30.10.2013 Aufrufe

Die Rauhnächte, die zwölf rauen Nächte - Isargau.de

Die Rauhnächte, die zwölf rauen Nächte - Isargau.de

Die Rauhnächte, die zwölf rauen Nächte - Isargau.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Die</strong> Rau(ch)nächte, <strong>die</strong> <strong>zwölf</strong> rau(h)en <strong>Nächte</strong>, Zwölfte o<strong>de</strong>r<br />

Glöckelnächte<br />

<strong>Die</strong> Heiligen <strong>Nächte</strong> o<strong>de</strong>r Lostage<br />

Ursprünglich kannte man nur 12 Lostage,<br />

so wur<strong>de</strong>n <strong>die</strong> Raunächte bezeichnet, weil in<br />

<strong>die</strong>sen <strong>Nächte</strong>n alle bösen Geister zur Er<strong>de</strong><br />

losgelassen wer<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong> Raunächte o<strong>de</strong>r<br />

„Zwölften“, wie <strong>die</strong> Zeit zwischen <strong>de</strong>m<br />

24. Dezember und <strong>de</strong>m 6. Januar auch<br />

genannt wird, ist <strong>die</strong> Zeit <strong>de</strong>r Geister und Seelen.<br />

Vielfältiges Brauchtum und Aberglaube gibt es<br />

für<br />

<strong>die</strong>se Tage und <strong>Nächte</strong>. Allein das Wort<br />

Raunächte (alte Schreibweise: <strong>Rauhnächte</strong>)<br />

ruft tief in unserem Inneren etwas hervor und<br />

lässt Ahnungen aufsteigen an dunkle, lange<br />

Winteraben<strong>de</strong>, kurz nach <strong>de</strong>m magischen Tag<br />

<strong>de</strong>r Wintersonnenwen<strong>de</strong> (21. Dezember),<br />

<strong>de</strong>r Geburt <strong>de</strong>s Lichtbringers in <strong>de</strong>r längsten und<br />

dunkelsten Nacht <strong>de</strong>s Jahres.<br />

Original Sei<strong>de</strong>nmalerei I. Stigler<br />

Wie mag es damals gewesen sein, als <strong>die</strong> Legen<strong>de</strong>n gewebt wur<strong>de</strong>n, als man sich abends bei<br />

Kerzenschein erzählte und aus geflüsterten Wahrheiten (Aber-)Glaube gesponnen wur<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r<br />

in unserem heutigen Brauchtum sichtbar ist. Unwillkürlich <strong>de</strong>nkt man an einsam gelegene<br />

Höfe, an Tiere, <strong>die</strong> es über <strong>de</strong>n Winter zu bringen gilt, an rohe Holzwän<strong>de</strong>, an pfeifen<strong>de</strong>n<br />

Wind, <strong>de</strong>r erbarmungslos an <strong>de</strong>n Grundfesten <strong>de</strong>s Hauses und <strong>de</strong>n Fensterlä<strong>de</strong>n rüttelt, und<br />

sehr hart arbeiten<strong>de</strong> Menschen, <strong>de</strong>ren Hän<strong>de</strong> sonst eigentlich nie untätig sind, bis auf <strong>die</strong>se<br />

beson<strong>de</strong>re Zeit. Mit <strong>de</strong>n 12 Raunächten sind <strong>die</strong> 12 <strong>Nächte</strong> (und Tage) zwischen Heiligabend<br />

und Dreikönigstag (Epiphanias) am 6.1. gemeint. Wobei es auch hier regional<br />

unterschiedliche Stimmen gibt, <strong>die</strong> <strong>de</strong>n Beginn <strong>de</strong>r Raunächte schon um <strong>die</strong><br />

Wintersonnenwen<strong>de</strong> (21.12.) herum ansie<strong>de</strong>ln. Sie waren charakterisiert durch eine beson<strong>de</strong>re<br />

Andacht und Arbeitseinschränkung. <strong>Die</strong> Zeit galt als beson<strong>de</strong>rs heilig, gleichzeitig eine Zeit,<br />

in <strong>de</strong>r vermehrt Bräuche stattfin<strong>de</strong>n.<br />

Als <strong>die</strong> vier wichtigsten Raunächte gelten oft:<br />

• 21./22. Dezember (Thomasnacht / Wintersonnenwen<strong>de</strong>, längste Nacht <strong>de</strong>s Jahres)<br />

• 24/25. Dezember (Christnacht)<br />

• 31. Dezember / 1. Januar (Silvesternacht)<br />

• 5./6. Januar (Epiphaniasnacht)<br />

<strong>Die</strong> längste und dunkelste Nacht <strong>de</strong>s Jahres birgt somit <strong>die</strong> Hoffnung und das Versprechen <strong>de</strong>r<br />

Wie<strong>de</strong>rgeburt, <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>rkehr <strong>de</strong>s Lebens, auch wenn <strong>die</strong> Welt draußen in Kälte und<br />

Dunkelheit erstarrt zu sein scheint. <strong>Die</strong>ser kultische Gedanke – das Christentum mit <strong>de</strong>r<br />

Geburt <strong>de</strong>s Christkin<strong>de</strong>s am Heiligen Abend dürfte für unseren Kulturkreis <strong>de</strong>r bekannteste<br />

© <strong>Isargau</strong>, Bayerische Heimat- und Volkstrachtenvereine e. V.


<strong>Die</strong> Rau(ch)nächte, <strong>die</strong> <strong>zwölf</strong> rau(h)en <strong>Nächte</strong>, Zwölfte o<strong>de</strong>r<br />

Glöckelnächte<br />

Vertreter sein – ist sicherlich keine neue „Erfindung“. Im antiken Rom galt z. B. <strong>de</strong>r 25.<br />

Dezember, zumin<strong>de</strong>st im Sonnenkult <strong>de</strong>s Sol, als Wintersonnenwen<strong>de</strong>. <strong>Die</strong>ses Datum galt als<br />

Tag <strong>de</strong>r Geburt <strong>de</strong>s Gottes Sol Invictus (lat. <strong>de</strong>r unbesiegte Sonnengott) und staatlicher<br />

Feiertag. (Staatskult mit Priestern aus <strong>de</strong>n e<strong>de</strong>lsten Schichten unter Kaiser Aurelian gefestigt.)<br />

<strong>Die</strong> Geburt eines Gottes bzw. Gottessohns zwingt eben zu einem außergewöhnlichen Datum.<br />

Brauchtum und Aberglaube <strong>de</strong>r Heiligen Nacht<br />

• In <strong>de</strong>r Heiligen Nacht sollen Hexen und Geister ganz beson<strong>de</strong>re Macht haben.<br />

• Zwischen Weihnachten und Neujahr darf nicht ausgemistet und nicht gedroschen<br />

wer<strong>de</strong>n, sonst hat man es mit <strong>de</strong>n Hexen zu tun.<br />

• Man darf sich und seine Klei<strong>de</strong>r nicht waschen, sonst hat man kein Glück im<br />

kommen<strong>de</strong>n Jahr.<br />

• Wenn es ein gutes Weinjahr geben soll, so hört man in <strong>de</strong>r Christnacht um <strong>zwölf</strong> Uhr<br />

ein Klopfen an <strong>de</strong>n Butten (Gefäß zum Sammeln <strong>de</strong>r Trauben) <strong>de</strong>r Kelter (Presse zur<br />

Wein- bzw. Saftgewinnung).<br />

• Schnei<strong>de</strong>t ein Mädchen in <strong>de</strong>r Heiligen Nacht eine weiße Zwiebel und streut Salz<br />

darauf, wo wer<strong>de</strong>n sich bis zum Morgen <strong>die</strong> Züge <strong>de</strong>s zukünftigen Mannes abbil<strong>de</strong>n.<br />

• Wer aus <strong>de</strong>m Feuer am Weihnachtsabend ein angebranntes Holzscheit zieht und es<br />

aufbewahrt, soll <strong>die</strong>ses entzün<strong>de</strong>n, wenn ein Gewitter heraufzieht. Er ist dann<br />

geschützt gegen Blitzschlag.<br />

• Wer in <strong>de</strong>r Weihnachtsnacht unent<strong>de</strong>ckt stiehlt, wird das ganze Jahr nicht erwischt.<br />

Ich wür<strong>de</strong> es lieber nicht ausprobieren!!!!<br />

• Wenn man in <strong>de</strong>r Christnacht auf einen Kreuzweg geht, so kommt um Schlag Zwölf<br />

Uhr <strong>de</strong>r Teufel und fragt, was man will. Man kann Geld, Farensamen (Samen von<br />

Farnkraut – macht unsichtbar) und ähnliches von ihm erhalten.<br />

Brauchtum und Aberglaube zu Silvester und Neujahr<br />

• Man schließt während <strong>de</strong>r ersten halben Stun<strong>de</strong> <strong>de</strong>s neuen Jahres alle Türen und lässt<br />

nur <strong>die</strong> Hintertür offen. Man ist <strong>de</strong>r Meinung, durch <strong>die</strong>se kommt <strong>de</strong>r Segen herein.<br />

• Klingen <strong>die</strong> Silvesterglocken nicht hell und klar, so ist das kommen<strong>de</strong> Jahr wenig<br />

be<strong>de</strong>utungsvoll.<br />

• Wer am Neujahrstag zuerst aus <strong>de</strong>r Kirche kommt, <strong>de</strong>r wird im neuen Jahr zuerst mit<br />

<strong>de</strong>r Ernte fertig.<br />

• Am Neujahrstag soll man nicht schlafen, sonst ist man das ganze Jahr schläfrig.<br />

© <strong>Isargau</strong>, Bayerische Heimat- und Volkstrachtenvereine e. V.


<strong>Die</strong> Rau(ch)nächte, <strong>die</strong> <strong>zwölf</strong> rau(h)en <strong>Nächte</strong>, Zwölfte o<strong>de</strong>r<br />

Glöckelnächte<br />

• Auf keinen Fall zwischen Silvester und Neujahr Wäschewaschen und <strong>die</strong>se zum<br />

Trocknen aufhängen! Damit wäscht man, laut Volksglauben, einen Menschen aus <strong>de</strong>m<br />

Haus und wird im kommen<strong>de</strong>n Jahr einen Toten zu beklagen haben.<br />

• Wer am Neujahrstag beim Essen zuletzt fertig ist, <strong>de</strong>r wird zu spät in <strong>de</strong>n Himmel<br />

kommen.<br />

• Wer in <strong>de</strong>r Neujahrsnacht, ohne ein Wort zu sagen, eine Hagebutte isst, wird gesund.<br />

• Wenn es in <strong>de</strong>r Neujahrsnacht schneit, gibt es viele Bienenschwärme. Ein gutes<br />

Bienenjahr gibt es auch, wenn am Neujahrsmorgen <strong>die</strong> Sonne <strong>die</strong> Kanzel beleuchtet,<br />

noch bevor <strong>de</strong>r Pfarrer drauf steht.<br />

Brauchtum und Aberglaube zum Dreikönigstag<br />

Eine Übertragung <strong>de</strong>s Namens Perchta auf Dämonen und Geister fin<strong>de</strong>t man erstmals im<br />

16. Jahrhun<strong>de</strong>rt. Perchten sind im alpenländischen Brauchtum vorkommen<strong>de</strong> Gestalten, <strong>die</strong><br />

vor allem im Dezember und Januar auftreten. Ihr Name leitet sich vermutlich von <strong>de</strong>r<br />

Sagengestalt <strong>de</strong>r Perchta ab. <strong>Die</strong> Perchten verkörpern allgemein zwei Gruppen, <strong>die</strong> „guten“<br />

Schönperchten, und <strong>die</strong> „bösen“ Schiachperchten. Wichtiges Merkmal <strong>de</strong>r Perchten ist <strong>die</strong><br />

Glocke, mit <strong>de</strong>r nach bekannter Deutung <strong>de</strong>r Winter – bzw. <strong>die</strong> bösen Geister <strong>de</strong>s Winters –<br />

ausgetrieben wer<strong>de</strong>n soll (Winteraustreiben, bzw. Austreiben <strong>de</strong>s alten Jahres). Der Besuch<br />

von Perchten wird bisweilen im Volksmund als glücksbringen<strong>de</strong>s Omen hochgehalten. Ob<br />

das Perchtenlaufen wirklich auf heidnische Bräuche zurückgeht, ist umstritten.<br />

• <strong>Die</strong> Tiere können wie in <strong>de</strong>r Heiligen Nacht re<strong>de</strong>n, das um Mitternacht geschöpfte<br />

Wasser hat große Heilkraft.<br />

• Tropft es vom Dach, so soll man mit <strong>de</strong>m Viehfutter sparsam umgehen.<br />

• In <strong>de</strong>r Kirche wer<strong>de</strong>n Weihrauch, Wasser, Salz und Krei<strong>de</strong> geweiht, zum Schutz von<br />

Mensch und Vieh.<br />

In ein Gefäß o<strong>de</strong>r auf eine kleine Schaufel kommen glühen<strong>de</strong> Holzkohlen und darauf<br />

Weihrauch. Damit geht <strong>de</strong>r Hausherr o<strong>de</strong>r <strong>die</strong> Hausfrau durch alle Räume <strong>de</strong>s Hauses,<br />

in alle Nebengebäu<strong>de</strong>, rund um das Haus und am Bauernhof auch zum Vieh in <strong>de</strong>n<br />

Stall. Dabei wird auch Weihwasser versprengt und dazu gebetet. Damit wird <strong>de</strong>r<br />

Segen für Haus und Hof erbeten und <strong>die</strong> bösen Geister und alles Übel sollen<br />

verscheucht wer<strong>de</strong>n. In <strong>die</strong>sen <strong>Nächte</strong>n ist es auch verboten Karten zu spielen und es<br />

ist ratsam sich vor <strong>de</strong>r 'Wil<strong>de</strong>n Jagd' zu hüten.<br />

• <strong>Die</strong> geweihte Krei<strong>de</strong> bekommt das Vieh am Dreikönigstag mit Salz zu fressen.<br />

Haus und Tiere schützt man, in<strong>de</strong>m man mit <strong>de</strong>r geweihten Krei<strong>de</strong> an <strong>die</strong> Haus- und<br />

Stalltüre <strong>die</strong> Initialen (Anfangsbuchstaben) <strong>de</strong>r Heiligen Drei Könige z. B. für 2011:<br />

20 + C + M + B + 11 schreibt. Es soll vor Brand, Unwetter und <strong>Die</strong>ben schützen.<br />

• <strong>Die</strong> Dreikönigsnacht ist <strong>die</strong> gefährlichste <strong>de</strong>r Raunächte in <strong>de</strong>r sich viele unheimliche<br />

Mächte rumtreiben. Man geht <strong>de</strong>shalb nicht gern ins Freie.<br />

© <strong>Isargau</strong>, Bayerische Heimat- und Volkstrachtenvereine e. V.


<strong>Die</strong> Rau(ch)nächte, <strong>die</strong> <strong>zwölf</strong> rau(h)en <strong>Nächte</strong>, Zwölfte o<strong>de</strong>r<br />

Glöckelnächte<br />

• Der Dreikönigswind ist <strong>de</strong>r segensreichste, ihm wer<strong>de</strong>n um Mitternacht Türen und<br />

Fenster geöffnet, damit er Glück ins Haus bringe.<br />

• Beim ersten Austrieb <strong>de</strong>s Viehs am Walpurgistag wird je<strong>de</strong>s Vieh <strong>de</strong>s Stalles, mit <strong>de</strong>r<br />

am Dreikönigstag geweihten Krei<strong>de</strong>, vom Kopf und <strong>de</strong>n ganzen Rücken hinunter mit<br />

einem Kreuz gezeichnet, damit es <strong>de</strong>n Weg heimfin<strong>de</strong>.<br />

• Eine Wünschelrute <strong>die</strong> am Dreikönigstag geschnitten wird, ist unfehlbar. Sie kann, je<br />

nach<strong>de</strong>m was sie fin<strong>de</strong>n soll, auf einen <strong>de</strong>r Heiligen Drei Könige getauft wer<strong>de</strong>n. Auf<br />

Caspar, dann schlägt sie aus bei Gold, Balthasar fin<strong>de</strong>t Silber und Melchior Wasser.<br />

Ingrid Stigler, Gaubrauchtumswartin<br />

© <strong>Isargau</strong>, Bayerische Heimat- und Volkstrachtenvereine e. V.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!