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Fritz Langs Stummfilmklassiker METROPOLIS (D 1927)

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Handout / Expose<br />

<strong>Fritz</strong> <strong>Langs</strong> <strong>Stummfilmklassiker</strong> <strong>METROPOLIS</strong> (D <strong>1927</strong>)<br />

Kinoworkshop am Donnerstag, 27. Oktober 2011, 10 - 13 Uhr im ARRI Kino<br />

Mit freundlicher Unterstützung der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien<br />

Bild: Dreharbeiten <strong>METROPOLIS</strong>, Brigitte Helm im Roboterkostüm während der Drehpause - Quelle: www.filmportal.de<br />

Der deutsche <strong>Stummfilmklassiker</strong> <strong>METROPOLIS</strong> wurde von der UNESCO bereits im Jahr<br />

2001 - als erster Film überhaupt - in die Liste des Weltdokumentenerbes (Memory of the<br />

World) aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt lag die von der Murnaustiftung digital<br />

restaurierte Fassung des Films vor, bei der immer noch gut ein Fünftel des vollständigen<br />

Originals von <strong>1927</strong> fehlte. (Am 10. Januar <strong>1927</strong> startete der Film erst in Berlin, später dann<br />

im August <strong>1927</strong> in Stuttgart und München neu mit einer gekürzten Fassung.) Die weitere<br />

Suche nach den verlorenen Teilen war - nach jahrzehntelangen intensiven Forschungen -<br />

bereits aufgegeben worden. So war es eine unerwartete Sensation, als 2008 in Buenos<br />

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Aires die zwar schlecht erhaltene, dennoch vollständige Fassung einer Exportkopie von<br />

<strong>1927</strong> zum Vorschein kam (Informationen: www.zeit.de/2008/28/Metropolis-Reportage-28).<br />

Ausgehend von der restaurierten Fassung von 2001 wurden die noch fehlenden Teile aus<br />

dem neuen Material hinzugefügt. Die Klavierauszüge der Filmmusik von Gottfried<br />

Huppertz dienten zur Orientierung für die endgültige Montage. Am 12. Februar 2010 -<br />

nach 83 Jahren - kehrte die Premierenfassung von <strong>METROPOLIS</strong> auf die Kinoleinwand<br />

zurück. Die Wiederaufführung wurde als Highlight der Berlinale gefeiert, musikalisch<br />

begleitet vom Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter der Leitung von Frank Strobel.<br />

Weitere Informationen zur Aufführung am 12. Februar in Berlin: www.arte.tv<br />

Nach der Welle der Begeisterung beim internationalen Fachpublikum und bei<br />

Filmliebhabern wird dieser Filmklassiker nun auch dem breiten Publikum zugänglich<br />

gemacht. Im Mai 2011 startete die neue restaurierte Fassung von <strong>METROPOLIS</strong> im Kino,<br />

im Oktober 2011 folgt die Veröffentlichung auf DVD und Blu-ray. Im Internet sind sehr gute<br />

und ausführliche Informationen bereitgestellt, wie z.B. beim Deutschen Filmportal oder auf<br />

der Webseite der Murnaustiftung zur Restaurierung und Wiederaufführung des Films.<br />

Weitere Informationen: www.filmportal.de www.metropolis2710.de<br />

Doch wie soll die Masse der Zuschauer mit einem Film umgehen, der schon bei seiner<br />

(ersten) Uraufführung <strong>1927</strong> auf Widerstand gestoßen ist? Daraus folgte ja, wie überliefert<br />

ist, dass der Film gekürzt und neu zusammengeschnitten wurde, weil man sich damit mehr<br />

Publikumszuspruch erhofft hat, ohne dieses Ziel - nach einer zweiten Uraufführung in<br />

Stuttgart und in München - zu erreichen. Warum ausgerechnet ist die Originalversion, die<br />

sich im Kino nicht durchsetzen konnte, über Jahrzehnte hinweg zu einem Mythos<br />

geworden, dessen Wiederentdeckung nun groß gefeiert wird?<br />

Auch heute sind die Zuschauer von der Filmhandlung mit viel „Sozialkitsch“ (über die<br />

romantischen Versöhnung von Proletariat und Kapitalismus) nicht wirklich zu begeistern.<br />

Dagegen sind die herausragenden kreativen Leistungen und Innovationen bei diesem Film<br />

- die Inszenierung, das Szenenbild, die Bauten, die Kamera, die optischen Spezialeffekte<br />

und die musikalische Gestaltung - eine unerschöpfliche Quelle, von der Filmschaffende<br />

und Publikum seit Generationen inspiriert werden. Der Film ist ein Zeitdokument, geprägt<br />

von der sozialen Stimmung der Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik. Es lassen<br />

sich Vergleiche mit anderen künstlerischen Werken dieser Zeit herstellen, wie z.B. mit dem<br />

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Theaterstück MASSE MENSCH von Ernst Toller. Stilistisch wird <strong>METROPOLIS</strong> zwischen<br />

Expressionismus und Neuer Sachlichkeit eingeordnet.<br />

<strong>METROPOLIS</strong> setzt sich aus geschichtlichen Motiven zusammen: Der alttestamentarische<br />

Turmbau zu Babel, die frühchristlichen Katakomben, das gotische Mittelalter. Aus den<br />

Visionen über die Zukunft erfahren wir Zuschauer heute, wie man sich damals die Welt im<br />

Jahr 2000 vorgestellt hat. Manches im Film gab es zu dieser Zeit noch gar nicht, wie z.B.<br />

das Bildtelefon. Das ist für uns inzwischen Realität geworden.<br />

Das Bildtelefon:<br />

Bild: Joh Fredersen (Alfred Abel ) telefoniert mit Groth, dem Wärter der Herzmaschine (Heinrich George) Quelle: www.kino.com<br />

„ ...Ein interessantes Problem nannte Günter Rittau die Aufnahme, es wurde gelöst, indem das Bild<br />

des Werkmeisters Groth von rückwärts durch einen Projektionsapparat auf die Mattscheibe des<br />

Fernsehers projiziert wurde und dieser nun von vorn durch eine Kamera aufgenommen wurde. Dabei<br />

wurden Projektionsapparat und Kamera durch Wellen verbunden, sodass sie mit gleicher<br />

Geschwindigkeit arbeiteten...“<br />

(Quelle: DVD-Feature „Der Fall Metropolis“ von Enno Patalas, DVD /Transit Classics 2003)<br />

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<strong>METROPOLIS</strong> ist ein Klassiker der Science-Fiction und Vorbild für andere Filme, wie z.B.<br />

BLADE RUNNER (USA 1982) von Ridley Scott oder STAR WARS von George Lucas (USA 1977).<br />

BLADE RUNNER / Tyrell Building (http://members.fortunecity.com)<br />

<strong>METROPOLIS</strong> / Der neue Turm Babel (http://2.bp.blogspot.com)<br />

STAR WARS / R2D2 (Quelle: http://ftp01.wdr.de /Rechte: Fox) – <strong>METROPOLIS</strong> Roboter (Quelle: www.kinofenster.de//Rechte: Warner)<br />

„ … Erst in den Achtzigerjahren begannen die Genres sich zu mischen. Ridley Scotts Blade Runner<br />

eröffnet 1982 eine Reihe von Filmen, bei denen Metropolis Pate stand ... Auch hier beherrscht urbane<br />

Architektur total den Raum des Films. Die Megastadt als Firmenimperium ... was in den Zwanzigern<br />

Zukunftsvision, erscheint in den Achtzigern als Resümee des zwanzigsten Jahrhunderts ... Wie<br />

Metropolis ist Blade Runner zugleich zukunfts- und vergangenheitsorientiert ... Gesellschaft und<br />

Architektur sind identisch in ihrer vertikalen Gliederung ... Was für Metropolis der Neue Turm Babel,<br />

ist in Blade Runner das Tyrell Building. Joh Jehova Fredersen entspricht Eldon Tyrell ... Die falsche<br />

Maria hat ein Gegenstück in der Künstlichen Rachael, Rotwang in dem Zauberer Sebastian ... Und<br />

den Arbeitern von Metropolis gleich rebellieren jetzt die Replikanten der Unterwelt ... In Filmen wie<br />

Brazil, 1985, und in den Neunzigern Terminator 2, Seven, Das fünfte Element und Dark City ist<br />

ebenfalls ein ferner Wiederhall von Metropolis wahrzunehmen.<br />

1982 nimmt der Hollywood-Komponist Giorgio Moroder den Film als Vorlage für eine elektronische<br />

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Suite. Moroder greift hinter die Paramount-Version zurück auf Details der deutschen Premierenfassung<br />

und aktualisiert das originale Schwarzweiß auf durch Kolorierung. ...“ (Enno Patalas)<br />

Trailer der Filmfassung von Giorgio Moroder: www.youtube.com<br />

In den 1980er Jahren entstehen Video-Clips mit Motiven aus <strong>METROPOLIS</strong>:<br />

1984: RADIO GA GA von der Rockgruppe Queen<br />

1989: EXPRESS YOURSELF (Regie David Fincher) von Madonna<br />

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Werkstatt <strong>METROPOLIS</strong>: kreativ und innovativ<br />

Szenenbild: Die Zukunftsstadt im Film BLADE RUNNER ist nach den Entwürfen des<br />

Szenenbildners Erich Kettelhut gebaut worden. Die Sets von <strong>METROPOLIS</strong> entstanden in<br />

Zusammenarbeit mit seinen Kollegen Otto Hunte und Karl Vollbrecht.<br />

Interview mit dem Filmhistoriker Rainer Rother zum Szenenbild von <strong>METROPOLIS</strong><br />

beim Wissensportal der Deutschen Filmakademie: www.vierundzwanzig.de<br />

„ ... Die Oberstadt bilden Hochhäuser, dazwischen Auto- und Schienenbahnen und Flugverkehr,<br />

gekrönt von dem vielstöckigen Neuen Turm Babel - darin das weiträumige Büro des Herrn der Stadt.<br />

Ein eigenes Viertel in der Oberstadt bildet der Klub der Söhne mit seinem Stadion und mit den<br />

Ewigen Görten. - Zwei mittelalterliche Fremdkörper in der modernen Oberstadt sind Rotwangs altes<br />

Haus und der gotische Dom. - Und etwas abseits das Yoshiwara, das Vergnügungsviertel der Stadt.<br />

- Weiter unten, über Treppen erreichbar, das Maschinenviertel mit der M-Maschine, deren Funktion<br />

nicht ersichtlich ist, der Herz-Maschine, dem Energiezentrum der Stadt, und der - im Roman so<br />

genannten - Paternoster-Maschine. Darunter, mit Aufzügen zu erreichen, die Wohnquartiere der<br />

Arbeiterstadt. - Und noch tiefer, tief unter den Tiefbahnen der modernen Stadt, die altertümlichen<br />

Katakomben mit der Krypta.“ (Enno Patalas)<br />

Die Oberstadt (Mischung aus Modell- und realen Aufnahmen)<br />

Neuer Turm Babel innen - Joh Fredersens Büro<br />

(Quelle: http://ftp01.wdr.de) (Quelle:www.dgdesignnetwork.com.au)<br />

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Aufbau der Kulissen für die Stadt der Zukunft in <strong>METROPOLIS</strong> (<strong>1927</strong>) (Quelle: www.filmportal.de)<br />

Spezialeffekte: Bei einigen Szenen in Metropolis wurde der Hintergrund in die Kamera<br />

eingespiegelt, um so zwei Bildebenen zusammenzuführen. Ähnlich wie das beim<br />

Greenscreen-Verfahren in heutigen Filmproduktionen geschieht, nur dass es sich hier um<br />

getrennte Aufnahmen handelt. Spezialist für die optischen Tricks bei <strong>METROPOLIS</strong> war<br />

Eugen Schüfftan, das Kameraeinspiegelungs-Verfahren ist nach ihm benannt.<br />

Beispiel (Stadion im „Club der Söhne“, Quelle: www.kino.com)<br />

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„ …Zusammen mit Ernst Kunstmann entwickelte Eugen Schüfftan 1923 sein Spiegeltrickverfahren.<br />

Dabei wird in einem Winkel von 45 Grad ein Spiegel vor das Kameraobjektiv montiert, in dem ein<br />

schräg hinter der Kamera installiertes Miniaturmodell sich spiegelt - in dem Spiegelglas wird der<br />

Belag stellenweise weggekratzt, sodass in diesem Bereich der Blick der Kamera ungehindert auf den<br />

realen Dekor fallen kann. ...“ (Enno Patalas)<br />

Die berühmteste Trickaufnahme in <strong>METROPOLIS</strong> ist die Verwandlung des Roboters im<br />

Labor des Erfinders Rotwang, der ihn geschaffen hat und nun in eine menschliche Gestalt<br />

transformiert. Die Skulptur stammt von Bildhauer Walter Schultze-Mittendorf.<br />

Quelle: www.kinofenster.de (Rechte: Murnaustiftung)<br />

„ … Die Verwandlung des Maschinenmenschen vollzog sich - ohne Kopiertricks - in der Kamera. Bis<br />

zu dreißig mal wurde dasselbe Stück Negativ belichtet. Zuerst fotografierte man den Maschinenmenschen<br />

auf dem Sockel; dann wurde die Figur durch eine schwarze Silhouette ersetzt und um sie<br />

herum zwei kreisrund gebogene Neonlichter in Röhren aus Stullenpapier wiederholt rauf<br />

und runter gefahren, mittels einer Art Fahrstuhl - aufgenommen durch eine Glasplatte, auf der eine<br />

dünne Fettschicht verstrichen war. Zuletzt wurden, ohne die Fettglasscheibe, die elektrischen<br />

Entladungen an den Verbindungskabeln aufgenommen.. ...“ (Enno Patalas)<br />

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Kamera: Karl Freund und sein Kollege Günter Rittau gehörten zu den führenden<br />

Kameramännern ihrer Zeit. Karl Freund ist bekannt für seinen Erfindungsreichtum, die<br />

Gestaltung mit der „entfesselten Kamera“ gilt als seine Errungenschaft. Ein Beispiel dafür<br />

sind die Aufnahmen der Erschütterungen bei der Katastrophe in der Arbeiterstadt.<br />

Karl Freund (1890–1969) beginnt seine Laufbahn als Mitarbeiter des<br />

Filmpioniers Oskar Messter. Für F. W. Murnau fotografiert er acht Filme<br />

(u.a. DER LETZTE MANN, D 1924). In den dreißiger Jahren beginnt seine<br />

zweite Karriere in Hollywood (u.a. DRACULA, USA 1931), wo er auch als<br />

Regisseur arbeitet (u.a. DIE MUMIE, USA 1932).<br />

Bild li. Karl Freund und Günter Rittau an der Mitchell-Kamera; Bild re. <strong>Fritz</strong> Lang mit der Stachow-Kamera (Quelle: www.kino.com)<br />

<strong>Fritz</strong> Lang und Erich Pommer hatten von ihrer Amerikareise zwei Mitchell-Kameras für die<br />

Dreharbeiten von <strong>METROPOLIS</strong> mitgebracht. Für die Aufnahmen mit der „entfesselten<br />

Kamera“ wurde eine Stachow-Kamera eingesetzt.<br />

„ ... Die Mitchell war dem Kameramann Guido Seber zufolge eine der vollkommensten Apparaturen,<br />

die für Filmaufnahmezwecke hergestellt wird und daher auch im Preise mit an erster Stelle. Auf<br />

seinen Wunsch hatte Pommer bei ihrem Amerikabesuch zwei davon gekauft, die ersten, die in<br />

Deutschland Verwendung fanden. Außer den Mitchells kam bei Metropolis der Stachow-Filmer zum<br />

Einsatz, eine deutsche Leichtmetall-Kamera, die nur acht Kilo wog. Sie wurde bei komplizierten<br />

Einstellungen benutzt. Hier hatten Freund und Rittau sie auf eine Schaukel gesetzt, um eine<br />

Druckwelle zu simulieren. ...“ (Enno Patalas)<br />

Filmmusik: Die Originalpartitur der Filmmusik von Gottfried Huppertz zur Premierenfassung<br />

des Films war ein wichtiges Dokument zur Vorlage für die Montage bei der<br />

Wiederherstellung des Films. Frank Strobel, der auch das Rundfunk-Sinfonieorchester<br />

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Berlin bei der Live-Aufführung der Berlinale dirigiert hat, begleitete die Filmrestaurierung.<br />

ARTE-Video: Orchesterprobe mit Frank Strobel (4 Minuten)<br />

Frank Strobel übernahm zusammen mit dem Rundfunk-<br />

Sinfonieorchester Berlin die Einspielung der Filmmusik für die<br />

Vertonung des Films. Zuständig für die Tonaufnahmen und die<br />

Tonmischung war Wolfram Nehls (Deutschlandradio Kultur und<br />

ARTE). Die Endbearbeitung für die Kinokopie fand im ARRI-<br />

Tonstudio statt, unter der Leitung von Tschangis Chahrokh.<br />

Hörbeispiel: Metropolismotiv (Originaltondokument, Deutsche Kinemathek)<br />

Frank Strobel (Foto: Kai Bienert)<br />

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Restaurierungsarbeiten und Neuveröffentlichungen von <strong>METROPOLIS</strong><br />

Bildrestaurierung - Beispiel:<br />

Quellen: www.alpha-omega.de www.scientific-media.de www.schnittberichte.com<br />

Restauriert wurde <strong>METROPOLIS</strong> 27/10 von der in Wiesbaden ansässigen Friedrich-<br />

Wilhelm-Murnau-Stiftung in Kooperation mit weiteren Partnern.<br />

Informationen: www.metropolis2710.de<br />

Die größte Herausforderung bei der Restaurierung war der problematische Zustand des<br />

gefundenen Materials. Die bislang fehlenden Einstellungen und Sequenzen sind lediglich<br />

in Form eines 16-mm-Dup-Negativ erhalten, das in den 1970er Jahren von einer stark<br />

abgenutzten argentinischen 35mm-Verleihkopie gezogen wurde. Trotz modernster Restaurierungstechnik<br />

wird der Unterschied der wieder entdeckten Teile mit einer Länge von<br />

mehr als 30 Minuten zur fotographischen Güte der Fassung von 2001 immer sichtbar sein.<br />

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Die Bilder aus dem argentinischen Filmmaterial wurden digital bereinigt oder digital neu<br />

modelliert.<br />

Weitere Informationen: Alpha-Omega mit Dokumentation der Restaurierung; Showroom<br />

scientific | Media und Schnittbericht<br />

Die ersten Restaurierungsversuche zu <strong>METROPOLIS</strong> gab es schon sehr viel früher. Vor<br />

allem das Münchner Filmmuseum hat in den 1980er Jahren unter der Leitung von Enno<br />

Patalas wesentlich zur Wiederentdeckung und Wiederherstellung des Films beigetragen.<br />

Auf dieser Grundlage entstand die erste digital restaurierte Fassung von 2001.<br />

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Infos zum Film und zur Einordnung in den zeitgeschichtlichen Kontext<br />

Regie - <strong>Fritz</strong> Lang: (1890-1976) Zitat David O. Selznik,<br />

Vizepräsident der amerikanischen Produktionsfirma Metro-<br />

Goldwyn-Mayer (MGM), der <strong>Fritz</strong> Lang 1934 unter Vertrag<br />

nahm: „Deutschlands Verlust ist Amerikas Gewinn“. Die<br />

Biografie und das Werk von <strong>Fritz</strong> Lang sind - auf sehr widersprüchliche Weise - eng mit<br />

den politischen Ereignissen und der gesellschaftlichen Entwicklung im Dritten Reich<br />

verflochten. Seine Filme DIE NIBELUNGEN und <strong>METROPOLIS</strong> wurden von Hitler und<br />

Goebbels feierlich zum Inbegriff deutscher Kultur erklärt, andere dagegen, wie M - EINE<br />

STADT SUCHT EINEN MÖRDER oder DAS TESTAMENT DES DR.MABUSE, als<br />

Kulturschande geächtet und von der Zensur verboten. Der MABUSE-Film war unmittelbar<br />

nach Gründung des Propaganda-Ministeriums der erste Verbotsfall. Es kam zu einer<br />

Unterredung mit Joseph Goebbels, anschließend verließ <strong>Fritz</strong> Lang Deutschland. Über<br />

das Gespräch berichtete er selbst folgendermaßen: „Ich wurde zu Goebbels gerufen,<br />

nicht, wie ich fürchtete, um Rechenschaft über meinen Film abzulegen, sondern, zu<br />

meinem Erstaunen, um mir vom Reichspropagandaminister erzählen zu lassen, Hitler<br />

habe ihn beauftragt, mir die Leitungsposition der deutschen Filmindustrie anzubieten. 'Der<br />

Führer hat Ihren Film <strong>METROPOLIS</strong> gesehen und gesagt: 'Das ist der Mann, der uns den<br />

nationalsozialistischen Film schenken wird.' ...“<br />

Im amerikanischen Exil setzte sich <strong>Fritz</strong> Lang weiterhin mit dem Nationalsozialismus<br />

auseinander. Beispiele dafür sind sein erster Hollywoodfilm FURY (USA 1936 - deutscher<br />

Titel: BLINDE WUT), der sich mit dem Phänomen der Massenhysterie beschäftigt und der<br />

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Film HANGMEN ALSO DIE ! (USA 1943 - deutscher Titel: AUCH HENKER STERBEN), zu<br />

dem er gemeinsam mit Bertolt Brecht die Story geschrieben hat, eine Verfolgungsjagd, die<br />

sich nach dem Attentat auf Reinhard Heydrich in Prag abspielt. <strong>Langs</strong> dritter Anti-Nazi-Film<br />

MINISTRY OF FEAR (USA 1944 - deutscher Titel: MINISTERIUM DER ANGST) - über<br />

eine Verschwörung der Nationalsozialisten in England - entstand nach dem Roman von<br />

Graham Greene.<br />

Der amerikanische Film in den 1940er Jahren war vom Film Noir geprägt, <strong>Fritz</strong> Lang ist -<br />

zusammen mit seinem ebenfalls aus Wien stammenden Kollegen Otto Preminger - einer<br />

der wichtigsten Vertreter dieser Stilrichtung, die vom expressionistischen Film abstammt.<br />

Lang hat in Hollywood 22 Filme gedreht, das macht mehr als die Häfte seines Werkes<br />

aus. Dabei arbeitete er für verschiedene Studios: MGM, United Arists, Paramount, 20 th<br />

Century Fox, RKO, Universal, Columbia. Mit dem Aufkommen des Fernsehens in den<br />

1950er Jahren wurde auch für ihn die Auftragslage schwieriger. Als er 1956 für kurze Zeit<br />

nach Deutschland zurückkehrte, entstanden seine letzten drei Filme: DER TIGER VON<br />

ESCHNAPUR (D 1958/1959), DAS INDISCHE GRABMAL (D 1958/1959) und DIE<br />

TAUSEND AUGEN DES DR. MABUSE (D 1960). An seinen künstlerischen Erfolg konnte<br />

er damit nicht wieder anknüpfen.<br />

Doch fand er bald darauf neue Anerkennung. In Frankreich wurde er von den Regisseuren<br />

der Nouvelle Vague wiederentdeckt. Nach seinem Auftritt als Darsteller (er spielte sich<br />

selbst) in Jean Luc Godards LE MÉPRIS (Frankreich 1963, deutscher Titel: DIE<br />

VERACHTUNG) wurde er mit Ehrungen überhäuft. Erst in Frankreich - dort verlieh ihm der<br />

französische Kultusminister André Malraux 1965 den Orden: „Officier des Arts et des<br />

Lettres“). Dann in Deutschland, wo er 1966 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet<br />

wurde. Und schließlich in Österreich. 1971 kehrte er nach 40 Jahren zurück nach Wien,<br />

um die Ehrenmedaille der Stadt in Empfang zu nehmen. In der internationalen Filmwelt hat<br />

man ihn überallhin als Ehrengast eingeladen, er führte zahlreiche Interviews und ließ sich<br />

als Zeuge einer vergangenen Filmepoche bereitwillig ausfragen.<br />

Nach langer Krankheit starb <strong>Fritz</strong> Lang am 2. August 1976 in Beverly Hills.<br />

Quelle „<strong>Fritz</strong> Lang“ Biografie von Michael Töteberg (Rowohlt 1985)<br />

Weitere Informationen über <strong>Fritz</strong> Lang: www.filmportal.de<br />

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Produzent - Erich Pommer: (1889-1966) Er beginnt seine<br />

Arbeit für den Film in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, für<br />

französische Produktionsgesellschaften. Frankreich war<br />

damals die führende Filmnation. Mit dem Aufschwung des<br />

Deutschen Films nach dem Ersten Weltkrieg wird er bald zu einem der bedeutendsten<br />

Filmproduzenten, mit seinen Filmen schreibt er Filmgeschichte. - Überblick über die<br />

wichtigsten Filme des Weimarer Kinos, die von ihm produziert worden sind:<br />

1920: DAS CABINET DES DR. CALIGARI (Regie: Robert Wiene)<br />

1924: DIE NIBELUNGEN, Teil 1 und 2 (Regie: <strong>Fritz</strong> Lang)<br />

1926: <strong>METROPOLIS</strong> (Regie: <strong>Fritz</strong> Lang)<br />

1926: FAUST – eine deutsche Volkssage (Regie: F.W.Murnau)<br />

1930: DER BLAUE ENGEL (Regie: Josef von Sternberg)<br />

1930: DIE DREI VON DER TANKSTELLE (Regie: Wilhelm Thiele)<br />

1933 emigrierte Erich Pommer mit seiner Familie ins Ausland. Er arbeitete mit <strong>Fritz</strong> Lang<br />

in Frankreich, mit Alfred Hitchcock in England und ging schließlich nach Hollywood. 1946<br />

kehrte er nach Deutschland zurück und förderte den Wiederaufbau der deutschen<br />

Filmwirtschaft als Filmoffizier der US-Armee.<br />

Neben seinem ausgeprägten Interesse für technische und inhaltliche Innovationen förderte<br />

Erich Pommer stets den filmischen Nachwuchs sowie die Aus- und Weiterbildung seiner<br />

Mitarbeiter.<br />

(Quelle: Erich Pommer Institut)<br />

Drehbuch - Thea von Harbou:<br />

„ … An allen seinen Filmen von 1920 bis 33 ist sie beteiligt. Die Harbous<br />

waren dänischer Kleinadel, verarmt, ohne Grundbesitz. Thea wurde<br />

Schauspielerin, begann zu schreiben - Trivialliteratur für den Ullstein-Verlag.<br />

Ihre Serienphantasie brachte sie zum Kino. Für Klischees und Kolportage in<br />

<strong>Langs</strong> Filmen haben seine Anhänger stets von Harbou verantwortlich<br />

gemacht. Lang hat sie immer verteidigt. Sie waren sich einig: der<br />

Illustrierten-Roman war ihnen so wertvoll wie Märchen und Sage: Welch ein<br />

Unmaß von Brutalität, von Roheit, von Verbrechen ist in den lieblichsten<br />

deutschen Märchen angehäuft und in den deutschen Sagen. … Im Juni 1924 entsteht bei einem<br />

Urlaub im Salzkammergut das Drehbuch zu <strong>METROPOLIS</strong>. Im Juli macht die Ufa das Projekt publik.<br />

Im Herbst soll gedreht werden. Erst einmal aber fahren Lang und Pommer auf dem Dampfer<br />

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Deutschland nach Amerika. … Lang wird später behaupten, die Idee zu Metropolis sei ihm angesichts<br />

der Wolkenkratzer von New York gekommen. Von New York fahren Lang und Pommer weiter nach<br />

Hollywood, besuchen Studios, schaun sich Tricktische an, kaufen Kameras. Thea von Harbou schreibt<br />

zur selben Zeit an Roman und Drehbuch. Der Roman erscheint ab August 26 in Fortsetzungen in<br />

einer Illustrierten, dann in Buchform. (Enno Patalas)<br />

Drehbuchseite:<br />

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Die Schauspieler:<br />

Brigitte Helm (1906-1996) sammelt erste Theatererfahrungen bei<br />

Schulaufführungen. Im Alter von 19 Jahren wird sie von <strong>Fritz</strong> Lang<br />

für die Doppel-Hauptrolle als Jungfrau und Maschinenmensch Maria<br />

in <strong>METROPOLIS</strong> (1925/26) engagiert und erhält anschließend einen<br />

Zehnjahres-Vertrag bei der Ufa. Während dieser Zeit ist sie fast<br />

ausschließlich in Hauptrollen zu sehen. Mit dem Erfolg in Henrik<br />

Galeens ALRAUNE (1930) ist Brigitte Helm endgültig auf die Rolle<br />

des Vamps festgelegt, setzt sich jedoch erfolgreich zu Wehr und<br />

wird auch in anderen Rollen besetzt. Trotz der Bemühungen des Studios verlängert<br />

Brigitte Helm den Vertrag bei der Ufa nicht. Mit ihrem Ehemann zieht sie sich nach<br />

Ascona, in die Schweiz, zurück. 1968 erhält sie das Filmband in Gold für ihr "langjähriges<br />

und hervorragendes Wirken im deutschen Film".<br />

Gustav Fröhlich (1902 -1987) ging 1921 nach Berlin. Von 1923 bis<br />

1925 spielte er an der Volksbühne, u. a. in Inszenierungen von Erwin<br />

Piscator. Anfang der 1930er Jahre trat er unter Max Reinhardt am<br />

Deutschen Theater u. a. als Prinz von Homburg auf. Gustav Fröhlich<br />

gehörte neben Hans Albers, Willy Fritsch und Heinz Rühmann zu<br />

den prominentesten männlichen Stars des NS-Kinos. Er stand mit<br />

Lída Baarová vor der Kamera und war mit ihr auch privat liiert, bis zu<br />

ihrer Affäre mit Propagandaminister Joseph Goebbels. Nach Ende<br />

des Zweiten Weltkrieges konnte Gustav Fröhlich seine Karriere fortsetzen. Seine<br />

bedeutendste Nachkriegsrolle war die des alternden, todgeweihten Malers Alexander in<br />

Willi Forsts Film DIE SÜNDERIN (1950) an der Seite von Hildegard Knef.<br />

Alfred Abel (1879–1937) ist an Provinzbühnen engagiert, bis er<br />

1904 zum Deutschen Theater nach Berlin wechselt. Er wird zum<br />

Theaterstar und gilt als einer der elegantesten Männer der Stadt.<br />

Abel zeichnet sich vor allem durch sein feinnuanciertes und zurückhaltendes<br />

Spiel aus. Seine wohl erfolgreichste Rolle hat er als der<br />

hochmütige Herrscher Joh Fredersen in <strong>METROPOLIS</strong>. Neben der<br />

Schauspielerei führt Abel auch bei vier Filmen Regie.<br />

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Heinrich George (1893-1946) kam 1921 ans Deutsche Theater in<br />

Berlin und entwickelte sich zu einem der renommiertesten Schauspieler<br />

der Weimarer Republik. Nach Hitlers Machtergreifung bekam<br />

Heinrich George, da er sich zuvor für die kommunistische Partei<br />

engagiert hat, zunächst Berufsverbot, arrangierte sich jedoch mit<br />

dem NS-Regime. Er spielte in verschiedenen UFA-Filmen mit,<br />

darunter in den NS-Propagandafilmen HITLERJUNGE QUEX (1933)<br />

und KOLBERG (1945) sowie dem antisemitischen Propagandafilm<br />

JUD SÜSS (1940). 1937 wurde er Intendant des Schillertheaters Berlin und nahm auch<br />

Künstler unter Vertrag, die dem NS-Regime „unerwünscht“ waren. 1945 wurde er interniert<br />

und starb ein Jahr später im sowjetischen Speziallager Nr. 7 Sachsenhausen.<br />

Rudolf Klein-Rogge (1885-1955) besuchte neben seinem Studium<br />

der Kunstgeschichte die Schauspielschule. Mit seiner Ehefrau Thea<br />

von Harbou zog er nach Berlin, arbeitete am Lessing-Theater und<br />

inszenierte auch eigene Stücke. Nachdem die Beziehung zerbrach,<br />

ging Thea von Harbou eine neue Verbindung mit <strong>Fritz</strong> Lang ein. Sie<br />

machte die beiden miteinander bekannt und sorgte dafür, dass<br />

Klein-Rogge verschiedene Rollen in <strong>Langs</strong> Werken erhielt (z.B. als<br />

Dr. Mabuse). Nach dem Krieg inszenierte er mehrere Stücke in Graz.<br />

<strong>Fritz</strong> Rasp (1891-1976) wuchs auf in Bayreuth und besuchte die<br />

Schauspielschule in München. 1914 kam er nach Berlin und war<br />

dort erst für Max Reinhardt am Deutschen Theater und bis 1951 an<br />

verschiedenen anderen Theatern tätig. Anschließend wechselte er<br />

ans Bayrische Staatstheater in München und ging auf Tourneen.<br />

Bereits seit 1915 arbeitet er beim Film, avancierte in den 20er<br />

Jahren zum Erzschurken der deutschen Leinwand.<br />

Theodor Loos (1883-1954) verließ vorzeitig das Gymnasium und arbeitete zunächst in<br />

Leipzig und Berlin in anderen Berufen, bevor er sich für die Schauspielerei entschied.<br />

1912 bis 1945 trat er an verschiedenen Theatern auf, seit 1913 in über 170 Spielfilmen. Ab<br />

1942 nahm er leitende Funktionen in nationalsozialistischen Kultureinrichtungen ein. Nach<br />

Kriegsende arbeitete er am Staatstheater Stuttgart sowie als Rundfunksprecher.<br />

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Kino in der Weimarer Republik (1918-33)<br />

Bereits vor dem Ersten Weltkrieg gab es in Deutschland zahlreiche Lichtspielhäuser, in denen<br />

Stummfilme vorgeführt wurden. In den Jahren der Weimarer Republik konnte sich der Film als<br />

einflussreiches Massenmedium etablieren, die Lichtspielhäuser nahmen einen rasanten Aufstieg.<br />

Deutschland war der europäische Staat mit den meisten Kinos, deren Anzahl zwischen 1918 und 1930<br />

von 2.300 auf 5.000 anwuchs. Mitte der 20er Jahre gingen auf der Suche nach Unterhaltung und<br />

Freizeitvergnügen täglich etwa zwei Millionen Menschen in die Kinos. Für ihr Eintrittsgeld bekamen sie<br />

neben dem Hauptfilm kurze Vorfilme, gelegentlich Natur- oder Reisefilme und stets die Wochenschau<br />

zu sehen.<br />

Deutschland - und hier vor allem die in Potsdam-Babelsberg ansässige Universum-Film AG (UFA) -<br />

produzierte in den 20er und 30er Jahren mehr Filme als alle anderen europäischen Staaten<br />

zusammen. Der deutsche Film brachte einige große Regisseure mit bedeutenden Produktionen hervor.<br />

"Das Kabinett des Dr. Caligari " (1919/20) von Robert Wiene (1873-1938), M - Eine Stadt sucht einen<br />

Mörder" (1931) von <strong>Fritz</strong> Lang oder Josef von Sternbergs "Der blaue Engel" (1930/31) und "Die blonde<br />

Venus" mit Marlene Dietrich gehören zu den "Klassikern" der internationalen Filmgeschichte.<br />

Besonders die frühen Stummfilme - Friedrich Wilhelm Murnaus "Nosferatu" (1922) und "Faust " (1926)<br />

oder <strong>Fritz</strong> <strong>Langs</strong> Nibelungen-Verfilmungen - setzten mit expressionistischen Hell-Dunkel-Effekten und<br />

romantisch-illusionistischen Stilmitteln Maßstäbe in der Filmkunst.<br />

Der Rhythmus choreographierter Massenszenen bestimmte <strong>Langs</strong> <strong>1927</strong> uraufgeführten Stummfilm<br />

"Metropolis". Die Fabel verknüpft Technikkritik mit naiven Sozialphantasien: Die Arbeiter der Unterstadt<br />

sind der Macht der Kapitalisten und ihrer Maschinen rechtlos ausgeliefert. Unter der Führung eines<br />

dämonischen weiblichen Homunkulus lehnen sie sich gegen ihre Unterdrücker auf, bevor die Liebe<br />

zum klassenversöhnenden Happy-End führt. Das millionenteure Spektakel erwies sich an den Kassen<br />

jedoch als Misserfolg. Längst hatte die Filmfabrik Hollywood die deutschen Kinos erobert und setzte<br />

<strong>1927</strong> mit dem ersten Tonfilm neue Maßstäbe. In Hollywood wurde auch Marlene Dietrich zum Weltstar,<br />

die 1932 als verführerische "Blonde Venus"; nach Deutschland zurückkehrte - allerdings nur auf<br />

Zelluloid.<br />

Den internationalen Filmklassikern standen eine weitaus größere Anzahl Kinofilme leichter<br />

Unterhaltung gegenüber. Anfang der 30er Jahre etablierte sich der Tonfilm auch in Deutschland.<br />

Schlager aus Filmen wie "Die drei von der Tankstelle" (1930) mit Heinz Rühmann oder "Der Kongreß<br />

tanzt" (1931) mit dem Traumpaar des deutschen Films Willy Fritsch und Lilian Harvey konnten nun von<br />

einem Millionenpublikum mitgesungen werden. Waren 1929 nur acht von 183 deutschen Spielfilmen<br />

vertont, so veränderte sich die Relation ein Jahr später auf 101 von 146 Filmen. 1932 wurden bereits<br />

alle 127 in Deutschland produzierten Spielfilme als Tonfilme hergestellt. Tausende von Berufsmusikern<br />

wurden arbeitslos, die zuvor die Stummfilmvorführungen in den Kinos musikalisch untermalt hatten.<br />

(as)<br />

Quelle: Deutsches Historisches Museum www.dhm.de/lemo/html/weimar/kunst/lichtspiele/index.htm<br />

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Zeitgenössische Satire von Thomas Theodor Heine im Simplicissimus (Simpl-Woche für Filmregisseure 31.01.<strong>1927</strong> Jg. 31, Heft 44,<br />

Seite 587; Erläuterung: »Metropolis« Regie <strong>Fritz</strong> Lang, Uraufführung 10.1.<strong>1927</strong> Der Film ist in der ersten wie der zweiten Fassung<br />

(August <strong>1927</strong>) kein Publikumserfolg) – Quelle: http://simplicissimus.info<br />

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Literatur zum Film + zum Weimarer Kino:<br />

Franziska Latell, Werner Sudendorf (Red.):<br />

„<strong>Fritz</strong> <strong>Langs</strong> <strong>METROPOLIS</strong>“<br />

Publikation der Deutschen Kinemathek zur<br />

Ausstellung „The Complete <strong>METROPOLIS</strong>“ auf der<br />

Berlinale 2010. -<br />

Deutsche Kinemathek: „<strong>Fritz</strong> <strong>Langs</strong> <strong>METROPOLIS</strong>“<br />

400 Seiten, über 600 Abbildungen, 49,80 Euro<br />

ISBN 978-3-923646-21-0<br />

Belleville, München 2010<br />

Enno Patalas:<br />

„Metropolis in/aus Trümmern“<br />

Eine ausführliche Studie des Films, ausgehend von<br />

der restaurierten Fassung von 2001. Enno Patalas,<br />

ehemals Leiter des Münchner Filmmuseums, hat<br />

dort in den 1980er Jahren die Rekonstruktion von<br />

„Metropolis“ übernommen. Im Buch werden alle<br />

Informationen zusammengetragen, mit „den<br />

erhaltenen Varianten und Fragmenten, Drehbuch,<br />

Partitur, Zensurkarten, Kritiken, Fotos u.a.“. Weitere<br />

Beiträge zur Filmmusik von Rainer Fabich.<br />

Enno Patalas: „Metropolis in/aus Trümmern - Eine Filmgeschichte“<br />

- 176 Seiten; ISBN 978-3-929470-19-2; 16,90 EUR; Bertz +<br />

Fischer, Berlin (2001)<br />

Siegfried Kracauer: „Von Caligari zu<br />

Hitler“<br />

Ein Klassiker der Filmsoziologie. Das Buch, das<br />

Kracauer selbst einmal als »eine Art Biographie<br />

unserer Generation« bezeichnete, behandelt nach<br />

Vorüberlegungen zu den Jahren 1895 bis 1918, in<br />

denen er unter anderem die Entstehung der UFA<br />

rekapituliert, den deutschen Film der Zwischenkriegszeit<br />

bis 1933. In der festen Überzeugung, dass<br />

» die Filme einer Nation ihre Mentalität unvermittelter<br />

als andere künstlerische Medien « zu erkennen<br />

geben, dienen diese ihm als Reflexionsfläche, auf<br />

der psychologische, insbesondere autoritäre Dispositionen<br />

der deutschen Bevölkerung sichtbar werden,<br />

die auf den Nationalsozialismus vorausweisen.<br />

Siegfried Kracauer - Von Caligari zu Hitler<br />

suhrkamp taschenbuch wissenschaft 479; 632 S., ISBN: 978-3-<br />

518-28079-9, 17,00 €; Suhrkamp, Berlin (1984)<br />

Siegfried Kracauer Werke. Neun Bände<br />

Band 2.1: Von Caligari zu Hitler - 500 S., ISBN: 978-3-518-58342-<br />

5, ca. 48,00 €; Suhrkamp, Berlin (geplante Erscheinung: 14.11.11)<br />

Lotte H. Eisner: „Die dämonische<br />

Leinwand“<br />

In ihrem berühmten Werk untersucht Lotte Eisner die<br />

Einflüsse des Weimarer Kinos aus dem Theater und<br />

der expressionistischen Literatur.<br />

Die dämonische Leinwand. Lotte H. Eisner, 363 S.,<br />

Fischer Verlag (1990); ISBN-10: 3596236606<br />

ISBN-13: 978-3596236602<br />

Béla Balázs: „Der sichtbare Mensch“<br />

oder die Kultur des Films<br />

Bela Balazs gehört zu den »Klassikern« der filmästhetischen<br />

Theorie. Sein frühestes Filmbuch, Der<br />

sichtbare Mensch von 1924, ist die erste wirklich<br />

folgenreiche Filmtheorie, in der die Quintessenz von<br />

drei Jahrzehnten künstlerischer Entwicklung des<br />

neuen Mediums gezogen wird. (...)<br />

Béla Balázs: Der sichtbare Mensch - suhrkamp taschenbuch<br />

wissenschaft 1536; 192 S.; ISBN: 978-3-518-29136-8; 12,00 €;<br />

Suhrkamp, Berlin (2001)<br />

Béla Balázs: „Der Geist des Films“<br />

»Die Kamera nimmt mein Auge mit. Mitten ins Bild<br />

hinein. Ich sehe die Dinge aus dem Raum des<br />

Films.« Bela Balázs war 1926 aus Wien nach Berlin<br />

gekommen. Dort entstand sein zweites Filmbuch,<br />

ebenfalls ein Klassiker der Filmtheorie.<br />

Béla Balázs: Der Geist des Films - suhrkamp taschenbuch<br />

wissenschaft 1537, 240 S.; ISBN: 978-3-518-29137-5; 11,00 €;<br />

Suhrkamp, Berlin (2001)<br />

Michael Töteberg: „<strong>Fritz</strong> Lang“<br />

<strong>Langs</strong> Biografie und sein Filmschaffen werden im<br />

zeitgeschichtlichen Kontext dargestellt. (Weimarer<br />

Kino, Bruch mit dem NS Regime, Exil in Hollywood).<br />

Michael Töteberg: <strong>Fritz</strong> Lang - Mit Selbstzeugnissen und<br />

Bilddokumenten (rororo Monographien), 160 S.; 8,95 €; 978-3-<br />

499-50339-9; Reinbek bei Hamburg: Rowohlt (1985)<br />

Thomas Koebner (Hrsg.): „Filmklassiker“<br />

Streifzüge durch die Filmgeschichte - ca. 500 Filme<br />

chronologisch angeordnet - Meisterwerke der<br />

Filmkunst in 5 Bänden<br />

Thomas Koebner (Hrsg.): „Filmklassiker - Beschreib-ungen und<br />

Kommentare“ (2714 S.), ISBN: 978-3-15-030033-6, 48,00 €;<br />

Reclam Verlag Ditzingen (1995)<br />

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