Programmheft zum Konzert - Elisabethkirche
Programmheft zum Konzert - Elisabethkirche
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Einführung<br />
Dietrich Buxtehude, Kantor und Organist der St. Marienkirche in Lübeck,<br />
komponierte Membra Jesu nostri patientis sanctissima (Die allerheiligsten<br />
Gliedmaßen unseres den Tod am Kreuz erleidenden Jesus) im Jahre<br />
1680 als Zyklus von sieben Kantaten, die jeweils einen Körperteil des Gekreuzigten<br />
verherrlichen: Füße, Knie, Hände, Seiten, Brust, Herz und Antlitz.<br />
Der Text dazu stammt im Wesentlichen aus dem mittelalterlichen Gedicht<br />
"Salve mundi salutare" des Arnulf von Löwen (um 1200). Die Verbindung<br />
von lateinischer Hymnendichtung und erotischem Mystizismus<br />
spiegelt die pietistischen Strömungen jener Zeit wider. Auch noch im 17.<br />
Jahrhundert war diese Dichtung unter Katholiken und auch unter Protestanten<br />
weit verbreitet, sowohl in der lateinischen Originalsprache als auch<br />
in deut-schen Übersetzungen. Paul Gerhardts bekanntes Lied "O Haupt<br />
voll Blut und Wunden" (1656) z. B. ist eine Paraphrase über den letzten<br />
Teil des Gedichts.<br />
Tuus amor transferatur,<br />
Quo cor tuum rapiatur<br />
Languens amoris vulnere.<br />
Bass<br />
Viva cordis voce clamo,<br />
Dulce cor, te namque amo.<br />
Ad cor meum inclinare,<br />
Ut se possit applicare<br />
Devoto tibi pectore.<br />
Chor<br />
Vulnerasti cor meum – repetatur<br />
VII. Ad faciem<br />
Chor<br />
Illustra faciem tuam super servum tuum;<br />
Salvum me fac in misericordia tua.<br />
soll deine Liebe verpflanzt werden,<br />
durch den dein Herz zerrissen wird, 2)<br />
matt durch die Wunde der Liebe.<br />
Bass<br />
Mit der lebendigen Stimme meines Herzens<br />
rufe ich zu dir, süßes Herz, denn ich liebe dich.<br />
Neige dich zu meinem Herzen,<br />
daß es sich an dich schmiegen kann<br />
mit dir treu ergebenem Sinn. 3)<br />
Chor<br />
Du hast mein Herz verwundet – da capo<br />
VII. An das Angesicht<br />
Chor<br />
Laß leuchten dein Antlitz über deinem Knecht;<br />
Mach mich heil in deiner Barmherzigkeit.<br />
Aus der Original Partitur Dietrich Buxtehutes<br />
Die sieben Teile des Zyklus legte Buxtehude im Stil der Concerto-Aria-<br />
Kantaten an, wie er und seine Zeitgenossen sie pflegten. Eine instrumentale<br />
Sonata eröffnet den jeweiligen Teil, an die sich ein Chorsatz über<br />
einen Bibeltext anschließt. Darauf folgen Strophen des Gedichts als Arien<br />
in kleinerer Besetzung, die meist durch instrumentale Ritornelli verbunden<br />
sind. Zum Beschluss jeder Kantate wird der einleitende Chorsatz wiederholt.<br />
In dieser Form wurde normalerweise der Bibeltext des geistlichen Concertos<br />
durch die nachfolgende Arie kommentiert. Buxtehude kehrt in diesem<br />
Werk aber die Gewichtung um. Er stellt die mittelalterli-che Dichtung in<br />
den Mittelpunkt und macht sie <strong>zum</strong> einheitsstiftenden Element des gesam-<br />
Alt/Tenor/Bass<br />
Salve, caput cruentatum,<br />
Totum spinis coronatum,<br />
Conquassatum, vulneratum,<br />
Arundine verberatum,<br />
Facie sputis illita.<br />
Alt<br />
Dum me mori est necesse,<br />
Noli mihi tunc deesse,<br />
In tremenda mortis hora<br />
Veni, Iesu, absque mora,<br />
Tuere me et libera.<br />
Chor<br />
Cum me iubes emigrare,<br />
Iesu care, tunc appare,<br />
O amator amplectende,<br />
Temet ipsum tunc ostende<br />
In cruce salutifera.<br />
Amen<br />
Alt/Tenor/Bass<br />
Sei gegrüßt, du blutüberströmtes Haupt,<br />
ganz gekrönt mit Dornen,<br />
entstellt und voller Wunden,<br />
mit einem Stock geschlagen,<br />
das Gesicht besudelt und bespien.<br />
Alt<br />
Wenn ich einmal sterben muß,<br />
dann sei du bei mir,<br />
in der angstvollen Stunde meines Todes<br />
komm, Jesus, ohne Aufschub,<br />
schütze mich und mache mich frei.<br />
Chor<br />
Wenn du mich einmal sterben heißt,,<br />
lieber Jesus, dann erscheine mir,<br />
oh Freund, den ich umarmen will,<br />
zeige dich selbst mir dann<br />
an dem heilbringenden Kreuz.<br />
Amen!<br />
Die Übersetzungen des latainischen Textes ins Deutsche wurden dankenswerterweise<br />
von Wiltrud Dettmering überarbeitet.<br />
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