Servicewüste Deutschland? Das war einmal - Arbeit und Mehr
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Wersind die besten Dienstleister? Unternehmen lassen sichineinem exklusiven Wettbewerbvergleichen.<br />
Ranking: Warum<br />
Quelle auf Platz<br />
eins landet SEITE C3<br />
MITTWOCH, 28. MAI 2008<br />
Branchenvergleich<br />
Der Wettbewerb„<strong>Deutschland</strong>s<br />
k<strong>und</strong>enorientiertester Dienstleister<br />
2008“ zeigt, wie facettenreich<br />
sichdie Beziehung zwischen K<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> Unternehmen heutzutage<br />
darstellt. <strong>Mehr</strong> denn je kommt es<br />
auf integrative<strong>und</strong> ganzheitliche<br />
Ansätze an, um eine passgenaue<br />
Übereinstimmung zwischen K<strong>und</strong>enorientierung<br />
eines Unternehmens<br />
einerseits <strong>und</strong> Wahrnehmung<br />
der K<strong>und</strong>en andererseits herzustellen.<br />
Der Wettbewerbermittelt<br />
nicht nur die k<strong>und</strong>enorientiertesten<br />
Dienstleistungsunternehmen,<br />
sondern er liefertaucheinen<br />
branchenübergreifenden Vergleich<br />
der Teilnehmer.<br />
INHALT<br />
<strong>Das</strong>theoretische Modell:<br />
Die Universität St. Gallen hat ein<br />
7-K-Modell entwickelt, mit dem<br />
sie die Stärkeder K<strong>und</strong>enorientierung<br />
misst. SEITE C2<br />
Krankenkassenliegen vorn:<br />
Trotz starker Restriktionen rangieren<br />
viele Krankenkassenin<br />
diesemJahr auf den vorderen<br />
Plätzen.<br />
SEITE C4<br />
Finanzdienstleister punkten:<br />
Die Bank Conrad Hinrich Donner<br />
landet auf Platz zweiimRanking<br />
–<strong>und</strong> hat ihren Wettbewerbern<br />
einiges voraus. SEITE C5<br />
Werber geben Auskunft:<br />
Handelsblatt befragt exklusiv<br />
sieben Agenturchefs,was sie<br />
persönlich unter K<strong>und</strong>enorientierung<br />
verstehen. SEITE C6<br />
IMPRESSUM<br />
Verantwortliche Redakteurin:<br />
Catrin Bialek<br />
Redaktion: Claudia Tödtmann<br />
Layout:.Ute Doerenkamp<br />
Bildredaktion: Iris Zielinski<br />
Anzeigen:<br />
GWP media-marketing GmbH<br />
Verantwortlich: Ute Wellmann<br />
E-Mail: u.wellmann@vhb.de<br />
<strong>Servicewüste</strong> <strong>Deutschland</strong>? <strong>Das</strong> <strong>war</strong> <strong>einmal</strong><br />
Exklusiver Wettbewerbermittelt die k<strong>und</strong>enorientiertesten Dienstleister <strong>Deutschland</strong>s –<strong>und</strong> stellt ein insgesamt hohes Niveau fest<br />
CATRIN BIALEK |DÜSSELDORF<br />
Siehaben alle K<strong>und</strong>en im Blick. Sie registrieren<br />
genau, dass K<strong>und</strong>in Elisa<br />
Musterfrau die sonst immer Hosen<br />
<strong>und</strong> PulloverinKonfektionsgröße 38<br />
bestellt, plötzlich pastellfarbene Babywäsche<br />
<strong>und</strong> knallbuntes Kinderspielzeug<br />
ordert. Nanu, da muss es<br />
Nachwuchs im Hause gegeben haben,<br />
vermuten die Versandhändler –<br />
<strong>und</strong> nehmen Kontakt zur K<strong>und</strong>in auf,<br />
um herauszufinden, ob sie vielleicht<br />
einen gesonderten Baby-Katalog verschicken<br />
dürfen. „Quelle verfügt<br />
über ein hochkomplexes Geschäftsmodell“,<br />
lobt Peter Maas, Geschäftsführer<br />
des Instituts für Versicherungswirtschaft<br />
an der Universität<br />
St.Gallen.<br />
Der Versandhändler aus Fürth belegt<br />
denn auch den ersten Platz beim<br />
Wettbewerb „<strong>Deutschland</strong>s k<strong>und</strong>enorientierteste<br />
Dienstleister 2008“,<br />
den die Universität St.Gallen, die Unternehmensberatung<br />
Steria Mummert<br />
Consulting, das Marktforschungsunternehmen<br />
Service-Rating,<br />
die Kommunikationsagentur<br />
Faktenkontor sowie das Handelsblatt<br />
indiesem Jahr zum dritten Mal<br />
veranstaltet haben.<br />
108 Unternehmen haben sich dieses<br />
Mal beworben <strong>und</strong> dem Urteil<br />
der Jury gestellt: Anhand eines Fragebogens<br />
haben sie detailliert Auskunft<br />
über ihre eigene K<strong>und</strong>enorientierung<br />
gegeben, darüber hinaus haben<br />
Marktforscher vonjedem der teilnehmenden<br />
Unternehmen je 100 K<strong>und</strong>en<br />
befragt. Danach hat die Jury des<br />
Wettbewerbs die besten Unternehmen<br />
einem persönlichen Audit unterzogen.<br />
<strong>Das</strong> Ergebnis: Quelle als größtes<br />
Versandhaus <strong>Deutschland</strong>s überzeugte<br />
inallen sieben Dimensionen<br />
derK<strong>und</strong>enorientierung, die die Universität<br />
St. Gallen in einem 7-K-Modell<br />
entwickelt hat. Die Kriterien<br />
sind: K<strong>und</strong>enorientierung des Managements,<br />
Konfiguration, Kommunikation,<br />
Kommerzialisierung, Kompetenz,<br />
Kooperation <strong>und</strong> Kontrolle<br />
(siehe Bericht SeiteC2).<br />
Quelle weiß: Es ist weitaus teurer,<br />
einen neuen K<strong>und</strong>en zu gewinnen,<br />
als einen bestehenden zu halten. Und<br />
so sorgt denn auch ein umfassendes<br />
System zur K<strong>und</strong>enkommunikation<br />
Fotos: akg-images<br />
Die zarten Anfänge der K<strong>und</strong>enorientierung: Drive-In-Kiosk in Hamburg aus dem Jahr 1951.<br />
dafür, dass mehr als 80 Prozent der<br />
K<strong>und</strong>en meinen, Quelle belohne<br />
treue K<strong>und</strong>en. Nach Ansicht der Jury<br />
hat es das Versandhaus geschafft,<br />
eine ausgeprägte Servicekultur <strong>und</strong><br />
-mentalität im Unternehmen zu verankern<br />
–<strong>und</strong> das in einer ausgesprochen<br />
schwierigen Branche, die sich<br />
derzeit im Umbruch befindet (siehe<br />
Bericht SeiteC3).<br />
Hinter Quelle rangiert auf Platz<br />
zwei die HamburgerPrivatbank Conrad<br />
Hinrich Donner <strong>und</strong> auf Platz<br />
drei die Krankenversicherung Deutscher<br />
Ring. Diese beiden Platzierungenstehen<br />
sinnbildlich für einen besonderen<br />
Trend: Während früher<br />
vorallem der Handel das Thema K<strong>und</strong>enorientierung<br />
vorangetrieben hat,<br />
begeben sich nun immer mehr neue<br />
Branchen, wie etwa Krankenkassen,<br />
Banken, Logistikunternehmen <strong>und</strong><br />
Energieversorger, in dieses Feld. „Es<br />
ist auffällig, dass dieses Mal viele<br />
Krankenkassen im Ranking weit<br />
vorne liegen. Einerseits haben sich<br />
viele beworben –andererseits scheinen<br />
sie aber auch gut zusein“, sagt<br />
Wissenschaftler Maas. Gleiches<br />
geltefür zahlreiche Finanzdienstleister.<br />
„Diesen Trend haben wir auch<br />
schon in den vergangenen Jahren beobachtet“,<br />
berichtet Maas.<br />
Deutsche Krankenkassen würden<br />
immer stärker reglementiert, erläutert<br />
Maas, dadurch könnten sie sich<br />
kaum mehr voneinander unterscheiden.<br />
„<strong>Das</strong> geht dann nur noch über<br />
K<strong>und</strong>enorientierung.“<br />
Andere Teilnehmer, wie etwa einige<br />
Energieunternehmen, wollen<br />
sich das Prädikat K<strong>und</strong>enorientierung<br />
z<strong>war</strong> auch gerne auf die Fahnen<br />
schreiben, kommen im Ranking allerdings<br />
nicht auf die vorderen Plätze.<br />
„Hier steckt noch viel Potenzial<br />
drin“, urteilt Jürgen Sponnagel, Vorstandschef<br />
der Unternehmensberatung<br />
Steria Mummert. Zunächst <strong>einmal</strong><br />
werde den Unternehmen, die an<br />
dem Wettbewerb teilgenommen haben,<br />
ein Spiegel vorgehalten. NachhaltigeMaßnahmen<br />
würden dann im<br />
zweiten Schrittfolgen.<br />
Die Initiatoren des Wettbewerbs<br />
haben nunmehr drei Jahrgänge begleitet<br />
<strong>und</strong> insgesamt 350 Unternehmen<br />
bewertet. Im vergangenen Jahr<br />
führte der Teleshopping-Kanal QVC<br />
die Ranglistean, gefolgt vondem Arz-<br />
„<strong>Servicewüste</strong>? <strong>Das</strong>kann<br />
ich heute längst nicht<br />
mehr feststellen.“<br />
Jürgen Sponnagel, Steria Mummert<br />
neimittelhersteller ALK Scherax, der<br />
in diesem Jahr auf Platz zehn landete,<br />
<strong>und</strong> dem Versicherer Standard Life.<br />
2006, als der Wettbewerb zum ersten<br />
Mal stattfand, siegte der Paketzusteller<br />
TNT, auf Platz zwei rangierteder<br />
Drucksysteme-Großhändler Oki Systems<br />
<strong>und</strong> auf Platz drei die Bekleidungskette<br />
H&M.<br />
„EinigeUnternehmen haben in allen<br />
drei Jahren teilgenommen, die<br />
meisten vonihnen haben sich in dieser<br />
Zeit deutlich verbessert <strong>und</strong> an<br />
Profil gewonnen“, resümiert Sponnagel.<br />
„Als wir vor drei Jahren begonnen<br />
haben, <strong>war</strong>en noch mehr Stichworte<br />
wie ,<strong>Servicewüste</strong>’ im Umlauf<br />
– das kann ich heute längst nicht<br />
mehr feststellen.“<br />
Auch Maas vonder Universität St.<br />
Gallen sagt: „Nur in Einzelfällen ist<br />
dieser Vorwurfnoch gültig. Viele Firmenunternehmen<br />
heutzutage große<br />
Anstrengungen in Richtung K<strong>und</strong>enorientierung.<br />
Deshalb meine Einschätzung:<br />
<strong>Deutschland</strong> ist auf einem<br />
gutenWeg.“<br />
Werist <strong>war</strong>um erfolgreich?<br />
DÜSSELDORF. In dem Wettbewerb<br />
„<strong>Deutschland</strong>s k<strong>und</strong>enorientierteste<br />
Dienstleister 2008“ haben Wissenschaftler<br />
der Universität St. Gallen<br />
analysiert, wie Unternehmen zufriedene<br />
<strong>und</strong> sogar loyale K<strong>und</strong>en schaffen<br />
können. Denn K<strong>und</strong>enzufriedenheit<br />
<strong>und</strong> K<strong>und</strong>enloyalität gelten als<br />
zentrale Indikatoren sowohl für die<br />
K<strong>und</strong>enorientierung eines Unternehmens<br />
als auch für die langfristigen Erfolgsaussichten<br />
eines Dienstleisters.<br />
<strong>Das</strong> Ergebnis: Den stärksten Einfluss<br />
auf die Zufriedenheit der K<strong>und</strong>en<br />
üben die Mitarbeiter eines Unternehmens<br />
aus: Immerhin zu 41 Prozent<br />
lässt sich die Beurteilung der<br />
K<strong>und</strong>en auf Maßnahmen im Bereich<br />
der Mitarbeiterkompetenz erklären.<br />
Dabei geht es nicht nur um kompetente<br />
Angestellte, sondern auch um<br />
zufriedene: Zufriedene Mitarbeiter<br />
schaffen zufriedene K<strong>und</strong>en, so das<br />
Fazit der Forscher.Beispielsweise indem<br />
Unternehmen bei einem erhöhten<br />
Anfrageaufkommen im K<strong>und</strong>enkontakt<br />
mit Anpassungen der personellen<br />
Ressourcen schnell reagieren,<br />
um Mitarbeiter nicht auf Dauer zu<br />
überfordern. Im Geschäftsk<strong>und</strong>enbereich<br />
zahlt sich zudem aus, wenn Firmen<br />
ihre K<strong>und</strong>en bei der Entwicklung<br />
<strong>und</strong> Gestaltung der Serviceprozesse<br />
miteinbeziehen. Diese Form<br />
der Kooperation erklärt zu 30 Prozent<br />
eine positive Beurteilung der<br />
K<strong>und</strong>en im B2B-Bereich.<br />
DerzweiteIndikator,K<strong>und</strong>enloyalität,<br />
ist gegeben, wenn Konsumenten<br />
ein Produkt erneut kaufen oder<br />
es gar weiterempfehlen würden. Die<br />
Wissenschaftler fanden heraus: Je<br />
besser es Unternehmen gelingt, sich<br />
auf erfolgversprechende K<strong>und</strong>engruppen<br />
zu fokussieren <strong>und</strong> für diese<br />
differenzierte Preis- <strong>und</strong> Leistungsmodelle<br />
anzubieten, zum Beispiel in<br />
Form von Baukastensystemen, desto<br />
enger können sie die Konsumenten<br />
an sich binden. Kommerzialisierung<br />
heißt der Stellhebel in dem 7-K-Modell,<br />
der zu 35 Prozent die K<strong>und</strong>enloyalität<br />
über die Zeit erklärt. bia<br />
Die 50 Besten<br />
Die Sieger desWe ttbewerbs„<strong>Deutschland</strong>s k<strong>und</strong>enorientierteste Dienstleister2008“<br />
Rang Unternehmen Branche<br />
1 Quelle GmbH Handel<br />
2 Conrad Hinrich Donner Bank Banken <strong>und</strong> Kreditinstitute<br />
3 Deutscher Ring Krankenversicherungsverein a.G. Versicherer<br />
4 Bausparkasse Schwäbisch Hall AG Banken <strong>und</strong> Kreditinstitute<br />
5 StratoAG spezielle Dienstleistungen<br />
6 Siemens-Betriebskrankenkasse Krankenkassen<br />
7 Carglass spezielle Dienstleistungen<br />
8 Techniker Krankenkasse Krankenkassen<br />
9 Gmünder Ersatzkasse Krankenkassen<br />
10 ALK Scherax,Arzneimittel GmbH Pharma &Medizintechnik<br />
11 Barmer Ersatzkasse Krankenkassen<br />
12 LufthansaAir Plus Banken <strong>und</strong> Kreditinstitute<br />
13 Direct Line VersicherungsAG Versicherer<br />
14 AOKSchleswig Holstein Krankenkassen<br />
15 Barmenia Versicherungen Versicherer<br />
16 Plansecur Finanzdienstleistungs-GmbH Finanzprodukt-Vermittler<br />
17 Staples Handel<br />
18 Amadeus FiReAG Personaldienstleistung<br />
19 Deutsche InternetapothekeMartinus Apotheke Pharma &Medizintechnik<br />
20 Europcar Autovermietung GmbH spezielle Dienstleistungen<br />
21 Impuls Finanzmanagement AG Finanzprodukt-Vermittler<br />
22 Schwenninger BKK Krankenkassen<br />
23 Sparda-Bank Berlin eG Banken <strong>und</strong> Kreditinstitute<br />
24 Signal Krankenversicherung Versicherer<br />
25 ASVDirektmarketing GmbH spezielle Dienstleistungen<br />
26 Württembergische Versicherung AG Versicherer<br />
27 mhplus Betriebskrankenkasse Krankenkassen<br />
28 Signal Iduna Bauspar AG Banken <strong>und</strong> Kreditinstitute<br />
29 Öffentliche Versicherungen Oldenburg Versicherer<br />
30 Federal Express Europe,Inc.(Fedex) Logistik,Transport<br />
31 MLP Finanzprodukt-Vermittler<br />
32 Wüstenrot Bausparkasse AG Banken <strong>und</strong> Kreditinstitute<br />
33 Flughafen München GmbH Logistik,Transport<br />
34 AWD<strong>Deutschland</strong> GmbH Finanzprodukt-Vermittler<br />
35 S.Oliver Bernd Freier GmbH &Co. KG Handel<br />
36 Cosmos-Direkt Versicherer<br />
37 Planet-Home AG Handel<br />
38 Union Investment Privatfonds gmbH Banken <strong>und</strong> Kreditinstitute<br />
39 ÖRAG Rechtsschutzversicherungs-AG Versicherer<br />
40 AOKHessen Krankenkassen<br />
41 Straumann GmbH Pharma &Medizintechnik<br />
42 Landau Media AG spezielle Dienstleistungen<br />
43 Deutsche Kreditbank Banken <strong>und</strong> Kreditinstitute<br />
44 Jobsintime Holding GmbH Personaldienstleistung<br />
45 Flex-Strom GmbH Energieversorger<br />
46 Dialog Lebensversicherungs-AG Versicherer<br />
47 Union Tank Eckstein GmbH &Co. KG Logistik,Transport<br />
48 Citibank Privatk<strong>und</strong>en AG &Co. KGaA Banken <strong>und</strong> Kreditinstitute<br />
49 Deutsche BKK Krankenkassen<br />
50 HS -HamburgerSoft<strong>war</strong>e GmbH &CoKG spezielle Dienstleistungen<br />
Handelsblatt | Quelle: Universität St. Gallen<br />
©Handelsblatt GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Zum Erwerb weitergehender Rechte wenden Sie sich bitte an nutzungsrechte@vhb.de.
C2| DEUSCHLANDS KUNDENORIENTIERTESTE DIENSTLEISTER<br />
MITTWOCH, 28. MAI 2008 |NR. 101<br />
Kwie K<strong>und</strong>enorientierung<br />
Universität St. Gallen<br />
ermittelt die besten<br />
Dienstleister anhand<br />
eines 7-K-Modells<br />
CATRIN BIALEK |DÜSSELDORF<br />
Der K<strong>und</strong>e hat Bedürfnisse, der Anbieter<br />
hat Problemlösungen. Eigentlich<br />
ganz einfach, nur: Weiß der Anbieter<br />
überhaupt, welche Bedürfnisse<br />
der K<strong>und</strong>e hat? Und erfüllt die angebotene<br />
Marktleistung tatsächlich<br />
auch den K<strong>und</strong>enbedarf?<br />
K<strong>und</strong>enorientierung ist ein langjähriger<br />
Prozess, <strong>und</strong> werihn am besten<br />
beherrscht, kann sich am Ende<br />
über den größten K<strong>und</strong>enzulauf<br />
freuen. Um herauszufinden, wie es<br />
um die K<strong>und</strong>enorientierung der Unternehmen<br />
bestellt ist, verwendet die<br />
Universität St. Gallen ein sogenanntes<br />
7-K-Modell: Sieben Dimensionen<br />
–K<strong>und</strong>enorientierung des Managements,<br />
Konfiguration, Kommunikation,<br />
Kommerzialisierung, Kompetenz,<br />
Kooperation <strong>und</strong> Kontrolle –<br />
werden vonden Wissenschaftlern untersucht<br />
<strong>und</strong> bewertet.<br />
K<strong>und</strong>enorientierung<br />
desManagements:<br />
Damit K<strong>und</strong>enorientierung im Unternehmen<br />
lebendig wird, muss auch<br />
das Topmanagement K<strong>und</strong>ennähe<br />
vorleben. Deshalb lautet die Kernfrageindieser<br />
Dimension: „Wie wird<br />
die K<strong>und</strong>enorientierung Ihres Managements<br />
sichtbar?“ Am besten abgeschnitten<br />
hat hierbei die Siemens-<br />
Betriebskrankenkasse.<br />
Begründung: <strong>Das</strong> Münchener Unternehmen<br />
hat K<strong>und</strong>enorientierung fest<br />
in seiner Unternehmensstrategie verankert.<br />
Beispiel: Die Führungskräfte<br />
nehmen an den regelmäßigen Akquirierungsaktionen<br />
in den Geschäftsstellen<br />
mit K<strong>und</strong>enbindungsanrufen<br />
teil, außerdem sind sie direkt in die<br />
Lösung vonK<strong>und</strong>enbeschwerden eingeb<strong>und</strong>en.<br />
Darüber hinaus lassen<br />
sich die Topmanager regelmäßig von<br />
ihren Mitarbeitern beurteilen –das<br />
sorgt für Mitarbeiternähe.<br />
Konfiguration:<br />
Marktleistungen müssen so aufgebaut<br />
<strong>und</strong> strukturiert werden, dass<br />
sie sich vondenen der Wettbewerber<br />
deutlich abheben <strong>und</strong> die K<strong>und</strong>enbedürfnisse<br />
zielgenau treffen. Ein zentraler<br />
Punkt bei der Konfiguration<br />
ist, dassdie Anforderungen, die Konsumenten<br />
an Produkte <strong>und</strong> Dienstleistungen<br />
stellen, systematisch erfasst<br />
werden. Die Kernfrage hinter<br />
dem zweiten „K“ heißt denn auch:<br />
„Was tut Ihr Unternehmen konkret,<br />
damit die Marktleistungen genau<br />
den Anforderungen der K<strong>und</strong>en entsprechen?“<br />
Foto: Ute Grabowsky /photothek.net<br />
Informationsschild auf der Cebit in Hannover: Orientierung für K<strong>und</strong>en ist in jeder Richtung möglich.<br />
In dieser Dimension erhielt die Deutsche<br />
Kreditbank die beste Beurteilung.<br />
Um die Wünsche ihrer K<strong>und</strong>en<br />
zu ergründen, bietet die Bank für<br />
ihreZielgruppe Veranstaltungen wie<br />
„DKB-Eliteforum Landwirtschaft“<br />
<strong>und</strong> „DKB-Eliteforum Ges<strong>und</strong>heitswirtschaft“<br />
an. Experten helfen anschließend<br />
bei der Interpretation der<br />
gewonnenen Erkenntnisse.<br />
Kommunikation:<br />
Kaum etwasimMarketing ist heutzutage<br />
so wichtig wie der Dialog mit<br />
den K<strong>und</strong>en. Dies gilt im Besonderen<br />
Maße für erklärungsbedürftige Produkte<br />
<strong>und</strong> Dienstleistungen, die der<br />
K<strong>und</strong>e oft erst nach der Nutzung beurteilen<br />
kann. „Wie fördert Ihr Unternehmen<br />
den Dialog mit den K<strong>und</strong>en?“,<br />
lautetdie Kernfragedieser Disziplin.<br />
Die besten Antworten hierauf fand<br />
Lufthansa Airplus, führender Anbieter<br />
von Lösungen für das Business<br />
Travel Management. <strong>Das</strong> Unternehmen<br />
überzeugte durch K<strong>und</strong>enfeedbacksysteme<br />
sowie Workshops, die<br />
K<strong>und</strong>enbeziehungen vertiefen <strong>und</strong><br />
Loyalität fördern sollen.<br />
Kommerzialisierung:<br />
Hierbei gilt es, „den richtigen K<strong>und</strong>en<br />
zum richtigen Zeitpunkt ein auf<br />
seine individuellen Bedürfnisse abgestimmtes<br />
Leistungsprofil anzubieten“.<br />
Die Kernfrage heißt: „Was unternimmt<br />
Ihr Unternehmen, um die erfolgversprechenden<br />
K<strong>und</strong>engruppen<br />
zu identifizieren <strong>und</strong> sich darauf<br />
zu fokussieren?“ Diese Fragehat Europcar<br />
am besten gelöst. Mit detaillierten<br />
K<strong>und</strong>engruppenanalysen,<br />
der Entwicklung individuellerAngeboteander<br />
Anmietstation sowie spezifischen<br />
Angeboten für einzelne<br />
K<strong>und</strong>engruppen, etwa Wochenendangebotefür<br />
Privatk<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Langzeitangebote<br />
für Firmenk<strong>und</strong>en,<br />
konnte der Autovermieter stark<br />
punkten.<br />
Kompetenz:<br />
Die Motivation <strong>und</strong> die Fähigkeiten<br />
der Mitarbeiter sind ein zentraler<br />
Faktor für die K<strong>und</strong>enorientierung.<br />
Viele Studien haben den direkten Zusammenhang<br />
zwischen K<strong>und</strong>en- <strong>und</strong><br />
Mitarbeiterzufriedenheit belegt. Die<br />
zentrale Frage: „Wie stellt Ihr Unternehmen<br />
die Servicebereitschaft <strong>und</strong><br />
-fähigkeit der Mitarbeiter sicher?“<br />
Bei der Barmenia Versicherung beispielsweise<br />
sollen die Mitarbeiter<br />
den Telefonhörer spätestens nach<br />
dem dritten Klingeln abheben. Eine<br />
Wohltat für gepeinigte K<strong>und</strong>en, die<br />
oft minutenlang in Warteschleifen<br />
verharren müssen. Diese <strong>und</strong> andere<br />
Servicevorgaben sicherten Barmenia<br />
den ersten Platz in dieser Dimension.<br />
Immerhin 93 Prozent der K<strong>und</strong>en beurteilen<br />
Barmenia-Mitarbeiter als<br />
hilfsbereit <strong>und</strong> kompetent.<br />
K ooperation:<br />
„Mit welchen Maßnahmen werden<br />
die Beziehungen zu den Stake-Holdern<br />
vertieft?“ Um diese Fragekreist<br />
das sechste„K“. Wenn ein Unternehmen<br />
mit seinen Produkten <strong>und</strong><br />
Dienstleistungen an seine eigenen<br />
Grenzen stößt, lassen sich durch die<br />
Einbeziehung vonPartnerfirmen die<br />
Möglichkeiten über das eigene Geschäftsmodell<br />
hinweg verschieben –<br />
<strong>und</strong> somit die Probleme des K<strong>und</strong>en<br />
umfassender lösen. Kooperationen<br />
haben –imVergleich zum Aufbau eigener<br />
Kompetenzen – den Vorteil,<br />
dass sie häufig weniger risikoreich<br />
<strong>und</strong> zudem glaubwürdiger sind.<br />
Deutliche Unterschiede zwischen den Branchen<br />
Fühlen Sie sich vondem Unternehmen stets fair behandelt?<br />
Befragung unter r<strong>und</strong> 10 000 K<strong>und</strong>en<br />
Pharma <strong>und</strong> Medizintechnik<br />
Krankenkassen<br />
Personaldienstleistung<br />
Versicherer<br />
Handel<br />
Banken <strong>und</strong> Kreditinstitute<br />
Logistik, Transport<br />
Energieversorger<br />
Angaben in %<br />
trifft zu<br />
trifft<br />
eher zu<br />
trifft überhaupt<br />
nicht zu<br />
65 22 13<br />
59 31 10<br />
52 40 8<br />
50 36 14<br />
49 36 14<br />
47 37 16<br />
44 38 17<br />
27 40 33<br />
Handelsblatt | Quelle: Faktenkontor<br />
Vorbildlich vorgemacht hat dies<br />
Schwäbisch Hall, die dieses Jahr am<br />
besten in dieser Dimension abschnitt.<br />
Flächendeckend kooperiert<br />
die Bausparkasse mit Volks- <strong>und</strong><br />
Raiffeisenbanken sowie anderen Banken.<br />
Schwäbisch Hall integriert die<br />
Institutionen vollständig in die eigenen<br />
Beratungssysteme. Dabei schult<br />
sie auch die Mitarbeiter der kooperierenden<br />
Banken. Gemeinsam mit ihren<br />
Kooperationspartnern entwickelt<br />
die BausparkasseihreProdukte<br />
weiter.<br />
Kontrolle:<br />
„Wie messen <strong>und</strong> analysieren Siedie<br />
Servicequalität <strong>und</strong> den K<strong>und</strong>ennutzen?“,<br />
lautetdie Kernfragedieser Dimension.<br />
Dabei gilt es vor allem, die<br />
K<strong>und</strong>en in den Kontroll- <strong>und</strong> Verbesserungsprozess<br />
einzubeziehen, um<br />
auf diese Weise K<strong>und</strong>ennähe zu<br />
schaffen.<br />
Die höchste Punktzahl erreichte in<br />
dieser Disziplin der Arzneimittelhersteller<br />
Alk Scherax. <strong>Das</strong> Unternehmen<br />
setzt beispielsweise auf verdeckte<br />
Kontrollanrufe <strong>und</strong> -besuche<br />
in der K<strong>und</strong>enberatung <strong>und</strong> der Auftragsabteilung.<br />
Mitarbeiter,die K<strong>und</strong>en<br />
unfre<strong>und</strong>lich abspeisen, werden<br />
dadurch schnell entlarvt. Außerdem<br />
lässt der Arzneimittelhersteller K<strong>und</strong>en<br />
persönlich oder auch anonym<br />
nach ihrer Meinung befragen. <strong>Das</strong> Ergebnis:<br />
97 Prozent der K<strong>und</strong>en sind<br />
überzeugt, dass das Unternehmen<br />
ständig versucht, dazuzulernen <strong>und</strong><br />
noch besser zu werden.<br />
SECHS FRAGEN AN: PETER MAAS<br />
„Käufer wollen verführt werden“<br />
Herr Maas, in Ihrem Managementmodell<br />
werden die sieben<br />
Dimensionen der K<strong>und</strong>enorientierung<br />
gleich starkgewichtet. Ist<br />
dies auch in der Realität der Fall?<br />
Nein, die von uns untersuchten Unternehmen<br />
sprechen den sieben Dimensionen<br />
unterschiedlich viel Bedeutung<br />
bei. Auf den Dimensionen<br />
Kommerzialisierung –wie kann ich<br />
mit meinen Fähigkeiten Geld am<br />
Markt verdienen –sowie Kooperation<br />
mit Partnern liegt beispielsweise<br />
relativ wenig Aufmerksamkeit<br />
des Managements. Auch heute gilt<br />
noch: Im Zweifel macht ein Unternehmen<br />
die Dingelieber selber,dann<br />
hatesauch die Kontrolle darüber.Ich<br />
glaube, diese Einstellung wird sich<br />
künftig ändern –müssen.<br />
Aufwelche Dimensionen legen<br />
die befragten Manager besonders<br />
viel Wert?<br />
<strong>Das</strong> ist ganz deutlich: Die beiden Dimensionen<br />
Kompetenz der Mitarbeiter<br />
sowie Kontrolle stehen im Fokus<br />
des Managements.<br />
Woranerkennen Sie, ob das Management<br />
eines Unternehmens<br />
k<strong>und</strong>enorientiert ist?<br />
<strong>Das</strong> merke ich sehr schnell. Wenn ich<br />
mit Vorständen rede, spüre ich sofort,<br />
ob K<strong>und</strong>enorientierung gelebt<br />
wird. Zum Beispiel: Wie oft kommt<br />
das Wort „K<strong>und</strong>e“ in den zwei St<strong>und</strong>en<br />
vor, die ich mit dem Vorstand<br />
spreche? Oder: Wenn ich eine triviale<br />
Frage über K<strong>und</strong>enwünsche<br />
stelle –gibt der Chef sie an den Marketingvorstand<br />
ab, oder beantwortet<br />
er sie selbst? In dieser Hinsicht haben<br />
wir deutliche Unterschiede zwischen<br />
den Teilnehmern gesehen.<br />
CATRIN BIALEK |DÜSSELDORF<br />
PETER MAAS<br />
Geschäftsführer<br />
des Instituts für<br />
Versicherungswirtschaft<br />
an der<br />
Universität St. Gallen<br />
Wasbedeutetfür Siepersönlich<br />
K<strong>und</strong>enorientierung?<br />
K<strong>und</strong>enorientierung heißt für mich,<br />
dass sich ein Unternehmen möglichst<br />
authentisch in die Situation eines<br />
K<strong>und</strong>en hineindenken kann. Dabei<br />
geht es nicht nur um die rationalen<br />
Bedürfnisse, sondern vor allem<br />
um die unterschwelligen Gefühle.<br />
Ängste, Sorgen, einfach alles, was<br />
Menschen ungerne mitteilen, wenn<br />
man sie direkt darauf anspricht.<br />
Warum ist das Unterbewusstsein<br />
der Konsumenten so wichtig?<br />
Es gibt heutzutage immer häufiger<br />
Kaufsituationen, hinter denen kein<br />
konkretes Kaufziel mehr steckt. Konsumenten<br />
wollen verführt werden.<br />
Deshalb müssen sich Unternehmen<br />
auf der emotionalen Ebene voneinander<br />
unterscheiden.<br />
Wann haben Siesich das letzte<br />
Mal über mangelnde K<strong>und</strong>enorientierung<br />
einer Firma geärgert?<br />
<strong>Das</strong> <strong>war</strong>bei einem Flug mit German<br />
Wings von Zürich nach Köln. <strong>Das</strong><br />
Flugzeug hatte deutliche Verspätung,<br />
was allerdings nicht angesagt<br />
wurde. Sehr ärgerlich für mich <strong>und</strong><br />
meinen Kollegen, mit dem ich auf<br />
dem Schweizer Flughafen <strong>war</strong>tete.<br />
Ich habe dann bei einer Servicehotline<br />
angerufen, doch der Mitarbeiter<br />
teilte mir –mit unflätigen Worten –<br />
mit, dass ich mich auf jeden Fall bei<br />
dem Unternehmen mal über den Service<br />
beschweren solle. Auf der<br />
Homepage von German Wingshabe<br />
ich dann nach einer E-Mail-Adresse<br />
gesucht, an die ich meine Beschwerde<br />
richten kann, doch überhaupt<br />
keine gef<strong>und</strong>en. <strong>Das</strong> Unternehmen<br />
hat mir keinen Weggegeben,<br />
auf dem ich meine Beschwerde loswerden<br />
kann.<br />
Die Fragen stellte Catrin Bialek.<br />
Zufriedene K<strong>und</strong>en<br />
zahlen sichaus<br />
Umsatzplus durch gezielte Maßnahmen<br />
K<strong>und</strong>enorientierung soll sich nach<br />
Ansicht der Wissenschaftler der Universität<br />
St. Gallen nicht nur für die<br />
K<strong>und</strong>en rechnen, sondern auch für<br />
die Unternehmen selbst. Deshalb haben<br />
sie im Rahmen des diesjährigen<br />
Wettbewerbs „<strong>Deutschland</strong>s k<strong>und</strong>enorientierteste<br />
Dienstleister“ analysiert,<br />
inwiefern sich k<strong>und</strong>engerechte<br />
Maßnahmen auf den Unternehmenserfolg,<br />
gemessen an der Umsatzentwicklung,<br />
auswirken.<br />
Ergebnis: Im B2B-Sektor, also im<br />
Geschäftsk<strong>und</strong>enbereich, gibt es<br />
gleich mehrereFaktoren, die den Umsatz<br />
ankurbeln. Demnach zahlt sich<br />
vorallem aus, wenn Firmen die Kompetenz<br />
ihrer Mitarbeiter stärken sowie<br />
ihreK<strong>und</strong>en bei der Produktentwicklung<br />
miteinbeziehen. Ein Beispiel:<br />
Konzepttests mit K<strong>und</strong>en hätten<br />
eindeutig zur positiven Umsatzentwicklung<br />
beigetragen, berichten<br />
die Schweizer Forscher. Darüber hinaus<br />
sei eine Umsatzsteigerung im<br />
B2B-Bereich zu 40 Prozent auf erfolgreiche<br />
Kooperationen mit Partnerunternehmen<br />
bei der Produktentwicklung<br />
zurückzuführen. Die Einsicht,<br />
dassFirmen nicht alle <strong>Arbeit</strong>en in Eigenregie<br />
ausführen können, spült<br />
also Geld in die Kasse.<br />
Weniger eindeutig sind die Ergebnisse<br />
allerdings imB2C-Bereich, in<br />
dem Unternehmen mit Endk<strong>und</strong>en<br />
zu tun haben. Hier ließen sich keine<br />
eindeutigen Aussagen treffen, berichten<br />
die Wissenschaftler. Tendenziell<br />
hättenaber Maßnahmen, die die Mitarbeiterkompetenz<br />
stärken, das Beschwerdemanagement<br />
verbessern sowie<br />
Unternehmensprozesse unter anderem<br />
durch den Einsatz von Qualitätszirkeln<br />
oder Projektteams optimieren,<br />
das größtePotenzial, um den<br />
Unternehmenserfolg zu steigern.<br />
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MITTWOCH, 28. MAI 2008 |NR. 101 DEUSCHLANDS KUNDENORIENTIERTESTE DIENSTLEISTER<br />
|C3<br />
„Wir machen das jetzt mal zusammen“<br />
Quelle ist<strong>Deutschland</strong>s k<strong>und</strong>enorientiertester Dienstleister 2008. Werwissen will, <strong>war</strong>um, sollte einfachmal die Hotline des Versenders anrufen.<br />
CHRISTOPH LIXENFELD |HAMBURG<br />
Irgendwas stimmt nicht mit diesem<br />
Mann im Call-Center: Obwohl es<br />
mir nicht gelingt, online den gewünschten<br />
Computer zubestellen,<br />
redet er nicht mit mir wie mit einem<br />
Vollidioten. Er sagt nur: „Dann lassen<br />
Sie uns das kurz zusammen machen.“<br />
Wir gehen den Vorgang am<br />
Telefon Schritt für Schritt durch, er<br />
schafft es, den Rechner schließlich<br />
in den Warenkorb zu legen, ich<br />
nicht. Keine Belehrungen, keine Unterstellungen.<br />
Sondern: „Ich gebe Ihnen<br />
die Nummer unserer Multimedia-Hotline,<br />
bei denen können Sie<br />
das Gerät vermutlich auch telefonisch<br />
bestellen.“ Gute Idee, ich rufe<br />
an. Per Telefon kaufen geht allerdings<br />
nicht, weil bestimmte Produkte<br />
eben nur online bestellbar<br />
sind. Mit der sonst spätestens an diesem<br />
Punkt üblichen Frage, ob ich alles<br />
richtig gemacht habe <strong>und</strong> ob<br />
mein Computereinwandfrei funktioniert,<br />
hält sich auch der zweite<br />
Quelle-Mitarbeiter nicht auf. Er<br />
sagt: „Ich mache Ihnen einen Vorschlag.<br />
Sie ändern Ihr Passwort für<br />
den Quelle-Online-Zugang in „Testen“,<br />
dann logge ich mich hier mit<br />
diesem Passwort ein <strong>und</strong> bestelle alles<br />
für Sie.“ Gesagt, getan. Am Ende<br />
erinnert er mich noch, das Passwort<br />
erneut zuändern, „jedenfalls wenn<br />
Sie nicht wollen, dass ich heute<br />
Abend weiter unter Ihrem Namen<br />
einkaufe...“.<br />
Call-Center-Mitarbeiter ohne genervten<br />
Tonfall, pragmatisch <strong>und</strong> offenbar<br />
vomWunsch beseelt, den K<strong>und</strong>en<br />
–<strong>und</strong> damit natürlich in diesem<br />
Fall auch ihren <strong>Arbeit</strong>geber –glücklich<br />
zu machen, noch dazu mit Entscheidungsbefugnis?Keine<br />
unausgesprochene<br />
Unterstellung, ich sei zu<br />
blöd? Und amEnde sogar ein Anflug<br />
vonHumor?Was ist los bei denen?<br />
Offensichtlich bin ich nicht der<br />
einzige, der solche Erfahrungen mit<br />
dem Versender Quelle gemacht hat:<br />
„Kein einziger der Quelle-K<strong>und</strong>en,<br />
die wir befragt haben, fühltesich wie<br />
ein kleiner Bittsteller,“ resümiert Albert<br />
Graf vonder Universität St.Gallen.<br />
Die Hochschule ermittelte auch<br />
in diesem Jahr gemeinsam mit Steria<br />
Mummert Consulting, dem Kölner<br />
Marktforschungsunternehmen Service<br />
Rating <strong>und</strong> dem Handelsblatt<br />
„<strong>Deutschland</strong>s k<strong>und</strong>enorientiertesten<br />
Dienstleister“. <strong>Das</strong>s Quelle ge-<br />
Foto: Jochen Zick/Keystone, imago (u.)<br />
Hier wird Ihnen tatsächlich geholfen: Berliner Call-Center des Versandhauses Quelle.<br />
wann, liegt „an einer Vielzahl von<br />
Faktoren, deren perfektes Zusammenspiel<br />
den Unterschied zu anderen<br />
ausmacht,“ sagt Graf. Obdieses<br />
Zusammenspiel funktioniert, merkt<br />
der K<strong>und</strong>e am Verhalten der Call-<br />
Center-Mitarbeiter. Denn sie sind<br />
die Schnittstelle, hier kommt der<br />
K<strong>und</strong>e am intensivsten –<strong>und</strong> meist<br />
zum ersten Mal –mit der Firma in<br />
Kontakt.<br />
Und die Angestellten behandeln<br />
ihre K<strong>und</strong>en eben so, wie sie selber<br />
von ihren Chefs behandelt werden.<br />
„Bei Quelle herrscht eine sehr offene<br />
Gesprächskultur,wir hatten den Eindruck,<br />
dassdie Mitarbeiter auch hierarchieübergreifend<br />
klar ihre Meinung<br />
sagen,“ berichtet Graf, der sich<br />
zusammen mit Claus Dethloff, Geschäftsführer<br />
von Service Rating,<br />
Quelle aus der Nähe angesehen hat.<br />
„Entscheidend sind die Vorbilder im<br />
Unternehmen selbst. Eine Servicekultur,<br />
die man bei den Mitarbeitern<br />
spürt, entsteht nur, wenn die Chefs<br />
das leben. Sie braucht Führungskräfte,die<br />
offene Türen haben, die erreichbar<br />
sind, auch für den Pförtner“,<br />
beobachtet Dethloff.<br />
Quelleleistetsicheine eigene<br />
Installationsfirma<br />
Beziehungsweise für einen x-beliebigen<br />
Call-Center-Agenten, der aus<br />
Sicht des K<strong>und</strong>en in Zeiten des Internets<br />
die Rolle des Pförtnersübernommen<br />
hat. Unddiese Türöffner des 21.<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts können zwischen Bergenvon<br />
K<strong>und</strong>endaten<strong>und</strong> Riesensortimenten<br />
nur den Überblick behalten,<br />
wenn ihnen perfekte Computersysteme<br />
dabei helfen. „Früher mussten<br />
unsere K<strong>und</strong>en manchmal bei<br />
drei unterschiedlichen Fragen mit<br />
drei verschiedenen Stellen sprechen,<br />
weil die Mitarbeiter nur einen begrenzten<br />
Zugriff auf alle Datenbanken<br />
<strong>und</strong> Systeme hatten“, erinnert<br />
sich Wolfgang Kerscher, Direktmarketing-Chef<br />
bei Quelle. Heute verschafft<br />
die IT den Agenten ein umfängliches<br />
Wissen, jeder Anruf soll<br />
nach Möglichkeit „fallabschließend“<br />
bearbeitet werden, wie Quelle das<br />
nennt. Wenn der K<strong>und</strong>e den Hörer<br />
auflegt, müssen 90 Prozent seiner Anliegen<br />
erledigt sein.<br />
Allerdings: Auch die Datenbanken<br />
„sind ein Personalthema“, beschreibt<br />
K<strong>und</strong>enorientierungsexperte<br />
Graf. Sie nützen nur etwas,<br />
wenn sie sorgsam <strong>und</strong> regelmäßig<br />
Internet als wichtigster Absatzkanal<br />
Quelle vertreibt seine<br />
Produkte auf fünf Vertriebswegen:<br />
Erstens<br />
über Kataloge, zweitens<br />
via Telefon, drittens<br />
übers Internet, viertens<br />
durch TV-Verkaufssender<br />
<strong>und</strong> fünftens über eigene<br />
Shops. Der Katalog<br />
ist keineswegs vom<br />
Aussterben bedroht.<br />
145 unterschiedliche Kataloge<br />
werden jährlich<br />
gedruckt, die Gesamtauflage:<br />
sagenhafte<br />
460 Mill. Exemplare.<br />
„Bis die Kataloge ganz<br />
verschwinden, dauert<br />
es noch mindestens<br />
zehn Jahre“, glaubt<br />
Quelle-Direktmarketing-Chef<br />
Wolfgang Kerscher.<br />
Heute bilden Kataloge<br />
nicht mehr das<br />
ganze Sortiment ab.<br />
Stattdessen setzt das<br />
Unternehmen thematische<br />
Schwerpunkte, als<br />
Appetitmacher, der<br />
dann beim Online-Shopping<br />
gestillt wird. <strong>Das</strong> Internet<br />
wird beiallen Versendern<br />
immer wichtiger.<br />
Nach Unternehmensangaben<br />
ist<br />
Quelle hinter Ebay <strong>und</strong><br />
Amazon <strong>Deutschland</strong>s<br />
drittgrößter Online-<br />
Shop. 40 Prozent des<br />
Umsatzes macht Quelle<br />
übers Internet, Tendenz<br />
steigend. Viel Hoffnung<br />
setzt der Versender<br />
auf Teleshopping.<br />
Wichtig wird, die Medien<br />
gut zu vernetzen:<br />
K<strong>und</strong>en, denen etwas<br />
im Katalog gefällt, müssen<br />
den Artikel online<br />
schnell finden, um ihn<br />
bestellen zu können.<br />
mit Informationen gefüttert werden.<br />
„Die Mitarbeiter müssen bereit sein,<br />
das Wissen, das sie im K<strong>und</strong>enkontakt<br />
gewinnen, zu teilen. Wenn sie<br />
Angst haben <strong>und</strong> ständig um ihrePosition<br />
fürchten, bleiben sie eher darauf<br />
sitzen <strong>und</strong> verteidigen es. Viele<br />
Banken etwa haben große Schwierigkeiten,<br />
das implizite Wissen ihrer<br />
Call-Center-Agenten anzuzapfen.“<br />
Wer Spannendes erfahren will,<br />
mussaußerdem in der Lagesein, auf<br />
Augenhöhe zu kommunizieren.<br />
Quelle legt deshalb Wert darauf,<br />
seine K<strong>und</strong>en von Mitarbeitern in<br />
<strong>Deutschland</strong> beraten zu lassen.<br />
„Beide, Berater <strong>und</strong> zu Beratender,<br />
müssen in der selben Konsumwelt leben<br />
<strong>und</strong> ähnliche Erfahrungen zum<br />
Beispiel mit bestimmten Produkten<br />
gemacht haben,“ verlangt Direktmarketing-Chef<br />
Kerscher.Der Versender<br />
hat deshalb vor einem halben Jahr<br />
sein Call-Center in Dänemark geschlossen<br />
<strong>und</strong> stattdessen drei komplett<br />
neue K<strong>und</strong>enzentren in Berlin,<br />
Magdeburg<strong>und</strong> Cottbus errichtet. Investitionsvolumen:<br />
30 Mill. Euro.<br />
Quelle begreift sich als lernende<br />
Organisation, <strong>und</strong> gelernt hat sie,<br />
dass inpunkto K<strong>und</strong>enzufriedenheit<br />
einige Lösungen für das 21. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
in der Vergangenheit zu suchen<br />
sind. „Profectis“ ist so eine Lösung,<br />
ein Installations- <strong>und</strong> Elektroservice,<br />
der Quelle-K<strong>und</strong>en ihre neuen<br />
Herde <strong>und</strong> Waschmaschinen anschließt.<br />
Keine via Internet vernetzten,<br />
aber unabhängigen Klempnerbetriebe,<br />
sondern ein eigener Betrieb<br />
mit festen Angestellten <strong>und</strong> Strukturen,<br />
der einzige flächendeckende<br />
technische K<strong>und</strong>endienst eines Versenders.<br />
Der Vorteil ist die Qualitätssicherung<br />
<strong>und</strong> -kontrolle. Wirwollen<br />
die Prozesse selbst in der Hand behalten<br />
<strong>und</strong> uns auch so vom Wettbewerb<br />
abgrenzen“, sagt Kerscher.Aus<br />
demselben Gr<strong>und</strong> hat Quelle auch<br />
ein eigenes Prüfinstitutmit r<strong>und</strong> 100<br />
Ingenieuren. Die testen, waspassiert,<br />
wenn ein Staubsauger 20 St<strong>und</strong>en ununterbrochen<br />
läuftoder eine Waschmaschine<br />
von ihrem 20 Zentimeter<br />
hohen Sockel fällt. Schließlich sollen<br />
sich die K<strong>und</strong>en nicht nur über das<br />
Benehmen der Call-Center-Mitarbeiter<br />
freuen, sondern auch über die<br />
Qualität der Produkte. Denn mit K<strong>und</strong>en<br />
ist es wie mit Kindern oder Ehefrauen<br />
–man darfihnen nie etwasversprechen,<br />
was man nicht halten<br />
kann. Dann gibt es Ärger.<br />
K<strong>und</strong>enorientierung findet<br />
an vielen Stellen statt<br />
Wertschätzung <strong>und</strong> gute Pflegeist das, was am Ende wirklichzählt<br />
CLAUDIA TÖDTMANN |DÜSSELDORF<br />
Waswürde der K<strong>und</strong>e wollen, wenn<br />
er wüsste, waserbraucht? <strong>Das</strong> ist die<br />
große Frage für die allermeisten Unternehmen.<br />
„Denn tatsächlich ist K<strong>und</strong>enorientierung<br />
ein Mysterium, das<br />
nur sehr schwer zuknacken ist“, urteilt<br />
Peter Maas, Wissenschaftler an<br />
der Universität St. Gallen <strong>und</strong> K<strong>und</strong>enorientierungsexperte.<br />
Allein<br />
schon, weil es kein Ankommen gibt.<br />
K<strong>und</strong>enorientierung ist eine permanente<br />
Herausforderung <strong>und</strong> ähnelt<br />
dem Versuch, einen Sack Flöhe<br />
zu hüten: In jeder Firma gibt es tausend<br />
Ecken, an denen sie K<strong>und</strong>en ihr<br />
Gesicht zeigt, bei ihnen einen Eindruck<br />
hinterlässt –oft ungewollt <strong>und</strong><br />
ungeplant. Undvor allem unbemerkt<br />
von der Unternehmensführung.<br />
Denn jede Firma wünscht sich eine<br />
hohe K<strong>und</strong>enbindung. Theoretisch jedenfalls,<br />
erklärtermaßen sowieso.<br />
Denn fast alle rühmen sich werbeträchtig<br />
ihrer K<strong>und</strong>enorientierung.<br />
Für alle ist es deshalb die große<br />
Frage –<strong>und</strong> ein Rätsel gleichermaßen:<br />
Wo entsteht K<strong>und</strong>enbindung tatsächlich?Umdas<br />
herauszufinden, hat<br />
Maas mehr als 7000 K<strong>und</strong>en befragt:<br />
Werden Sie in zwei Jahren noch<br />
K<strong>und</strong>e des Unternehmens sein?Empfehlen<br />
Sie esihren Fre<strong>und</strong>en? Würden<br />
sie auch weitere Leistungen der<br />
Firma in Anspruch nehmen? Oder:<br />
Müssten Siesich heute noch mal entscheiden,<br />
würden Sie wieder zu ihm<br />
gehen?Kommt für Siebei vergleichbarenProdukten<br />
nur das eine Unternehmen<br />
in Frage? Setzen Siegroßes Vertrauen<br />
hinein?Wärefür Sieder Wechsel<br />
zu einem anderen Anbieter ein Risiko?<br />
Aus den Antworten bildete<br />
Maas seinen K<strong>und</strong>enbindungsindex.<br />
Als Nächstes teilte der Wissenschaftler<br />
die K<strong>und</strong>enorientierung der<br />
Unternehmen in sieben Faktoren ein<br />
<strong>und</strong> glich ab. Sein Fazit: Es sind drei<br />
Faktoren, die den stärksten Einfluss<br />
auf K<strong>und</strong>enbindung haben. Erstens:<br />
Kooperationen mit anderen Firmen,<br />
um neue Servicedimensionen anzubieten.<br />
Etwa wenn der Kofferhersteller<br />
Rimowa mit der Deutschen Lufthansavereinbart,<br />
dassdie Airline defekteKofferbei<br />
den K<strong>und</strong>en zur Reparatur<br />
abholt <strong>und</strong> auch zurückbringt.<br />
Neuk<strong>und</strong>en zu akquirieren istteurer<br />
als Bestandsk<strong>und</strong>en zu halten<br />
Zweitens: Der Abgleich von Produkten<strong>und</strong><br />
Dienstleistung. Also wenn es<br />
ein Unternehmen schafft, besondere<br />
K<strong>und</strong>enbedürfnisse zu erkennen <strong>und</strong><br />
seinen Service darauf auszurichten.<br />
<strong>Das</strong> Taxiunternehmen etwa, dessen<br />
Fahrer schon im Display sieht, wenn<br />
der Fahrgast kaum laufen kann <strong>und</strong> er<br />
an die Tür kommt, um zu helfen. Und<br />
schließlich die Kontrolle der Serviceexzellenz:<br />
Wastut die Firma, um zu<br />
kontrollieren, ob Serviceversprechen<br />
auch gehalten werden. Firmen müssen<br />
dann nämlich auch kontrollieren,<br />
ob Anrufer in der angepeilten Zeit bedient<br />
werden oder –wie Neckermann<br />
–mit verdeckten Kontrolleinkäufern<br />
Kofferhersteller Rimowa kümmert<br />
sich für die Deutsche Lufthansa um<br />
demolierte Gepäckstücke.<br />
überprüfen, ob ihr Personal auf Zack<br />
ist.<br />
Maas: „Wer diese drei Faktoren<br />
umsetzt, hat die Punkteabgearbeitet,<br />
die den größten Effekt auf K<strong>und</strong>enbindung<br />
haben.“ Denn, so meint der K<strong>und</strong>enorientierungsexperte,<br />
die „Bedeutung<br />
des Themas ist heute klar“: Man<br />
soll die K<strong>und</strong>en pflegen, damit sie bei<br />
der Stange bleiben –weil es die billigsteLösung<br />
ist. Die Faustformel: Einen<br />
Neuk<strong>und</strong>en zu akquirieren ist<br />
fünfmal so teuer wie einen Bestandsk<strong>und</strong>en<br />
zu halten.<br />
Nur wie, das ist die große Frage.<br />
K<strong>und</strong>en wollen wertgeschätzt werden,<br />
bringt es Anne Schüller, Expertin<br />
für Loyalitätsmarketing aus München<br />
<strong>und</strong> Buchautorin, auf den Punkt.<br />
70 Prozent der K<strong>und</strong>enverluste sind<br />
auf sogenannte weiche Faktoren zurückzuführen.<br />
Weil sich ein Unternehmen<br />
nicht um das Wohlbefinden<br />
eines K<strong>und</strong>en gekümmert hatoder unfre<strong>und</strong>lich<br />
<strong>war</strong>. Weil es sich für einen<br />
Fehler nicht entschuldigt hat oder<br />
den K<strong>und</strong>en schlichtweg vergessen<br />
hat. Und nicht etwa wegen zuhoher<br />
Preise oder Produktmängel.<br />
Bleibt die Frage: Wassind solche<br />
typischen Situationen im Unternehmensalltag?<br />
Zum Beispiel, wenn der<br />
Chefkonstrukteur K<strong>und</strong>en anrufen<br />
würde,die auf K<strong>und</strong>enbefragungsbögenHinweise<br />
zu Produktverbesserungen<br />
gegeben haben. Oder wenn die<br />
Buchhaltung dem K<strong>und</strong>en dankt für<br />
prompte Zahlungsabwicklung. Oder<br />
wenn ein Service-Mitarbeiter ehrlich<br />
sagt: „Es hat mir Freude gemacht, Ihnen<br />
zu helfen.“ So ein wertschätzendes<br />
„Danke“ bekommen K<strong>und</strong>en zu<br />
selten, sagt Schüller.Auslöser fürsAbspringen<br />
ist weniger die große Rückrufaktion<br />
<strong>und</strong> die Krise, sondern der<br />
tägliche K<strong>und</strong>enkontakt. Deshalb ist<br />
es so wichtig, dassauch der Auslieferungsfahrer<br />
beim K<strong>und</strong>en vorOrt bereit<br />
ist, das dritte Stockwerk auch<br />
noch zu erklimmen –<strong>und</strong> trotzdem<br />
fre<strong>und</strong>lich bleibt.<br />
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C4| DEUSCHLANDS KUNDENORIENTIERTESTE DIENSTLEISTER<br />
MITTWOCH, 28. MAI 2008 |NR. 101<br />
Notmacht fre<strong>und</strong>lich<br />
Krankenkassen <strong>und</strong> Versicherungsunternehmen legen in Sachen Serviceenorm zu<br />
JULIA LEENDERTSE |DÜSSELDORF<br />
K<strong>und</strong>en, die beim Hotline-Anruf einer<br />
Maschine antworten müssen,<br />
sind meist schon beim Entrée bedient.<br />
Wer dann auch noch einen<br />
Call-Center-Mitarbeiter an die Strippe<br />
bekommt, der bei jeder zweiten<br />
Frage passen muss, wird diesen<br />
Dienstleister spätestens dann hassen.<br />
<strong>Deutschland</strong>s k<strong>und</strong>enorientierteste<br />
Versicherung – der Deutsche Ring<br />
Krankenversicherungsverein –<br />
würde deshalb nie auf die Idee kommen,<br />
Telefonautomaten Menschen<br />
vorzuziehen, <strong>und</strong> setzt daher nur erfahrene<br />
Versicherungskaufleute bei<br />
der K<strong>und</strong>enberatung ein. „Bei uns<br />
menschelt <strong>und</strong> k<strong>und</strong>elt es beim Service“,<br />
erzählt BernhardFürst, Servicemanagement-Chef<br />
bei Deutscher<br />
Ring Versicherungen.<br />
Der Assekuranzmanager landete<br />
mit seinem Unternehmen auf Platz<br />
drei im Gesamtranking des Wettbewerbs<br />
„<strong>Deutschland</strong>s k<strong>und</strong>enorientiertester<br />
Dienstleister 2008“. Mit seinemCredo<br />
„K<strong>und</strong>en müssen menschlich<br />
<strong>und</strong> nicht vonoben herab behandelt<br />
werden“ ist Versicherungsmanager<br />
Fürst in seiner Branche nicht der<br />
Einzige. „Kein anderer Wirtschaftszweig<br />
hat im Ranking so gut abgeschnitten<br />
wie die Versicherer <strong>und</strong><br />
Krankenkassen“, urteilt Peter Maas,<br />
Geschäftsführer des Instituts für Versicherungswirtschaft<br />
der Universität<br />
St. Gallen, der den Wettbewerb wissenschaftlich<br />
begleitete.<br />
Unter den besten 50 Dienstleistern<br />
sind 17 Versicherungen <strong>und</strong> Krankenkassen.<br />
In die TopTen schafften<br />
es vier Vertreter dieser Branche –dabei<br />
allein drei Krankenkassen. Maas:<br />
„Trotz Pflichtmitgliedschaften<strong>und</strong> rigiden<br />
Budgetvorgaben des Gesetzgebers<br />
schossen die Krankenkassen in<br />
diesem Jahr den Vogelab.“Der wachsende<br />
Notstand, der im deutschen Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />
um sich greift,<br />
macht offenbar erfinderisch <strong>und</strong> fördert<br />
die Servicequalität.<br />
Seit der Einführung der freien<br />
Krankenkassenwahl 1996 hat sich der<br />
Wettbewerb um Mitglieder massiv<br />
verschärft. Mit positiven Folgen für<br />
die Versicherten: „Früher konnte<br />
man froh sein, wenn die Krankenkasse<br />
einen Antrag genehmigte, <strong>und</strong><br />
bekam dies im Beratungsgespräch<br />
auch zu spüren. Heute dagegen zählen<br />
K<strong>und</strong>enorientierung <strong>und</strong> fre<strong>und</strong>licher<br />
Service, denn alle dürfen fast<br />
nur dieselben Leistungen gewähren“,<br />
sagt JürgenSponnagel, Vorstandsvorsitzender<br />
der Unternehmensberatung<br />
Steria Mummert Consulting.<br />
67 Prozent der Krankenkassen, die<br />
am Wettbewerb teilnahmen, antwortetenauf<br />
die Frage„HatIhr Unternehmen<br />
interne Service- <strong>und</strong> Qualitätsstandards<br />
festgelegt?“ mit „trifft voll<br />
<strong>und</strong> ganz zu“. Bei den Versicherern<br />
<strong>war</strong>en es immerhin 50 Prozent.<br />
„Beide –Krankenkassen <strong>und</strong> Versicherer<br />
–führten mit ihren Aktivitäten<br />
dabei das Feld nach eigenen Angaben<br />
an“, sagt Maas. Die K<strong>und</strong>en attestierten<br />
vor allem den Krankenkassen,<br />
dass sie sich auch nach Vertragsabschlussgut<br />
betreutfühlten. „Und das,<br />
obwohl die Mitarbeiter der Krankenkassen<br />
ihren K<strong>und</strong>en oft auch weniger<br />
Erfreuliches mitteilen müssen“,<br />
betont Maas. In den vergangenen<br />
zwölf Jahren hättenviele Krankenkassen<br />
einen erstaunlichen Mentalitätswechsel<br />
vollzogen. Weg von der<br />
Rolle des Genehmigers, der sich auch<br />
leicht hinter Paragrafen verstecken<br />
Die besten Versicherungen<br />
17 Versicherungen <strong>und</strong> Krankenkassensind<br />
unter den Top-50-Dienstleistern vertreten<br />
Rang<br />
Rang im Unternehmen<br />
Gesamtranking<br />
1 3<br />
2 6<br />
Deutscher Ring Krankenversicherungsverein<br />
Siemens Betriebskrankenkasse<br />
3 8 Techniker Krankenkasse<br />
4 9 Gmünder Ersatzkasse<br />
5 11 Barmer Ersatzkasse<br />
6 13 Direct Line<br />
7 14 AOKSchleswig-Holstein<br />
8 15 BarmeniaVersicherungen<br />
9 22 Schwenninger BKK<br />
10 24 Signal Krankenversicherung<br />
11 26 WürttembergischeVers.<br />
12 29<br />
ÖffentlicheVersicherungen<br />
Oldenburg<br />
13 36 Cosmos-Direct<br />
14 39 ÖRAG Rechtsschutzvers.<br />
15 40 AOKHessen<br />
16 46 Dialog Lebensversicherung<br />
17 49 Deutsche BKK<br />
Handelsblatt | Quelle: Faktenkontor<br />
Fotos: Nikos Kokkas/laif, Turba/zefa/Corbis (u.)<br />
Der Deutsche Ring wirbt mit seinem Slogan auf der Außenseite eines Schiffs.<br />
könnte, hin zu Servicekräften. Trotz<br />
Sparpolitik. Etwa –wie bei der Siemens-Betriebskrankenkasse<br />
–durch<br />
Beratung in Sachen Zahnersatz oder<br />
Zugang zu den besten Spezialisten<br />
für bestimmteKrankheiten.<br />
Den Umdenkungsprozessläuteten<br />
viele Kassen ein, indem sie den Mitarbeitern<br />
klarmachten, wer ihr Gehalt<br />
zahlt: die Mitglieder. Umder Belegschaft<br />
zuzeigen, wie wichtig guter<br />
Serviceist, gehen bei der Siemens -Betriebskrankenkasse<br />
(Branchenranking<br />
Platz zwei) Führungskräfte in Sachen<br />
K<strong>und</strong>enorientierung mit gutem<br />
Beispiel voran. Wenn es gilt, die<br />
Gründe einer Kündigung zu erfahren,<br />
rufen SBK-Vorstandschef Hans Unterhuber<br />
<strong>und</strong> sein Führungskader Abtrünnige<br />
selbst an. In elf Prozent der<br />
Fälle schaffen sie es gar, die Kündigung<br />
rückgängig zu machen. Auch<br />
auf Beschwerdemails <strong>und</strong> -briefeantworten<br />
die SBK-Chefs stets selbst<br />
<strong>und</strong> diskutieren alle zwei Monate mit<br />
denMitarbeitern des Beschwerdemanagements<br />
Lerneffekte aus dem Monierten.<br />
Die SBK landeteinder Kategorie<br />
„K<strong>und</strong>enorientierung des Managements“<br />
im Wettbewerb unter<br />
den 108 Bewerbern aus allen Branchen<br />
auf Platz eins.<br />
Was die Qualitätskontrolle des<br />
K<strong>und</strong>enservices angeht, gilt die Techniker<br />
Krankenkasse (Platz drei im<br />
Branchenranking) als Vorreiter. Mindestens<br />
dreimal im Jahr schreibt die<br />
Krankenkasse r<strong>und</strong> 180000 Mitglieder<br />
an, befragt sie nach ihrer Zufriedenheit<br />
<strong>und</strong> führt an allen Standorten<br />
je bis zu 50 verdeckte telefonische<br />
<strong>und</strong> persönliche Anfragen nach dem<br />
Prinzip des Mystery Shoppings<br />
durch, die danach mit den Beteiligten<br />
ausgewertet werden. Einen Sonderpreis<br />
als k<strong>und</strong>enorientiertester Lebensversicherer<br />
bekam die Dialog Lebensversicherung,<br />
die nur über Makler<br />
vertrieben wird. Beste Komposit-(Sach-)versicherung<br />
<strong>war</strong> die<br />
Württembergische.<br />
GuterService entsteht nur,wenn<br />
sichdie Mitarbeiter wohl fühlen<br />
Als bester Direktversicherer ging die<br />
Teltower Assekuranz Direct-Line aus<br />
dem Wettbewerb hervor. Statt flächendeckend<br />
über alle K<strong>und</strong>ensegmentehinwegdie<br />
Preise für KFZ-Policenzusenken,<br />
entschied sich Direct-<br />
Line für Risikosegmentierung: „Fahranfänger<br />
erhalten als Gruppe mit einer<br />
hohen Schadenshäufigkeit bei<br />
uns sicher nicht die niedrigsten Tarife“,<br />
sagt Albrecht Kiel, Vorstandschefvon<br />
Direct-Line. „Dafür sind wir<br />
bei risikoärmeren Fahrern besonders<br />
günstig.“ Etwabei Fahrern vonZweitwagen.<br />
Die schlanke Organisation<br />
des Direktversicherers erfordert ausgeklügelte<br />
Serviceprozesse. Weil Direktversicherer<br />
die Schadenfälle<br />
nicht auf dem Sofa ihrer K<strong>und</strong>en klären<br />
können, müssen sie dafür umso<br />
schneller bei dem Regulieren sein.<br />
K<strong>und</strong>enorientierter Serviceist vor<br />
allem das Ergebnis einer auf seine<br />
Nöte <strong>und</strong> Wünsche fokussierten Organisation.<br />
Damit K<strong>und</strong>en nicht von<br />
einer Abteilung zur anderen geschubst<br />
werden, entschied sich der<br />
Deutsche Ring, das Silodenken konsequent<br />
zu bekämpfen: Die Assekuranz<br />
hatnur vier Vorstandsressorts eingerichtet:<br />
Der Vorstandsvorsitzende<br />
Wolfgang Fauter kümmert sich um<br />
die Unternehmenssteuerung, daneben<br />
gibt es einenVertriebsvorstand,<br />
einen für K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> einen für Produkte<br />
– anders als in der Branche<br />
sonst üblich, wirdnicht nach Sachgebieten<br />
wie Lebens-, Kranken- oder<br />
Sachversicherung unterschieden.<br />
Der Vorteil: Der K<strong>und</strong>e kann stets<br />
aus einer Hand bedient werden. Auf<br />
Informationen, wann er den letzten<br />
Kontakt zur Versicherung hatte,können<br />
per EDV alle Mitarbeiter zugreifen.<br />
Diese transparenteForm des K<strong>und</strong>enservices<br />
macht erst eine ganzheitliche<br />
Betreuung möglich.<br />
Der Deutsche Ring arbeitete zudem<br />
daran, dass die Mitarbeiter sich<br />
mit ihrer Dienstleisterrolle starkidentifizieren.<br />
Offensichtlich mit Erfolg.<br />
Maas: „96 Prozent der K<strong>und</strong>en nennen<br />
in unseren Umfragen die Mitarbeiter<br />
des Deutschen Ring Krankenversicherungsvereins<br />
fre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong><br />
68 Prozent sogar überaus fre<strong>und</strong>lich.“<br />
K<strong>und</strong>enorientierter Service setzt<br />
aber vor allem voraus, dass die eigenen<br />
Mitarbeiter sich wohlfühlen <strong>und</strong><br />
regelmäßig voneinem Coach betreut<br />
werden. „<strong>Das</strong> Schwerste an der Hotline-<strong>Arbeit</strong><br />
ist, den ganzen Tagfre<strong>und</strong>lich<br />
zu bleiben, obwohl man permanent<br />
fremdgesteuert ist <strong>und</strong> ständig<br />
auf anderereagieren muss“, erläutert<br />
K<strong>und</strong>enorientierungsprofi Maas.<br />
„Der Deutsche Ring Krankenversicherungsverein<br />
wirkt solchen Überforderungen<br />
der Mitarbeiter entgegen, indem<br />
er konsequent dafür sorgt, dass<br />
sie nicht den ganzen TagamTelefon<br />
verbringen, sondern zwischen Hotline<br />
<strong>und</strong> Mail <strong>und</strong> schriftlicher Bearbeitung<br />
rotieren.“ Mindestens zwei<br />
St<strong>und</strong>en pro Monat werden die 150<br />
Mitarbeiter des Servicemanagements<br />
des Deutschen Rings von einem<br />
erfahrenen Kollegen beraten<br />
<strong>und</strong> trainiert, der mit jedem einzelnen<br />
Verbesserungsmöglichkeiten bespricht.<br />
Wermit Menschen umgeht,<br />
die krank sind, die ihren Vaterins Pflegeheim<br />
geben müssen oder gerade einen<br />
Angehörigen verloren haben,<br />
braucht Fachkenntnisse, vor allem<br />
aber viel Einfühlungsvermögen.<br />
Wenn Mitarbeiter über die<br />
eigene Firma jammern<br />
K<strong>und</strong>enloyalität spiegelt Mitarbeiterloyalität zum Unternehmen<br />
CLAUDIA TÖDTMANN |DÜSSELDORF<br />
Kennen Siediese Marotte? Siehaben<br />
eine Frage oder eine Bitte an einen<br />
Servicemitarbeiter eines Unternehmens<br />
–doch statterlösender Hilfebekommen<br />
Sie einen ellenlangen Vortrag<br />
gehalten. Über irgendwelche firmeninternen<br />
Spielregeln. <strong>Das</strong>s das<br />
nicht geht, was Sie gerade wollen<br />
<strong>und</strong> vor allem, <strong>war</strong>um nicht. Im Detail<br />
<strong>und</strong> minutenlang. Der Mensch ist<br />
kaum zu stoppen. Nur, IhreZeit geht<br />
flöten <strong>und</strong> obendrein haben Siereinweggar<br />
nichts davon.<br />
Wiesich ein Unternehmen organisiert,<br />
ist seine Sache. Wie esdas im<br />
Einzelnen macht, das kann <strong>und</strong> will<br />
kein K<strong>und</strong>e so genau wissen. Musser<br />
ja auch nicht. Geschäftspartner, Auftragnehmer<br />
oder K<strong>und</strong>en möchten<br />
nur eins: dass der Kontakt mit der<br />
Firma gutfunktioniert. Denn interessant<br />
ist nur, was unterm Strich herauskommt.<br />
<strong>Das</strong> mag hart klingen,<br />
aber Business ist Business <strong>und</strong> keine<br />
Plauderst<strong>und</strong>e. Und hält im Geschäftsleben<br />
eine Seite die Spielregeln<br />
nicht ein, sondern stiehlt dem<br />
anderen obendrein die Zeit <strong>und</strong><br />
treibt ihn auch noch auf Telefonkosten,<br />
nur um die eigene Desorganisation<br />
lang <strong>und</strong> breit zu erklären, das<br />
ist an sich schon frech. Hat diese Tirade<br />
aber nicht mal das Ziel, sich bei<br />
dem K<strong>und</strong>en für das abgelehnte Begehr<br />
zu entschuldigen, sondern im<br />
Gegenteil, wie selbstverständlich<br />
auch noch Verständnis einzufordern,<br />
so ist das unverfroren.<br />
Manche Probleme sind tatsächlich<br />
in der Organisation der Firma<br />
schon angelegt <strong>und</strong> quälen Mitarbeiter<br />
<strong>und</strong> K<strong>und</strong>en gleichermaßen. Ein<br />
Beispiel sind K<strong>und</strong>ennummern. Alle<br />
Firmen nummerieren heute ihreK<strong>und</strong>en<br />
durch. Und anschließend geht<br />
ohne diese Nummer garnichts mehr.<br />
Bei manchen, insbesondere bei<br />
Online-Anbietern, kann man ohne<br />
Nummer nicht mal eine Bestellung<br />
loswerden. Etliche Firmen verteilen<br />
im Nummernrausch ein <strong>und</strong> derselben<br />
Person oder Firma immer neue<br />
K<strong>und</strong>ennummern. Wohl weil der<br />
Sachbearbeiter am Telefon bei der<br />
Bestellannahme auf diesem Weg<br />
technische Hürden überwinden<br />
kann –den Ärger oder den Schaden<br />
hat dann aber der K<strong>und</strong>e: Wenn er<br />
die Rechnung bezahlt hat, ihm die<br />
Überweisung aber nicht zugeordnet<br />
wird <strong>und</strong> er munter gemahnt wird.<br />
Weil es ihn für die Firma ja drei Mal<br />
gibt. Bezahlt hatsozusagen ein anderer<br />
–den man aber trotzdem noch<br />
langenicht benachrichtigt, dassergezahlt<br />
hat, ohne es zu müssen. Und<br />
weil die K<strong>und</strong>en- oder Rechnungsnummer<br />
nicht zugeordnet werden<br />
kann, ist der eingegangene Betrag<br />
aus Sicht der Firma quasi herrenlos, –<br />
sie behält das Geld aber trotzdem.<br />
Der Mega-Gau<br />
der Dienstleistung<br />
Und was glauben Sie, wer alles entwirren<br />
muss, wenn er trotz seiner<br />
Zahlung gemahnt wird? Richtig, der<br />
K<strong>und</strong>e in einem halbstündigen Telefonatmit<br />
einem Buchhalter.Der ihm<br />
natürlich im Detail erklärt, <strong>war</strong>um<br />
das alles so sein muss–siehe oben.<br />
K<strong>und</strong>enorientierungsprofi Peter<br />
Maas von der Universität St. Gallen<br />
berichtet noch Drastischeres: Wenn<br />
Mitarbeiter rausplatzen: „Wenn Sie<br />
wüssten, washier los ist“, –<strong>und</strong> dann<br />
loslegen. <strong>Das</strong> ist der „Mega-Gau der<br />
Dienstleistung“, sagt Maas.<br />
Praktizierte K<strong>und</strong>enverachtung<br />
geschieht an den unauffälligsten<br />
Schnittstellen zum K<strong>und</strong>en. Wenn<br />
etwa ein Bankberater in Urlaub geht<br />
<strong>und</strong> seine K<strong>und</strong>en fortan nur die automatische<br />
Mail-Antwort bekommen:<br />
„Ich bin in Urlaub, <strong>und</strong> niemand<br />
sieht diese Mail.“ Ohne Angabe eines<br />
Vertreter-Namens oder einer Telefonnummer,<br />
ohne eine Mail-Weiterleitung.<br />
Eine wahre Freude für alle,<br />
die eine Terminsache erledigt haben<br />
wollten. Merkwürdig nur, dass keinem<br />
Kollegen oder Chef so eine Abwesenheitsmeldung<br />
auffällt –<strong>und</strong> sie<br />
sofort stoppen lässt.<br />
Genau daran aber lässt sich viel<br />
über den Zustand eines Betriebes ablesen.<br />
<strong>Das</strong>seskeinem die Sache wert<br />
ist, einzuschreiten. Dem guten Ruf<br />
der Firma zuliebe. Oder aus Loyalität<br />
zum <strong>Arbeit</strong>geber. Maas bringt es auf<br />
den Punkt: „K<strong>und</strong>enloyalität ist immer<br />
ein Spiegelbild der Mitarbeiterloyalität<br />
zum Unternehmen.“ Und<br />
wer als Mitarbeiter schlecht behandelt<br />
wird, der kann auch nicht empfänglich<br />
sein für K<strong>und</strong>enbelange.<br />
Mitarbeit: Gabriele Schlegel<br />
Ein K<strong>und</strong>e verzweifelt: Telefonate mit umständlichen Mitarbeitern, die frustriert<br />
sind über ihren <strong>Arbeit</strong>geber, rauben den letzten Nerv.<br />
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MITTWOCH, 28. MAI 2008 |NR. 101 DEUSCHLANDS KUNDENORIENTIERTESTE DIENSTLEISTER<br />
|C5<br />
Wo K<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Berater dasselbe Hobby teilen<br />
HamburgerPrivatbank Conrad HinrichDonner schneidetals Zweiter im Dienstleister-Ranking ab –Viele Wettbewerber arbeiten produkt- stattk<strong>und</strong>enorientiert<br />
CLAUDIA TÖDTMANN |DÜSSELDORF<br />
Die besten Finanzdienstleister<br />
Montagsfrüh kommt der Marschbefehl.<br />
Dann ordnet die Zentrale für die<br />
Bankberater landauf landab an: „Jetzt<br />
haben wir Rohstoff–Fond-Woche.<br />
Oder die Goldwoche“, erzählt Peter<br />
Maas, Lehrstuhlinhaber <strong>und</strong> K<strong>und</strong>enorientierungspexperteander<br />
Universität<br />
St. Gallen. Und dann sind diese<br />
Bankprodukte inden nächsten fünf<br />
Tagen auf Teufel komm raus an den<br />
K<strong>und</strong>en zu bringen. Vergleichbar ist<br />
diese Taktik mit Kellnern, die dem<br />
Gast sagen, „neben der Karte habe<br />
ich noch einen Tipp –heute haben<br />
wir noch Loup de Mer, den kann ich<br />
Ihnen empfehlen“. Für den Gast das<br />
sichere Signal: <strong>Das</strong> Zeug muss weg,<br />
sonst wird´s schlecht. Die Fürsorglichkeit<br />
fürs leibliche Gastwohl ist<br />
nur vordergründig, tatsächlich geht<br />
es um die Gewinnmaximierung des<br />
Gastwirts.<br />
Mit einem Unterschied: Die Karriere<br />
des Kellners hängt nicht davon<br />
ab,wie viel er kurz vordem Verfallsdatum<br />
verkauft. Die meisten Großbanken<br />
jedoch geben ihren Leutenan<br />
der Filialen-Front haarklein vor, wie<br />
viel jeder pro Woche von welchem<br />
Produkt loschlagen muss. Ganz egal,<br />
ob es für den K<strong>und</strong>en vorteilhaft ist<br />
oder nicht. Und: „Egal, ob dadurch<br />
ein gescheites Portefeuille durcheinander<br />
gewirbelt wird“, weiß Maas.<br />
Werdie Vorgaben verfehlt, scheint<br />
Minuspunktefür die Karrierezukassieren.<br />
So berichtet ein Firmenchef<br />
aus Düsseldorf von seinem Banker,<br />
der ihn anbettelte, ihm doch sofort<br />
ein bestimmtes Papier abzukaufen.<br />
„Kloppen <strong>und</strong> pushen ist die Devise“,<br />
ist Maas’ Fazit. Er resümiert: „Bei<br />
Banken ist Produkt- <strong>und</strong> nicht K<strong>und</strong>enorientierung<br />
die Maxime. Ihre<br />
Strategie geht von innen nach außen<br />
stattumgekehrt.“ Weraber alles mögliche<br />
an jeden verhökert <strong>und</strong> Kollateralschäden<br />
in Kauf nimmt, torpediert<br />
mit dieser kurzfristigen Denke die<br />
langfristigeK<strong>und</strong>enbindung.<br />
Gemessen an ihrer Gesamtzahl<br />
Foto: PR<br />
Blick aus einem Beratungsraum der Privatbank Conrad Hinrich Donner in Hamburg.<br />
sind im Ranking des Wettbewerbs<br />
„<strong>Deutschland</strong>s k<strong>und</strong>enorientiertester<br />
Dienstleister“ von Steria Mummert<br />
Consulting, der Universität St.<br />
Gallen, der Agentur Service-Rating<br />
<strong>und</strong> dem Handelsblattrelativwenige<br />
Geldhäuser vertreten, die sich auf<br />
den Prüfstand wagten. Die Conrad<br />
Hinrich Donner Bank (Platz zwei)<br />
<strong>und</strong> die Bausparkasse Schwäbisch<br />
Hall (Platz vier)zählen zu den einsamen<br />
Rufern in der <strong>Servicewüste</strong>. Anders<br />
als Finanzdienstleister wie beispielsweise<br />
Plansecur (Platz 16),<br />
MLP (Platz 31) oder AWD(Platz 34),<br />
denen es sehr wohl gelingt, K<strong>und</strong>ensegmentezubilden<br />
<strong>und</strong> die auch unterschiedlich<br />
wendig zu bedienen.<br />
Verantwortlich dafür dürften die<br />
Restrukturierungen <strong>und</strong> die Entlassungswellen<br />
der Banken sein. Die hattenzur<br />
Folge, dassimmer weniger Mitarbeiter<br />
immer mehr K<strong>und</strong>en betreuen<br />
–<strong>und</strong> gleichzeitig im harten<br />
Wettbewerb nach vorn drängen sollten.<br />
Zudem scheitern sie beim Ringen<br />
um K<strong>und</strong>enzufriedenheit oft anihrer<br />
eigenen Unternehmenskultur,berichtenInsider.Sie<br />
haben häufig eine Kultur<br />
der gegenseitigen Schuldzuweisung,<br />
die bewirkt, dass K<strong>und</strong>en bei<br />
Problemen abgewimmelt <strong>und</strong> Vorgängeunter<br />
den Teppich gekehrt werden.<br />
Ein solches Verhalten konterkariert<br />
ein effizientes Beschwerdemanagement.<br />
Doch der Wind scheint zu<br />
drehen: Auch Großbanken wollen<br />
nun dafür sorgen, dass Mitarbeiter<br />
künftig mehr Zeit für Beratungsgespräche<br />
<strong>und</strong> dafür weniger administrative<br />
Pflichten haben.<br />
Jede Beschwerde muss innerhalb<br />
vonvier Tagenbearbeitet werden<br />
Die Privatbank Conrad Hinrich Donner<br />
in Hamburg hat solche Probleme<br />
nicht. Sie schaffte esauf den zweiten<br />
Platz, nachdem sie im Vorjahr noch<br />
auf Platz acht <strong>war</strong>. Wissenschaftler<br />
Maas urteilt: „Die Donner Bank hat<br />
ihre Erkenntnisse aus dem vergangenen<br />
Jahr systematisch aufgearbeitet,<br />
nachdem sie fünf Themenbereiche<br />
ausgemacht hatte, indenen sie sich<br />
verbessern wollte.“<br />
„Unsere Kultur ist, die Sehnsucht<br />
zu haben, besser zu sein“, sagt Marcus<br />
Vitt,Vorstand der Donner Bank. Und:<br />
„Entscheidend ist die Langfristigkeit,<br />
das mussjeder Mitarbeiter inhalieren.<br />
K<strong>und</strong>enschw<strong>und</strong> können wir uns<br />
nicht leisten.“ Vitts Ziel ist, alle internen<br />
Prozesse auf K<strong>und</strong>enorientierung<br />
auszurichten. Etwa die Standardisierung<br />
des Beschwerdemanagements.<br />
„Wer sich beschwert, zeigt, dass er<br />
Vertrauen zu uns hat“, interpretiert<br />
Vitt. Bei Donner muss jeder K<strong>und</strong>e<br />
auf seine Beschwerde invier Tagen<br />
eine verbindliche Antwort bekommen.<br />
Jede Beschwerde muss zudem<br />
nicht nur beim Vorstand auf den<br />
Tisch kommen, sondern auch bei den<br />
entsprechenden Führungskräften.<br />
„Damit wir den Workflowverbessern<br />
können“, erläutert Vitt.„Denn es darf<br />
nicht so sein, dassder Mitarbeiter das<br />
Gefühl hat, dassihm jetzt der Chef im<br />
Nacken sitzt.“ Ein gutgehändeltes Beschwerdemanagement<br />
erhöht die K<strong>und</strong>enbindung<br />
enorm. Maas weiß: „Wer<br />
sich beschwert <strong>und</strong> daraufhin zufrieden<br />
gestellt wird, ist loyaler als derjenige,<br />
der keine Panne erlebt habt.“<br />
UndVittmacht die Erfahrung, dass<br />
sich K<strong>und</strong>en wertgeschätzt fühlen<br />
<strong>und</strong> helfen, die <strong>Arbeit</strong> ihrer Bank zu<br />
verbessern. Donner lädt K<strong>und</strong>en ein,<br />
bei Focus-Gruppen mit Donner-Mitarbeitern<br />
sowie Unternehmensberatern<br />
mitzumachen. Ob die nicht viel zu beschäftigt<br />
sind, um ihre Zeit zu opfern<br />
13 Kreditinstitute, Vertriebsgesellschaften<br />
<strong>und</strong> Bausparkassensind unter den Top-50-<br />
Dienstleistern vertreten<br />
Rang<br />
Rang im Unternehmen<br />
Gesamtranking<br />
1 2 Conrad Hinrich Donner Bank<br />
2 4 Bausparkasse Schwäbisch Hall<br />
3 12 LufthansaAir Plus<br />
4 16<br />
Plansecur Finanzdienstleistungs-GmbH<br />
5 21 Impuls FinanzmanagementAG<br />
6 23 Sparda-Bank Berlin<br />
7 28 Signal Iduna Bauspar<br />
8 31 MLP<br />
9 32 Wüstenrot Bausparkasse<br />
10 34 AWD<br />
11 38 Union Investment Privatfonds<br />
12 43 Deutsche Kreditbank<br />
13 48 Citibank Privatk<strong>und</strong>en<br />
Handelsblatt | Quelle: Faktenkontor<br />
für die internen Probleme ihrer Bank?<br />
„Ich habe noch nie eine Ablehnung bekommen,<br />
im Gegenteil. Die gefragten<br />
K<strong>und</strong>en freuten sich, dass Sie Gehör<br />
finden <strong>und</strong> mitreden dürfen.“<br />
Was den K<strong>und</strong>en anspricht, das<br />
weiß ein Donner-Berater nämlich gut.<br />
„Für Neuk<strong>und</strong>en suchen wir den Berater,<br />
der auch zu der entsprechenden<br />
Persönlichkeit passt. <strong>Das</strong> kann über<br />
ein gemeinsames Hobby wie Segeln<br />
oder die Liebe zu Oldtimern gehen,<br />
aber ebenso das Temperament oder<br />
soziales Engagement“, erzählt Vitt.<br />
Bei 50Beratern für 6000 K<strong>und</strong>en ist<br />
das für Donner denn auch noch eher<br />
zu überblicken, als für Großbanken.<br />
<strong>Das</strong>s K<strong>und</strong>en nach Straßenzügen<br />
oder Alphabet kurzerhand einem Berater<br />
zugeschlagen werden, darf bei<br />
Donner nicht passieren. Unddas sind<br />
denn auch Punkte, die K<strong>und</strong>en ihrem<br />
Geldinstitut auch nicht verzeihen.<br />
Wenn sie von heute auf morgen wieder<br />
einem neuen Berater ausgesetzt<br />
sind: sei es wegen Fluktuation oder<br />
weil –wie die Dresdner Bank –einfach<br />
alle K<strong>und</strong>en von heute auf morgenmal<br />
so eben anderen Beratern zugeordnet<br />
werden.<br />
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C6| DEUSCHLANDS KUNDENORIENTIERTESTE DIENSTLEISTER<br />
MITTWOCH, 28. MAI 2008 |NR. 101<br />
„Was verstehen Sie unter K<strong>und</strong>enorientierung?“<br />
Handelsblatt befragtsieben Chefsrenommierter Werbeagenturen über ihreganz persönliche Meinung<br />
Wann verhält sich ein Unternehmen k<strong>und</strong>engerecht –<strong>und</strong> wann ist<br />
genau das Gegenteil der Fall?<strong>Das</strong> Handelsblatt stellt sieben ausgewiesenen<br />
Experten der Kommunikation diese Frage. In weiten Teilen<br />
herrscht Einigkeit unter den Agenturchefsbei der Beantwortung: K<strong>und</strong>enorientierungist<br />
dann gegeben, wenn eine Firma ihreK<strong>und</strong>en so behandelt,<br />
als wäreerder einzigeK<strong>und</strong>e. Und: Wenn die Firma Dinge<br />
für ihn tut, die er eigentlich garnicht er<strong>war</strong>tet hat. Undnicht zuletzt:<br />
Wenn eine Firma transparent ist. Längst nicht alle Unternehmen sind<br />
an diesem Punkt angekommen –ein Werber meint deshalb,hier<br />
schlummereein Riesenmarkt. Interessant: Gleich drei Agenturchefs<br />
sehen in der Lufthansaein gutesBeispiel für K<strong>und</strong>enorientierung.<br />
LOTHAR<br />
LEONHARD<br />
Chairman<br />
Ogilvy &Mather<br />
K<br />
<strong>und</strong>enorientierung heißt, sich<br />
an den Bedürfnissen des K<strong>und</strong>en<br />
zu orientieren: das Versprochene<br />
einzuhalten, für Fehler geradezustehen,<br />
für Hilfestellungen verfügbarzusein<br />
<strong>und</strong> nicht mit Marketingschnickschnack<br />
herumzufuchteln,<br />
der nur das Anschlussgeschäft sucht.<br />
Und, wenn Marke <strong>und</strong> Angebot in<br />
Ordnung sind, sind auch Selbstbewusstsein<br />
<strong>und</strong> das Aufzeigen von<br />
Grenzen wichtig.<br />
Ein sehr gutesBeispiel sehe ich in<br />
der Lufthansa. Was hier bei einem<br />
Umfang mit Millionen von K<strong>und</strong>enkontakten<br />
geleistet wird, ist vorbildlich.<br />
Allein die Check-in-Modalitätensuchen<br />
ihresgleichen.<br />
HOLGER<br />
JUNG<br />
Mitinhaber<br />
Jung von Matt<br />
U<br />
nter K<strong>und</strong>enorientierung verstehe<br />
ich die Fähigkeiten, genau<br />
dann für K<strong>und</strong>en da zu sein <strong>und</strong> unkompliziert<br />
helfen zu können, wenn<br />
er diese Hilfebraucht. Also bei Problemen<br />
mit den Produkten, die ich ihm<br />
als Unternehmen oder Marke verkaufthabe.<br />
Diese Hilfe ist heute bei einem<br />
technischen Gerät oder einer technischen<br />
Dienstleistung wichtiger denn<br />
je. Denn werhat sich nicht schon die<br />
Haare gerauft bei der Installation<br />
von neuer Soft<strong>war</strong>e, beim Aufbau<br />
o der der Koordination diverser unterhaltungselektronischer<br />
Geräte oder<br />
beim Zusammenbau von anspruchsvolleren<br />
Gartenmaschinen?<br />
Inzwischen mache ich mir als Verbraucher<br />
fast schon mehr Gedanken,<br />
ob bei dem Kauf eines Produktes der<br />
After-Sales-Service funktionieren<br />
könnte. BeiZweifeln mache ich dann<br />
lieber einen Rückzieher, soattraktiv<br />
das Produkt auch sein mag.<br />
Aber wenn man zum Beispiel erstmal<br />
darauf angewiesen ist, auf eine<br />
0800er Telefonnummer zurückgreifenzumüssen,<br />
dann ist man rettungslos<br />
verloren. ZumBeispiel bei der Telekom,<br />
das kann St<strong>und</strong>en dauern, bis<br />
man einen ofthilflosen Ratschlag bekommt,<br />
der einem überhaupt nicht<br />
weiterhilft. Und nur die Tatsache,<br />
dass esbei den meisten Wettbewerbern<br />
nicht anders sein wird, hält einen<br />
dann noch bei der Markenstange.<br />
Oder wer mal bei einer eiligen<br />
Flugumbuchung feststellen muss,<br />
dass diese oder jene Fluggesellschaft<br />
neudeutsch „a LOTroom forimprovement“<br />
hat, greiftdann erleichtert wiederauf<br />
die „Lusthansa“ zurück.<br />
Es geht also,esist nur mit immensen<br />
Anstrengungen verb<strong>und</strong>en. Die<br />
sich aber lohnen, denn der After-<br />
Sales-Serviceist ein immanenter Teil<br />
der gesamten Produktentwicklung.<br />
<strong>Das</strong> hatsich nur noch nicht genügend<br />
herumgesprochen –oder ist zu einer<br />
klischeehaftenAttitüde verkümmert.<br />
ANDREAS<br />
GEYR<br />
CEO<br />
Euro RSCG<br />
Ein Fluggast am Check-in-Schalter der Lufthansa: Die Fluglinie überzeugt mit ihrer K<strong>und</strong>enorientierung.<br />
U<br />
nter K<strong>und</strong>enorientierung verstehe<br />
ich eine konsequenteAusrichtung<br />
an den tatsächlichen <strong>und</strong> relevanten<br />
Bedürfnissen des Verbrauchers.<br />
Ein wichtiger Aspekt vonK<strong>und</strong>enorientierung<br />
ist meines Erachtens<br />
die Transparenz, die mir das jeweilige<br />
Unternehmen anbietet. Ein<br />
sehr gutes Beispiel hierfür ist die<br />
noch jungeQuirin Bank. In Zeiten turbulenter<br />
Finanzmärkte, in denen<br />
viele Verbraucher auch aufgr<strong>und</strong><br />
schlechter Beratung viel Geld verloren<br />
haben, ist das Serviceversprechen<br />
„Wir machen nur Gewinn, wenn<br />
SieGewinn machen“ extrem stark. Jeder<br />
Bankk<strong>und</strong>e kennt doch das mulmigeGefühl,<br />
dassder Bankberater offenbar<br />
nur das Produkt verkauft, bei<br />
dem für ihn die höchste Provision<br />
rausspringt. Eine Bank, die mir die<br />
Provision aber sofort zurückzahlt<br />
<strong>und</strong> nur dann an der Vermögensverwaltung<br />
verdient, wenn ich Gewinn<br />
mit ihr mache,bezeichne ich als mustergültigeK<strong>und</strong>enorientierung.<br />
Ichdenke, dassviele deutsche Unternehmen<br />
in der K<strong>und</strong>enorientierung<br />
einen extremen Nachholbedarf<br />
haben. <strong>Das</strong> bedeutet im Umkehrschluss,<br />
dass hier ein Riesenmarkt<br />
<strong>war</strong>tet. Ein Beispiel: Alle großen Supermarktketten<br />
geben erhebliche<br />
Werbegelder aus, um K<strong>und</strong>en in ihre<br />
Märkte zulocken. Warum investiert<br />
man nicht einen Teil dieser Millionenausgaben,<br />
um den Service der<br />
Märkte zuverbessern? Eine Supermarktkette,<br />
die beispielsweise mit<br />
dem Serviceversprechen wirbt „Wir<br />
packen ihren Einkauf ein <strong>und</strong> bringen<br />
ihn zu ihrem Auto“, wird deutlich<br />
besser punkten als mit austauschbaren,<br />
belanglosen Werbeversprechen.<br />
TILL<br />
WAGNER<br />
COO<br />
JWT Germany<br />
D<br />
er wichtigsteGr<strong>und</strong>satzeines Unternehmers(<strong>und</strong><br />
aller seiner Mitarbeiter)<br />
ist die Nähe zum K<strong>und</strong>en.<br />
Seine Bedürfnisse <strong>und</strong> Wünsche müssen<br />
erfüllt werden. Darum geht es. Für<br />
viele ist der K<strong>und</strong>e aber ein nervender<br />
Störenfried. Er ist schwer berechenbar,<br />
er nervt, <strong>und</strong> am Ende will er auch<br />
noch gute Produkte, die funktionieren<br />
(oder schmecken –oder garbeides).<br />
Am Ende bekommt man sein Gehalt<br />
aber nie vom Chef, sondern immer<br />
vom K<strong>und</strong>en. Werdas nicht versteht,<br />
hat schon verloren. Was ein K<strong>und</strong>e<br />
wirklich will, sind drei Dinge (wie immer<br />
im Leben): erstens Service, zweitens<br />
Service, drittens Service.<br />
Gerne illustriere ich das mit einer<br />
wahren Geschichte: An der A3 gibt es<br />
verdammt viele Autobahnraststätten.<br />
Eine davon ist mir aufgefallen, weil<br />
dort immer Hochbetrieb herrscht, an<br />
den beiden anderen aber, die nicht<br />
mehr als zehn Kilometer entfernt sind,<br />
nie. Ich habe das Glück gehabt, bei einem<br />
meiner Stopps dort mit dem Pächterzusprechen.<br />
Ichhabe die Gelegenheit<br />
genutzt <strong>und</strong> ihn gefragt, <strong>war</strong>um er<br />
so tollen Umsatz macht <strong>und</strong> die anderen<br />
eben nicht. Er hat gesagt: „Wir<br />
sind nicht im gleichen Geschäft tätig<br />
wie die anderen. <strong>Das</strong> sind Tankstellen,<br />
wir sind ein Serviceunternehmen. Die<br />
anderen denken <strong>und</strong> behandeln ihre<br />
K<strong>und</strong>en, als kämen die nie wieder.Wir<br />
behandeln alle unsere K<strong>und</strong>en wie<br />
Stammk<strong>und</strong>en.“<br />
Dann hat er mir gezeigt, wassie anders<br />
machen: Alle K<strong>und</strong>en gehen zuerst<br />
auf die Toilette. Die an „meiner“<br />
Tankstelle ist wirklich picobello. Mit<br />
Desinfektionstechnik! Sicher nicht<br />
ganz billig, aber der Pächter hat festgestellt:<br />
Werauf einer sauberen Toilette<br />
<strong>war</strong>, der kauft auch Speisen <strong>und</strong> Getränke.<br />
Aber nur dann! Es ist nach seiner<br />
Aussage übrigens total egal, was<br />
Fotos: action press (2), Visum, PR (3), Euro RSCG, ullstein bild<br />
e ine Cola kostet. Wenn sie denn schön<br />
kalt ist. Darauf achtet er.Oder auf den<br />
besten Kaffee, denn die Trucker kennen<br />
sich damit verdammt gutaus <strong>und</strong><br />
kommen wegenseines Kaffees immer<br />
wieder. Oder seine Bockwürste. Bio-<br />
Bockwürste. Allererste Sahne. Es gibt<br />
bereits Pilgerfahrten an diese Tankstelle<br />
wegen dieser Bockwürste. Unglaublich.<br />
Und das alles, weil er sich<br />
als Serviceunternehmen versteht <strong>und</strong><br />
er weiß, dassK<strong>und</strong>en, die gutbedient<br />
wurden <strong>und</strong> sich wohlfühlen, auch<br />
wiederkommen. Auch (oder gerade?)<br />
an eine Autobahntankstelle. Ichjedenfalls<br />
halte daimmer. Und wer wissen<br />
will, wo es den besten Service gibt:<br />
Stoppen Sie mal an der Shell an der<br />
A3 in Bad Camberg. Sie werden sich<br />
schon beim ersten Mal als Stammk<strong>und</strong>e<br />
fühlen. Undnicht neidisch auf<br />
den Mercedes des Pächters gucken.<br />
Den hat er sich verdient.<br />
Am Ende ist es ganz einfach: Es gibt<br />
Unternehmen, die einem schon in der<br />
ersten Sek<strong>und</strong>e das Gefühl geben, dass<br />
man sie mit seinem Anliegen stört.<br />
Egal, ob das ein kleiner Modeladen ist,<br />
in dem man ignoriert oder gar schief<br />
angeguckt wird, oder ob es das Call-<br />
Center eines Multis ist. Unddann gibt<br />
es die Unternehmen, die lächeln. Und<br />
ein Lächeln ist immer noch die beste<br />
Abkürzung in jedes Portemonnaie!<br />
FLORIAN<br />
HALLER<br />
Geschäftsführer<br />
Serviceplan-Gruppe<br />
I<br />
ch denke, dass K<strong>und</strong>enorientierung<br />
im modernen Sinne als ganzheitliche<br />
Markenerfahrung, als<br />
„brand experience“ beschrieben wird.<br />
Ich meine damit die Summe aller Erfahrungen,<br />
die ein (potenzieller)<br />
K<strong>und</strong>e mit einer Marke macht. Ein<br />
konkretes Beispiel: Lufthansa hat in<br />
den vergangenen Jahren enorme Anstrengungen<br />
unternommen, um ihr<br />
Markenversprechen „there isnobetter<br />
way to fly“ zu einem erfahrbaren<br />
Konzept auszubauen. Angefangen<br />
von eigenen Terminals, in denen den<br />
Passagieren eine eigene Welt gebaut<br />
wurde, über ganz dezidierteSchulungendes<br />
Luft-<strong>und</strong> Bodenpersonals bis<br />
hin zum Musikdesign onboard. Die<br />
Folge: Der ehemals vielgescholtene<br />
Kranich wurde 2008 von der GfK zur<br />
stärksten Unternehmensmarke<br />
<strong>Deutschland</strong>s gekürt. Ein weiteres gutes<br />
Beispiel für ein „Brand experience“-Konzept<br />
ist Starbucks.<br />
ERCAN<br />
ÖZTÜRK<br />
CEO<br />
Springer &Jacoby<br />
G<br />
uter Serviceist für mich ganz einfach:<br />
Service soll mir das Leben<br />
erleichtern <strong>und</strong> so angenehm wie möglich<br />
machen!<br />
<strong>Das</strong> ist als Erstes Fre<strong>und</strong>lichkeit<br />
<strong>und</strong> Kontinuität: <strong>Das</strong> heißt, ich<br />
möchte einen Ansprechpartner, der<br />
mich über einen längeren Zeitraum begleitet<br />
<strong>und</strong> der mich mit meinem Namen<br />
anspricht <strong>und</strong> den ich erreichen<br />
kann.<br />
Zweitens: Flexibilität: <strong>Das</strong> heißt, Kommunikation<br />
findet dann statt, wenn<br />
ich Zeit <strong>und</strong> Ruhe habe.<br />
Drittens: Unaufdringlichkeit: <strong>Das</strong><br />
heißt, kein Verkaufsprofiauf der anderen<br />
Seite, der mir permanent etwas<br />
verkaufen will.<br />
Viertens: Aufrichtigkeit: <strong>Das</strong> heißt,<br />
auf Vorteile (neue Tarife, Preise usw.)<br />
aufmerksam machen <strong>und</strong> dies für<br />
mich zu erledigen.<br />
Fünftens: Klarheit <strong>und</strong> Transparenz.<br />
Sechstens: Assistenz für meine Belange.<br />
ULI<br />
VEIGEL<br />
CEO<br />
Grey-Gruppe<br />
E<br />
rstens: K<strong>und</strong>enorientierung ist,<br />
etwas für den K<strong>und</strong>en zu tun,<br />
wasman nicht muss<strong>und</strong> wasernicht<br />
er<strong>war</strong>tet.<br />
Zweitens: Den K<strong>und</strong>en nicht als Käufer,<br />
sondern als Teammitglied, im Sinne<br />
vonServiceoptimierung, zu sehen.<br />
Drittens: Mitarbeiter spüren zu lassen,<br />
wie K<strong>und</strong>en sich fühlen.<br />
Viertens: Jeden K<strong>und</strong>en so zu behandeln,<br />
als wäreerder einzigeK<strong>und</strong>e.<br />
Die Frage stellte Catrin Bialek.<br />
Neue Siegel an Dienstleister<br />
Preisverleihung fand Montagabend in Hamburgstatt<br />
Fotos: Jens W<strong>und</strong>erlich<br />
Festakt: Frank Horch,<br />
Präsident der Handelskammer<br />
Hamburg hält<br />
eine Laudatio (Foto<br />
oben).<br />
Peter Maas von der Universität<br />
St. Gallen freut<br />
sich mit den Preisträgern:<br />
Jens Geldmacher,<br />
Vorstand Deutscher<br />
Ring Krankenversicherungsverein,<br />
Marcus<br />
Vitt, Vorstand Conrad<br />
Hinrich Donner Bank sowie<br />
Henning Koopmann,<br />
Geschäftsführer des Versandhauses<br />
Quelle (von<br />
links nach rechts)<br />
HAMBURG. In dem geschichtsträchtigen<br />
Börsensaal der Handelskammer<br />
Hamburg fand am Montagabend<br />
die Preisverleihung des Wettbewerbs<br />
„<strong>Deutschland</strong>s k<strong>und</strong>enorientierteste<br />
Dienstleister 2008“ statt.<br />
Initiatoren sind die Universität St.<br />
Gallen, die Unternehmensberatung<br />
Steria Mummert, das Marktforschungsunternehmen<br />
Service-Rating,<br />
die Kommunikationsagentur<br />
Faktenkontor sowie das Handelsblatt.<br />
Die drei Erstplatzierten <strong>war</strong>en<br />
das Versandhaus Quelle, die Bank<br />
Conrad Hinrich Donner <strong>und</strong> der<br />
Krankenversicherungsverein Deutscher<br />
Ring. Außerdem wurden zahlreiche<br />
Sonderpreise vergeben.<br />
R<strong>und</strong> 160 Geschäftsführer <strong>und</strong><br />
Vorstandsmitglieder der insgesamt<br />
108 Unternehmen, die sich dieses<br />
Jahr beworben hatten, kamen zu der<br />
Preisverleihung. Bewerben konnte<br />
sich jedes Dienstleistungsunternehmen,<br />
das mindestens 50 Mitarbeiter<br />
beschäftigt. Weitere Informationen<br />
unter: www.bestedienstleister.de HB<br />
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