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Unterm Birnbaum Theodor Fontane - marixverlag.de

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<strong>Unterm</strong> <strong>Birnbaum</strong><br />

Erstes Kapitel<br />

Vor <strong>de</strong>m in <strong>de</strong>m großen und reichen O<strong>de</strong>rbruchdorfe Tschechin<br />

um Michaeli 20 eröffneten Gasthaus und Materialwarengeschäft<br />

von Abel Hradscheck (so stand auf einem über <strong>de</strong>r Tür angebrachten<br />

Schild) wur<strong>de</strong>n Säcke, vom Hausflur her, auf einen mit zwei<br />

magern Schimmeln bespannten Bauerwagen gela<strong>de</strong>n. Einige von<br />

<strong>de</strong>n Säcken waren nicht gut gebun<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r hatten kleine Löcher<br />

und Ritzen, und so sah man <strong>de</strong>nn an <strong>de</strong>m, was herausfiel, dass es<br />

Rapssäcke waren. Auf <strong>de</strong>r Straße neben <strong>de</strong>m Wagen aber stand<br />

Abel Hradscheck selbst und sagte zu <strong>de</strong>m eben vom Rad her auf<br />

die Deichsel steigen<strong>de</strong>n Knecht: »Und nun vorwärts, Jakob, und<br />

grüße mir Ölmüller Quaas. Und sag ihm, bis En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Woche<br />

müsst ich das Öl haben, Leist in Wrietzen warte schon. Und wenn<br />

Quaas nicht da ist, so bestelle <strong>de</strong>r Frau meinen Gruß und sei<br />

hübsch manierlich. Du weißt ja Bescheid. Und weißt auch, Kätzchen<br />

hält auf Komplimente.«<br />

Der als Jakob Angere<strong>de</strong>te nickte nur statt aller Antwort, setzte<br />

sich auf <strong>de</strong>n vor<strong>de</strong>rsten Rapssack und trieb bei<strong>de</strong> Schimmel mit einem<br />

schläfrigen »Hüh« an, wenn überhaupt von Antreiben die<br />

Re<strong>de</strong> sein konnte. Und nun klapperte <strong>de</strong>r Wagen nach rechts hin<br />

<strong>de</strong>n Fahrweg hinunter, erst auf das Bauer Orthsche Gehöft samt<br />

seiner Windmühle (womit das Dorf nach <strong>de</strong>r Frankfurter Seite hin<br />

abschloss) und dann auf die weiter draußen am O<strong>de</strong>rbruch-Damm<br />

gelegene Ölmühle zu. Hradscheck sah <strong>de</strong>m Wagen<br />

nach, bis er verschwun<strong>de</strong>n war, und trat nun erst in <strong>de</strong>n Hausflur<br />

zurück. Dieser war breit und tief und teilte sich in zwei Hälften,<br />

die durch ein paar Holzsäulen und zwei dazwischen ausgespannte<br />

Hängematten voneinan<strong>de</strong>r getrennt waren. Nur in <strong>de</strong>r Mitte<br />

hatte man einen Durchgang gelassen. An <strong>de</strong>m Vorflur lag nach<br />

rechts hin das Wohnzimmer, zu <strong>de</strong>m eine Stufe hinaufführte, nach<br />

links hin aber <strong>de</strong>r La<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>n man durch ein großes, fast die<br />

halbe Wand einnehmen<strong>de</strong>s Schiebefenster hineinsehen konnte.<br />

Früher war hier die Verkaufsstelle gewesen, bis sich die zum Vornehmtun<br />

geneigte Frau Hradscheck das Herumtrampeln auf ihrem<br />

Flur verbeten und auf Durchbruch einer richtigen La<strong>de</strong>ntür, also<br />

von <strong>de</strong>r Straße her, gedrungen hatte. Seit<strong>de</strong>m zeigte dieser Vorflur<br />

eine gewisse Herrschaftlichkeit, während <strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>m Garten

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