REUNION NATIONALE 2005 - Ville de Genève
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SCHWEIZERISCHE KOORDINATIONSSTELLE FÜR FLEDERMAUSSCHUTZ<br />
CENTRE DE COORDINATION SUISSE POUR L’ETUDE ET LA PROTECTION DES CHAUVES-SOURIS<br />
CENTRO SVIZZERO DI COORDINAMENTO PER LO STUDIO E LA PROTEZIONE DEI PIPISTRELLI<br />
WIE VIELE FLEDERMÄUSE STERBEN AN WINDENERGIEANLAGEN UND<br />
WIE LASSEN SICH KOLLISIONEN VERMEIDEN?<br />
FRÄNZI KORNER-NIEVERGELT 1 , OLIVER BEHR 2 , IVO NIERMANN 3 , ROBERT BRINKMANN 3<br />
1 oikostat GmbH – Statistische Analysen und Beratung, Ausserdorf 43, 6218 Ettiswil, fraenzi.korner@oikostat.ch<br />
2 Friedrich-Alexan<strong>de</strong>r-Universität Erlangen-Nürnberg, Institut für Tierphysiologie, Staudtstrasse 5, D-91058 Erlangen,<br />
Deutschland, obehr@biologie.uni-erlangen.<strong>de</strong><br />
3 L eibniz Universität Hannover, Institut für Umweltplanung, Herrenhäuser Str. 2, D-30419 Hannover, Deutschland,<br />
brinkmann@umwelt.uni-hannover.<strong>de</strong><br />
Untersuchungen <strong>de</strong>r letzten Jahre haben gezeigt, dass an Win<strong>de</strong>nergiestandorten grössere Zahlen von Fle<strong>de</strong>rmäusen durch<br />
Rotorschlag ums Leben kommen können. Angesichts <strong>de</strong>r wachsen<strong>de</strong>n Win<strong>de</strong>nergie-Industrie ist es wichtig, dass<br />
Win<strong>de</strong>nergieanlagen (WEA) fle<strong>de</strong>rmausfreundlich betrieben wer<strong>de</strong>n. Das Wissen darüber, wann, unter welchen Bedingungen und<br />
wo Fle<strong>de</strong>rmäuse an WEA sterben, fehlte bisher weitgehend. Unterschiedliche Meinungen von Fachexperten verursachten<br />
Schwierigkeiten in <strong>de</strong>r Praxis. Deshalb vergab das <strong>de</strong>utsche Bun<strong>de</strong>sministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit <strong>de</strong>n<br />
Auftrag, diese Wissenslücke zu schliessen, an eine interdisziplinäre Forschungsgruppe bestehend aus Wissenschaftern <strong>de</strong>s Instituts<br />
für Tierphysiologie, Frie<strong>de</strong>rich-Alexan<strong>de</strong>r-Universität Erlangen-Nürnberg, <strong>de</strong>s Instituts für Umweltplanung, Leibniz Universität<br />
Hannover, <strong>de</strong>s Instituts für Optronik und Mustererkennung in Ettlingen, sowie Mitarbeitern <strong>de</strong>r Firma ENERCON und <strong>de</strong>r Firma<br />
oikostat GmbH. Das Forschungsvorhaben hatte drei Ziele:<br />
1) Entwicklung von Metho<strong>de</strong>n zur Untersuchung von Fle<strong>de</strong>rmausschlag an WEA<br />
2) Verbesserung <strong>de</strong>r Kenntnis über die Zahl an WEA verunglückter Fle<strong>de</strong>rmäuse und die Bedingungen, die zu Fle<strong>de</strong>rmausschlag<br />
führen.<br />
3) Entwicklung von Vermeidungsstrategien<br />
Den Vortragsschwerpunkt lege ich auf die Schätzung <strong>de</strong>r Zahl verunglückter Fle<strong>de</strong>rmäuse (Ziel 2) und stelle eine mögliche<br />
Vermeidungsstrategie vor (Ziel 3).<br />
Um einen fle<strong>de</strong>rmausfreundlichen Betrieb zu gewährleisten, ist es nötig, dass wir wissen, unter welchen Bedingungen wie viele<br />
Fle<strong>de</strong>rmäuse an WEA verunglücken. Wir haben <strong>de</strong>shalb an <strong>de</strong>n Gon<strong>de</strong>ln von 80 WEA für jeweils einen Sommer <strong>de</strong>r Jahre 2007 und<br />
2008 die akustische Fle<strong>de</strong>rmausaktivität und verschie<strong>de</strong>ne meteorologische Parameter automatisiert erfasst. An 30 dieser WEA<br />
wur<strong>de</strong> zusätzlich untersucht, wie viele Fle<strong>de</strong>rmäuse verunglückten. Dazu suchten wir <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n unter je<strong>de</strong>r WEA täglich nach toten<br />
Fle<strong>de</strong>rmäusen ab. Da jeweils nicht die gesamte Fläche abgesucht wer<strong>de</strong>n konnte, einige Fle<strong>de</strong>rmäuse zwischen <strong>de</strong>m Herunterfallen<br />
und <strong>de</strong>r Suche verschwan<strong>de</strong>n (z. B. durch Füchse) und nicht alle Fle<strong>de</strong>rmäuse gefun<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>n, entsprach die Zahl <strong>de</strong>r gefun<strong>de</strong>nen<br />
toten Fle<strong>de</strong>rmäuse nicht <strong>de</strong>r Zahl <strong>de</strong>r effektiv verunglückten Fle<strong>de</strong>rmäuse. Wir verwen<strong>de</strong>ten zwei verschie<strong>de</strong>ne Metho<strong>de</strong>n, um aus<br />
<strong>de</strong>r Zahl tot gefun<strong>de</strong>ner Fle<strong>de</strong>rmäuse die Zahl verunglückter Fle<strong>de</strong>rmäuse zu schätzen: 1) Wir verwen<strong>de</strong>ten experimentell ermittelte<br />
Sucheffizienzen und Abtragraten, um die Zahl <strong>de</strong>r Totfun<strong>de</strong> so zu korrigieren, dass sie <strong>de</strong>r Zahl <strong>de</strong>r effektiv verunglückten<br />
Fle<strong>de</strong>rmäuse entsprach. 2) Aus <strong>de</strong>r Zahl aufgenommener Fle<strong>de</strong>rmausrufsequenzen pro Nacht sowie <strong>de</strong>r Windgeschwindigkeit wur<strong>de</strong><br />
in einem zweistufigen Mo<strong>de</strong>ll die Zahl <strong>de</strong>r verunglückten Fle<strong>de</strong>rmäuse geschätzt. Dabei wur<strong>de</strong>n sowohl die Zahl pro Nacht<br />
verunglückter Fle<strong>de</strong>rmäuse als auch die Wahrscheinlichkeit, eine verunglückte Fle<strong>de</strong>rmaus zu fin<strong>de</strong>n, als Mo<strong>de</strong>llparameter geschätzt.<br />
Die Resultate aus bei<strong>de</strong>n Metho<strong>de</strong>n ergeben, dass im Verlaufe eines Sommers (Juli – September) im Durchschnitt 9 Fle<strong>de</strong>rmäuse pro<br />
Anlage starben. Die für die Fle<strong>de</strong>rmäuse gefährlichsten Nächte waren jene mit niedrigen Windgeschwindigkeiten, in <strong>de</strong>nen<br />
vergleichsweise häufiger hohe Fle<strong>de</strong>rmausaktivitäten gemessen wur<strong>de</strong>n. Für Fle<strong>de</strong>rmäuse gefährliche Situationen sind selten und<br />
diese Zeiten liefern wegen <strong>de</strong>r niedrigen Windgeschwindigkeit nur relativ wenig Energie. Deshalb könnten mit einer relativ geringen<br />
Gewinneinbusse viele Fle<strong>de</strong>rmäuse geschützt wer<strong>de</strong>n, wenn die WEA während <strong>de</strong>n für Fle<strong>de</strong>rmäuse gefährlichen Zeiten<br />
abgeschaltet wer<strong>de</strong>n.<br />
Aus <strong>de</strong>r Kenntnis über <strong>de</strong>n Zusammenhang zwischen akustischer Aktivität und Windgeschwindigkeit und <strong>de</strong>r Zahl verunglückter<br />
Fle<strong>de</strong>rmäuse entwickelten wir einen Abschaltalgorithmus, <strong>de</strong>r aufgrund <strong>de</strong>r aktuellen Windgeschwindigkeit, <strong>de</strong>r Tageszeit und <strong>de</strong>r<br />
Jahreszeit für die nächsten 10-Minutenintervalle vorhersagt, wie gross das Fle<strong>de</strong>rmausschlagrisiko und <strong>de</strong>r zu erwarten<strong>de</strong><br />
Energieertrag sind und ob abgeschaltet wer<strong>de</strong>n sollte o<strong>de</strong>r nicht. Der Algorithmus kann auf einer bestimmten durchschnittlichen<br />
Zahl zugelassener Kollisionsopfer pro Sommer und/o<strong>de</strong>r einem maximalen Gewinnverlust eingestellt wer<strong>de</strong>n. Damit kann eine WEA<br />
nach anfänglichen Kalibrierungsarbeiten, während <strong>de</strong>rer mittels Detektoren in <strong>de</strong>r Gon<strong>de</strong>l die anlagentypische Fle<strong>de</strong>rmausaktivität<br />
gemessen wird, relativ einfach und mit minimalem Gewinnverlust fle<strong>de</strong>rmausfreundlich betrieben wer<strong>de</strong>n.<br />
Abstracts: Nationale Tagung / Réunion nationale 27.03.2010 4