31.10.2013 Aufrufe

Servicewüste Deutschland? Das war einmal - Arbeit und Mehr

Servicewüste Deutschland? Das war einmal - Arbeit und Mehr

Servicewüste Deutschland? Das war einmal - Arbeit und Mehr

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Wersind die besten Dienstleister? Unternehmen lassen sichineinem exklusiven Wettbewerbvergleichen.<br />

Ranking: Warum<br />

Quelle auf Platz<br />

eins landet SEITE C3<br />

MITTWOCH, 28. MAI 2008<br />

Branchenvergleich<br />

Der Wettbewerb„<strong>Deutschland</strong>s<br />

k<strong>und</strong>enorientiertester Dienstleister<br />

2008“ zeigt, wie facettenreich<br />

sichdie Beziehung zwischen K<strong>und</strong>en<br />

<strong>und</strong> Unternehmen heutzutage<br />

darstellt. <strong>Mehr</strong> denn je kommt es<br />

auf integrative<strong>und</strong> ganzheitliche<br />

Ansätze an, um eine passgenaue<br />

Übereinstimmung zwischen K<strong>und</strong>enorientierung<br />

eines Unternehmens<br />

einerseits <strong>und</strong> Wahrnehmung<br />

der K<strong>und</strong>en andererseits herzustellen.<br />

Der Wettbewerbermittelt<br />

nicht nur die k<strong>und</strong>enorientiertesten<br />

Dienstleistungsunternehmen,<br />

sondern er liefertaucheinen<br />

branchenübergreifenden Vergleich<br />

der Teilnehmer.<br />

INHALT<br />

<strong>Das</strong>theoretische Modell:<br />

Die Universität St. Gallen hat ein<br />

7-K-Modell entwickelt, mit dem<br />

sie die Stärkeder K<strong>und</strong>enorientierung<br />

misst. SEITE C2<br />

Krankenkassenliegen vorn:<br />

Trotz starker Restriktionen rangieren<br />

viele Krankenkassenin<br />

diesemJahr auf den vorderen<br />

Plätzen.<br />

SEITE C4<br />

Finanzdienstleister punkten:<br />

Die Bank Conrad Hinrich Donner<br />

landet auf Platz zweiimRanking<br />

–<strong>und</strong> hat ihren Wettbewerbern<br />

einiges voraus. SEITE C5<br />

Werber geben Auskunft:<br />

Handelsblatt befragt exklusiv<br />

sieben Agenturchefs,was sie<br />

persönlich unter K<strong>und</strong>enorientierung<br />

verstehen. SEITE C6<br />

IMPRESSUM<br />

Verantwortliche Redakteurin:<br />

Catrin Bialek<br />

Redaktion: Claudia Tödtmann<br />

Layout:.Ute Doerenkamp<br />

Bildredaktion: Iris Zielinski<br />

Anzeigen:<br />

GWP media-marketing GmbH<br />

Verantwortlich: Ute Wellmann<br />

E-Mail: u.wellmann@vhb.de<br />

<strong>Servicewüste</strong> <strong>Deutschland</strong>? <strong>Das</strong> <strong>war</strong> <strong>einmal</strong><br />

Exklusiver Wettbewerbermittelt die k<strong>und</strong>enorientiertesten Dienstleister <strong>Deutschland</strong>s –<strong>und</strong> stellt ein insgesamt hohes Niveau fest<br />

CATRIN BIALEK |DÜSSELDORF<br />

Siehaben alle K<strong>und</strong>en im Blick. Sie registrieren<br />

genau, dass K<strong>und</strong>in Elisa<br />

Musterfrau die sonst immer Hosen<br />

<strong>und</strong> PulloverinKonfektionsgröße 38<br />

bestellt, plötzlich pastellfarbene Babywäsche<br />

<strong>und</strong> knallbuntes Kinderspielzeug<br />

ordert. Nanu, da muss es<br />

Nachwuchs im Hause gegeben haben,<br />

vermuten die Versandhändler –<br />

<strong>und</strong> nehmen Kontakt zur K<strong>und</strong>in auf,<br />

um herauszufinden, ob sie vielleicht<br />

einen gesonderten Baby-Katalog verschicken<br />

dürfen. „Quelle verfügt<br />

über ein hochkomplexes Geschäftsmodell“,<br />

lobt Peter Maas, Geschäftsführer<br />

des Instituts für Versicherungswirtschaft<br />

an der Universität<br />

St.Gallen.<br />

Der Versandhändler aus Fürth belegt<br />

denn auch den ersten Platz beim<br />

Wettbewerb „<strong>Deutschland</strong>s k<strong>und</strong>enorientierteste<br />

Dienstleister 2008“,<br />

den die Universität St.Gallen, die Unternehmensberatung<br />

Steria Mummert<br />

Consulting, das Marktforschungsunternehmen<br />

Service-Rating,<br />

die Kommunikationsagentur<br />

Faktenkontor sowie das Handelsblatt<br />

indiesem Jahr zum dritten Mal<br />

veranstaltet haben.<br />

108 Unternehmen haben sich dieses<br />

Mal beworben <strong>und</strong> dem Urteil<br />

der Jury gestellt: Anhand eines Fragebogens<br />

haben sie detailliert Auskunft<br />

über ihre eigene K<strong>und</strong>enorientierung<br />

gegeben, darüber hinaus haben<br />

Marktforscher vonjedem der teilnehmenden<br />

Unternehmen je 100 K<strong>und</strong>en<br />

befragt. Danach hat die Jury des<br />

Wettbewerbs die besten Unternehmen<br />

einem persönlichen Audit unterzogen.<br />

<strong>Das</strong> Ergebnis: Quelle als größtes<br />

Versandhaus <strong>Deutschland</strong>s überzeugte<br />

inallen sieben Dimensionen<br />

derK<strong>und</strong>enorientierung, die die Universität<br />

St. Gallen in einem 7-K-Modell<br />

entwickelt hat. Die Kriterien<br />

sind: K<strong>und</strong>enorientierung des Managements,<br />

Konfiguration, Kommunikation,<br />

Kommerzialisierung, Kompetenz,<br />

Kooperation <strong>und</strong> Kontrolle<br />

(siehe Bericht SeiteC2).<br />

Quelle weiß: Es ist weitaus teurer,<br />

einen neuen K<strong>und</strong>en zu gewinnen,<br />

als einen bestehenden zu halten. Und<br />

so sorgt denn auch ein umfassendes<br />

System zur K<strong>und</strong>enkommunikation<br />

Fotos: akg-images<br />

Die zarten Anfänge der K<strong>und</strong>enorientierung: Drive-In-Kiosk in Hamburg aus dem Jahr 1951.<br />

dafür, dass mehr als 80 Prozent der<br />

K<strong>und</strong>en meinen, Quelle belohne<br />

treue K<strong>und</strong>en. Nach Ansicht der Jury<br />

hat es das Versandhaus geschafft,<br />

eine ausgeprägte Servicekultur <strong>und</strong><br />

-mentalität im Unternehmen zu verankern<br />

–<strong>und</strong> das in einer ausgesprochen<br />

schwierigen Branche, die sich<br />

derzeit im Umbruch befindet (siehe<br />

Bericht SeiteC3).<br />

Hinter Quelle rangiert auf Platz<br />

zwei die HamburgerPrivatbank Conrad<br />

Hinrich Donner <strong>und</strong> auf Platz<br />

drei die Krankenversicherung Deutscher<br />

Ring. Diese beiden Platzierungenstehen<br />

sinnbildlich für einen besonderen<br />

Trend: Während früher<br />

vorallem der Handel das Thema K<strong>und</strong>enorientierung<br />

vorangetrieben hat,<br />

begeben sich nun immer mehr neue<br />

Branchen, wie etwa Krankenkassen,<br />

Banken, Logistikunternehmen <strong>und</strong><br />

Energieversorger, in dieses Feld. „Es<br />

ist auffällig, dass dieses Mal viele<br />

Krankenkassen im Ranking weit<br />

vorne liegen. Einerseits haben sich<br />

viele beworben –andererseits scheinen<br />

sie aber auch gut zusein“, sagt<br />

Wissenschaftler Maas. Gleiches<br />

geltefür zahlreiche Finanzdienstleister.<br />

„Diesen Trend haben wir auch<br />

schon in den vergangenen Jahren beobachtet“,<br />

berichtet Maas.<br />

Deutsche Krankenkassen würden<br />

immer stärker reglementiert, erläutert<br />

Maas, dadurch könnten sie sich<br />

kaum mehr voneinander unterscheiden.<br />

„<strong>Das</strong> geht dann nur noch über<br />

K<strong>und</strong>enorientierung.“<br />

Andere Teilnehmer, wie etwa einige<br />

Energieunternehmen, wollen<br />

sich das Prädikat K<strong>und</strong>enorientierung<br />

z<strong>war</strong> auch gerne auf die Fahnen<br />

schreiben, kommen im Ranking allerdings<br />

nicht auf die vorderen Plätze.<br />

„Hier steckt noch viel Potenzial<br />

drin“, urteilt Jürgen Sponnagel, Vorstandschef<br />

der Unternehmensberatung<br />

Steria Mummert. Zunächst <strong>einmal</strong><br />

werde den Unternehmen, die an<br />

dem Wettbewerb teilgenommen haben,<br />

ein Spiegel vorgehalten. NachhaltigeMaßnahmen<br />

würden dann im<br />

zweiten Schrittfolgen.<br />

Die Initiatoren des Wettbewerbs<br />

haben nunmehr drei Jahrgänge begleitet<br />

<strong>und</strong> insgesamt 350 Unternehmen<br />

bewertet. Im vergangenen Jahr<br />

führte der Teleshopping-Kanal QVC<br />

die Ranglistean, gefolgt vondem Arz-<br />

„<strong>Servicewüste</strong>? <strong>Das</strong>kann<br />

ich heute längst nicht<br />

mehr feststellen.“<br />

Jürgen Sponnagel, Steria Mummert<br />

neimittelhersteller ALK Scherax, der<br />

in diesem Jahr auf Platz zehn landete,<br />

<strong>und</strong> dem Versicherer Standard Life.<br />

2006, als der Wettbewerb zum ersten<br />

Mal stattfand, siegte der Paketzusteller<br />

TNT, auf Platz zwei rangierteder<br />

Drucksysteme-Großhändler Oki Systems<br />

<strong>und</strong> auf Platz drei die Bekleidungskette<br />

H&M.<br />

„EinigeUnternehmen haben in allen<br />

drei Jahren teilgenommen, die<br />

meisten vonihnen haben sich in dieser<br />

Zeit deutlich verbessert <strong>und</strong> an<br />

Profil gewonnen“, resümiert Sponnagel.<br />

„Als wir vor drei Jahren begonnen<br />

haben, <strong>war</strong>en noch mehr Stichworte<br />

wie ,<strong>Servicewüste</strong>’ im Umlauf<br />

– das kann ich heute längst nicht<br />

mehr feststellen.“<br />

Auch Maas vonder Universität St.<br />

Gallen sagt: „Nur in Einzelfällen ist<br />

dieser Vorwurfnoch gültig. Viele Firmenunternehmen<br />

heutzutage große<br />

Anstrengungen in Richtung K<strong>und</strong>enorientierung.<br />

Deshalb meine Einschätzung:<br />

<strong>Deutschland</strong> ist auf einem<br />

gutenWeg.“<br />

Werist <strong>war</strong>um erfolgreich?<br />

DÜSSELDORF. In dem Wettbewerb<br />

„<strong>Deutschland</strong>s k<strong>und</strong>enorientierteste<br />

Dienstleister 2008“ haben Wissenschaftler<br />

der Universität St. Gallen<br />

analysiert, wie Unternehmen zufriedene<br />

<strong>und</strong> sogar loyale K<strong>und</strong>en schaffen<br />

können. Denn K<strong>und</strong>enzufriedenheit<br />

<strong>und</strong> K<strong>und</strong>enloyalität gelten als<br />

zentrale Indikatoren sowohl für die<br />

K<strong>und</strong>enorientierung eines Unternehmens<br />

als auch für die langfristigen Erfolgsaussichten<br />

eines Dienstleisters.<br />

<strong>Das</strong> Ergebnis: Den stärksten Einfluss<br />

auf die Zufriedenheit der K<strong>und</strong>en<br />

üben die Mitarbeiter eines Unternehmens<br />

aus: Immerhin zu 41 Prozent<br />

lässt sich die Beurteilung der<br />

K<strong>und</strong>en auf Maßnahmen im Bereich<br />

der Mitarbeiterkompetenz erklären.<br />

Dabei geht es nicht nur um kompetente<br />

Angestellte, sondern auch um<br />

zufriedene: Zufriedene Mitarbeiter<br />

schaffen zufriedene K<strong>und</strong>en, so das<br />

Fazit der Forscher.Beispielsweise indem<br />

Unternehmen bei einem erhöhten<br />

Anfrageaufkommen im K<strong>und</strong>enkontakt<br />

mit Anpassungen der personellen<br />

Ressourcen schnell reagieren,<br />

um Mitarbeiter nicht auf Dauer zu<br />

überfordern. Im Geschäftsk<strong>und</strong>enbereich<br />

zahlt sich zudem aus, wenn Firmen<br />

ihre K<strong>und</strong>en bei der Entwicklung<br />

<strong>und</strong> Gestaltung der Serviceprozesse<br />

miteinbeziehen. Diese Form<br />

der Kooperation erklärt zu 30 Prozent<br />

eine positive Beurteilung der<br />

K<strong>und</strong>en im B2B-Bereich.<br />

DerzweiteIndikator,K<strong>und</strong>enloyalität,<br />

ist gegeben, wenn Konsumenten<br />

ein Produkt erneut kaufen oder<br />

es gar weiterempfehlen würden. Die<br />

Wissenschaftler fanden heraus: Je<br />

besser es Unternehmen gelingt, sich<br />

auf erfolgversprechende K<strong>und</strong>engruppen<br />

zu fokussieren <strong>und</strong> für diese<br />

differenzierte Preis- <strong>und</strong> Leistungsmodelle<br />

anzubieten, zum Beispiel in<br />

Form von Baukastensystemen, desto<br />

enger können sie die Konsumenten<br />

an sich binden. Kommerzialisierung<br />

heißt der Stellhebel in dem 7-K-Modell,<br />

der zu 35 Prozent die K<strong>und</strong>enloyalität<br />

über die Zeit erklärt. bia<br />

Die 50 Besten<br />

Die Sieger desWe ttbewerbs„<strong>Deutschland</strong>s k<strong>und</strong>enorientierteste Dienstleister2008“<br />

Rang Unternehmen Branche<br />

1 Quelle GmbH Handel<br />

2 Conrad Hinrich Donner Bank Banken <strong>und</strong> Kreditinstitute<br />

3 Deutscher Ring Krankenversicherungsverein a.G. Versicherer<br />

4 Bausparkasse Schwäbisch Hall AG Banken <strong>und</strong> Kreditinstitute<br />

5 StratoAG spezielle Dienstleistungen<br />

6 Siemens-Betriebskrankenkasse Krankenkassen<br />

7 Carglass spezielle Dienstleistungen<br />

8 Techniker Krankenkasse Krankenkassen<br />

9 Gmünder Ersatzkasse Krankenkassen<br />

10 ALK Scherax,Arzneimittel GmbH Pharma &Medizintechnik<br />

11 Barmer Ersatzkasse Krankenkassen<br />

12 LufthansaAir Plus Banken <strong>und</strong> Kreditinstitute<br />

13 Direct Line VersicherungsAG Versicherer<br />

14 AOKSchleswig Holstein Krankenkassen<br />

15 Barmenia Versicherungen Versicherer<br />

16 Plansecur Finanzdienstleistungs-GmbH Finanzprodukt-Vermittler<br />

17 Staples Handel<br />

18 Amadeus FiReAG Personaldienstleistung<br />

19 Deutsche InternetapothekeMartinus Apotheke Pharma &Medizintechnik<br />

20 Europcar Autovermietung GmbH spezielle Dienstleistungen<br />

21 Impuls Finanzmanagement AG Finanzprodukt-Vermittler<br />

22 Schwenninger BKK Krankenkassen<br />

23 Sparda-Bank Berlin eG Banken <strong>und</strong> Kreditinstitute<br />

24 Signal Krankenversicherung Versicherer<br />

25 ASVDirektmarketing GmbH spezielle Dienstleistungen<br />

26 Württembergische Versicherung AG Versicherer<br />

27 mhplus Betriebskrankenkasse Krankenkassen<br />

28 Signal Iduna Bauspar AG Banken <strong>und</strong> Kreditinstitute<br />

29 Öffentliche Versicherungen Oldenburg Versicherer<br />

30 Federal Express Europe,Inc.(Fedex) Logistik,Transport<br />

31 MLP Finanzprodukt-Vermittler<br />

32 Wüstenrot Bausparkasse AG Banken <strong>und</strong> Kreditinstitute<br />

33 Flughafen München GmbH Logistik,Transport<br />

34 AWD<strong>Deutschland</strong> GmbH Finanzprodukt-Vermittler<br />

35 S.Oliver Bernd Freier GmbH &Co. KG Handel<br />

36 Cosmos-Direkt Versicherer<br />

37 Planet-Home AG Handel<br />

38 Union Investment Privatfonds gmbH Banken <strong>und</strong> Kreditinstitute<br />

39 ÖRAG Rechtsschutzversicherungs-AG Versicherer<br />

40 AOKHessen Krankenkassen<br />

41 Straumann GmbH Pharma &Medizintechnik<br />

42 Landau Media AG spezielle Dienstleistungen<br />

43 Deutsche Kreditbank Banken <strong>und</strong> Kreditinstitute<br />

44 Jobsintime Holding GmbH Personaldienstleistung<br />

45 Flex-Strom GmbH Energieversorger<br />

46 Dialog Lebensversicherungs-AG Versicherer<br />

47 Union Tank Eckstein GmbH &Co. KG Logistik,Transport<br />

48 Citibank Privatk<strong>und</strong>en AG &Co. KGaA Banken <strong>und</strong> Kreditinstitute<br />

49 Deutsche BKK Krankenkassen<br />

50 HS -HamburgerSoft<strong>war</strong>e GmbH &CoKG spezielle Dienstleistungen<br />

Handelsblatt | Quelle: Universität St. Gallen<br />

©Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Zum Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich bitte an nutzungsrechte@vhb.de.


C2| DEUSCHLANDS KUNDENORIENTIERTESTE DIENSTLEISTER<br />

MITTWOCH, 28. MAI 2008 |NR. 101<br />

Kwie K<strong>und</strong>enorientierung<br />

Universität St. Gallen<br />

ermittelt die besten<br />

Dienstleister anhand<br />

eines 7-K-Modells<br />

CATRIN BIALEK |DÜSSELDORF<br />

Der K<strong>und</strong>e hat Bedürfnisse, der Anbieter<br />

hat Problemlösungen. Eigentlich<br />

ganz einfach, nur: Weiß der Anbieter<br />

überhaupt, welche Bedürfnisse<br />

der K<strong>und</strong>e hat? Und erfüllt die angebotene<br />

Marktleistung tatsächlich<br />

auch den K<strong>und</strong>enbedarf?<br />

K<strong>und</strong>enorientierung ist ein langjähriger<br />

Prozess, <strong>und</strong> werihn am besten<br />

beherrscht, kann sich am Ende<br />

über den größten K<strong>und</strong>enzulauf<br />

freuen. Um herauszufinden, wie es<br />

um die K<strong>und</strong>enorientierung der Unternehmen<br />

bestellt ist, verwendet die<br />

Universität St. Gallen ein sogenanntes<br />

7-K-Modell: Sieben Dimensionen<br />

–K<strong>und</strong>enorientierung des Managements,<br />

Konfiguration, Kommunikation,<br />

Kommerzialisierung, Kompetenz,<br />

Kooperation <strong>und</strong> Kontrolle –<br />

werden vonden Wissenschaftlern untersucht<br />

<strong>und</strong> bewertet.<br />

K<strong>und</strong>enorientierung<br />

desManagements:<br />

Damit K<strong>und</strong>enorientierung im Unternehmen<br />

lebendig wird, muss auch<br />

das Topmanagement K<strong>und</strong>ennähe<br />

vorleben. Deshalb lautet die Kernfrageindieser<br />

Dimension: „Wie wird<br />

die K<strong>und</strong>enorientierung Ihres Managements<br />

sichtbar?“ Am besten abgeschnitten<br />

hat hierbei die Siemens-<br />

Betriebskrankenkasse.<br />

Begründung: <strong>Das</strong> Münchener Unternehmen<br />

hat K<strong>und</strong>enorientierung fest<br />

in seiner Unternehmensstrategie verankert.<br />

Beispiel: Die Führungskräfte<br />

nehmen an den regelmäßigen Akquirierungsaktionen<br />

in den Geschäftsstellen<br />

mit K<strong>und</strong>enbindungsanrufen<br />

teil, außerdem sind sie direkt in die<br />

Lösung vonK<strong>und</strong>enbeschwerden eingeb<strong>und</strong>en.<br />

Darüber hinaus lassen<br />

sich die Topmanager regelmäßig von<br />

ihren Mitarbeitern beurteilen –das<br />

sorgt für Mitarbeiternähe.<br />

Konfiguration:<br />

Marktleistungen müssen so aufgebaut<br />

<strong>und</strong> strukturiert werden, dass<br />

sie sich vondenen der Wettbewerber<br />

deutlich abheben <strong>und</strong> die K<strong>und</strong>enbedürfnisse<br />

zielgenau treffen. Ein zentraler<br />

Punkt bei der Konfiguration<br />

ist, dassdie Anforderungen, die Konsumenten<br />

an Produkte <strong>und</strong> Dienstleistungen<br />

stellen, systematisch erfasst<br />

werden. Die Kernfrage hinter<br />

dem zweiten „K“ heißt denn auch:<br />

„Was tut Ihr Unternehmen konkret,<br />

damit die Marktleistungen genau<br />

den Anforderungen der K<strong>und</strong>en entsprechen?“<br />

Foto: Ute Grabowsky /photothek.net<br />

Informationsschild auf der Cebit in Hannover: Orientierung für K<strong>und</strong>en ist in jeder Richtung möglich.<br />

In dieser Dimension erhielt die Deutsche<br />

Kreditbank die beste Beurteilung.<br />

Um die Wünsche ihrer K<strong>und</strong>en<br />

zu ergründen, bietet die Bank für<br />

ihreZielgruppe Veranstaltungen wie<br />

„DKB-Eliteforum Landwirtschaft“<br />

<strong>und</strong> „DKB-Eliteforum Ges<strong>und</strong>heitswirtschaft“<br />

an. Experten helfen anschließend<br />

bei der Interpretation der<br />

gewonnenen Erkenntnisse.<br />

Kommunikation:<br />

Kaum etwasimMarketing ist heutzutage<br />

so wichtig wie der Dialog mit<br />

den K<strong>und</strong>en. Dies gilt im Besonderen<br />

Maße für erklärungsbedürftige Produkte<br />

<strong>und</strong> Dienstleistungen, die der<br />

K<strong>und</strong>e oft erst nach der Nutzung beurteilen<br />

kann. „Wie fördert Ihr Unternehmen<br />

den Dialog mit den K<strong>und</strong>en?“,<br />

lautetdie Kernfragedieser Disziplin.<br />

Die besten Antworten hierauf fand<br />

Lufthansa Airplus, führender Anbieter<br />

von Lösungen für das Business<br />

Travel Management. <strong>Das</strong> Unternehmen<br />

überzeugte durch K<strong>und</strong>enfeedbacksysteme<br />

sowie Workshops, die<br />

K<strong>und</strong>enbeziehungen vertiefen <strong>und</strong><br />

Loyalität fördern sollen.<br />

Kommerzialisierung:<br />

Hierbei gilt es, „den richtigen K<strong>und</strong>en<br />

zum richtigen Zeitpunkt ein auf<br />

seine individuellen Bedürfnisse abgestimmtes<br />

Leistungsprofil anzubieten“.<br />

Die Kernfrage heißt: „Was unternimmt<br />

Ihr Unternehmen, um die erfolgversprechenden<br />

K<strong>und</strong>engruppen<br />

zu identifizieren <strong>und</strong> sich darauf<br />

zu fokussieren?“ Diese Fragehat Europcar<br />

am besten gelöst. Mit detaillierten<br />

K<strong>und</strong>engruppenanalysen,<br />

der Entwicklung individuellerAngeboteander<br />

Anmietstation sowie spezifischen<br />

Angeboten für einzelne<br />

K<strong>und</strong>engruppen, etwa Wochenendangebotefür<br />

Privatk<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Langzeitangebote<br />

für Firmenk<strong>und</strong>en,<br />

konnte der Autovermieter stark<br />

punkten.<br />

Kompetenz:<br />

Die Motivation <strong>und</strong> die Fähigkeiten<br />

der Mitarbeiter sind ein zentraler<br />

Faktor für die K<strong>und</strong>enorientierung.<br />

Viele Studien haben den direkten Zusammenhang<br />

zwischen K<strong>und</strong>en- <strong>und</strong><br />

Mitarbeiterzufriedenheit belegt. Die<br />

zentrale Frage: „Wie stellt Ihr Unternehmen<br />

die Servicebereitschaft <strong>und</strong><br />

-fähigkeit der Mitarbeiter sicher?“<br />

Bei der Barmenia Versicherung beispielsweise<br />

sollen die Mitarbeiter<br />

den Telefonhörer spätestens nach<br />

dem dritten Klingeln abheben. Eine<br />

Wohltat für gepeinigte K<strong>und</strong>en, die<br />

oft minutenlang in Warteschleifen<br />

verharren müssen. Diese <strong>und</strong> andere<br />

Servicevorgaben sicherten Barmenia<br />

den ersten Platz in dieser Dimension.<br />

Immerhin 93 Prozent der K<strong>und</strong>en beurteilen<br />

Barmenia-Mitarbeiter als<br />

hilfsbereit <strong>und</strong> kompetent.<br />

K ooperation:<br />

„Mit welchen Maßnahmen werden<br />

die Beziehungen zu den Stake-Holdern<br />

vertieft?“ Um diese Fragekreist<br />

das sechste„K“. Wenn ein Unternehmen<br />

mit seinen Produkten <strong>und</strong><br />

Dienstleistungen an seine eigenen<br />

Grenzen stößt, lassen sich durch die<br />

Einbeziehung vonPartnerfirmen die<br />

Möglichkeiten über das eigene Geschäftsmodell<br />

hinweg verschieben –<br />

<strong>und</strong> somit die Probleme des K<strong>und</strong>en<br />

umfassender lösen. Kooperationen<br />

haben –imVergleich zum Aufbau eigener<br />

Kompetenzen – den Vorteil,<br />

dass sie häufig weniger risikoreich<br />

<strong>und</strong> zudem glaubwürdiger sind.<br />

Deutliche Unterschiede zwischen den Branchen<br />

Fühlen Sie sich vondem Unternehmen stets fair behandelt?<br />

Befragung unter r<strong>und</strong> 10 000 K<strong>und</strong>en<br />

Pharma <strong>und</strong> Medizintechnik<br />

Krankenkassen<br />

Personaldienstleistung<br />

Versicherer<br />

Handel<br />

Banken <strong>und</strong> Kreditinstitute<br />

Logistik, Transport<br />

Energieversorger<br />

Angaben in %<br />

trifft zu<br />

trifft<br />

eher zu<br />

trifft überhaupt<br />

nicht zu<br />

65 22 13<br />

59 31 10<br />

52 40 8<br />

50 36 14<br />

49 36 14<br />

47 37 16<br />

44 38 17<br />

27 40 33<br />

Handelsblatt | Quelle: Faktenkontor<br />

Vorbildlich vorgemacht hat dies<br />

Schwäbisch Hall, die dieses Jahr am<br />

besten in dieser Dimension abschnitt.<br />

Flächendeckend kooperiert<br />

die Bausparkasse mit Volks- <strong>und</strong><br />

Raiffeisenbanken sowie anderen Banken.<br />

Schwäbisch Hall integriert die<br />

Institutionen vollständig in die eigenen<br />

Beratungssysteme. Dabei schult<br />

sie auch die Mitarbeiter der kooperierenden<br />

Banken. Gemeinsam mit ihren<br />

Kooperationspartnern entwickelt<br />

die BausparkasseihreProdukte<br />

weiter.<br />

Kontrolle:<br />

„Wie messen <strong>und</strong> analysieren Siedie<br />

Servicequalität <strong>und</strong> den K<strong>und</strong>ennutzen?“,<br />

lautetdie Kernfragedieser Dimension.<br />

Dabei gilt es vor allem, die<br />

K<strong>und</strong>en in den Kontroll- <strong>und</strong> Verbesserungsprozess<br />

einzubeziehen, um<br />

auf diese Weise K<strong>und</strong>ennähe zu<br />

schaffen.<br />

Die höchste Punktzahl erreichte in<br />

dieser Disziplin der Arzneimittelhersteller<br />

Alk Scherax. <strong>Das</strong> Unternehmen<br />

setzt beispielsweise auf verdeckte<br />

Kontrollanrufe <strong>und</strong> -besuche<br />

in der K<strong>und</strong>enberatung <strong>und</strong> der Auftragsabteilung.<br />

Mitarbeiter,die K<strong>und</strong>en<br />

unfre<strong>und</strong>lich abspeisen, werden<br />

dadurch schnell entlarvt. Außerdem<br />

lässt der Arzneimittelhersteller K<strong>und</strong>en<br />

persönlich oder auch anonym<br />

nach ihrer Meinung befragen. <strong>Das</strong> Ergebnis:<br />

97 Prozent der K<strong>und</strong>en sind<br />

überzeugt, dass das Unternehmen<br />

ständig versucht, dazuzulernen <strong>und</strong><br />

noch besser zu werden.<br />

SECHS FRAGEN AN: PETER MAAS<br />

„Käufer wollen verführt werden“<br />

Herr Maas, in Ihrem Managementmodell<br />

werden die sieben<br />

Dimensionen der K<strong>und</strong>enorientierung<br />

gleich starkgewichtet. Ist<br />

dies auch in der Realität der Fall?<br />

Nein, die von uns untersuchten Unternehmen<br />

sprechen den sieben Dimensionen<br />

unterschiedlich viel Bedeutung<br />

bei. Auf den Dimensionen<br />

Kommerzialisierung –wie kann ich<br />

mit meinen Fähigkeiten Geld am<br />

Markt verdienen –sowie Kooperation<br />

mit Partnern liegt beispielsweise<br />

relativ wenig Aufmerksamkeit<br />

des Managements. Auch heute gilt<br />

noch: Im Zweifel macht ein Unternehmen<br />

die Dingelieber selber,dann<br />

hatesauch die Kontrolle darüber.Ich<br />

glaube, diese Einstellung wird sich<br />

künftig ändern –müssen.<br />

Aufwelche Dimensionen legen<br />

die befragten Manager besonders<br />

viel Wert?<br />

<strong>Das</strong> ist ganz deutlich: Die beiden Dimensionen<br />

Kompetenz der Mitarbeiter<br />

sowie Kontrolle stehen im Fokus<br />

des Managements.<br />

Woranerkennen Sie, ob das Management<br />

eines Unternehmens<br />

k<strong>und</strong>enorientiert ist?<br />

<strong>Das</strong> merke ich sehr schnell. Wenn ich<br />

mit Vorständen rede, spüre ich sofort,<br />

ob K<strong>und</strong>enorientierung gelebt<br />

wird. Zum Beispiel: Wie oft kommt<br />

das Wort „K<strong>und</strong>e“ in den zwei St<strong>und</strong>en<br />

vor, die ich mit dem Vorstand<br />

spreche? Oder: Wenn ich eine triviale<br />

Frage über K<strong>und</strong>enwünsche<br />

stelle –gibt der Chef sie an den Marketingvorstand<br />

ab, oder beantwortet<br />

er sie selbst? In dieser Hinsicht haben<br />

wir deutliche Unterschiede zwischen<br />

den Teilnehmern gesehen.<br />

CATRIN BIALEK |DÜSSELDORF<br />

PETER MAAS<br />

Geschäftsführer<br />

des Instituts für<br />

Versicherungswirtschaft<br />

an der<br />

Universität St. Gallen<br />

Wasbedeutetfür Siepersönlich<br />

K<strong>und</strong>enorientierung?<br />

K<strong>und</strong>enorientierung heißt für mich,<br />

dass sich ein Unternehmen möglichst<br />

authentisch in die Situation eines<br />

K<strong>und</strong>en hineindenken kann. Dabei<br />

geht es nicht nur um die rationalen<br />

Bedürfnisse, sondern vor allem<br />

um die unterschwelligen Gefühle.<br />

Ängste, Sorgen, einfach alles, was<br />

Menschen ungerne mitteilen, wenn<br />

man sie direkt darauf anspricht.<br />

Warum ist das Unterbewusstsein<br />

der Konsumenten so wichtig?<br />

Es gibt heutzutage immer häufiger<br />

Kaufsituationen, hinter denen kein<br />

konkretes Kaufziel mehr steckt. Konsumenten<br />

wollen verführt werden.<br />

Deshalb müssen sich Unternehmen<br />

auf der emotionalen Ebene voneinander<br />

unterscheiden.<br />

Wann haben Siesich das letzte<br />

Mal über mangelnde K<strong>und</strong>enorientierung<br />

einer Firma geärgert?<br />

<strong>Das</strong> <strong>war</strong>bei einem Flug mit German<br />

Wings von Zürich nach Köln. <strong>Das</strong><br />

Flugzeug hatte deutliche Verspätung,<br />

was allerdings nicht angesagt<br />

wurde. Sehr ärgerlich für mich <strong>und</strong><br />

meinen Kollegen, mit dem ich auf<br />

dem Schweizer Flughafen <strong>war</strong>tete.<br />

Ich habe dann bei einer Servicehotline<br />

angerufen, doch der Mitarbeiter<br />

teilte mir –mit unflätigen Worten –<br />

mit, dass ich mich auf jeden Fall bei<br />

dem Unternehmen mal über den Service<br />

beschweren solle. Auf der<br />

Homepage von German Wingshabe<br />

ich dann nach einer E-Mail-Adresse<br />

gesucht, an die ich meine Beschwerde<br />

richten kann, doch überhaupt<br />

keine gef<strong>und</strong>en. <strong>Das</strong> Unternehmen<br />

hat mir keinen Weggegeben,<br />

auf dem ich meine Beschwerde loswerden<br />

kann.<br />

Die Fragen stellte Catrin Bialek.<br />

Zufriedene K<strong>und</strong>en<br />

zahlen sichaus<br />

Umsatzplus durch gezielte Maßnahmen<br />

K<strong>und</strong>enorientierung soll sich nach<br />

Ansicht der Wissenschaftler der Universität<br />

St. Gallen nicht nur für die<br />

K<strong>und</strong>en rechnen, sondern auch für<br />

die Unternehmen selbst. Deshalb haben<br />

sie im Rahmen des diesjährigen<br />

Wettbewerbs „<strong>Deutschland</strong>s k<strong>und</strong>enorientierteste<br />

Dienstleister“ analysiert,<br />

inwiefern sich k<strong>und</strong>engerechte<br />

Maßnahmen auf den Unternehmenserfolg,<br />

gemessen an der Umsatzentwicklung,<br />

auswirken.<br />

Ergebnis: Im B2B-Sektor, also im<br />

Geschäftsk<strong>und</strong>enbereich, gibt es<br />

gleich mehrereFaktoren, die den Umsatz<br />

ankurbeln. Demnach zahlt sich<br />

vorallem aus, wenn Firmen die Kompetenz<br />

ihrer Mitarbeiter stärken sowie<br />

ihreK<strong>und</strong>en bei der Produktentwicklung<br />

miteinbeziehen. Ein Beispiel:<br />

Konzepttests mit K<strong>und</strong>en hätten<br />

eindeutig zur positiven Umsatzentwicklung<br />

beigetragen, berichten<br />

die Schweizer Forscher. Darüber hinaus<br />

sei eine Umsatzsteigerung im<br />

B2B-Bereich zu 40 Prozent auf erfolgreiche<br />

Kooperationen mit Partnerunternehmen<br />

bei der Produktentwicklung<br />

zurückzuführen. Die Einsicht,<br />

dassFirmen nicht alle <strong>Arbeit</strong>en in Eigenregie<br />

ausführen können, spült<br />

also Geld in die Kasse.<br />

Weniger eindeutig sind die Ergebnisse<br />

allerdings imB2C-Bereich, in<br />

dem Unternehmen mit Endk<strong>und</strong>en<br />

zu tun haben. Hier ließen sich keine<br />

eindeutigen Aussagen treffen, berichten<br />

die Wissenschaftler. Tendenziell<br />

hättenaber Maßnahmen, die die Mitarbeiterkompetenz<br />

stärken, das Beschwerdemanagement<br />

verbessern sowie<br />

Unternehmensprozesse unter anderem<br />

durch den Einsatz von Qualitätszirkeln<br />

oder Projektteams optimieren,<br />

das größtePotenzial, um den<br />

Unternehmenserfolg zu steigern.<br />

Service<br />

deluxe.<br />

Nur das Beste für<br />

unsereVersicherten.<br />

Wirsind die Kasse mit dem Großen Plus:<br />

mit mehr Leistung, mehr Menschlichkeit<br />

<strong>und</strong> viel mehr Service.Wir bearbeiten<br />

deine Anfragen schnell,zuverlässig <strong>und</strong><br />

kümmernuns r<strong>und</strong> um die Uhrum<br />

dich <strong>und</strong> deine Ges<strong>und</strong>heit.<br />

Überzeug’dich selbst:<br />

www.mhplus.de<br />

DerKalenderzum Kontakte knüpfen.<br />

DI, 27.05.08<br />

DÜSSELDORF<br />

Golfpark<br />

Meerbusch<br />

DO,29.05.08<br />

RHEIN-MAIN<br />

Licher Golf-Club<br />

Fürstl. Hofgut Kolnhsn.<br />

DO,12.06.08<br />

MÜNCHEN<br />

Golfanlage<br />

Iffeldorf<br />

DO,19.06.08<br />

HAMBURG<br />

Golf-<strong>und</strong> Landclub<br />

Schloss Lüdersburg<br />

DI, 01.07.08<br />

KÖLN<br />

Golfclub<br />

Burgkonradsheim<br />

DO,03.07.08<br />

BERLIN<br />

Golf-<strong>und</strong> Country Club<br />

Seddiner See<br />

MI, 23.07.08<br />

MÜNCHEN<br />

Golfanlage<br />

Gut Thailing<br />

MO,11.08.08<br />

HAMBURG<br />

Hamburger Golf-Club<br />

Falkenstein<br />

DO,21.08.08<br />

RHEIN-MAIN<br />

Attighof<br />

Golf &Country Club<br />

DI, 02.09.08<br />

HAMBURG<br />

Golfclub<br />

Hamburg Ahrensburg<br />

MI, 10.09.08<br />

STUTTGART<br />

StuttgarterGolf-Club<br />

Solitude<br />

FR,12.09.08<br />

RHEIN-MAIN<br />

Golfanlage<br />

Hofgut Praforst<br />

DO,09.10.08<br />

MÜNCHEN<br />

Golfpark Gut Häusern<br />

IMMOBILIEN-SPECIAL<br />

Änderungen vorbehalten.<br />

<strong>Mehr</strong> Infos<strong>und</strong> Anmeldungen unter<br />

www.germanbusinessmasters.com<br />

Die Firmen-Golfturnierserie für Teamplayer<br />

■ Offene Firmen-Golfturnierserie<br />

für Firmenteams <strong>und</strong> Rookies<br />

■ 13 Turniere auf einigen der schönsten<br />

Golfplätze <strong>Deutschland</strong>s<br />

■ Gute Abschläge für gute Geschäfte<br />

■ Plattform für branchenübergreifende Kontakte<br />

■ Networking pur: Neuk<strong>und</strong>engewinnung &<br />

K<strong>und</strong>enbetreuung<br />

■ Perfekte Verbindung zwischen angenehm <strong>und</strong><br />

nützlich<br />

Melden Sie Ihr Firmenteam an: info@germanbusinessmasters.com<br />

©Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Zum Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich bitte an nutzungsrechte@vhb.de.


MITTWOCH, 28. MAI 2008 |NR. 101 DEUSCHLANDS KUNDENORIENTIERTESTE DIENSTLEISTER<br />

|C3<br />

„Wir machen das jetzt mal zusammen“<br />

Quelle ist<strong>Deutschland</strong>s k<strong>und</strong>enorientiertester Dienstleister 2008. Werwissen will, <strong>war</strong>um, sollte einfachmal die Hotline des Versenders anrufen.<br />

CHRISTOPH LIXENFELD |HAMBURG<br />

Irgendwas stimmt nicht mit diesem<br />

Mann im Call-Center: Obwohl es<br />

mir nicht gelingt, online den gewünschten<br />

Computer zubestellen,<br />

redet er nicht mit mir wie mit einem<br />

Vollidioten. Er sagt nur: „Dann lassen<br />

Sie uns das kurz zusammen machen.“<br />

Wir gehen den Vorgang am<br />

Telefon Schritt für Schritt durch, er<br />

schafft es, den Rechner schließlich<br />

in den Warenkorb zu legen, ich<br />

nicht. Keine Belehrungen, keine Unterstellungen.<br />

Sondern: „Ich gebe Ihnen<br />

die Nummer unserer Multimedia-Hotline,<br />

bei denen können Sie<br />

das Gerät vermutlich auch telefonisch<br />

bestellen.“ Gute Idee, ich rufe<br />

an. Per Telefon kaufen geht allerdings<br />

nicht, weil bestimmte Produkte<br />

eben nur online bestellbar<br />

sind. Mit der sonst spätestens an diesem<br />

Punkt üblichen Frage, ob ich alles<br />

richtig gemacht habe <strong>und</strong> ob<br />

mein Computereinwandfrei funktioniert,<br />

hält sich auch der zweite<br />

Quelle-Mitarbeiter nicht auf. Er<br />

sagt: „Ich mache Ihnen einen Vorschlag.<br />

Sie ändern Ihr Passwort für<br />

den Quelle-Online-Zugang in „Testen“,<br />

dann logge ich mich hier mit<br />

diesem Passwort ein <strong>und</strong> bestelle alles<br />

für Sie.“ Gesagt, getan. Am Ende<br />

erinnert er mich noch, das Passwort<br />

erneut zuändern, „jedenfalls wenn<br />

Sie nicht wollen, dass ich heute<br />

Abend weiter unter Ihrem Namen<br />

einkaufe...“.<br />

Call-Center-Mitarbeiter ohne genervten<br />

Tonfall, pragmatisch <strong>und</strong> offenbar<br />

vomWunsch beseelt, den K<strong>und</strong>en<br />

–<strong>und</strong> damit natürlich in diesem<br />

Fall auch ihren <strong>Arbeit</strong>geber –glücklich<br />

zu machen, noch dazu mit Entscheidungsbefugnis?Keine<br />

unausgesprochene<br />

Unterstellung, ich sei zu<br />

blöd? Und amEnde sogar ein Anflug<br />

vonHumor?Was ist los bei denen?<br />

Offensichtlich bin ich nicht der<br />

einzige, der solche Erfahrungen mit<br />

dem Versender Quelle gemacht hat:<br />

„Kein einziger der Quelle-K<strong>und</strong>en,<br />

die wir befragt haben, fühltesich wie<br />

ein kleiner Bittsteller,“ resümiert Albert<br />

Graf vonder Universität St.Gallen.<br />

Die Hochschule ermittelte auch<br />

in diesem Jahr gemeinsam mit Steria<br />

Mummert Consulting, dem Kölner<br />

Marktforschungsunternehmen Service<br />

Rating <strong>und</strong> dem Handelsblatt<br />

„<strong>Deutschland</strong>s k<strong>und</strong>enorientiertesten<br />

Dienstleister“. <strong>Das</strong>s Quelle ge-<br />

Foto: Jochen Zick/Keystone, imago (u.)<br />

Hier wird Ihnen tatsächlich geholfen: Berliner Call-Center des Versandhauses Quelle.<br />

wann, liegt „an einer Vielzahl von<br />

Faktoren, deren perfektes Zusammenspiel<br />

den Unterschied zu anderen<br />

ausmacht,“ sagt Graf. Obdieses<br />

Zusammenspiel funktioniert, merkt<br />

der K<strong>und</strong>e am Verhalten der Call-<br />

Center-Mitarbeiter. Denn sie sind<br />

die Schnittstelle, hier kommt der<br />

K<strong>und</strong>e am intensivsten –<strong>und</strong> meist<br />

zum ersten Mal –mit der Firma in<br />

Kontakt.<br />

Und die Angestellten behandeln<br />

ihre K<strong>und</strong>en eben so, wie sie selber<br />

von ihren Chefs behandelt werden.<br />

„Bei Quelle herrscht eine sehr offene<br />

Gesprächskultur,wir hatten den Eindruck,<br />

dassdie Mitarbeiter auch hierarchieübergreifend<br />

klar ihre Meinung<br />

sagen,“ berichtet Graf, der sich<br />

zusammen mit Claus Dethloff, Geschäftsführer<br />

von Service Rating,<br />

Quelle aus der Nähe angesehen hat.<br />

„Entscheidend sind die Vorbilder im<br />

Unternehmen selbst. Eine Servicekultur,<br />

die man bei den Mitarbeitern<br />

spürt, entsteht nur, wenn die Chefs<br />

das leben. Sie braucht Führungskräfte,die<br />

offene Türen haben, die erreichbar<br />

sind, auch für den Pförtner“,<br />

beobachtet Dethloff.<br />

Quelleleistetsicheine eigene<br />

Installationsfirma<br />

Beziehungsweise für einen x-beliebigen<br />

Call-Center-Agenten, der aus<br />

Sicht des K<strong>und</strong>en in Zeiten des Internets<br />

die Rolle des Pförtnersübernommen<br />

hat. Unddiese Türöffner des 21.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts können zwischen Bergenvon<br />

K<strong>und</strong>endaten<strong>und</strong> Riesensortimenten<br />

nur den Überblick behalten,<br />

wenn ihnen perfekte Computersysteme<br />

dabei helfen. „Früher mussten<br />

unsere K<strong>und</strong>en manchmal bei<br />

drei unterschiedlichen Fragen mit<br />

drei verschiedenen Stellen sprechen,<br />

weil die Mitarbeiter nur einen begrenzten<br />

Zugriff auf alle Datenbanken<br />

<strong>und</strong> Systeme hatten“, erinnert<br />

sich Wolfgang Kerscher, Direktmarketing-Chef<br />

bei Quelle. Heute verschafft<br />

die IT den Agenten ein umfängliches<br />

Wissen, jeder Anruf soll<br />

nach Möglichkeit „fallabschließend“<br />

bearbeitet werden, wie Quelle das<br />

nennt. Wenn der K<strong>und</strong>e den Hörer<br />

auflegt, müssen 90 Prozent seiner Anliegen<br />

erledigt sein.<br />

Allerdings: Auch die Datenbanken<br />

„sind ein Personalthema“, beschreibt<br />

K<strong>und</strong>enorientierungsexperte<br />

Graf. Sie nützen nur etwas,<br />

wenn sie sorgsam <strong>und</strong> regelmäßig<br />

Internet als wichtigster Absatzkanal<br />

Quelle vertreibt seine<br />

Produkte auf fünf Vertriebswegen:<br />

Erstens<br />

über Kataloge, zweitens<br />

via Telefon, drittens<br />

übers Internet, viertens<br />

durch TV-Verkaufssender<br />

<strong>und</strong> fünftens über eigene<br />

Shops. Der Katalog<br />

ist keineswegs vom<br />

Aussterben bedroht.<br />

145 unterschiedliche Kataloge<br />

werden jährlich<br />

gedruckt, die Gesamtauflage:<br />

sagenhafte<br />

460 Mill. Exemplare.<br />

„Bis die Kataloge ganz<br />

verschwinden, dauert<br />

es noch mindestens<br />

zehn Jahre“, glaubt<br />

Quelle-Direktmarketing-Chef<br />

Wolfgang Kerscher.<br />

Heute bilden Kataloge<br />

nicht mehr das<br />

ganze Sortiment ab.<br />

Stattdessen setzt das<br />

Unternehmen thematische<br />

Schwerpunkte, als<br />

Appetitmacher, der<br />

dann beim Online-Shopping<br />

gestillt wird. <strong>Das</strong> Internet<br />

wird beiallen Versendern<br />

immer wichtiger.<br />

Nach Unternehmensangaben<br />

ist<br />

Quelle hinter Ebay <strong>und</strong><br />

Amazon <strong>Deutschland</strong>s<br />

drittgrößter Online-<br />

Shop. 40 Prozent des<br />

Umsatzes macht Quelle<br />

übers Internet, Tendenz<br />

steigend. Viel Hoffnung<br />

setzt der Versender<br />

auf Teleshopping.<br />

Wichtig wird, die Medien<br />

gut zu vernetzen:<br />

K<strong>und</strong>en, denen etwas<br />

im Katalog gefällt, müssen<br />

den Artikel online<br />

schnell finden, um ihn<br />

bestellen zu können.<br />

mit Informationen gefüttert werden.<br />

„Die Mitarbeiter müssen bereit sein,<br />

das Wissen, das sie im K<strong>und</strong>enkontakt<br />

gewinnen, zu teilen. Wenn sie<br />

Angst haben <strong>und</strong> ständig um ihrePosition<br />

fürchten, bleiben sie eher darauf<br />

sitzen <strong>und</strong> verteidigen es. Viele<br />

Banken etwa haben große Schwierigkeiten,<br />

das implizite Wissen ihrer<br />

Call-Center-Agenten anzuzapfen.“<br />

Wer Spannendes erfahren will,<br />

mussaußerdem in der Lagesein, auf<br />

Augenhöhe zu kommunizieren.<br />

Quelle legt deshalb Wert darauf,<br />

seine K<strong>und</strong>en von Mitarbeitern in<br />

<strong>Deutschland</strong> beraten zu lassen.<br />

„Beide, Berater <strong>und</strong> zu Beratender,<br />

müssen in der selben Konsumwelt leben<br />

<strong>und</strong> ähnliche Erfahrungen zum<br />

Beispiel mit bestimmten Produkten<br />

gemacht haben,“ verlangt Direktmarketing-Chef<br />

Kerscher.Der Versender<br />

hat deshalb vor einem halben Jahr<br />

sein Call-Center in Dänemark geschlossen<br />

<strong>und</strong> stattdessen drei komplett<br />

neue K<strong>und</strong>enzentren in Berlin,<br />

Magdeburg<strong>und</strong> Cottbus errichtet. Investitionsvolumen:<br />

30 Mill. Euro.<br />

Quelle begreift sich als lernende<br />

Organisation, <strong>und</strong> gelernt hat sie,<br />

dass inpunkto K<strong>und</strong>enzufriedenheit<br />

einige Lösungen für das 21. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

in der Vergangenheit zu suchen<br />

sind. „Profectis“ ist so eine Lösung,<br />

ein Installations- <strong>und</strong> Elektroservice,<br />

der Quelle-K<strong>und</strong>en ihre neuen<br />

Herde <strong>und</strong> Waschmaschinen anschließt.<br />

Keine via Internet vernetzten,<br />

aber unabhängigen Klempnerbetriebe,<br />

sondern ein eigener Betrieb<br />

mit festen Angestellten <strong>und</strong> Strukturen,<br />

der einzige flächendeckende<br />

technische K<strong>und</strong>endienst eines Versenders.<br />

Der Vorteil ist die Qualitätssicherung<br />

<strong>und</strong> -kontrolle. Wirwollen<br />

die Prozesse selbst in der Hand behalten<br />

<strong>und</strong> uns auch so vom Wettbewerb<br />

abgrenzen“, sagt Kerscher.Aus<br />

demselben Gr<strong>und</strong> hat Quelle auch<br />

ein eigenes Prüfinstitutmit r<strong>und</strong> 100<br />

Ingenieuren. Die testen, waspassiert,<br />

wenn ein Staubsauger 20 St<strong>und</strong>en ununterbrochen<br />

läuftoder eine Waschmaschine<br />

von ihrem 20 Zentimeter<br />

hohen Sockel fällt. Schließlich sollen<br />

sich die K<strong>und</strong>en nicht nur über das<br />

Benehmen der Call-Center-Mitarbeiter<br />

freuen, sondern auch über die<br />

Qualität der Produkte. Denn mit K<strong>und</strong>en<br />

ist es wie mit Kindern oder Ehefrauen<br />

–man darfihnen nie etwasversprechen,<br />

was man nicht halten<br />

kann. Dann gibt es Ärger.<br />

K<strong>und</strong>enorientierung findet<br />

an vielen Stellen statt<br />

Wertschätzung <strong>und</strong> gute Pflegeist das, was am Ende wirklichzählt<br />

CLAUDIA TÖDTMANN |DÜSSELDORF<br />

Waswürde der K<strong>und</strong>e wollen, wenn<br />

er wüsste, waserbraucht? <strong>Das</strong> ist die<br />

große Frage für die allermeisten Unternehmen.<br />

„Denn tatsächlich ist K<strong>und</strong>enorientierung<br />

ein Mysterium, das<br />

nur sehr schwer zuknacken ist“, urteilt<br />

Peter Maas, Wissenschaftler an<br />

der Universität St. Gallen <strong>und</strong> K<strong>und</strong>enorientierungsexperte.<br />

Allein<br />

schon, weil es kein Ankommen gibt.<br />

K<strong>und</strong>enorientierung ist eine permanente<br />

Herausforderung <strong>und</strong> ähnelt<br />

dem Versuch, einen Sack Flöhe<br />

zu hüten: In jeder Firma gibt es tausend<br />

Ecken, an denen sie K<strong>und</strong>en ihr<br />

Gesicht zeigt, bei ihnen einen Eindruck<br />

hinterlässt –oft ungewollt <strong>und</strong><br />

ungeplant. Undvor allem unbemerkt<br />

von der Unternehmensführung.<br />

Denn jede Firma wünscht sich eine<br />

hohe K<strong>und</strong>enbindung. Theoretisch jedenfalls,<br />

erklärtermaßen sowieso.<br />

Denn fast alle rühmen sich werbeträchtig<br />

ihrer K<strong>und</strong>enorientierung.<br />

Für alle ist es deshalb die große<br />

Frage –<strong>und</strong> ein Rätsel gleichermaßen:<br />

Wo entsteht K<strong>und</strong>enbindung tatsächlich?Umdas<br />

herauszufinden, hat<br />

Maas mehr als 7000 K<strong>und</strong>en befragt:<br />

Werden Sie in zwei Jahren noch<br />

K<strong>und</strong>e des Unternehmens sein?Empfehlen<br />

Sie esihren Fre<strong>und</strong>en? Würden<br />

sie auch weitere Leistungen der<br />

Firma in Anspruch nehmen? Oder:<br />

Müssten Siesich heute noch mal entscheiden,<br />

würden Sie wieder zu ihm<br />

gehen?Kommt für Siebei vergleichbarenProdukten<br />

nur das eine Unternehmen<br />

in Frage? Setzen Siegroßes Vertrauen<br />

hinein?Wärefür Sieder Wechsel<br />

zu einem anderen Anbieter ein Risiko?<br />

Aus den Antworten bildete<br />

Maas seinen K<strong>und</strong>enbindungsindex.<br />

Als Nächstes teilte der Wissenschaftler<br />

die K<strong>und</strong>enorientierung der<br />

Unternehmen in sieben Faktoren ein<br />

<strong>und</strong> glich ab. Sein Fazit: Es sind drei<br />

Faktoren, die den stärksten Einfluss<br />

auf K<strong>und</strong>enbindung haben. Erstens:<br />

Kooperationen mit anderen Firmen,<br />

um neue Servicedimensionen anzubieten.<br />

Etwa wenn der Kofferhersteller<br />

Rimowa mit der Deutschen Lufthansavereinbart,<br />

dassdie Airline defekteKofferbei<br />

den K<strong>und</strong>en zur Reparatur<br />

abholt <strong>und</strong> auch zurückbringt.<br />

Neuk<strong>und</strong>en zu akquirieren istteurer<br />

als Bestandsk<strong>und</strong>en zu halten<br />

Zweitens: Der Abgleich von Produkten<strong>und</strong><br />

Dienstleistung. Also wenn es<br />

ein Unternehmen schafft, besondere<br />

K<strong>und</strong>enbedürfnisse zu erkennen <strong>und</strong><br />

seinen Service darauf auszurichten.<br />

<strong>Das</strong> Taxiunternehmen etwa, dessen<br />

Fahrer schon im Display sieht, wenn<br />

der Fahrgast kaum laufen kann <strong>und</strong> er<br />

an die Tür kommt, um zu helfen. Und<br />

schließlich die Kontrolle der Serviceexzellenz:<br />

Wastut die Firma, um zu<br />

kontrollieren, ob Serviceversprechen<br />

auch gehalten werden. Firmen müssen<br />

dann nämlich auch kontrollieren,<br />

ob Anrufer in der angepeilten Zeit bedient<br />

werden oder –wie Neckermann<br />

–mit verdeckten Kontrolleinkäufern<br />

Kofferhersteller Rimowa kümmert<br />

sich für die Deutsche Lufthansa um<br />

demolierte Gepäckstücke.<br />

überprüfen, ob ihr Personal auf Zack<br />

ist.<br />

Maas: „Wer diese drei Faktoren<br />

umsetzt, hat die Punkteabgearbeitet,<br />

die den größten Effekt auf K<strong>und</strong>enbindung<br />

haben.“ Denn, so meint der K<strong>und</strong>enorientierungsexperte,<br />

die „Bedeutung<br />

des Themas ist heute klar“: Man<br />

soll die K<strong>und</strong>en pflegen, damit sie bei<br />

der Stange bleiben –weil es die billigsteLösung<br />

ist. Die Faustformel: Einen<br />

Neuk<strong>und</strong>en zu akquirieren ist<br />

fünfmal so teuer wie einen Bestandsk<strong>und</strong>en<br />

zu halten.<br />

Nur wie, das ist die große Frage.<br />

K<strong>und</strong>en wollen wertgeschätzt werden,<br />

bringt es Anne Schüller, Expertin<br />

für Loyalitätsmarketing aus München<br />

<strong>und</strong> Buchautorin, auf den Punkt.<br />

70 Prozent der K<strong>und</strong>enverluste sind<br />

auf sogenannte weiche Faktoren zurückzuführen.<br />

Weil sich ein Unternehmen<br />

nicht um das Wohlbefinden<br />

eines K<strong>und</strong>en gekümmert hatoder unfre<strong>und</strong>lich<br />

<strong>war</strong>. Weil es sich für einen<br />

Fehler nicht entschuldigt hat oder<br />

den K<strong>und</strong>en schlichtweg vergessen<br />

hat. Und nicht etwa wegen zuhoher<br />

Preise oder Produktmängel.<br />

Bleibt die Frage: Wassind solche<br />

typischen Situationen im Unternehmensalltag?<br />

Zum Beispiel, wenn der<br />

Chefkonstrukteur K<strong>und</strong>en anrufen<br />

würde,die auf K<strong>und</strong>enbefragungsbögenHinweise<br />

zu Produktverbesserungen<br />

gegeben haben. Oder wenn die<br />

Buchhaltung dem K<strong>und</strong>en dankt für<br />

prompte Zahlungsabwicklung. Oder<br />

wenn ein Service-Mitarbeiter ehrlich<br />

sagt: „Es hat mir Freude gemacht, Ihnen<br />

zu helfen.“ So ein wertschätzendes<br />

„Danke“ bekommen K<strong>und</strong>en zu<br />

selten, sagt Schüller.Auslöser fürsAbspringen<br />

ist weniger die große Rückrufaktion<br />

<strong>und</strong> die Krise, sondern der<br />

tägliche K<strong>und</strong>enkontakt. Deshalb ist<br />

es so wichtig, dassauch der Auslieferungsfahrer<br />

beim K<strong>und</strong>en vorOrt bereit<br />

ist, das dritte Stockwerk auch<br />

noch zu erklimmen –<strong>und</strong> trotzdem<br />

fre<strong>und</strong>lich bleibt.<br />

©Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Zum Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich bitte an nutzungsrechte@vhb.de.


C4| DEUSCHLANDS KUNDENORIENTIERTESTE DIENSTLEISTER<br />

MITTWOCH, 28. MAI 2008 |NR. 101<br />

Notmacht fre<strong>und</strong>lich<br />

Krankenkassen <strong>und</strong> Versicherungsunternehmen legen in Sachen Serviceenorm zu<br />

JULIA LEENDERTSE |DÜSSELDORF<br />

K<strong>und</strong>en, die beim Hotline-Anruf einer<br />

Maschine antworten müssen,<br />

sind meist schon beim Entrée bedient.<br />

Wer dann auch noch einen<br />

Call-Center-Mitarbeiter an die Strippe<br />

bekommt, der bei jeder zweiten<br />

Frage passen muss, wird diesen<br />

Dienstleister spätestens dann hassen.<br />

<strong>Deutschland</strong>s k<strong>und</strong>enorientierteste<br />

Versicherung – der Deutsche Ring<br />

Krankenversicherungsverein –<br />

würde deshalb nie auf die Idee kommen,<br />

Telefonautomaten Menschen<br />

vorzuziehen, <strong>und</strong> setzt daher nur erfahrene<br />

Versicherungskaufleute bei<br />

der K<strong>und</strong>enberatung ein. „Bei uns<br />

menschelt <strong>und</strong> k<strong>und</strong>elt es beim Service“,<br />

erzählt BernhardFürst, Servicemanagement-Chef<br />

bei Deutscher<br />

Ring Versicherungen.<br />

Der Assekuranzmanager landete<br />

mit seinem Unternehmen auf Platz<br />

drei im Gesamtranking des Wettbewerbs<br />

„<strong>Deutschland</strong>s k<strong>und</strong>enorientiertester<br />

Dienstleister 2008“. Mit seinemCredo<br />

„K<strong>und</strong>en müssen menschlich<br />

<strong>und</strong> nicht vonoben herab behandelt<br />

werden“ ist Versicherungsmanager<br />

Fürst in seiner Branche nicht der<br />

Einzige. „Kein anderer Wirtschaftszweig<br />

hat im Ranking so gut abgeschnitten<br />

wie die Versicherer <strong>und</strong><br />

Krankenkassen“, urteilt Peter Maas,<br />

Geschäftsführer des Instituts für Versicherungswirtschaft<br />

der Universität<br />

St. Gallen, der den Wettbewerb wissenschaftlich<br />

begleitete.<br />

Unter den besten 50 Dienstleistern<br />

sind 17 Versicherungen <strong>und</strong> Krankenkassen.<br />

In die TopTen schafften<br />

es vier Vertreter dieser Branche –dabei<br />

allein drei Krankenkassen. Maas:<br />

„Trotz Pflichtmitgliedschaften<strong>und</strong> rigiden<br />

Budgetvorgaben des Gesetzgebers<br />

schossen die Krankenkassen in<br />

diesem Jahr den Vogelab.“Der wachsende<br />

Notstand, der im deutschen Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />

um sich greift,<br />

macht offenbar erfinderisch <strong>und</strong> fördert<br />

die Servicequalität.<br />

Seit der Einführung der freien<br />

Krankenkassenwahl 1996 hat sich der<br />

Wettbewerb um Mitglieder massiv<br />

verschärft. Mit positiven Folgen für<br />

die Versicherten: „Früher konnte<br />

man froh sein, wenn die Krankenkasse<br />

einen Antrag genehmigte, <strong>und</strong><br />

bekam dies im Beratungsgespräch<br />

auch zu spüren. Heute dagegen zählen<br />

K<strong>und</strong>enorientierung <strong>und</strong> fre<strong>und</strong>licher<br />

Service, denn alle dürfen fast<br />

nur dieselben Leistungen gewähren“,<br />

sagt JürgenSponnagel, Vorstandsvorsitzender<br />

der Unternehmensberatung<br />

Steria Mummert Consulting.<br />

67 Prozent der Krankenkassen, die<br />

am Wettbewerb teilnahmen, antwortetenauf<br />

die Frage„HatIhr Unternehmen<br />

interne Service- <strong>und</strong> Qualitätsstandards<br />

festgelegt?“ mit „trifft voll<br />

<strong>und</strong> ganz zu“. Bei den Versicherern<br />

<strong>war</strong>en es immerhin 50 Prozent.<br />

„Beide –Krankenkassen <strong>und</strong> Versicherer<br />

–führten mit ihren Aktivitäten<br />

dabei das Feld nach eigenen Angaben<br />

an“, sagt Maas. Die K<strong>und</strong>en attestierten<br />

vor allem den Krankenkassen,<br />

dass sie sich auch nach Vertragsabschlussgut<br />

betreutfühlten. „Und das,<br />

obwohl die Mitarbeiter der Krankenkassen<br />

ihren K<strong>und</strong>en oft auch weniger<br />

Erfreuliches mitteilen müssen“,<br />

betont Maas. In den vergangenen<br />

zwölf Jahren hättenviele Krankenkassen<br />

einen erstaunlichen Mentalitätswechsel<br />

vollzogen. Weg von der<br />

Rolle des Genehmigers, der sich auch<br />

leicht hinter Paragrafen verstecken<br />

Die besten Versicherungen<br />

17 Versicherungen <strong>und</strong> Krankenkassensind<br />

unter den Top-50-Dienstleistern vertreten<br />

Rang<br />

Rang im Unternehmen<br />

Gesamtranking<br />

1 3<br />

2 6<br />

Deutscher Ring Krankenversicherungsverein<br />

Siemens Betriebskrankenkasse<br />

3 8 Techniker Krankenkasse<br />

4 9 Gmünder Ersatzkasse<br />

5 11 Barmer Ersatzkasse<br />

6 13 Direct Line<br />

7 14 AOKSchleswig-Holstein<br />

8 15 BarmeniaVersicherungen<br />

9 22 Schwenninger BKK<br />

10 24 Signal Krankenversicherung<br />

11 26 WürttembergischeVers.<br />

12 29<br />

ÖffentlicheVersicherungen<br />

Oldenburg<br />

13 36 Cosmos-Direct<br />

14 39 ÖRAG Rechtsschutzvers.<br />

15 40 AOKHessen<br />

16 46 Dialog Lebensversicherung<br />

17 49 Deutsche BKK<br />

Handelsblatt | Quelle: Faktenkontor<br />

Fotos: Nikos Kokkas/laif, Turba/zefa/Corbis (u.)<br />

Der Deutsche Ring wirbt mit seinem Slogan auf der Außenseite eines Schiffs.<br />

könnte, hin zu Servicekräften. Trotz<br />

Sparpolitik. Etwa –wie bei der Siemens-Betriebskrankenkasse<br />

–durch<br />

Beratung in Sachen Zahnersatz oder<br />

Zugang zu den besten Spezialisten<br />

für bestimmteKrankheiten.<br />

Den Umdenkungsprozessläuteten<br />

viele Kassen ein, indem sie den Mitarbeitern<br />

klarmachten, wer ihr Gehalt<br />

zahlt: die Mitglieder. Umder Belegschaft<br />

zuzeigen, wie wichtig guter<br />

Serviceist, gehen bei der Siemens -Betriebskrankenkasse<br />

(Branchenranking<br />

Platz zwei) Führungskräfte in Sachen<br />

K<strong>und</strong>enorientierung mit gutem<br />

Beispiel voran. Wenn es gilt, die<br />

Gründe einer Kündigung zu erfahren,<br />

rufen SBK-Vorstandschef Hans Unterhuber<br />

<strong>und</strong> sein Führungskader Abtrünnige<br />

selbst an. In elf Prozent der<br />

Fälle schaffen sie es gar, die Kündigung<br />

rückgängig zu machen. Auch<br />

auf Beschwerdemails <strong>und</strong> -briefeantworten<br />

die SBK-Chefs stets selbst<br />

<strong>und</strong> diskutieren alle zwei Monate mit<br />

denMitarbeitern des Beschwerdemanagements<br />

Lerneffekte aus dem Monierten.<br />

Die SBK landeteinder Kategorie<br />

„K<strong>und</strong>enorientierung des Managements“<br />

im Wettbewerb unter<br />

den 108 Bewerbern aus allen Branchen<br />

auf Platz eins.<br />

Was die Qualitätskontrolle des<br />

K<strong>und</strong>enservices angeht, gilt die Techniker<br />

Krankenkasse (Platz drei im<br />

Branchenranking) als Vorreiter. Mindestens<br />

dreimal im Jahr schreibt die<br />

Krankenkasse r<strong>und</strong> 180000 Mitglieder<br />

an, befragt sie nach ihrer Zufriedenheit<br />

<strong>und</strong> führt an allen Standorten<br />

je bis zu 50 verdeckte telefonische<br />

<strong>und</strong> persönliche Anfragen nach dem<br />

Prinzip des Mystery Shoppings<br />

durch, die danach mit den Beteiligten<br />

ausgewertet werden. Einen Sonderpreis<br />

als k<strong>und</strong>enorientiertester Lebensversicherer<br />

bekam die Dialog Lebensversicherung,<br />

die nur über Makler<br />

vertrieben wird. Beste Komposit-(Sach-)versicherung<br />

<strong>war</strong> die<br />

Württembergische.<br />

GuterService entsteht nur,wenn<br />

sichdie Mitarbeiter wohl fühlen<br />

Als bester Direktversicherer ging die<br />

Teltower Assekuranz Direct-Line aus<br />

dem Wettbewerb hervor. Statt flächendeckend<br />

über alle K<strong>und</strong>ensegmentehinwegdie<br />

Preise für KFZ-Policenzusenken,<br />

entschied sich Direct-<br />

Line für Risikosegmentierung: „Fahranfänger<br />

erhalten als Gruppe mit einer<br />

hohen Schadenshäufigkeit bei<br />

uns sicher nicht die niedrigsten Tarife“,<br />

sagt Albrecht Kiel, Vorstandschefvon<br />

Direct-Line. „Dafür sind wir<br />

bei risikoärmeren Fahrern besonders<br />

günstig.“ Etwabei Fahrern vonZweitwagen.<br />

Die schlanke Organisation<br />

des Direktversicherers erfordert ausgeklügelte<br />

Serviceprozesse. Weil Direktversicherer<br />

die Schadenfälle<br />

nicht auf dem Sofa ihrer K<strong>und</strong>en klären<br />

können, müssen sie dafür umso<br />

schneller bei dem Regulieren sein.<br />

K<strong>und</strong>enorientierter Serviceist vor<br />

allem das Ergebnis einer auf seine<br />

Nöte <strong>und</strong> Wünsche fokussierten Organisation.<br />

Damit K<strong>und</strong>en nicht von<br />

einer Abteilung zur anderen geschubst<br />

werden, entschied sich der<br />

Deutsche Ring, das Silodenken konsequent<br />

zu bekämpfen: Die Assekuranz<br />

hatnur vier Vorstandsressorts eingerichtet:<br />

Der Vorstandsvorsitzende<br />

Wolfgang Fauter kümmert sich um<br />

die Unternehmenssteuerung, daneben<br />

gibt es einenVertriebsvorstand,<br />

einen für K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> einen für Produkte<br />

– anders als in der Branche<br />

sonst üblich, wirdnicht nach Sachgebieten<br />

wie Lebens-, Kranken- oder<br />

Sachversicherung unterschieden.<br />

Der Vorteil: Der K<strong>und</strong>e kann stets<br />

aus einer Hand bedient werden. Auf<br />

Informationen, wann er den letzten<br />

Kontakt zur Versicherung hatte,können<br />

per EDV alle Mitarbeiter zugreifen.<br />

Diese transparenteForm des K<strong>und</strong>enservices<br />

macht erst eine ganzheitliche<br />

Betreuung möglich.<br />

Der Deutsche Ring arbeitete zudem<br />

daran, dass die Mitarbeiter sich<br />

mit ihrer Dienstleisterrolle starkidentifizieren.<br />

Offensichtlich mit Erfolg.<br />

Maas: „96 Prozent der K<strong>und</strong>en nennen<br />

in unseren Umfragen die Mitarbeiter<br />

des Deutschen Ring Krankenversicherungsvereins<br />

fre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong><br />

68 Prozent sogar überaus fre<strong>und</strong>lich.“<br />

K<strong>und</strong>enorientierter Service setzt<br />

aber vor allem voraus, dass die eigenen<br />

Mitarbeiter sich wohlfühlen <strong>und</strong><br />

regelmäßig voneinem Coach betreut<br />

werden. „<strong>Das</strong> Schwerste an der Hotline-<strong>Arbeit</strong><br />

ist, den ganzen Tagfre<strong>und</strong>lich<br />

zu bleiben, obwohl man permanent<br />

fremdgesteuert ist <strong>und</strong> ständig<br />

auf anderereagieren muss“, erläutert<br />

K<strong>und</strong>enorientierungsprofi Maas.<br />

„Der Deutsche Ring Krankenversicherungsverein<br />

wirkt solchen Überforderungen<br />

der Mitarbeiter entgegen, indem<br />

er konsequent dafür sorgt, dass<br />

sie nicht den ganzen TagamTelefon<br />

verbringen, sondern zwischen Hotline<br />

<strong>und</strong> Mail <strong>und</strong> schriftlicher Bearbeitung<br />

rotieren.“ Mindestens zwei<br />

St<strong>und</strong>en pro Monat werden die 150<br />

Mitarbeiter des Servicemanagements<br />

des Deutschen Rings von einem<br />

erfahrenen Kollegen beraten<br />

<strong>und</strong> trainiert, der mit jedem einzelnen<br />

Verbesserungsmöglichkeiten bespricht.<br />

Wermit Menschen umgeht,<br />

die krank sind, die ihren Vaterins Pflegeheim<br />

geben müssen oder gerade einen<br />

Angehörigen verloren haben,<br />

braucht Fachkenntnisse, vor allem<br />

aber viel Einfühlungsvermögen.<br />

Wenn Mitarbeiter über die<br />

eigene Firma jammern<br />

K<strong>und</strong>enloyalität spiegelt Mitarbeiterloyalität zum Unternehmen<br />

CLAUDIA TÖDTMANN |DÜSSELDORF<br />

Kennen Siediese Marotte? Siehaben<br />

eine Frage oder eine Bitte an einen<br />

Servicemitarbeiter eines Unternehmens<br />

–doch statterlösender Hilfebekommen<br />

Sie einen ellenlangen Vortrag<br />

gehalten. Über irgendwelche firmeninternen<br />

Spielregeln. <strong>Das</strong>s das<br />

nicht geht, was Sie gerade wollen<br />

<strong>und</strong> vor allem, <strong>war</strong>um nicht. Im Detail<br />

<strong>und</strong> minutenlang. Der Mensch ist<br />

kaum zu stoppen. Nur, IhreZeit geht<br />

flöten <strong>und</strong> obendrein haben Siereinweggar<br />

nichts davon.<br />

Wiesich ein Unternehmen organisiert,<br />

ist seine Sache. Wie esdas im<br />

Einzelnen macht, das kann <strong>und</strong> will<br />

kein K<strong>und</strong>e so genau wissen. Musser<br />

ja auch nicht. Geschäftspartner, Auftragnehmer<br />

oder K<strong>und</strong>en möchten<br />

nur eins: dass der Kontakt mit der<br />

Firma gutfunktioniert. Denn interessant<br />

ist nur, was unterm Strich herauskommt.<br />

<strong>Das</strong> mag hart klingen,<br />

aber Business ist Business <strong>und</strong> keine<br />

Plauderst<strong>und</strong>e. Und hält im Geschäftsleben<br />

eine Seite die Spielregeln<br />

nicht ein, sondern stiehlt dem<br />

anderen obendrein die Zeit <strong>und</strong><br />

treibt ihn auch noch auf Telefonkosten,<br />

nur um die eigene Desorganisation<br />

lang <strong>und</strong> breit zu erklären, das<br />

ist an sich schon frech. Hat diese Tirade<br />

aber nicht mal das Ziel, sich bei<br />

dem K<strong>und</strong>en für das abgelehnte Begehr<br />

zu entschuldigen, sondern im<br />

Gegenteil, wie selbstverständlich<br />

auch noch Verständnis einzufordern,<br />

so ist das unverfroren.<br />

Manche Probleme sind tatsächlich<br />

in der Organisation der Firma<br />

schon angelegt <strong>und</strong> quälen Mitarbeiter<br />

<strong>und</strong> K<strong>und</strong>en gleichermaßen. Ein<br />

Beispiel sind K<strong>und</strong>ennummern. Alle<br />

Firmen nummerieren heute ihreK<strong>und</strong>en<br />

durch. Und anschließend geht<br />

ohne diese Nummer garnichts mehr.<br />

Bei manchen, insbesondere bei<br />

Online-Anbietern, kann man ohne<br />

Nummer nicht mal eine Bestellung<br />

loswerden. Etliche Firmen verteilen<br />

im Nummernrausch ein <strong>und</strong> derselben<br />

Person oder Firma immer neue<br />

K<strong>und</strong>ennummern. Wohl weil der<br />

Sachbearbeiter am Telefon bei der<br />

Bestellannahme auf diesem Weg<br />

technische Hürden überwinden<br />

kann –den Ärger oder den Schaden<br />

hat dann aber der K<strong>und</strong>e: Wenn er<br />

die Rechnung bezahlt hat, ihm die<br />

Überweisung aber nicht zugeordnet<br />

wird <strong>und</strong> er munter gemahnt wird.<br />

Weil es ihn für die Firma ja drei Mal<br />

gibt. Bezahlt hatsozusagen ein anderer<br />

–den man aber trotzdem noch<br />

langenicht benachrichtigt, dassergezahlt<br />

hat, ohne es zu müssen. Und<br />

weil die K<strong>und</strong>en- oder Rechnungsnummer<br />

nicht zugeordnet werden<br />

kann, ist der eingegangene Betrag<br />

aus Sicht der Firma quasi herrenlos, –<br />

sie behält das Geld aber trotzdem.<br />

Der Mega-Gau<br />

der Dienstleistung<br />

Und was glauben Sie, wer alles entwirren<br />

muss, wenn er trotz seiner<br />

Zahlung gemahnt wird? Richtig, der<br />

K<strong>und</strong>e in einem halbstündigen Telefonatmit<br />

einem Buchhalter.Der ihm<br />

natürlich im Detail erklärt, <strong>war</strong>um<br />

das alles so sein muss–siehe oben.<br />

K<strong>und</strong>enorientierungsprofi Peter<br />

Maas von der Universität St. Gallen<br />

berichtet noch Drastischeres: Wenn<br />

Mitarbeiter rausplatzen: „Wenn Sie<br />

wüssten, washier los ist“, –<strong>und</strong> dann<br />

loslegen. <strong>Das</strong> ist der „Mega-Gau der<br />

Dienstleistung“, sagt Maas.<br />

Praktizierte K<strong>und</strong>enverachtung<br />

geschieht an den unauffälligsten<br />

Schnittstellen zum K<strong>und</strong>en. Wenn<br />

etwa ein Bankberater in Urlaub geht<br />

<strong>und</strong> seine K<strong>und</strong>en fortan nur die automatische<br />

Mail-Antwort bekommen:<br />

„Ich bin in Urlaub, <strong>und</strong> niemand<br />

sieht diese Mail.“ Ohne Angabe eines<br />

Vertreter-Namens oder einer Telefonnummer,<br />

ohne eine Mail-Weiterleitung.<br />

Eine wahre Freude für alle,<br />

die eine Terminsache erledigt haben<br />

wollten. Merkwürdig nur, dass keinem<br />

Kollegen oder Chef so eine Abwesenheitsmeldung<br />

auffällt –<strong>und</strong> sie<br />

sofort stoppen lässt.<br />

Genau daran aber lässt sich viel<br />

über den Zustand eines Betriebes ablesen.<br />

<strong>Das</strong>seskeinem die Sache wert<br />

ist, einzuschreiten. Dem guten Ruf<br />

der Firma zuliebe. Oder aus Loyalität<br />

zum <strong>Arbeit</strong>geber. Maas bringt es auf<br />

den Punkt: „K<strong>und</strong>enloyalität ist immer<br />

ein Spiegelbild der Mitarbeiterloyalität<br />

zum Unternehmen.“ Und<br />

wer als Mitarbeiter schlecht behandelt<br />

wird, der kann auch nicht empfänglich<br />

sein für K<strong>und</strong>enbelange.<br />

Mitarbeit: Gabriele Schlegel<br />

Ein K<strong>und</strong>e verzweifelt: Telefonate mit umständlichen Mitarbeitern, die frustriert<br />

sind über ihren <strong>Arbeit</strong>geber, rauben den letzten Nerv.<br />

©Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Zum Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich bitte an nutzungsrechte@vhb.de.


MITTWOCH, 28. MAI 2008 |NR. 101 DEUSCHLANDS KUNDENORIENTIERTESTE DIENSTLEISTER<br />

|C5<br />

Wo K<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Berater dasselbe Hobby teilen<br />

HamburgerPrivatbank Conrad HinrichDonner schneidetals Zweiter im Dienstleister-Ranking ab –Viele Wettbewerber arbeiten produkt- stattk<strong>und</strong>enorientiert<br />

CLAUDIA TÖDTMANN |DÜSSELDORF<br />

Die besten Finanzdienstleister<br />

Montagsfrüh kommt der Marschbefehl.<br />

Dann ordnet die Zentrale für die<br />

Bankberater landauf landab an: „Jetzt<br />

haben wir Rohstoff–Fond-Woche.<br />

Oder die Goldwoche“, erzählt Peter<br />

Maas, Lehrstuhlinhaber <strong>und</strong> K<strong>und</strong>enorientierungspexperteander<br />

Universität<br />

St. Gallen. Und dann sind diese<br />

Bankprodukte inden nächsten fünf<br />

Tagen auf Teufel komm raus an den<br />

K<strong>und</strong>en zu bringen. Vergleichbar ist<br />

diese Taktik mit Kellnern, die dem<br />

Gast sagen, „neben der Karte habe<br />

ich noch einen Tipp –heute haben<br />

wir noch Loup de Mer, den kann ich<br />

Ihnen empfehlen“. Für den Gast das<br />

sichere Signal: <strong>Das</strong> Zeug muss weg,<br />

sonst wird´s schlecht. Die Fürsorglichkeit<br />

fürs leibliche Gastwohl ist<br />

nur vordergründig, tatsächlich geht<br />

es um die Gewinnmaximierung des<br />

Gastwirts.<br />

Mit einem Unterschied: Die Karriere<br />

des Kellners hängt nicht davon<br />

ab,wie viel er kurz vordem Verfallsdatum<br />

verkauft. Die meisten Großbanken<br />

jedoch geben ihren Leutenan<br />

der Filialen-Front haarklein vor, wie<br />

viel jeder pro Woche von welchem<br />

Produkt loschlagen muss. Ganz egal,<br />

ob es für den K<strong>und</strong>en vorteilhaft ist<br />

oder nicht. Und: „Egal, ob dadurch<br />

ein gescheites Portefeuille durcheinander<br />

gewirbelt wird“, weiß Maas.<br />

Werdie Vorgaben verfehlt, scheint<br />

Minuspunktefür die Karrierezukassieren.<br />

So berichtet ein Firmenchef<br />

aus Düsseldorf von seinem Banker,<br />

der ihn anbettelte, ihm doch sofort<br />

ein bestimmtes Papier abzukaufen.<br />

„Kloppen <strong>und</strong> pushen ist die Devise“,<br />

ist Maas’ Fazit. Er resümiert: „Bei<br />

Banken ist Produkt- <strong>und</strong> nicht K<strong>und</strong>enorientierung<br />

die Maxime. Ihre<br />

Strategie geht von innen nach außen<br />

stattumgekehrt.“ Weraber alles mögliche<br />

an jeden verhökert <strong>und</strong> Kollateralschäden<br />

in Kauf nimmt, torpediert<br />

mit dieser kurzfristigen Denke die<br />

langfristigeK<strong>und</strong>enbindung.<br />

Gemessen an ihrer Gesamtzahl<br />

Foto: PR<br />

Blick aus einem Beratungsraum der Privatbank Conrad Hinrich Donner in Hamburg.<br />

sind im Ranking des Wettbewerbs<br />

„<strong>Deutschland</strong>s k<strong>und</strong>enorientiertester<br />

Dienstleister“ von Steria Mummert<br />

Consulting, der Universität St.<br />

Gallen, der Agentur Service-Rating<br />

<strong>und</strong> dem Handelsblattrelativwenige<br />

Geldhäuser vertreten, die sich auf<br />

den Prüfstand wagten. Die Conrad<br />

Hinrich Donner Bank (Platz zwei)<br />

<strong>und</strong> die Bausparkasse Schwäbisch<br />

Hall (Platz vier)zählen zu den einsamen<br />

Rufern in der <strong>Servicewüste</strong>. Anders<br />

als Finanzdienstleister wie beispielsweise<br />

Plansecur (Platz 16),<br />

MLP (Platz 31) oder AWD(Platz 34),<br />

denen es sehr wohl gelingt, K<strong>und</strong>ensegmentezubilden<br />

<strong>und</strong> die auch unterschiedlich<br />

wendig zu bedienen.<br />

Verantwortlich dafür dürften die<br />

Restrukturierungen <strong>und</strong> die Entlassungswellen<br />

der Banken sein. Die hattenzur<br />

Folge, dassimmer weniger Mitarbeiter<br />

immer mehr K<strong>und</strong>en betreuen<br />

–<strong>und</strong> gleichzeitig im harten<br />

Wettbewerb nach vorn drängen sollten.<br />

Zudem scheitern sie beim Ringen<br />

um K<strong>und</strong>enzufriedenheit oft anihrer<br />

eigenen Unternehmenskultur,berichtenInsider.Sie<br />

haben häufig eine Kultur<br />

der gegenseitigen Schuldzuweisung,<br />

die bewirkt, dass K<strong>und</strong>en bei<br />

Problemen abgewimmelt <strong>und</strong> Vorgängeunter<br />

den Teppich gekehrt werden.<br />

Ein solches Verhalten konterkariert<br />

ein effizientes Beschwerdemanagement.<br />

Doch der Wind scheint zu<br />

drehen: Auch Großbanken wollen<br />

nun dafür sorgen, dass Mitarbeiter<br />

künftig mehr Zeit für Beratungsgespräche<br />

<strong>und</strong> dafür weniger administrative<br />

Pflichten haben.<br />

Jede Beschwerde muss innerhalb<br />

vonvier Tagenbearbeitet werden<br />

Die Privatbank Conrad Hinrich Donner<br />

in Hamburg hat solche Probleme<br />

nicht. Sie schaffte esauf den zweiten<br />

Platz, nachdem sie im Vorjahr noch<br />

auf Platz acht <strong>war</strong>. Wissenschaftler<br />

Maas urteilt: „Die Donner Bank hat<br />

ihre Erkenntnisse aus dem vergangenen<br />

Jahr systematisch aufgearbeitet,<br />

nachdem sie fünf Themenbereiche<br />

ausgemacht hatte, indenen sie sich<br />

verbessern wollte.“<br />

„Unsere Kultur ist, die Sehnsucht<br />

zu haben, besser zu sein“, sagt Marcus<br />

Vitt,Vorstand der Donner Bank. Und:<br />

„Entscheidend ist die Langfristigkeit,<br />

das mussjeder Mitarbeiter inhalieren.<br />

K<strong>und</strong>enschw<strong>und</strong> können wir uns<br />

nicht leisten.“ Vitts Ziel ist, alle internen<br />

Prozesse auf K<strong>und</strong>enorientierung<br />

auszurichten. Etwa die Standardisierung<br />

des Beschwerdemanagements.<br />

„Wer sich beschwert, zeigt, dass er<br />

Vertrauen zu uns hat“, interpretiert<br />

Vitt. Bei Donner muss jeder K<strong>und</strong>e<br />

auf seine Beschwerde invier Tagen<br />

eine verbindliche Antwort bekommen.<br />

Jede Beschwerde muss zudem<br />

nicht nur beim Vorstand auf den<br />

Tisch kommen, sondern auch bei den<br />

entsprechenden Führungskräften.<br />

„Damit wir den Workflowverbessern<br />

können“, erläutert Vitt.„Denn es darf<br />

nicht so sein, dassder Mitarbeiter das<br />

Gefühl hat, dassihm jetzt der Chef im<br />

Nacken sitzt.“ Ein gutgehändeltes Beschwerdemanagement<br />

erhöht die K<strong>und</strong>enbindung<br />

enorm. Maas weiß: „Wer<br />

sich beschwert <strong>und</strong> daraufhin zufrieden<br />

gestellt wird, ist loyaler als derjenige,<br />

der keine Panne erlebt habt.“<br />

UndVittmacht die Erfahrung, dass<br />

sich K<strong>und</strong>en wertgeschätzt fühlen<br />

<strong>und</strong> helfen, die <strong>Arbeit</strong> ihrer Bank zu<br />

verbessern. Donner lädt K<strong>und</strong>en ein,<br />

bei Focus-Gruppen mit Donner-Mitarbeitern<br />

sowie Unternehmensberatern<br />

mitzumachen. Ob die nicht viel zu beschäftigt<br />

sind, um ihre Zeit zu opfern<br />

13 Kreditinstitute, Vertriebsgesellschaften<br />

<strong>und</strong> Bausparkassensind unter den Top-50-<br />

Dienstleistern vertreten<br />

Rang<br />

Rang im Unternehmen<br />

Gesamtranking<br />

1 2 Conrad Hinrich Donner Bank<br />

2 4 Bausparkasse Schwäbisch Hall<br />

3 12 LufthansaAir Plus<br />

4 16<br />

Plansecur Finanzdienstleistungs-GmbH<br />

5 21 Impuls FinanzmanagementAG<br />

6 23 Sparda-Bank Berlin<br />

7 28 Signal Iduna Bauspar<br />

8 31 MLP<br />

9 32 Wüstenrot Bausparkasse<br />

10 34 AWD<br />

11 38 Union Investment Privatfonds<br />

12 43 Deutsche Kreditbank<br />

13 48 Citibank Privatk<strong>und</strong>en<br />

Handelsblatt | Quelle: Faktenkontor<br />

für die internen Probleme ihrer Bank?<br />

„Ich habe noch nie eine Ablehnung bekommen,<br />

im Gegenteil. Die gefragten<br />

K<strong>und</strong>en freuten sich, dass Sie Gehör<br />

finden <strong>und</strong> mitreden dürfen.“<br />

Was den K<strong>und</strong>en anspricht, das<br />

weiß ein Donner-Berater nämlich gut.<br />

„Für Neuk<strong>und</strong>en suchen wir den Berater,<br />

der auch zu der entsprechenden<br />

Persönlichkeit passt. <strong>Das</strong> kann über<br />

ein gemeinsames Hobby wie Segeln<br />

oder die Liebe zu Oldtimern gehen,<br />

aber ebenso das Temperament oder<br />

soziales Engagement“, erzählt Vitt.<br />

Bei 50Beratern für 6000 K<strong>und</strong>en ist<br />

das für Donner denn auch noch eher<br />

zu überblicken, als für Großbanken.<br />

<strong>Das</strong>s K<strong>und</strong>en nach Straßenzügen<br />

oder Alphabet kurzerhand einem Berater<br />

zugeschlagen werden, darf bei<br />

Donner nicht passieren. Unddas sind<br />

denn auch Punkte, die K<strong>und</strong>en ihrem<br />

Geldinstitut auch nicht verzeihen.<br />

Wenn sie von heute auf morgen wieder<br />

einem neuen Berater ausgesetzt<br />

sind: sei es wegen Fluktuation oder<br />

weil –wie die Dresdner Bank –einfach<br />

alle K<strong>und</strong>en von heute auf morgenmal<br />

so eben anderen Beratern zugeordnet<br />

werden.<br />

©Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Zum Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich bitte an nutzungsrechte@vhb.de.


C6| DEUSCHLANDS KUNDENORIENTIERTESTE DIENSTLEISTER<br />

MITTWOCH, 28. MAI 2008 |NR. 101<br />

„Was verstehen Sie unter K<strong>und</strong>enorientierung?“<br />

Handelsblatt befragtsieben Chefsrenommierter Werbeagenturen über ihreganz persönliche Meinung<br />

Wann verhält sich ein Unternehmen k<strong>und</strong>engerecht –<strong>und</strong> wann ist<br />

genau das Gegenteil der Fall?<strong>Das</strong> Handelsblatt stellt sieben ausgewiesenen<br />

Experten der Kommunikation diese Frage. In weiten Teilen<br />

herrscht Einigkeit unter den Agenturchefsbei der Beantwortung: K<strong>und</strong>enorientierungist<br />

dann gegeben, wenn eine Firma ihreK<strong>und</strong>en so behandelt,<br />

als wäreerder einzigeK<strong>und</strong>e. Und: Wenn die Firma Dinge<br />

für ihn tut, die er eigentlich garnicht er<strong>war</strong>tet hat. Undnicht zuletzt:<br />

Wenn eine Firma transparent ist. Längst nicht alle Unternehmen sind<br />

an diesem Punkt angekommen –ein Werber meint deshalb,hier<br />

schlummereein Riesenmarkt. Interessant: Gleich drei Agenturchefs<br />

sehen in der Lufthansaein gutesBeispiel für K<strong>und</strong>enorientierung.<br />

LOTHAR<br />

LEONHARD<br />

Chairman<br />

Ogilvy &Mather<br />

K<br />

<strong>und</strong>enorientierung heißt, sich<br />

an den Bedürfnissen des K<strong>und</strong>en<br />

zu orientieren: das Versprochene<br />

einzuhalten, für Fehler geradezustehen,<br />

für Hilfestellungen verfügbarzusein<br />

<strong>und</strong> nicht mit Marketingschnickschnack<br />

herumzufuchteln,<br />

der nur das Anschlussgeschäft sucht.<br />

Und, wenn Marke <strong>und</strong> Angebot in<br />

Ordnung sind, sind auch Selbstbewusstsein<br />

<strong>und</strong> das Aufzeigen von<br />

Grenzen wichtig.<br />

Ein sehr gutesBeispiel sehe ich in<br />

der Lufthansa. Was hier bei einem<br />

Umfang mit Millionen von K<strong>und</strong>enkontakten<br />

geleistet wird, ist vorbildlich.<br />

Allein die Check-in-Modalitätensuchen<br />

ihresgleichen.<br />

HOLGER<br />

JUNG<br />

Mitinhaber<br />

Jung von Matt<br />

U<br />

nter K<strong>und</strong>enorientierung verstehe<br />

ich die Fähigkeiten, genau<br />

dann für K<strong>und</strong>en da zu sein <strong>und</strong> unkompliziert<br />

helfen zu können, wenn<br />

er diese Hilfebraucht. Also bei Problemen<br />

mit den Produkten, die ich ihm<br />

als Unternehmen oder Marke verkaufthabe.<br />

Diese Hilfe ist heute bei einem<br />

technischen Gerät oder einer technischen<br />

Dienstleistung wichtiger denn<br />

je. Denn werhat sich nicht schon die<br />

Haare gerauft bei der Installation<br />

von neuer Soft<strong>war</strong>e, beim Aufbau<br />

o der der Koordination diverser unterhaltungselektronischer<br />

Geräte oder<br />

beim Zusammenbau von anspruchsvolleren<br />

Gartenmaschinen?<br />

Inzwischen mache ich mir als Verbraucher<br />

fast schon mehr Gedanken,<br />

ob bei dem Kauf eines Produktes der<br />

After-Sales-Service funktionieren<br />

könnte. BeiZweifeln mache ich dann<br />

lieber einen Rückzieher, soattraktiv<br />

das Produkt auch sein mag.<br />

Aber wenn man zum Beispiel erstmal<br />

darauf angewiesen ist, auf eine<br />

0800er Telefonnummer zurückgreifenzumüssen,<br />

dann ist man rettungslos<br />

verloren. ZumBeispiel bei der Telekom,<br />

das kann St<strong>und</strong>en dauern, bis<br />

man einen ofthilflosen Ratschlag bekommt,<br />

der einem überhaupt nicht<br />

weiterhilft. Und nur die Tatsache,<br />

dass esbei den meisten Wettbewerbern<br />

nicht anders sein wird, hält einen<br />

dann noch bei der Markenstange.<br />

Oder wer mal bei einer eiligen<br />

Flugumbuchung feststellen muss,<br />

dass diese oder jene Fluggesellschaft<br />

neudeutsch „a LOTroom forimprovement“<br />

hat, greiftdann erleichtert wiederauf<br />

die „Lusthansa“ zurück.<br />

Es geht also,esist nur mit immensen<br />

Anstrengungen verb<strong>und</strong>en. Die<br />

sich aber lohnen, denn der After-<br />

Sales-Serviceist ein immanenter Teil<br />

der gesamten Produktentwicklung.<br />

<strong>Das</strong> hatsich nur noch nicht genügend<br />

herumgesprochen –oder ist zu einer<br />

klischeehaftenAttitüde verkümmert.<br />

ANDREAS<br />

GEYR<br />

CEO<br />

Euro RSCG<br />

Ein Fluggast am Check-in-Schalter der Lufthansa: Die Fluglinie überzeugt mit ihrer K<strong>und</strong>enorientierung.<br />

U<br />

nter K<strong>und</strong>enorientierung verstehe<br />

ich eine konsequenteAusrichtung<br />

an den tatsächlichen <strong>und</strong> relevanten<br />

Bedürfnissen des Verbrauchers.<br />

Ein wichtiger Aspekt vonK<strong>und</strong>enorientierung<br />

ist meines Erachtens<br />

die Transparenz, die mir das jeweilige<br />

Unternehmen anbietet. Ein<br />

sehr gutes Beispiel hierfür ist die<br />

noch jungeQuirin Bank. In Zeiten turbulenter<br />

Finanzmärkte, in denen<br />

viele Verbraucher auch aufgr<strong>und</strong><br />

schlechter Beratung viel Geld verloren<br />

haben, ist das Serviceversprechen<br />

„Wir machen nur Gewinn, wenn<br />

SieGewinn machen“ extrem stark. Jeder<br />

Bankk<strong>und</strong>e kennt doch das mulmigeGefühl,<br />

dassder Bankberater offenbar<br />

nur das Produkt verkauft, bei<br />

dem für ihn die höchste Provision<br />

rausspringt. Eine Bank, die mir die<br />

Provision aber sofort zurückzahlt<br />

<strong>und</strong> nur dann an der Vermögensverwaltung<br />

verdient, wenn ich Gewinn<br />

mit ihr mache,bezeichne ich als mustergültigeK<strong>und</strong>enorientierung.<br />

Ichdenke, dassviele deutsche Unternehmen<br />

in der K<strong>und</strong>enorientierung<br />

einen extremen Nachholbedarf<br />

haben. <strong>Das</strong> bedeutet im Umkehrschluss,<br />

dass hier ein Riesenmarkt<br />

<strong>war</strong>tet. Ein Beispiel: Alle großen Supermarktketten<br />

geben erhebliche<br />

Werbegelder aus, um K<strong>und</strong>en in ihre<br />

Märkte zulocken. Warum investiert<br />

man nicht einen Teil dieser Millionenausgaben,<br />

um den Service der<br />

Märkte zuverbessern? Eine Supermarktkette,<br />

die beispielsweise mit<br />

dem Serviceversprechen wirbt „Wir<br />

packen ihren Einkauf ein <strong>und</strong> bringen<br />

ihn zu ihrem Auto“, wird deutlich<br />

besser punkten als mit austauschbaren,<br />

belanglosen Werbeversprechen.<br />

TILL<br />

WAGNER<br />

COO<br />

JWT Germany<br />

D<br />

er wichtigsteGr<strong>und</strong>satzeines Unternehmers(<strong>und</strong><br />

aller seiner Mitarbeiter)<br />

ist die Nähe zum K<strong>und</strong>en.<br />

Seine Bedürfnisse <strong>und</strong> Wünsche müssen<br />

erfüllt werden. Darum geht es. Für<br />

viele ist der K<strong>und</strong>e aber ein nervender<br />

Störenfried. Er ist schwer berechenbar,<br />

er nervt, <strong>und</strong> am Ende will er auch<br />

noch gute Produkte, die funktionieren<br />

(oder schmecken –oder garbeides).<br />

Am Ende bekommt man sein Gehalt<br />

aber nie vom Chef, sondern immer<br />

vom K<strong>und</strong>en. Werdas nicht versteht,<br />

hat schon verloren. Was ein K<strong>und</strong>e<br />

wirklich will, sind drei Dinge (wie immer<br />

im Leben): erstens Service, zweitens<br />

Service, drittens Service.<br />

Gerne illustriere ich das mit einer<br />

wahren Geschichte: An der A3 gibt es<br />

verdammt viele Autobahnraststätten.<br />

Eine davon ist mir aufgefallen, weil<br />

dort immer Hochbetrieb herrscht, an<br />

den beiden anderen aber, die nicht<br />

mehr als zehn Kilometer entfernt sind,<br />

nie. Ich habe das Glück gehabt, bei einem<br />

meiner Stopps dort mit dem Pächterzusprechen.<br />

Ichhabe die Gelegenheit<br />

genutzt <strong>und</strong> ihn gefragt, <strong>war</strong>um er<br />

so tollen Umsatz macht <strong>und</strong> die anderen<br />

eben nicht. Er hat gesagt: „Wir<br />

sind nicht im gleichen Geschäft tätig<br />

wie die anderen. <strong>Das</strong> sind Tankstellen,<br />

wir sind ein Serviceunternehmen. Die<br />

anderen denken <strong>und</strong> behandeln ihre<br />

K<strong>und</strong>en, als kämen die nie wieder.Wir<br />

behandeln alle unsere K<strong>und</strong>en wie<br />

Stammk<strong>und</strong>en.“<br />

Dann hat er mir gezeigt, wassie anders<br />

machen: Alle K<strong>und</strong>en gehen zuerst<br />

auf die Toilette. Die an „meiner“<br />

Tankstelle ist wirklich picobello. Mit<br />

Desinfektionstechnik! Sicher nicht<br />

ganz billig, aber der Pächter hat festgestellt:<br />

Werauf einer sauberen Toilette<br />

<strong>war</strong>, der kauft auch Speisen <strong>und</strong> Getränke.<br />

Aber nur dann! Es ist nach seiner<br />

Aussage übrigens total egal, was<br />

Fotos: action press (2), Visum, PR (3), Euro RSCG, ullstein bild<br />

e ine Cola kostet. Wenn sie denn schön<br />

kalt ist. Darauf achtet er.Oder auf den<br />

besten Kaffee, denn die Trucker kennen<br />

sich damit verdammt gutaus <strong>und</strong><br />

kommen wegenseines Kaffees immer<br />

wieder. Oder seine Bockwürste. Bio-<br />

Bockwürste. Allererste Sahne. Es gibt<br />

bereits Pilgerfahrten an diese Tankstelle<br />

wegen dieser Bockwürste. Unglaublich.<br />

Und das alles, weil er sich<br />

als Serviceunternehmen versteht <strong>und</strong><br />

er weiß, dassK<strong>und</strong>en, die gutbedient<br />

wurden <strong>und</strong> sich wohlfühlen, auch<br />

wiederkommen. Auch (oder gerade?)<br />

an eine Autobahntankstelle. Ichjedenfalls<br />

halte daimmer. Und wer wissen<br />

will, wo es den besten Service gibt:<br />

Stoppen Sie mal an der Shell an der<br />

A3 in Bad Camberg. Sie werden sich<br />

schon beim ersten Mal als Stammk<strong>und</strong>e<br />

fühlen. Undnicht neidisch auf<br />

den Mercedes des Pächters gucken.<br />

Den hat er sich verdient.<br />

Am Ende ist es ganz einfach: Es gibt<br />

Unternehmen, die einem schon in der<br />

ersten Sek<strong>und</strong>e das Gefühl geben, dass<br />

man sie mit seinem Anliegen stört.<br />

Egal, ob das ein kleiner Modeladen ist,<br />

in dem man ignoriert oder gar schief<br />

angeguckt wird, oder ob es das Call-<br />

Center eines Multis ist. Unddann gibt<br />

es die Unternehmen, die lächeln. Und<br />

ein Lächeln ist immer noch die beste<br />

Abkürzung in jedes Portemonnaie!<br />

FLORIAN<br />

HALLER<br />

Geschäftsführer<br />

Serviceplan-Gruppe<br />

I<br />

ch denke, dass K<strong>und</strong>enorientierung<br />

im modernen Sinne als ganzheitliche<br />

Markenerfahrung, als<br />

„brand experience“ beschrieben wird.<br />

Ich meine damit die Summe aller Erfahrungen,<br />

die ein (potenzieller)<br />

K<strong>und</strong>e mit einer Marke macht. Ein<br />

konkretes Beispiel: Lufthansa hat in<br />

den vergangenen Jahren enorme Anstrengungen<br />

unternommen, um ihr<br />

Markenversprechen „there isnobetter<br />

way to fly“ zu einem erfahrbaren<br />

Konzept auszubauen. Angefangen<br />

von eigenen Terminals, in denen den<br />

Passagieren eine eigene Welt gebaut<br />

wurde, über ganz dezidierteSchulungendes<br />

Luft-<strong>und</strong> Bodenpersonals bis<br />

hin zum Musikdesign onboard. Die<br />

Folge: Der ehemals vielgescholtene<br />

Kranich wurde 2008 von der GfK zur<br />

stärksten Unternehmensmarke<br />

<strong>Deutschland</strong>s gekürt. Ein weiteres gutes<br />

Beispiel für ein „Brand experience“-Konzept<br />

ist Starbucks.<br />

ERCAN<br />

ÖZTÜRK<br />

CEO<br />

Springer &Jacoby<br />

G<br />

uter Serviceist für mich ganz einfach:<br />

Service soll mir das Leben<br />

erleichtern <strong>und</strong> so angenehm wie möglich<br />

machen!<br />

<strong>Das</strong> ist als Erstes Fre<strong>und</strong>lichkeit<br />

<strong>und</strong> Kontinuität: <strong>Das</strong> heißt, ich<br />

möchte einen Ansprechpartner, der<br />

mich über einen längeren Zeitraum begleitet<br />

<strong>und</strong> der mich mit meinem Namen<br />

anspricht <strong>und</strong> den ich erreichen<br />

kann.<br />

Zweitens: Flexibilität: <strong>Das</strong> heißt, Kommunikation<br />

findet dann statt, wenn<br />

ich Zeit <strong>und</strong> Ruhe habe.<br />

Drittens: Unaufdringlichkeit: <strong>Das</strong><br />

heißt, kein Verkaufsprofiauf der anderen<br />

Seite, der mir permanent etwas<br />

verkaufen will.<br />

Viertens: Aufrichtigkeit: <strong>Das</strong> heißt,<br />

auf Vorteile (neue Tarife, Preise usw.)<br />

aufmerksam machen <strong>und</strong> dies für<br />

mich zu erledigen.<br />

Fünftens: Klarheit <strong>und</strong> Transparenz.<br />

Sechstens: Assistenz für meine Belange.<br />

ULI<br />

VEIGEL<br />

CEO<br />

Grey-Gruppe<br />

E<br />

rstens: K<strong>und</strong>enorientierung ist,<br />

etwas für den K<strong>und</strong>en zu tun,<br />

wasman nicht muss<strong>und</strong> wasernicht<br />

er<strong>war</strong>tet.<br />

Zweitens: Den K<strong>und</strong>en nicht als Käufer,<br />

sondern als Teammitglied, im Sinne<br />

vonServiceoptimierung, zu sehen.<br />

Drittens: Mitarbeiter spüren zu lassen,<br />

wie K<strong>und</strong>en sich fühlen.<br />

Viertens: Jeden K<strong>und</strong>en so zu behandeln,<br />

als wäreerder einzigeK<strong>und</strong>e.<br />

Die Frage stellte Catrin Bialek.<br />

Neue Siegel an Dienstleister<br />

Preisverleihung fand Montagabend in Hamburgstatt<br />

Fotos: Jens W<strong>und</strong>erlich<br />

Festakt: Frank Horch,<br />

Präsident der Handelskammer<br />

Hamburg hält<br />

eine Laudatio (Foto<br />

oben).<br />

Peter Maas von der Universität<br />

St. Gallen freut<br />

sich mit den Preisträgern:<br />

Jens Geldmacher,<br />

Vorstand Deutscher<br />

Ring Krankenversicherungsverein,<br />

Marcus<br />

Vitt, Vorstand Conrad<br />

Hinrich Donner Bank sowie<br />

Henning Koopmann,<br />

Geschäftsführer des Versandhauses<br />

Quelle (von<br />

links nach rechts)<br />

HAMBURG. In dem geschichtsträchtigen<br />

Börsensaal der Handelskammer<br />

Hamburg fand am Montagabend<br />

die Preisverleihung des Wettbewerbs<br />

„<strong>Deutschland</strong>s k<strong>und</strong>enorientierteste<br />

Dienstleister 2008“ statt.<br />

Initiatoren sind die Universität St.<br />

Gallen, die Unternehmensberatung<br />

Steria Mummert, das Marktforschungsunternehmen<br />

Service-Rating,<br />

die Kommunikationsagentur<br />

Faktenkontor sowie das Handelsblatt.<br />

Die drei Erstplatzierten <strong>war</strong>en<br />

das Versandhaus Quelle, die Bank<br />

Conrad Hinrich Donner <strong>und</strong> der<br />

Krankenversicherungsverein Deutscher<br />

Ring. Außerdem wurden zahlreiche<br />

Sonderpreise vergeben.<br />

R<strong>und</strong> 160 Geschäftsführer <strong>und</strong><br />

Vorstandsmitglieder der insgesamt<br />

108 Unternehmen, die sich dieses<br />

Jahr beworben hatten, kamen zu der<br />

Preisverleihung. Bewerben konnte<br />

sich jedes Dienstleistungsunternehmen,<br />

das mindestens 50 Mitarbeiter<br />

beschäftigt. Weitere Informationen<br />

unter: www.bestedienstleister.de HB<br />

©Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Zum Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich bitte an nutzungsrechte@vhb.de.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!