31.10.2013 Aufrufe

Untätigkeitsklage

Untätigkeitsklage

Untätigkeitsklage

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

WALTER WELLINGHAUSEN<br />

Rechtsanwalt<br />

2.<br />

Die Kläger müssen ihren Dienst in einem Wechseldienst versehen, der durch einen<br />

Dienstplan der Beklagten angeordnet worden ist. Derzeit gilt eine Dienstplanstruktur seit dem<br />

01.01.2008, die sich jeweils über einen 4-Monats-Zeitraum prägt und entsprechend sich im<br />

Laufe des Jahres wiederholt bzw. fortsetzt.<br />

Mit Antrag vom 18.12.2007 beantragten die Kläger in einzelnen Verfahren jeweils den Antrag<br />

auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Verwaltungsgericht Hamburg mit den<br />

Anträgen, der Beklagten zu verbieten, den entsprechenden Dienstplan für die x<br />

Wachabteilung der Dienststelle F 22 ab dem 01.01.2008 bis zum 30.04.2008 anzuwenden.<br />

Das Verwaltungsgericht Hamburg hat diesen Antrag mit Beschluss vom 24.01.2008 jeweils<br />

zurückgewiesen. Es verneinte im Wesentlichen einen Anordnungsgrund, äußerte sich aber<br />

kaum zum Anordnungsanspruch.<br />

Beweis: Beiziehung der Verfahren des Verwaltungsgerichts Hamburg zu<br />

21 E 4114/07 (xxx)<br />

21 E 4116/07 (xxx)<br />

21 E 4117/07 (xxx)<br />

21 E 4118/07 (xxx)<br />

Hiergegen legten die Kläger Beschwerde an das Hamburgische Oberverwaltungsgericht ein:<br />

Dieses wies die Beschwerde durch Beschluss vom 23.04.2008 jeweils zurück. Jedoch<br />

beschäftigte sich das Oberverwaltungsgericht bereits umfassend auch nach einer<br />

grundsätzlichen Bejahung des Anordnungsgrundes bereits mit dem Anordnungsanspruch.<br />

Hierzu führt das Oberverwaltungsgericht in seinem Beschluss auf Seite 16 im Eilverfahren<br />

zusammenfassend noch einmal aus:<br />

Die im Rahmen des Verfahrens über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes<br />

anzustellende Interessenabwägung rechtfertigt es nicht, dem Antrag stattzugeben,<br />

auch wenn, wie oben ausgeführt, eine Vielzahl von rechtlichen Zweifelsfragen besteht,<br />

führt das nicht dazu, dass das Interesse des Antragstellers an der Gewährung<br />

vorläufigen Rechtsschutzes überwiegt.<br />

Beweis: Beiziehung der entsprechenden Verfahrensakten des Hamburgischen<br />

Oberverwaltungsgerichts zu<br />

1 Bs 13/08 (xxx)<br />

1 Bs 14/08 (xxx)<br />

1 Bs 15/08 (xxx)<br />

1 Bs 16/08 (xxx)<br />

3.<br />

Mit Schreiben vom 04.01.2008 legten die Kläger jeweils durch ihren<br />

Prozessbevollmächtigten Widerspruch gegen die Umsetzung der Dienstpläne ab dem<br />

01.01.2008 ein.<br />

Anlage 1<br />

Daraufhin ordnete die Beklagte die sofortige Vollziehung des ab dem 01.01.2008 geltenden<br />

Dienstplanes mit Bescheid vom 04.01.2008 an.<br />

Eine Widerspruchsentscheidung ist bis heute nicht ergangen. Die Beklagte ist schlicht<br />

untätig.<br />

Seite 2 von 7


WALTER WELLINGHAUSEN<br />

Rechtsanwalt<br />

Gemäß § 75 VwGO ist die Erhebung einer <strong>Untätigkeitsklage</strong> zulässig, wenn über den<br />

Widerspruch ohne zureichenden Grund nicht in angemessener Frist sachlich entschieden<br />

worden ist, wobei eine Mindestfrist von drei Monaten abzuwarten ist.<br />

Soweit es sich vorliegend um einen Verwaltungsakt handelt, sind diese Voraussetzungen<br />

erfüllt. Alle Sach- und Rechtsargumente für die Entscheidung über den Widerspruch sind in<br />

den Eilverfahren in beiden Instanzen ausführlichst vorgetragen worden. Hierauf haben sich<br />

die Kläger auch bezogen, worauf es allerdings auch gar nicht ankommt, da es sich insoweit<br />

um einen Sachzusammenhang handelt. Es ist auch nicht nachvollziehbar, wenn die Beklagte<br />

es nicht fertig bringt, innerhalb von fünf Monaten nach diesem ausführlichen Austausch aller<br />

Argumente zu entscheiden und dieses nicht einmal eines Monats nach Zugang des<br />

umfassend begründeten Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts vornimmt.<br />

Soweit die Anordnung und / oder Umsetzung des Dienstplanes nicht als Verwaltungsakt<br />

betracht wird, ist die Klage als allgemeine Leistungsklage mit dem Ziel der<br />

Nichtdurchführung des Dienstplanes zulässig und insbesondere statthaft.<br />

Soweit man davon ausgeht, dass der Dienstplan sich jeweils alle vier Monate erneuert, ist<br />

die vorliegende Klage als Feststellungsklage bzw. Fortsetzungsfeststellungsklage mit dem<br />

Ziel der Feststellung der Rechtswidrigkeit des vollzogenen Dienstplanzeitraumes zulässig<br />

und statthaft. Die Wiederholungsgefahr alle vier Monate liegt auf der Hand und muss wohl<br />

nicht weiter begründet werden.<br />

Im übrigen wäre für den laufenden Dienstplan die allgemeine Leistungsklage zulässig und<br />

insbesondere statthaft<br />

Nach alledem haben die Kläger hiermit eine zulässige und insbesondere statthafte Klage in<br />

subjektiver Klaghäufung erhoben.<br />

II.<br />

Zur Begründetheit ihres Antrages mit der Feststellung der Rechtswidrigkeit des<br />

Dienstplanes, was hier sehr allgemein formuliert wird, beziehen sich die Kläger auf ihren<br />

Sach- und Rechtsvortrag in den Eilverfahren und insbesondere ergänzend auf die<br />

Ausführungen des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts, die nachfolgend zum<br />

Ausgangspunkt der weiteren Begründung gemacht werden.<br />

Zunächst wird die Begründung aus den Eilverfahren über beide Instanzen<br />

zusammenfassend zur Klagbegründung noch einmal wie folgt dargelegt:<br />

1.<br />

Der Europäische Gerichtshof hat mit Beschluss vom 14.07.2005 in der Rechtssache C-52/04<br />

in einem Verfahren des Personalrates der Feuerwehr Hamburg gegen den Leiter der<br />

Feuerwehr Hamburg entschieden, dass für die Tätigkeit der Einsatzkräfte einer staatlichen<br />

Feuerwehr die Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft unmittelbare Geltung haben.<br />

Diese Richtlinien, die den Mindeststandard des Gesundheitsschutzes für Feuerwehrbeamten<br />

definieren, sind einzuhalten. Sie sind unmittelbar geltendes Recht. Etwaige Ausnahmen<br />

dürfen nur auf der Grundlage der Vorgaben der Richtlinien und im Ergebnis nur in<br />

besonderer Weise von der zuständigen Stelle, nämlich der Obersten Dienstbehörde, zeitlich<br />

befristet erteilt werden.<br />

Seite 3 von 7


WALTER WELLINGHAUSEN<br />

Rechtsanwalt<br />

Der bisher gefahrene Dienstplan und der derzeit geltende Dienstplan (die identisch sind)<br />

entsprechen nicht der Richtlinie 2003/88/EG über die Arbeitszeitgestaltung (vgl. Amtsblatt L<br />

299, S. 9) und überwiegend gegen die landesrechtlichen Vorschriften über die Arbeitszeit<br />

von beamten, soweit diese Verordnung mit europäischem Recht noch übereinstimmt.<br />

Die Kläger wenden sich gegen verschiedene Aspekte des geltenden Dienstplanes, soweit er<br />

die regelmäßige Arbeitszeit einschließlich Bereitschaftsdienst von mehr als 48 Stunden<br />

wöchentlich überschreitet.<br />

Zusammengefasst regelt der Dienstplan derzeit, dass der tägliche Dienst in zwei Schichten<br />

verrichtet wird, die jeweils regelmäßig 12 Stunden dauern. An Sonntagen sieht der<br />

Dienstplan Doppelschichten von zweimal 12 Stunden vor, die an Anzahl für den einzelnen<br />

Beamten auf 12 pro Kalenderjahr begrenzt ist. Insbesondere wenden sich die Kläger<br />

dagegen, dass die Beklagte folgende Anordnungen getroffen hat:<br />

a. 24-Stunden-Dienste ohne Mindestruhezeit von 11 Stunden<br />

b. 36-Stunden-Dienste innerhalb von 48 Stunden<br />

c. 60-Stunden-Dienste innerhalb eines Tageszeitraumes von 7 Tagen<br />

d. 72-Stunden-Dienste innerhalb eines Tageszeitraumes von 7 Tagen<br />

Die Beklagte kann sich insoweit auch nicht auf die Verordnung über die Arbeitszeit der<br />

Beamtinnen und Beamten der Freien und Hansestadt Hamburg berufen, die in § 1 Abs. 2<br />

ArbzVO eine durchschnittliche Arbeitszeit einschließlich Bereitschaftsdienst im Einsatzdienst<br />

der Feuerwehr von 50 Stunden wöchentlich anordnet. Diese Verordnung ist seit der<br />

Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes ersichtlich rechtswidrig. Gleichwohl macht die<br />

Beklagte keine Anstalten, diese Verordnung zu ändern oder von ihr faktisch abzuweichen.<br />

Den Dienstplan setzt die Beklagte auf der Grundlage einer Dienstvereinbarung durch die<br />

Dienstanweisung 01-01 um, der der Personalrat der Feuerwehr zugestimmt hat. Hierauf<br />

beruft sich die Beklagte. Diese Dienstvereinbarung ist aber ebenfalls mit europäischem<br />

Recht nicht vereinbar. Hinzu kommt, worauf das Oberverwaltungsgericht in seinen zitierten<br />

Beschlüssen auf Seite 12 ausdrücklich hinweist, dass bestimmte Vereinbarungen in der<br />

Dienstvereinbarung zwischen den Beteiligten, nämlich dem Personalrat Feuerwehr und der<br />

Dienststelle Feuerwehr rechtlich unzulässig sind, weil der Personalrat nicht Sozialpartner im<br />

Sinne der Richtlinie 2003/88/EG ist.<br />

Das alles weiß die Beklagte und handelt gleichwohl auch nach den Hinweisen des<br />

Oberverwaltungsgerichts weiterhin rechtswidrig. Das ist in einem Rechtsstaat schon<br />

außerordentlich erstaunlich.<br />

Schließlich ist im Eilverfahren gerügt worden, dass nicht beachtet worden ist, dass die<br />

Feuerwehrbeamten in Hamburg Nachtarbeiter im Sinne von Art. 2 Nr. 4 b RL 2003/88/EG<br />

sind und damit die normale Arbeitszeit für Nachtarbeiter im Durchschnitt den dort genannten<br />

Zeitraum nicht überschreiten darf. Jedenfalls ist die dazu notwendige Ausnahme nicht in<br />

rechtlich gehöriger Weise getroffen worden. Auch hierauf weist das Oberverwaltungsgericht<br />

in seinem Beschluss auf den Seiten 11 und 12 hin.<br />

Seite 4 von 7


WALTER WELLINGHAUSEN<br />

Rechtsanwalt<br />

Zu diesem Punkt hat das Oberverwaltungsgericht ergänzend darauf hingewiesen:<br />

Darüber hinaus scheint es klärungsbedürftig, aber im vorliegenden Eilverfahren nicht<br />

klärungsfähig zu sein, ob sich die Ausweitung der Bezugszeiträume gem. Art. 16 c RL<br />

2003/88/EG dahingehend auswirkt, dass unter Beachtung des letzten Satzes dieser<br />

Vorschrift die Durchschnittsbildung für die Dauer der Nachtarbeit unter Einbeziehung<br />

aller Tage des Bezugszeitraumes zu geschehen hat, oder ob sich die<br />

Durchschnittsbildung ausschließlich auf die Tage bezieht, an denen tatsächlich<br />

Nachtarbeit geleistet wird. Nach dem Wortlaut des Art. 8 a RL 2003/88/EG erscheint<br />

es auch nicht ausgeschlossen, dass in die Berechnung der durchschnittlichen<br />

Arbeitszeit pro 24-Stunden-Zeitraum bei Nachtarbeitern deren gesamte Arbeitszeit in<br />

dem jeweiligen Bezugszeitraum eingerechnet werden muss, mithin auch diejenige<br />

Arbeitszeit, die nicht in die Nachtzeit gem. Art. 2 Nr. 3 RL 2003/88/EG fällt. Auch<br />

diesen rechtlichen Zweifelsfragen kann der Senat wegen der Eilbedürftigkeit der<br />

Entscheidung nicht durch Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zur<br />

Vorabentscheidung nachgehen.<br />

2.<br />

a.<br />

Bei der Anordnung 12-Stunden-Schichten und von Doppelschichten hat der Dienstherr auf<br />

die Einhaltung der Ruhepausen nach § 4 Abs. 1 der ArbzVO zu achten und diese<br />

sicherzustellen. Das geschieht entgegen der Dienstvereinbarung 01-01 tatsächlich nicht.<br />

Natürlich sieht auch die Klägerseite, dass es im Interesse einer lückenlosen<br />

Einsatzbereitschaft der Feuerwehr Planungsschwierigkeiten gibt und das<br />

Gemeinwohlinteresse zu beachten ist. Das entbindet jedoch nicht die Beklagte davon, nicht<br />

nur abstrakte Regeln aufzustellen, sondern diese auch tatsächlich umzusetzen, was<br />

überwiegend nicht geschieht. Deshalb muss gerügt werden, dass die entsprechende Regel<br />

in Ziffer 3.1 der Dienstanweisung 01-01 nur eine Scheinregelung ist.<br />

b.<br />

Auch wenn die Beklagte Doppelschichten anordnet, muss sie die Regel des § 4 Abs. 2 S. 1<br />

ArbzVO (11 Stunden Ruhezeit nach Beendigung des täglichen Dienstes) beachten. Auch<br />

wenn hier im Wege eines dringenden dienstlichen Erfordernisses eine Ausnahmemöglichkeit<br />

besteht, so wären diese dringenden dienstlichen Erfordernisse dem Beamten bekannt zu<br />

geben, damit er die Rechtmäßigkeit nachprüfen kann. Das ist nicht geschehen.<br />

c.<br />

Die Beklagte beachtet bei der Anordnung der Dienste in den 7-Tages-Zeiträumen, in den<br />

jeweils 36-Stunden-Dienst in 48 Stunden, 60 Stunden bzw. 72 Stunden angeordnet werden,<br />

ebenfalls weder die Rahmenbedingungen der ArbzVO, noch die des europäischen Rechts.<br />

d.<br />

Die Beklagte beachtet auch nicht die nach Europaecht gebotene Auswahl des Zeitraums der<br />

notwendigen Ausgleiche und Berechnungen.<br />

Seite 5 von 7


WALTER WELLINGHAUSEN<br />

Rechtsanwalt<br />

Zu den vorstehenden Punkten a bis c wird hier derzeit von einer Vertiefung abgesehen, weil<br />

sich die Kläger auf die Ausführungen im Eilverfahren vollinhaltlich beziehen. Sollte sich das<br />

Gericht damit nicht einverstanden erklären, sondern eine Einführung durch einen Schriftsatz<br />

zusätzlich verlangen, wird um einen entsprechenden Hinweis gebeten.<br />

III.<br />

Es ist nicht Sache der Kläger, einen alternativen und rechtlich zulässigen Dienstplan<br />

vorzuschlagen, dazu fehlt ihnen auch die notwendige technische Möglichkeit. Deshalb sind<br />

sie darauf beschränkt, die Rechtswidrigkeit des Dienstplanes zu rügen und feststellen zu<br />

lassen. Es wird Sache der Beklagten sein, die notwendigen Ressourcen zu schaffen, einen<br />

rechtmäßigen Dienstplan zu entwickeln, der entschieden auf den Gesundheitsschutz und die<br />

sozialen Aspekte Rücksicht nimmt. Hier hätten sich die Beamten gewünscht, wenn der<br />

Dienstherr mit ihnen ein Gespräch geführt hätte, gerade nach dem Entscheid des OVG.<br />

Stattdessen sind die Kläger einem erheblichen innerdienstlichen Druck, auch der<br />

Dienststellenleitung, ausgesetzt. In unserem Rechtsstaat haben Gerichte das Nachprüfungsund<br />

Entscheidungsrecht und daraus darf den sachlich argumentierenden Beamten<br />

gegenüber man nicht spüren lassen, dass man das nicht akzeptieren kann oder will. Einmal<br />

abgesehen von der, hier noch nicht zu vertiefenden Versuche, gegen den<br />

Prozessbevollmächtigten der Kläger zu wirken und dafür dienstlichen Raum zur Verfügung<br />

zu stellen. Möge die Beklagte dieses einfach unterlassen.<br />

Das Oberverwaltungsgericht hat alle Gesichtspunkte aus rechtlicher Sicht in seiner<br />

Beschwerdentscheidung abgearbeitet und in einer Reihe von Gesichtspunkten die<br />

Zulässigkeit des Dienstplanes aus der Bedeutung des Feuerwehrdienstes und der Vielzahl<br />

letztlich nur auf Grund der jeweiligen Ausnahmegenehmigungen durch die Oberste<br />

Dienstbehörde gerechtfertigt.<br />

Dem kann im Ergebnis deshalb nicht gefolgt werden, weil das europäische Recht einen<br />

Mindestschutz für die Gesundheit auch der Beamten definiert. Der Begriff des<br />

Mindestschutzes erfasst schon sprachlich, dass es hiervon eigentlich keine Ausnahmen und<br />

keine Unterschreitung geben kann. Soweit in einzelnen Bereichen Ausnahmen durch das<br />

europäische Recht ermöglicht werden, die das Oberverwaltungsgericht im Einzelnen<br />

aufzählt, entsteht hierdurch in der Gesamtheit ein Problem. Die Inanspruchnahme aller<br />

Ausnahmetatbestände oder der überwiegenden Ausnahmetatbestände durch die Beklagte<br />

führt im Ergebnis schlichtweg dazu, dass der Gesamtstandard des Gesundheitsschutzes für<br />

Feuerwehrleute herabgesetzt wird. Diese fehlende Gesamtbetrachtung und Gesamtschau<br />

der Ausnahmen ist zu beanstanden. Auch wenn jede einzelne Ausnahme in sich<br />

gerechtfertigt sein sollte, was im Übrigen nicht für den Begriff des Nachtarbeiters gilt, so hat<br />

das europäische Recht keinesfalls damit eine Standardabsenkung ermöglichen oder gar<br />

vorgeben wollen. Hier scheint das Gesamtproblem des Dienstplanes zu liegen. und auch das<br />

ist ein Verstoß gegen Geist und Buchstaben des Europäischen Rechts. Und auch dieses<br />

wird eine Vorabvorlage an den Europäischen Gerichtshof bedingen.<br />

Seite 6 von 7


WALTER WELLINGHAUSEN<br />

Rechtsanwalt<br />

Das Oberverwaltungsgericht stellt zutreffend ja folgende Ausnahmetatbestände fest:<br />

a. Ausnahme von der Einhaltung von Ruhepausen nach § 4 Abs. 1 ArbzVO,<br />

Art. 4 i. V. m. Art. 17 Abs. 3 c iii RL 2003/88/EG<br />

b. Ausnahme von dem Erfordernis des § 4 Abs. 2 S. 1 ArbzVO (11 Stunden Ruhezeit)<br />

c. Ausnahme von der Mindestruhezeit von 11 zusammenhängenden Stunden gem. Art.<br />

17 Abs. 3 c RL 2003/88/EG<br />

d. Ausnahme von der Regel des Art. 8 RL 2003/88/EG (Dauer der Nachtarbeit)<br />

e. Ausnahme nach § 5 Abs. 3 S. 1 RL 2003/88/EG<br />

f. Inanspruchnahme der Ausnahme von Art. 17 Abs. 2 RL 2003/88/EG<br />

g. Abweichungen von Art. 3, 4, 5 und 8 der RL 2003/88/EG<br />

h. fehlende Anwendung der „Opt-Out-Klausel“ (Art. 22 Abs. 1 a RL 2003/88/EG)<br />

Sieht man alle diese Ausnahmetatbestände und die dahinter stehenden Grundvorstellungen<br />

über den Mindestarbeitsschutz, dann wird durch diese Vielzahl von Ausnahmetatbeständen<br />

eben doch der Gesamtgesundheitsschutz der Beamten gezielt herabgesetzt. Das allerdings<br />

ist auch mit den Grundsätzen des Gesundheitsschutzes der Beamten in einem besonders<br />

schweren und gesundheitsgefährdenden Beruf weder verfassungsrechtlich nach Art. 33 Abs.<br />

5 GG vertretbar, noch europarechtlich zu akzeptieren.<br />

Auch wenn es darauf nicht ankommt, sei hier darauf hingewiesen, dass andere<br />

Berufsfeuerwehren in Deutschland andere Lösungen gefunden haben.<br />

Ergänzender Vortrag bleibt vorbehalten, wenn das Verwaltungsgericht der Ansicht ist, die<br />

Klage muss trotz der Beiziehung der Schriftsätze aus den Eilverfahren weiter begründet<br />

werden, wobei die Kläger davon ausgehen, dass das Verwaltungsgericht die Sache ohnehin<br />

zur Vorabentscheidung dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen haben wird.<br />

Es wird nach alledem beantragt zu erkennen,<br />

hilfsweise<br />

der seit dem 01.01.2008 für die Kläger geltende Dienstplan der Feuerwehr<br />

Hamburg ist rechtswidrig,<br />

es wird festgestellt, dass der vom 01.01.2008 bis 30.04.2008 für die Kläger<br />

angeordnete Dienstplan rechtswidrig war.<br />

Walter Wellinghausen<br />

Rechtsanwalt<br />

Seite 7 von 7

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!