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Humanismus und Ein Kurs in Wundern - psychosophie.org

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Und das können wir sehr wohl verstehen, wenn wir das verstehen wollen. Das <strong>E<strong>in</strong></strong>zige,<br />

was wir nicht mehr tun können, ist urteilen. Das können wir nicht mehr. Und die neuen<br />

Regeln, die ständig aufgestellt werden, auf die gilt es gleichermaßen vergebend zu<br />

schauen, bis diese Mitmenschlichkeit, diese Brüderlichkeit allmählich – allmählich –<br />

erwacht. Da ist natürlich immer Angst da. Jeder hat Angst, du könntest se<strong>in</strong>e Regel<br />

brechen. Aber noch mehr Angst hat er, dass se<strong>in</strong>e Regel überhaupt nicht gilt, weil er dann<br />

nicht mehr weiß, woran er sich halten muss. Und nur dafür brauchen wir e<strong>in</strong> … Wir<br />

brauchen e<strong>in</strong> Konzept, <strong>und</strong> du hast <strong>in</strong> diesem Konzept e<strong>in</strong>e bestimmte Rolle <strong>und</strong> wirst<br />

sicher immer wieder e<strong>in</strong> neues Selbstkonzept machen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em Menschen begegnen, der<br />

e<strong>in</strong> eigenes Selbstkonzept hat <strong>und</strong>, weil er nicht alle<strong>in</strong> se<strong>in</strong> will, e<strong>in</strong>en Verbündeten sucht,<br />

der e<strong>in</strong> ähnliches Selbstkonzept hat wie er, damit er mit ihm überhaupt spielen kann;<br />

sonst kann er nämlich mit dem nicht spielen, er kann überhaupt nichts mit ihm machen.<br />

Was will e<strong>in</strong> Handballer mit e<strong>in</strong>em Fußballer machen, wenn der e<strong>in</strong>e Fußball spielen will<br />

<strong>und</strong> der andere Handball spielt? Sie können nichts mite<strong>in</strong>ander tun, gar nichts. Ihnen ist<br />

nur langweilig. Wenn sie aber vergebend aufe<strong>in</strong>ander schauen, dann tun sie erst mal nichts<br />

bzw. der Handballer spielt noch Handball mit Handballern <strong>und</strong> der Fußballer spielt noch<br />

Fußball mit Fußballern. Und sie er<strong>in</strong>nern sich an gegenseitige Verletzungen, die passieren<br />

mussten. Und sie er<strong>in</strong>nern sich daran: „Ja, aber es hat mich nicht jeder verletzt.“ Klar, nicht<br />

jeder. Und sie er<strong>in</strong>nern sich daran, dass sogar … e<strong>in</strong> Fußballer kann e<strong>in</strong>en Fußballer sehr<br />

wohl verletzen, weil die Regeln sich nicht nur auf Fußball beziehen, denn ke<strong>in</strong>er spielt nur<br />

Fußball. Also kann e<strong>in</strong> Fußballer e<strong>in</strong>en anderen Fußballer sehr wohl dadurch verletzen,<br />

dass er e<strong>in</strong>e andere Partei wählt oder e<strong>in</strong>e andere Musik hört oder se<strong>in</strong>e Frau anbaggert.<br />

Dann geht der Krieg außerhalb des Fußballspiels weiter <strong>und</strong> es ist nur logisch, dass sie<br />

sich, wenn sie sich beim Fußballspiel treffen, auch nicht wohlges<strong>in</strong>nt se<strong>in</strong> können.<br />

Können sie nicht. In der eigenen Mannschaft gibt es dann Streit – muss es geben. Also<br />

siehst du: Der Krieg muss bis <strong>in</strong>s Schlafzimmer gehen, bis <strong>in</strong> die Familien. Er ist<br />

unausweichlich, du kannst ihn nicht irgendwo auf e<strong>in</strong>e bestimmte Art <strong>und</strong> Weise ausagieren,<br />

beim Sport oder so. Kannst du nicht, ist unmöglich. Und das müssen wir begreifen, das<br />

ganze Ausmaß dieser Verwüstung.<br />

Dann bleibt mir gar nichts anderes übrig, als dir zu vergeben, wenn du gegen me<strong>in</strong>e Regel<br />

verstößt. Ich muss dir sogar zugestehen, dass du recht hast, <strong>und</strong> das <strong>E<strong>in</strong></strong>zige, was <strong>in</strong> mir<br />

dann auftaucht, ist: Moment, aber ke<strong>in</strong>er von uns beiden ist glücklich – e<strong>in</strong> völlig neues<br />

Kriterium –, wirklich glücklich. Ich habe natürlich geglaubt, ich b<strong>in</strong> dann glücklich, wenn<br />

ich jemanden habe, der nach denselben Regeln spielt wie ich. Ich kann aber damit nicht<br />

wirklich glücklich se<strong>in</strong>, weil auf dem Spielfeld nicht nur Fußball gespielt wird. Ich begegne<br />

nicht nur e<strong>in</strong>em Fußballspieler, sondern ich begegne jemandem, der, obwohl er mir den<br />

Fußball nach den Regeln des Fußballs zuspielt – er wählt e<strong>in</strong>e andere Partei, also spielt e<strong>in</strong><br />

Fe<strong>in</strong>d mit mir Fußball. Selbst wenn er mir den Ball gut zuspielt: Ich sehe e<strong>in</strong>en Fe<strong>in</strong>d. Der<br />

Pass, den er mir gibt, könnte e<strong>in</strong> Angriff auf mich se<strong>in</strong>, <strong>und</strong> dann fühlt er sich wie e<strong>in</strong><br />

Angriff an. Und dann weiche ich dem aus. Und dann beschimpft er mich, dass ich e<strong>in</strong><br />

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