Verlust.<br />

228<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Gemeinschaften<br />

Darum brauchen auch die Gemeinen nur sehr wenig Organisation. <strong>Die</strong> Liebe Christi bindet. Gemeineglie<strong>der</strong><br />

finden sich überall, auch unorganisiert. Das, was man heute Gemeinschaftsbewegung heißt, läuft vielfach<br />

nicht in Gemeine-Linien. Es läuft bereits einen Kirchweg – nach außen und ins Große. Es tut <strong>der</strong><br />

Gemeinschaftsbewegung, soweit wir sie kennen, dringend eine Geistes- und Wesens-Reformation not. O<strong>der</strong><br />

sollten alte Gemeinschafts-bewegungen nicht auch die Tendenz haben hinauszulaufen? Sollte es für sie nicht<br />

auch heißen: zurück zu den Quellen? Natürlich muss das von innen heraus werden. Wenn aber die<br />

Innerlichen das erkennen, muss es auch Schritt für Schritt durchbrechen.<br />

24


● Wir wissen, nicht im Äußeren, im Inneren steht alles in <strong>der</strong> Gemeine. Aber damit sie wachse und<br />

gedeihe, braucht sie doch auch eine einigermaßen passende Form und darf beson<strong>der</strong>s nicht in Fehl-Linien<br />

gespannt sein.<br />

● Dass diese Gemeine-Linie dann auch in ihren Gemeinschaften die Gnadenmittel zu ihrer Erbauung<br />

braucht, haben wir schon an an<strong>der</strong>er Stelle gesagt. In dieser ihrer einfachen und schlichten Freiheit aber wird<br />

sie überall laufen können, niemand zu leide, allen zum Segen; sich selbst zur Auferbauung auf den Tag des<br />

Herrn.<br />

229<br />

<strong>Die</strong> Gemeine<br />

und die Jugendarbeit<br />

Jünglinge und Jungfrauen, Alte mit den Jungen,<br />

die sollen loben den Namen des Herrn.<br />

Psalm 148,12.13<br />

● Immer wie<strong>der</strong> werden wir in diesem Punkte angegriffen. Immer wie<strong>der</strong> fallen verkehrte Urteile. Darum ist<br />

erneute, möglichst klare Darlegung des Sachverhalts eine Notwendigkeit.<br />

● <strong>De</strong>n Gläubigen in Christo brennt das Herz für die Rettung aller Menschen genauso stark, wie jedem, den<br />

dieser Gegenstand bewegt. Will Gott in Christo, dass allen Menschen geholfen werde und dass alle zur<br />

Erkenntnis <strong>der</strong> Wahrheit kommen (1.Timotheus 2,4), so wollen wir's auch. Wir sind aber hineingebunden in<br />

den Rat Gottes, über den können wir nicht hinaus. <strong>Die</strong> Rettung aller Menschen läuft in geordneten<br />

Haushaltungen, und in diese haben wir uns im Gehorsam zu schicken. Muss <strong>der</strong> Sohn Gottes nach<br />

vollbrachter Erlösung jetzt schon 2000 Jahre warten, bis alle Feinde zum Schemel Seiner Füße gelegt sind<br />

(Hebräer 10,13) und Er sie dann retten kann, so müssen wir denn mitwarten. <strong>Die</strong> vollbrachte Erlösung wird<br />

jetzt nicht allen Menschen gewissermaßen an den Kopf geworfen. Nach dem Rat Gottes ist es nicht so, dass<br />

alle Menschen ihr Heil direkt von Christo haben. Das ist <strong>der</strong> große grundlegende Fehler <strong>der</strong>er, welche<br />

je<strong>der</strong>mann in Berührung mit Christus bringen wollen, und darum womöglich auch die ganze Jugend. Nur die<br />

Auserwählten und die gläubigen Heiligen ziehen ihr Heil direkt von Christus, sie stehen in Christo. Alle an<strong>der</strong>e<br />

Kreatur wartet auf die herrliche Freiheit <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes. Alle an<strong>der</strong>e Kreatur ist abhängig und muss warten<br />

auf die Vollendung <strong>der</strong> Erstlinge.<br />

230<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Jugendarbeit<br />

Sind diese vollendet, dann geht durch diesen Herrlichkeitsleib Jesu, in welchem Jesu Fülle wohnt, das Heil ins<br />

erwählte Erstlingsvolk <strong>der</strong> Juden und durch diese als durch heilige Händler und Mittler in alle Nationen. In<br />

diesen Plan Gottes ist <strong>der</strong> lebendige Glaube hineingebunden. Darum kann er nicht hinausschießen und jetzt<br />

25


alle Menschen und alle Jugend zu Jesu weisen wollen. Das ist schwärmerischer, Gottes Haushaltungen<br />

umwerfen<strong>der</strong> Fehlweg, <strong>der</strong> darum auch praktisch nie zum gewünschten Ziel geführt hat und nie führen wird.<br />

Wer die Jugend in diesem Plane sieht, weiß, dass die jetzt nicht zu gewinnende Jugend nicht rettungslos<br />

verloren ist, son<strong>der</strong>n einer an<strong>der</strong>en Haushaltung vorbehalten bleibt. Das gibt innere Ruhe.<br />

● Dass die großen Volks- und Massenkirchen, welche zu den großen gesetzlichen Religionspflegern <strong>der</strong><br />

Welt gehören und daher alle Jugend für sich beanspruchen, auch Mittel und Wege suchen, an diese ganze<br />

Jugend zu gelangen und sie sich womöglich zu erhalten, ist von ihrem Standpunkte aus nicht nur verständlich,<br />

son<strong>der</strong>n Pflicht. Wenn darum diese volksumfassenden Kirchen in ihren Trägern alle edlen und guten<br />

natürlichen Kräfte einspannen, um so viel wie möglich Jugend kirchlich interessiert zu erhalten, so wollen wir<br />

sie in dieser Arbeit segnen. Ehrlich getan, ist sie gewiss nicht umsonst. Wenn einst die Nationen in ihre große<br />

Evangelisationszeit einrücken, werden alle religiösen Werte, welche jetzt hineingewirkt sind, auch ihre<br />

Auswirkung erhalten. <strong>Die</strong> großen Kirchenträger, in ihren Massen zugleich Weltträger, folgen in dieser ihrer<br />

Arbeit den großen Weltorganisationen. Sie sind diesen, nur eben auf ihrem speziellen religiösen Boden, völlig<br />

gleichwertig.<br />

231<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Jugendarbeit<br />

● Etwas ganz an<strong>der</strong>es, spezifisch Verschiedenes, ist <strong>der</strong> Bau <strong>der</strong> Gemeine, welcher jetzt nach dem<br />

Ratsplan Gottes durchgeführt werden soll. Auf diesen Gemeineboden werden sich alle, die in Christo Jesu<br />

sind, stellen, auch die gläubigen, in Christo stehenden Pfarrer, welche dann mit allen Gläubigen einen<br />

leidendlichen Gang gehen. <strong>Die</strong> Gemeine, als die von oben Geborene, hat wie zu allen Dingen in <strong>der</strong> Welt, so<br />

auch zur Jugend eine ganz an<strong>der</strong>e Stellung als die übrige Menschheit. Wer zur Glaubensgemeine gehören<br />

und in ihr nach Jesu Führung laufen will, muss sich von vornherein sagen, dass er auch zur Jugend und zur<br />

Arbeit an <strong>der</strong> Jugend eine ganz spezifische Stellung hat, verschieden gegenüber allen an<strong>der</strong>en, die auf<br />

diesem Gebiet arbeiten. Wir sind auch hier die Ausgeson<strong>der</strong>ten. Wer das nicht sieht, <strong>der</strong> hat keinen<br />

Gemeineblick. Je mehr eine Jugendarbeit, die gemeinemäßig sein will, den an<strong>der</strong>en Jugendarbeiten jeglicher<br />

Art ähnelt, um so mehr ist sie sicherlich vom Gemeineboden gewichen. Gleichwie ein Gläubiger in Christo als<br />

ein Fremdling in <strong>der</strong> Welt steht, so steht auch alles, was er in Christus tut, fremdlingsartig da. So steht auch<br />

das Verhältnis <strong>der</strong> Gemeine zur Jugend als etwas Seltsames o<strong>der</strong> Fremdes mitten unter den Jugendarbeiten<br />

dieser Welt, auch mitten unter den religiösen Jugendarbeiten. Das muss jedem gläubigen Menschen etwas<br />

Klares sein. Wir dürfen auch in unser Verhältnis zur Jugend keine Weltprinzipien hineintragen. Das ist aber<br />

ohne Zweifel schon weithin geschehen.<br />

● Wenn wir als Gläubige in Christo uns zunächst vom Worte Gottes weisen lassen, so muss vor allem mit<br />

ganzer Bestimmtheit das festgestellt werden, dass die Bibel in keiner einzigen Haushaltung eine beson<strong>der</strong>s<br />

ausgebildete Jugendarbeit kennt. Nicht einmal Anlagen für eine organisierte Jugendarbeit sind da.<br />

232<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Jugendarbeit<br />

Darum haben wir auch keine Aussprüche für beson<strong>der</strong>s organisierte Jugendarbeit. Man muss sie dazu immer<br />

erst drehen und zurechtschneiden. Beachten wir wohl, wir reden nicht von <strong>der</strong> Liebe zur Jugend, diese<br />

versteht sich in Christo von selbst, aber immer innerhalb <strong>der</strong> Linien des Rates Gottes. Wir reden von<br />

26


geson<strong>der</strong>ter Jugendarbeit. <strong>Die</strong>se kennt die Bibel nirgends. Nun könnte man sagen, die Zeiten eilen vorwärts,<br />

sie verlangen an<strong>der</strong>e Formen <strong>der</strong> Arbeit. <strong>Die</strong> Formen schreibt die Bibel nicht vor, nur den Geist. Aber das ist<br />

es eben, dass die heutige Art christlich organisierter Jugendarbeit als Spezialität dem Geiste <strong>der</strong><br />

verschiedenen biblischen Haushaltungen wi<strong>der</strong>spricht. <strong>Die</strong> beson<strong>der</strong>s organisierten Jugendarbeiten sind<br />

weltlichen Ursprungs und es sind hier Weltprinzipien aufs Geistesgebiet übernommen. Uns sie sind<br />

übernommen vielfach aus Angst, als sei die bis jetzt nicht gerettete Jugend verloren, was, wie wir schon<br />

sahen, nicht <strong>der</strong> Fall ist, o<strong>der</strong> aus Angst, als verlören wir die Jugend, als ob <strong>der</strong> Heilige Geist Seiner Gemeine<br />

nicht immer auch die nötige Jugend gäbe, wenn diese Gemeine in ihrem Rahmen darum ringt.<br />

● In <strong>der</strong> Haushaltung des Gesetzes sind es klar und deutlich die Hausväter, welche die Träger <strong>der</strong><br />

Offenbarung an das heranwachsende Geschlecht sein sollten. Das jüdisch gesetzliche Haus und sein Haupt<br />

sind die Pfleger und Fortpflanzer <strong>der</strong> Offenbarung aufs kommende Geschlecht, dazu die gegebenen<br />

gesetzlichen Einrichtungen im Priestertum, Prophetentum und Gottesdienst. Mehr kennt das Gesetz nicht.<br />

233<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Jugendarbeit<br />

● Bei <strong>der</strong> Gemeine ist es noch viel klarer, dass eine beson<strong>der</strong>e Jugendarbeit ausgeschlossen ist, weil hier<br />

keine fortpflanzungsmäßige Weitergabe stattfinden kann wie unter dem Gesetz. <strong>De</strong>n gläubigen Eltern sind<br />

Kin<strong>der</strong> übergeben, sie aufzuziehen in <strong>der</strong> Zucht und Vermahnung zum Herrn. Sonst finden wir nichts in den<br />

Schriften <strong>der</strong> Gemeine.<br />

● <strong>Die</strong> Grundlage des ganzen Gemeinelebens ist die Geisteseinheit. Da passen gesetzliche Gebilde<br />

verschiedener Art gar nicht hin. Sie sind nur geeignet, die Gemeine zu zerreißen. Das ist auch schon sehr oft<br />

geschehen. <strong>Die</strong> Gemeine hat sich sogar vor allem zu hüten, in eine Vielerleiheit zu verfallen. Bei ihr soll alles<br />

in einem sein. Junge und Alte, Männer und Kin<strong>der</strong>, alles in einem. Es ist ganz falsch, wenn man meint, die<br />

Jungen brauchten eine beson<strong>der</strong>e Darbietung des Wortes. Wir haben den Heiligen Geist, und <strong>der</strong> teilt das<br />

Wort aus, wie es einem jeglichen Not tut. Wenn nur geistesmäßig und lebensmäßig, betend und glaubend<br />

geredet wird, und wäre es noch so tief, so gibt <strong>der</strong> Heilige Geist jedem sein Teil. Und <strong>der</strong> Heilige Geist gibt<br />

jedem sein richtiges Teil. Er weiß, wo Er anknüpfen und wie Er weiterbauen muss. Glauben wir doch an den<br />

Heiligen Geist, und wir brauchen vieles von unserem Vielerlei durchaus nicht. <strong>De</strong>r Heilige Geist ist <strong>der</strong><br />

wun<strong>der</strong>bare siebenfache Austeiler (1.Korinther 12,11).<br />

Einfacher, einheitlicher, ihr Gemeineleute! Nicht so viel auf menschliches Machen, vielmehr alles auf<br />

Geisteswirken anlegen! Rede je<strong>der</strong> vor jung und alt in dem freudigen Glauben, dass <strong>der</strong> Heilige Geist<br />

mitzeugt. Und welch ein Segen, wenn die Jungen in <strong>der</strong> Glaubensfamilie gleich mitgehegt werden. Welch ein<br />

Fehler, wenn sie, in Spezialitäten gehegt, die Gemeinschaft nicht kennen! <strong>De</strong>m Grundprinzip <strong>der</strong> Einheit<br />

wi<strong>der</strong>sprechen die Vielerleiheit und die vielen organisierten Beson<strong>der</strong>heiten.<br />

234<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Jugendarbeit<br />

27


Das sind mo<strong>der</strong>ne pädagogische Fündlein, nach denen alles beson<strong>der</strong>s genommen werden muss. <strong>Die</strong>ser<br />

Pädagogik fehlt <strong>der</strong> Heilige Geist, welcher alles einheitlich Gegebene an die einzelnen mitteilt. Ich glaube an<br />

den Heiligen Geist.<br />

● Dann aber ist die Gemeine immer auf eine Auswahl gerichtet. Wir haben keine Aufgabe an <strong>der</strong> Jugend<br />

unseres Volkes. <strong>Die</strong> Masse dieser Jugend wird stets unter dem Gesetz <strong>der</strong> Sünde und des Todes zubereitet<br />

werden auf das Königreich Christi und auf den Jüngsten Tag. Das wird auch bei aller Arbeitsmühe nicht<br />

an<strong>der</strong>s und ist bis heute nicht an<strong>der</strong>s geworden. Gerade <strong>der</strong> heutige Zustand <strong>der</strong> Jugend bei so viel<br />

mühevollem Tun sollte uns doch die Augen öffnen. Wir werden es nie über einige und wenige hinausbringen<br />

(Matthäus 7,14; 22,14). Wer auch auf gläubigem Gebiete Großes nach <strong>der</strong> Zahl will, muss auf dem<br />

allgemeinen religiösen Boden stehen bleiben. <strong>Die</strong> Gemeine hat stets nur die kleine Zahl <strong>der</strong> Geistgezogenen.<br />

Darum kann es die Gemeine nie auf die Gewinnung vieler anlegen (vergleiche 1.Korinther 9,22b). Darum kann<br />

sie nicht mit Mitteln und Mittelchen arbeiten, welche wirken wie <strong>der</strong> Speck auf die Mäuse.<br />

● Das große, gesegnete Lockmittel muss die Gemeine selbst sein. Wenn unsere Gemeinschaften wirklich<br />

Lichtträger in <strong>der</strong> Welt sind, so werden sie auch die Jungen anziehen, welche zum Lichte bestimmt sind. Und<br />

wenn durch die Gemeineglie<strong>der</strong> eine heilige Liebe zur Jugend zieht, wird sich geisthungrige Jugend auch wohl<br />

bei ihr fühlen. Reichen wir dar in <strong>der</strong> Bru<strong>der</strong>liebe allgemeine Liebe und haben wir auch die in unserem<br />

Umkreis liegende Jugend lieb, ein jeglicher in seiner Art, so werden lichtsbegehrende Junge uns nicht fehlen.<br />

235<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Jugendarbeit<br />

● Das ist das Gemeinemäßigste. Wir geben uns dabei keinen falschen Hoffnungen hin. Immer sind's und<br />

bleiben's wenige. Und unser Ziel bleibt unentwegt: Kin<strong>der</strong> Gottes, Brü<strong>der</strong>! Dabei machen wir, so gläubig wir<br />

auch sein mögen, die Erfahrung, dass wir oft nicht einmal die Eigenen herzubringen. Das ist eine tiefe<br />

Erziehungsdemütigung für gläubige Menschen. Da wird man bescheiden gemacht im Punkte<br />

Jugendgewinnung, obwohl man sich nicht verzagt machen lassen darf. So wäre die gemeinemäßigste<br />

Jugendarbeit die durch die Gemeine selbst, als Licht und Salz in <strong>der</strong> Welt.<br />

● Wir dürfen dabei aber nie vergessen, dass die Gemeine nicht nur durch Junge, die zum Glauben<br />

kommen, weitergepflanzt wird. Bei uns heißt es nicht, wer die Jugend hat, <strong>der</strong> hat die Zukunft. Viele Menschen<br />

kommen erst nach vielen Umwegen zum Gemeineglauben. <strong>Die</strong> Gemeinen wachsen durch Erwachsene oft<br />

mehr als durch Junge. Solche, im späteren Alter Kommende, sind oft die wertvollsten Elemente eine Gemeine.<br />

<strong>Die</strong> Gemeinen haben keine ausschließliche, auch nicht eine hervorstechende Orientierung nach <strong>der</strong> Jugend,<br />

son<strong>der</strong>n sind eine ausgestreckte Hand für je<strong>der</strong>mann, <strong>der</strong> sie ergreifen will.<br />

● Sehr oft begibt es sich bei <strong>der</strong> Gemeine auch so, dass ein Glaubensglied, sei es Mann o<strong>der</strong> Frau, eine<br />

hervorragende Anziehungskraft für die Jugend hat, so dass sich an ein solches einzelnes zum Staunen aller<br />

viele Junge hängen und auch durchdringen. So durfte zum Beispiel in den vierziger Jahren des vorigen<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts (1840) bei uns in Baden Seminardirektor Stern vielen jungen Lehrern <strong>der</strong> Wegweiser zu Christus<br />

werden. Und diese wurden ihrerseits wie<strong>der</strong> Jugendweiser. <strong>Die</strong>ses ganz Persönliche und ganz<br />

Führungsmäßige ist hervorragend gemeinemäßig.<br />

236<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Jugendarbeit<br />

28


So wurde auch eine Mutter Jolberg in Nonnenweier vielen Jungfrauen Führerin. Bei dieser gemeinemäßigen<br />

Jugend-gewinnung heißt es im besten Sinne: "Es begab sich aber".<br />

● Eine weitere Art <strong>der</strong> Jugendgewinnung in <strong>der</strong> Gemeine für die Gemeine ist die gabenmäßige. <strong>De</strong>r Heilige<br />

Geist gibt Gaben. Erweckt und in den <strong>Die</strong>nst gestellt, können sie sich auch nach <strong>der</strong> Jugendseite hin<br />

betätigen. Wir sollten viel mehr solcher Jugendgaben haben und haben sie auch, aber sie sind oft nicht<br />

aufgeweckt. Ein gläubiger Mensch, <strong>der</strong> eine Gabe hat, muss sie auch anwenden. Frauen, die freigestellt sind,<br />

Witwen o<strong>der</strong> ältere Jungfrauen, ebenso Männer, beson<strong>der</strong>s auch ältere ledige Männer, gibt es doch hin und<br />

her. Hier muss <strong>der</strong> Heilige Geist kräftiger wirken. Solche <strong>Glie<strong>der</strong></strong> können sich Jungen beson<strong>der</strong>s widmen, aber<br />

immer als ausgestreckte Arme <strong>der</strong> Gemeine. Das alles muss persönlichkeitsmäßig und führungsmäßig gehen.<br />

Ist <strong>der</strong> Sinn <strong>der</strong> Gemeinschaft darauf gerichtet, so geht es auch. Und alles geht frei, so wie <strong>der</strong> Geist gibt und<br />

beauftragt. Sind dann noch Gaben vorhanden, Jüngere in Sonntagsschulen zu sammeln, o<strong>der</strong> Gaben, die sich<br />

auf beson<strong>der</strong>en Gebieten betätigen können – musikalische Gaben o<strong>der</strong> die Gabe etwa sittlich Gefährdeten<br />

o<strong>der</strong> Trinkern nachzugehen –, so sollen sie sich betätigen, aber immer in <strong>der</strong> Einheit <strong>der</strong> Gemeine.<br />

Gabenreiche Gemeinschaften auch nach <strong>der</strong> Jugendseite, aber im Einheitsgeiste <strong>der</strong> Gemeine, sind etwas<br />

Schönes.<br />

● Alle ihr geschenkten Jugendlichen nimmt dann die Gemeine von Zeit zu Zeit aus weiteren Umkreisen in<br />

beson<strong>der</strong>en Konferenzen zusammen. Da ist es dann Pflicht <strong>der</strong> alten, gereiften Brü<strong>der</strong>, <strong>der</strong> Männer wie <strong>der</strong><br />

Väter in Christo, wie auch beson<strong>der</strong>s ausgerüsteter Frauen in Christo, unter männlicher Leitung sich <strong>der</strong><br />

Jünglinge und Jungfrauen anzunehmen.<br />

237<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Jugendarbeit<br />

● Grund und Ziel alles Wirkens ist die Gemeine. Nicht die Jugend ist Grund und Ziel, son<strong>der</strong>n die Gemeine.<br />

Beson<strong>der</strong>e Organisationen und Veranstaltungen wären hier gar nicht nötig. Wo einmal <strong>der</strong> Geist zieht, ist's<br />

genug. <strong>De</strong>r Geist gibt Genüge für alles, und Er bindet stärker als alles. Und <strong>der</strong> Geist lässt wachstümlich<br />

Bru<strong>der</strong>liebe reifen. <strong>Die</strong>se aber ist Band <strong>der</strong> Vollkommenheit. So treiben Gemeinen Jugendpflege, wobei die<br />

evangelistischen, prophetischen und lehrenden Gaben <strong>der</strong> Gemeine immer auch noch ihren Teil beitragen,<br />

Auf diese Weise wird man in den Gemeinen immer sagen können: "Ich schreibe euch Jünglingen"<br />

(1.Johannes 2,13).<br />

29


238<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine<br />

und die Innere Mission<br />

Allen bin ich alles geworden,<br />

dass ich allenthalben etliche rette. 1.Korinther 9,22<br />

● <strong>Die</strong> Innere Mission ist bei uns in <strong>De</strong>utschland eines <strong>der</strong> gewaltigsten organisatorischen, religiöschristlichen<br />

Gebilde. Sie for<strong>der</strong>t allenthalben mit ihren weit ausgestreckten Armen auch eine Stellungnahme<br />

<strong>der</strong> Gläubigen in Christo. Ist sie doch nach ihrem Grün<strong>der</strong> Johann Hinrich Wichern die freie<br />

Zusammenfassung <strong>der</strong> in <strong>der</strong> evangelischen Kirche lebenden Glaubens- und Liebeskräfte zur inneren<br />

Erneuerung von Staat und Kirche. Sie ist <strong>der</strong> Hauptsache nach eine freie Organisation zur Glaubenstat in <strong>der</strong><br />

Liebe. <strong>Die</strong> Revolution des Jahres 1848 mit ihren ausbrechenden Finsternismächten hat den Geist <strong>der</strong> Inneren<br />

Mission erweckt. Einer neuen Revolution das Wasser abzugraben, das war ihr Sinn. Gewaltig nach allen<br />

Seiten hin hat sie sich entfaltet, wer kann die Fülle ihrer Werke ausreden, wer die Menge <strong>der</strong> Aufgaben<br />

aufzählen, die sie umfasst hat. Viel Glauben und Liebe ist in ihr ausgebrochen. Ganz <strong>De</strong>utschland ist wie mit<br />

einem Netz überzogen von ihren Werken und Anstalten. Ist diese Innere Mission nicht so recht etwas nach<br />

dem Herzen <strong>der</strong> Gemeine? Muss sie da nicht drinnen stehen mit Hingabe?<br />

● Wie merkwürdig ist es da, dass Gemeine und Innere Mission von Anfang an kein Verhältnis zueinan<strong>der</strong><br />

gefunden haben, son<strong>der</strong>n nebeneinan<strong>der</strong> hergelaufen sind und neben-einan<strong>der</strong> herlaufen. <strong>Die</strong> sichtbaren<br />

Gebilde <strong>der</strong> Gemeine, von denen wir nun schon genügend gesagt haben, dass sie nicht die vollendete<br />

Gemeine sind, aber doch auch in ihrer Unvollkommenheit schon in <strong>der</strong> apostolischen Zeit Gemeine heißen,<br />

sind mit dem Namen Pietismus bezeichnet worden. Zu diesem Pietismus hat Wichern keine Stellung gehabt.<br />

239<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Innere Mission<br />

Er wollte weitere Kreise umfassen und sie mobil machen zum Liebeskampf. Ihm war das, was man im<br />

engeren Sinne Pietismus nannte, zu winkelig, zu eckig, zu weltabgewandt. Im allgemeinen Sinn, <strong>der</strong> alles, was<br />

fromm ist, Pietismus nannte, ist auch die Innere Mission, beson<strong>der</strong>s von Anfang an, pietistisch gewesen. Aber<br />

im engerer Sinne ist sie kein Gewächs des Pietismus. <strong>De</strong>r eigentliche, engere Pietismus, besser ausgedrückt:<br />

<strong>Die</strong> Gemeine mit ihren Auswirkungen und ihrer Zubereitung für den Tag des Herrn, ging immer neben <strong>der</strong><br />

Inneren Mission her, obwohl sich die Wege je und je kreuzten.<br />

● Ein außerordentlich lehrreiches Beispiel haben wir dafür in Baden. Da war gerade zur Zeit <strong>der</strong> Revolution<br />

1848 eine große geistgewirkte Erweckungsbewegung. Hin und her standen gottgeborene Menschen auf aus<br />

allerlei Volk. Sie gaben sich die Hand und bildeten Bru<strong>der</strong>gemeinschaften, Stunden, wie wir in<br />

Süddeutschland sagen. <strong>De</strong>r Zusammenfassung ihrer Bru<strong>der</strong>schaften gaben sie aus verschiedenen Gründen<br />

den Namen: "Verein für Innere Mission Augsburgischen Bekenntnissen in Baden." Aber merkwürdig, die<br />

vereinigten Bru<strong>der</strong>schaften trieben nun nicht Innere Mission im Sinne Wicherns, obwohl auch aus ihrer Mitte<br />

köstliche Früchte <strong>der</strong> Liebe erwuchsen. Nein, im Gegenteil, als die Innere Mission im Sinne Wicherns auch in<br />

Baden Wurzel schlug, musste sie sich ein eigenes Gefäß schaffen, den "Verein für Innere Mission<br />

30


südwestdeutscher Konferenz." <strong>Die</strong>se beiden Gebilde – das Gemeinegebilde in den Stunden, und die Innere<br />

Mission mit ihren Anstalten liefen und laufen heute noch nebeneinan<strong>der</strong> her, und ganz verschiedene Kreise<br />

gehören beiden zu.<br />

240<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Innere Mission<br />

In <strong>der</strong> Anfangszeit mochten sie sich stellenweise gar nicht leiden – allmählich lernten sie nebeneinan<strong>der</strong><br />

laufen – doch sind es zwei ganz verschiedene Gebilde. Das zeigt deutlich an, wie die Gemeine und die Innere<br />

Mission zwei sehr verschiedene Dinge sind.<br />

● <strong>Die</strong> gleichen Erfahrungen haben wir in Württemberg. Als zum Beispiel in Reutlingen <strong>der</strong> bahnbrechende<br />

Mann <strong>der</strong> Inneren Mission, Gustav Werner, seine weitreichende Innere Missionstätigkeit ausübte, da waren<br />

die württembergischen Brü<strong>der</strong>, zum Teil Charaktergestalten wun<strong>der</strong>barer Tiefe aus <strong>der</strong> Gemeine, durchaus<br />

nicht seine Gehilfen. Ja, die Gläubigen in Christo beschwerten sich sogar über Werner wegen mangeln<strong>der</strong><br />

Rechtgläubigkeit. Wir erwähnen das nicht, weil wir das billigten, nur als Zeichen, weil die Linien <strong>der</strong> Gemeine<br />

und <strong>der</strong> Inneren Mission getrennt waren.<br />

● Das ist ja nun heute noch so. <strong>Die</strong> eigentlichen Glaubenslinien, in welcherlei Art von<br />

Gemeinschaftsformen sie sich ausgebildet haben, laufen immer neben <strong>der</strong> Inneren Mission her. Ganz an<strong>der</strong>e<br />

Fragen bewegen die Geister <strong>der</strong> Brü<strong>der</strong> in Christo, und ganz an<strong>der</strong>e Aufgaben haben die Gläubigen als die<br />

Innere Mission bewegen.<br />

● Wo kommt dies her? Sollte man nicht meinen, bessere Träger ihrer Arbeiten und bessere Durchführer<br />

ihrer Unternehmungen könnte die Innere Mission nicht haben, als die geistgeborenen in Christo wurzelnden<br />

Menschen? Und sollte man nicht meinen, köstlichere Früchte könnte die Gemeine nicht bringen, als Werke<br />

<strong>der</strong> Inneren Mission? Wenn wir ihre trotz alledem weithin bestehende Trennung verstehen wollen, so müssen<br />

wir mancherlei tiefer erwägen.<br />

241<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Innere Mission<br />

● Zunächst ist festzustellen, dass Innere Mission kein bibli-scher Begriff ist. Hier liegt schon ein<br />

tiefgehen<strong>der</strong> Unterschied zwischen Gemeine und Innerer Mission. <strong>Die</strong> Innere Mission heißt ja darum Innere<br />

Mission und nicht einfach Mission, weil sie sich unterscheiden will von <strong>der</strong> Äußeren Mission. <strong>Die</strong> Innere<br />

Mission steht voll und ganz auf dem Volkskirchen- und Massenboden. Sie sieht die abgrundtiefen Schäden in<br />

den sogenannten christlichen Nationen und in <strong>der</strong> christlichen Volkskirche. Sie hält aber die ganzen Massen<br />

auf Grund <strong>der</strong> Taufe und <strong>der</strong> äußeren Zugehörigkeit zur christlichen Volks-kirche doch für Christen. Darum<br />

braucht man eine Innere Mission, eine Mission an Christen. Ihr Missionsgegenstand ist das christliche Volk, er<br />

steht also innen, innerhalb des Christen-tums, nicht außerhalb. Für die gläubige Gemeine steht alles, was<br />

nicht aus Gott geboren ist, außerhalb. Nicht, dass wir damit eine Verachtung, Geringschätzung o<strong>der</strong> ein<br />

hochmütiges Urteil aussprechen wollten, das sei ferne. Wir halten aber die unbe-kehrten und<br />

unwie<strong>der</strong>geborenen Kreise <strong>der</strong> christlichen Volks-kirche doch für Christen. Darum braucht man eine Innere<br />

31


Mission, eine Mission an Christen. Ihr Missionsgegenstand ist das christliche Volk, er steht also innen,<br />

innerhalb des Christen-tums, nicht außerhalb. Für die gläubige Gemeine steht alles, was nicht aus Gott<br />

geboren ist, außerhalb. Nicht, dass wir damit eine Verachtung, Geringschätzung o<strong>der</strong> ein hochmütiges Urteil<br />

aussprechen wollten, das sei ferne. Wir halten aber die unbekehrten und unwie<strong>der</strong>geborenen Kreise <strong>der</strong><br />

christlichen Nationen für viel mehr außenstehend, als die sogenannten Heiden. Ein einfältiger, religiöser Heide<br />

ist viel leichter durchs Evangelium zu beeinflussen als ein lichtabgewandter "Christ". <strong>Die</strong> Innere Mission steht<br />

auf dem christlichen Volksboden, die Gemeine steht auf dem Auswahlboden. Für uns sind die<br />

Nichtwie<strong>der</strong>geborenen Welt und Fleisch – nicht Christen. <strong>De</strong>swegen sind die Führer <strong>der</strong> Inneren Mission auch<br />

meistens Volkspfarrer, höchstens positive Pfarrer, aber selten gläubige Pfarrer. <strong>Die</strong> Gemeine aber, wo sie<br />

richtig steht, hat Brü<strong>der</strong>, wirkliche, aus dem gleichen Geiste geborene Brü<strong>der</strong>. Das ist nun schon ein großer,<br />

tiefer, grundmäßiger Unterschied.<br />

242<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Innere Mission<br />

● Weil nun die Innere Mission so steht, so gebraucht sie als<br />

Werkzeug zu ihrem <strong>Die</strong>nst nicht nur Gläubige, son<strong>der</strong>n alles, was sich irgendwie für Religion und Sitte noch<br />

lebendig machen lässt. In ihrer Anfangszeit hat sie mehr auf den Glaubensgrund gesehen, aber davon ist sie<br />

weit abgewichen. Ob man Christentum, den Sohn Gottes, den Gekreuzigten und Auferstandenen, bekennt<br />

o<strong>der</strong> nicht, das ist in <strong>der</strong> Inneren Mission nicht mehr grund- und ausschlaggebend. Sie ist in manchen Teilen<br />

schon so weit herausgerutscht, dass sie hart ans humanitäre Wirken grenzt. Werkzeug <strong>der</strong> Inneren Mission<br />

ist, was sich eben gerade warm für den Gegenstand <strong>der</strong> Inneren Mission interessiert. Sie hat natürliche<br />

<strong>Glie<strong>der</strong></strong> in sich, die noch am Bekenntnis <strong>der</strong> Schrift halten, aber ebenso viele, die nicht daran halten. Liebe ist<br />

mehr als Glauben, auch wenn sie vom Glauben losgelöst ist; Tat mehr als neue Geburt und Wachstum. Hier<br />

steht die Gemeine fundamental an<strong>der</strong>s. Sie kennt als Werkzeug des ganzen Rates Gottes nur den Sohn und<br />

die Söhne in Christo.<br />

● Gleich dem Organ <strong>der</strong> Inneren Mission ist auch ihr Werkzeug, durch das sie wirken will, nicht<br />

gotteswortgemäß. <strong>Die</strong> Liebe, die Tat ist ihr alles. Bei <strong>der</strong> Gemeine ist nach <strong>der</strong> Schrift das Wort die Grundlage.<br />

Wichern dachte, wenn <strong>De</strong>utschland mit einem Netz von Liebeswerken überzogen wäre, dann würde es vor<br />

einer weiteren Revolution bewahrt. Er hat sich darin sehr getäuscht. <strong>Die</strong> zweite Revolution ist gekommen, und<br />

immer neue Ausbrüche erfolgen. Mit <strong>der</strong> Hinneigung zu Tat und Liebe hat man sich an des Heilands Wirken<br />

anschließen wollen. Man vergisst dabei nur, dass des Heilands Taten und Wirken nicht durch Anstalten<br />

gingen, son<strong>der</strong>n ganz direkt durchs Wort. Wortausfluss waren Seine und <strong>der</strong> Jünger Werke. Und es war ein<br />

direktes Heilen aller Seuchen, Krankheiten und Besessenheiten im Volke.<br />

243<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Innere Mission<br />

Es war eine Darstellung <strong>der</strong> Königsherrschaft Christi, welche heraufgeführt werden sollte. <strong>Die</strong>se<br />

Königsherrschaft kann aber jetzt in gleicher Weise nicht heraufgeführt werden. Sie ist damals unterbrochen<br />

worden durch die Selbst-gerechtigkeit <strong>der</strong> Juden. Sie wird erst nach dem Zerbruch des jüdischen Volkes und<br />

nach <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kunft des Herrn ihre Auswirkung haben. Einstweilen bauen die Nationen ihre Selbstkulturen<br />

und stürzen immer tiefer mit ihnen und in ihnen zusammen. <strong>Die</strong> Taten, welche die Innere Mission tut, wirkt auf<br />

die Welt aus – und sie werden selbst in <strong>der</strong> Inneren Mission oft durch natürlich-menschliche Organe<br />

ausgewirkt. <strong>De</strong>nken wir nur an die hervorragenden Leistungen von Ärzten, die aber vielfach nicht aus dem<br />

Glauben kommen. Selbst Schwesternschaften hat die Welt. <strong>Die</strong>se Taten in ihren menschlichorganisatorischen<br />

Vermittlungen sind nicht ein direktes Zeugnis für Christus, das sind sie nur, wenn sie von<br />

gläubigen Menschen direkt durchs Glaubenswort geschehen. Durchs Glaubenswort geschieht alle<br />

32


Erneuerung. Das Glaubenswort, das wir verkünden, ist ja ein Liebeswort allerhöchster Fülle. Größere Liebe<br />

kann man <strong>der</strong> Welt nicht darstellen, als die gekreuzigte Christusliebe, in welcher die völlige Erlösung und<br />

Errettung dargeboten wird. Darum hält sich die Gemeine ans Wort des Evangeliums und erlebt durch dasselbe<br />

die wun<strong>der</strong>barsten Neuschöpfungen, allerdings nur im Gemeinerahmen, welcher <strong>der</strong> Rahmen des<br />

gegenwärtigen Äons ist. Im übrigen bringt je<strong>der</strong> Gläubige seine Frucht nach seiner Führung und an seinem<br />

Platz – ohne Anstalten und ohne Organisation. Doch davon später mehr.<br />

244<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Innere Mission<br />

● Hier sei weiter erwähnt, dass <strong>der</strong> tiefe Unterschied zwischen Gemeine und Innere Mission auch im Ziele<br />

liegt. <strong>Die</strong> Innere Mission hat immer die Massen im Auge. Sie sieht das Massenelend und will sich dessen<br />

erbarmen. <strong>Die</strong> Innere Mission ist wie die Kirche, <strong>der</strong>en <strong>Die</strong>nerin sie ist, immer volksmäßig gerichtet. Das Volk<br />

erneuern, die sittlichen Schäden des Volkes heilen, die Volksgebrechen lin<strong>der</strong>n – das ist ihr <strong>Thema</strong>. Darum ist<br />

sie auch eine Hauptpflegerin <strong>der</strong> Verbindung: <strong>De</strong>utschtum und Christentum. <strong>Die</strong> Gemeine ist durchaus<br />

auswahlmäßig gerichtet. Sie geht auf ein durch Wort und Geist aus dem Ganzen herausgenommenes Volk<br />

Gottes. <strong>Die</strong> Gemeine weiß, dass die Nationenmassen in ihre Zerbruchsgerichte laufen müssen, aber zu ihrem<br />

Heile, weil sie dann erst Erlösung brauchen und annehmen. <strong>Die</strong> Gemeine kennt die gewaltigen Worte in<br />

Römer 1: dahingegeben, dahingegeben, dahingegeben! <strong>Die</strong>se bedeuten einen Weg des Zerfalls, aber dann<br />

auch <strong>der</strong> Rettung. Wir sehen, wie hier zwei ganz verschiedene Linien laufen bei Gemeine und Innerer Mission.<br />

<strong>Die</strong> Innere Mission hat den Drang, überall zuzugreifen und übersieht dabei die Hauptsache – die Gemeine!<br />

<strong>Die</strong> Gemeine hat den Trieb, gehen zu lassen – nicht aus Lieblosigkeit, son<strong>der</strong>n aus Liebe, weil sie weiß, nur<br />

durch Zerbruchgerichte führt <strong>der</strong> Weg zum Heil – aber sie hat den Trieb, die Gemeine zu bauen und kraftvoll<br />

auszuwirken in Christo.<br />

● Durch ihr Gerichtetsein aufs Ganze kommt die Innere Mission auch in ein an<strong>der</strong>es Verhältnis zum Staate,<br />

als es die Gemeine einnimmt. <strong>Die</strong> Gemeine sieht im Staatswesen das immer mehr sich entfaltende Tierwesen.<br />

<strong>Die</strong> Gemeine sieht im Staatswesen den Feind sich entfalten und sein Ich-Wesen bis zur Höchstauswirkung<br />

ausprägen. <strong>Die</strong> Innere Mission möchte hier hemmend und aufhaltend wirken – bis heute völlig umsonst, und<br />

bis zum Ende umsonst. <strong>Die</strong> Gemeine ist die aus diesem Staatswesen Herausgerettete und auf den Tag des<br />

Herrn Zubereitete.<br />

245<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Innere Mission<br />

<strong>Die</strong> Innere Mission wird aber in ihrem Streben vom Staate immer abhängiger und tritt in Gemeinschaft mit ihm.<br />

Auf allen Gebieten nimmt sie Geld vom Staate. Dadurch erlöscht natürlich ihre Zeugniskraft für Christum je<br />

länger je mehr. Eine richtige Innere Mission sollte nicht einmal Geld von <strong>der</strong> organisierten Gesamtkirche<br />

nehmen, da lebt sie ja mit vom ganzen Unglauben und verliert ihre Freiheit, welche doch anfangs ihr<br />

Hauptkennzeichen war. In all diesen Dingen läuft die Gemeine entgegengesetzt.<br />

● Durch ihr volks- und massenmäßiges Gepräge ist die Innere Mission auch immer mehr organisatorisch<br />

geworden. Sie gehört zu den gewaltigsten Organisationsgebilden unserer Tage. Beson<strong>der</strong>s seit Krieg und<br />

Revolution ist sie völlig dem Organisationsbazillus verfallen. Es gibt nichts Selbständiges, Originelles mehr –<br />

es ist alles Verband. Auch die Innere Mission will Macht darstellen und wirken durch ihre Organisationsgröße<br />

33


und Organisationswucht. <strong>Die</strong> Gemeine ist ihrem Wesen nach organisch und persönlich. <strong>Die</strong> Gemeine besteht<br />

aus <strong>Glie<strong>der</strong></strong>n, aus lebendigen Steinen. Ein jeglicher ist mit dem Haupte verwachsen, und nur in Ihm und in<br />

Seiner Liebe haben sie ihren organischen Bru<strong>der</strong>-zusammenschluss. Es ist ein ganz verkehrter Weg, dass<br />

sich in unseren Tagen auch das, was sich Gemeinschaft nennt, immer mehr zusammenorganisiert. Das<br />

Originale, direkt Ewigkeitsmäßige, nur in <strong>der</strong> Liebe Christi Geeinte sollte das Gepräge <strong>der</strong> Gemeine sein und<br />

ist es auch, wo sie lebendig ist. So haben wir in Gemeine und Innerer Mission zwei sehr verschiedene<br />

Gebilde: das eine geschichtlich entstanden und geschichtlich gelaufen, das an<strong>der</strong>e ewigkeits- und<br />

geistesmäßig – das eine in <strong>der</strong> Vielerleiheit und nach außen, das an<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> Einheit und nach innen und<br />

oben gerichtet.<br />

246<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Innere Mission<br />

● Wie aber! Sollten Gemeine und Innere Mission sich hassen? Das sei ferne! Sollten sie nur kalt<br />

nebeneinan<strong>der</strong> laufen? Das sei wie<strong>der</strong> ferne! Sie haben viele Berührungen und werden sie stets haben bei<br />

aller Verschiedenheit ihres Wesens. Zunächst sind viele Werke <strong>der</strong> Inneren Mission, welche jetzt<br />

anstaltsmäßig, organisatorisch und unter ganz an<strong>der</strong>en Gesichtspunkten weitergeführt werden, gemeinemäßig<br />

entstanden.<br />

● Sehen wir zum Beispiel eines <strong>der</strong> gewaltigsten Werke <strong>der</strong> Inneren Mission, die Anstalten zu Bethel, so<br />

haben sie ohne Zweifel einen ganz gemeinemäßigen Ursprung. Sie sind die Herrlichkeitsausstrahlung eines<br />

einzigen Kindes Gottes, welches die Gabe <strong>der</strong> Liebe hatte. Da war alles persönlich, alles Bodelschwingh.<br />

Seine Lichtsgestalt überkam alles vom Herrn. Er zog das Elend wie die Gabe an. Wenn er redete, flossen die<br />

Bächlein und wurden zum Strom. Hun<strong>der</strong>te von religiösen Menschen standen in <strong>der</strong> Licht-herrlichkeit dieses<br />

einen. Und viele Brü<strong>der</strong> und Schwestern, auch Wie<strong>der</strong>geborene aus dem Lichte, schlossen sich dem einen an<br />

und vermehrten die Lichtesfülle mit ihren Gaben. Er, <strong>der</strong> Gottesmensch, wirkte gabenfindend, gabennützend<br />

und gabensegnend. Und alles war restlos an Christus gebunden, wie <strong>der</strong> Mann selbst, den Gott brauchte. Wer<br />

an Bethel gedachte, sah Christum und Seinen Heiligen: Boldelschwingh. Und da wurden Kin<strong>der</strong> geboren dem<br />

Herrn. Das ist gemeinemäßig. Das große Gemeinelicht im Herrn ist heimgenommen. Es ist klar, dass kein<br />

zweiter diese Frucht bringen kann. War vorher durch alle Gelenke alles persönlich, alles Vater Bodelschwingh,<br />

wun<strong>der</strong>bar gemeine-mäßig, so muss es eben jetzt mehr gesetzlich gehen und auch mehr in Anlehnung an<br />

Staat und Kirche.<br />

247<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Innere Mission<br />

Vater Bodelschwingh stand ja auch in beiden – in Staat und Kirche –, aber er gab Staat und Kirche, nun<br />

müssen diese immer mehr geben. Ganz von selbst gleiten solche Werke, wenn <strong>der</strong> Gemeinemann drüben ist,<br />

ins Organisatorisch-Anstaltliche hinein. Wir werden weiter unten sehen, wie aber doch diese Werke oft noch<br />

lange fort Gemeinemäßiges in sich tragen, ohne dass ihr Lauf ins Allgemeine hinein auf die Dauer gehin<strong>der</strong>t<br />

werden könnte.<br />

● Wie sind auch viele Schwesternschaften anfangs gemeinemäßig gewesen. Wenn wir beim Nächsten in<br />

unserem Vaterlande bleiben, so gedenken wir an Nonnenweier. <strong>Die</strong> Mutter Jolberg, von Geburt eine Jüdin,<br />

34


nach dem Geiste ein Kind Gottes, verbunden mit Vater Rein, dem Pfarrer von Nonnenweier – ein edles<br />

Gemeine-Paar – zogen Kin<strong>der</strong> Gottes, Jungfrauen, welche Gabe und Gnade hatten, an und stellten sie in den<br />

<strong>Die</strong>nst <strong>der</strong> Kleinen. Alles hing in Christo in allen Fugen und Gelenken; alles war Gnade und Gabe; alles stand<br />

in engster Verbindung mit den geistgezeugten Gemeinen. Kin<strong>der</strong>schwester war kein Beruf, son<strong>der</strong>n Berufung<br />

in Christo. Alles ging persönlich – und da waren dann hin und her die geistgezeugten Persönlichkeiten. Das ist<br />

alles immer gesagt bei klarem Wissen auch um das Sündliche, Irdisch-menschliche dieser Gebilde. Aber ihr<br />

Grundcharakter war gemeinemäßig. Davon sind die meisten solcher Werke allmählich gewichen. Vom<br />

Gemeineboden gings auf den Kirchenboden, auf den Organisationsboden, auf das Gesetzlich-Berufliche, ja in<br />

die Verbindung mit dem Staatlichen. Auch hier werden wir gleich sehen, wie das Gemeinemäßige noch<br />

weiterwirkt, doch bleibt es bestehen, dass viele, viele solcher Werke, auch Kin<strong>der</strong>erziehungs-häuser und<br />

an<strong>der</strong>e, welche von Anfang Gemeinecharakter hatten, ihn allmählich verloren.<br />

248<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Innere Mission<br />

● Nun ist es aber vielfach <strong>der</strong> Fall, dass <strong>der</strong> Herr Gnade gibt und echte und rechte Kin<strong>der</strong> Gottes beruflich<br />

wie<strong>der</strong> in diese Werke hineinführt, sei es an die Spitze, sei es zu irgendeinem <strong>Die</strong>nste. So können wir uns<br />

denken und wissen es, dass in Anstalten, wie die Bodelschwinghschen, auch heute noch manche Kin<strong>der</strong><br />

Gottes hineingeführt werden, welche da ihre Gaben und Gnaden auswirken. Und allemal, wo ein solches<br />

steht, da wird’s und ist’s wie<strong>der</strong> gemeine-mäßig, da sprudelt ein son<strong>der</strong>licher Ewigkeits- und Segens-quell aus<br />

diesen Werken. Wir wissen das auch von manchen Schwestern- und Erziehungshäusern. Das<br />

Gemeinemäßige erneuert sich in Gemeinekin<strong>der</strong>n und durch sie. Gesegnet die Werke <strong>der</strong> Inneren Mission,<br />

welche so mit dem Gemeine-wesen verbunden sind. Da werden auch immer Herzen und Hände <strong>der</strong><br />

Gemeineglie<strong>der</strong> sich hinwenden und solche Lichtherde unterstützen. Allerdings ist es für Gemeineglie<strong>der</strong>,<br />

welche an Werken stehen, die ihre eigentliche große Gemeinezeit gehabt haben, schwer, und sie gehen oft<br />

tief leidendlich. Wenn die allgemein-religiöse Linie mit all ihren Eigenarten schon Kraft und Gewalt gewonnen<br />

hat, hält es schwer, die Gemeinelinien in ihrer persönlichen Heilands-eigenart geltend zu machen. Da haben<br />

dann die in solche Werke hineingeführten Erstlinge ihre Leidensaufgabe, unter welcher sie selber wachsen,<br />

und unter welcher sie ein Segen sind. Sie stehen aber auch in eigentümlichen Gefahren: sie müssen sehr<br />

wachen, den Gemeine-Charakter auch wirklich zu bekennen und ihn nach Möglichkeit durchzuführen. Hier<br />

brauchen sie dann die Hilfe <strong>der</strong> Brü<strong>der</strong> und bekommen sie auch.<br />

249<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Innere Mission<br />

Natürlich darf man nun nicht sagen: Ei, so gebt uns, ihr Heiligen, recht viele Kräfte in unsere Innere Mission,<br />

dann wird sie gemeinemäßiger werden. Das wird nicht sein. <strong>Die</strong> Innere Mission ist im großen auf an<strong>der</strong>em<br />

Boden gewachsen. <strong>Die</strong> Gemeine hat an<strong>der</strong>en Grund und an<strong>der</strong>es Ziel. Aber führungsmäßig werden immer<br />

wie<strong>der</strong> Gemeineglie<strong>der</strong> hineingeführt, und die leben, leiden, sterben und stehen auf in solchen Inneren<br />

Missionsaufgaben. Gemeinemäßig ist immer führungsmäßig. <strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> des Leibes könnten an<strong>der</strong>s als<br />

führungsmäßig in solchen Inneren Missions-aufgaben gar nicht stehen, sie könnten die Leiden nicht mit<br />

Freudigkeit tragen, die es da gibt. Je weniger das Ganze gemeinemäßig ist und wird, um so tiefer sind diese<br />

35


Leiden. Sie gehören aber, wenn’s führungsmäßig gegangen ist, ins Leben des Gemeinegliedes hinein. So hat<br />

die Gemeine die Innere Mission je und je befruchtet und tut es noch – und manche Gemeineglie<strong>der</strong> reifen in<br />

ihr und werden dort vollendet. Und viele Glaubensmenschen sind so geführt, diesem o<strong>der</strong> jenem Werke <strong>der</strong><br />

Inneren Mission wenn nicht sich, so doch das Ihre zur Verfügung zu stellen. Wir wollen unter Leitung des<br />

Herrn fleißig sein, diesem o<strong>der</strong> jenem Werke Gemeinecharakter zu verleihen. Doch die Gemeine-glie<strong>der</strong> sind<br />

sich wohl bewusst, dass ihr Allerheiligstes ein an<strong>der</strong>es ist als diese Betätigung in <strong>der</strong> Inneren Mission. <strong>Die</strong>se<br />

kann ihr Übungs- und Auswirkungsfeld sein – daheim aber sind die in <strong>der</strong> Inneren Mission stehenden Heiligen<br />

allezeit nur in <strong>der</strong> Gemeine, zu <strong>der</strong>en Formen sie sich auch halten, und wo sie ihre Kraft und Stärke suchen.<br />

Wir bitten für alle Geschwister, welche <strong>der</strong> Herr in Aufgaben <strong>der</strong> Inneren Mission geführt hat: Es segne euch<br />

<strong>der</strong> Herr und setze euch zum Segen.<br />

250<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine<br />

und die Äußere Mission<br />

Epheser 4,11-16<br />

4,11 Und er hat einige als Apostel eingesetzt, einige als Propheten, einige als Evangelisten, einige als Hirten<br />

und Lehrer, 4,12 damit die Heiligen zugerüstet werden zum Werk des <strong>Die</strong>nstes. Dadurch soll <strong>der</strong> Leib Christi<br />

erbaut werden,<br />

4,13 bis wir alle hingelangen zur Einheit des Glaubens und <strong>der</strong> Erkenntnis des Sohnes Gottes, zum<br />

vollendeten Mann, zum vollen Maß <strong>der</strong> Fülle Christi,<br />

4,14 damit wir nicht mehr unmündig seien und uns von jedem Wind einer Lehre bewegen und umhertreiben<br />

lassen durch trügerisches Spiel <strong>der</strong> Menschen, mit dem sie uns arglistig verführen. 4,15 Lasst uns aber<br />

wahrhaftig sein in <strong>der</strong> Liebe und wachsen in allen Stücken zu dem hin, <strong>der</strong> das Haupt ist, Christus, 4,16 von<br />

dem aus <strong>der</strong> ganze Leib zusammengefügt ist und ein Glied am an<strong>der</strong>n hängt durch alle Gelenke, wodurch<br />

jedes Glied das an<strong>der</strong>e unterstützt nach dem Maß seiner Kraft und macht, dass <strong>der</strong> Leib wächst und sich<br />

selbst aufbaut in <strong>der</strong> Liebe.<br />

● Über die Gemeine und die Äußere Mission ist schwer zu schreiben. <strong>Die</strong> Gemeinelinien werden hier den<br />

größten Wi<strong>der</strong>spruch hervorrufen. Wir schreiben aber nicht, um diesen Wi<strong>der</strong>spruch zu wecken, son<strong>der</strong>n nur<br />

um das, was wir rein und allein aus <strong>der</strong> Schrift erkannt haben, gewissens-mäßig darzustellen. Wir sind auch<br />

nicht gesonnen, hier mit irgend jemandem zu streiten, das wäre nicht in Christo, son<strong>der</strong>n wir sind nur<br />

gesonnen, für die Wahrheit zu streiten, wie wir sie aus <strong>der</strong> Schrift erkannt haben.<br />

● <strong>Die</strong> Äußere Mission in ihrer heutigen und jetzigen Ausgestaltung ist noch ein sehr junges Kind. Ihre<br />

ältesten Erscheinungsformen sind nur etwas über hun<strong>der</strong>t Jahre alt. Dabei ist die Äußere Mission von ihren<br />

Anfangsgrundlagen, wo sie gemeinemäßig war und wo Staat und Kirche ihr weithin entgegen waren – wo sie<br />

also Kreuz Christi hatte – vielfach gewichen und mit <strong>der</strong> Gesamtkirche und dem Staate in immer engere<br />

Verbindung getreten. Mission im heutigen Sinne ist die Aufgabe <strong>der</strong> christlichen Staaten und Völker, die<br />

nichtchristlichen Staaten und Völker zu christianisieren und unter die Königsherrschaft Christi zu bringen.<br />

251<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Äußere Mission<br />

36


Wenn zwischen Christen und Heiden unterschieden wird, so sind die Christen diejenigen Staaten, welche das<br />

Christentum zur Volksreligion haben und die Heiden diejenigen mit einer an<strong>der</strong>en Volksreligion.<br />

● Das ist nun von vornherein schon eine ganz unbiblische Unterscheidung. Nach <strong>der</strong> ganzen Schrift<br />

gehören die Heiden, o<strong>der</strong> besser gesagt, zu den Nationen, auch die sogenannten christlichen Völker. <strong>Die</strong><br />

Heilige Schrift Alten und Neuen Testaments kennt nur eine Scheidung unter den Völkern <strong>der</strong> Erde, nämlich<br />

Nationen und Juden. Und diese einzige Scheidung kennt sie bis hin zur Wie<strong>der</strong>kunft Christi. <strong>Die</strong> Völker,<br />

welche das Christentum zur Volksreligion haben, sind damit durchaus keine christlichen Völker geworden, nur<br />

ihr natürlich religiöses Leben bewegt sich in christlichen Formen und Gedanken, welche aber sehr stark mit<br />

Heidnischem und natürlich Philosophischem durchsetzt sind. <strong>Die</strong> Völker, welche das Christentum als<br />

Volksreligion aufgenommen haben, entwickeln sich sogar viel tiefer Ich-mäßig als die Heidenvölker, die nicht<br />

Christen sind. <strong>Die</strong> sogenannten christlichen Völker pflanzen die christlichen Gedanken und Ideen auf ihr<br />

natürliches ungebrochenes Ich, suchen dieselben mit diesem Ich durchzuführen und verirren und verwirren<br />

sich an den todgeweihten Scheinkulturreichen, welche sie auf diesem Wege heraufführen. <strong>Die</strong> sogenannten<br />

christlichen Völker sind, auf ihre Masse gesehen, tiefer in <strong>der</strong> Nacht als die Völker mit an<strong>der</strong>en Religionen.<br />

Unter Nacht verstehen wir eben das Aufrichten des Ich-Wesens.<br />

● <strong>Die</strong>se christlichen Völker zu Trägern <strong>der</strong> Mission unter den nichtchristlichen zu machen, ist durchaus<br />

unbiblisch und verkehrt. Dass unsere volksmäßig christlichen Völker nicht christlich sind, haben unsere<br />

Missionare am allermeisten selbst bewiesen. Als sie aus ihren Missionsgebieten im (1.) Weltkrieg vertrieben<br />

waren, da haben sie sich mit Wucht und Kraft auf die Missionierung <strong>der</strong> "christlichen" Völker geworfen. Ihrer<br />

viele waren unermüdliche Evangelisten.<br />

252<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Äußere Mission<br />

Zwischen christlichen und nichtchristlichen Völkern zu scheiden und nur die letzteren Heiden zu nennen, ist<br />

mit <strong>der</strong> Heiligen Schrift nicht zu decken. So geht viel Äußere Mission schon in diesen Stücken einen<br />

nichtbiblischen Kurs.<br />

● Das Heil <strong>der</strong> Nationen ist in <strong>der</strong> Schrift nirgends an verchristlichte Nationen gebunden. Das Ziel <strong>der</strong><br />

Nationenwelt hängt immer und überall von den Juden ab. Man hat aber im Laufe <strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>te sich<br />

gewöhnt, die Bibel unter solch verkehrten Gesichtswinkeln zu lesen, dass diese Wahrheiten fast zugedeckt<br />

worden sind. <strong>De</strong>nken wir nur an die Gleichnisse. Auch die Offenbarung Johannes macht das Nationenheil von<br />

den Juden abhängig. <strong>Die</strong> Offenbarung ist in ihrem ganzen zweiten Teil kein Nationenbuch, son<strong>der</strong>n<br />

sozusagen ein jüdisches Buch. Das sehen wir schon an <strong>der</strong> Sprache <strong>der</strong> Offenbarung, welche sich voll und<br />

ganz mit <strong>der</strong> Sprache <strong>der</strong> alten Propheten und überhaupt des Alten Testaments deckt. Luther schon sagt: Er<br />

möge die Offenbarung nicht, sie judaize ihm zu viel. Wie hat er da, wenn er auch nicht ganz durchblickte, doch<br />

Wahrheit gesehen.<br />

● Ja, haben denn die Christen nun gar nicht zu missionieren? Doch! Jetzt ist die Zeit <strong>der</strong> Gemeine, des<br />

Leibes, welcher, aus gläubigen Juden und gläubigen Nationenglie<strong>der</strong>n zusammengesetzt, ein Ganzes bildet.<br />

Paulus, <strong>der</strong> rechte und wahrhaftige Gemeine-Grundleger, Juden- und Nationenliebhaber in einem, geht<br />

niemals auf christliche Völker aus, son<strong>der</strong>n immer nur auf einen heraus-geretteten, erwählten und<br />

verherrlichten Leib. <strong>Die</strong> an <strong>der</strong> Spitze unserer Abhandlung stehende Stelle aus Epheser 4 zeigt das in<br />

hervorragen<strong>der</strong> Weise. Alle Apostel, Evangelisten, Propheten, Hirten und Lehrer sind voll und ganz gewandt<br />

auf die Zurichtung <strong>der</strong> Heiligen und darauf, dass <strong>der</strong> Leib Christi erbaut werde.<br />

253<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Äußere Mission<br />

37


<strong>Die</strong>ser Leib ist aber stets eine aus dem Ganzen herausgewählte <strong>Glie<strong>der</strong></strong>- und Bru<strong>der</strong>schar. Er holt mit seinen<br />

Gaben und Kräften, die ihm <strong>der</strong> Herr gibt, immer weiter den Leib heraus. Was man nach biblischen Begriffen<br />

unter Äußerer Mission verstehen könnte, ist die Herausholung <strong>der</strong> Gemeine durch die Gemeine. Paulus geht<br />

in seinem göttlichen Son<strong>der</strong>auftrag führungs- und leitungsmäßig hinaus und schafft durch Wort und Geist<br />

Gemeinen. Von diesen Gemeinen geht dann, wenn <strong>der</strong> Apostel schon längst nicht mehr gegenwärtig ist, das<br />

Licht aus und holt da und dort wie<strong>der</strong> Gemeinen heraus. Dann kann hier und da das Licht wie<strong>der</strong> erlöschen,<br />

doch am an<strong>der</strong>en Ort leuchtet's auf und leuchtet weiter. Das Wort und <strong>der</strong> Heilige Geist sind Missionare <strong>der</strong><br />

Gemeinen durch die geisterleuchteten Träger. Gehen wir diesen biblischen Grundgedanken weiter nach, so<br />

ergibt sich ein merkwürdiges Bild von dem, was wir etwa Äußere Mission nennen könnten.<br />

● Da ist zunächst Träger aller Weiterführung <strong>der</strong> Gemeinen die Gemeine selbst. <strong>De</strong>r gläubige Körper wirbt<br />

um den gläubigen Körper. <strong>Die</strong> Existenz von Lichtherden wirbt anziehend und abstoßend. Und je mehr diese<br />

geistgezeugten Lichtkörper sich selbst durch Wort und Geist bauen, reinigen und heiligen lassen, um so<br />

leuchtkräftiger sind sie. <strong>De</strong>shalb ist es sehr wichtig zu sehen, wie <strong>der</strong> Apostel in seinen Briefen immer auf die<br />

Vertiefung und Reinigung <strong>der</strong> Gemeinen geht. Das Hinauswirken <strong>der</strong>selben ist den Briefen gemäß<br />

entschieden das zweite. Das erste ist die Selbsterbauung. Und die geisterbaute Gemeine ist <strong>der</strong><br />

Missionskörper. <strong>Die</strong> Existenz einer Geistesgemeine, die sich in <strong>der</strong> Wahrheit baut, wirkt missionarisch. Wie ein<br />

helles Licht in <strong>der</strong> Finsternis anzieht, so die Gemeinen mitten in <strong>der</strong> Welt. <strong>Die</strong> Innenarbeit an einzelnen und im<br />

einzelnen, und die Innenarbeit im Gemeinekreis ist die kräftigste Missionsarbeit, denn – je mehr Lichtkraft, um<br />

so mehr Leuchtkraft.<br />

254<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Äußere Mission<br />

<strong>Die</strong> Gemeinen waren die Missionare, hauptsächlich schon durch ihr Dasein, eine jede in ihrem Umkreis. Und<br />

von Lichtkörper zu Lichtkörper ging es weiter. So müsste heute noch die geisterwählte Gemeine an jedem<br />

Orte auch die Missionarin <strong>der</strong> Umgebung sein. Das ist Äußere Mission im apostolischen Grundsinn. Da<br />

braucht's keine Veranstal-tungen und Organisationen. Das Seiende, das Geist-geschaffene ist auch das<br />

Hinauswirkende. Darum haben die Apostel keinerlei Organisationen gegründet, son<strong>der</strong>n eben nur Gemeinen –<br />

hier eine, da eine – Licht aus Licht. Nie kann also das Volksganze o<strong>der</strong> das Kirchenganze einer Volkskirche<br />

Missionsträger sein, das ist ein Abweg! Immer nur die Auswahlgemeine. Wir haben oft genug schon gesagt,<br />

dass die Gemeine in ihrer Kampfeszeit nie rein in die Erscheinung tritt. Das sehen wir ja auch an den<br />

biblischen Gemeinen. Wie unrein waren sie doch, aber Gemeinen waren sie – Glaube und Geist hatte sie<br />

zusammengezogen. Das Unreine musste geläutert und gerichtet werden und wurde es auch. Und gerade das<br />

Unfertige diente und dient zur Scheidung <strong>der</strong> Geister. Unlautere stoßen sich am Unlauteren und bleiben fern –<br />

Lauteres wird durchs Lautere gezogen und lässt sich auch durchs Unlautere nicht irren. So brauchte man zur<br />

Mission im biblischen Sinne nichts als hin und her Lichtgemeinen.<br />

● <strong>Die</strong>sen Gemeinen gibt <strong>der</strong> Her Gaben und Kräfte. <strong>Die</strong> dienen, wie unser Text aus Epheser 4 sagt,<br />

zunächst alle <strong>der</strong> Gemeine. <strong>Die</strong>se soll immer lichtmäßiger werden. Sie dienen aber auch den Fernen, wenn<br />

sie in die Gemeine-versammlung kommen. Das zeigt Paulus beson<strong>der</strong>s in 1.Korinther 14. <strong>Die</strong>se Gaben und<br />

Kräfte können aber auch hinausgehen, vom Herrn und Geist gerufen und geschickt. Dann schickt und erhält<br />

sie die Gemeine.<br />

Ohne Bestätigung <strong>der</strong> Gemeine geht keine Gabe hinaus. Ohne sie ist auch Paulus nicht hinaus gegeangen.<br />

255<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Äußere Mission<br />

<strong>Die</strong> Gemeinen sind die Geburtsstätten und die Aussende-stätten <strong>der</strong> Gaben. <strong>Die</strong> Gemeineglie<strong>der</strong> sind nicht<br />

immer an einem Orte geblieben. Leben und Beruf führte den einen dahin, den an<strong>der</strong>en dorthin. Und wo ein<br />

38


solcher Lichtes-mensch hinkam, gab es wie<strong>der</strong> einen Lichtherd. Selbst die Gemeine in Rom ist ohne jeden<br />

Apostel o<strong>der</strong> sonstigen Gesandten rein durch Lichtesmenschen, die hingeführt wurden, entstanden. Und so<br />

entstanden die meisten Gemeinen. Wie viele waren es, welche das Angesicht des Apostels nicht gesehen<br />

hatten. Es ging von Person zu Person, wo gotterleuchtete und gottbegabte Menschen waren. Wo solche nicht<br />

waren, da hatte dann eben <strong>der</strong> Herr zur Zeit keine Erstlinge. Er hat sie ja nicht immer überall. <strong>Die</strong> Mission <strong>der</strong><br />

Gemeine ist durchaus in allem persönlich, wie die ganze Gemeine. Ein Glied hangt am an<strong>der</strong>en durch die<br />

Gelenke. <strong>Die</strong> Gemeine-Mission braucht keine beson<strong>der</strong>en Einrichtungen. <strong>Die</strong> Gemeine ist ihre Einrichtung und<br />

die Führung des Herrn ihr Weg.<br />

● Es soll ja auch nichts an<strong>der</strong>es gesucht und gewonnen werden als Erstlinge. Zu diesen führt <strong>der</strong> Herr<br />

überall und immer jemanden, dass sie herauskommen. <strong>Die</strong> Gemeine-Mission sucht nicht Völker zu bekehren,<br />

sucht darum nicht auf ärztlichen, schulmäßigen, kolonisatorischen, kauf-männischen und an<strong>der</strong>en Wegen<br />

Einfluss, son<strong>der</strong>n ganz führungsmäßig von Person zu Person. <strong>Die</strong> Gemeine-Mission braucht darum auch die<br />

Weltmächte nicht, dass sie dies und das erlauben, sie geht, wo sie hingeführt wird, leidet und duldet da und<br />

steckt ein Licht an. Sie will auch keine Kultur schaffen. Sie hat ein an<strong>der</strong>es, höheres Ziel: Menschen des<br />

Heiligen Geistes in Christo.<br />

256<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Äußere Mission<br />

● <strong>Die</strong> Gemeine-Mission dringt wie ein Feuer von Ort zu Ort, immer nach <strong>der</strong> Leitung des Herrn. Unkosten<br />

hat sie wenig, nur dann, wenn die Gemeinen die <strong>Glie<strong>der</strong></strong>, die Gaben haben, im Irdischen freistellen wollen.<br />

Das ist aber eine Sache <strong>der</strong> Gemeine, welche vom Herrn die Verpflichtung auferlegt bekommt.<br />

● Wer Augen hat zu sehen, <strong>der</strong> sieht, dass die wahre Gemeine-Mission heute noch so läuft mitten durch all<br />

die großen Veranstaltungen, Werke und Organisationen hin-durch. <strong>De</strong>r Geist geht im Auftrage Seines Herrn<br />

Seinen eigenen Gang.<br />

● Du sagst: Ja – wenn wir aber in fremde Län<strong>der</strong> und Weltteile gehen, da müssen wir doch aussendende<br />

Werke und viele Vorberitungsstätten haben! Was zunächst die europäischen Kulturstaaten angeht, ist die<br />

Sache da einfach. <strong>Die</strong> Weltverbindungen sind hier so eng, dass <strong>der</strong> Lauf des Wortes und Geistes ohne<br />

beson<strong>der</strong>e Unternehmungen geschehen kann. Gläubige jeden Standes und Berufes treffen sich aus den<br />

verschiedenen Län<strong>der</strong>n an den verschiedensten Orten. <strong>Die</strong> Anregungen für die Weiterbildung <strong>der</strong> Gemeine<br />

können sich genau wie in den Anfangszeiten des Gemeine-Äons auf das einfachste vollziehen. Wir brauchen<br />

keine Veranstaltungen, um in ein andres Land zu gehen. Das macht sich schon von selbst unter <strong>der</strong> Führung<br />

des Herrn.<br />

● Was aber die Ausdehnung <strong>der</strong> Mission über die Gesamtwelt angeht, so ist es nach <strong>der</strong> Schrift sehr<br />

fraglich, ob diese jetzt Gottes Wille ist. Wir denken dabei zuerst im großen an den Rat Gottes und seinen<br />

Verlauf. Wir gedenken zunächst <strong>der</strong> Zeit, wo <strong>der</strong> Rat und Plan Gottes die Gesamtmenschheit auf einmal im<br />

Auge hatte. Das ging bis zum Turmbau zu Babel. Dort wurden die Nationen dahin-gegeben und in Abraham<br />

zum Judenvolk in Spezialerziehung genommen.<br />

257<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Äußere Mission<br />

● <strong>Die</strong> ganze Nationenwelt ging ihre eigenen Wege. Nur das eine Volk wurde in die Offenbarung<br />

hineingestellt und auf den kommenden Retter-König erzogen. Jahrtausende hindurch bauten die Nationen ihre<br />

39


Kulturreiche auf und versanken wie<strong>der</strong> mit denselben. Sie sollten mürbe werden und zerbrechen unter dem<br />

Gesetz <strong>der</strong> Sünde des Ich-Wesens und des Todes. Sie sollten auf diesem Wege des Dahingegebenseins<br />

erlösungsreif werden. Indessen liefen Gottes Wege nur mit einem Volke. Dabei ging es um die Ausbildung und<br />

Vollendung des Hauptes in <strong>der</strong> Mensch-werdung, im Sterben und im Auferstehen. Im Erhöhtwerden war das<br />

Haupt vollendet. Nun trat <strong>der</strong> Rat Gottes in einen zweiten Abschnitt, in die Vollendung des Leibes. In diesem<br />

Äon erlebt das Judenvolk, um seiner Ich-Gerechtigkeit willen die Fluchseite des Gesetzes. Weil das Judenvolk<br />

noch nicht als Israel reif ist, bleiben auch die Nationen noch unter dem Dahingegebensein. Sie bauen ihre<br />

Kulturen im Eigenwesen höher und höher und zerbrechen wie<strong>der</strong>. Aber indessen wird die Gemeine, <strong>der</strong> Leib<br />

herausgeholt. <strong>Die</strong>ses Zeitalter umfasst aber noch nicht die ganze Welt. Gleichwie das Judenvolk – die<br />

Gemeine-Erstlinge ausgenommen – dahingegeben ist, so ist auch <strong>der</strong> größte Teil <strong>der</strong> Welt noch<br />

dahingegeben. <strong>Die</strong> Erstlinge werden nicht aus allen Nationen <strong>der</strong> Erde gezogen. Es geht alles stufen- und<br />

wachstumsmäßig. Nur Schritt für Schritt wird <strong>der</strong> Gesamtrahmen <strong>der</strong> Völkerwelt ins Offen-barungsgebiet<br />

hineingezogen: Das erste Volk sind die Juden, die nächsten die ausgebreiteten Japhetiten – die aus dem<br />

römischen Reiche hervorgewachsenen Kulturreiche –, dann erst die übrige Welt. <strong>Die</strong>ser Rat Gottes ist schon<br />

in dem Prophetenspruch des Noah deutlich ausgesprochen (1.Mose 9,25 ff).<br />

258<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Äußere Mission<br />

Es ist ganz unbegreiflich, dass man diesen grundlegenden Hauptspruch für alle Arbeit in Gottes Reich ganz<br />

außer acht gelassen hat. Hier sind zunächst die Kanaaniter, also die Hamiten völlig unter den Fluch getan und<br />

zu Knechten erklärt. Das wirkt sich nicht nur äußerlich, son<strong>der</strong>n auch innerlich aus. <strong>Die</strong> Hamiten kommen erst<br />

für das Königreich in Betracht, wie das aus vielen prophetischen Stellen hervorgeht. Für die Offenbarung<br />

kommt vor allem Sem daran. Er hat den Jehova als seinen Gott. Er ist unter den Nationen <strong>der</strong> Ersterwählte.<br />

Dann kommen die ausgebreiteten Japhetiten. Sie dürfen wohnen in den Zelten Sems. Sie bilden mit den<br />

Erwählten aus Sem eine Hausgemeinschaft. Von den sitzengebliebenen Japhetiten, von den Hun<strong>der</strong>ten von<br />

Millionen in Indien und China ist keine Rede. So sehen wir den Umkreis <strong>der</strong> Gemeine auf die gegenwärtigen<br />

großen Kulturstaaten beschränkt. Das sagt auch Daniel ganz deutlich, wenn er nach Ausbildung <strong>der</strong> zehn<br />

Zehen des römischen Reiches den Herrn erscheinen lässt. Darum wird auch das antichristliche Reich<br />

denselben Umkreis haben – die Offenbarung redet von zehn Königen, welche dem Tiere die Macht geben.<br />

<strong>De</strong>r Heiland sagt dasselbe. Das Evangelium wird nach Matthäus 24,14 nicht in <strong>der</strong> ganzen Welt, son<strong>der</strong>n in<br />

<strong>der</strong> Ökumene gepredigt. <strong>Die</strong>se Ökumene ist aber nichts an<strong>der</strong>es, als das Römerreich in seiner<br />

Gesamtausbreitung. Werden aus diesen Nationen die Erstlinge gezogen, dann sind sie aus <strong>der</strong> ganzen Welt<br />

gezogen, denn diese Kultur-Nationen repräsentieren die Welt. Das sind nun gerade auch die Nationen, welche<br />

das Christentum als Volksreligion bekommen haben. Das ermöglicht einerseits die genaue Durchforschung<br />

nach den Erstlingen, an<strong>der</strong>erseits ermöglicht es die Herausbildung des Antichristentums.<br />

259<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Äußere Mission<br />

Gerade in diesen Staaten haben auch die Juden ihre Macht, hier kann die Hure aufs Tier sitzen. <strong>Die</strong>se<br />

europäischen und amerikanischen Kultur-Nationen sind das eigentliche Werbegebiet <strong>der</strong> Gemeine. Wir sehen<br />

das auch deutlich bei Paulus. Son<strong>der</strong>lich im Römerbrief sehen wir, wie er bestrebt war, die Grenzen des<br />

40


ömischen Weltreichs zu erreichen: Rom und Spanien das waren seine Pläne. Niemand und nichts weist über<br />

diesen Gemeinerahmen hinaus. Das immer angeführte Heilandswort Matthäus 28,18 ff. gehört gewisslich<br />

nicht hierher.<br />

28,18 Und Jesus trat herzu und sprach zu ihnen: Mir ist gegeben alle Gewalt im<br />

Himmel und auf Erden. 28,19 Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker: Taufet sie auf den<br />

Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen<br />

Geistes 28,20 und lehret sie halten alles, was Ich euch befohlen habe.<br />

Und siehe, Ich bin bei euch alle Tage bis an <strong>der</strong> Welt Ende.<br />

Einmal wäre das doch ein merkwürdiger Herr, <strong>der</strong> alle Macht hat im Himmel und auf Erden und in bald 2000<br />

Jahren nicht mehr fertiggebracht hätte. China, Japan, Indien, <strong>der</strong> Mohammedanismus und Afrika sind im<br />

Verhältnis zu ihrer Millionenzahl kaum berührt. <strong>Die</strong> sogenannten "christlichen" Völker haben alles, nur kein<br />

Königreich Christi. Was wäre denn da erreicht in zweitausend Jahren? Das wäre ja jämmerlich! <strong>Die</strong> Gemeine<br />

ist da – ganz gewiss. Mehr aber nicht! Und wenn <strong>der</strong> Allmächtige das jetzt hätte ausgeführt haben wollen,<br />

warum hat Er Seine Jünger nicht besser geleitet? <strong>Die</strong> Jünger sollen hingehen und alle Nationen taufen! Sie<br />

machen aber nach Galater 2,7-9, ganz ruhig mit dem Apostel Paulus aus, sie wollten zu den Juden; er,<br />

Paulus, solle zu den Nationen. Und Johannes bleibt seelenruhig in Ephesus sitzen. Und die Bibel erzählt gar<br />

nichts von diesen Nationen-Taufen. Im Gegenteil: Während es hier heißt: "Gehet hin und taufet alle Nationen",<br />

sagt Paulus in 1.Korinther 1,17, Christus habe ihn nicht gesandt zu taufen. Da haben wir ganz klar ein an<strong>der</strong>es<br />

Zeitalter. <strong>De</strong>r Heilandsbefehl ist nicht zur Durchführung gekommen, weil die Juden abschwenkten.<br />

260<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Äußere Mission<br />

Nur so verstehen wir voll und ganz auch den Schluss des Heilandswortes. Für die Gemeine, die ja in Ihm ist,<br />

hätte es keinen Zweck, ihr zu versichern: "Siehe, Ich bin bei euch alle Tage bis an <strong>der</strong> Welt Ende." Aber das<br />

Judenvolk, das verworfen ist, hat einen gewaltigen Stab und Stecken daran, wenn ihm gesagt wird, dass auch<br />

über diese schwerste Zeit <strong>der</strong> Herr mit ihm sein werde. Das ist soviel wie: "Seine Gaben und Berufungen<br />

mögen Ihn nicht gereuen" (Römer 11,29). Auch unsere heutigen Missionare gehen nicht hin und taufen<br />

"Nationen". Sie sind sehr vorsichtig mit <strong>der</strong> Taufe. Ja, nach dem Nationen-Zerbruch, wenn sie nach dem<br />

Aufgang des Königreichs <strong>der</strong> Himmel, nach <strong>der</strong> Erscheinung des Herrn, zu Seinen Füßen liegen, dann kann<br />

man Völker taufen. <strong>Die</strong> Gemeine-Taufe in Christi Tod und Auferstehung ist eine ganz an<strong>der</strong>e Taufe als die<br />

Matthäus 28,19. <strong>Die</strong> Königreichs-Taufe in Matthäus 28 ist die Fortsetzung <strong>der</strong> Johannes-Taufe, nur erfüllt in<br />

Christus. So glauben wir gewiss, dass <strong>der</strong> Umfang <strong>der</strong> Gemeine-Offenbarungszeit ein kleinerer ist, beschränkt<br />

auf die sogenannten "christlichen" Kulturreiche.<br />

● Wir erleben das auch. <strong>Die</strong> Herauswerfung <strong>der</strong> deutschen Mission aus Afrika und Indien war nur Anfang.<br />

Werden die Selbständigkeitsbestrebungen <strong>der</strong> schwarzen und gelben Völker Wirklichkeit, dann werfen sie<br />

alles Weiße heraus. Dazu sind auch schon Anfänge da. Dann werden die alten Kultur-Völker – die zehn<br />

Zehen – eins werden müssen, und das werden sie im antichristlichen Kultur-Reiche, und dann haben wir die<br />

Endkonstellation. Das alles ist auf dem Wege. Wir lassen uns durch die Übergangs- und Durchgangs-<br />

Erscheinungen nicht täuschen.<br />

261<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Äußere Mission<br />

41


● Und in all den Kultur-Reichen <strong>der</strong> römischen Zehen ist das Missionsziel nur die Gemeine. Wir sehen ja<br />

deutlich, wie das, was wir jetzt Äußere Mission nennen, immer wie<strong>der</strong> in Verbindung mit <strong>der</strong> Weltmacht<br />

kommt, welche biblisch das Tier ist. Wir sehen doch, wie sie immer wie<strong>der</strong> auf den Kulturweg getrieben wird,<br />

welcher <strong>der</strong> antichristliche Weg ist. Wir sehen doch, wie sie auf immer breitere Massen sich gründet und<br />

gründen muss. Sie wird, wie sie schon einmal ins Weltelend verflochten wurde, das nächste Mal noch tiefer<br />

verflochten werden. Was Holz, Stroh, Stoppel ist, muss durchs Feuer. Wir sehen dabei klar, dass viele<br />

Gemeine-Erstlinge auch in <strong>der</strong> Mission stehen. Wir sehen ebenso klar, dass auch die Mission sich von dem<br />

hergebracht Massenmäßigen und Katholischen lösen muss. <strong>Die</strong> Mission hat sich durch die Feuertaufe des<br />

Kreuzes hindurch in <strong>der</strong> Heimat noch enger mit dem massenmäßig Religiösen verknüpft. Sie steht vielfach im<br />

Königreichmäßigen, anstatt im Innersten des Königreichs, in <strong>der</strong> Gemeine.<br />

● Wir sind uns klar, von welcher Tragweite diese nach unserer Ansicht biblischen Missions-Linien sind. Wir<br />

tragen sie schon jahrelang in wachstümlicher Klarheit im Herzen. Wir haben sie, innerlich tief bewegt,<br />

geschrieben. Wir glauben aber, dass in diesen Tagen die gemeinemäßgen Linien immer klarer heraus<br />

müssen, damit die Gemeine an ihrem Ende und Ziel feststehen könne.<br />

● Wir drängen diese Wahrheiten niemand auf. Wir disputieren auch mit niemand. Sie hängen mit <strong>der</strong><br />

Gemeine-Erkenntnis aufs tiefste zusammen. Ein jeglicher prüfe an <strong>der</strong> Schrift. Ein jeglicher handle nach<br />

seinem inneren Stande. Ein jeglicher sei aber auch seiner Meinung gewiss.<br />

262<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Äußere Mission<br />

● Wenn mir etliche sagen, sie hätten in Afrika, China und Indien auch Erstlinge gesehen, so streite ich<br />

nicht. Wenn die obigen Linien biblisch sind, dann warens trotz aller Frömmigkeit keine. Wer kann hier urteilen?<br />

Natürliche Frömmigkeit ist stets frömmer als geistgeborene. Wir wollen <strong>der</strong> kommenden Zeiten warten, welche<br />

schnell laufen. Da wird’s sich enthüllen, und da werden wir immer deutlicher sehen des Herrn Rat.<br />

42


263<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine<br />

und die Bibel<br />

Es steht geschrieben......., wie<strong>der</strong>um steht geschrieben.......;<br />

Es steht geschrieben........ Da verließ Ihn <strong>der</strong> Teufel.<br />

Matthäus 4,4.7.10.11<br />

● <strong>Die</strong> Stellung des Menschen zur Bibel hängt von dem inneren religiösen Stande des Menschen ab. So viel<br />

göttliches Licht einer hat, so viel versteht er und liebt er die Bibel. Und je mehr einer durch die Bibel selbst<br />

innerlich befruchtet worden ist, um so höher schätzt er sie, um so klarer erkennt er sie. Ein je<strong>der</strong> hat zur Bibel<br />

eine wachs-tümliche Stellung nach dem göttlichen Wachstum seines inwendigen Menschen. Werde ich mehr<br />

in Gott, so wird mir auch die Bibel mehr. <strong>Die</strong> Stellung zur Bibel ist auf allen Stufen eine Glaubensstellung. <strong>Die</strong><br />

Bibel als Trägerin <strong>der</strong> ewigen Gottesoffenbarungen kann nur durch Glauben in Wahrheit erfasst werden, wie<br />

alle göttlichen Dinge. An <strong>der</strong> Stellung zur Bibel kann man den geistlichen Stand eines Menschen beurteilen.<br />

Darum kann es keine verpflichtende Lehre über die Inspiration <strong>der</strong> Bibel geben. – <strong>Die</strong> Inspiration verstehen<br />

nur Inspirierte, das heißt Geistgeborene, und sie verstehen dieselbe nach dem Maße ihres geistlichen<br />

Wachstums. Es kann ja eine Kirchengemeinschaft auch eine Lehre von <strong>der</strong> Heiligen Schrift übermitteln. Und<br />

viele autoritätsgläubige Menschen werden diese Lehre auch gehorsamsmäßig übernehmen. Sie haben einen<br />

Segen davon, wie aller göttliche Gehorsam seinen Segn bringt. Aber dieses nach dem Herkommen<br />

übernommene Schriftwissen hat nur geringen Wert, es muss zu Geist und Leben werden. Lebendiges<br />

Bibelwissen, lebendige Bibelerkenntnis und Bibellehre haben nur die vom göttlichen Leben Ergriffenen, ein<br />

jeglicher in seiner Art und Stufe.<br />

264<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Bibel<br />

● Ist ein Mensch dem Ich-Wesen und dem Welt- und <strong>Die</strong>sseitsleben zugewandt, so ist ihm die Bibel völlig<br />

gleichgültig. Ist einer gar dem Sündenleben des Fleisches o<strong>der</strong> des Geistes zugerichtet, so ist ihm die Bibel<br />

lächerlich, Gegenstand seines Spottes, ja Hasses. Ist jemand ein braver Gesetzesmensch und hat eine<br />

gewisse überlieferte Meinung von <strong>der</strong> Bibel, so ist sie ihm ein Gesetzbuch mit hoch verehrenden<br />

Anschauungen und mit guten Regeln fürs Leben. Es gibt sehr viele solche Seelen.<br />

● <strong>De</strong>m wissenschaftlichen, natürlichen Menschen ist die Bibel ein Gegenstand seines wissenschaftlichen<br />

Forschens. Er rückt ihr mit den philosophischen Begriffen und Anschau-ungen seiner Zeit auf den Leib. Er<br />

zerlegt sie, untersucht sie, tut sie bald in dieses, bald in jenes wissenschaftliche Fach, tut ab von ihr, was er<br />

für kindisch hält, behält von ihr, was er für wissenschaftlich hält. Von diesen Wissenschaftlern hat schließlich<br />

je<strong>der</strong> einen an<strong>der</strong>en Stumpf und Strunk von <strong>der</strong> Bibel in <strong>der</strong> Hand. Aber dieser Stumpf und Strunk erscheint<br />

ihnen groß, weil sie ihn selber herausgeschnitzt haben, und weil er Resultat <strong>der</strong> vergötterten Wissenschaft ist.<br />

Hierher gehört eine Menge Theologen, die ja alle Philosophie studiert haben, und denen, solange sie<br />

natürliche Menschen und, Philosophie höher zu sein scheint als Offenbarung. Manche dieser Weisen<br />

43


etrachten die Bibel historisch, an<strong>der</strong>e religiös-philosophisch, an<strong>der</strong>e sittlich, ethisch. Immer aber ist und bleibt<br />

<strong>der</strong> Mensch Meister <strong>der</strong> Schrift.<br />

● Soweit die Bibel geistliche und ewige Worte übermitteln darf, wird sie Stück für Stück, Schritt für Schritt<br />

göttlich. Wie vielen Menschen ist die Bibel ein göttliches Trostbuch. Sie haben aus den und jenen Sprüchen, in<br />

den und jenen Lagen des Lebens Trost, Licht und Kraft empfangen. Nun ist sie ihnen ein Trost-, Licht- und<br />

Kraftbuch, nach dem sie auch in schweren Lagen greifen. An<strong>der</strong>en ist sie ein Lehrbuch guter Wege.<br />

265<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Bibel<br />

Sie haben schon manchen guten Wink und Rat aus ihr bekommen. Vieles in ihr ist ihnen göttliche Wahrheit.<br />

<strong>Die</strong> nehmen und suchen sie aus ihr. Vieles lassen sie liegen, das ist veraltet und passt nicht mehr. Vieles aber<br />

ist bleibend gut, das nehmen sie, und in dieser Linie schätzen sie die Bibel. Teilweise stellen sich diese<br />

Geister unter die Schrift, teilweise über sie.<br />

● Von <strong>der</strong> ganzen Bibel als Gottes Wort haben alle diese Menschen noch keine Ahnung, vor allem kein<br />

lebendiges Licht. Sie lesen darum auch die Bibel nur je und je, Lebensbuch ist sie noch nicht. Ein schöner<br />

Auszug aus ihr genügt ihnen auch.<br />

● Es gibt auch Menschen, denen die Bibel hochheilige, göttliche Offenbarung ist, aber ihre Stellung zur<br />

Schrift ist mehr eine solche des Aberglaubens als des freien Glaubens. Sie missbrauchen die Schrift und<br />

machen sie zu einem Wahrsagebuch für ihr Leben und für den Lauf <strong>der</strong> künftigen Dinge im Persönlichen und<br />

Allgemeinen. Sie gehorchen <strong>der</strong> Bibel mit einer abergläubischen Angst, weil sie meinen, den träfen Gerichte<br />

und Schläge, <strong>der</strong> ihr nicht folgte. Das ist eine sklavische, abergläubische Ich-Stellung. <strong>Die</strong> rechte Stellung zur<br />

Schrift beginnt erst mit dem neuen Leben. Wenn wir durchs Wort des Lebens zur Erkenntnis von Sünde und<br />

Verdammnis gekommen sind, und wenn uns in diesen Tiefen <strong>der</strong> eingeborene Sohn, <strong>der</strong> Heiland,<br />

aufgegangen ist, dann fängt uns Bibellicht an zu scheinen. <strong>De</strong>rselbe Heilige Geist, welcher uns durchs<br />

Bibelwort über uns selbst und über Christus erleuchtet, <strong>der</strong> erleuchtet uns auch über die Bibel. Christus ist<br />

eben <strong>der</strong> Kern <strong>der</strong> Schrift. Christus ist <strong>der</strong> Schlüssel <strong>der</strong> Schrift. <strong>Die</strong> ganze Schrift von 1.Mose 1 bis<br />

Offenbarung 22 treibt Christus. Wer in seine Erkenntnis eingegangen ist, <strong>der</strong> hat die Zentralerkenntnis<br />

ergriffen.<br />

266<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Bibel<br />

Hier öffnet sich das Herz <strong>der</strong> Schrift, hier sehen wir den durch alles sich hindurchziehenden roten Faden. Wo<br />

auch nur die Anfänge <strong>der</strong> neuen Geburt zur Wahrheit werden, da wird die Bibel zu Gottes Wort. Wer das<br />

ewige Leben in Gericht und Gnade aus dem Worte <strong>der</strong> Schrift erlebt hat, dem ist sie auch das ewige<br />

Lebensbuch. Und wun<strong>der</strong>bar, nicht nur dieser o<strong>der</strong> jener Spruch, <strong>der</strong> einem vielleicht son<strong>der</strong>lich gedient hat,<br />

wird ein ewiger Lebensspruch, son<strong>der</strong>n die ganze Bibel steht auf einmal als ewiges Gotteswort da. Es ist eine<br />

Glaubens-durchleuchtung, die hier geschieht. Wenn Menschen nur erweckt und erleuchtet o<strong>der</strong> bekehrt sind,<br />

haben sie nur Teildurchblicke. Sie reden auch von Gottes Wort, aber sie haben doch nur von einzelnen Teilen<br />

einen Wort-Gottes-Eindruck, viele Stellen lassen sie einfach liegen. <strong>Die</strong>se Geister leben gewöhnlich von<br />

gewissen Teilen <strong>der</strong> Bibel, die ihnen Gottes Wort sind, und um <strong>der</strong>entwillen sie auch die ganze Bibel als<br />

Gottes Wort nehmen, aber <strong>der</strong> lebendige Durchblick durchs Ganze fehlt ihnen noch. Erweckte, Erleuchtete<br />

und Bekehrte sind eben unselbständig. Sie beschäftigen sich gewöhnlich viel weniger selbst mit <strong>der</strong> Bibel, als<br />

dass sie sich von an<strong>der</strong>en lehren lassen. Da hören sie dann meistens nur von gewissen Teilen <strong>der</strong> Bibel,<br />

immer wie<strong>der</strong> von den gleichen. <strong>Die</strong>se sind ihnen dann Gottes Wort, aber alles an<strong>der</strong>e liegt ihnen im Dunkel.<br />

44


● Ganz an<strong>der</strong>s ist das bei <strong>der</strong> neuen Geburt. Da tritt <strong>der</strong> einfältig im Herrn stehenden Seele die<br />

Gesamtbibel ins Licht. Sie sieht durch, wie von 1.Mose 1 bis Offenbarung 22 eine göttliche Offenbarungslinie<br />

geht. Sie sieht die Bibel als einen Gottbaum. Sie sieht den Heiland schon auf <strong>der</strong> ersten Seite <strong>der</strong> Schrift, wie<br />

in <strong>der</strong> Mitte und am Ende. Sie sieht den Eingeborenen in Seinem göttlichen Wachstum und sieht, wie die<br />

Schrift Ihn trägt. Es ist ein großartiges Wie<strong>der</strong>geburts-erlebnis, die ganze Bibel als Gottes Wort zu sehen.<br />

267<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Bibel<br />

Alles Historische, alles Menschliche, alles Schwierige, alles äußerlich Unstimmige, alles, was zu Fragen<br />

Anlass gibt und geben könnte, tritt weit, weit zurück, ja verschwindet ganz hinter <strong>der</strong> einen, alles<br />

überstrahlenden Wahrheit von <strong>der</strong> göttlichen Einheit <strong>der</strong> Bibel in dem einen Herrn. Wir haben noch nie ein<br />

Kind Gottes gesehen, das nicht von <strong>der</strong> Göttlichkeit <strong>der</strong> Schrift lebensmäßig durchdrungen gewesen wäre.<br />

Man kann das nicht lehren; man kann es auch niemand aufzwingen, man kann es nicht zeigen noch zeichnen,<br />

– man kann's bezeugen, und dies Zeugnis kann angenommen o<strong>der</strong> verworfen werden. <strong>De</strong>n Kin<strong>der</strong>n Gottes<br />

steht die ausschließliche Göttlichkeit <strong>der</strong> Schrift fest wie ein Fels. So sehen wir alle Propheten stehen, so<br />

sehen wir den Heiland stehen, so sehen wir alle Apostel in ihren Schriften stehen: "Es steht geschrieben", "<strong>der</strong><br />

Geist spricht", "Gott spricht und sagt". Das ist ihnen selbstverständlich. Das ist eine Art Zentralschau ins Wort,<br />

welche mit <strong>der</strong> neuen Geburt verbunden ist. Es ist natürlich nicht so, als ob ein solcher Neugeborener die<br />

ganze Bibel verstünde. Es ist nicht so, als ob er jede Stelle und Ecke aus Gottes Wort im Erleben ausweisen<br />

könnte. <strong>De</strong>r wie<strong>der</strong>geborene Glaube sieht auch hier stückweise. Gliedmäßige Zusammenhänge offenbaren<br />

sich von Stufe zu Stufe. Aber <strong>der</strong> Generalzusammenhang ist klar. Ein Kind Gottes hat in dieser Hinsicht eine<br />

Generalschau, nach welcher ihm die Göttlichkeit des Ganzen offenbar und klar ist. Und beson<strong>der</strong>s seinen<br />

Heiland sucht es überall, und in Ihm liegt die Klarheit. Es geht bei allen göttlichen Dingen vom Ganzen ins<br />

Einzelne, nicht vom Einzelnen ins Ganze. <strong>De</strong>r Anfang ist bei Gott überall ganz und wächst sich aus. <strong>De</strong>r<br />

neugeborene Mensch hat darum auch ein wirkliches Lebensinteresse an <strong>der</strong> ganzen Bibel. Das Kind Gottes<br />

forscht und sucht. Das Kind Gottes will mehr, will über das gewöhnliche Maß hinaus. Und es will, je mehr es<br />

wächst, immer mehr.<br />

268<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Bibel<br />

Ein wachsendes Kind Gottes, das Gott in Christo näher kommt, sieht klarer und klarer die einzelnen <strong>Glie<strong>der</strong></strong><br />

des Bibelleibes, die einzelnen Zweige des Bibelbaumes. Man sieht je länger, je deutlicher die Schrift als einen<br />

gewaltigen Geistesorganismus mit überreicher <strong>Glie<strong>der</strong></strong>ung. Das geschieht aber alles wachstümlich. <strong>Die</strong> Bibel<br />

wird dem Glaubensmenschen immer größer. Da kommt zunächst <strong>der</strong> Blick in die verschiedenen<br />

Haushaltungen Gottes. Je mehr das Glaubensleben wächst, erkennt man den eigenartigen Stand des Kindes<br />

Gottes und des Leibes Christi. Man sieht die davon deutlich unterschiedenen Äonen o<strong>der</strong> Gotteshaushaltungen.<br />

Man tut einen Blick in die Gotteshaushaltung <strong>der</strong> Neuschöpfung auf dem Gebiete <strong>der</strong> Natur<br />

(1.Mose 1,2). Man sieht hinein in die Haushaltung Adams vor dem Fall, in die Haushaltung des Falles, in die<br />

Haushaltung <strong>der</strong> Gesamtwelt bis zum Turmbau zu Babel, in die Haushaltung <strong>der</strong> auserwählten Väter, in die<br />

Haushaltung des Schatten-gesetzes, in die Haushaltung des Füllegesetzes, in die Vollendung mit ihren<br />

Stufen. Man erkennt, wie jede Haushaltung ihre eigenen Hausordnungen hat, und wie sie in bestimmten<br />

biblischen Büchern beschrieben sind. <strong>Die</strong>ser Einblick in den göttlichen Organismus <strong>der</strong> Bibel geht von Stufe<br />

zu Stufe. <strong>De</strong>r Kreis <strong>der</strong>er, die solches erkennen, wird on Stufe zu Stufe kleiner. Eine große Schar bleibt bei<br />

einer gewissen Blockansicht stehen, man könnte fast sagen, sie sehen die Bibel als einen einzigen großen<br />

Klotz. Dahin gehören alle nur Bekehrten, aber auch träge Kin<strong>der</strong> Gottes. Wo Wachstum und Leben ist, öffnen<br />

sich immer mehr neue Blicke.<br />

45


269<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Bibel<br />

● Mit dem Einblick in das Gliedliche <strong>der</strong> Bibel kommt dann auch die Klarheit über das Perspektivische. Man<br />

merkt, dass die ferner liegenden Äonen in <strong>der</strong> Schrift nach dem Maße ihrer Entfernung kürzer und kürzer<br />

hervortreten, die näheren Gottzeitalter breiter und breiter. Am breitesten erscheinen Schattengesetz,<br />

Füllegesetz und Gemeine. <strong>Die</strong> geistlichen Gesetze sind die gleichen wie die natürlichen, nur auf höherer<br />

Stufe. Wir sehen im Natürlichen alles perspektivisch, das heißt in zunehmen<strong>der</strong> Verkürzung bei zunehmen<strong>der</strong><br />

Entfernung. Genauso sieht das geistgeöffnete innere Auge die göttlichen Dinge in <strong>der</strong> Bibel.<br />

● Mit <strong>der</strong> zunehmenden Erkenntnis des geistlichen Charakters <strong>der</strong> Äonen wächst dann <strong>der</strong> Blick in die<br />

biblischen Bücher, wie sie jedem Äon zugehören. Nach dem eben genannten Gesetz <strong>der</strong> Perspektive haben<br />

die fernsten Äonen nur kurzen Raum in <strong>der</strong> Bibel. <strong>Die</strong> ganze eigentliche Schöpfung aller Welten hat nur einen<br />

Vers: 1.Mose 1,1. <strong>Die</strong> eigentlichen Urschöpfungen liegen außerhalb je<strong>der</strong> Erfahrung <strong>der</strong> jetzigen<br />

Weltenbewohner. Wir leben in einer ganz an<strong>der</strong>en Welt und in ganz an<strong>der</strong>en Welten, als die Urschöpfung war.<br />

● Auch <strong>der</strong> Äon des eigentlichen Unfalls Satans mit seinen entsetzlichen Folgen ist nur perspektivisch kurz<br />

gezeichnet: 1.Mose 1,2. <strong>Die</strong> anhebende Neuschöpfung, welche schon mehr zu uns überleitet, hat bereits<br />

eineinhalb Kapitel: 1.Mose 1 und 2 im Anfang. Ebensoviel hat <strong>der</strong> Äon <strong>der</strong> allmählich sich steigernden<br />

Sündenfälle, wo es vom Fall zur Übertretung geht: 1.Mose 2 Schluss und 3, wenn man will 4. Hier tritt das<br />

Gesetz <strong>der</strong> Sünde und des Todes in Kraft.<br />

270<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Bibel<br />

Dann kommt <strong>der</strong> Äon <strong>der</strong> aufs Ganze gerichteten Rettung, welche aber um <strong>der</strong> Verstocktheit <strong>der</strong> Menschen<br />

willen immer zu Gerichten führt. <strong>Die</strong>ser Äon geht bis zu Kapitel 11. Wir sehen, die Offenbarungen werden<br />

breiter und breiter. Nach dem Turmbaugericht kommt die Auswahl <strong>der</strong> Väter – <strong>der</strong> Ur-Väter-Äon. <strong>De</strong>r umfasst<br />

den ganzen Rest des ersten Mosebuches. Dann tritt <strong>der</strong> Schattengesetz-Äon ein. Das jüdische Volk, errettet<br />

und unter das Gesetz getan, wird erzogen für seinen Beruf unter den Nationen, Jünger des Königreichs Christi<br />

zu sein! <strong>Die</strong>ser Äon, <strong>der</strong> nach seiner Fluchseite jetzt noch läuft, <strong>der</strong> also ganz in unser Gesichtsfeld tritt, ist<br />

sehr breit ausgeführt. Ihm gehören alle Geschichtsbücher, Lehrbücher und prophetischen Bücher des Alten<br />

Testamentes an. Hier ist alles geschichtlich, auch das prophetische Wort ist geschichtlich und in die<br />

Geschichtsgänge hineingebunden. Das Judenvolk ist eben eine geschichtliche Nation und hat seinen Beruf in<br />

den Nationen und für die Nationen. Nach diesem Äon des Schattengesetzes kommt das Zeitalter des erfüllten,<br />

o<strong>der</strong> besser gesagt, sich erfüllenden Gesetzes. <strong>Die</strong> drei Evangelien, die auch geschichtlich sind – während<br />

das vierte geistlich ist –, führen uns ein in diesen sich anbahnenden Äon des Füllegesetzes o<strong>der</strong> des sich<br />

auswirkenden Königreichs Christi. Sie zeigen uns aber auch, wie durch den Unglauben des jüdischen Volkes<br />

46


das Königreich nicht zum Durchbruch kommen konnte. In den Gleichnissen, in diesem Hüllenwort, zeigt <strong>der</strong><br />

Heiland den Gang des Königreichs durch die Verwerfungszeiten hindurch bis zum Ziele.<br />

271<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Bibel<br />

<strong>Die</strong> Apostelgeschichte – auch Geschichte, darum zum Königreich gehörend – zeigt den herrlichen Anbruch<br />

des Königreichs, aber auch seine Unterbrechung, und führt hinüber zur Gemeine. <strong>Die</strong> Apostelgeschichte ist<br />

ein Über-gangsbuch. <strong>Die</strong> Geschichte <strong>der</strong> Hinausführung des Königreichs nach vollendetem Äon <strong>der</strong> Gemeine<br />

zeigt dann die Offenbarung des Johannes. Sie ist, abgesehen von den ersten drei Gemeine-Kapiteln, auch ein<br />

Königreichsbuch. Sie steht auf jüdischem Erfüllungsboden und lässt die Nationen im Lichte von Zion wandeln.<br />

So gehören dem Äon des erfüllten Gesetzes o<strong>der</strong> des Königreichs die drei ersten Evangelien, Teile <strong>der</strong><br />

Apostelgeschichte und Offenbarung Johannes Kapitel 4 – 22 an.<br />

● In <strong>der</strong> Zeit des Gesetzes und des Fluches wird die Gemeine herausgebildet und vollendet. Von <strong>der</strong><br />

Erhöhung des Herrn an bis zu Seiner Ankunft unter den vollendeten Gläubigen ist ihre eigentliche<br />

Bildungszeit. Natürlich gehört die Gemeine Menschen aller Zeiten an, aber herauskommen können sie erst<br />

nach erfolgter Versöhnung und nach <strong>der</strong> Auferstehung des Erstgeborenen vor alle Kreatur. <strong>Die</strong>ser Gemeine<br />

gehört das Geistes-Evangelium des Johannes, das Geburts-Evangelium, das Evangelium des "in Ihm". <strong>Die</strong>ser<br />

Geistes-Gemeine gehören die Briefe an. <strong>Die</strong> Paulusbriefe sind für den Nationenteil, ausgenommen <strong>der</strong><br />

Hebräerbrief, welcher ja deutlich an die Hebräer adressiert ist. <strong>De</strong>r Hebräerbrief, die Petrusbriefe, <strong>der</strong><br />

Jakobus- und Judasbrief gehören den Gläubigen aus den Juden zu. Darum ist ihnen auch mehr gesetzlicher<br />

Charakter eingeprägt. <strong>Die</strong> Johannes-briefe sind Einheitsbriefe, sie umfassen die ganze Gemeine aus Juden<br />

und Nationen, wie das auch die Kronenbriefe des Apostels Paulus, Epheser- und Kolosserbrief tun. <strong>Die</strong><br />

Gemeine hat nur Briefe, auch in <strong>der</strong> Offenbarung die sieben Briefe, die Sendschreiben, welche den äußeren<br />

Gang <strong>der</strong> Gemeine offenbaren.<br />

272<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Bibel<br />

<strong>Die</strong> Gemeine hat keine Geschichtsbücher, ist nicht historisch, sie ist durch und durch persönlich. Sie wird<br />

herausgeholt in dem Geschichtsverlauf und aus dem Geschichtsverlauf und läuft als freie Geist-Gemeine<br />

durch denselben hindurch. <strong>Die</strong> großen geschichtlichen Kirchen sind religiös-gesetzliche Vorbereitungskörper<br />

für das antichristliche wie für das Tausendjährige Reich. So sieht die wie<strong>der</strong>geborene Gemeine ihre Bibel, ihr<br />

Gotteswort an. Sie sieht sie als wun<strong>der</strong>baren Geistesglie<strong>der</strong>-Organismus. In den Gemeine-Äon sind dann die<br />

letzten Äonen nach dem Endgericht, mit welchem <strong>der</strong> Königreichs-Äon endet, nämlich die Gottzeitalter <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>-herstellung von allem, perspektivisch kurz hineinverwoben. <strong>Die</strong> Gemeinebriefe sind voll von <strong>der</strong><br />

Wahrheit <strong>der</strong> Verklärung aller Dinge. In den an<strong>der</strong>en Äonenschriften darf man diesen Äon nicht suchen. In<br />

diese Wahrheit sehen nur die mit dem Sohne verbundenen Söhne. <strong>De</strong>r Königreichs-Äon endet mit dem<br />

Gericht, darum gehen die Königreichsschriften, darum geht auch <strong>der</strong> Heiland in den Königreichsschriften nicht<br />

weiter, als bis zu diesem Gericht. Man darf keiner Klasse mehr zumuten, als sie ertragen kann.<br />

47


● <strong>Die</strong> Schriften für die Gemeine sind nun also vor allem das Evangelium des Johannes und seine Briefe<br />

und dann die Briefe des Apostels Paulus, die hauptsächlich uns Nationen-Erstlingen gelten. Es gehört uns<br />

natürlich alles – die ganze Bibel. Wir müssen sie aber äonenmäßig gliedlich verstehen. Wir müssen sie<br />

geistlich lesen. Wir dürfen nicht Züge an<strong>der</strong>er Gottzeitalter einfach auf die Gemeine übertragen. Es will alles<br />

geistlich gerichtet sein. Das ist dem Geistesmenschen nicht schwer.<br />

273<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Bibel<br />

Wir müssen nur recht ernstlich den Heiligen Geist erflehen, so wird er uns wachstümlich in alle Wahrheit<br />

führen (Johannes 16,13). Wenn zwar fromme, aber ungeistliche, das heißt unwie<strong>der</strong>geborene Menschen die<br />

Bibel wie einen Block gebrauchen und aus allen Gottzeitaltern ohne Geistes-scheidung Wahrheiten<br />

zusammentragen, dann entstehen die größten Verwirrungen. <strong>Die</strong> einzelnen Gottzeitalter werden<br />

durcheinan<strong>der</strong>geworfen, und es entsteht ein Gemisch. Darunter leiden die meisten religiösen Gebilde. Da gilt<br />

es, sich recht geistesmäßig hineinzuleben in die paulinischen Gemeine-Linien, dann ergibt sich von da aus<br />

schon das immer klarere Urteil in den an<strong>der</strong>en Zeitaltern. So sieht das gereifte und reifende Gotteskind seine<br />

Bibel als wahrhaftiges, vollgültiges, durchgängiges Gotteswort. Es sieht aber dies Gotteswort als einen<br />

feingeglie<strong>der</strong>ten Geistesbau. Es sieht verschiedene Gottzeitalter sich da entfalten, ein jedes in eigenartigen<br />

Gottgesetzen. Es freut sich <strong>der</strong> Mannigfaltigkeit des Rates seines Gottes und doch wie<strong>der</strong> seiner wun<strong>der</strong>baren<br />

Einheit. Es bewegt sich ein Gotteskind vorwiegend in seinem Haushalt und ergreift die Geistes-Lebenslinie <strong>der</strong><br />

Gemeine. Es ergeht sich aber auch in allen Haushaltungen und erquickt sich an dem Geistesmäßigen in<br />

ihnen. Alle Schrift, von Gott eingegeben, ist dem Kinde Gottes nütze, sie wird aber erst nütze in <strong>der</strong> Weisheit<br />

des Geistes.<br />

● Jetzt ist die Bibel wie ein Gottesparadies, wie ein Lustgarten des Herrn. Jetzt wird sie ein Lebensbuch<br />

und hat für jede religiöse Lebensstufe ihre Wahrhit und ihre Linien. Jetzt gibt sie Weisheit für die draußen und<br />

die drinnen.<br />

●So lebt ein Gotteskind in seiner Bibel und aus seiner Bibel. <strong>Die</strong> Bibel wird ihm Schritt für Schritt das<br />

Ausschließlichere.<br />

274<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und die Bibel<br />

Immer mehr Bücher <strong>der</strong> Menschen schmecken und munden nicht mehr. Das Bibelwort ist das gefüllteste<br />

Lebenswort. Da kann nichts heran. Da kann das Beste nur Hinführung, Einführung sein. <strong>De</strong>r Glaube will Bibel<br />

selbst. Dadurch wächst er dann aus <strong>der</strong> Bibel in die Bibel hinein. Das Wort Gottes gehört in die große Einheit<br />

hinein: "Sie in Mir und Ich in ihnen, gleichwie Du, Vater, in Mir und Ich in Dir" (Johannes 17,21-23). "Ich habe<br />

ihnen gegeben <strong>De</strong>in Wort, und sie haben es angenommen" (Johannes 17,8). <strong>De</strong>r Geistesträger "Wort" ist das<br />

verbindende Element.<br />

● So hat <strong>der</strong> Geistliche eine Wortliebe. Immer grandioser wird ihm das sich in sich selbst<br />

zusammenschließende Gotteswerk. 1.Mose 1 und Offenbarung 22 laufen ineinan<strong>der</strong> hinein wie ein Ring und<br />

48


ein Kreis. Und <strong>der</strong> Eine ist drin, <strong>der</strong> A und O. Gott schenke uns immer mehr Leben und Licht aus <strong>der</strong> Bibel;<br />

das gibt dann immer mehr Leben und Licht für die Bibel.<br />

● <strong>De</strong>r Eine heißt das Wort (Johannes 1,14). Er ist sein Ursprung, sein Inhalt und sein Ziel. Möchten wir Ihm<br />

ähnlich, immer mehr "Wort" werden. Wo das Leben Wort und das Wort Leben ist, da ist Inspiration nicht<br />

Frage, son<strong>der</strong>n Besitz: das inspirierte Wort inspiriert uns.<br />

275<br />

<strong>Die</strong> Gemeine und Satan<br />

Unser Ringkampf ist nicht gegen Fleisch und Blut,<br />

son<strong>der</strong>n gegen die Herrschaften und Mächte,<br />

gegen die Weltbeherrscher dieser Finsterniszeit,<br />

gegen die Geister <strong>der</strong> Bosheit in dem<br />

Lufthimmlischen. Epheser 6,12<br />

● <strong>Die</strong> Gemeine hat nach allen Seiten hin eine beson<strong>der</strong>e Stellung. Ist ihre Stellung <strong>der</strong> Gottheit gegenüber<br />

und in <strong>der</strong> Gottheit eine auserwählte nach <strong>der</strong> Gnade, so ist sie damit auch eine son<strong>der</strong>liche nach <strong>der</strong> ganzen<br />

Kreatur hin. Nicht nur <strong>der</strong> Gesamtmenschheit gegenüber ist die Gemeine die Weiterträgerin <strong>der</strong> Heilsfülle,<br />

son<strong>der</strong>n auch den Engelwelten gegenüber, den guten und den bösen, hat sie in Christo, als dem einigen,<br />

ewigen Zentrum, eine Zentralstellung.<br />

● Wie <strong>der</strong> Sohn Gottes, so hat es auch die Gemeine von Anfang an immer mit Satan zu tun. <strong>Die</strong> Gemeine<br />

ist ja in allem die Christusgleiche. Für den Sohn Gottes ist Satan <strong>der</strong> Feind, so ist er es auch für die Gemeine,<br />

welche Christi Leib ist. Satan hat sich direkt nicht an Gott, son<strong>der</strong>n am Sohn Gottes gestoßen. Natürlich ist er<br />

als Sohnesfeind auch ein Gottesfeind. Aber seine Auflehnung geht doch ureigentlich gegen den Sohn. Dass<br />

im Sohne alles zusammengefasst werden sollte – auch er, <strong>der</strong> große, gewaltige Engelfürst –, das deuchte ihn<br />

verwun<strong>der</strong>lich. Konnte nicht er, <strong>der</strong> starke Lichtes-Engel, ebenso gut eine Zentrale, ein Zentrum sein in sich<br />

und für viele? <strong>Die</strong>ser Versuchung erlag er und stellte sich in sich selbst- Dazu hatte die geistige und selbstbewusste<br />

Kreatur die Freiheit. Und nicht nur in sich selbst stehen wollte er, sich nicht nur in sich selbst fassen<br />

entgegen dem göttlichen Zusammenfassungswillen in Christo, dem Sohne, son<strong>der</strong>n er wollte Engel und<br />

Geister und will jetzt auch die Menschheit in sich zusammenfassen.<br />

276<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und <strong>der</strong> Satan<br />

Neid ist die Grundwurzel jeglichen Übels und im Neid die Habsucht, welche haben will, was des an<strong>der</strong>n ist.<br />

Darum ist Satan immer gegen den Sohn gerichtet. <strong>De</strong>n Gottglauben verwirrt er zwar in den Irrformen <strong>der</strong><br />

49


verschiedensten Religionen, aber er lässt die Menschen Gottesdienste tun. Wo aber <strong>der</strong> Sohn Gottes auftritt,<br />

in welcher Form auch immer, da macht er mobil. Da ist Kampf auf Leben und Tod. Darum sind auch die Söhne<br />

Gottes seine ganz beson<strong>der</strong>en Feinde. <strong>Die</strong>se Gnadenteilhaber an dem großen Zentralplan Gottes im Sohne,<br />

diese Mitzusammenfassungs-Menschen hasst er aus ganzem Wesen heraus. <strong>Die</strong>se Störenfriede seines<br />

großen Einheitsbaues sind ihm im Innersten zuwi<strong>der</strong>. Das ist es ja, was Satan jetzt bauen will, die Einheitswelt<br />

<strong>der</strong> Geister in sich und so den Sohn stürzen als das gottgewollte Einheitshaupt. Ein Drittel <strong>der</strong> Engel hat er,<br />

die Menschheit möchte er noch dazu. Da stehen ihm die Söhne Gottes am meisten im Wege. <strong>Die</strong> Söhne<br />

Gottes sind ja und sollen werden die innerste Zentraleinheit <strong>der</strong> Kreatur in Christo: sie im Sohne und <strong>der</strong> Sohn<br />

in ihnen – <strong>der</strong> Sohn im Vater und <strong>der</strong> Vater in Ihm (Johannes 17,21-23) – und von da aus die<br />

Zusammenfassung <strong>der</strong> Kreatur im Sohne und in den Söhnen. Wahrlich, das geht Satan ureigenst an. Hier<br />

liegt ihm die Axt an <strong>der</strong> Wurzel. Und wie Satan mit den Söhnen, so haben es die Söhne mit ihm zu tun.<br />

● Im Blick auf Satan sind die Söhne geschaffen. An ihm hatten sie von Anfang an ihre gewaltige Aufgabe.<br />

Wenn wir das nicht ins Auge fassen, dann verstehen wir den ganzen Plan Gottes mit den Menschen und ihrer<br />

Schöpfung nicht. Darum ist es so wichtig, dass wir von vornherein aus <strong>der</strong> Offenbarung erkennen, dass <strong>der</strong><br />

Mensch nicht zur Urschöpfung gehört, son<strong>der</strong>n dass er im Zusammenhang mit <strong>der</strong> gefallenen und wie<strong>der</strong><br />

zurückzuholenden Schöpfung gemacht ist.<br />

277<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und <strong>der</strong> Satan<br />

Von <strong>der</strong> rechten Auffassung von 1.Mose Kapitel 1,2 und 3 hängt <strong>der</strong> ganze Begriff <strong>der</strong> Offenbarung Gottes ab.<br />

Das ist <strong>der</strong> Grundfehler des weltmäßig gewordenen Christentums, dass es zu den Anfängen nicht das rechte<br />

Verhältnis hat. In Christo fällt auch auf diese Kapitel das Licht. Christus ist <strong>der</strong> Schlüssel <strong>der</strong> Schrift. Wir<br />

müssen die ersten Kapitel <strong>der</strong> Bibel in Christo lesen. Tun wir das, dann lesen wir sie unter dem Erlösungs-<br />

Gesichtspunkt. Und das ist <strong>der</strong> einzig richtige Standpunkt.<br />

● Wenn wir die ersten Kapitel <strong>der</strong> Bibel lesen, ist das doch über alles klar, dass alle Welten mit ihren<br />

unzähligen Geister-Herrschaften, die wir Engelwelten nennen, bei <strong>der</strong> Schöpfung des Menschen längst<br />

vorhanden waren. Ja, das geht über alles klar aus jenen ersten Kapiteln hervor, dass schon <strong>der</strong> gefallene<br />

Engelfürst, Satan, da war. So muss also vor <strong>der</strong> Erschaffung des Menschen schon <strong>der</strong> Fall im Kreaturenreich<br />

geschehen sein; ja, dieser Fall war schon so weit gediehen gewesen, dass aus einem Lichtsengel ein Satan<br />

geworden war. Das ist doch gewiss keine Sache von heute auf morgen. Da sind vor <strong>der</strong> Schöpfung des<br />

Menschen Äonen, das heißt ganze Gottzeitalter gelaufen. <strong>Die</strong> einfachen, in den ersten Kapiteln <strong>der</strong> Bibel<br />

erzählten Tatsachen setzen das voraus. Steht man aber einmal auf diesem biblischen Tatsachen-grund, dann<br />

öffnet <strong>der</strong> Geist eins ums an<strong>der</strong>e. Zwischen-räume öffnen sich und füllen sich. So müssen wir alles<br />

prophetische Wort lesen. <strong>Die</strong> Propheten sehen ja die weit auseinan<strong>der</strong> liegenden Dinge zusammen. Das ist<br />

perspektivisches Schauen. <strong>Die</strong> in <strong>der</strong> Offenbarung Weiter-geschrittenen sehen dann die Zwischenräume und<br />

können und dürfen diese mit dem fortgeschrittenen Offenbarungs-lichte füllen.<br />

278<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und <strong>der</strong> Satan<br />

So sehen wir denn in 1.Mose 1,1 am Anfang den gewaltigen, lapidaren Schöpfungsbericht aller Welten in<br />

einem einzigen Verse gezeichnet. <strong>Die</strong> Vorgänge bei <strong>der</strong> Urschöpfung, die näheren Einzelheiten sind für die<br />

gefallene Welt zunähst ohne Belang. <strong>Die</strong> jetzige gefallene Welt steht auf einem an<strong>der</strong>en Boden. Und auf den<br />

50


stellt uns 1.Mose 2,2ff, sofort. Wir lassen aller Himmel Himmel liegen. <strong>Die</strong> ganzen Weltenheere und ihre<br />

himmlischen Geister, welche uns die Bibel später enthüllt, bleiben hier außer Betracht. <strong>Die</strong> Bibel eilt, uns auf<br />

den Wirklichkeitsboden zu stellen, und das ist die gefallene Welt. Da ist's wüst und leer; da ist Finsternis; da ist<br />

eine grausige Abgrundtiefe; da ist feuerflüssiger Chaos-zustand. Aber <strong>der</strong> Geist Gottes brütet darüber. <strong>De</strong>r<br />

Plan Gottes zur Wie<strong>der</strong>herstellung ist da. Vater und Sohn im Geiste benutzen den Fall zur Offenbarung Ihrer<br />

Herrlichkeit von Stufe zu Stufe.<br />

● Es kam im wüsten und leeren Todeslauf <strong>der</strong> Erde eine Fülle-Stunde, da hieß es: "Und Gott sprach"<br />

(1.Mose 1,3). <strong>Die</strong> Neuschöpfung setzt ein. Das sagt ja die ganze Bibel, dass diese unsere Erde nur eine<br />

Übergangs- und Durch-gangs-Erde sei. Wenn wir das kurz erwähnen dürfen: Wir glauben, dass wir zur Zeit<br />

schon auf <strong>der</strong> fünften Erde sind.<br />

<strong>Die</strong> erste Erde war die Licht-Erde, die aus <strong>der</strong> Schöpfung hervorgegangene. <strong>Die</strong> zweite Erde ist die<br />

todzersetzte: wüst und leer. <strong>Die</strong> dritte Erde ist die neu herausgerufene, gemischte Erde. Das ist die gute o<strong>der</strong><br />

zweckmäßige, bei <strong>der</strong> die Lichtanlage zum Siege über die Finsternis hätte führen können. Da setzt aber die<br />

Sünde und <strong>der</strong> Fall des Menschen ein, und nun gibt es die vierte Erde – die gefallene. Finsternis und Tod<br />

herrschen, und Finsternis und Tod nehmen zu.<br />

289<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und <strong>der</strong> Satan<br />

Es kommt die fünfte Erde, die nach <strong>der</strong> Sintflut. <strong>Die</strong> haben wir jetzt. Fünf ist immer die Zahl des Gerichts. Fünf<br />

Städte fallen zum Beispiel mit Sodom. Wir leben auf <strong>der</strong> Gerichtserde. <strong>Die</strong> sechste Erde wird die des<br />

Königreichs Christi mit viel Lichteseinschlag sein. <strong>Die</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes sind dort vollendet und wirken Lichtskräfte<br />

ein. <strong>Die</strong> siebente Erde ist die neue, auf welcher es dem Ziele vollends entgegen-geht. In <strong>der</strong> 7 ist Gott (3) und<br />

die Welt (4) eines – das ist die neue Erde.<br />

● Doch gehen wir zurück. Dass die in 1.Mose 1,3 ff. geschil<strong>der</strong>te Neuschöpfung eine gemischte Erde war,<br />

sehen wir am deutlichsten an den stets wie<strong>der</strong>kehrenden Worten: "Da ward es Abend, da ward es Morgen: ein<br />

neuer Tag." Das ist ja das noch jetzt geltende Weiterschreitungs-Gesetz. Es wird immer wie<strong>der</strong> Abend, ja<br />

Nacht, aber durch Gottes Gnade wie<strong>der</strong> Morgen – ein neuer Tag. Das ist auch im gegenwärtigen Äon so. Er<br />

endet mit Abend, mit Nacht, mit Finsternis, aber in Christo kommt ein neuer Tag.<br />

● Als im sechsten Kampfes-Äon die Tages- und Lichteskräfte soweit waren, dass sie durchsiegen konnten,<br />

da wurde <strong>der</strong> Mensch geschaffen, <strong>der</strong> diesen Kräften im Sohne Gottes und in Seiner Gemeinschaft zum<br />

sieghaften, überwindenden Durchbruch verhelfen sollte. <strong>De</strong>r Feind, <strong>der</strong> in den Tagewerken immer alles wie<strong>der</strong><br />

zum Abend, zur Finsternis führte, ist <strong>der</strong>selbe, <strong>der</strong> es noch so macht, <strong>der</strong> es selbst im Tausendjährigen Reiche<br />

noch einmal versuchen wird, – das ist Satan, <strong>der</strong> gefallene Engelfürst. Ihn galt es zu überwinden und ihm ein<br />

weiteres Heraufführen von Nacht unmöglich zu machen. Dazu wurde <strong>der</strong> Mensch geschaffen. Das ist <strong>der</strong> Sinn<br />

von dem Untertanmachen <strong>der</strong> Erde, was des Menschen Aufgabe war.<br />

280<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und <strong>der</strong> Satan<br />

51


Selbst ins Licht hineingewachsen, sollte er dem Lichte zum Siege verhelfen und Satan schlagen und<br />

besiegen. So ist <strong>der</strong> Mensch von vornherein – wir können sagen – mit Satan in Beziehung gestanden. Im Blick<br />

auf Satan und seine Überwindung geschah des Menschen Schöpfung.<br />

● <strong>De</strong>n Leib des Menschen nahm Gott von <strong>der</strong> Erde. <strong>De</strong>r sündendurchtränkte Stoff war des Menschen<br />

Übungsfeld. Nach seinem Leibe gehörte <strong>der</strong> Mensch in Satans Bereich. Darum hatte auch Satan ein Recht an<br />

ihn und durfte ihn selbst im Paradiese versuchen. So war <strong>der</strong> Mensch von Anfang an eng mit Satan verknüpft.<br />

Er war aber nach seinem Persongeiste und nach seiner Seele noch frei. In Geist und Seele sollte <strong>der</strong> Mensch<br />

mit dem Sohne Gottes verkehren, sie mit dem Heiligen Geist füllen lassen und so geistesmächtig und mit einer<br />

freien Seele im Sohne die Lichteskräfte zum Siege führen. Zur Durchführung dieser Aufgabe war dem ersten<br />

Menschen, Adam, die Sohnes-anlage gegeben mit <strong>der</strong> Bestimmung, Sohn Gottes zu werden. <strong>Die</strong> Gleichheit<br />

des Bildes Gottes (1.Mose 1,27), welche Anlage und Ziel im Menschen war, ist nichts an<strong>der</strong>es als die<br />

Kindschaft und Sohnschaft. <strong>De</strong>r Sohn ist ja das Ebenbild Gottes. Unter Kampf gegen den Feind und in steter<br />

Gemeinschaft mit dem Sohne sollte dies Sohneswesen beim Menschen herausgeboren werden. Da ging es<br />

durch inneres Sterben, da wäre es auch durch leiblichen, freiwilligen Tod und durch Auferstehung gegangen –<br />

denn <strong>der</strong> Teufel ist ein Mör<strong>der</strong> von Anfang (Johannes 8,44). Aber dann, wenn <strong>der</strong> Mensch aus einer<br />

lebendigen Seele, welche urschöpfungs-mäßig war, zum Kinde und Sohn geworden wäre, dann wäre er ein<br />

Geist gewesen, <strong>der</strong> lebendig machen konnte. Dann hätte er Geistessöhne zeugen können – eine Fülle <strong>der</strong><br />

Erde – durch welche Satans Einfluss immer mehr ausgeschaltet und Satan selbst zunächst in gerichtlichen<br />

Zustand versetzt worden wäre.<br />

281<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und <strong>der</strong> Satan<br />

So ist Satan geradezu <strong>der</strong> Gegenstand <strong>der</strong> ersten Aufgabe des Menschen, welche dieser in seinem satanisch<br />

durch-wirkten Leibe im Sohne zu lösen hatte.<br />

● Für Satan war natürlich die Schöpfung des Menschen, durch welche er überwunden werden sollte, ein<br />

Gegenstand des Ärgers und Hasses. In diesem Menschen, zu Gottes Bilde bestimmt, sollte ihm <strong>der</strong> Sohn<br />

Gottes, in vielen Söhnen ausgestaltet, irdisch-diesseitig entgegentreten. <strong>Die</strong>sem Menschen, nach seiner<br />

ursprünglichen Bestimmung als Sohn Gottes, galt all sein Kampf. Ihn mit allen Listen zu versuchen, ihn<br />

womöglich zu fällen, war all sein Sinnen und <strong>De</strong>nken.<br />

● Wir dürfen vielleicht annehmen, dass damals bei <strong>der</strong> Schöpfung des Menschen Satan im Himmel nicht<br />

so viel Raum hatte. Das Drittel <strong>der</strong> Engel mag ihm erst nach und nach und beson<strong>der</strong>s auch nach dem Fall des<br />

Menschen zugefallen sein. <strong>Die</strong> Offenbarung Johannes erzählt uns in Kapitel 12,4, dass erst nach <strong>der</strong><br />

Himmelfahrt des Sohnes Satan mit dem Drittel <strong>der</strong> Engel in die Luftregionen hinabgeworfen worden sei. – Mit<br />

dem ihm gegenüber-gesetzten Menschen nahm nun Satan sofort den Kampf auf. Das war ja das Notwendige,<br />

ihn zu fällen, ehe er ein ausgereifter Gottessohn war und im Geiste Gottessöhne zeugen konnte. Darauf ging<br />

Satan mit List und Kraft und immer zunehmendem persönlichem Hervortreten aus. Er brauchte nur bis zum<br />

Heraustreten in Tiergestalt gehen, da war's um den Menschen schon geschehen. Da sehen wir, wie <strong>der</strong><br />

ursprüngliche, das heißt <strong>der</strong> zu Gottes Bild, <strong>der</strong> zur Sohnesgleiche geschaffene Mensch geradezu im Blick auf<br />

Satan und seine Überwindung geschaffen wurde.<br />

282<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und <strong>der</strong> Satan<br />

52


Und wir sehen, wie Satan den Menschen aufnahm in grimmigem Angehen gegen ihn, und wie er ihn endlich<br />

fällte, ehe <strong>der</strong> Mensch Sohn Gottes geworden war. Zum Sohnes-bilde kam es gar nicht, sonst wäre de Satan<br />

verloren gewesen. Darum kam es auch nicht zum Füllen <strong>der</strong> Erde mit Söhnen. Satan lenkte die Menschen<br />

hinaus und hinab zur Kreatur. Damit hatte er den Sieg. <strong>Die</strong> erste Begegnung zwischen Mensch und Satan<br />

endet mit Satans Todes-herrschaft und ohne dass Kin<strong>der</strong> Gottes geboren worden wären. Das war <strong>der</strong> erste<br />

Akt, <strong>der</strong> sich zwischen Gemeine und Teufel abspielte. <strong>Die</strong> von Adam und Eva weiter geborenen Menschen<br />

sind keine Söhne Gottes gewesen, sind nicht zum Gleichbild des Sohnes, son<strong>der</strong>n vielmehr nach dem<br />

Gleichbild Adams geboren unter dem Gesetz <strong>der</strong> Sünde und des Todes (1.Mose 5,3): <strong>Die</strong> aus dem sündigen<br />

Wesen heraus geborenen Menschenmassen haben eine ganz an<strong>der</strong>e Stellung zu Satan als die Kin<strong>der</strong> Gottes,<br />

sowohl eine an<strong>der</strong>e als Adam nach <strong>der</strong> Schöpfungsbestimmung als auch eine an<strong>der</strong>e in bezug auf die<br />

späteren berufenen und erwählten Söhne. <strong>Die</strong> großen Massen <strong>der</strong> Menschheit sind Satan unterworfen. Sie<br />

stehen unter dem Gesetz <strong>der</strong> Sünde und des Todes. Sie gehen dahin in Geistesfurcht und Geistesbann. Sie<br />

wachsen von Geschlecht zu Geschlecht immer tiefer in das satanische Wesen hinein. <strong>De</strong>r Ich-Geist wird<br />

bewusster und ausgesprochener. Sie bauen aus den ihnen zu Verfügung stehenden gewaltigen Kräften<br />

heraus, aus den religiösen, sittlichen, geistigen, sinnlichen und leiblichen, riesige Kulturreiche und stürzen mit<br />

denselben und in denselben wie<strong>der</strong> zusammen. Sie müssen im Zerbruch die Furchtbarkeit ihres Eigenwesens<br />

und die teuflische Verlogenheit ihres Herrschers kennen lernen und so reif werden für die Erlösung in Christus.<br />

283<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und <strong>der</strong> Satan<br />

<strong>Die</strong>se Massen haben in religiöser Hinsicht Teufelsdienst, denn "was sie opfern, das opfern sie den Teufeln"<br />

(1.Korinther 19,20). Wir sind auch im christlichen Massen-wesen vom Geisterbann durchaus nicht befreit. <strong>Die</strong><br />

einen fürchten Geister, die an<strong>der</strong>en verlachen und verwerfen sie. Beide sind nicht in <strong>der</strong> Wahrheit und bleiben<br />

im Banne <strong>der</strong> Finsternis. Satan ist für sie <strong>der</strong> Fürst dieser Welt. <strong>Die</strong> Nationenmassen spüren ihr Elend. Sie<br />

wollen auch davon erlöst sein. Sie probieren darum in ihrem Ich-Wesen alle Arten von Selbsterlösung aus.<br />

Völlig umsonst. Sie bleiben unter dem Fluch von Sünde und Tod. Darum sollen sie zerbrechen und Rettung<br />

von oben her verlangen lernen.<br />

● Gleichwie diese Massen stets nur Satans Gebundene sind, so haben sie auch nie mit Satan zu kämpfen<br />

o<strong>der</strong> ihm gegenüber eine selbständige Stellung einzunehmen. <strong>Die</strong> Erlösung <strong>der</strong> Völkermassen geschieht in<br />

<strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Bindung Satans. Im Königreich Christi ist Satan gebunden, das heißt, er ist mit seinen Geistern<br />

wirkungslos gemacht. In dieser Zeit wird den Massen das Evangelium angeboten, und sie können es nun<br />

annehmen o<strong>der</strong> verwerfen. Nach dieser gewaltigen Evangeliumsepoche zur Zeit des gebundenen Satans<br />

kommt das Jüngste Gericht. Dort kommen diese Nationenmassen je nach ihrer Heilsbotschaft eingenommenen<br />

Stellung entwe<strong>der</strong> zur Rechten o<strong>der</strong> zur Linken. In beiden Lagern, ob zur Rechten o<strong>der</strong> zur<br />

Linken, sind sie von Satan frei. <strong>Die</strong> Leute <strong>der</strong> Rechten sind selig; die Leute <strong>der</strong> Linken sind vom Herrn und<br />

Seinen Heiligen gerichtet, und <strong>der</strong> Teufel ist selbst unter den Gerichteten. Nicht <strong>der</strong> Teufel ist ihr Richter,<br />

son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Herr. Darin liegt die Hoffnung. Doch haben wir davon heute nicht zu reden, son<strong>der</strong>n nur davon,<br />

dass die Massen eine ganz an<strong>der</strong>e Stellung haben als die Kin<strong>der</strong> Gottes.<br />

284<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und <strong>der</strong> Satan<br />

53


● Nur ein Volk macht in dieser Massenstellung eine Ausnahme, und das ist das erwählte jüdische Volk.<br />

Weil es den Auftrag hat, Mittler <strong>der</strong> vollbrachten Erlösung und des Königreichs zu sein, hasst es Satan<br />

beson<strong>der</strong>s. Weil in ihm <strong>der</strong> Sohn Gottes nach dem Fleische geboren werden sollte und in ihm <strong>der</strong> Sohn Gottes<br />

mit Seinen vollendeten Heiligen zur Erstauswirkung kommen soll, so möchte Satan dies Volk vernichten. Was<br />

er an List und Macht aufbieten kann, führt er gegen dies Volk. Wir sehen schon zu den Zeiten vor Jesus, wie<br />

er die Besten des Volkes übte, plagte und zu verführen suchte. <strong>De</strong>nken wir nur an Hiob, David, Salomo und<br />

an<strong>der</strong>e. Wir sehen auch, wie er das Gesamtvolk um seiner Sünde willen vor dem Herrn verklagt und es für<br />

sich beanspruchen will. Sacharja zeigt uns in seinem dritten Kapitel, wie Satan auf Josua, den Hohenpriester,<br />

als auf den Vertreter des jüdischen Volkes, die Hand legt, wie aber <strong>der</strong> Herr aus Gnaden und kraft Seiner<br />

Erwählung ihn versöhnt, erlöst und Satan entreißt. <strong>Die</strong>ser Hass Satans gegen das jüdische Volk ist beson<strong>der</strong>s<br />

groß, seitdem es unter dem Gericht steht. Nach Offenbarung 12,15 schießt Satan den ganzen Wasserstrom<br />

<strong>der</strong> Völkerwelt gegen dasselbe, um es zu vernichten, was ihm aber nicht gelingt. Hat so das jüdische Volk<br />

einen beson<strong>der</strong>s tiefen Grad des satanischen Hasses zu ertragen, so hat es doch bei weitem nicht die<br />

Stellung, welche die Kin<strong>der</strong> Gottes haben. Aktiv hat es mit Satan nichts zu tun, nur passionell. Satan wird<br />

endlich einen Teil dieses erwählten Volkes unter dem Antichristen zu seinem beson<strong>der</strong>en Gefäße machen.<br />

Das wird ihm gelingen. Aber dann kommt das Zerbruchsgericht im Erscheinen des Herrn. Seine Heils-aufgabe<br />

an den Nationen hat Israel erst, wenn Satan gebunden ist. Wenn am Ende des Königreiches Satan wie<strong>der</strong> los<br />

wird, dann wird <strong>der</strong> Herr ihn und seine Heere schlagen.<br />

285<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und <strong>der</strong> Satan<br />

● Ganz an<strong>der</strong>s ist die Stellung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes, <strong>der</strong> Gemeine. Mit dem Fall Adams hat die Möglichkeit,<br />

dass Kin<strong>der</strong> Gottes geboren wurden, aufgehört. Zwar erscheinen immer Menschen, die eine<br />

Gotteskindschaftsanlage haben. <strong>Die</strong> Bibel zeichnet sie uns. Es sind die, welche um <strong>der</strong> Wahrheit willen, soweit<br />

sie dieselbe kennen, leiden und sterben. Wir sehen diese Erstlinge von Abel an. Aber herausgeboren konnte<br />

keiner werden; denn von Natur waren sie alle auch unter dem Gesetz <strong>der</strong> Sünde und des Todes (Römer 8,2).<br />

Da musste nun erst die Versöhnung und Erlösung erfolgen. Da musste erst <strong>der</strong> Sohn Gottes selbst eintreten<br />

und durch die Menschwerdung, durch Tod, Grab und Auferstehung hindurch zum Geiste werden, <strong>der</strong> lebendig<br />

macht. Dann konnten Kin<strong>der</strong> herausgeboren werden in <strong>der</strong> Wahrheit. <strong>De</strong>r Sohn Gottes übernahm selbst<br />

Adams ungelöste Aufgabe. Er ging in das sündige Fleisch und Blut, gleichwie einst Adam auch in dasselbige<br />

hineingestellt war. Im Unterschiede von Adam aber tat <strong>der</strong> Herr, wiewohl Er versucht war allenthalben, doch<br />

keine Sünde. Als ein Sündloser ging Er dann frei und Willig, in anbetungs-würdigem Gehorsam gegen den<br />

Vater, hinein in Grab und Tod und Hölle und zerbrach sie alle. <strong>De</strong>r Vater erweckte und erhöhte Ihn<br />

(Apostelgeschichte 2,24; Römer 6,4). Nun können durch den Geist des geistleiblich verklärten Herrn Kin<strong>der</strong><br />

geboren werden. Durchs Wort des Evangeliums werden sie gerufen, und Seine Schafe hören Seine Stimme<br />

(Johannes 10,27). Hin und Her kommen sie zur Geburt. Und diese Geistesmenschen, diese Leute des<br />

Glaubens haben nun eine ganz beson<strong>der</strong>e Stellung zu Satan.<br />

286<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und <strong>der</strong> Satan<br />

54


● Unser Heiland und Haupt hatte ja auch eine beson<strong>der</strong>e Stellung ihm gegenüber. Erging freiwillig unter<br />

ihn, als Er Sich in Tod und Hölle gab. Aber Er besiegte Satan auch und trat ihn unter Seine Füße, indem Er<br />

keine Sünde tat, und indem Er Tod und Hölle durchbrach. Satan wütete gegen Ihn. Persönlich stand er wi<strong>der</strong><br />

Ihn auf. Alle Seine Geister machte er zu Lebzeichen Jesu mobil. Ein beson<strong>der</strong>es gefügiges Werkzeug bildete<br />

er sich in Judas aus, in welchen er schließlich hineinfahren konnte. Aber es half alles nichts. <strong>De</strong>r Sohn, unser<br />

Herr Jesus Christus, nahm ihm die Macht, zog ihn aus und führte ihn im Triumph einher. (Kolosser 2,15). Und<br />

nun kann und darf <strong>der</strong> erhöhte Sohn die Söhne zeugen, welche Adam nicht zeugte, und mit ihnen die Erde<br />

füllen, um die Lichtsherrschaft heraufzuführen.<br />

● <strong>Die</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes haben nun zunächst die beson<strong>der</strong>e Stellung zu Satan, dass sie in ihrem Haupte die<br />

Aufgabe haben, die von Ihm vollbrachte Nie<strong>der</strong>werfung Satans in ihrem Teil durchzuführen. Dafür gilt ihnen<br />

<strong>der</strong> vorzüglichste Hass Satans. Paulus drückt das in 2.Korinther 2,11 so aus: "Es ist uns nicht unbewusst, was<br />

er im Sinne hat." Darum stehen Kin<strong>der</strong> Gottes auch so in äußerem und innerem Leiden. Und das ist noch das<br />

beson<strong>der</strong>e Teil <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes, dass sie gerade in <strong>der</strong> Zeit zu leben, zu ringen, zu kämpfen haben, in <strong>der</strong><br />

Satan in den Kin<strong>der</strong>n dieser Welt ein Werk hat. <strong>Die</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes leben und werden nicht in einer Zeit, in <strong>der</strong><br />

Satan öffentlich nie<strong>der</strong>geworfen ist und wird, vielmehr leben sie in <strong>der</strong> Zeit, von <strong>der</strong> ein Lied sagt: "Satans<br />

Heere siegen." Das ist <strong>der</strong> Unterschied ihres Kampfes gegenüber dem <strong>der</strong> Nationen und Juden, welche zur<br />

Zeit <strong>der</strong> Bindung Satans ihre Aufgabe haben. <strong>De</strong>r Teufel geht jetzt um wie ein brüllen<strong>der</strong> Löwe und sucht,<br />

welchen er – aus <strong>der</strong> Gemeine – verschlinge (1.Petrus 5,8).<br />

287<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und <strong>der</strong> Satan<br />

Wir haben mit den Mächten und Herrschaften, mit den Fürsten, mit den Geistern, die in <strong>der</strong> Luft herrschen, zu<br />

kämpfen (Epheser 6,12). Das Ziel <strong>der</strong> Gemeine, ihre Vollendung in ihrem Herrn, fällt in die Zeit <strong>der</strong> Höchstentwicklung<br />

Satans im Antichristen. Darum ist <strong>der</strong> Gedanke so falschprophetisch, jetzt die Welt für Christus,<br />

den König zu erobern. Nein, unter Druck gedeihen und wachsen die Kin<strong>der</strong> Gottes. Äußerlich triumphiert<br />

Satan, und die Kin<strong>der</strong> Gottes unterliegen, genau wie es bei ihrem Herrn war.<br />

● Aber so sehr die Gläubigen in Christo in d e r Zeit werden, in welcher Satan den großen Zorn und die<br />

wenige Zeit hat, so haben sie an<strong>der</strong>erseits die Aufgabe, Satan in Christo, ihrem Herrn, Schritt für Schritt zu<br />

überwinden. <strong>Die</strong> Gläubigen haben eine sieghafte Werde-Aufgabe. Wir haben Pflicht und Kraft, zu überwinden<br />

in Christo. Wir sind nicht mehr Schuldner dem Fleische – wir vermögen. Wir vermögen, in Christi Blut alle<br />

Schuld tilgen zu lassen; wir vermögen, uns in Ihm täglich zu reinigen; wir vermögen, in Seinem Lebensgeiste<br />

wachstümlich neues Leben anzuziehen. In jedem Kinde Gottes wird Satan Schritt für Schritt überwunden. Ist<br />

die Gesamtheit <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes, <strong>der</strong> Leib, ausgeboren, was in <strong>der</strong> Zukunft des Herrn geschieht, dann kann<br />

Satan gebunden und unwirksam gemacht werden. Mit <strong>der</strong> Vollendung des Leibes tritt Satans Bindung ein.<br />

Und dann haben die Kin<strong>der</strong> Gottes im Königreich Christi die Aufgabe, durch die Auswirkung <strong>der</strong> in ihnen<br />

wohnenden Geistesfülle Satan in Bindung zu halten.<br />

55


288<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und <strong>der</strong> Satan<br />

<strong>Die</strong>s wird allerdings auf die Dauer nicht gelingen, weil die sündigen Menschen des Tausendjährigen Reiches<br />

ihm wie<strong>der</strong> Raum geben. Aber dann dürfen die verklärten Kin<strong>der</strong> Gottes in Christo Jesu, ihrem Herrn, Satans<br />

Heere zerwerfen und ihn selbst in den feurigen Pfuhl verbannen. Von ihrer Vollendung an sind die Heiligen<br />

Gottes überall dabei, wo Jesus wirkt. Sie sind ja Sein Leib, und durch ihn wirkt Er alles. So sind die Kin<strong>der</strong><br />

Gottes in Christo mitbeteiligt am Sturze Satans. Gleichwie sie leidendlich unter Satans Herrschaftszeit<br />

gekämpft haben, so dürfen sie, herrlich gemacht, Satans Gericht mit heraufführen. Das ist ein Stück ihres<br />

Herrschens mit Christus.<br />

● So finden wir überall eine ganz beson<strong>der</strong>e Stellung <strong>der</strong> Gemeine zu Satan. Und das ist das Beson<strong>der</strong>e,<br />

dass sie, diese Vornehmsten unter den Sün<strong>der</strong>n, die Ersten sein werden. Satan aber, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Vornehmste<br />

unter den Engeln war, wird <strong>der</strong> Letzte sein. Inwieweit und in welcher Art die Gemeine bei <strong>der</strong> Rückgewinnung<br />

von Satan und seinen Engeln beteiligt sein wird, darüber haben wir keine beson<strong>der</strong>e Offenbarung. Beteiligt<br />

wird sie sicher sein, denn es geht alles durch den Leib. Und das ist auch gewiss, dass als letzter Feind <strong>der</strong><br />

Tod unwirksam gemacht wird. (1.Korinther 15,26). <strong>De</strong>r Tod ist aber niemand an<strong>der</strong>s als Satan – gleichwie das<br />

Leben Christus ist. Satan wird sich zuletzt in grausigem Alleinsein und aus diesem heraus zerbrochen dem<br />

Sohne beugen – denn es müssen sich in dem Namen Jesu alle K n i e beugen und alle Zungen bekennen,<br />

dass Jesus Christus <strong>der</strong> Herr sei zur Ehre Gottes des Vaters (Philipper 2,10.11). Gott wird alles in allem<br />

(1.Korinther 15,28). Alles, was Odem hat, lobt den Herrn! (Psalm 150,6).<br />

289<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und <strong>der</strong> Satan<br />

● So muss die Gemeine und ihre <strong>Glie<strong>der</strong></strong> in Christo Jesu, ihrem Herrn, ihre große Aufgabe erfassen. Zu<br />

Satans Überwindung ist das Sohnesgleichbild einst geschaffen worden. In dieser Uraufgabe führt <strong>der</strong> Heiland,<br />

Er, <strong>der</strong> Vorgänger, die Kin<strong>der</strong> Gottes zurück. So wollen wir jetzt in <strong>der</strong> Kampfeszeit, in welcher Satan noch<br />

herrscht, die Überwindungskräfte anziehen. Als Auferstandene wollen wir laufen. <strong>De</strong>r Fürst dieser Welt ist in<br />

Christo gerichtet (Johannes 16,11), so kommt es mit seinem Gerichte auch zum Ziele. <strong>De</strong>r Gott des Friedens<br />

wird ihn zerstoßen in einer Kürze unter unsere Füße (Römer 16,20). Und <strong>der</strong> Gott des Friedens wird es im<br />

Sohne des Friedens und durch die Gemeine des Friedens auch noch dahin bringen, dass alle Dinge Ihm<br />

untertan werden und dass Jesus Christus in Seinem Leibe <strong>der</strong> Fülle wahrhaftig ist Haupt über alles (Epheser<br />

1,23).<br />

56


290<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine<br />

und Satan<br />

Dass wir ja nicht übervorteilt werden vom Satan,<br />

denn wir kennen wohl seine Sinnesart.<br />

2.Korinther 2,11<br />

● <strong>Die</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes haben nach göttlichem Willen von Anfang an ihre Aufgabe gegenüber Satan gehabt.<br />

Sie haben dieselbe aber nicht erfüllt. Nun hat sie <strong>der</strong> Sohn Gottes durchgeführt, und im Sohn treten die Söhne<br />

in ihre Auswirkung wie<strong>der</strong> ein.<br />

● <strong>De</strong>r Mensch ist von Anfang an im Zusammenhang mit Satan und seiner Überwindung geschaffen. <strong>De</strong>r<br />

Mensch gehört ja nicht zur ursprünglichen Schöpfungswelt. In <strong>der</strong> eigentlichen Schöpfungsepoche wurden<br />

nur die Engel und ihre Welten geschaffen. Dann gab es in <strong>der</strong> Engelwelt die große Revolution durch Satan.<br />

<strong>Die</strong> Erde wurde wüst und leer, voller grausiger Finsternis. Nun setzte die Neuschöpfung ein. Im<br />

Sechstagewerk liegt sie vor. <strong>Die</strong> Schaffung des Menschen ist ihre Krone. Er gehört von Anfang an drei<br />

Weltenkreisen an und hat in ihnen seine Aufgabe: <strong>der</strong> Tierwelt, <strong>der</strong> Geisterwelt und <strong>der</strong> Gotteswelt. <strong>De</strong>r<br />

Mensch ist das innerste Ratsge-heimnis Gottes unter den Kreaturen. Bei seiner Erschaffung kreißte <strong>der</strong><br />

Himmel. Er ist zum Höchsten bestimmt, zur Sohnesgleiche, als Ebenbild Gottes (1.Mose 1,27). Er hat die<br />

allerhöchste Aufgabe, in <strong>der</strong> Gemeinschaft Gottes, des Herrn, die Erde sich untertan zu machen, das heißt<br />

eben alle satanischen, gottwidrigen Gewalten zu überwinden und sie unwirksam zu machen. <strong>De</strong>r Mensch ist<br />

mit <strong>der</strong> Kindschafts-anlage geschaffen und zur Sohngleichheit bestimmt. Wäre er Sohn geworden, so hätte er<br />

seine ihm verliehene Aufgabe durchführen können. Aber zur ausgewachsenen Sohnschaft ist er nicht<br />

durchgedrungen, so ist ihm auch seine Aufgabe verlorengegangen.<br />

291<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und Satan<br />

Nun musste sie <strong>der</strong> Sohn für ihn durchführen. Das war natürlich im unendlichen Rate Gottes vorausgesehen,<br />

es hat sich aber in den Zeitläufen frei abgespielt.<br />

● Weil nun <strong>der</strong> Mensch von Anfang als Sohn in Christo zur Überwindung Satans bestimmt war, so hatte<br />

Satan auch das Recht, den Kampf mit ihm aufzunehmen, um so mehr, als <strong>der</strong> Mensch in seinem Leibe Stoff<br />

von seiner, des Satans, Erde an sich trug. Das erste große Menschheitsdrama ist <strong>der</strong> Kampf zwischen Adam<br />

und Satan. Es gelang Satan, den zum Gottbilde bestimmten Menschen ins Kreatürliche, ins Tier-reich<br />

herabzuziehen. <strong>De</strong>r Mensch, von Natur eine lebendige Seele, wurde seelisch, das heißt, er wurde nach<br />

außen und nach unten ins Vielerlei gerichtet. Er hätte Geist werden sollen im Sohne, dann hätte er in dieser<br />

Stellung lebendig machen können. Er hat sich herausgekehrt und ist herab-gesunken. So ist er auch kein Kind<br />

Gottes geworden und hat keine Kin<strong>der</strong> Gottes zeugen können, son<strong>der</strong>n er zeugte Menschen nach seinem<br />

Bilde – seelische, unter Satans Sünden- und Todesknechtschaft stehende Kreaturen. Er zeugte Fleisch vom<br />

Fleisch.<br />

57


● Statt Satans Überwin<strong>der</strong> wurde Adam Satans Überwun-dener. Wie wir schon manchmal gesagt haben,<br />

wäre <strong>der</strong> Weg zum geistzeugenden Sohne für Adam wohl folgen<strong>der</strong> gewesen: Er hätte Satans vielseitige List<br />

in Verbindung mit seinem Herrn allenthalben abweisen sollen. Hätte er das getan, so hätte ihn Satan wie die<br />

Analogie des ganzen Gottesrates zeigt, sicher umgebracht. Dann hätte Gott den Sündlosen auferweckt; dann<br />

wäre Sünde und Tod durch-brochen, Satan besiegt, die Hölle überwunden gewesen.<br />

292<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und Satan<br />

Geistleiblich verklärt, hätte <strong>der</strong> Sohn Gottes, Adam, Söhne zeugen und die Erde füllen können. Das ist alles<br />

dahin-gefallen. Und nun musste <strong>der</strong> eingeborene Sohn Gottes selbst, indem Er Fleisch und Blut annahm, das<br />

alles vollführen (1.Korinther 15,45).<br />

● So ist Adam in seiner Bestimmung zum Sohne Gottes, zu Gottes Gleichbild, von Anfang an auf Satan<br />

und seine Überwindung hin geschaffen worden. <strong>Die</strong> vom gefallenen Adam und von <strong>der</strong> gefallenen Eva<br />

stammenden seelischen und gebundenen Menschenmassen haben als Massen diese Aufgabe nicht mehr.<br />

Nur die unter ihnen und aus ihnen heraus gottgeborenen Kin<strong>der</strong> Gottes treten wie<strong>der</strong> in diese Aufgabe ein.<br />

Seinen Gottesrat mit den Söhnen Gottes, mit diesen Brü<strong>der</strong>n des Erstgeborenen (Römer 8,29), gibt Gott nicht<br />

auf. <strong>Die</strong> großen Massen <strong>der</strong> jetzigen Menschen aber sind und werden nicht Gottgeborene. Sie sind dem Satan<br />

und dem Reiche <strong>der</strong> Finsternis, dem Ich-Wesen und dem Tode unterworfene Geister. Darum tritt bei diesen<br />

Satan auch gar nicht so heraus. Er kommt vom Sündenfall bis zur Fleischwerdung des Sohnes in <strong>der</strong> Schrift<br />

fast gar nicht mehr vor. <strong>Die</strong> ungeheuren Menschenmassen unter Nationen und Juden leben und sterben als<br />

Satansgebundene, die einen fast ohne Offenbarung, die an<strong>der</strong>en unter <strong>der</strong> Offenbarung des Zuchtmeisters.<br />

Nur bei Hiob erscheint Satan, aber auch als <strong>der</strong>, dem Hiob verfallen ist und den er züchtigen darf. Dann<br />

erscheint er beim Propheten Sacharja, wo er den Hohenpriester Josua als sein Eigentum anspricht, welchen<br />

Gott ihm entreißt wie einen Brand aus dem Feuer. Auch als <strong>der</strong> Heiland im Fleische lebt und das ganze<br />

jüdische Volk leidet unter den satanischen Engelsausbrüchen, erscheint es als ein gebundenes und<br />

gequältes. Nur Jesus ist frei und befreit, teils selbst, teils durch die von Ihm mit Kraft Erfüllten.<br />

293<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und Satan<br />

<strong>Die</strong> Massenwelt in Nationen und Juden ist satansgebunden und wird unter Satans Elends- und Todesregiment<br />

für Christus erzogen, <strong>der</strong> sie frei macht. Mit Satan selbst und seiner Überwindung haben diese Massen nichts<br />

zu tun. Ihre Rettungszeit kommt, wenn Satan gebunden ist. Sie haben nicht mit Fürsten und Gewaltigen und<br />

mit den Geistern in <strong>der</strong> Luft zu kämpfen, für sie ist Satan dann überwunden, und sie dürfen Christi und Seiner<br />

Heiligen Sieg anziehen. So hat die große Masse mit Satan weiter nichts zu tun, als dass er ihr grausamer<br />

Todesfürst ist, unter dem sie immer neu und endlich völlig ver<strong>der</strong>ben wird, aus dessen Händen sie aber<br />

Christus befreit hat und mit Seinen Heiligen befreien wird (Offenbarung 17,14). Sind diese Massen <strong>der</strong><br />

Menschen jetzt gebunden vom Satan, so werden sie frei unter dem gebundenen und danach gerichteten<br />

Satan.<br />

● Ganz an<strong>der</strong>s ist das Verhältnis <strong>der</strong> durch Christi Wort und Geist herausgerufenen und herausgeborenen<br />

Kin<strong>der</strong> Gottes. Auch für sie ist <strong>der</strong> eingeborene Sohn eingetreten und hat für sie überwunden. <strong>De</strong>r Sohn<br />

58


Gottes, unser Herr Jesus Christus, ist <strong>der</strong> eigentliche Schlangentreter. Sein Feind ist Satan. Gleich nach<br />

Seiner Geburt wollte er Ihn töten. Bei seiner Offenbarung trat er Ihm sichtbar entgegen. Er warf Ihm auf<br />

seinem Lebensweg seine ganzen Heere entgegen. Auf Schritt und Tritt hatte es <strong>der</strong> Herr mit <strong>der</strong> Geisterwelt<br />

<strong>der</strong> Finsternis zu tun. Er überwand sie. Nicht im kleinsten Worte o<strong>der</strong> Schritte handelte o<strong>der</strong> litt <strong>der</strong> Sohn in<br />

Sich. Gehorsam war Er bis zum Tode am Kreuze. Und dort gab Er Seinen heiligen Leib dahin in Gerichts- und<br />

Todesgrauen. Er ging hinab in die Todeswelt und nahm dort dem, <strong>der</strong> des Todes Gewalt hatte, die Macht.<br />

294<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und Satan<br />

Er drang hervor, und Satan war überwunden. <strong>De</strong>r Eine, <strong>der</strong> Ewige, <strong>der</strong> Reine hat bezahlt für alle. Siegreich<br />

fuhr <strong>der</strong> Geistverklärte durch die Lufthimmel, Satan im Triumphe gefangen führend durch die seligen<br />

Geisterhimmel hindurch. <strong>De</strong>r Heiland, gekommen, die Werke Satans zu zerstören, hat sie zerstört. Es ist<br />

vollendet! Das Werk, das einst <strong>der</strong> erste Mensch als glaubenserwachsenes Kind Gottes hätte ausführen<br />

sollen, das hat <strong>der</strong> Sohn für alle vollbracht. Und nun kann von Stufe zu Stufe durch den verklärten Herrn und<br />

Seinen Geist Satan unwirksam gemacht werden.<br />

● <strong>Die</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes, die jetzt geboren werden, spielen hierbei eine ganz beson<strong>der</strong>e Rolle. Zuerst sind sie<br />

kraft ihrer neuen Geburt aus dem Geiste vom Tode zum Leben hindurchgedrungen. Wer glauben kann an den<br />

Namen des eingeborenen Sohnes, dass Er sei <strong>der</strong> Christ, <strong>der</strong> ist aus Gott geboren (1.Johannes 5,1). Solche<br />

Kin<strong>der</strong> Gottes zeugt jetzt <strong>der</strong> Erstlingsgeist aus <strong>der</strong> Massenwelt heraus. Er hat sie nach <strong>der</strong> Auferstehung<br />

drüben gezeugt aus den Scharen, die vor Christus lebten, und Er zeugt sie jetzt im Wort des Evangeliums.<br />

Welche das Wort annehmen, denen gibt Er Macht, Gottes Kin<strong>der</strong> zu werden, die an Seinen Namen glauben<br />

(Johannes 1,12). <strong>Die</strong>se Kin<strong>der</strong>, aus Gottes Geist geboren, sind jetzt schon in ihrem armen Leben<br />

Ersterstandene. Wer in Christo ist, <strong>der</strong> ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen. <strong>De</strong>r Gläubige ist kraft <strong>der</strong><br />

ihm gegebenen göttlichen Lichtesgnade sich selbst, diesem armen, gerichtsverfallenen Todes-Ich gestorben<br />

und lebt Gott in Christo Jesu, seinem Herrn. <strong>Die</strong> Geistesmenschen des Abba sind versetzt aus <strong>der</strong> Obrigkeit<br />

<strong>der</strong> Finsternis heraus ins Reich des geliebten Sohnes (Kolosser 1,13).<br />

295<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und Satan<br />

An den im Blute Christi Gewachsenen und im Geiste Christi Lebenden haben Teufel und Tod keine Macht<br />

mehr. We<strong>der</strong> Fürstentümer, noch Gewalten, noch Obrigkeiten – lauter Finsternismächte – können sie<br />

scheiden von <strong>der</strong> Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, ihrem Herrn (Römer 8,38.39). An die Gläubigen in<br />

Christo hat <strong>der</strong> Teufel kein Recht und keine tötende Gewalt mehr. Wen <strong>der</strong> Sohn frei macht, <strong>der</strong> ist recht frei<br />

(Johannes 8,36). <strong>Die</strong> Söhne sind von <strong>der</strong> "Freien" droben, da reicht Satan nicht hin. So haben die Kin<strong>der</strong><br />

Gottes die große, selige Gnade, dem Satan, seinem Reiche und Einflusse völlig entnommen und in Christo<br />

Jesu im neuen, ewigen Leben völlig geborgen zu sein. Das müssen wir im Glauben unweigerlich festhalten<br />

durch alle Anfechtungen, Versuchungen und noch vorkommenden Fälle hindurch: Ich bin durch Blut und Geist<br />

Christi ein Kind Gottes, errettet, erworben, gewonnen, neugeboren – Kind und Erbe.<br />

59


● Aber eben kraft dieser neuen Geburt, kraft des Geistesbesitzes tun wir neue, tiefere Blicke in unser – in<br />

das Sünden-Wesen. Wir erkennen Satans Macht und Kraft immer mehr. Wir erkennen unsere eigene Sünden-<br />

und Todesgebundenheit immer tiefer. Es wird uns immer größer, wovon wir errettet sind. <strong>Die</strong> Wirklichkeit, die<br />

Majestät, die Furchtbarkeit <strong>der</strong> Finsternis erschüttert Kin<strong>der</strong> Gottes aufs mächtigste. Niemand sieht so hinein<br />

in Satans List und Macht wie die davon Befreiten. Dadurch haben die Gläubigen eine ernste Furcht vor <strong>der</strong><br />

satanischen Welt und eine immer seligere Freude an <strong>der</strong> göttlichen Welt, in welcher sie in Christo leben<br />

dürfen.<br />

● Dann aber hat Satan einen großen Zorn über alle diese Erretteten, Erworbenen und Gewonnen. An<br />

jedem versucht er seine List und Macht. Kin<strong>der</strong> Gottes sind von ständigen Versuchungen umgeben.<br />

296<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und Satan<br />

Wo eine Blöße ist, da haut <strong>der</strong> Fürst dieser Welt ein. Mit Macht sucht er, die Heiligen Gottes zu fällen. Wenn<br />

man in Christo ist, wird man nicht besser, son<strong>der</strong>n böser. Das neue Leben wächst im Glauben, aber das alte<br />

Wesen macht furchtbare Anstrengungen. Da ist täglicher Kampf, und wir wissen wohl, was er, Satan, im Sinne<br />

hat. Niemand kann solche Zweifel am Heil, solche Kämpfe wi<strong>der</strong> Sünden, solche Anfechtungen über Leiden<br />

haben wie Kin<strong>der</strong> Gottes. In alle satanischen Schulen darf sie <strong>der</strong> Teufel nehmen, einen jeglichen in seiner<br />

Art. Wir müssen lernen und überwinden in Christo und lernen Ihn, unseren Herrn, in Seiner Vielseitigkeit in <strong>der</strong><br />

Vielseitigkeit <strong>der</strong> Versuchungen kennen. Niemand kennt Satan besser als die Gläubigen. Dazu stößt und fährt<br />

er uns an durch Menschen und Verhältnisse. Er macht uns schlecht und elend und arm und bloß. Er schilt uns<br />

und schmäht uns und läutert uns. Wie viele hat er schon in Trübsal und Gefängnisse und Tod gebracht. Wir<br />

sind die Rechtlosen in seiner Welt, das gibt er uns wohl zu spüren.<br />

● <strong>Die</strong> Gläubigen in Christo, die Gemeine des Herrn, lebt eben in <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> satanischen Machtentfaltung.<br />

Das ist <strong>der</strong> große Unterschied zwischen <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Massen und <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes. Jener Äon ist die<br />

Zeit <strong>der</strong> Bindung Satans; unser Äon ist die Zeit <strong>der</strong> zunehmenden Macht-entfaltung Satans. <strong>Die</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes<br />

müssen die Satanszeit mit ihren Schwierigkeiten durchmachen, das ist ihre Hochschule. In den Kin<strong>der</strong>n Gottes<br />

und durch sie geschieht zunächst die praktische Satansüberwindung; unter ihre Füße wird er zuerst getreten,<br />

ehe die an<strong>der</strong>en Ordnungen von Satans Gewaltherrschaft befreit werden. Zur Zeit <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes hat Satan<br />

sein Werk in den Kin<strong>der</strong>n des Unglaubens und geht in ihnen seiner höchsten Offenbarung entgegen, <strong>der</strong><br />

antichristlichen Zeit und dem Antichristen.<br />

297<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und Satan<br />

Wie nun <strong>der</strong> einzelne Gläubige in Christo ständig von innen und außen mit den Geistern in <strong>der</strong> Luft, mit den<br />

Fürsten und Gewaltigen zu kämpfen hat (Epheser 6,12), so hat diesen Kampf auch die Gemeine als Ganze.<br />

Sie zu vernichten, sie zu hemmen, sie zu irren, sie zu sichten, ist Satans ständiges Werk und Ziel. Es gilt aber<br />

auch <strong>der</strong> Gemeine, was dem jüdischen Volk gilt: die Pforten <strong>der</strong> Hölle werden sie nicht überwältigen. Aber was<br />

hat doch <strong>der</strong> gewalttätige Eigengeist schon über die Gemeine ausgeschüttet! Wie wirft er die<br />

allerverschiedensten Irrlehren in sie hinein – sie aber bleibt durch des Herrn überschwängliche Gnade<br />

dennoch die Grundfeste <strong>der</strong> Wahrheit. Wie hat er alle weltliche Macht in Wissen und Waffen gegen sie mobil<br />

gemacht – doch hat sie stets überwunden. Wie macht er die äußeren Gefäße, in welchen die Gemeine sich<br />

auswirkt, hässlich, niedrig, zerrissen, ja sich bekämpfend. Von außen ist die Gemeine in ihren Gefäßen oft so<br />

verächtlich, dass Weltmenschen sich von ihnen abwenden und sie verspotten. So oft ein Geistesanfang<br />

60


irgendwo geschieht, zieht Satan ihn in kurzer Zeit ins gesetzliche und ins natürliche Wesen. <strong>De</strong>r Herr fängt<br />

aber immer wie<strong>der</strong> frisch an. So hat die Gemeine unter Satan schwere Kämpfe.<br />

● Dann aber erfüllt Satan alle Dinge und Gebilde dieser Zeit so sehr mit seinem Geiste, dass die Gemeine<br />

nur unter den tiefsten Leiden bestehen kann. Im Familienleben, im Berufs- Staats-, Kirchen- und<br />

Gemeinschaftsleben wirkt sich dies in verschiedenen Graden so aus, dass ein Kind Gottes sich nur schwer<br />

und leidendlich darin bewegen kann. Einfluss üben kann es nirgends.<br />

298<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und Satan<br />

<strong>Die</strong> entgegenstehenden Kräfte sind zu groß; es kann nur leidendlich überwinden. Wer im Berufsleben,<br />

Staatsleben o<strong>der</strong> kirchlichen Leben die Linien <strong>der</strong> Gemeine im großen durchsetzen wollte, würde Schiffbruch<br />

leiden. <strong>De</strong>r einzelne kann hindurch, aber nur unter Kreuz und Sterben. Auf diesem Wege überwindet die<br />

Gemeine in Christo den Satan. In den Kin<strong>der</strong>n Gottes trifft er auf Wi<strong>der</strong>stände, welche er nicht besiegen kann.<br />

Und das Wun<strong>der</strong>bare: trotz aller Kreuzes-wege werden immer wie<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes geboren und gehen<br />

überwindend ihren Weg. In den geistgeborenen Menschen hat Satan das Spiel verloren. Hier wird ihm durch<br />

die göttlichen Gnadenkräfte eine Auswahlschar entrissen, welche er we<strong>der</strong> durch Lüge noch durch Mord fällen<br />

kann. Aber <strong>der</strong> Kampf ist schwer, und er wird, je mehr die Welt mit satanischen Kräften, das heißt mit<br />

Ichkräften je<strong>der</strong> Art, durchtränkt, immer schwerer. In unseren Tagen können Kin<strong>der</strong> Gottes schon auf viele<br />

Gebiete ihren Fuß nicht mehr setzen. Kommt die Stunde, wo hienieden <strong>der</strong> Gemeine das Stehen nicht mehr<br />

möglich ist, dann ist ihre Reife da. Dann holt sie <strong>der</strong> Herr gesammelt zu Sich in Seiner Zukunft zu ihr. Dann<br />

aber hat auch Satans Stunde geschlagen. Dann kommt die Zeit seiner Bindung. <strong>Die</strong> Stunde <strong>der</strong> Sammlung<br />

und Erhöhung <strong>der</strong> Gemeine ist die Stunde von Satans Ohn-mächtigmachung. Dann nimmt die Gemeine mit<br />

ihrem Haupte die Luftregionen ein, und dann beginnt nach schweren Gerichten des Zerbruchs im jüdischen<br />

Volke und in den Nationen das Königreich Gottes und Christi. Satan erleidet in <strong>der</strong> ersten Offenbarung Christi,<br />

welche in <strong>der</strong> Gemeine geschieht, seine erste entscheidende Nie<strong>der</strong>lage. Hat er vorher Christus und Seine<br />

Gemeine gebunden, so ist er jetzt selbst <strong>der</strong> Gebundene.<br />

299<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und Satan<br />

So erreichen die Kin<strong>der</strong> Gottes in Christo jetzt, was schon Adams Anfangsaufgabe war: in Christo gegen<br />

Satan kämpfen und Satan überwinden.<br />

● Es ist ein furchtbarer Schlag für Satan, als Gebundener die verherrlichten, geistesgleichen Gottessöhne<br />

herrschen zu sehen. Nun ist es erreicht, was er einst lügnerisch den Menschen verhieß: <strong>Die</strong> Gottessöhne sind<br />

wie Gott und wissen, was gut und böse ist. Sie haben's aber auf einem an<strong>der</strong>en Weg gelernt, als <strong>der</strong> war, den<br />

er einst wies. Auf dem Wege des Sterbensgehorsams ging es und nicht auf dem Wege des in sich selbst<br />

gestellten Ungehorsams.<br />

61


● Zwar kommt Satan noch einmal los am Ende des Königreiches, aber seine Herrschaft ist sehr<br />

vermin<strong>der</strong>t. Millionen sind Christi wahrhaftige Untertanen geworden. Alle aber, die sich noch einmal gegen den<br />

Herrn empören, werden von Christus und Seinen Heiligen vernichtet. <strong>Die</strong> verklärten Söhne Gottes sind dabei,<br />

wenn am Ende des Tausendjährigen Reiches <strong>der</strong> Teufel in den feurigen Pfuhl geworfen und gerichtet wird.<br />

Das ist <strong>der</strong> Triumph des Leibes Christi, Satan also vom Tode verschlungen zu sehen. <strong>Die</strong> ihn innerlich und<br />

äußerlich in <strong>der</strong> Kraft Christi einst überwanden, dürfen ihn nun auch wesentlich mitüberwinden. Jetzt fängt erst<br />

des Teufels eigentliches Elend an – im Feuerpfuhl. Jetzt ist er gerichtet. Doch hat er immer noch eine<br />

ziemliche Herrschaft. Das Tier und <strong>der</strong> falsche Prophet, seine Werkzeuge, sind ja am selben Platz, und viele<br />

Verbannte sind an den Orten des an<strong>der</strong>en Todes. Aber nun beginnt <strong>der</strong> Äon <strong>der</strong> Ewigkeiten. Jetzt haben die<br />

Überwin<strong>der</strong> des Todes, die Erben Gottes in Christ, erst ihre größte Aufgabe an diesen Verdammten.<br />

300<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und Satan<br />

Es sollen ja noch alle Zungen bekennen, dass Jesus Christus <strong>der</strong> Herr sei, und alle Knie Ihm sich beugen<br />

(Philipper 2,10.11; Jesaja 45,23.24). Es soll auch noch alles, was Odem hat, den Herrn loben (Psalm 150,6).<br />

Alle Herrschaft, Obrigkeit und Gewalt – und das sind nach <strong>der</strong> Schrift lauter Finsternismächte – werden<br />

unwirksam und Ihm untertan gemacht. Gott hat Ihm ja alles unter die Füße getan (Psalm 8,7; 1.Korinther<br />

15,27). Und dieses "unter die Füße getan sein" ist eine selige Sache. <strong>Die</strong> durchbohrten Füße können nicht in<br />

Unendlichkeit zerstampfen. Das Untertansein aller Feinde wird gleichgesetzt dem Untertansein Christi unter<br />

den Vater, und Gott wird alles in allem (1.Korinther 15,23-28). Da wird es dann geschehen, dass einer um den<br />

an<strong>der</strong>en sich Christus unterwirft. <strong>De</strong>r Sieg des Lammes geht durch den ganzen Kosmos. Endlich wird Satan<br />

allein sein. So wie <strong>der</strong> Sohn in <strong>der</strong> grausigsten Hölle allein war, so wird auch Satan in <strong>der</strong> grausigsten Hölle<br />

allein sein. <strong>De</strong>r Erste wird <strong>der</strong> Letzte sein. Da wird er sich auch neigen und Christum annehmen und Ihm die<br />

Ehre geben. "<strong>De</strong>r letzte Feind, <strong>der</strong> unwirksam gemacht wird, ist <strong>der</strong> Tod" (1.Korinther 15,26). <strong>De</strong>r Tod ist<br />

niemand an<strong>der</strong>s als "Satan", gleichwie das Leben "Christus" ist. "<strong>De</strong>r Feind" ist <strong>der</strong> Tod – so nennt <strong>der</strong> Herr in<br />

den Gleichnissen Satan – den Feind. Aber auch dieser Feind wird aufgehoben. Freilich <strong>der</strong> letzte ist er.<br />

Merkwürdige Umkehrung! <strong>Die</strong> Vornehmsten unter den Sün<strong>der</strong>n sind durch die neue Geburt die Gottgleichen<br />

geworden. <strong>Die</strong> Letzten, welche die ganze Welt einst verachtete und welchen Satan alle Schmach antat, sind<br />

nun die Ersten. Und <strong>der</strong> Erste, welcher einst alle Herrlichkeit hatte, die nur ein Geschöpf haben konnte, ist nun<br />

<strong>der</strong> Letzte. <strong>De</strong>r in falscher Freiheit nach des Sohnes Krone griff und starb, <strong>der</strong> ist jetzt mit Freuden <strong>der</strong> letzte<br />

Untertan und lebt von Ihm.<br />

301<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und Satan<br />

Und die frei in den Sterbensweg gingen in dieser Welt, haben nun die Krone – die Krone <strong>der</strong> Gerechtigkeit und<br />

des Lebens. Und je<strong>der</strong> ist selig, dass er nur bei Christo ist, denn entsetzlich ist es außer Ihm. So sind die<br />

Kin<strong>der</strong> Gottes noch in den seligen Ewigkeiten die Gegenspieler Satans – aber ohne Neid und Grimm – in<br />

seliger Freude des gemeinsamen Herrn. So sind die Kin<strong>der</strong> Gottes wie ihr Herr, <strong>der</strong> Sohn, die<br />

Satansbezogenen: erst unter ihm, dann frei von ihm, dann wi<strong>der</strong> ihn, dann über ihm, dann mit ihm – sie Erste,<br />

er Letzter – aber in einer Seligkeit zu Lob und Preis des Vaters in Christo. In den Kin<strong>der</strong>n und Satan schließt<br />

sich <strong>der</strong> Gotterlösungskreis. <strong>Die</strong> Ersten und <strong>der</strong> Letzte bilden den ineinan<strong>der</strong> verschlungenen Anfang und<br />

Schluss. Nun kann das göttliche Leben kreisen in Unendlichkeiten zu stets neuen Herrlichkeiten.<br />

62


302<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine<br />

und ihre Stellung zu Gott<br />

Er hat Ihn, als Haupt über alles,<br />

<strong>der</strong> Gemeine gegeben, welche ist Sein Leib,<br />

die Fülle des, <strong>der</strong> alles in allem erfüllet.<br />

Epheser 1,22.23<br />

● <strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Glaubensgemeine nehmen nach ewigem Rat und Willen Gottes und nach Seiner<br />

überschwänglichen freien Gnade und Barmherzigkeit eine beson<strong>der</strong>e Stellung zu Gott und in Gott ein.<br />

● Schon nach dem unendlichen Gnadenrat Gottes hat Gott vorauserkannt und vorausbestimmt, dass eine<br />

Auswahl aus <strong>der</strong> sündigen Menschheit sollte gleichgestaltet sein dem Bilde Seines Sohnes, dass <strong>der</strong>selbe <strong>der</strong><br />

Erstgeborene unter vielen Brü<strong>der</strong>n sei (Römer 8,29). Danach soll also eine Anzahl vorausbestimmter<br />

Menschen in die Gottgemeinschaft selbst hineinbezogen werden. Was dem eingeborenen Sohn<br />

gleichgestaltet und in Seine Bru<strong>der</strong>gemeinschaft hineinge-zogen ist, das ist eben damit in die Gottheit<br />

hineingezogen und steht auf <strong>der</strong> Seite <strong>der</strong> Gottheit. Wie sehr <strong>der</strong> Sohn Gottes verlangte, diese<br />

vorausbestimmte Bru<strong>der</strong>schaft um Sich und bei Sich zu haben, zeigt beson<strong>der</strong>s das hohepriesterliche o<strong>der</strong>,<br />

wie wir sagen, das Gemeinegebet. Zweimal ruft Er da, die Gläubigen möchten in die Einheit gelangen,<br />

"gleichwie Du, Vater, in Mir und Ich in Dir, dass auch sie in Uns eins seien". (Johannes 17,20ff.). <strong>De</strong>utlich<br />

gehört die gläubige Gemeine nach diesen brünstigen Gebetsworten in die Eins, in die Gotteinheit. Ja, die<br />

Gemeine ist in Christo die Eins aller Kreatur.<br />

303<br />

63


<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und ihre Stellung zu Gott<br />

Eins ist ihre Grundzahl, ihre Signatur. In <strong>der</strong> Einheitsgemeine erweitert Sich Gott im Sohne. Das ist ein<br />

anbetungswürdiges geoffenbartes Geheimnis.<br />

● Natürlich geschieht dieses Hineinnehmen <strong>der</strong> vollendeten Gemeine in die Einheit <strong>der</strong> Gottheit aus freiem<br />

Willen Gottes und aus reiner, lauterer Gnade – aber es geschieht. <strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine sind von Natur<br />

auch alle Fleisch vom Fleisch. Sie müssen durchs Wort des Evangeliums heraus-gerufen werden aus <strong>der</strong><br />

Fleischeswelt; sie müssen im Blute des Lammes zurechtgebracht, sie müssen in <strong>der</strong> Heiligung des Geistes<br />

herrlich gemacht werden. Sie haben auf diesem, ihrem Rettungs- und Vollendungswege die allertiefste<br />

Sündenerkenntnis und Sündenerfahrung. Sie sind die Gebeugtesten und Zerbrochensten, aber eben doch die<br />

zu einer Höhe Begnadigten, die kein Auge gesehen, die kein Ohr gehört, und die in keines Menschen Herz<br />

gekommen ist (1.Korinther 2,9). Ja, von diesen Vorauserkannten und Vorausbestimmten heißt es: "Welche Er<br />

vorausbestimmte, die hat Er auch berufen, und welche Er berufen hat, die hat Er auch gerecht gemacht, und<br />

welche Er gerecht gemacht hat, die hat Er auch herrlich gemacht" (Römer 8,30). Von <strong>der</strong> tiefsten zur höchsten<br />

Stufe führt sie Seine Gnade. Das ist also <strong>der</strong> Wille und Rat Gottes von Unendlichkeiten her, eine Schar<br />

Kreaturen, und zwar Menschen, aus den tiefsten Gründen des Gefallenseins zur höchsten Herrlichkeit des<br />

eingeborenen Sohnes heraufzuziehen und gewissermaßen in die Gottheit hineinzuziehen. Aus einem<br />

Gottleibe verklärter Kreaturen heraus will Gott allen Kreaturen erscheinen. Da will Er und kann Er Sich ihnen<br />

nahe tun; da können sie ohne Scheu Ihm nahen. O wun<strong>der</strong>bare Herablassung Gottes – o wun<strong>der</strong>bare<br />

Größe <strong>der</strong> heraufziehenden Liebe!<br />

304<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und ihre Stellung zu Gott<br />

● <strong>Die</strong>ser unendliche Rat Gottes, eine Söhnegemeine in Seinem Sohne zu sammeln und sie Ihm als<br />

herrlichen Leib zu geben, ist nun schon bei <strong>der</strong> Schöpfung des Menschen herausgetreten. Wir sehen deutlich<br />

in 1.Mose 1, wie bei <strong>der</strong> Schöpfung des Menschen die Gottheit Sich bewegt. "Lasset uns Menschen machen!"<br />

<strong>De</strong>r Vater bespricht sich mit dem Sohn, und Vater und Sohn nehmen alle Engelwelten zu Zeugen. Ein<br />

Gewaltiges soll geschehen – das gewaltigste, was Himmel und Erde zu sehen bekommen – die<br />

Söhnegemeine soll grundgelegt werden. Ein Mensch soll geschaffen werden, ein Mensch, <strong>der</strong> zum Höchsten<br />

bestimmt ist: zur Gleichheit des Ebenbildes des Sohnes! Eine Kreatur soll werden, die Gott-Trägerin an die<br />

ganze an<strong>der</strong>e Kreatur werden soll, wenn sie selbst verklärt ist in die Gottheit. "Gott schuf den Menschen zu<br />

Seinem Gleichnis, zu Seinem Bilde schuf Er ihn" (1.Mose 1,27). <strong>De</strong>r Mensch ist nach seiner Urbestimmung<br />

und nach seiner Wesensart etwas absolut Einzigartiges unter allen Kreaturen. Er ist die Spitze, darum auch<br />

die letzte aller Kreaturen, die geschaffen wurden. <strong>Die</strong> unzähligen Engelwelten waren alle längst da, ehe <strong>der</strong><br />

Mensch kam. Ja, unter den Engelwelten war in abgelaufenen Äonen schon viel geschehen. Da war schon ein<br />

schrecklicher Fall geschehen. <strong>De</strong>r Gewaltigste hatte sich in sich selbst gestellt. Ein Fürst <strong>der</strong> Finsternis und<br />

eine Welt <strong>der</strong> Finsternis, wüste und leer, waren entstanden. In gewaltigen Gott-Tagewerken hatte <strong>der</strong><br />

eingeborene Sohn schon die Wie<strong>der</strong>herstellung begonnen. Da wurde <strong>der</strong> Mensch gebildet – <strong>der</strong> Mensch mit<br />

seiner gewaltigen Gottbestimmung, die Erde den Gottkräften wie<strong>der</strong> untertan zu machen, nachdem er selbst<br />

in Gottes Bild vollendet gewesen wäre. "Macht sie euch untertan" (1.Mose 1,28)!<br />

64


305<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und ihre Stellung zu Gott<br />

Das heißt nicht: bauet Maschinen, wie die gottentfremdete Welt das auffasst, son<strong>der</strong>n das heißt: selbst in Gott<br />

wesend, führet alle göttlichen Kräfte zur Herrschaft. Wo etwas untertan gemacht werden soll, muss etwas<br />

Feindseliges sein, das überwunden werden muss. Da sollte nun <strong>der</strong> Mensch zuerst im eigenen Werdegang ins<br />

Gottesbild und Gottes-wesen verklärt werden und dann seine Aufgabe erfüllen. Um beides zu erreichen, war<br />

er "sehr gut" geschaffen, das heißt auf das allerzweckmäßigste ausgerüstet. <strong>De</strong>n Leib hatte er aus <strong>der</strong><br />

Sündenerde. Ihm nach und mit ihm gehörte er dem Sünden- und Finsternisreiche an. Seiner Seele nach<br />

gehörte er den seelischen Geisterreichen an, also den Engeln und Geistern, und er war kraft dieser Seele mit<br />

ihren vielfachen Kräften imstande, alle Kreatur zu umfassen und zu erkennen. Kraft seines Geistes, dieses<br />

Innersten und Obersten seines Wesens, konnte er mit dem Sohne Gottes verkehren und die<br />

Gottesverklärungskräfte anziehen, das Sohnesbild sich aneignen, welches seines Werdens Ziel war. Wie das<br />

auf dem freien Sterbens- und Auferstehungswege gegangen wäre, davon wollen wir jetzt nicht reden. Nur das<br />

wollen wir sehen, wie Adam, <strong>der</strong> erste Mensch, schon in die Gottheit hineinbestimmt war, und dort<br />

hineingenommen, seine große Aufgabe, Finsternisüberwin<strong>der</strong> zu sein, hätte ausführen können. Selbst ins Bild<br />

des Sohnes durchverklärt, hätte Adam dann Gottessöhne aus sich zeugen können, bis die zur Verklärung <strong>der</strong><br />

Erde nötige Vollzahl da gewesen wäre.<br />

● Adam hat das nicht erreicht. Statt in die Gottheit, ist er in die Kreatur und in sich selbst hineingewachsen.<br />

Jetzt wurden Menschen gezeugt, rein seelische Kreaturen, dem Tode verfallen. Aber <strong>der</strong><br />

Gotteskindschaftsplan blieb. Gott weicht nicht zurück.<br />

306<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und ihre Stellung zu Gott<br />

<strong>De</strong>r Sohn Gottes sprang ein. Als die Zeit reif dazu war, trat Er ein in Fleisch und Blut. Als <strong>der</strong> Vollgehorsame<br />

überwand Er die Sünde im Fleische und darum in <strong>der</strong> Selbsthingabe bis in den Tod auch die Hölle und ihre<br />

Fürsten. Nun konnte <strong>der</strong> geistleiblich verklärte Sohn geistleiblich neuwerdende Kreaturen zeugen (Jesaja<br />

53,10). Jetzt konnte <strong>der</strong> Herrlichkeitssohn durch Seinen Heiligen Geist Söhne zeugen, welche geistgeboren<br />

und geistgeleitet in Buße und Glauben zur Gottessohnesgleiche hinanwachsen konnten. <strong>Die</strong> Gottesbotschaft<br />

vom gekommenen Gottessohn, von <strong>der</strong> geschehenen Versöhnung und Erlösung, von <strong>der</strong> Berufung und<br />

Erwählung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes und von dem Erbe <strong>der</strong> Herrlichkeit für die Gläubigen ergeht an die Menschen.<br />

<strong>Die</strong> Vorherbestimmten hören das Gotteswort. Seine Schafe hören Seine Stimme. <strong>Die</strong> aus <strong>der</strong> Wahrheit sind,<br />

merken auf die Botschaft. Und die auf sie merken, sie glauben und ihre Verheißung gewinnen suchen, das<br />

sind die Berufenen und Erwählten. <strong>Die</strong> zerbrechende Buße und <strong>der</strong> lebendig-machende Glaube sind die neue<br />

Geburt. Wer glauben kann und glaubt, dass Jesus sei <strong>der</strong> Christ, <strong>der</strong> ist von Gott geboren. <strong>Die</strong> Nichtberufenen<br />

hören's nicht und nehmen's nicht an trotz aller Verkündigung. Sie gehen eine gewisse Strecke in gesetzlicher<br />

Weise mit, aber sie werden nicht glaubenseins mit dem Heilande. In den Geborenen wirkt <strong>der</strong> Geist Gottes<br />

inwendig. Und diese sind kraft ihrer Geburt auch teilhaftig <strong>der</strong> göttlichen Natur. Das beginnt natürlich<br />

samenmäßig, keimmäßig, das vollzieht sich unter Kampf mit <strong>der</strong> alten Ich-Natur, aber bei den einfältig<br />

Hingegebenen ist und wächst ein neuer Geistesmensch. Wo ein neugeborener Ewigkeitsmensch nach Christi<br />

Bild, wo eine neue Kreatur ist, an welche hingegeben das Ich lebt, da ist auch die Aufnahme in die Gottheit<br />

vollzogen.<br />

65


307<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und ihre Stellung zu Gott<br />

Wo <strong>der</strong> lebendige Glaube ist, steht Christus im Heiligen Geiste in uns, wir im Glauben in Ihm. <strong>Die</strong>ses "in Ihm",<br />

das Grundwort <strong>der</strong> Gottgeborenen (Kolosser 2,6.7; Philipper 3,9; Römer 8,1), zeigt den wun<strong>der</strong>baren hohen<br />

Stand an. Kin<strong>der</strong> Gottes stehen, so arm und so elend sie sich selbst erkennen, auf <strong>der</strong> Gottseite, nicht mehr<br />

auf <strong>der</strong> reinen Kreaturenseite. Das Alte ist vergangen, siehe, es ist alles neu geworden (2.Korinther 5,17). Im<br />

Sohnesbild wächst das Gottesbild in den Gläubigen.<br />

● <strong>De</strong>shalb können und dürfen gottgeborene Gläubige auch Zeugen Christi und Gottes auf dieser Erde sein,<br />

deshalb geht durch ihre Hand, das heißt durch die Gnade, die ihnen gegeben ist, das Werk Gottes weiter,<br />

deshalb sind sie auch gewürdigt, das Höchste zu haben, was Gott in diesem Äon sterblichen Menschen<br />

anvertrauen kann: das Kreuz Christi. Hat <strong>der</strong> Heiland durch Sein Kreuz die Versöhnung und Erlösung<br />

vollendet, so dürfen Seine gottgeborenen Brü<strong>der</strong> durch ihr Kreuz in Seinem Namen die Gemeine herausrufen.<br />

Paulus sagt in Kolosser 1,24: "Nun freue ich mich in den Leiden für euch und fülle aus den Mangel <strong>der</strong> Leiden<br />

Christi in meinem Fleische zugunsten Seines Leibes, welcher ist die Gemeine." Wie die Gemeine und die<br />

ganze Welt durch die Leiden des Herrn versöhnt und erlöst sind, so muss die Gemeine und <strong>der</strong> Welt diese<br />

Versöhnung und Erlösung unter Leiden übermittelt werden. <strong>Die</strong>se Leiden trägt die Gemeine. Wenn die <strong>Glie<strong>der</strong></strong><br />

<strong>der</strong> Gemeine um des Bekenntnisses Christi willen nicht willig wären, die damit verbundenen Kreuzes-wege zu<br />

gehen, könnte <strong>der</strong> Rat Gottes nicht weitergeführt werden. Je<strong>der</strong> Gläubige hat in Christo und um Christi willen<br />

sein Teil Leiden, und die muss er tragen, dass an<strong>der</strong>e wie<strong>der</strong> glauben und aus Gott geboren werden können,<br />

o<strong>der</strong> dass an<strong>der</strong>e freudiger und gewisser im Glaubensleben werden.<br />

308<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und ihre Stellung zu Gott<br />

<strong>Die</strong> ganze Gemeine Gottes wie auch die kommenden Zeitalter werden herausgelitten. Daran nun teilhaben zu<br />

dürfen, ist <strong>der</strong> rechte Gottadel und ein Zeichen, wie tief wir in die Gottheit mit hineingenommen sind. Ich lasse<br />

nicht je<strong>der</strong>mann an den Leiden meiner Person o<strong>der</strong> meines Berufes teilnehmen. Nur ganz Vertrauten kann ich<br />

mich über meine Leiden öffnen. So ist das Leiden Christi bei den Geistgeborenen ein beson<strong>der</strong>es Anzeichen<br />

dafür, wie tief sie Gott würdiget, mit Ihm eins zu sein. <strong>Die</strong> Leiden Christi sind das ausgeprägteste Christusbild<br />

an uns, vorausgesetzt natürlich, dass wir sie auch christusmäßig tragen in aller <strong>De</strong>mut und in aller Geduld. In<br />

diesem Leiden ergreifen wir aber auch immer fester Christi Hand und wachsen in Ihn hinein. <strong>Die</strong> Leiden<br />

drängen uns immer mächtiger auf die Gottseite.<br />

● Haben wir aber hier in <strong>der</strong> neuen Geburt und ihrem Glaubensleben und in den Leiden Christi schon die<br />

Hineinnahme und Aufnahme in die Gottheit, so erst recht in <strong>der</strong> Hoffnung und Vollendung. "Sind wir denn<br />

Kin<strong>der</strong>, so sind wir auch Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi" (Römer 8,17). <strong>Die</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes<br />

erben also nicht etwa nur Seligkeit o<strong>der</strong> Teilnahme am Königreich, wie es Matthäus 25,34 für die zur Rechten<br />

Gestellten heißt, son<strong>der</strong>n Gotteskin<strong>der</strong> sind Miterben Christi. Christi Teil ist unser Teil. Wir erben also mit <strong>der</strong><br />

Gottheit und in <strong>der</strong> Gottheit selbst. Gottes Erben – also beerben wir Gott – treten ins verherrlichte Gottwesen.<br />

Wir bekommen Anteil an allem, was Gott und Christus haben. Das ist etwas unfassbar Großes, aber es ist<br />

ganz klar ausgesprochen. Das liegt auch in dem Mitherrschen und Mitherrlichsein.<br />

66


309<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und ihre Stellung zu Gott<br />

● Wir sollen ja auch sein, wo Christus ist, also nicht, wo die Kreaturen sind, also nicht nur auf <strong>der</strong> neuen<br />

Erde, auch nicht nur im neuen Jerusalem, son<strong>der</strong>n beim Herrn im Zentrum des neuen Jerusalem. Wir bilden<br />

mit Ihm Tempel und Allerheiligstes. Immer wo Christus ist, sind die Gläubigen. Kommt Er wie<strong>der</strong> auf Zion, so<br />

sind sie bei Ihm; hält Er Weltgericht, so richten sie mit; kommt Er ins neue Jerusalem und bildet das<br />

Allerheiligste, so sind die verklärten Söhne dabei.<br />

● Und wir werden auch sein, w i e Er ist. Es ist noch nicht erschienen, was wir sein werden, wir wissen<br />

aber, wenn es erscheinen wird, dass wir Ihn sehen werden, wie Er ist, und Ihm gleich sein werden, wie Er ist<br />

(1.Johannes 3,2). Ein jedes verklärte Kind Gottes ist ein Stück verklärter Heiland; alle zusammen sind <strong>der</strong><br />

ganze Heiland. <strong>Die</strong> verklärte Gemeine trägt Christum in sich – sie ist ja Sein Leib. <strong>Die</strong> verklärte Gemeine hat<br />

die Gottesfülle in sich, darum heißt sie Fülle des, <strong>der</strong> alles in allem erfüllet. Wie die Gemeine Gott durch den<br />

Herrn Jesum Christum hat, so hat die Kreatur den Herrn Jesum Christum durch die Gemeine. Allen<br />

Geschöpfen stellt Sich <strong>der</strong> Heiland in Seiner verklärten Bru<strong>der</strong>gemeine dar.<br />

● Darum wartet auch alle Kreatur – darunter sind Menschen und Engel verstanden – auf die herrliche<br />

Freiheit <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes (Römer 8,21). <strong>Die</strong> Gemeine wartet auf ihren Herrn – die Kreatur wartet auf die<br />

Gemeine. Schon jetzt in <strong>der</strong> Kampfeszeit wird den Engeln an <strong>der</strong> Gemeine die mannig-faltige Weisheit Gottes<br />

kund. In all den Führungen, Wegen und Erlebnissen <strong>der</strong> einzelnen Gemeineglie<strong>der</strong> kann in alle Ewigkeiten<br />

Gott gesehen und gelernt werden. In <strong>der</strong> Gemeine und an <strong>der</strong> Gemeine ist Gott in Christus aus-gestaltet.<br />

310<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und ihre Stellung zu Gott<br />

Alle Gottkräfte gehen durch den Sohn und vom Sohn durch die Gemeine hinaus. <strong>Die</strong> Gemeine ist die Quelle<br />

des Lebensstromes schon jetzt im Fleische, dann im Königreiche Christi und dann auf <strong>der</strong> neuen Erde.<br />

● Es will uns scheinen – doch ist das nur eine Meinung – dass <strong>der</strong> Heilige Geist, <strong>der</strong> den geborenen<br />

Söhnen direkt vom Herrn gegeben wird, bei <strong>der</strong> Ausgießung über alles Fleisch im Königreich aber von <strong>der</strong><br />

verklärten Gemeine ausgeht, in welcher Christus wohnt, als in Seinem Leibe. Jesus wirkt Sich eben durch<br />

Seinen Leib aus, wie je<strong>der</strong> Leib Auswirkungsstätte ist. So wun<strong>der</strong>bar ist die Gemeine hinein-gezogen in die<br />

Gottheit.<br />

● Wir verstehen bei solcher biblischen Erkenntnis ein Wort Oetingers immer besser, wenn er sagt:<br />

"Leiblichkeit ist das Ende <strong>der</strong> Werke Gottes." In gewisser Hinsicht wird ja alles hineingezogen in die Gottheit,<br />

gleichwie die Gottheit in <strong>der</strong> Menschwerdung Christi hineingezogen worden ist in die Kreatur. Aber das<br />

Hineingezogenwerden in die Gottheit hat Stufen. <strong>Die</strong> höchste wun<strong>der</strong>bare Stufe ist die Gemeinestufe. Wir<br />

verstehen jetzt wohl, wie ein Johannes erstaunt ausrufen muss: "Sehet, welch eine Liebe hat uns <strong>der</strong> Vater<br />

erzeigt, dass wir Gottes Kin<strong>der</strong> sollen heißen!" (1.Johannes 3,1).<br />

● Was hat aber eine solche Betrachtung unseres Standes in Gott für einen Wert? Sehr großen. Es gibt gar<br />

nichts Beugen<strong>der</strong>es als ein solches Wissen. Da bekommen wir einen Begriff von Gnade. Wer könnte hier<br />

etwas dazu tun? Niemals könnten wir uns so etwas auch nur träumen lassen. Da fällt <strong>der</strong> Geist anbetend<br />

nie<strong>der</strong>. Da bricht alle eigene Hoheit zusammen. Wer bin ich, dass Du mich dazu bereitest?<br />

67


311<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und ihre Stellung zu Gott<br />

Da wird Er, Sein Liebesplan und Sein Liebeswirken so groß – immer größer. Da heißt es wahrlich: "Was in<br />

keines Menschen Herz gekommen ist, das hat Gott bereitet denen, die Ihn lieben" (1.Korinther 2,9) Da bricht<br />

eine Liebe zu Gott durch, erzeugt von <strong>der</strong> überwältigend großen Liebe Gottes. Und wie ist Sünde so gemein in<br />

solchem Lichte! Wie ist Sorgen und Klagen so kleinlich bei solcher Gottgröße. Wie sind die Leiden dieser Zeit<br />

nicht wert <strong>der</strong> Herrlichkeit, die an uns soll offenbart werden (Römer 8,18)! Fürwahr, wer solche Hoffnung hat –<br />

lebendig hat –, <strong>der</strong> reinigt sich. Und auf <strong>der</strong> Gottseite stehen wir. Wie macht das die Stellung zur Welt so klar.<br />

Wir haben Gott und Seine Seite in <strong>der</strong> Welt zu vertreten. Wir sind durch Geburt Ihm gehörig. Das gibt Halt und<br />

Stand in den Kämpfen <strong>der</strong> Erde. Christusleute, Söhne, wandelt nur würdiglich dem Berufe, zu welchem ihr<br />

berufen seid (Epheser 4,1)! Es gibt ein geistgewirktes göttliches Selbstbewusstsein, das mit dem größten<br />

Niedrigkeitsbewusstsein in uns selbst verbunden ist. Je größer Gott in uns ist, um so nichtiger sind wir in uns<br />

selbst. Aber desto mächtiger steigt das Bewusstsein auf: "Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin"<br />

(1.Korinther 15,10).<br />

● Hier muss jedes <strong>De</strong>nken schweigen, hier muss jedes Tun zerbrechen, wenn man durch Offenbarung des<br />

Wortes und Geistes im Glauben die angebotene Kindschaft in Christo ergreifen kann und darf. Herr, was hast<br />

Du an mir getan! Es ist ja von Vorzug o<strong>der</strong> Vorrecht vor an<strong>der</strong>en keine Rede. Ich bin <strong>der</strong> Elendeste. Du hast<br />

ein Schlechtes Dir erlesen. Aber erlesen hast Du es, und ich glaube. Und ich will <strong>De</strong>inen Namen ehren und<br />

mich zum Kinde, Sohn und Mann machen lassen, und will in Dir jetzt und in Ewigkeiten in steigendem Maße<br />

ein Träger <strong>De</strong>ines Namens und <strong>De</strong>ines Planes sein.<br />

312<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und ihre Stellung zu Gott<br />

In Dir erfunden zu werden, das ist meines Lebens Stand und Ziel. Halte mich in <strong>De</strong>iner Gotthoheit, lass mich<br />

das Niedrige nicht ergreifen – und halte mich in <strong>der</strong> Niedrigkeit, dass ich <strong>De</strong>ine Hoheit erfasse.<br />

● Ja, das sind die, "die des Christus sind", wie Paulus sagt (1.Korinther 15,23). "Alles ist euer; ihr aber seid<br />

Christi; Christus aber ist Gottes", sagt er im ersten Korintherbrief Kapitel 3,23.24. Also sind wir Gottes durch<br />

Jesum Christum, unseren Herrn. Wir rühmen uns Gottes durch Ihn!<br />

68


313<br />

<strong>Die</strong> Stellung <strong>der</strong> Gemeine<br />

im Gesamtrat Gottes<br />

<strong>Die</strong> gespannte Erwartung <strong>der</strong> Gesamtschöpfung<br />

harret auf die Offenbarung <strong>der</strong> Söhne Gottes<br />

Römer 8,19<br />

● Wenn wir soviel von Gemeine reden, so möchte es aussehen, als lösten wir den Leib Christi aus dem<br />

Gesamtrahmen <strong>der</strong> göttlichen Offenbarung heraus. Das ist gewiss nicht <strong>der</strong> Fall. Aber die Gemeine <strong>der</strong> Söhne<br />

Gottes muss erst herausgelöst, zugebildet und vollendet sein, ehe sie ihre hohe Segensstellung im<br />

Gesamtrahmen <strong>der</strong> Offenbarung einnehmen kann. Unsere Römerstelle sagt ausdrücklich, die<br />

Gesamtschöpfung harre mit gespannter Erwartung auf die Offenbarung <strong>der</strong> Söhne Gottes. Erst die<br />

geoffenbarte, also die verklärte Söhnegemeine bringt auch ihr von Stufe zu Stufe die Freiheit von ihrem<br />

Eitelkeitsfluche. Freilich läuft <strong>der</strong> Gesamtrat Gottes immer und zu allen Zeiten, das heißt, Gott wirkt und waltet<br />

über allem stets unter Seinem Ratsgesichtspunkt und so, dass es zielmäßig läuft. Für die Gesamtheit <strong>der</strong><br />

Kreatur ist in je<strong>der</strong> Epoche auch eine Zeit ihres Weiterwachsens ihrer Vollendung entgegen. Aber es gibt doch<br />

für jedes Glied im Rate Gottes auch bestimmte Hauptauswachsungsperioden. Jede Abteilung im Rate Gottes<br />

hat ihre Hauptzeit. So halten wir dafür, dass jetzt die Hauptzeit <strong>der</strong> Gemeine sei. <strong>Die</strong> Ausbildung des Hauptes<br />

zu Seiner verklärten Geistleiblichkeit und damit zur Möglichkeit, das Erlösungswerk auszuwirken und zu<br />

vollbringen, hat Jahrtausende gedauert. Wird nun in einer Zeit ein Teil des Rates Gottes verwirklicht, so laufen<br />

die an<strong>der</strong>en Teile in dieser Zeit meist gerichtlich, wir könnten sagen: negativ.<br />

314<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine im Gesamtrat Gottes<br />

So gingen Nationen und Juden während <strong>der</strong> Zubereitungszeit des Hauptes auf Wegen, welche sie zur<br />

Erkenntnis <strong>der</strong> Sünde bringen sollten. <strong>Die</strong> Nationen waren dahingegeben. Sie bauten Selbstkulturen auf und<br />

sanken in dieselben und mit denselben zusammen und erfuhren auf diesem Wege die Furchtbarkeit des<br />

Gesetzes <strong>der</strong> Sünde und des Todes immer tiefer. <strong>Die</strong> Juden waren unters Gesetz geknechtet und sollten<br />

unter ihm den Fluch <strong>der</strong> Übertretung und <strong>der</strong> Verdammnis erfahren. Und währenddem trat in <strong>der</strong> Verheißung,<br />

aber auch in <strong>der</strong> Führung des jüdischen Volkes, <strong>der</strong> Sohn Gottes immer klarer heraus, bis die Stunde Seiner<br />

Menschwerdung erschienen war. Durch sie hindurch ging es zur geistleiblichen Verklärung und damit zur<br />

Möglichkeit <strong>der</strong> Auswirkung des erworbenes Heils.<br />

69


● Und nun kommt die Zeit <strong>der</strong> Söhne o<strong>der</strong> des Leibes. Und wie<strong>der</strong> laufen daneben an<strong>der</strong>e negativ. Das<br />

Judenvolk geht unter dem Fluch <strong>der</strong> Verbannung und Zerstreuung und reift darunter <strong>der</strong> Offenbarung <strong>der</strong><br />

Vollsünde, des aus-gewachsenen Ich-Wesens entgegen, aber in seinem gläubigen Teil wird es bußreif<br />

gemacht zur Annahme des Messias. <strong>Die</strong> Nationen laufen in <strong>der</strong>selben Zeit weiter, dahingegeben in Höhen<br />

und Tiefen und erleben die immer furchtbarere Macht des Gesetzes <strong>der</strong> Sünde und des Todes, Zugleich erlebt<br />

die satanische Ich-Geisterwelt ihre höchste Entfaltung und Herrschaft und ihren tiefsten Zerbruch. Das einzige<br />

Positive in dieser Gottepoche ist die Gemeine und was mit ihr geistlich zusammenhängt. Sie reift unter Leiden<br />

und Geistesglaubenswachstum ihrer Vollendung entgegen.<br />

● Wenn viele meinen, die Betonung <strong>der</strong> Gemeine und ihres Aufbaues im gegenwärtigen Äon sei ein<br />

Zerreißen des Rates Gottes, so verstehen solche Geister den Rat Gottes nicht.<br />

315<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine im Gesamtrat Gottes<br />

Bei vielen Geistern geht immer alles aufs Ganze. Gleichwie die Bibel, die Offenbarerin des Rates Gottes, so<br />

sehen sie auch den Rat Gottes selbst als einen einzigen Block. Für sie ist einfach eine gefallene Menschheit<br />

da, und die muss gerettet werden. Sie wird gerettet im eingeborenen Sohn. <strong>Die</strong>se Rettung ist im Gesetze<br />

vorbereitet und im mensch-gewordenen Sohne ausgeführt. Jetzt wird sie durch die Predigt des Evangeliums<br />

an alle Kreatur herangebracht. Was glaubt, wird selig, was nicht glaubt geht unendlich verloren. Es strebt alles<br />

auf den Jüngsten Tag zu, und dort ist die Scheidung. So ist's ja auch im großen, grundlegenden<br />

Kirchenbekenntnis, im apostolischen ausgeführt: <strong>De</strong>r Herr fährt nach vollbrachter Erlösung gen Himmel, und<br />

von dort kommt Er wie<strong>der</strong>, zu richten die Lebendigen und die Toten. Das ist, wir möchten sagen, eine rohe<br />

und formlose Anschauung. Es sind ja freilich lauter Wahrheiten, die da ausgesprochen sind, aber sie sind wie<br />

gewaltige unbehauene Klötze hingeworfen. Es ist keine <strong>Glie<strong>der</strong></strong>ung da, nichts ist geformt und<br />

ineinan<strong>der</strong>gefügt.<br />

● Gott ist organisch. Alles Organische ist gliedlich und geglie<strong>der</strong>t bis ins Allerfeinste hinein. <strong>De</strong>r organische<br />

Gott tut nichts ohne organische <strong>Glie<strong>der</strong></strong>ung. <strong>Die</strong> Gesamtkreatur ist aufs köstlichste geglie<strong>der</strong>t, und jedes<br />

einzelne Geschöpf ist in seiner Art wie<strong>der</strong> durchgeglie<strong>der</strong>t. Und jedes Glied hat seine beson<strong>der</strong>e<br />

Auswirkungszeit. Wie köstlich sehen wir das bei <strong>der</strong> Neuschöpfung, 1.Mose 1,3ff. <strong>De</strong>r erste Tag gilt dem Licht,<br />

<strong>der</strong> zweite <strong>der</strong> Feste, <strong>der</strong> dritte <strong>der</strong> Erde, dem Meer und den Pflanzen, <strong>der</strong> vierte den Gestirnen, <strong>der</strong> fünfte den<br />

Tieren, <strong>der</strong> sechste dem Menschen. Dabei ist klar, dass, je weiter diese Neuschöpfungsäonen vorrücken, um<br />

so mehr <strong>Glie<strong>der</strong></strong> wachstümlich vorhanden waren, aber für eines war jeweils in beson<strong>der</strong>er Weise <strong>der</strong> Äon da.<br />

316<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine im Gesamtrat Gottes<br />

● In jedem einzelnen Geschöpf ist die <strong>Glie<strong>der</strong></strong>ung, und es sind für jedes Glied beson<strong>der</strong>e Zeiten. Es gibt<br />

eine Zeit <strong>der</strong> Entfaltung <strong>der</strong> Knospen, es gibt eine Zeit <strong>der</strong> Entfaltung <strong>der</strong> Blüten, es gibt eine Zeit <strong>der</strong><br />

Entfaltung <strong>der</strong> Früchte. Und bei jedem Glied ist wie<strong>der</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong>ung, und wie<strong>der</strong> hat alles seine Zeit. Man wird<br />

dabei nicht sagen können, die Blüte son<strong>der</strong>e sich aus dem Gesamtwachstum <strong>der</strong> Pflanze aus, weil sie eine<br />

beson<strong>der</strong>e Zeit hat, in <strong>der</strong> sie allein erscheint. Sie wächst aus <strong>der</strong> Knospe und legt die Grundlagen zur Frucht.<br />

Sie steht in einem ganz festen Gesamtzusammenhange mit dem Ganzen, ist aber ein eigenartiges,<br />

bestimmtes Glied und hat ihre Glied-Offenbarungszeit.<br />

70


● So ist es nun auch mit dem Rate Gottes. Er ist etwas durch und durch Geglie<strong>der</strong>tes, und jedes Glied hat<br />

seine Zeit zur Ausbildung und seinen Zusammenhang mit allen <strong>Glie<strong>der</strong></strong>n. Sehen wir zunächst auf die<br />

<strong>Glie<strong>der</strong></strong>ung selbst. Da ist in unendlicher Gottmajestät <strong>der</strong> im Lichte wohnende, alles in Sich befassende, alles<br />

aus Sich herausgebende Gott-Vater. Von Ihm sind alle Dinge. Aus Ihm geboren sehen wir das erste Glied,<br />

das Zentralglied aller an<strong>der</strong>en <strong>Glie<strong>der</strong></strong> – den Sohn. <strong>De</strong>r Gott-Vater hat gewissermaßen, wenn wir so sagen<br />

dürfen, Seinen Äon, Seine eigene Zeit vor Grundlegung <strong>der</strong> Welten. Dort verkehrt Er mit dem Sohne in <strong>der</strong><br />

Kraft des Heiligen Geistes (Sprüche 8,22; Johannes 1,1). Dort empfängt <strong>der</strong> Sohn vom Vater Seine<br />

Herrlichkeitsfülle. Dort tut sich dem Sohne <strong>der</strong> Plan auf, und <strong>der</strong> Sohn tritt williglich in den Plan des Vaters ein<br />

(1.Petrus 1,20). Im Sohne glie<strong>der</strong>t sich schon <strong>der</strong> ewige Gott.<br />

317<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine im Gesamtrat Gottes<br />

Natürlich ist und bleibt <strong>der</strong> Gott-Vater <strong>der</strong> lebendige Wesensgrund aller <strong>Glie<strong>der</strong></strong>ungen, aber doch hat Er vor<br />

Grundlegung <strong>der</strong> Welten Seinen beson<strong>der</strong>en Äon. Mit den Schöpfungen gehen die <strong>Glie<strong>der</strong></strong>ungen weiter. <strong>Die</strong><br />

Schöpfungen und ihre Erlösungen sind <strong>der</strong> Äon des Sohnes in Beson<strong>der</strong>heit. In <strong>der</strong> Schöpfung und Erlösung<br />

<strong>der</strong> Kreaturen kommt <strong>der</strong> Sohn zu Seiner <strong>Glie<strong>der</strong></strong>ausbildung. <strong>De</strong>r Vater ist <strong>der</strong> unsichtbare Quellgrund, aber<br />

alles geschieht durch den Sohn. Erst erscheint Er als herrlicher Schöpfer (1.Johannes 1,3). Nach dem Fall<br />

Satans als gewaltiger Richter (vergleiche dazu Hesekiel 28,12-18; Jesaja 14,12-15), in 1.Mose 1,3ff. als<br />

Neuschöpfer, dann als Erlösungs-Vorbereiter (Lukas 24,27; Johannes 1,45), dann in <strong>der</strong> Menschheit als<br />

Erlöser (Matthäus 20,28), dann als verklärter Geist, <strong>der</strong> lebendig macht (1.Korinther 15,45). In diesen<br />

speziellen Sohnesäonen laufen von <strong>der</strong> Schöpfung an die <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Geisterwelten mit. <strong>Die</strong>se haben<br />

zunächst einen wun<strong>der</strong>baren Äon bis zum Fall, bis zu <strong>der</strong> In-Sich-Selbststellung Satans. Von da an laufen die<br />

Engel- und Geisterglie<strong>der</strong> mehr passiv gerichtlich. Satan arbeitet und wirkt unter ihnen und gewinnt sie im<br />

Laufe <strong>der</strong> Äonen bis zu einem Drittel, wie wir aus Offenbarung 12,4 wissen.<br />

● Nach den Äonen <strong>der</strong> Geister und ihres Falles tritt im Äon <strong>der</strong> Neuschöpfung ein neues Glied in den<br />

Ratsplan Gottes ein: <strong>der</strong> Mensch. Hier beginnt <strong>der</strong> Rat mit den Söhnen Gottes, den Ebenbil<strong>der</strong>n des Sohnes<br />

(Römer 8,29). <strong>Die</strong> Engelwelten sind reine Kreaturenwelten. Sie sind immer dabei, auch während <strong>der</strong> Äonen<br />

<strong>der</strong> Menschen. Aber ihr Erleben ist mehr ein zweitrangiges. Im Menschen tritt ein Glied aus Gottes<br />

Offenbarungsgrund hervor, welches, von Anfang an zu Gottes Bild bestimmt, im Mitherrschen und Mitregieren<br />

seine Aufgabe hat.<br />

318<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine im Gesamtrat Gottes<br />

In <strong>der</strong> Menschheit, in diesem Gliede, bei dessen Schöpfung Sich die ganze Gottheit bewegte, wird zunächst<br />

<strong>der</strong> Sohnes-kreis erweitert. Eine Auswahl von Söhnen wird zu Gleich-bil<strong>der</strong>n des Sohnes herausgeboren, und<br />

in diese senkt <strong>der</strong> eingeborene Sohn Seine Fülle und herrscht und regiert durch sie.<br />

● Aber zuvor kommt <strong>der</strong> Fall. Satan zieht das Menschheits-glied in seinen Ich- und Todesbereich. Dadurch<br />

treten in <strong>der</strong> Menschheit zunächst auch die negativen, die verneinenden Linien heraus und wirken sich in<br />

71


steigendem Maße aus. So sind die Engel- und die Menschenglie<strong>der</strong> in ein harrendes, wartendes und<br />

leidendes Wesen versetzt. Daher sind die nächsten Äonen von <strong>der</strong> Schöpfung des Menschen – besser<br />

gesagt, vom Fall des Menschen an, Zeitalter des ein-geborenen Sohnes. Er bereitet Sein Kommen in die Welt<br />

vor und tritt, als die Zeiten dafür reif und voll sind, heraus. Er vollbringt in Sündlosigkeit, in freiem Kreuz und<br />

Tod und im Auferstehen die Versöhnung und Erlösung. Dann tritt Er geistverklärt zurück und beginnt im Geiste<br />

die Auswirkung <strong>der</strong> Erlösung. Bei seiner Erhöhung treten zunächst die Engelglie<strong>der</strong> in neue Verhältnisse ein.<br />

Satan und seine Geister sind die Besiegten und Schaugetragenen und fahren herab zur Erde, unter den<br />

Menschen sich vollends auszuwirken. <strong>Die</strong> übrigen Engel werden dem erhöhten, sieghaften Herrn untertan,<br />

warten <strong>der</strong> weiteren Ausbauung des Rates Gottes und nehmen wachsend und dienend daran teil.<br />

● <strong>Die</strong> Menschheit, dies satansgefangene Glied, kommt nun zuerst zur Ausbildung und Durchbildung. Sie ist<br />

selbst wie<strong>der</strong> mannigfach geglie<strong>der</strong>t. <strong>De</strong>r innerste Kern <strong>der</strong> Menschheit, <strong>der</strong> Teil, und durch welchen die<br />

Erlösung weitergeht, ist die Söhnegemeine.<br />

319<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine im Gesamtrat Gottes<br />

Von Abel an schon immer vorbereitet in einzelnen <strong>Glie<strong>der</strong></strong>n, beginnt ihre eigentliche Ausbildungszeit nach <strong>der</strong><br />

geistver-klärten Erhöhung des Sohnes. <strong>Die</strong> schon aus den vergangenen Jahrhun<strong>der</strong>ten drüben Weilenden<br />

rücken ein in die Lebensgemeinschaft des erhöhten Sohnes und wachsen da bis zum Tage ihrer<br />

Versammlung im Herrn. <strong>Die</strong> an<strong>der</strong>en werden herausgeholt durch das Wort des Evangeliums dieses Äons. <strong>Die</strong><br />

Menschen nehmen die vollbrachte Erlösung, nehmen das Evangelium, bilden Kirchen und Staaten, sie<br />

formieren Christentum in <strong>der</strong> verschiedensten Ausprägung, und zwischen allem durch läuft in Passion die<br />

Söhnegemeine. <strong>Die</strong> Menschenmassen in den Nationen und die Juden, das auserwählte<br />

Offenbarungsträgervolk, von denen wir noch weiter reden werden, laufen in dieser Zeit passiv, gerichtlich. <strong>De</strong>r<br />

ganze Menschheitsweg, auch soweit er massenchristlich bestimmt ist, verläuft katastrophal – er endet mit<br />

Zusammenbruch. Im Zeitalter <strong>der</strong> Gemeine reift Satan aus und erfüllt die Menschenkreatur mit dem Ich-Geist,<br />

<strong>der</strong> ein Nein-Geist ist. Nur die Gemeine hat den Ja-Geist, indem sie in ihrem Ich zerbricht und Christi Ich in<br />

sich herrschen lässt durch den Geist. <strong>Die</strong> Gemeine, diese Auswahl aus <strong>der</strong> Menschheit, diese Erstlingsschar<br />

<strong>der</strong> Gläubigen, ist nach dem Sohne das nächste, vollendete Glied im Rate Gottes (1.Korinther 15,23). Nach<br />

ewiger Gottesvorsehung soll diese Gemeine die Fülle Christi in sich aufnehmen, das Offenbarungswerk des<br />

Sohnes weiterführen. Darum heißt sie auch Sein Leib (Epheser 1,23). <strong>De</strong>r Leib ist stets das ausführende<br />

Organ. <strong>Die</strong> guten Engel sind dabei Zuschauer und lernende und im Äußeren dienende Geister. <strong>Die</strong> bösen<br />

Engel müssen, den Gegensatz zu Gott auswirkend, <strong>der</strong> Gemeine ihr Kampfes-, Übungs- und<br />

Überwindungsfeld bereiten und zugleich dabei zum Zerbruch gehen.<br />

320<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine im Gesamtrat Gottes<br />

<strong>Die</strong> Gesamtmenschheit, in die Ich-Verführung Satans ein-gehend, feiert ihren Ich-Hochstieg und erlebt in ihm<br />

ihren Zerbruch. Unter all dem wird die Gemeine durch Wort und Geist genährt und wächst in <strong>der</strong> Liebe Christi.<br />

Während dieser Gemeinezeit, o<strong>der</strong> besser gesagt, Gemeine-Ausbildungszeit, tritt Christus selbst zurück. Er<br />

wirkt nur im Geist (2.Korinther 1,22; Epheser 3,17) und sitzt selbst im Himmlischen zur Rechten Gottes, des<br />

Vaters. Er gibt im Geiste Sich selbst <strong>der</strong> Gemeine, denn in ihr und durch sie will Er weiter wirken. So läuft <strong>der</strong><br />

Rat Gottes. <strong>Die</strong> ganze Kreatur und <strong>der</strong> Herr selbst sind in dieser Zeit nach klarem Schriftwort wartend. Am<br />

Erscheinungstag des Herrn, am Sammeltag <strong>der</strong> Gemeine, ist diese reif und vollendet. Nun ist <strong>der</strong> Vater im<br />

Sohne und <strong>der</strong> Sohn im Vater – und <strong>der</strong> Vater und Sohn im Geiste in <strong>der</strong> Gemeine und die Gemeine in Ihnen.<br />

72


<strong>Die</strong> Fülle Gottes, zuerst in das Urglied, in den Sohn gegossen, liegt jetzt in <strong>der</strong> vollendeten Gemeine. Sie ist<br />

die Fülle des, <strong>der</strong> alles in allem erfüllt.<br />

● Und nun geht die Offenbarung durch die Mitteilung <strong>der</strong> Gemeine weiter. <strong>Die</strong> ganze Menschheit ist ja von<br />

Anfang ihrer Erschaffung an zu einer zentralen Stellung unter den Kreaturen bestimmt. <strong>Die</strong>se zentrale Stellung<br />

bleibt. Was Gott Sich vorgenommen und was Er haben will, das muss doch endlich kommen zu seinem Zweck<br />

und Ziel. Ist nun das innerste Zentralorgan <strong>der</strong> Offenbarung die Gemeine in Christo, so geht die übrige<br />

Menschheit ihrer Stellung an an<strong>der</strong>en Plätzen entgegen. Nächst <strong>der</strong> Gemeine, <strong>der</strong> Fülleträgerin <strong>der</strong><br />

Geistgeborenen und Geistgefüllten, <strong>der</strong> Lebendigen, <strong>der</strong> voll und ganz Christus- o<strong>der</strong> Sohnes-verbundenen,<br />

hat Sich Gott und <strong>der</strong> eingeborene Sohn nach ewigem Rat als weiteres Ausführungsorgan das jüdische Volk<br />

erkoren.<br />

321<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine im Gesamtrat Gottes<br />

Er hat es zum königpriesterlichen Volk erwählt, und es hat seine Aufgabe als Heilsmittelträgerin an die<br />

Nationenmassen. <strong>Die</strong> vollendete Gemeine, welche eins ist in Gott und in Christo, gehört zum Urquell. Vom<br />

Vater geht die Fülle in den Sohn, vom Sohn in die Gemeine. Dabei wird die Gottfülle und Heilsfülle immer<br />

greifbarer und fassbarer. Schon im Sohn ist sie in den Menschheitsleib eingehüllt und durch Kreuz und Tod<br />

gegangen. In den Millionen Gottessöhnen aus den Menschen ist die Heilsfülle noch viel tiefer ins<br />

Menschheits-ganze eingeführt. Sie ist in Millionen von Einzelleben menschlicher und fassbarer geworden.<br />

Darum ist auch die vollendete Söhnegemeine schon im Tausendjährigen Reiche, dann im Jüngsten Gerichte,<br />

dann im neuen Jerusalem <strong>der</strong> Heilsquell, durch welchen die entbundenen Erlösungskräfte sich ergießen. <strong>Die</strong><br />

Welt zur Zeit des Königreichs Christi erhält das Maß ihrer Erneuerungs- und Geisteskräfte durch die in <strong>der</strong> Luft<br />

herrschende Gemeine. Darauf wartet alle Kreatur. Auf <strong>der</strong> neuen Erde ist die vollendete Gemeine <strong>der</strong> innerste<br />

Quell des Heils- und Lebensstromes in Christo Jesu, ihrem Herrn.<br />

● Aus <strong>der</strong> Gemeine trinken zunächst die Juden. <strong>Die</strong> "Juden vornehmlich" – das bleibt Grundgesetz. <strong>Die</strong><br />

Juden sind gesetzlich berufen. Sie haben es direkt mit den Nationen-massen zu tun. Da geht es nicht ohne<br />

Gesetz. Sie kommen zuerst unter das Schattengesetz und erfahren seinen Segen und seinen Fluch in ganzer<br />

Fülle. Nach ihrer Führung zur Buße durch den Gerichtsweg hindurch kommt <strong>der</strong> gläubige Teil, <strong>der</strong> Israelteil,<br />

ins Fülle-Lebensgesetz. Sie erhalten ihre königpriesterliche Ausrüstung. Sie evangelisieren zunächst die Welt<br />

im Königreich.<br />

322<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine im Gesamtrat Gottes<br />

<strong>Die</strong> Getreuen unter ihnen richten dann die Welt mit am Jüngsten Tag und wohnen im neuen Jerusalem,<br />

immerdar die Träger des Heils an die Seligen und an die in den Gefängnissen. Dabei zerfällt dieses<br />

Offenbarungsträgerglied, die Juden in zwei Teile. <strong>Die</strong> Glaubensgemeine in Christo dagegen steht in <strong>der</strong><br />

Einheit: Sie ist völlig christusgleich. <strong>Die</strong> Gesetzesgemeine <strong>der</strong> Juden bleibt in <strong>der</strong> Zweiheit: Sie hat einen<br />

Weibes- und einen Mannesteil. <strong>De</strong>r weibliche Teil bildet das Christus angetraute Weib. <strong>Die</strong> Glaubensgemeine<br />

hat an <strong>der</strong> vollendeten Männlich-Weiblichkeit Christi teil. Sie hat nach außen Mannescharakter. Ihr weiblicher<br />

Charakter ist innerlich. Gleichwie <strong>der</strong> Sohn den völlig weiblichen, den annehmenden und aufnehmenden<br />

73


Charakter nach innen – dem Vater zu – hat, nach außen dagegen – <strong>der</strong> Gemeine zu – den männlichen<br />

Charakter, so hat die Gemeine ihren weiblichen Charakter Christo zu – hier ist sie völlig annehmend und<br />

aufnehmend – ihren männlichen Charakter hat sie den Kreaturen zu – hier gibt sie die Lebenstinktur. In beiden<br />

aber ist sie eines. Das jüdische Volk bleibt seinem Gesetzescharakter entsprechend Zweiheit. Sein einwärts<br />

gerichteter Teil ist die Braut, das Weib; sein auswärts gerichteter Teil sind die Knechte (siehe Matthäus 25).<br />

Das Weib und die Knechte sind das zweite ausgebildete Glied, ein Doppelglied im Rate Gottes. Bilden die<br />

Söhne im neugeborenen Sohne das Allerheiligste, so bildet das jüdische, verklärte Volk das Heilige. Im<br />

Heiligen war immer ein Vorhof <strong>der</strong> Männer und einer <strong>der</strong> Weiber. Nach diesem auf gesetzlicher Seligkeits- und<br />

Herrlichkeits-Stufe aus-gebildeten Gliede, das wie<strong>der</strong> eine Stufe weiter hinab fassbarere und greifbarer ist,<br />

kommen dann die Seligen auf <strong>der</strong> neuen Erde und die zunächst noch Unseligen.<br />

323<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine im Gesamtrat Gottes<br />

Wir glauben nach <strong>der</strong> in den Gemeinebriefen den Söhnen Gottes geoffenbarten Weisheit, dass auch die zur<br />

Linken Gestellten ihre schwere Kerkerhaft, welche sie auf ver-schiedenen Stufen haben, noch verlassen<br />

werden. <strong>Die</strong> vollselige neue Erde wird dann die neue vollendete Weltzentrale, die Zentralsonne für alle<br />

an<strong>der</strong>en Welten sein. Nah dieser Seite hin werden alle Menschen endlich in eine Herrscherstellung <strong>der</strong><br />

ganzen Kreatur gegenüber eingerückt sein. <strong>Die</strong> Hütte Gottes ist eben bei den Menschen. <strong>Die</strong> verklärte<br />

Zentralsonne "Erde" wird <strong>der</strong> Segens-, Heils- und weitere Offenbarungs-Mittelpunkt für alle Kreaturen sein.<br />

Alle an<strong>der</strong>en Sonnen werden die Erdensonne umkreisen. <strong>De</strong>nn auf <strong>der</strong> Erdensonne wohnt Christus, wohnt die<br />

Gemeine, wohnt das Judentum, die herrschende Menschheit. An dieser wun<strong>der</strong>bar geglie<strong>der</strong>ten<br />

Erdenherrlichkeit lernen die an<strong>der</strong>en Geister – alle die gewaltigen und vielgeglie<strong>der</strong>ten Engelheere – ihren<br />

Gott von Ewigkeiten zu Ewigkeiten tiefer und weiter kennen.<br />

● In diesem ganzen Prozess nimmt nun, wie wir gesehen haben, die Gemeine eine ganz zentrale Stellung<br />

ein. Sie hat nach allen Seiten hin ihre Lebenszusammenhänge. Da hängt sie zunächst im Gott-Vater. <strong>De</strong>r<br />

Vater hat Seine erste und Zentraloffenbarung im Sohne und in den Söhnen. <strong>De</strong>r Sohn ist wesensmäßig aus<br />

Ihm geboren, gehört in Unendlichkeiten zu Ihm, die Söhne sind fleischlich in die sündige Kreaturen-welt<br />

hineingeboren und aus ihr durch den Geist wie<strong>der</strong> herausgeboren worden. Im Sohne und den verherrlichten<br />

Söhnen verklärt Sich <strong>der</strong> Vater am ersten und herrlichsten. Da wird Sein Vatername nach allen Seiten seiner<br />

Entfaltung hin kund. Wenn die Kreaturen den verklärten Sohn mit Seinem Söhneleib sehen, dann können sie<br />

in Wahrheit beten: "Unser Vater in den Himmeln" (Matthäus 6,9).<br />

324<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine im Gesamtrat Gottes<br />

Dann haben sie einen wun<strong>der</strong>bar tiefen und entfalteten Vaterbegriff. Darum haben auch die Söhne zum Vater<br />

die son<strong>der</strong>liche Stellung. Sie stehen durch den Sohn in Ihm und Er in ihnen. Sie haben den Vater in allen<br />

Lebenslagen, auch unter dem Gesetz <strong>der</strong> Sünde und des Todes gepriesen und geehrt und gelobt. Sie sind,<br />

nachdem sie geboren und vollendet sind, des Vaters Kronzeugen in allen Äonen.<br />

● Eine noch viel innigere Beziehung hat die Gemeine zum Sohne. Er ist <strong>der</strong> Erstgeborene unter vielen<br />

Brü<strong>der</strong>n. Durch den Geist des gekreuzigten und erstandenen Sohnes sind die Kin<strong>der</strong> Gottes geboren. Durch<br />

74


den Geist Jesu Christi sind sie erbaut und in Sein eigen Bild verklärt. <strong>Die</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes leben aus Jesus, in<br />

Jesus, zu Jesus. Sie sind Jesus-Ausgeburten, ein jeglicher in seiner Art. Sie sind das Eigentum Jesu, sie sind<br />

<strong>der</strong> Leib Jesu. Gleichwie <strong>der</strong> Sohn in <strong>der</strong> Fülle <strong>der</strong> ausgewirkte Vater ist, so sind die Kin<strong>der</strong> in ihrer Gesamt-<br />

Fülle <strong>der</strong> ausgewirkte Sohn. <strong>Die</strong> Kin<strong>der</strong> sind eine Einheit mit dem Sohne. Er ist ihr Leben und ihr alles, und sie<br />

sind Sein Eigentum. Gleichwie die Kin<strong>der</strong> den Vater im Sohne haben, so haben die Kreaturen den Sohn in<br />

den Söhnen. Etwas Lebensvolleres, Innigeres, Einheitlicheres, gegenseitig Lieben<strong>der</strong>es kann nicht gedacht<br />

werden als Sohn und Söhne. Sie sind ohne einan<strong>der</strong> überhaupt nicht zu denken. Für jedes Kind Gottes heißt<br />

es: "Im Wort, im Werk, in allem Wesen sei Jesus und sonst nichts zu lesen." Darum haben die Söhne auch<br />

Anteil an allen Entfaltungen <strong>der</strong> Herrlichkeit des Sohnes.<br />

● <strong>Die</strong> Söhne stehen zu Vater, Sohn und Geist in so innigem Zusammenhang, dass sie teilhaftig sind <strong>der</strong><br />

göttlichen Natur. Sie sind Zentral-Offenbarungsträger Gottes wohnen in <strong>der</strong> göttlichen Herrlichkeit des Sohnes.<br />

325<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine im Gesamtrat Gottes<br />

Man darf die Söhne nie zum reinen Kreaturen-Teil rechnen, obwohl sie in sich selbst die vornehmsten Sün<strong>der</strong><br />

sind, aber nach <strong>der</strong> Gnade sind sie hineingeboren und hineingehoben in den Gott-Teil. Das ist ihr wun<strong>der</strong>barer<br />

Zusammenhang mit Vater, Sohn und Geist.<br />

● Sie haben aber einen ebenso innigen Zusammenhang mit <strong>der</strong> Kreatur. Sie sind fleischgeborene<br />

Menschen. Sie teilen alles mit <strong>der</strong> Kreatur. Sie sind nach ihrem Erdenwesen Geschöpfe, und sie sind<br />

Geschöpfe, hineingeboren unter das Gesetz <strong>der</strong> Sünde und des Todes. Sie sind, wie einer einmal sagt, <strong>der</strong><br />

Mikrokosmos im Makrokosmos – die kleine Welt in <strong>der</strong> großen Welt. Sie tragen Wesensmerkmale aller<br />

Kreaturen an sich. Nach ihrem Seelenleben sind die Kin<strong>der</strong> Gottes, wie alle Menschen, den Engeln gleich.<br />

Nach dem Sündenstande haben sie teil am Wesen <strong>der</strong> gefallenen Engel, <strong>der</strong> Teufel. Sie gehören mitten hinein<br />

ins gefallene Menschengeschlecht. Sie haben auch tierisches und pflanzliches Wesen an sich. Überall<br />

gehören sie hin: von Gott bis zum Tode hinab. Darum können nur die Kin<strong>der</strong> Gottes auch allen etwas sein, ja<br />

sie können die Gottmittler und in Christo Jesu die Heilsmittler sein. Darum wartet alle Kreatur – Engel, Geister,<br />

Menschen, Tiere, Pflanzen und was genannt mag werden – auf die herrliche Freiheit <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes<br />

(Römer 8,21). <strong>Die</strong> Gemeine ist <strong>der</strong> Kernauszug <strong>der</strong> Kreatur, welcher, nachdem er göttlich verklärt ist, wie<strong>der</strong><br />

hineingehen wird in alle Kreatur zu ihrer Belebung und Verklärung.<br />

● Darum haben die Kin<strong>der</strong> Gottes zunächst auch eine tiefe Beziehung und einen Zusammenhang mit den<br />

Engeln und Geistern. <strong>Die</strong> guten Engel lernen jetzt schon und in den Ewigkeiten an den Kin<strong>der</strong>n Gottes die<br />

mannigfaltige Weisheit Gottes kennen (Epheser 3,10).<br />

326<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine im Gesamtrat Gottes<br />

Indem sie ihnen dienen, werden sie selber reicher und gefüllter durch die Erlebnisse mit ihnen. <strong>De</strong>n gefallenen<br />

Engelgeistern stehen die Kin<strong>der</strong> Gottes als ihre Überwin<strong>der</strong> gegenüber. In den Kin<strong>der</strong>n Gottes wird Satan und<br />

sein Heer durch Christi Kraft und Gnade unter die Füße getreten. In den Kin<strong>der</strong>n Gottes und durch sie zerstört<br />

Christus die Werke des Teufels. Und in ihnen als den geretteten und verklärten größten Sün<strong>der</strong>n ist auch für<br />

die gefallenen Geister noch Hoffnung. Gleichwie in den Kin<strong>der</strong>n Gottes <strong>der</strong> Tod aufgehoben ist, so wird nach<br />

1.Korinther 15 im Laufe <strong>der</strong> verschiedenen Auferstehungszeiten, in welchen die Kin<strong>der</strong> Gottes die<br />

75


Erstlingsstellung einnehmen, auch noch <strong>der</strong> Tod aufgehoben. <strong>De</strong>r Tod ist für sie Satan, gleichwie Christus das<br />

Leben ist.<br />

● Nächst den Engeln haben die Kin<strong>der</strong> Gottes einen engen Zusammenhang mit dem Volke Israel. Wenn<br />

Israel zur Buße und zur Ergreifung seines Heilsberufes kommt, erscheint ihm <strong>der</strong> Herr mit Seinen Heiligen.<br />

Unter diesen Heiligen sind auch viele Gotteskin<strong>der</strong> aus den Juden. Bei <strong>der</strong> Erscheinung Christi und Seiner<br />

Heiligen wird das jüdische Volk in seinem bußreifen Teile zerbrechen und durch Mittelung des Leibes Christi –<br />

denn <strong>der</strong> lebendigmachende Geist, Christus, tut alles durch Seinen Leib – dann auch gefüllt werden mit den<br />

Lebenskräften zur Ausübung seines Berufes im Königreich Christi. Jetzt schon in dieser Zeit sollen die Kin<strong>der</strong><br />

Gottes die armen Juden zu eifern reizen (Römer 11,14), dass sie auch ihren Beruf ergreifen (Römer 11,13.14).<br />

Sie eifern zunächst in negativem Sinn – sie hassen die Söhne Gottes in Christo. <strong>De</strong>r Eifer wird aber noch<br />

positiv werden – sie werden die Söhne Gottes noch lieben und aus ihnen leben.<br />

327<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine im Gesamtrat Gottes<br />

● Endlich haben die Kin<strong>der</strong> Gottes die tiefsten Lebens-beziehungen zu aller Kreatur. Jetzt hat jedes Kind<br />

Gottes einen Umkreis. Durch die Predigt des Evangeliums, welche doch von den Kin<strong>der</strong>n Gottes getragen<br />

wird, werden allerlei religiöse Stufen erweckt. Was im Königreich in <strong>der</strong> Fülle sein wird, geschieht schon jetzt<br />

in kleineren Kreisen, und hierin haben die Kin<strong>der</strong> Gottes ihre Aufgabe. In den natürlich religiösen und in den<br />

gesetzlich religiösen Kreisen haben die Kin<strong>der</strong> Gottes ihre Übungsschulen. Kommt <strong>der</strong> Tag <strong>der</strong> Offenbarung<br />

Christi an Judentum und Welt, dann ist es <strong>der</strong> Leib Christi, welcher in die ganze Kreatur die Lebenskräfte<br />

Christi eingießt. Gleichwie in diesen jetzigen Zeiten Satan und seine Geister den Todeseinfluss bewirken, so<br />

bewirken, nach Außerkurssetzung Satans, die Kin<strong>der</strong> Gottes den Lebenseinfluss. Darum wird auch <strong>der</strong><br />

Charakter <strong>der</strong> Elemente, <strong>der</strong> Pflanzen und <strong>der</strong> Tiere ein an<strong>der</strong>er, weil ein göttlicher Lebensstrom in ihnen<br />

mächtig wird durch die Kin<strong>der</strong> Gottes (Jesaja 11,5-9).<br />

● Und so geht es dann hinein in die Ewigkeiten. Vom Allerheiligsten Jerusalems aus, wo sie mit ihrem<br />

Herrn wohnen, geht <strong>der</strong> Lebensstrom über die neue Erde. Zu diesem Zentralberufe werden die Kin<strong>der</strong> Gottes<br />

jetzt zubereitet. Und diese Zubereitung geschieht durch ihre Auserwählung und Auserwähltmachung.<br />

Gleichwie <strong>der</strong> Heiland zu Seinen Lebzeiten, so sind jetzt Seine <strong>Glie<strong>der</strong></strong> die Herausgenommenen, die von <strong>der</strong><br />

Welt Verworfenen, die Vereinzelten, die Beson<strong>der</strong>en. Dabei haben sie aber unter diesem Elendsstande, wie<br />

oben gesagt, schon die Zentralstellung zu aller Kreatur, wie das Engeln, Geistern, Menschen und Dingen<br />

gegenüber mannigfach zum Ausdruck kommt. Kin<strong>der</strong> Gottes werden überall bemerkt. Erscheinen werden sie<br />

in ihrer Stellung aber erst, wenn Er erscheinen wird, ihr Erzhirte, und sie von Stufe zu Stufe mit Ihm aus<br />

Verklärung in Verklärung gehen.<br />

328<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine im Gesamtrat Gottes<br />

● <strong>Die</strong> ganze Kreatur in allen ihren Schöpfungen ist eine Einheit. Ihr Einheitszentrum in Leben und Licht ist<br />

Gott in Christo durch den Leib <strong>der</strong> Gemeine. Gelobt sei <strong>der</strong> Herr, <strong>der</strong> Sich also nah zu Menschenkin<strong>der</strong>n tut,<br />

und <strong>der</strong> die größten unter den Sün<strong>der</strong>n so wun<strong>der</strong>bar verklärt. <strong>Die</strong> Einheits-Gemeine hat eine beson<strong>der</strong>e<br />

Stellung in <strong>der</strong> Einheitskreatur und zu ihr.<br />

76


329<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine<br />

und ihre lebendige Hoffnung<br />

Gelobet sei <strong>der</strong> Gott und Vater unseres Herrn<br />

Jesus Christus, <strong>der</strong> nach dem Reichtum Seines<br />

Erbarmens uns wie<strong>der</strong>geboren hat zu einer<br />

lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung<br />

Jesu Christi von den Toten:<br />

zu einem unzerstörbaren und unbefleckten<br />

und unverwelklichen Erbe, das aufbewahrt wird<br />

in den Himmeln. 1.Petrus 1,3.4<br />

● Lebendige Hoffnung und Wie<strong>der</strong>geburt, lebendige Hoffnung und Gemeine gehören auf das engste<br />

zusammen. Wo die Gemeine nicht erkannt wird, ist auch das lebendige Hoffnungsgut dahin. Darum sind auch<br />

die christlichen Kirchen, je mehr sie volks- und massenmäßig gerichtet wurden, an ihrem Hoffnungsgut je<br />

länger, je mehr verarmt. Es ist nur ein kümmerlicher Rest von Hoffnung, welcher dem allgemeinen christlichen<br />

Volksbewusstsein verblieben ist. Und vielfach wird als Hoffnungsgut das betrachtet, was <strong>der</strong> lebendige Glaube<br />

schon in dieser Welt hat und haben kann. Man will selig werden – wo doch die Losung des Glaubens heißt:<br />

selig sein in Christo Jesu, unserem Herrn, und auf Grund des Seligseins herrlich werden. Es ist vieles als<br />

Hoffnung in den Himmel verschoben, was die Kin<strong>der</strong> Gottes als Gnadengut schon auf <strong>der</strong> Erde haben. Und<br />

die ganze Hoffnung, die man noch hat, ist in die unsichtbare Welt, in den Himmel hineinverlegt, während die<br />

lebendige Hoffnung <strong>der</strong> Gläubigen ganz entschieden diesseitig ist, sie umfasst ja den wie<strong>der</strong>kommenden<br />

Herrn.<br />

77


● <strong>Die</strong> Verschiebung des ganzen Christentums durch die Ausrichtung auf die Massen tritt auf dem Gebiet<br />

<strong>der</strong> Hoffnung am deutlichsten heraus.<br />

330<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und ihre lebendige Hoffnung<br />

Eigentlich und wesentlich betrachtet haben wir von Natur ja alle keine Hoffnung. <strong>De</strong>shalb kann auch Paulus<br />

1.Thessalonicher 4,13 sagen: "Wir wollen euch aber, liebe Brü<strong>der</strong>, nicht in Unwissenheit lassen in betreff<br />

<strong>der</strong>er, die da schlafen , damit ihr nicht betrübt seid wie die, die keine Hoffnung haben." Hier sind die<br />

Menschen, die nicht Kin<strong>der</strong> Gottes sind, als solche bezeichnet, welche keine Hoffnung haben. Irren wir uns<br />

nicht, an ein Weiterleben nach dem leiblichen Tode glauben alle Menschen. Und sie malen sich dieses<br />

Weiterleben in den verschiedensten Farben aus. <strong>Die</strong> wenigen, welche in Frevel gegen die uns angeborene<br />

Natur ein Weiterleben leugnen, kommen nicht in Betracht. Sie versündigen sich am Naturbestand <strong>der</strong><br />

Schöpfung. Im Grunde glauben sie auch ihre Theorie nicht. Weiterleben ist Schöpfungssache – alles lebt<br />

weiter. Aber dieses natürliche Weiterleben geschieht unter dem Tode. Darum kann dies Weiterleben nicht als<br />

Hoffnung bezeichnet werden. Hoffnung schließt Gutes, schließt Seliges, schließt Friede und Freude in sich.<br />

Das Weiterleben hat aber solches nicht ohne weiteres in sich, son<strong>der</strong>n liegt unter dem Todesfluch. Wenn die<br />

Menschheit von einem Wie<strong>der</strong>sehen redet, so hat sie ganz recht – es fragt sich nur: wo und wie? Für die<br />

übergroße Masse ist es ein Wie<strong>der</strong>sehen im Totenreiche, bei sehr vielen nicht unter den angenehmsten<br />

Umständen. Darum ist selbst im Alten Testament <strong>der</strong> Zustand im Totenreich sehr trübe geschil<strong>der</strong>t. "Im Tode<br />

lobt man Dich nicht" (Psalm 115,17). "In die Grube fahren" (Psalm 28,1) ist den Frommen des Alten Bundes<br />

nichts Erfreuliches. Nur soviel Glauben da war an den Verheißenen, welcher kommen sollte, soviel war auch<br />

Hoffnung da. Und die an den Herrn Gläubigen waren wenigstens in einer erträglichen Lage in Abrahams<br />

Schoß und freuten sich dort, den kommenden Tag Christi zu sehen. Aber im Totenreich waren auch sie.<br />

331<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und ihre lebendige Hoffnung<br />

Niemand kam vor <strong>der</strong> Auferstehung des Herrn aus dem Totenreiche, auch ein Mose und Elia nicht, wiewohl<br />

sie dem Herrn erschienen. So sind und bleiben auch die Menschen unserer Tage im Totenreich bis zum Tage<br />

ihrer Auferstehung, soweit sie nicht aus Gott geboren sind. Es gibt da im Totenreich die allerverschiedensten<br />

Stände – seligere und unseligere. Viele von denen, welche sich auf die Predigt des Evangeliums hin Christo<br />

zuwandten, ohne aber aus Gott geboren zu sein, werden an guten und seligen Orten des Tages ihrer<br />

Auferstehung warten. Aber bis zum Tausendjährigen Reiche o<strong>der</strong> auch bis zum Jüngsten Gerichte bleiben sie<br />

unter dem Todeswesen. Es ist bezeichnend, dass diese unwie<strong>der</strong>geborenen, aber Christus zugewandten<br />

Geister selbst es bekennen, dass sie warten müssten bis zum Jüngsten Gericht. Bekennt die Massen-kirche<br />

doch selbst im Glaubensbekenntnis gleich nach dem "aufgefahren in den Himmel" das Jüngste Gericht: "von<br />

dort wird Er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten". Das Glaubensbekenntnis weiß nichts von den<br />

wun<strong>der</strong>baren Hoffnungsstufen, welche dazwischen liegen. So gehen in unseren Tagen <strong>der</strong> Predigt des<br />

Evangeliums gewiss viele in einem gewissen Frieden und in einer gewissen Seligkeit hinüber ins Totenreich,<br />

aber dort warten sie dann auf ihren Auferweckungstag am Jüngsten Gericht. Sie werden gewiss um ihres Hingeneigt-seins<br />

zu Jesu willen an erträglichen Orten sein, aber aus dem Totenreiche herausgenommen werden<br />

sie erst in ihrer Ordnung o<strong>der</strong> Schlachtreihe, wie es 1.Korinther 15,23 ausdrückt, und <strong>der</strong> Tag ihrer Ordnung ist<br />

das Jüngste Gericht.<br />

78


332<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und ihre lebendige Hoffnung<br />

Es ist auch auf dieser Welt schon ganz deutlich dieser Unterschied zwischen den Gottgeborenen und ihrer<br />

lebendigen Hoffnung und diesen sagen wir einmal kurz: "Bekehrten", zu merken. <strong>Die</strong> Bekehrten sind und<br />

bleiben im innersten Wesen immer noch mehr o<strong>der</strong> weniger diesseitig gerichtet, selbst bei geistlichen<br />

Unternehmungen; die Gottgeborenen aber sind ewigkeitsmäßig orientiert. Bei aller Hoffnung auf Christus,<br />

welche diese Bekehrten haben, ist ihnen doch keine lebendige Hoffnung eigen, ihr Weg geht ins Jüngste<br />

Gericht, das setzt <strong>der</strong> Hoffnung einen Dämpfer auf. So bleibt die übergroße Menge <strong>der</strong> Menschen im Tode<br />

und im Totenreich, wenn auch in sehr verschiedenen Zuständen und Umständen. <strong>De</strong>r Jüngste Tag erst wird<br />

sie zum Leben <strong>der</strong> Seligen o<strong>der</strong> zum an<strong>der</strong>en Tode führen. Dort fällt ihre Entscheidung, von welcher sie<br />

allerdings schon im Totenreich einen Vorgeschmack haben, so gut wie Lazarus und <strong>der</strong> reiche Mann. Eine<br />

ganze, volle, reiche, lebendige Hoffnung haben alle Nichtwie<strong>der</strong>geborenen noch nicht.<br />

● <strong>Die</strong> lebendige Hoffnung beruht auf <strong>der</strong> neuen Geburt. Hier ist durch Einwohnung des Heiligen Geistes<br />

das ewige Leben. <strong>Die</strong> Wie<strong>der</strong>geborenen sind jetzt schon in dieser Welt aus dem Todeswesen<br />

herausgenommen. Sie sind vom Tode zum Leben hindurchgedrungen. Wer an den Sohn glaubt, <strong>der</strong> hat das<br />

ewige Leben (Johannes 3,36). Seid ihr nun mit Christus auferstanden, so suchet, was droben ist, da Christus<br />

ist (Kolosser 3,1). Wir sind samt Christus gepflanzt worden zum gleichen Tode, so werden wir auch Seiner<br />

Auferstehung gleich sein (Römer 6,5). Im Wie<strong>der</strong>geborenen ist das Leben zunächst als wachsen<strong>der</strong> Keim,<br />

aber es ist da – und so hat er auch eine lebendige Hoffnung. Was werden soll, wächst schon in ihm – es ist<br />

Leben. Hier ist <strong>der</strong> Tod ausgeschaltet und wird es alle Tage mehr.<br />

333<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und ihre lebendige Hoffnung<br />

Ist jemand in Christo, so ist er eine neue Kreatur – er wird nimmermehr sterben. Christus stirbt hinfort nicht<br />

mehr (Römer 6,9), also auch wir nicht. Das ist eine ganz lebendige, kraft des Siegels des Geistes klar<br />

angeeignete, untrügliche Hoffnung. Kin<strong>der</strong> Gottes sind in diesem Leben schon im wachsenden Werden<br />

dessen, was aus ihnen werden soll in <strong>der</strong> Vollendung. Ihre Hoffnung ist Gewissheit und ist nur insofern<br />

Hoffnung, als noch nicht erschienen ist, was wir sein werden. Wir wissen aber, wenn es erscheinen wird, dass<br />

wir Ihm gleich sein werden, wie Er ist (1.Johannes 3,2).<br />

● Weil diese Hoffnung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes Leben ist, gegenwärtiges Leben, gegenwärtiger Heiland in uns,<br />

darum durchdringt sie auch unser ganzes gegenwärtiges Leben. Wer solche Hoffnung hat, <strong>der</strong> reinigt sich<br />

(1.Johannes 3,3). Es ist uns Geistesbedürfnis, im Elemente unserer Hoffnung, in Christo, zu wandeln. Wir<br />

schicken da das Herz hinein, wo wir ewig zu sein wünschen.<br />

● Was ist nun diese große, lebendige Hoffnung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes? Sie wird mit einem einzigen Wort<br />

bezeichnet, und dies Wort heißt: Auferstehung. Über dies Wort herrscht viel Missverständnis. Mit allen<br />

möglichen Entleerungen und Füllungen tritt es uns entgegen. Nach <strong>der</strong> Schrift ist es die geistleiblich verklärte<br />

Rückkehr auf diese Erde. Das sollten wir eigentlich schon an unserem Heiland lernen. Er war auferstanden,<br />

als Er geistleiblich verklärt auf diese Erde zurückkehrte. Zuerst gehört also zur Auferstehung die geistleibliche<br />

Verklärung. Niemand ist auferstanden, wenn er nicht die geistleibliche Verklärung hat. <strong>Die</strong> wie<strong>der</strong>-geborenen<br />

79


Menschen sind deswegen Auferstandene, weil <strong>der</strong> geistleiblich verklärte neue Mensch in ihnen schon wirksam<br />

und lebendig ist.<br />

334<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und ihre lebendige Hoffnung<br />

Was <strong>der</strong> Heilige Geist unseres geistleiblich verklärten Herrn Jesu Christi in uns schafft, das ist ein völlig neuer<br />

Mensch in geistleiblicher Verklärung. Wir haben <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>geburt auch schon den neuen Leib samenmäßig<br />

und wachstümlich. <strong>De</strong>r neue Gesamtmensch ist in <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>geburt angelegt und wird durch Wort und<br />

Sakrament genährt. Und diesen geistleiblich verklärten Menschen haben wir auf dieser Erde – in unserem<br />

gegenwärtigen Leben – schon in uns, gleichwie ihn <strong>der</strong> Heiland in Seiner Weise nach Seiner Auferstehung auf<br />

dieser Erde hatte. Darum sind wir Auferstandene. Darum haben wir oben auch gesagt, alles, was nicht aus<br />

Gott geboren sei, müsse in seligen o<strong>der</strong> unseligen Zuständen im Totenreich auf den Tag Seiner Auferstehung<br />

warten. Erst am Jüngsten Gerichtstage werden diese Geister entwe<strong>der</strong> herrlich geistleiblich verklärt o<strong>der</strong> zur<br />

Schande geistleiblich verklärt, auf diese Erde, die dann verklärt sein wird, zurückkehren. <strong>Die</strong> mit Schanden<br />

geistleiblich Verklärten werden an den untersten Örtern <strong>der</strong> neuen Erde leiden; die herrlich geistleiblich<br />

Verklärten werden in oberen, lichthellen Orten selig sein. Auch ihre Auferstehung ist aber eine geistleiblich<br />

verklärte Rückkehr auf die Erde; sie geschieht aber in ihrer Ordnung. <strong>Die</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes also sind in ihrem<br />

Glaubenswesen jetzt schon geistleiblich verklärt auf dieser Erde. Sie tragen diesen Schatz in irdenen<br />

Gefäßen. <strong>De</strong>r Leib ist noch tot um <strong>der</strong> Sünde willen. <strong>Die</strong> Hoffnung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes ist aber die, dass sie in<br />

ausgewachsener, geistleiblicher Herrlichkeit auf dieser Erde noch erscheinen werden. <strong>Die</strong> Hoffnung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong><br />

Gottes ist keine jenseitige, son<strong>der</strong>n eine diesseitige.<br />

335<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und ihre lebendige Hoffnung<br />

Wer dies diesseitige nicht fasst, <strong>der</strong> fasst die ganze Auferstehung nicht. Auf-Erstehung heißt doch dem<br />

Wortlaute nach – wie<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Erde stehen. <strong>Die</strong> Hoffnung ins Jenseits, in den Himmel verlegen, heißt sie<br />

entwerten. Freilich ist jetzt unser Wandel im Himmlischen, weil <strong>der</strong> Heiland bis auf Seinen Tag dahin<br />

zurückgegangen ist. Freilich sind die Güter, mit denen wir gesegnet werden, himmlische, weil sie uns vom<br />

Vater <strong>der</strong> Himmel im Sohne gegeben sind. Freilich werden viele Heilige, ehe <strong>der</strong> Tag <strong>der</strong> Auferstehung <strong>der</strong><br />

Gemeine in seiner Fülle kommt, inzwischen noch versetzt ins Himmlische und reifen dort aus. Das alles ist<br />

wahr, aber unser Voll-Auferstehungstag wird <strong>der</strong> Tag unseres geistleiblich verklärten Erscheinens auf dieser<br />

Erde sein. Kin<strong>der</strong> Gottes warten auf ihren erscheinenden Herrn. Das ist die Entleerung <strong>der</strong> Hoffnung, dass<br />

man alles in die Himmel verlegt hat. Dadurch hat man den ganzen Offenbarungsrat verschoben. <strong>Die</strong> nächste<br />

Hoffnung <strong>der</strong> Gläubigen in <strong>der</strong> Schrift war <strong>der</strong> Tag des Herrn. Und so fest und klar hatten sie dieses<br />

Hoffnungsziel, dass es in allen Gemeinen ein Trauern gab, als die ersten Gläubigen starben. Paulus musste in<br />

Korinth und in Thessalonich starke Trost-gründe bringen, um die Gläubigen darüber zu beruhigen, dass die<br />

Entschlafenen gegenüber den Lebenden nicht im Nachteil wären, wenn <strong>der</strong> Herr käme. <strong>Die</strong> Sammlung <strong>der</strong><br />

80


Gemeine durch den kommenden Herrn zu ihrer gliedlichen Herrlichkeitsvereinigung im Herrn, das ist ihr erstes<br />

Hoffnungsziel.<br />

● Man hat diesen Tag gewöhnlich die Erstauferstehung genannt. Das Wort Erstauferstehung genannt. Das<br />

Wort Erstauferstehung kommt nur in Offenbarung 20,5 und 6 vo, und gerade dort möchten wir es nicht auf die<br />

Gemeine beziehen.<br />

336<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und ihre lebendige Hoffnung<br />

<strong>De</strong>r ganze Zusammenhang dort weist auf das Tausend-jährige Reich. Nun soll aber nach Hesekiel 37 schon<br />

am Anfang des Tausendjähriges Reiches eine Auferstehung <strong>der</strong> Juden stattfinden. <strong>Die</strong>se Auferstehung <strong>der</strong><br />

zum Weibe und zu Knechten des Reiches bestimmten Juden wäre dann gegenüber <strong>der</strong> erst zum Jüngsten<br />

Gerichte erfolgenden Nationenauferstehung die erste Auferstehung. <strong>Die</strong>se hatten ihren Anfang gleich nach<br />

<strong>der</strong> Auferstehung des Herrn genommen, wo viele Juden in <strong>der</strong> heiligen Stadt erschienen (Matthäus 27,52.53).<br />

<strong>Die</strong>selbe kam aber nicht zur weiteren Durchführung wegen <strong>der</strong> Verwerfung des erstandenen Herrn durch die<br />

Juden. Darum müssen die Märtyrer unter dem Altar (Offenbarung 6,11), die Juden sind – Heilige, die den<br />

Märtyrertod erlitten haben – noch warten, bis die letzten jüdischen Märtyrer unter dem Antichristen noch dazukommen.<br />

Davon berichtet Offenbarung 20,4. Das ist die erste Auferstehung. <strong>Die</strong>se erste Auferstehung <strong>der</strong><br />

Juden am Anfang des Tausendjährigen Reiches entspricht <strong>der</strong> Bezeich-nung des Volkes Israel als<br />

erstgeborenen Sohnes des Herrn gegenüber den Heiden. <strong>Die</strong> Auferstehung <strong>der</strong> Gemeine bezeichnet Paulus<br />

nicht als Erstauferstehung, vielmehr einmal in Philipper 3,11 als Ausauferstehung. <strong>Die</strong>ses Wort Aus-<br />

Auferstehung verstehen wir als eine Auswahl-auferstehung. <strong>Die</strong> Sammlung <strong>der</strong> Gemeine in ihrem Herrn kann<br />

man ja nicht als Erstauferstehung bezeichnen, weil die Gemeine nie im Totenreich war. <strong>Die</strong> Juden <strong>der</strong> Erstauferstehung<br />

waren alle im Totenreich und sind die ersten von den an<strong>der</strong>en Toten, die herausgehen. <strong>Die</strong><br />

<strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine stehen schon hier auf Erden auf. Sie sind im Tode schon als lebende Mensch<br />

entnommen und kommen nie ins Totenreich.<br />

337<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und ihre lebendige Hoffnung<br />

Sie essen hier im Erdentale schon die Frucht <strong>der</strong> Auferstehung Christi. Sie sind die Lebenden aus den Toten.<br />

Sterben sie des leiblichen Todes, so gehen sie zu ihrem Herrn, bis auf Seinen Tag. <strong>Die</strong> Erstlinge <strong>der</strong> Gemeine<br />

vor <strong>der</strong> Auferstehung des Herrn sind nach Seiner Auferstehung direkt zu Ihm hingerückt. Bei <strong>der</strong> Sammlung<br />

<strong>der</strong> Gemeine bringt <strong>der</strong> Herr die schon bei Ihm befindlichen <strong>Glie<strong>der</strong></strong> mit, und die noch auf Erden befindlichen<br />

werden Ihm entgegengerückt (1.Thessalonicher 4,17). <strong>Die</strong> Auferstehung <strong>der</strong> Gemeine ist eine fortlaufende. Mit<br />

jedem gläubigen Kinde Gottes steht wie<strong>der</strong> eines auf. <strong>De</strong>r Tag des Herrn ist dann ihr gemeinsamer<br />

Vollendungstag. <strong>Die</strong>ser ist jedenfalls am Anfang des Tausendjährigen Reiches und fällt mit <strong>der</strong> Bindung<br />

Satans zusammen, dessen Luftsitze dann die Gemeine einnimmt. So ist die erste Hoffnung <strong>der</strong> Gemeine ihre<br />

Vollendung und <strong>der</strong> Tag dieser Vollendung in <strong>der</strong> Ankunft des Herrn zu ihr. <strong>De</strong>s Herrn Tag, <strong>der</strong> große,<br />

herrliche Einigungstag aller <strong>Glie<strong>der</strong></strong>, die geistleiblich verklärte Vollendung aller Gläubigen, das ist die nächste<br />

Hoffnung <strong>der</strong> Gemeine. Vollendet in ihrem Herrn sein, das ist ihre Erwartung. Ihre Hoffnung umfasst beides:<br />

den Herrn und die Brü<strong>der</strong>, das Haupt und den Leib. Es ist ein Kennzeichen <strong>der</strong> neuen Geburt, dass sich die<br />

81


Hoffnung unseres Lebens auf den Herrn und Seinen Tag einstellt. <strong>Die</strong>se Hoffnung kann man nicht an sich<br />

reißen, die wächst heraus aus dem Gotteskindschaftswesen.<br />

● Aus dieser Grundhoffnung auf des Herrn Tag ergibt sich dann die ganze an<strong>der</strong>e Hoffnung und ihre Fülle.<br />

<strong>Die</strong> geistleiblich verklärte Verherrlichung im Luftgebiet dieser erde nennt die Schrift: Krone, Siegeskrone,<br />

Kleinod, vor-gestecktes Ziel, Krone des Lebens, Krone <strong>der</strong> Gerechtigkeit. <strong>Die</strong>ses Siegesleben haben die<br />

Gläubigen schon hier, wann und wo sie in Christo Jesu überwinden.<br />

338<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und ihre lebendige Hoffnung<br />

Es bricht aber am Tage des Herrn in seiner Herrlichkeit aus. Wenn Christus, unser Leben, Sich offenbaren<br />

wird, werden auch wir mit Ihm offenbart werden in Seiner Herrlichkeit (Kolosser 3,4). Nach <strong>der</strong> Versammlung<br />

<strong>der</strong> Gemeine erscheint <strong>der</strong> Herr auf Zion zum Sturze des Antichristen und zum Gericht über alle<br />

Malzeichenleute. Da wird Er erscheinen mit Seinen Heiligen (2.Thessalonicher 1,10), und das ist unsere<br />

weitere Hoffnung, dass wir dort dabeisein dürfen. Das wird sich auch auf dieser Erde vollziehen und ebenso<br />

das Gericht über das jüdische Volk und <strong>der</strong> Zerbruch seines gläubigen Teiles durch den Herrn und Seine<br />

Gemeine. Wenn sie sehen, in welchen sie gestochen haben, ist die Gemeine beim Herrn mit dabei – in die<br />

haben sie auch gestochen. Und wenn dann alle Nationen zerbrechen und unter Christus wie<strong>der</strong> auferstehen,<br />

sind immer die verklärten Heiligen beim Herrn mit dabei. Auch das in jenen Tagen aus den Juden gesammelte<br />

und verherrlichte Weib wird den Sohn, den Mann in seiner Mannesschöne, mit den geistleiblich vollendeten<br />

Söhnen sehen. <strong>Die</strong> Zeit des dann heraufrückenden Tausendjährigen Reiches wird eine große Zeit <strong>der</strong><br />

Gemeine sein. Sie wird von <strong>der</strong> Luft her dem in ihr in <strong>der</strong> Fülle wohnenden Geiste Christi Raum schaffen auf<br />

<strong>der</strong> Erde. Sie schafft gewissermaßen die Gott-Lüfte, in welchen die Menschen dann leben werden. War vorher<br />

die Teufel-Tinktur herrschend in allem, so jetzt die Gott-Tinktur. <strong>Die</strong> schaffen die verklärten Erben Gottes.<br />

Darum wartet auch jetzt schon die ganze Kreatur Gottes auf sie. Da ist ihre große göttliche Aufgabe während<br />

des Tausendjährigen Reiches. Am Schluss desselben dürfen dann die verklärten Gottsöhne den letzten<br />

Ansturm in Gog und Magog mit nie<strong>der</strong>werfen.<br />

339<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und ihre lebendige Hoffnung<br />

Dann kommt das Jüngste Gericht. Da umstehen sie den herrlichen Gerichtsherrn. Sie erhöhen Seine<br />

Herrlichkeit und richten mit. Nach dem Gerichte entsteht die neue Erde. Da sind die Gottessöhne im neuen<br />

Jerusalem <strong>der</strong> Tempel Gottes. Sie bilden mit dem Haupte das Allerheiligste. Von dieser Zentrale geht die<br />

Gottfülle durch das Weib und die Knechte auf die neue Erde über. <strong>De</strong>r Lebensstrom hat in Christo und den<br />

Seinen Quell und Brunn. <strong>Die</strong> innerste Licht- und Lebenszentrale zu sein, ist die ewige, herrliche Aufgabe <strong>der</strong><br />

verklärten Söhne Gottes. Und so geht es von Äon zu Äon, bis sie sich mit ihrem herrlichen Haupt dem Vater<br />

untertan machen, wenn alles untergetan ist, auf dass Gott sei alles in allem (1.Korinther 15,28).<br />

● So ist die lebendige Hoffnung <strong>der</strong> Gemeine und ihrer <strong>Glie<strong>der</strong></strong> eine wachstümliche. Sie steigt von Stufe zu<br />

Stufe. Sie ist lebendig, weil sie wächst. So wächst sich das Kronenleben aus von Ewigkeit zu Ewigkeit. Das ist<br />

das unzerstörbare, unbefleckte und unverwelkliche Erbe. Es wird einstweilen bewahrt in den Himmeln in<br />

Christo. Es ist aber bestimmt, offenbar zu werden auf Erden. All unsere Hoffnung verwirklicht sich auf Erden.<br />

82


Ihr Anfang ist im Fleischesleibe, ihr Fortgang auf <strong>der</strong> Erde des Tausendjährigen Reiches, ihr Ziel aber auf <strong>der</strong><br />

neuen Erde.<br />

● Dann hat aber die Gemeine, abgesehen von sich selbst und dennoch verbunden mit ihr selbst, noch eine<br />

einzigartige große Hoffnung, die sich auf die ganze Welt bezieht. <strong>Die</strong> ganze Kreatur wartet ja auf die herrliche<br />

Freiheit <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes (Römer 8,21). <strong>Die</strong> verklärte Sohnesgemeine ist im Sohne Gottes die<br />

Lebenszentrale aller Kreatur. Von ihr geht die Lebenstinktur zur Erneuerung quellmäßig aus. Darum ist auch<br />

dieser Söhnegemeine und ihren <strong>Glie<strong>der</strong></strong>n schon auf dieser Erde eine große Hoffnung für die ganze Kreatur<br />

gegeben.<br />

340<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und ihre lebendige Hoffnung<br />

<strong>Die</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes wissen, dass <strong>der</strong> Rat Gottes aufs Ganze geht und auch ganz hinausgeführt werden wird.<br />

<strong>Die</strong>ser Einblick ins Ganze – im Anfang und im Ziele – ist ein Vorrecht <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes. <strong>Die</strong> Kin<strong>der</strong> sind<br />

daheim im ganzen Hause. <strong>De</strong>r heilige Kindschaftsgeist leitet in alle Wahrheit. Erweckten, Erleuchteten und<br />

Bekehrten ist es nicht gegeben, in diese ganze Wahrheit innerlich hineinzuschauen. Sie steht darum auch<br />

nicht in den Königreichs-Schriften <strong>der</strong> Bibel. Auch <strong>der</strong> Heiland redet darum in den drei ersten Evangelien nicht<br />

davon. <strong>Die</strong> Gemeine-Schriften aber, beson<strong>der</strong>s die Paulusbriefe, sind voll davon. Es ist klar, dass auch heute<br />

noch alle, die sich auf dem Bekehrungs- und Königreichsboden bewegen, diese Hoffnung nicht haben – und<br />

sie bezeugen auch, dass sie in ihren biblischen Schriften nicht stehe. Wir aber, die wir aus unendlicher Gnade<br />

in Christo stehen dürfen, wir sehen diese Hoffnung und lesen sie überall in unseren Briefen. Es kann auch<br />

wohl sein, dass Anfänger im Wie<strong>der</strong>geburtsleben sie auch noch nicht sehen. Sie werden sie sehen, wenn sie<br />

reifer werden. Es lässt sich mit niemandem streiten über diese Fülle-Hoffnung des Offenbarungsrates Gottes.<br />

Ein je<strong>der</strong> hofft, wie er steht. Söhne Gottes hoffen das Ganze.<br />

● Es ist ein unfassbar Großes, was wir für uns und die ganze Kreatur hoffen. Wir hoffen alles in Christo. In<br />

Ihm, ist es schon jetzt gesetzt und vollendet. In Ihm ist's unweigerlich gewiss. Um dieser Hoffnung willen,<br />

welche eine herrliche Herrscherhoffnung ist, können wir hienieden auch durch Leiden gehen. Fürwahr: "<strong>Die</strong><br />

Leiden dieser Zeit sind nicht wert <strong>der</strong> Herrlichkeit, die an uns soll geoffenbart werden" (Römer 8,18).<br />

341<br />

<strong>Die</strong> Gemeine<br />

und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Adam<br />

Es wurde <strong>der</strong> erste Mensch, Adam,<br />

zur lebendigen Seele; <strong>der</strong> letzte Adam<br />

zum lebendigmachenden Geiste....<br />

<strong>De</strong>r erste Mensch ist von Erde und irdisch;<br />

<strong>der</strong> zweite (o<strong>der</strong> <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e) Mensch vom Himmel.<br />

1.Korinther 15,45.47<br />

● Als das Wort Fleisch wurde, erschien <strong>der</strong> letzte Adam o<strong>der</strong> <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Mensch. Jesus ist <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

Adam. Was im ersten Adam unvollendet blieb, ja, was im ersten Adam ins Gegenteil verkehrt wurde, das<br />

bringt <strong>der</strong> zweite Adam, Christus, wie<strong>der</strong> zurecht und führt es alles herrlich hinaus. Dass unser Heiland Jesus<br />

Christus <strong>der</strong> letzte Adam, das heißt <strong>der</strong> Adam, in welchem alles auf sein letztes, auf sein Ziel geht, genannt<br />

83


wird, und dass unser Heiland Jesus Christus <strong>der</strong> zweite Mensch o<strong>der</strong> <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Mensch genannt wird, deutet<br />

auf den tiefen inneren Zusammenhang hin, in welchem nach dem Rate Gottes die beiden Adam stehen.<br />

Obwohl nun dieser Zusammenhang die ganze Menschheit betrifft, wie geschrieben steht: "Gleich wie sie in<br />

Adam alle sterben, so werden sie in Christo alle lebendig gemacht werden" (1.Korinther 15,22), so ist doch ein<br />

ganz beson<strong>der</strong>s enger Zusammenhang zwischen den <strong>Glie<strong>der</strong></strong>n <strong>der</strong> Gemeine und dem zweiten Adam.<br />

● <strong>Die</strong> Gemeine hat es ja von Unendlichkeit zu Unendlichkeit immer mit dem Sohn zu tun. Schon ehe <strong>der</strong><br />

Welt Grund gelegt waren, ist es bei Gott vorausgesehen, ja ins einzelne voraus verordnet gewesen, dass eine<br />

Menschheitsauslese sollte gleich werden dem Ebenbild des eingeborenen Sohnes und dass <strong>der</strong> Sohn sein<br />

sollte <strong>der</strong> Erstgeborene unter vielen Brü<strong>der</strong>n (Römer 8,29).<br />

342<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Adam<br />

<strong>Die</strong> Gemeine ist die geistgeborene Brü<strong>der</strong>schar des einen Eingeborenen. Darum, als <strong>der</strong> Mensch, als <strong>der</strong><br />

Adam in die Erscheinung trat, heißt es: "Gott schuf den Menschen zu Seinem Gleichnis, zu Seinem<br />

Gleichbilde schuf Er ihn" (1.Mose 1,27). Das heißt ja nichts an<strong>der</strong>es, als dass <strong>der</strong> erste Adam in die<br />

Sohnesgleiche geschaffen war, dass er bestimmt war, Sohn und Erbe zu werden. <strong>De</strong>r erste Adam ist in die<br />

Gleiche des Sohnes Gottes nicht hineingedrungen und nicht hindurchgedrungen. Er ist zur Kreatur, ja zu<br />

Satan hinausgedrungen und ist in das Gesetz <strong>der</strong> Sünde und des Todes hineingefallen.<br />

● Und nun vollzieht sich das Wun<strong>der</strong>bare, nun erleben wir die anbetungswürdige Fülle <strong>der</strong> Liebe: ist <strong>der</strong><br />

erste Adam nicht zum an<strong>der</strong>en hindurchgedrungen und in Sein Bild gewachsen, so kommt <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Adam<br />

zum ersten, gefallenen Adam, geht in sein Elends- und Knechtsbild ein, holt ihn heraus und zieht ihn aus<br />

Gnaden zu Sich. Und nun erst geschieht eine Gleiche des ersten und des zweiten Adam, so tief, so<br />

ergreifend, so wun<strong>der</strong>bar, dass <strong>der</strong> Dichter recht hat, wenn er sagt: "Wenn ich dies Wun<strong>der</strong> fassen will, so<br />

steht mein Geist vor Ehrfurcht still; er betet an und er ermisst, dass Gottes Lieb unendlich ist." Dringt <strong>der</strong> zur<br />

Kindschaft bestimmte erste Adam nicht zum Sohn und Seinem Bilde hindurch, dann kommt <strong>der</strong> Sohn zum<br />

gefallenen ersten Adam, als <strong>der</strong> herabsteigende an<strong>der</strong>e Adam und holt die Söhne durch Seine Liebe zu Sich.<br />

● <strong>De</strong>r zweite Adam ist ganz und voll den Gang gegangen, welchen <strong>der</strong> erste Adam hätte gehen sollen, um<br />

zum Bilde des eingeborenen Sohnes durchzudringen. <strong>De</strong>r zweite Adam übernimmt ganz die Aufgaben,<br />

welche dem ersten Adam zugedacht waren.<br />

343<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Adam<br />

Er übernimmt sie aus freier Liebe. Er vollführt sie und macht es dadurch den an Ihn Glaubenden möglich, die<br />

Aufgaben des ersten Adam zu übernehmen und zu vollenden.<br />

● Wenn wir davon reden, dass <strong>der</strong> erste Adam seine gottgesetzte Aufgabe nicht vollendet habe, dass <strong>der</strong><br />

zweite Adam sie nun für ihn vollendete und es nun allen im ersten Adam Berufenen, nämlich allen zu Kin<strong>der</strong>n<br />

Gottes Beru-fenen, ermöglichte, ihre Berufung und Erwählung zu ergreifen und durchzuführen, so ist dabei<br />

wohl zu bemerken, dass es im Rate Gottes vorausgesehen war, dass <strong>der</strong> erste Adam nicht durchdringe und<br />

dass <strong>der</strong> zweite Adam es vollenden müsse. Es gehört auch hierher das wahre Wort: "Gott hat alles<br />

beschlossen unter den Unglauben, auf dass Er Sich aller erbarme" (Römer 11,32). <strong>De</strong>m ersten Adam war<br />

Gelegenheit geboten, das heißt er hatte die Möglichkeit, sein ihm von Gott gestecktes Ziel zu erreichen und<br />

seine gott-gestellte Aufgabe erfüllen zu können. Ja, das war möglich, aber nur in dem eingeborenen Sohn, auf<br />

84


welchen und zu welchem er geschaffen war. Durch den Fall des ersten Adam ist aber diese "in Christo", im<br />

Sohne allein noch unendlich vertieft worden, ja es ist erst voll und ganz zu Liebes-Leben geworden. Darum lag<br />

im Plane Gottes, dass <strong>der</strong> erste Adam fallen sollte, damit <strong>der</strong> zweite Adam, welcher aber in Wahrheit <strong>der</strong><br />

allererste Sohn und Herr ist, alle Seine Liebe erweisen und bewähren konnte. Wiewohl nun aber die ewige<br />

Liebe alles so geordnet hatte im ersten und zweiten Adam, so ist <strong>der</strong> erste Adam doch frei seinen Weg<br />

gegangen. Gott hat ihn nicht gezwungen noch bestimmt. In <strong>der</strong> göttlichen Allwissenheit, Allweisheit und<br />

Allmacht geht alles einen freien Gang. Das mag uns beschränkten Erdenkin<strong>der</strong>n, die wir erst in Christo wie<strong>der</strong><br />

entschränkt denken lernen, merkwürdig vorkommen, dass Gott alles so geordnet hatte und dass doch alles<br />

seinen freien Gang ging.<br />

344<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Adam<br />

Es ist aber so. Bei Gott ist eben alles frei, da ist gar nichts Gezwungenes und Erzwungenes und geht doch<br />

alles geraden Laufs nach Seinem Willen. Es läuft alles auf Lebens- und Lichtsherrlichkeiten hinaus. Und alle<br />

Fehlgänge <strong>der</strong> Kreaturen verherrlichen Gottes Liebesgänge und machen diese Kreaturen hernach um so<br />

seliger.<br />

● So ist es auch beim ersten und zweiten Adam. <strong>De</strong>r erste hätte alles göttlich gewollte wohl erfüllen<br />

können. Er konnte aber auch im eigenen laufen. Tat er das. So ging's in die Todesauswirkungen. Nun konnte<br />

aber <strong>der</strong> Sohn Seine Herrlichkeit und Liebe offenbaren und im tiefsten Herab-steigen alles hoch hinausführen<br />

und eine solche Seligkeit <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes schaffen, <strong>der</strong> gegenüber alle Leiden <strong>der</strong> Todeswege nicht ins<br />

Gewicht fallen. (Römer 8,18).<br />

● Und das ist nun <strong>der</strong> enge Zusammenhang des ersten und des zweiten Adam, dass <strong>der</strong> eingeborene<br />

Sohn Gottes als zweiter Adam alles übernahm, was <strong>der</strong> erste Adam hätte übernehmen sollen, dass Er alles<br />

wurde, was <strong>der</strong> erste Adam hätte werden sollen und dass nun in Ihm, dem zweiten und letzten Adam, <strong>der</strong><br />

erste Adam werden und wirken kann, was er einst sollte.<br />

● Dabei müssen wir zum Verständnis noch etwas beifügen. <strong>De</strong>r erste Adam, zum Gleichbilde des Sohnes<br />

bestimmt, war nur für eine Erdenfülle angelegt, das heißt, eine Fülle solcher Söhne hätte geboren werden<br />

sollen, dass die Erde hätte beherrscht werden können. Mehr werden auch jetzt nicht geboren. <strong>Die</strong><br />

Bru<strong>der</strong>gemeine des eingeborenen Sohnes ist aus <strong>der</strong> Gesamtmenschheit eine Auswahl. <strong>Die</strong> große Masse <strong>der</strong><br />

Gesamtmenschheit geht aber nicht verloren. Für sie ist <strong>der</strong> zweite Adam auch gekommen und hat sie<br />

miterrettet und miterlöst.<br />

345<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Adam<br />

<strong>De</strong>shalb sagt auch Johannes in seinem ersten Briefe in feiner Unterscheidung: Er ist gestorben, nicht allein für<br />

unsere Sünden – nämlich für die <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes – son<strong>der</strong>n auch für die <strong>der</strong> ganzen Welt (1.Johannes 2,2).<br />

<strong>Die</strong>se ganze Welt bekommt aber die Heils- und Friedenssegnungen durch die in Christo vollendeten Kin<strong>der</strong><br />

Gottes, wie überhaupt die ganze Kreatur also auch die Engel: Darum eben wartet auch die ganze Kreatur auf<br />

die selige Freiheit <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes. <strong>De</strong>r Söhneplan von 1.Mose 1, <strong>der</strong> Plan des ersten Adam, wird ausgeführt<br />

im zweiten Adam, und durch den zweiten Adam wird er dann ausgeführt im geretteten und verklärten ersten<br />

Adam, welcher die verherrlichte Gemeine <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes ist. Es ist nicht so, wie viele meinen, als ob <strong>der</strong><br />

erste Adam jetzt völlig abgetan sei im zweiten. Nein, <strong>der</strong> zweite Adam rettet den ersten und befähigt ihn, zu<br />

werden und zu wirken, was seine gottgesetzte Aufgabe war. Wir müssen aber unter dem ersten Adam den<br />

85


jetzt in vielen <strong>Glie<strong>der</strong></strong>n ausgeborenen ersten Adam verstehen, welcher einst, weil Adam fiel, nicht ausgeboren<br />

werden konnte. <strong>De</strong>r erste Adam ist eine Vielheit, weshalb auch die Bibel den einen und einheitlichen Adam<br />

gleich in <strong>der</strong> Mehrzahl anredet (1.Mose 1,26 ff.). <strong>Die</strong>ser vielgliedrige erste Mann kommt jetzt in den Kin<strong>der</strong>n<br />

Gottes in <strong>der</strong> Kraft des zweiten Adam heraus. So ist eine enge Verbindung zwischen dem ersten und dem<br />

zweiten Adam. <strong>De</strong>r erste wird durch den zweiten. Wir wollen näher hineinsehen in diesen Zusammenhang:<br />

●<strong>De</strong>r erste Mensch, Adam, war nach 1.Mose 1 bestimmt, ins Gleichbild Gottes hineinzuwachsen, also ein<br />

Kind Gottes, ein Sohn Gottes zu werden. Schöpfungsmäßig war er eine lebendige Seele.<br />

346<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Adam<br />

Er war ein Geschöpf, welches mit den oberen Seelenkräften: Geist, Wille und Gemüt in <strong>der</strong> Vereinigung mit<br />

dem Sohne Gottes Sohneskräfte anziehen konnte. Er war aber auch ein Geschöpf, das mit den unteren<br />

Seelenkräften, mit den Begierden und Trieben, mit Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Fühlen, die ganze<br />

Kreatur erfassen und durch-gehen konnte. Seine Bestimmung ward die, vom Sohne mit den oberen Kräften<br />

gefüllt, die unteren zu füllen und zu beherrschen und den Leib zu heiligen und zu verklären. Es sollte also<br />

gewissermaßen ein Sohn Gottes im Fleische stehen und das Fleisch verklären. Ein Sohn Gottes im Fleische<br />

sollte werden, und dann wäre das Weitere schon erfolgt. <strong>Die</strong>ser Sohn Gottes im Fleische ist nicht geworden.<br />

<strong>De</strong>r erste Mensch wuchs statt in sein Bestimmungsbild, den ewigen Sohn Gottes, in die Kreatur hinein. Mit<br />

den unteren Seelenkräften kreatur-zugeneigt, mit dem Leibe <strong>der</strong> Erde, ja <strong>der</strong> finstenis-gemischten Erde<br />

zugehörig und auf einer Erde Satans wohnend, verfiel er dem Schwergewicht nach außen und unten. Er<br />

wurde kein Sohn Gottes im Fleische.<br />

● Nun kommt in <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Fülle <strong>der</strong> Sohn Gottes ins Fleisch. Er vollführt in heiliger Liebe das, was <strong>der</strong><br />

erste Adam hätte zunächst erreichen sollen. Für den ersten Adam wäre es eine wun<strong>der</strong>bare Erhöhung,<br />

Bereicherung, Beseligung seines geschöpflichen Wesens gewesen, wenn er dahin gelangt wäre,<br />

geburtsmäßig im Geiste den Sohn Gottes inwendig zu haben, also selbst ein Sohn Gottes zu werden. Für den<br />

zweiten Adam ist es eine tiefe Entleerung, eine unsagbare, große Liebesentäußerung, Fleisch zu werden.<br />

Aber das ist eben die Liebe des Vaters, daran ist sie erschienen, und daran ist sie zu greifen und zu fassen,<br />

"dass Gott Seinen eingeborenen Sohn gesandt hat in die Welt" (1.Johannes 4,9).<br />

347<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Adam<br />

Und das ist die Liebe des Sohnes, dass Er, da Er wohl hätte mögen Freude haben, herabstieg und erduldete<br />

das Kreuz (Hebräer 12,2). Jetzt haben wir, was <strong>der</strong> erste Adam nicht erreichte: einen Sohn Gottes, ja den<br />

Sohn Gottes im Fleische. Und jetzt kann <strong>der</strong> Plan Gottes weitergehen. Jetzt kann die Sünde besiegt werden<br />

im Fleische. <strong>Die</strong>sen Plan zeigt uns Römer 8 im Anfang deutlich. Es heißt da: "Gott sandte Seinen Sohn in <strong>der</strong><br />

Gleichheit des Fleisches <strong>der</strong> Sünde und um <strong>der</strong> Sünde willen und verdammte die Sünde im Fleische" (Römer<br />

8,3).<br />

●<strong>De</strong>r erste Adam war dem Schwergewichte des sünde-infizierten Fleisches erlegen. Er hatte seine oberen<br />

Seelen-kräfte nicht genug in den Sohn versenkt. Zu den Tieren zog es ihn, bei den Tieren verweilte er im<br />

86


Geiste. Da zog's ihn hinab von Stufe zu Stufe. Er bewun<strong>der</strong>te endlich gar Fleisch von seinem Fleisch und Bein<br />

von seinem Bein. Und Eva erlag auch <strong>der</strong> Materie im Sehen und Schmecken. Sie sah über <strong>der</strong> Kreatur nicht<br />

einmal mehr das Gebot Gottes. So wurde <strong>der</strong> erste Adam unfähig und unfähiger, die Sünde im Fleische zu<br />

überwinden. Er wurde <strong>der</strong> Überwundene und sank in die Knechtschaft <strong>der</strong> Sünde und des Todes. Mit <strong>der</strong><br />

wahrhaft lebendigen Seele war es jetzt aus. <strong>Die</strong> Seele war gefangen und gebunden.<br />

● Natürlich wollte Satan dann auch den zweiten Adam, als er im Fleische war, fällen. Aber alle seine List<br />

war vergebens. <strong>De</strong>r Sohn blieb in ständiger, ununterbrochener Verbindung mit dem Vater. Er wusste von<br />

keiner an<strong>der</strong>en Speise, als den Willen des Vaters zu tun (Johannes 4,34). <strong>De</strong>r Heilige Geist blieb Leiter aller<br />

Seiner Kräfte. Da war von Selbstleben auch nicht die geringste Spur. Er hat keine Sünde getan.<br />

Gehorsamsleben bis zum Tode, ja bis zum Tode am Kreuze war Sein Weg (Philipper 2,8).<br />

348<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Adam<br />

So wurde die Sünde im Fleische überwunden. Das war natürlich für einen Heiland, <strong>der</strong> im Fleische war, ein<br />

Leidens- und Sterbensweg. Er war ja versucht allenthalben, gleich wie wir (Hebräer 4,15). <strong>Die</strong>sen<br />

Absterbeweg gegenüber dem Ich-Leben hätte schon <strong>der</strong> erste Adam gehen sollen – <strong>der</strong> zweite ging ihn, und<br />

Er ging ihn für den ersten. Durch die Überwindung jeglicher Sünde war <strong>der</strong> Weg für Versöhnung und Erlösung<br />

frei. <strong>De</strong>r Heilige Gottes konnte frei einspringen und stellvertretend Fluch, Tod und Gericht tragen.<br />

● Das wäre schon die Aufgabe des ersten Adam gewesen. Wenn auch die Erstberichte im 1.Buch Mose<br />

das nicht ausdrücklich sagen, so ist es nach <strong>der</strong> Analogie <strong>der</strong> Schrift ganz klar. <strong>De</strong>r erste und <strong>der</strong> zweite Adam<br />

haben ganz gleiche Wege. <strong>Die</strong> Söhne haben gleiche Wege mit dem Sohn. Adam hätte – nämlich <strong>der</strong> erste<br />

Adam – in seinem Herrn, alle Sünde überwinden sollen. Dann wäre für seinen Beruf, Herrscher zu werden<br />

über die Mischerde (1.Mose 1,28), die Bahn frei geworden. Dann hätte ihn aber auch Satan, <strong>der</strong> Mör<strong>der</strong> von<br />

Anfang, umgebracht. So ist es analog immer geschehen. Adam wäre dann frei gestorben, so wie er im<br />

Abweisen <strong>der</strong> Sünde schon hätte sterben sollen. Einen frei gestorbenen ersten Adam hätte dann <strong>der</strong> Vater<br />

auferweckt, und dann wäre er als lebendig gemachter Geist auch ein lebendigmachen<strong>der</strong> Geist geworden. Er<br />

wäre aus dm Stande <strong>der</strong> lebendigen Seele hineingerückt in den Stand des lebendigmachenden Geistes. Als<br />

Sündiger und Gefallener konnte er diesen ganzen Weg nicht gehen. Nun musste er sterben.<br />

● Und nun ging <strong>der</strong> eingeborene Sohn für ihn diesen Weg. <strong>De</strong>n völlig sündlosen Heiland, den ihm ganz<br />

Entnommenen, an dem er nichts hatte, den brachte Satan zu Tode.<br />

349<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Adam<br />

Und <strong>der</strong> Sohn, <strong>der</strong> wohl hätte ausweichen können, ging frei hinein in diesen, Ihm von Satan bereiteten Tod<br />

(Johannes 10,18). Er starb den Fluchtod am Kreuze, ging hinab ins Totenreich, litt zuvor die Qualen <strong>der</strong><br />

gottfernen Verdammnis, wurde aber sofort vom Vater auferweckt, ging am dritten Tage in Geistverklärung aus<br />

dem Tode hervor und wurde nun, da <strong>der</strong> Vater Sein Opfer als vollgültiges annahm, <strong>der</strong> Geist, <strong>der</strong> lebendig<br />

macht. Nun kann Er zunächst im Geiste Söhne zeugen, wie auch <strong>der</strong> erste Adam, wenn er durch Leiden des<br />

Todes wäre vollkommen gemacht gewesen, geistleiblich verklärte Söhne hätte zeugen können. So hat <strong>der</strong><br />

zweite Adam vollendet, was <strong>der</strong> erste Adam versäumte. Und <strong>der</strong> erste Adam, das heißt die zur Sohnesgleiche<br />

berufene Menschheitsschar, kann jetzt in ihren Stand und Beruf eintreten. Das ist die große Wende in <strong>der</strong><br />

87


Menschwerdung des Sohnes Gottes, dass jetzt <strong>der</strong> ursprüngliche Gottplan mit Adam wie<strong>der</strong> läuft und zum<br />

Ziele läuft.<br />

● Durch den Tod, Auferstehung und Himmelfahrt Christi war Satan überwunden. <strong>De</strong>r Tod, durch den er die<br />

Kreatur gefesselt hielt, war zerbrochen, das Leben ans Licht gebracht. Nun konnte die Neuschöpfung –<br />

zunächst in den Kin<strong>der</strong>n Gottes – beginnen. <strong>Die</strong> Gesamtmenschheit und die Gesamtkreatur können erst an<br />

die Reihe kommen, wenn die Söhne-Gemeine vollendet ist. <strong>De</strong>r Kreatur wird ihr Heil durch die Gemeine<br />

vermittelt. <strong>Die</strong> Gemeine wird ja die Fülle des, <strong>der</strong> alles in allem erfüllt. Und von ihr geht diese Fülle<br />

tinkturenartig in die Kreatur. Mittler im Darreichen ist dann noch das verklärte Israel. Aber Grundmittlerin,<br />

Wesens-mittlerin ist die Gemeine.<br />

● So ist denn die Menschwerdung des Sohnes Gottes <strong>der</strong> anbetungswürdige Neuanfang Gottes in <strong>der</strong><br />

Kreatur. Jetzt können Söhne geboren werden.<br />

350<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Adam<br />

Es konnten keine Söhne zur vollen und ganzen Ausgeburt kommen, ehe <strong>der</strong> eingeborene Sohn selbst<br />

ausgeboren war und im Fleisch und durchs Fleisch hindurch die Versöhnung und Erlösung vollbracht hatte.<br />

Jetzt, da Er, <strong>der</strong> auch ein Erdenleibträger geworden war, hindurchgedrungen ist zum geistleiblich vollendeten<br />

Geistesleben, können Neugeburten geschehen (Jesaja 53,10; 1.Petrus 1,23). Das Evangelium ruft und<br />

verkündigt diese Botschaft. Wenn <strong>der</strong> Apostel Paulus je und je von seinem Evangelium redet, so meint er dies<br />

geoffenbarte Geheimnis <strong>der</strong> Gemeine aus Juden und Nationen, dies Geheimnis <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und Erben Gottes.<br />

Das ist das Evangelium, welches jetzt in diesen unseren Tagen eigentlich verkündigt werden müsste, nicht nur<br />

das Evangelium <strong>der</strong> Rettung aus Sünde und Tod und des Seligwerdens, son<strong>der</strong>n die Gnade <strong>der</strong> neuen<br />

Geburt, <strong>der</strong> Kindschaft und des Erben-Werdens in Christus. <strong>Die</strong>s eigentliche Gemeine-Evangelium wird wenig<br />

verkündigt. Doch wird es immer verkündigt und ist immer verkündigt worden, solange es verkündigt werden<br />

kann – nämlich seit Christi Menschwerdung und Geistesvollendung. <strong>Die</strong> nach <strong>der</strong> ewigen Wahl Berufenen<br />

bekommen es alle auf irgendeine Art zu hören und nehmen es dann an. Alle nicht zur Gemeine <strong>der</strong> Brü<strong>der</strong><br />

Christi Berufenen nehmen das ihnen in irgendeiner Form verkündigte Seligkeits-Evangelium an o<strong>der</strong> nicht an<br />

und werden auf das Königreich Christi hin zubereitet. <strong>Die</strong>se Kreise wollen vom Voll-Evangelium <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong><br />

Gottes nichts wissen, ja sie hassen es oft und geißeln es als Irrlehre. <strong>Die</strong> Berufenen bekommen es zu hören<br />

und nehmen es an. Und dann treten sie in den wun<strong>der</strong>baren Lebenskreis und in das wun<strong>der</strong>bare<br />

Lebensauswachstum hinein, welches Paulus mit den Worten beschreibt: "Welche Er berufen hat, die hat Er<br />

auch gerecht gemacht, und welche Er gerecht gemacht hat, die hat Er auch herrlich gemacht" (Römer 8,30).<br />

351<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Adam<br />

● So gibt es jetzt in Christo Jesu durch Geburt aus dem Geiste gläubige Geistesmenschen, Kin<strong>der</strong> Gottes,<br />

bei denen es in gewissem Sinne jedes Mal heißt: "Und das Wort ward Fleisch" (Johannes 1,14). Freilich, es ist<br />

ein großer Unterschied zwischen dem Fleischwerden des eingeborenen Sohnes und dem Kindwerden im<br />

Fleische von Seiten <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes. <strong>De</strong>r Sohn Gottes ist vom Himmel und ist in freier Selbsterniedrigung<br />

durch das Geheimnis <strong>der</strong> Jungfrau-Geburt hindurch Mensch geworden (Philipper 2,6-8). Er war von Natur<br />

nicht Fleisch – Er wurde Fleisch. Wir sind von Natur Fleisch vom Fleisch. Wir müssen versöhnt, gerettet und<br />

erlöst werden. So wir aber den für uns gekommenen Gottessohn annehmen, so gibt Er uns Seinen Heiligen<br />

Geist und schafft eine neue Kreatur in uns – eine Glaubens-, eine Geistes-, eine göttliche Lebenskreatur. Und<br />

88


so gibt es jetzt Söhne im Fleisch, Leute. Welche den Fleischesleib <strong>der</strong> Niedrigkeit an sich tragen, aber in<br />

demselben ein Gottleben, das sich durch Gnade zur Gleichheit Christi hindurchwachsen darf. So sind die<br />

Kin<strong>der</strong> Gottes ganz in die Gleiche Christi gestellt – sie tragen die Gotteskindschaft im Fleische.<br />

● Und sie reifen in <strong>der</strong> Ähnlichkeit Christi auch aus. Sie haben in ihrem lebendigen Heiland und in dem in<br />

ihnen wohnenden und zunehmenden Heiligen Geiste in Jesu Christo Gnade und Kraft, das Sündenleben zu<br />

überwinden. Sie fallen und straucheln oft und viel. Sie haben aber täglich und reichlich Vergebung und<br />

Reinigung im Blute Christi. Sie haben auch die Kraft, zu überwinden und sich zu erneuern im Geiste Christi.<br />

352<br />

<strong>Die</strong> <strong>Glie<strong>der</strong></strong> <strong>der</strong> Gemeine und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Adam<br />

Sie können, wollen und dürfen wachsen am inwendigen Menschen (Epheser 3,16). Dabei gehen sie den Weg<br />

Christi. Sie sind in sich ihrem Eigenwesen gestorben und halten sich für gestorben und leben Gott in Christo<br />

Jesu, ihrem Herrn (Römer 6,11). Sie sterben täglich, wo es zu sterben gilt, und stehen auf im Geiste ihres<br />

Herrn (1.Korinteher 15,31). <strong>Die</strong> Kin<strong>der</strong> Gottes sind die sich und <strong>der</strong> Welt Gekreuzigten und sind die<br />

Erstandenen in einem Leben vom Himmel.<br />

● In diesem Sterbens- und Auferstehungsleben haben die im zweiten Adam neugewordenen Söhne die<br />

Aufgabe des ersten Adam ergriffen und führen sie in ihrem Herrn nun durch. Sie haben bei allem Kampfe des<br />

Glaubens doch schon etwas an sich vom Geiste, <strong>der</strong> lebendig macht. Sie können und dürfen unter Leitung<br />

ihres Herrn bezeugen und zeugen. Sie gehen entgegen <strong>der</strong> geistleiblichen Herrlichkeit ihres Herrn und<br />

Seinem Tag.<br />

● Nach ihrer Vollendung sind dann diese verherrlichten Söhne gleich ihrem Herrn und in Ihm Geister, die<br />

lebendig machen. Von ihnen, als dem ausgeborenen Leib Christi, gehen die Erneuerungskräfte dann über auf<br />

die Kreatur. Das ist <strong>der</strong> Sinn des Mitherrschens und Mitregierens. So werden wir im zweiten Adam wahrhaftige<br />

erste Adame und dürfen Träger sein <strong>der</strong> Herausführung <strong>der</strong> Lichtherrschaft Gottes in Christo. Große Gnade,<br />

wenn in einem armen Sün<strong>der</strong>herzen die Fleischwerdung des Wortes durch den Heiligen Geist zur Wahrheit<br />

wird. Auf tiefster Beugungsstufe anzubetende Herrlichkeit, in Ihm geistleiblich verklärt Geist zu sein, <strong>der</strong><br />

lebendig macht, jedes nach seinem Teil. Wohlan, lasst uns kämpfen den guten Kampf des Glaubens und<br />

ergreifen das ewige Leben, zu welchem wir berufen sind in Christo (1.Timotheus 6,12).<br />

353<br />

Nachwort<br />

(Nunmehr als Vorwort vorgeschlagen)<br />

● Es war <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>e Auftrag Pfarrer <strong>Böhmerle</strong>s, das Geheimnis von <strong>der</strong> Gemeine für seine Zeit neu zu<br />

verkündigen. Es sind die Menschen, die <strong>der</strong> Herr aus <strong>der</strong> Masse <strong>der</strong> Völkerwelt heraus zu Seinem <strong>Die</strong>nst<br />

beruft, heiligt und durch Leiden hindurch als Seinen Leib für neue Aufgaben in den kommenden Zeitaltern<br />

zubereitet. <strong>Die</strong>se beson<strong>der</strong>s in den paulinischen Briefen bezeugte Wahrheit leuchtet hier neu auf.<br />

89


● Pfarrer <strong>Böhmerle</strong> hat diesen Auftrag erst im letzten Jahrzehnt seines Lebens bekommen, und er hat ihn<br />

ausgerichtet im Gehorsam gegen seine Herrn. Da er tief in <strong>der</strong> praktischen Arbeit stand, geschah die<br />

Nie<strong>der</strong>schrift seiner Gedanken zumeist in einem einzigen Wurf. Man muss die einzelnen Abschnitte unbedingt<br />

zu Ende lesen und sie dann in ihrem Gesamtbild betrachten, wenn man sie recht verstehen und beurteilen<br />

will.<br />

● Bei den Hinweisen auf Israel sind verschiedentlich akute Zeitereignisse aus den Jahren nach dem ersten<br />

Weltkrieg (1914-1918) erwähnt. Sie wurden nicht aus dem Text entfernt, weil die damit illustrierten Wahrheiten<br />

ihre grund-sätzliche Bedeutung behalten.<br />

● Neu ist bei dieser Auflage das Bibelstellen-Verzeichnis. Es möchte einerseits dem Leser helfen, die<br />

Gedankengänge des Verfassers an <strong>der</strong> Schrift zu prüfen, an<strong>der</strong>erseits aber zu eigenem, tieferem Forschen im<br />

Wort anregen. <strong>De</strong>shalb wurden manche Stellenangaben im Text ergänzt.<br />

● So mögen denn diese Blätter dazu dienen, dass uns <strong>der</strong> Blick geschärft werde für den gefahrenreichen<br />

Weg <strong>der</strong> Gemeine durch die vielfältigen Verführungen <strong>der</strong> letzten Zeit.<br />

<strong>De</strong>r Verlag<br />

354<br />

Vorwort<br />

Nachwort<br />

● Da dieses überaus wertvolle Buch vergriffen war wurde es neu abgeschrieben und elektronisch<br />

gespeichert.<br />

<strong>Die</strong> in <strong>der</strong> Originalausgabe g e s p e r r t gedruckten Worte sind bei <strong>der</strong> Neufassung fett gedruckt und kursiv<br />

gesetzt worden. Somit wird es künftig möglich sein an<strong>der</strong>e Schriftarten und Schriftgrößen zu wählen ohne<br />

aufwendige Korrekturen vornehmen zu müssen.<br />

<strong>Die</strong> in <strong>der</strong> Originalausgabe vorgegebene Textanordnung wurde insofern etwas strukturiert, als neue Gedanken<br />

mit einem Absatz versehen wurden. <strong>De</strong>r Gedankenfluss soll dadurch nicht unterbrochen werden. Außerdem<br />

wurden als Schnellübersicht Überschriften gesetzt.<br />

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