PDF herunterladen - Klasse Gegen Klasse
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D e u t s c h l a n d<br />
Für eine sozialistische<br />
Welt ohne Grenzen!<br />
Wie können die Rechte von MigrantInnen durchgesetzt werden?<br />
6<br />
von K.A. Stern und Chucho Kahl (RIO, Berlin)<br />
In den letzten Monaten nahm der Kampf von Geflüchteten<br />
gegen unmenschliche Behandlung durch die Behörden der<br />
BRD eine ganz neue Qualität an. Nachdem migrantische AktivistInnen<br />
– gerade in Bayern – immer wieder durch Aktionen<br />
aufgefallen waren, setzte sich Anfang September in Würzburg<br />
eine Karawane von Geflüchteten in Bewegung. Ganze Familien<br />
marschierten mit, bis sie nach drei Wochen und 600 Kilometern<br />
in Berlin ankamen. Dort halten sie seitdem den Oranienplatz in<br />
Kreuzberg mit einem Camp besetzt 1 .<br />
Am 13. Oktober riefen die Geflüchteten und ihre UnterstützerInnen<br />
zu einer Demonstration auf, die vom Oranienplatz bis<br />
vor das Reichstagsgebäude zog (wo sie auf eine <strong>Gegen</strong>demonstration<br />
der rechtsradikalen Partei „Pro Deutschland“ stießen).<br />
Nachdem die DemonstrantInnen des „Global Noise Day“ (zum<br />
Jahrestag des globalen Aktionstages am 15. Oktober 2011)<br />
und des Protestcamps der MieterInnen am Kottbusser Tor sich<br />
angeschlossen hatten, waren über 6.000 Menschen auf den<br />
Straßen, um ihre Solidarität mit dem Kampf der Geflüchteten<br />
zum Ausdruck zu bringen. Am folgenden Montag fand dann<br />
eine Besetzung der nigerianischen Botschaft statt, weil diese<br />
in vielen Fällen mit dem deutschen Staat bei Abschiebungen<br />
kollaborierte. Als dabei mehrere AktivistInnen festgenommen<br />
wurden, mobilisierten sich spontan fast 1.000 Menschen, um<br />
für ihre sofortige Freilassung zu demonstrieren 2 – erfolgreich!<br />
Eine vollkommen ungewohnte Situation: Sowohl die Radikalität<br />
der Geflüchteten selbst als auch die große Anzahl an solidarisch<br />
demonstrierenden Menschen überstieg hier das sonst<br />
bekannte Maß der „Antira“-Bewegung. Denn in der Tat waren<br />
die Geflüchteten radikal: So forderten sie mit ihrer Karawane<br />
nach Berlin die rassistische Residenzpflicht offen heraus. Einige<br />
der AktivistInnen kampierten zusätzlich am Pariser Platz<br />
vor dem Brandenburger Tor und waren anderthalb Wochen<br />
im Hungerstreik, während sie entwürdigendster Polizeischikane<br />
ausgesetzt waren, und zogen somit eine beispiellose Aufmerksamkeit<br />
auf ihre Forderungen. So erfuhren breite Teile der<br />
Bevölkerung erstmalig über die Flüchtlingslager, die Residenzpflicht,<br />
das Verbot von Arbeit und Bildung sowie über weitere<br />
Maßnahmen, die AsylbewerberInnen abschrecken sollen.<br />
Wir begrüßen es ausdrücklich, dass sich Menschen, die rassistischer<br />
Unterdrückung ausgesetzt sind, auf diese Art und<br />
Weise wehren, genauso, dass dieser ihr Kampf ein solch außergewöhnliches<br />
Echo in der breiten Bevölkerung findet. Nichtsdestotrotz<br />
kann der Kampf nicht bei symbolischen Aktionen<br />
stehen bleiben. Vielmehr müssen aus der Analyse der Situation<br />
von MigrantInnen konkrete Schritte entwickelt werden.<br />
1. Siehe den Leitartikel aus Waffen der Kritik Nr. 6: http://www.klassegegenklasse.org/fur-ein-grenzenloses-asylrecht/.<br />
Siehe auch den<br />
Leitartikel aus Banana Republic Nr. 2: http://www.klassegegenklasse.<br />
org/banana-republic-nr-2-kein-mensch-ist-illegal/.<br />
2. Siehe: http://www.klassegegenklasse.org/berlin-1-000-auf-spontandemo-fur-fluchtlinge/.<br />
Hintergründe von Rassismus<br />
Das Problem hat seine Ursachen in den Raubzügen des Imperialismus<br />
in halbkolonialen Ländern in der sogenannten „Dritten<br />
Welt“. Aus ihren Heimatländern geflüchtet, die nur den Monopolen<br />
der reichen Länder Rohstoffe liefern, suchen sie dort nach<br />
einem Leben in Freiheit und Sicherheit, wo ihre SchänderInnen<br />
sich auf dem Diebesgut eine kleine Parallelwelt des Wohlstands<br />
geschaffen haben. Doch – natürlich – sind sie auch hier nicht<br />
sicher. Das Kapital der imperialistischen Länder kann ArbeiterInnen<br />
gut gebrauchen, die in Zaum gehalten werden von der<br />
Furcht auf „Rückführung“ in die alte Heimat, und deswegen bereit<br />
sind, zu den geringsten Löhnen die härteste, zermürbendste<br />
und entwürdigendste Arbeit zu machen. So schafft sich<br />
die Bourgeoisie eine Schattenwirtschaft der skrupellosesten<br />
Lohnsklaverei. Auch wenn besonders schlechte Jobs in der BRD<br />
zunehmend von legalen MigrantInnen aus Osteuropa erledigt<br />
werden, so leben und arbeiten heute bis zu eine Million „Illegale“<br />
in diesem Land.<br />
Währenddessen schaffen die Staaten eben dieser Bourgeoisie<br />
ein System von Lagern, in dem die Geflüchteten wie<br />
SchwerstverbrecherInnen gehalten werden: Sie leben auf<br />
engstem Raum, sind auf vollkommen verkommene Sanitäranlagen<br />
angewiesen, und dürfen erst recht nicht auch nur ihre<br />
Ernährung selbst bestimmen, sondern bekommen nur fertige<br />
Lebensmittelpakete, oft von Dienstleistungskonzernen wie<br />
Dussmann. Schlimm genug, dass die geflüchteten Menschen<br />
damit wie Vieh behandelt werden – der bürgerliche Staat lässt<br />
sich diese Tortur auch einiges kosten. Es wäre nämlich für ihn<br />
wesentlich billiger, die Geflüchteten einfach wie „gewöhnliche“<br />
Erwerbslose zu versorgen (also mit Geldzahlungen und Unterbringung<br />
in normalen Sozialwohnungen).<br />
Warum tut er das nicht? Die Bourgeoisie zieht, wie bereits<br />
erwähnt, erheblichen Profit daraus, wenn die migrantischen<br />
Lohnabhängigen sich als moderne SklavInnen verdingen – die<br />
Schrecken der Lager bringen viele von ihnen dazu, sich eher<br />
in der Illegalität zu sklavenähnlichen Bedingungen durchzuschlagen.<br />
Dieser Sektor der ArbeiterInnenklasse, der noch weit<br />
unterhalb der Bedingungen des Niedriglohnsektors arbeiten<br />
muss, schafft Druck auf alle Löhne.<br />
Gleichzeitig hat die Bourgeoisie die Geflüchteten quasi gleich<br />
zur Hand, wenn von der eigenen Verantwortung an der Misere<br />
der Menschen abgelenkt werden muss – man kann mit dem<br />
Finger auf die Geflüchteten zeigen, diese seien durch „Asylmissbrauch“<br />
schuld, und nicht etwa die Herrschenden. So geschieht<br />
es im Moment, wo der christ-reaktionäre Innenminister Friedrich<br />
über Geflüchtete aus Serbien und Montenegro herzieht<br />
(die zufälligerweise mit dem gar nicht unbekannten Feindbild<br />
des „Zigeuners“ übereinstimmen).<br />
RevolutionärInnen können nicht die Augen verschließen vor<br />
der Hölle, die die herrschende <strong>Klasse</strong> und ihr Staat den MigrantInnen<br />
bereiten. Unser Kampf gilt ja gerade dem unersättlichen<br />
Drang der Bourgeoisie nach der Mehrung ihres Profits, der auf<br />
der Ausbeutung der unterdrückten und entrechteten Massen<br />
beruht. Diese krassen Angriffe auf die fundamentalsten demokratischen<br />
Rechte migrierter Menschen müssen wir bekämpfen.