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Humanismus und Ein Kurs in Wundern - psychosophie.org

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Schachspiel: Der Turm darf nur geradeaus oder rechts <strong>und</strong> l<strong>in</strong>ks, aber er darf nicht<br />

diagonal, <strong>und</strong> das Pferd darf nur so gehen <strong>und</strong> der Bauer darf nur so gehen <strong>und</strong> der<br />

König darf das tun … Aber das darf auch der König nicht, der darf nicht dasselbe wie<br />

das Pferd, darf er nicht, die König<strong>in</strong> auch nicht. – Wo ist also Freiheit? Hat e<strong>in</strong> König<br />

mehr Freiheit? Er hat se<strong>in</strong>e eigene Freiheit <strong>und</strong> erleidet den Zwang <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er anderen<br />

Form. <strong>E<strong>in</strong></strong> König darf sich auch nicht anziehen wie e<strong>in</strong> Bauer, darf er nicht, er darf sich<br />

nicht so benehmen wie e<strong>in</strong>er. Er darf nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Hütte wohnen, er darf nicht<br />

<strong>in</strong> Lumpen gehen, sieh es ganz klar. Hab es e<strong>in</strong>fach mal klar: Das s<strong>in</strong>d Gesetze, Regeln.<br />

Wenn du etwas Bestimmtes willst, darfst du etwas anderes nicht tun. Was ist also<br />

Freiheit? Hast du e<strong>in</strong>e Ahnung, was Freiheit ist? Ne<strong>in</strong>! Ke<strong>in</strong>er weiß hier, was Freiheit ist,<br />

was Unbegrenztheit ist, was Unbeschwertheit <strong>und</strong> Unschuld ist. <strong>E<strong>in</strong></strong> König ist schuldig,<br />

wenn er <strong>in</strong> Bettlerklamotten <strong>in</strong> der letzten Hütte wohnt, so schuldig, dass er se<strong>in</strong>e<br />

königliche Unschuld, se<strong>in</strong>e königliche Würde verloren hat. Weißt du also, was tatsächlich<br />

Schuld <strong>und</strong> Unschuld ist oder Würde? Wir müssen das auf der Ebene der<br />

Ursache …<br />

Ich muss auf me<strong>in</strong>en Bruder vergebend schauen, denn er hat recht, <strong>und</strong> ich auch. Das<br />

kann aber nicht die Wahrheit se<strong>in</strong>, dass zwei, die etwas völlig Gegenteiliges behaupten<br />

<strong>und</strong> fühlen, beide wirklich recht haben. Denn es kann nicht zwei völlig verschiedene<br />

Wahrheiten geben. Das Ego behauptet: „Doch, das ist so“, <strong>in</strong>dem es sagt: „Für mich<br />

stimmt das.“ Das ist Egozentrik, das ist Sturheit, das ist Borniertheit, das ist Trennung.<br />

Das heißt nicht nur: „Für mich stimmt das“, sondern das heißt, ich b<strong>in</strong> für mich ganz<br />

alle<strong>in</strong> stimmig, ich b<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e eigenständige Wahrheit. Und wie soll da e<strong>in</strong>e wirkliche<br />

Toleranz möglich se<strong>in</strong>? Es kann nicht zwei Wahrheiten geben, die sich widersprechen,<br />

denn die Wahrheit ist mit sich selbst <strong>in</strong> Harmonie, ist mit sich selbst e<strong>in</strong>s <strong>und</strong> kann sich<br />

nicht widersetzen. Die Wahrheit ist: Wenn es zwei gibt, dann kann die Wahrheit nicht für<br />

jeden e<strong>in</strong>e andere se<strong>in</strong>, sonst ist sie begrenzt, sonst ist sie nicht mehr e<strong>in</strong>s. Dann s<strong>in</strong>d zwei<br />

<strong>in</strong> Konflikt mite<strong>in</strong>ander, dann gibt es zwei Fe<strong>in</strong>de, <strong>und</strong> dann liebt jeder nur sich selbst. Je<br />

mehr du das versuchst zu ergründen, umso mehr musst du bemerken, dass das überhaupt<br />

nicht wahr se<strong>in</strong> kann, wenn du das Wesen der Wahrheit akzeptierst: dass sie unbegrenzt<br />

ist. Wenn es also zwei gibt, müssen die e<strong>in</strong>s se<strong>in</strong>. Das heißt, der Begriff der Zweiheit muss<br />

sich irgendwo auflösen <strong>in</strong> der Wahrheit. Wenn es ihn vorher gegeben hat, kann es ihn<br />

nicht immer geben. Irgendetwas muss verschw<strong>in</strong>den, <strong>und</strong> das ist die Trennung, das ist die<br />

Illusion, wenn sie zur Wahrheit gebracht wird. Wenn ich Gott <strong>und</strong> mich <strong>und</strong> den Heiligen<br />

Geist zwar als drei erlebe, dann ist das nur, weil ich mich noch als getrennt erlebe, das<br />

Ziel muss aber se<strong>in</strong>, dass die drei <strong>E<strong>in</strong></strong>s s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> es irgendwann ke<strong>in</strong>e drei mehr gibt,<br />

sondern nur noch <strong>E<strong>in</strong></strong>s. Das ist me<strong>in</strong>e Lernaufgabe, wo ich loslassen muss, wo ich<br />

Lektionen lernen muss, wo ich e<strong>in</strong> Koan lernen muss: Drei s<strong>in</strong>d <strong>E<strong>in</strong></strong>s. Das heißt,<br />

irgendwann existiert die Drei nicht mehr, wenn ich aufgehört habe zu lernen, wenn<br />

Erkenntnis den Platz der Illusionen e<strong>in</strong>genommen hat. Aber das Ziel ist, drei <strong>in</strong> <strong>E<strong>in</strong></strong>em zu<br />

vere<strong>in</strong>en. Zwei werden e<strong>in</strong>s: Ich <strong>und</strong> me<strong>in</strong> Bruder – me<strong>in</strong> Bruder <strong>und</strong> ich.<br />

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