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Rundbrief 06 vom 06.04.2001 - Baustelle Leben

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Liebe Freunde,<br />

6. April 2001<br />

ich grüße Euch aus der Schweiz.<br />

Zum 6. Mal finde ich mich bei Klaus<br />

Henning in seinem zauberhaften<br />

Chalet zur Skitourenwoche ein.<br />

Nach vier herrlichen Tourentagen<br />

hat das Wetter umgeschlagen - ein<br />

Ruhetag tut uns allen gut.<br />

So halte ich inne, halte Rückblick<br />

und möchte Euch ein wenig<br />

teilhaben lassen, wie es seit<br />

Weihnachten weitergegangen ist<br />

mit mir. Dieses Fest durfte ich<br />

wieder im Kreis meiner Familie in Rösrath erleben. Von dort machte<br />

ich mich am 2. Feiertag auf nach Latdorf - der Umzug stand bevor.<br />

Es hatte geschneit, der Winter hatte begonnen und die Fahrt war<br />

entsprechend mühsam. Aber dann ging doch alles besser als<br />

erwartet. Treue Freunde und junge Leute aus der Jungen<br />

Gemeinde halfen mir beim Packen. Es blieb sogar noch Zeit für ein<br />

paar Abschiedsbesuche: bei Bilas, bei Nietzers, bei Böttchers,<br />

Geburtstag von Jost Rieche. Am 29. Dezember standen dann die<br />

Umzugsleute vor der Tür. Beim Anblick der Fitneß-Geräte seufzten<br />

sie zwar ein wenig. Aber auch die wurden ohne weitere<br />

Schwierigkeiten verladen.<br />

Gegen 13.00 Uhr wurden wir fertig, und ich machte mich auf den<br />

Weg nach Silmersdorf. Dort hatte Angela Prause bereits Schnee<br />

geschippt und den Ofen geheizt. Gebhards kamen mit Tee und<br />

Plätzchen. Es war ein herzliches Willkommen. Mit der Dämmerung<br />

kamen die beiden Möbelwagen. Ich holte sie bei der Kirche ab und<br />

wies ihnen <strong>vom</strong> Fahrerhaus des einen Fahrzeugs aus den Weg. Als<br />

wir beim Gutshaus vorfuhren, ging da plötzlich das Licht an (das E-<br />

Werk hatte den Strom angeschaltet und Angela einen Lichtschalter<br />

betätigt). Es war einfach wunderschön, das Haus im Schnee<br />

erleuchtet in der Dämmerung. Einer der Möbelpacker sagte „Und es<br />

ward Licht.“ Mir fiel sofort die Schöpfungsgeschichte ein, in der es<br />

ja heißt „Und es ward alles sehr gut.“ So war es ein guter Beginn.<br />

Viele Hände halfen mit, die Möbel auszuladen. In zwei Stunden war<br />

alles geschafft. Ich auch.<br />

Bis Mitte Februar wohnte ich noch bei Gebhards. So konnte ich in<br />

Ruhe erst einmal mein Arbeitszimmer aufbauen und einräumen. Ihr<br />

könnt Euch kaum vorstellen, was es für mich bedeutet, endlich<br />

wieder alle meine Sachen an einem Ort zu haben!<br />

Immer wieder bauen...<br />

Die nächsten Wochen waren dann dem Bau einer Wohnküche mit<br />

Dusche gewidmet. Ohne Kalle und Werner, meinen treuen Helfern,<br />

wäre das so bald nichts geworden. Über die Bauerei bekam ich<br />

schnell Kontakt zu meinen Nachbarn. Ich erlebte viel Hilfe, ein<br />

kleines Wunder nach dem andern. So half mir mein Nachbar Herr<br />

Pedde z.B. beim Ausschippen der kleinen Grube, die ich nun<br />

provisorisch erst einmal nutze. Er ist Spezialist für verstopfte<br />

Abwasserrohre (was leider bei den alten verrosteten Rohren immer<br />

wieder passiert). Heinz Prause setzte die alten Wasserleitungen<br />

wieder in Gang und legte neue Leitungen für Spüle und Dusche.<br />

Dazu lieferten sämtliche Nachbarn Teile, und er montierte das<br />

Puzzle! Zu DDR-Zeiten mußte man ja alles aufheben - nun<br />

profitierte ich <strong>vom</strong> Sammeltrieb meiner Nachbarn.<br />

Der Durchlauferhitzer kostete uns fast den letzten Nerv. Das alte<br />

Teil aus meinem Keller mußte dann doch den Weg in die Mülltonne<br />

antreten. Ein neuer aus dem Baumarkt sorgt nun für warmes<br />

Wasser.<br />

1<br />

2


Öfen und mehr<br />

In den vergangenen Monaten habe ich dann eine Erfahrung<br />

nachgeholt, die sämtliche DDR-Bürger mir bisher voraushatten -<br />

das Heizen von Kachelöfen mit Braunkohle. Erst einmal mußte ich<br />

die Öfen saubermachen, eine fürchterliche Schweinerei. Dann<br />

waren etliche Schamottsteine zu ersetzen, das eine oder andere<br />

Rohr zu erneuern etc. Zunächst brauchte ich Kohlereste aus<br />

meinen Kellern auf, die offensichtlich aus Zeiten nach der Wende<br />

stammten. Dann bekam ich von einer alten Dame, Frau Stratmann,<br />

DDR-Braunkohle geschenkt. Sie hatte auf Ölheizung umgestellt<br />

und brauchte daher die Kohle nicht mehr. Meine drei Nachbarn<br />

starteten eine tolle Aktion: Herr Fischbuch holte seinen alten<br />

Trecker heraus, Herr Zeiger stellte seinen Hänger zur Verfügung,<br />

Herr Pedde rodete das Gelände vor dem entsprechenden<br />

Kellerfenster und organisierte Bleche. Dann holten die drei alten<br />

Herren die Kohle bei Frau Stratmann ab und schippten sie bei mir<br />

in den Keller! Und ich mache nun die Erfahrung, daß die alte DDR-<br />

Braunkohle sehr viel mehr Dreck und weniger Energie liefert als die<br />

Westprodukte.<br />

Dorf und Haus<br />

In irgendeiner Art und Weise ist fast jeder im Dorf mit dem<br />

Gutshaus verbunden. Die älteren Bewohner erinnern sich gern an<br />

die Zeit, als Fräulein Diercke den Hof bewirtschaftete. Sie hielt<br />

regelmäßig Kindergottesdienst in ihren Räumlichkeiten ab. Zu<br />

Ostern und Weihnachten lud sie die Bevölkerung ins Gutshaus ein.<br />

Ostern wurden sogar Eier in ihrem großen Park gesucht. Bis heute<br />

merkt man den Einfluß dieser Frau! Ihr ist es auch zu verdanken,<br />

daß noch ca. 50% der Dorfbewohner Kirchenmitglieder sind und die<br />

Dorfkirche in einem erträglichen Zustand ist (da kann man in den<br />

umliegenden Dörfern ganz andere traurige Ruinen besichtigen!).<br />

Später nach dem Krieg beherbergte das Haus viele Flüchtlinge, von<br />

denen etliche in Silmersdorf blieben. Es kam die Bodenrefom, das<br />

Gutshaus wurde Hauptquartier der LPG. Nach der Wende wohnten<br />

dort u.a. Sozialhilfeempfänger.<br />

Tiere<br />

Seit ein paar Wochen habe ich einen ersten Mitbewohner: Maxim,<br />

ein inzwischen nicht mehr ganz kleiner schwarzer Labradorwelpe<br />

(siehe Bild). Er ist noch unendlich verspielt, verschleppt Schuhe<br />

und Werkzeug und war diese Woche auf jeder Bergtour dabei!<br />

Wenn er nicht mehr weiter konnte, wurde er einfach in den<br />

Rucksack gepackt.<br />

Auch meine Katze, Foxy, habe ich mittlerweile im Gutshaus. Sie hat<br />

fürchterliche Angst vor dem jungen Hund, der doch nur mit ihr<br />

spielen möchte. Daher bekomme ich nicht viel von ihr zu sehen.<br />

Kontakte<br />

In Silmersdorf gibt es einen Hauskreis. Er ist aus einem Alpha-Kurs<br />

(so eine Art Grundkurs des Glaubens) der örtlichen<br />

Kirchengemeinde erwachsen. Sechs ältere Leute sowie meine<br />

Wenigkeit treffen sich 14-tägig bei Erika Brockmann. Wir lesen<br />

derzeit miteinander die Apostelgeschichte und tauschen aus, was<br />

uns so bewegt. Mit Erika mache ich auch Geburtstagsbesuche im<br />

Ort, einfach um die Menschen kennen zu lernen.<br />

Angela Prause schleppte mich zum Kirchenchor nach Meyenburg.<br />

Eigentlich hatte ich da nichts Besonderes erwartet, so wie<br />

Kirchenchöre halt so sind. Aber welch eine Überraschung: viele<br />

jüngere Menschen, ein sehr anspruchsvolles Programm, eine nette<br />

Gemeinschaft und das alles geleitet <strong>vom</strong> Tierarzt Dr. Tansinne (nun<br />

wißt Ihr auch, wo ich Maxim impfen lasse). Leider kann ich die<br />

3<br />

4


diesjährige Chorfahrt nicht mitmachen, da Maxim noch zu klein ist,<br />

um drei Tage woanders zu verbringen. Im Juni geben wir ein<br />

Konzert. Wir proben eifrig, und es macht einfach Freude.<br />

Schließlich habe ich Kontakt zu den Rotariern in Parchim geknüpft.<br />

Das Besondere dieser Gruppe ist, daß sie eine Tafelarbeit in<br />

Parchim aufgebaut hat. Der Arbeitsamtdirektor sorgt für die ABM-<br />

Kräfte, die Autohausbesitzer für Auto und Wartung, die Juristen für<br />

die Satzung des Vereins etc. Es ist ein sehr engagierter Verein!<br />

Leider haben sie sich bisher noch nicht zu dem Entschluß<br />

durchringen können, auch Frauen aufzunehmen. So bin ich halt<br />

regelmäßiger Gast und hoffe, eines Tages ganz dazu zu gehören.<br />

Erste Veranstaltungen<br />

Das Gutshaus soll ein offenes Haus sein, das der Gemeindearbeit<br />

dient. So habe ich in der Fastenzeit einen Exerzitienkurs<br />

angeboten, der von 12 Teilnehmern besucht wurde. Da ich nicht<br />

weiß, ob Ihr etwas mit dem Begriff „Exerzitien im Alltag“ anfangen<br />

könnt, hier eine kurze Erklärung: Jeder Teilnehmer verpflichtete<br />

sich nach einem Schnuppertreffen, vier Wochen lang sich täglich<br />

eine halbe Stunde tagsüber sowie eine viertel Stunde abends Zeit<br />

zu nehmen, um an seiner Gottesbeziehung und seinem<br />

Glaubensleben zu arbeiten sowie über grundsätzliche Dinge in<br />

seinem <strong>Leben</strong> nachzudenken. Dabei halfen ihm Impulsblätter, die<br />

er wöchentlich für jeden einzelnen Tag erhielt. Wir trafen uns dann<br />

Sonntagabends zunächst in meinem Arbeitszimmer und später in<br />

der Küche zum Austausch, Singen und Gebet. Es waren dichte<br />

Veranstaltungen mit guten Gesprächen. Beim letzten Abend wollte<br />

niemand so recht gehen. Mich hat das ermutigt, eine ähnliche<br />

Veranstaltung noch einmal, vielleicht in der Adventszeit,<br />

anzubieten.<br />

5<br />

Vierzehntägig trifft sich der Mitarbeiterkreis der Kirchengemeinde<br />

bei mir. Seit neuestem starten wir mit einem gemeinsamen<br />

Frühstück in den Tag. Jeder bringt etwas mit, so daß das überhaupt<br />

keine Mühe macht. Wie in Latdorf gibt es hier nirgends<br />

Gemeindehäuser, keine gemütlichen Räume mit Atmosphäre für<br />

derartige Veranstaltungen. Da kommt das Gutshaus sehr zupaß.<br />

Anfang März unterstützte ich den Pfarrer Volker Gebhard bei einer<br />

Ältestenrüste, die zusammen mit der Meyenburger<br />

Kirchengemeinde durchgeführt wurde. Es ging um das Thema<br />

„Geistliche Leiterschaft“ und damit verbunden um die Frage, wie es<br />

eigentlich weitergehen soll mit den Kirchengemeinden. Ihr müßt<br />

wissen, Volker hat sieben einzelne Kirchengemeinden mit<br />

insgesamt etwa 500 Gemeindegliedern. Er verwaltet sich fast zu<br />

Tode. Im Herbst stehen Wahlen an, es fehlen Kandidaten, da die<br />

Gemeinden alle hoffnungslos überaltert sind. Damit geht dann die<br />

rechtliche Selbständigkeit verloren, Zusammenschlüsse sind<br />

erforderlich. Dies aktiv anzugehen kostet viel Überzeugungsarbeit.<br />

Aber inzwischen hat Volker Gebhard in seinen Gemeinden die<br />

entsprechenden Beschlüsse fassen können. Wenn alles gut geht,<br />

hat er dann ab Herbst eine Gemeinde und ein arbeitsfähiges<br />

Leitungsgremium.<br />

Denkmalschutz<br />

Es geht nun auf Ostern zu. Ostersonntag ist für mich ein ganz<br />

besonderes Datum, denn an dem Tag geht der Treuhand-Teil des<br />

Gutshauses endgültig in meinen Besitz über. Dem war noch ein<br />

ziemliches Hickhack vorausgegangen. Das Haus steht nämlich<br />

unter Denkmalschutz. Da kam eine Kommission angereist,<br />

bestehend aus Perleberger Denkmalschützern sowie dem<br />

Landesboss aus Potsdam. Und dieser Herr hatte etwas recht<br />

abstruse Vorstellung, was die Sanierung des Hauses anging. So<br />

wollte er z.B., daß ich die nach außen öffnenden Fenster wieder so<br />

6


nachbauen lasse. Innen dürfe ich dann Thermopenflügel vorsetzen.<br />

Einmal ganz abgesehen von den Kosten möchte ich nicht so viele<br />

Fenster so umständlich, nämlich teilweise von außen mit der Leiter,<br />

putzen! Langer Rede kurzer Sinn, ich ließ den Notartermin mit der<br />

Treuhand platzen und erklärte, unter diesen Umständen müsse ich<br />

mir den Kauf noch einmal überlegen. Es dauerte nicht lange, und<br />

die Perleberger Denkmalschützer lenkten ein. Nun darf ich<br />

moderne Fenster - natürlich in gleichem Design - einbauen. Und im<br />

Dach habe ich sechs Veluxfenster herausgehandelt!<br />

Pläne<br />

Die Dachsanierung ist nun das nächste große Projekt. Es ist ein<br />

Riesendach, ca. 600qm groß. An vielen Stellen regnet es durch,<br />

manch ein Balken muß erneuert werden. Sicherlich gibt es noch ein<br />

paar böse Überraschungen. Es gilt nun, die richtige<br />

Dachdeckerfirma zu finden, die akzeptiert, daß ich den gesamten<br />

Einkauf selber mache (über v. Müller Dachziegel) sowie freiwillige<br />

Helfer mitarbeiten läßt.<br />

Nach Ostern wird der Verein in die Gründungsphase gehen. Ich<br />

habe auch von hier Mitglieder gewinnen können. Dies ist mir sehr<br />

wichtig, denn ich möchte nicht einen Verein nur mit Wessis haben.<br />

Es braucht auch Menschen vor Ort, die die Arbeit mittragen. Wer<br />

jetzt schon spenden will, kann dies weiterhin auf das u.a. Konto<br />

beim Verein „<strong>Leben</strong> für alle“ tun.<br />

Die nächste Veranstaltung wird ein Passahmahl am Gründonnerstag<br />

sein, zu dem ich in den großen Saal im Gutshaus<br />

einlade. Ich bin sehr gespannt, wie viele Menschen kommen<br />

werden (von etwa 30 Leuten weiß ich es bereits definitiv). Wir feiern<br />

noch auf einer <strong>Baustelle</strong>, aber das ist denke ich nicht so wichtig.<br />

Ende April plane ich ein paar Bautage mit den hiesigen<br />

Konfirmanden. Im August hat sich Helge Keil mit einer<br />

7<br />

Jugendgruppe zur Bauwoche angesagt. Über Himmelfahrt hat sich<br />

Familie Grümmer aus Aachen eingeladen. Erste Besuche habe ich<br />

auch schon empfangen können: Fritz Böttcher schaute ab und zu<br />

vorbei, wenn er seine Tour ihn hier vorbei führte. Rieches machten<br />

ein paar Tage Urlaub in der Nähe. Man kann übrigens auch im<br />

Gutshaus übernachten, einfach natürlich. Zimmer hat es genug.<br />

Nur die sanitären Anlagen lassen noch zu wünschen übrig.<br />

Ich bin ausgesprochen froh, nicht mehr in der „Pfarramtsmühle“ zu<br />

stecken. Ich genieße es, Zeit für Gespräche zu haben und mir die<br />

Rosinen aus dem Gemeindebetrieb herauspicken zu können.<br />

Meine Kräfte sind nicht mehr, was sie einmal waren, auch wenn ich<br />

mich in keiner Weise beklagen will. Die regelmäßigen ärztlichen<br />

Untersuchungen sind bisher negativ, d.h. für mich positiv. Möge es<br />

so bleiben!<br />

So grüße ich Euch herzlich, wünsche Euch ein frohes Osterfest und<br />

freue mich über Reaktionen von Euch, sei es per Brief, Telefon<br />

(033981/50742),e-mail „AvParpart@t-online.de“ oder auch einen<br />

Besuch.<br />

Eure<br />

Vorläufiges Spendenkonto bis zur Gründung eines eigenen Vereins:<br />

<strong>Leben</strong> für alle/Prignitz e.V.<br />

Sparkasse Prignitz, BLZ 160 501 01, Kto. 14 60 00 04 86<br />

unbedingt Stichwort „Jugendkloster“ angeben!<br />

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