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Metroeconomica 57:4 (2006) Seiten 494-520<br />

STAATSSCHULD ALS PRIVATVERMÖGEN:<br />

EINE GLEICHGEWICHTSBETRACHTUNG<br />

Ekkehart Schlicht 1)<br />

Universität von München<br />

(September 2004; Fassung Februar 2005)<br />

————————————————————-<br />

unautorisierte Roh-<strong>Übersetzung</strong> 2)<br />

Jochen Ebel 6. August 2008<br />

————————————————————-<br />

Kurzfassung<br />

Staatsanleihen sind Werte, die Zinsen bringen. Zunehmen<strong>de</strong> Staatsschul<strong>de</strong>n erfor<strong>de</strong>rn die<br />

Zunahmen von Vermögen, Einkommen und Konsum. Je kleiner die Staatsausgaben sind, um<br />

so größer muß die Konsumnachfrage für ein Gleichgewicht sein, und um so größer muß die<br />

Staatsverschuldung sein. Umgedreht verlangt niedrigere Staatsverschuldung höhere Staatsausgaben<br />

und Besteuerung. Staatsverschuldung spielt so eine wichtige Rolle, wenn sie das<br />

Gleichgewicht herstellt. Sie bestimmt die Verteilung zwischen <strong>de</strong>n Konsumenten und <strong>de</strong>m<br />

Staat. Im Falle unzureichen<strong>de</strong>r Nachfrage hat eine größere Staatsverschuldung höheren privaten<br />

Konsum und weniger Staatsausgaben zur Folge. Wenn obere Grenzen <strong>de</strong>r Staatsverschuldung<br />

(wie im Maastricht Vertrag) eingeführt wer<strong>de</strong>n, setzen solche Begrenzungen unterere<br />

Schranken <strong>de</strong>r Besteuerung und <strong>de</strong>r Staatsausgaben und können das makroökonomisches<br />

Gleichgewicht stören. Als Nebeneffekt wird ein kleiner Fehler in Domars [1] klassischer Analyse<br />

behoben.<br />

1 EINLEITUNG<br />

Staatsanleihen sind Werte, die Zinsen bringen. Als solche, sind sie ein Teil <strong>de</strong>s privaten<br />

Vermögens. Diese Abhandlung betrachtet <strong>de</strong>n Fall eines geschlossenen Wirtschaftskreislaufs<br />

3) , <strong>de</strong>r mit einer bestimmten natürlichen Rate wächst. Bei einem gegebenen Zinssatz<br />

erfor<strong>de</strong>rt schwache Konsumnachfrage eine bestimmte Staatsverschuldung, um langfristig ein<br />

Gleichgewicht mit Vollbeschäftigung herzustellen. Es fällt auf, daß im Gleichgewicht ein<br />

1) Ich danke insbeson<strong>de</strong>re Tobias Lampe für seine Beharrlichkeit, als ich fragte, was langfristig geschehen<br />

wür<strong>de</strong>, wenn mit Defizitfinanzierung fortgefahren wird. Dieses provozierte mich, diese Abhandlung zu<br />

schreiben. Ich danke Franz Gehrels, Oliver Nikutowski, Wolfgang Pfeuffer, Florian Schwimmer und zwei<br />

anonymen Referenten dieser Zeitschrift für nützliche Anmerkungen und Vorschläge bei einer früheren<br />

Version dieser Abhandlung.<br />

2) ©2006 <strong>de</strong>r Autor<br />

Journal compilation ©2006 Blackwell Publishing Ltd, 9600 Garsington Road, Oxford, OX4 2DQ, UK and<br />

350 Main St, Mal<strong>de</strong>n, MA 02148, USA<br />

3) Anmerkung <strong>de</strong>s Übersetzers: das diese Einschränkung unwesentlich ist, wird in Abschnitt 10 gezeigt<br />

1


Kompromiß zwischen Staatsverschuldung einerseits und Staatsausgaben und Besteuerung<br />

an<strong>de</strong>rerseits besteht: je höher die Staatsverschuldung, <strong>de</strong>sto niedriger sind Besteuerung und<br />

Staatsausgaben. Als Folge erfor<strong>de</strong>rn obere Limits <strong>de</strong>r Staatsverschuldung (wie im Maastricht<br />

Vertrag) unterere Schranken <strong>de</strong>r Staatsausgaben und <strong>de</strong>r Besteuerung.<br />

Das Problem <strong>de</strong>r Staatsverschuldung wird häufig mit einer Einstellung besprochen, in <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r Zeitverlauf <strong>de</strong>r Beschäftigung und <strong>de</strong>r Produktion konstant festgelegt sind und die Staatsverschuldung<br />

keine Rolle spielen soll, diese Quantitäten zu beeinflussen. Das, was hier diskutiert<br />

wird, betrachtet <strong>de</strong>n Fall <strong>de</strong>r Vollbeschäftigung, stellt aber auch die Beschränkung bei einer<br />

Festlegung <strong>de</strong>s Zinssatzes vor, die Vollbeschäftigung ohne Staats-Intervention ausschließt.<br />

Der Staat muß die Nachfrage entwe<strong>de</strong>r durch erhöhte Staatsausgaben o<strong>de</strong>r durch verringerte<br />

Besteuerung steigern. Es wird gezeigt, daß solche politische Richtlinien zu beständigen<br />

Resultaten mit beständigen Anteilen <strong>de</strong>r Staatsausgaben und <strong>de</strong>r Staatsschul<strong>de</strong>n und einer<br />

beständigen Rate <strong>de</strong>r Besteuerung führen. Der Fall eines unverän<strong>de</strong>rlich festgelegten Zinssatz<br />

kann zutreffen, wenn <strong>de</strong>r Zinssatz so niedrig ist, daß er nicht irgendwie weiter verringert<br />

wer<strong>de</strong>n kann, o<strong>de</strong>r wenn die Zentralbank <strong>de</strong>n Zinssatz durch eine Art Taylor Richtlinie stabilisiert<br />

o<strong>de</strong>r wenn <strong>de</strong>r Zinssatz auf einem minimalen Höhe gehalten wer<strong>de</strong>n soll, um dynamische<br />

Unwirtschaftlichkeit zu verhin<strong>de</strong>rn.<br />

An<strong>de</strong>re Beiträge, vornehmlich Domar [1] und Gehrels [2], haben ähnliche Ausgaben im<br />

Rahmen <strong>de</strong>r Arbeitslosigkeit besprochen, in <strong>de</strong>r Keynessche Vervielfacher von Be<strong>de</strong>utung<br />

sind. Die folgen<strong>de</strong>n Betrachtungen zeigen die damit in Verbindung stehen<strong>de</strong> Fragen bei<br />

Wunsch nach Vollbeschäftigung: <strong>de</strong>r Staat muß, um Vollbeschäftigung zu garantieren, Steuern,<br />

Staatsausgaben und Staatsverschuldung passend justieren, aber zugleich seine Etatbegrenzung<br />

und globale stabile Stationarität beachten. Das hat Gehrels [3, S. 633] schon viel<br />

früher beobachtet: ≫Die Stabilität <strong>de</strong>s Wachstums . . . hängt stark vom korrekten Gebrauch<br />

<strong>de</strong>s Staatsbudgets ab, um das Nettoeinkommen und <strong>de</strong>n Vermögen <strong>de</strong>r Haushalt zu justieren≪.<br />

Die Diskussion wird mit Bezeichnungen durchgeführt, die so einfach wie möglich sind.<br />

Ein geschlossener Wirtschaftskreislauf wird angenommen 3) . Die Investitionsrate ist (vorherschen<strong>de</strong>r<br />

realer Zinssatz, Löhne, Bevölkerungs-Wachstum und technischen Fortschritt seien<br />

gegeben) gera<strong>de</strong> richtig, wenn privates Einkommen und Vermögen einen positiven Effekt<br />

auf die Konsumnachfrage haben. Der direkte Effekt <strong>de</strong>s Vermögen auf <strong>de</strong>n Konsum wird<br />

formalisiert im Sinn von Pigou [4] und von Gehrels [2] in<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Vermögen als Argument<br />

in <strong>de</strong>r Konsumtionsfunktion addiert wird. Dieses ist eine völlig herkömmliche Annäherung,<br />

die in vielen Ausarbeitungen wie bei Blin<strong>de</strong>r und Solow [5, S. 4, 51] o<strong>de</strong>r Branson [6, S.<br />

525 - 30] verwen<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>. Der Fall von einer konstanten Sparneigung wird als spezieller<br />

Fall abge<strong>de</strong>ckt. Hier ist nur das Zins-Einkommen, das durch die Staatsverschuldung erzeugt<br />

wird, von Be<strong>de</strong>utung, und so ist <strong>de</strong>r Vermögenseffekt nicht direkt vorhan<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nnoch wird<br />

das gesamte Resultat beibehalten.<br />

In Abschnitt 2, wird die Algebra umrissen. In Abschnitt 3, wird <strong>de</strong>r Fall fixierter Staatsausgaben<br />

mit einem variablen Steuersatz analysiert, und in Abschnitt 4 wird <strong>de</strong>r Fall eines<br />

fixierten Steuersatzes mit variabler Staatsausgaben analysiert. Es wird nachgewiesen, daß<br />

die Dynamik zu beständigen Resultaten in bei<strong>de</strong>n Fällen führt. Abschnitt 5 bespricht die<br />

ökonomische Funktion <strong>de</strong>r Staatsverschuldung und betrachtet Fälle keiner Staatsausgaben<br />

und keiner Besteuerung. Abschnitt 6 untersucht die Effekte oberer Grenzen <strong>de</strong>r Staatsverschuldung<br />

<strong>de</strong>r Art, wie sie durch <strong>de</strong>n Maastricht Vertrag in Europa erzwungen wird. Alles<br />

wird unter <strong>de</strong>r Annahme eines gegebenen realen Zinssatzes analysiert. Abschnitt 7 streift<br />

kurz <strong>de</strong>n Effekt <strong>de</strong>r Än<strong>de</strong>rungen im Zinssatz. Abschnitt 8 gibt eine numerisches Abbild für<br />

2


<strong>de</strong>n Fall von einer konstanten Sparrate. Die Analyse wird mit <strong>de</strong>r klassischen Analyse von<br />

Domar [1] verglichen, und ein kleiner Fehler wird behoben. Abschnitt 9 bespricht kurz einige<br />

Probleme bezüglich einer Ansicht zur Staatsverschuldung, die Barro [7] [8] [9] vorbrachte und<br />

die auch Gegenstand <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong> Analyse sind. Abschnitt 10 zieht einige Folgerungen<br />

aus <strong>de</strong>n Anmerkungen.<br />

2 DAS MODELL<br />

Es wird ein einfaches makroökonomisches Mo<strong>de</strong>ll eines geschlossenen Wirtschaftskreislaufs 3)<br />

in einem Staat betrachtet, <strong>de</strong>r eine Einkommenssteuer mit einer anteiligen Rate τ erhebt.<br />

Das Nettoprodukt bei Vollbeschäftigung (mögliche Werte wer<strong>de</strong>n addiert, die Summe <strong>de</strong>r<br />

Löhne und Profite minus <strong>de</strong>r Abschreibung) ist X. Der Zweck <strong>de</strong>r Steuer ist, die Staatsausgaben<br />

G und die Zinszahlungen für die Staatschul<strong>de</strong>n D zu finanzieren. Der Zweck <strong>de</strong>r<br />

Staatsausgaben, <strong>de</strong>r -Schuld und <strong>de</strong>r Besteuerung ist, allgemeine Waren zur Verfügung zu<br />

stellen und Vollbeschäftigung beizubehalten. Wir schreiben<br />

G = X − I − C (1)<br />

wobei I die Netto-Investition und C <strong>de</strong>n Konsum bezeichnen.<br />

Wir nehmen eine Wirtschaft an, die mit <strong>de</strong>r natürlichen Rate n wächst. Der reale Zinssatz<br />

I ist anfangs eine angenommene Konstante. Weil dieser Zinssatz die Kapitalintensität<br />

bestimmt, bestimmt er Kapitalproduktivität 4) . Mit einem konstanten Zinssatz haben wir so<br />

eine konstante Rate <strong>de</strong>r Nettokapitalproduktivität (als Inverse <strong>de</strong>s Verhältnisses Kapital-<br />

Output) x := X . Das Wachstum das Stammkapitals ist durch<br />

K ˙K = I mit I als Netto-<br />

Investition gegeben. Vollbeschäftigung erfor<strong>de</strong>rt, daß das Stammkapital mit <strong>de</strong>r Rate n<br />

wächst und das be<strong>de</strong>utet eine Investitionnachfrage mit I = nK.<br />

Was <strong>de</strong>n Konsum betrifft, so folgen wir Gehrels [2], Clower und Johnson [10] und an<strong>de</strong>ren<br />

und nehmen <strong>de</strong>n Konsum als Funktion <strong>de</strong>s gegenwärtigen Nettoeinkommens Y D und <strong>de</strong>s<br />

Vermögens V an und zwar so, daß er sich mit steigen<strong>de</strong>m Einkommen und Vermögen erhöht:<br />

C = C(Y D , V ), C, Y D , V ≥ 0, 0 < ∂C<br />

∂Y D<br />

< 1,<br />

∂C<br />

∂V ≥ 0 (2)<br />

Diese Konsumtions-Funktion kann auf verschie<strong>de</strong>ne Weise realisiert wer<strong>de</strong>n. Eine Alternative<br />

wäre, wie Clower und Johnson annehmen, daß <strong>de</strong>r Vermögen direkt in die Nutzenfunktion<br />

eingeht; die an<strong>de</strong>re wäre, daß <strong>de</strong>r Vermögen zwischenzeitlich die Etatbegrenzung <strong>de</strong>r<br />

Haushalte beeinflußt und damit <strong>de</strong>n Konsum, wie es Modigliani und Brumberg [11] o<strong>de</strong>r,<br />

vor kurzem, Woodford [12] verwen<strong>de</strong>t. In dieser Richtung ist die Spezifikation (2) ziemlich<br />

flexibel.<br />

4) ein spezieller Fall wäre <strong>de</strong>r neoklassische Standardfall: wenn f(k) <strong>de</strong>r Output pro Leistungseinheit <strong>de</strong>r<br />

Arbeit als Funktion <strong>de</strong>s Kapitals pro Leistungseinheit <strong>de</strong>r Arbeit bezeichnet, gibt die Grenzproduktivitätstheorie<br />

f ′ (k) = i mit dk<br />

di = 1<br />

f ′′ < 0 bei <strong>de</strong>r Standardannahme f ′′ < 0. Bei <strong>de</strong>r Standardannahme ist<br />

die Kapitalproduktivität x = f(k) mit dx<br />

k dk = − 1 ( ) f<br />

k k − f ′ < 0 eine zunehmen<strong>de</strong> Funktion <strong>de</strong>s Zinssatzes.<br />

Der Fall eines konstanten Zinssatzes impliziert folglich eine konstante Kapitalproduktivität. Der Fall<br />

einer unterschiedlichen Zinsrate - und <strong>de</strong>r daraus folgen<strong>de</strong>n unterschiedlichen Kapitalproduktivität - wird<br />

kurz in Abschnitt 7 behan<strong>de</strong>lt.<br />

3


Die Konsumfunktion ist als linear homogen angenommen. Mit dieser Eigenschaft können<br />

wir sie wie neu schreiben<br />

mit<br />

C = ϕ(ω)V (3)<br />

ω := Y D<br />

V<br />

als Einkommen-Vermögen-Verhältnis und<br />

(4)<br />

ϕ(ω) := C(ω, 1) ≥ 0 für ω ≥ 0 (5)<br />

als das Konsum-Vermögen-Verhältnis. Das be<strong>de</strong>utet zusammen mit (2)<br />

ϕ ′ = ∂C<br />

∂Y D<br />

, 0 < ϕ ′ < 1, ϕ − ϕ ′ ω = ∂C<br />

∂V , ϕ − ϕ′ ω ≥ 0<br />

daß <strong>de</strong>r Fall einer konstanten durchschnittlichen Konsumneigung, wie er von Domar [1, S.<br />

801 - 2] diskutiert wird, mit erfaßt wird<br />

ϕ(ω) = µ · ω, 0 < µ < 1<br />

mit µ als die Konsumneigung.<br />

Der private Vermögen V ist die Summe <strong>de</strong>s Stammkapitals K und <strong>de</strong>s finanziellen Vermögen<br />

in Form von Staatsschul<strong>de</strong>n D:<br />

V = K + D (6)<br />

Die Rückkehr zu realen und finanziellen Vermögen ist die selbe und wird durch <strong>de</strong>n Zinssatz<br />

i bestimmt. Folglich ist das Profiteinkommen durch P = iK gegeben, das Lohneinkommen<br />

ist W = X − iK und das Zins-Einkommen von <strong>de</strong>n Staatsschul<strong>de</strong>n ist iD. Um ein positives<br />

Lohneinkommen zu haben, muß <strong>de</strong>r Zinssatz die Bedingung i < x erfüllen.<br />

Das totale Nettoeinkommen Y ist die Summe <strong>de</strong>s Lohneinkommens, <strong>de</strong>s Profiteinkommens<br />

und <strong>de</strong>s Einkommens von <strong>de</strong>n Staatsschul<strong>de</strong>n:<br />

Nettoeinkommen ist Einkommen minus <strong>de</strong>r Steuern und folglich<br />

Y = X + iD (7)<br />

Steuereinnahmen sind<br />

Y D = (1 − τ)(X + iD) (8)<br />

R = τ(X + iD) (9)<br />

Die Etatbegrenzung <strong>de</strong>s Staates ist durch die Buchhaltungbilanz gegeben, da Staatsausgaben<br />

plus Zinszahlungen gleich sein muß <strong>de</strong>n Steuereinnahmen und <strong>de</strong>r Zunahme <strong>de</strong>r Staatsschul<strong>de</strong>n:<br />

G + iD = R + Ḋ (10)<br />

4


Für die folgen<strong>de</strong>n Ausführungen ist es bequem, die verschie<strong>de</strong>nen Quantitäten als Verhältnis<br />

zum Stammkapital mit <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Kleinsymbolen auszudrücken (Produktion -<br />

x, Einkommen - y, Nettoeinkommen - y D , Staatsausgaben - g, Staatsschul<strong>de</strong>n - d, Konsum<br />

- c und Steuereinnahmen - r):<br />

x := X K , y := Y K , y D := Y D<br />

K , g := G K , d := D K , c := C K , r := R (11)<br />

K<br />

Während das Stammkapital mit <strong>de</strong>r natürlichen Rate n wächst, haben wir Ḋ = ( d+nd)K ˙<br />

und (9) und (10) implizieren die Etatbegrenzung <strong>de</strong>s Staates<br />

r = τy = g + id − nd − ˙ d (12)<br />

Mit (11) und (12) können Gleichungen (8) und (4) geschrieben wer<strong>de</strong>n als<br />

y D = (1 − τ)(x + id) = x + nd − g + ˙ dω =<br />

(1 − τ)(x + id)<br />

1 + d<br />

Von (3), von (11) und von (13) erhalten wir<br />

[ ]<br />

(1 − τ)(x + id)<br />

c = ϕ<br />

(1 + d)<br />

1 + d<br />

o<strong>de</strong>r alternativ<br />

(<br />

x + nd − g + d<br />

c = ϕ<br />

˙ )<br />

(1 + d)<br />

1 + d<br />

= x + nd − g + ˙ d<br />

1 + d<br />

abhängig davon, ob wir wünschen, durch Staatsausgaben g o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Steuersatz τ zu parametriesieren.<br />

Bei Verwendung <strong>de</strong>r neuen Bezeichnungen, können wir (1) in zwei alternativen, aber gleichwertigen<br />

Weisen neu schreiben:<br />

{ [ ] }<br />

(1 − τ)(x + id)<br />

ϕ<br />

+ n (1 + d) − (1 − τ)(x + id) + d<br />

1 + d<br />

˙ = 0 (14)<br />

(<br />

x + nd − g + d<br />

ϕ<br />

˙ )<br />

(1 + d) + n + g = x (15)<br />

1 + d<br />

Gleichung (14) läßt eine Analyse <strong>de</strong>r Entwicklung <strong>de</strong>r Staatsschul<strong>de</strong>n unter <strong>de</strong>r Annahme<br />

zu, daß <strong>de</strong>r Steuersatz konstant ist und <strong>de</strong>r Staat Überschüsse o<strong>de</strong>r Defizit zuläßt, um<br />

Vollbeschäftigung beizubehalten; Gleichung (15) ermöglicht eine Analyse <strong>de</strong>r Dynamik <strong>de</strong>r<br />

Staatsverschuldung unter <strong>de</strong>r Annahme, daß die Staatsausgaben konstant bleiben und <strong>de</strong>r<br />

Steuersatz justiert wird, um Vollbeschäftigung beizubehalten.<br />

Die Gleichungen (14) und (15) implizieren bei<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Gleichgewichtzustand<br />

(13)<br />

ϕ(¯ω) + n = ¯ω (16)<br />

mit ¯ω als Einkommen-Vermögen-Verhältnis im Gleichgewicht. Die Intuition hinter diesem<br />

Resultat ist, daß in je<strong>de</strong>r ausgeglichenen Lage <strong>de</strong>r Vermögen mit <strong>de</strong>r natürlichen Rate n wachsen<br />

muß. Die Wachstumsrate <strong>de</strong>s Vermögens ist <strong>de</strong>m Sparen-Vermögen Verhältnis gleich, das<br />

heißt ¯ω − ϕ(¯ω).<br />

5


Theorem 1: Das Einkommen-Vermögen-Verhältnis im Gleichgewicht ist eine zunehmen<strong>de</strong><br />

Funktion <strong>de</strong>r Wachstumsrate und unabhängig von an<strong>de</strong>ren Variablen wie <strong>de</strong>r Rate <strong>de</strong>r<br />

Staatsausgaben, <strong>de</strong>r Besteuerung, <strong>de</strong>s Zinssatzes o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Kapitalproduktivität. Anzumerken<br />

ist, daß sich (16) für <strong>de</strong>n Fall von einer konstanten Konsumneigung µ auf ¯ω =<br />

n<br />

1 − µ<br />

reduziert.<br />

3 FESTGELEGTE STAATSAUSGABEN<br />

Zuerst wird <strong>de</strong>r Fall betrachtet, in <strong>de</strong>m staatliche Aufsicht for<strong>de</strong>rt, <strong>de</strong>n Steuersatz so zu<br />

justieren, daß die Staatsausgaben g zeitlich konstant bleiben, wie es Gleichung (15) beschreibt.<br />

Das folgen<strong>de</strong> Theorem zeigt, daß bei unzureichen<strong>de</strong>r Nachfrage bei allein steuerfinanzierten<br />

Staatsausgaben und Nichtvorhan<strong>de</strong>nsein einer Staatsverschuldung <strong>de</strong>r Staat<br />

Vollbeschäftigung beibehalten kann, in<strong>de</strong>m er die Steuern justiert. Mit dieser Politik entsteht<br />

eine Staatsverschuldung und wächst schließlich mit <strong>de</strong>r natürlichen Rate, mit <strong>de</strong>r das<br />

Einkommen wächst.<br />

Theorem 2: Im Falle <strong>de</strong>r unzureichen<strong>de</strong>n Nachfrage bei Null Schul<strong>de</strong>n<br />

ϕ(x − g) + n + g < x (17)<br />

entsteht eine ein<strong>de</strong>utige Gleichgewicht-Schul<strong>de</strong>nhöhe ¯d > 0, <strong>de</strong>r sich genähert wird, wenn<br />

<strong>de</strong>r Staat eine Vollbeschäftigungspolitik durch Steuerjustage ausübt.<br />

Beweis: Das Gleichgewicht ist, durch (15) mit d ˙ gegeben, das hier auf Null gesetzt wird:<br />

( )<br />

x + nd − g<br />

ϕ<br />

(1 + d) + n + g = x (18)<br />

1 + d<br />

Mit <strong>de</strong>r Annahme d = 0 ist die linke Seite kleiner als die rechte Seite. Mit d → ∞ geht<br />

ϕ → ϕ(n) und die linke Seite wird beliebig groß. Aus Kontinuitätsgrün<strong>de</strong>n muss <strong>de</strong>shalb<br />

eine Gleichgewicht-Schul<strong>de</strong>nhöhe d = ¯d > 0 existieren, die (18) erfüllt.<br />

Gleichung (15) kann für d ˙ gelöst wer<strong>de</strong>n, und die Ableitung in Bezug auf d kann an<br />

ausgewertet wer<strong>de</strong>n d ˙ = 0:<br />

∂d<br />

˙<br />

∣<br />

∂d<br />

∣ ˙ d=0<br />

= − ϕ′ n + (ϕ − ϕ ′ ω)<br />

ϕ ′ < 0<br />

Dieses stellt Stabilität und Ein<strong>de</strong>utigkeit her, da ˙ d als Funktion von d betrachtet, eine<br />

negative Steigung haben muß, die aber nur einmal auftreten kann.<br />

Mit (13), (16) und (18) kann die Gleichgewichtschuld ¯d mit <strong>de</strong>m Gleichgewicht-Einkommen-<br />

Vermögen-Verhältnis dargestellt wer<strong>de</strong>n<br />

¯d = x − g − ¯ω<br />

¯ω − n<br />

> 0,<br />

wobei ¯ω > n ist, was durch (16) impliziert wird.<br />

Der entsprechen<strong>de</strong> Gleichgewicht-Steuersatz ist<br />

d ¯d<br />

dg = − 1<br />

¯ω − n < 0 (19)<br />

mit<br />

¯τ =<br />

g(¯ω − n) + (x − g − ¯ω)(i − n)<br />

x(¯ω − n) + i(x − g − ¯ω)<br />

(20)<br />

6


d¯τ<br />

dg =<br />

(x − i)(¯ω − n)¯ω<br />

[x(¯ω − n) + i(x − g − ¯ω)] 2 > 0<br />

Fassen wir das Vorstehen<strong>de</strong> zusammen, so erhalten wir<br />

Theorem 3: Die Gleichgewichtschuld ¯d sinkt mit <strong>de</strong>r Verringerung <strong>de</strong>r Staatsausgaben g<br />

und <strong>de</strong>r GleichgewichtSteuersatz τ erhöht sich mit <strong>de</strong>n Staatsausgaben g.<br />

Die Intuition ist, daß eine Zunahme <strong>de</strong>r Staatsausgaben eine Abnahme am privaten Konsum<br />

erfor<strong>de</strong>rt, entsprechend <strong>de</strong>r Marktbedingung c+g+n = x. Diese Abnahme <strong>de</strong>s Konsums<br />

wird durch eine Verringerung <strong>de</strong>r Staatsverschuldung und <strong>de</strong>r daraus folgen<strong>de</strong>n Abnahme<br />

von Einkommen und Vermögen verursacht.<br />

Anzumerken ist<br />

1 − ¯τ =<br />

(x − g − n)¯ω<br />

(x − i)(¯ω − n) + (x − g − n)i > 0<br />

Der Gleichgewichts-Steuersatz ist folglich immer unterhalb 100 Prozent, solange es unzureichen<strong>de</strong><br />

Nachfrage ohne Staatsschul<strong>de</strong>n gibt, solange nämlich die Staatsausgaben (17)<br />

erfüllen.<br />

Weiter ist anzumerken, daß <strong>de</strong>r Gleichgewichts-Steuersatz immer positiv ist, wenn <strong>de</strong>r<br />

Zinssatz die Wachstumsrate übersteigt (i > n) aber negativ sein kann, wenn <strong>de</strong>r Zinssatz<br />

kleiner ist (i < n) und die Staatsausgaben klein genug sind. In diesem Fall wür<strong>de</strong> das<br />

Gleichgewicht eine Schuld-finanzierte Steuerbeihilfe erfor<strong>de</strong>rn. Im Falle <strong>de</strong>r Staatsausgaben<br />

Null (g = 0) reduzieren sich die Gleichungen (19) und (20) auf<br />

¯d ∣ ∣<br />

g=0<br />

> 0 (21)<br />

¯τ| g=0<br />

=<br />

(x − ¯ω)(i − n)<br />

x(¯ω − n) + i(x − ¯ω)<br />

und bewirken eine positive Schuld zusammen mit einem Steuersatz, <strong>de</strong>r für i > n positiv ist<br />

und negativ für i < n im Gleichgewicht für <strong>de</strong>n Fall <strong>de</strong>r Staatsausgaben Null.<br />

4 KONSTANTER STEUERSATZ<br />

Als nächsten Fall betrachten wir einen konstanten Steuersatz, wie er durch Gleichung (14)<br />

beschrieben wird. Er <strong>de</strong>finiert eine Differentialgleichung für die relativen Staatsschul<strong>de</strong>n:<br />

{ [ ] }<br />

d ˙ (1 − τ)(x + id) (1 − τ)(x + id)<br />

=<br />

− ϕ<br />

− n (1 + d) (23)<br />

1 + d<br />

1 + d<br />

Das folgen<strong>de</strong> Theorem gibt an, daß bei unzureichen<strong>de</strong>r Nachfrage als Folge eines hohen<br />

Steuersatzes τ und bei Staatsausgaben g = τx, die gleich <strong>de</strong>n Steuereinnahmen sind, eine<br />

ein<strong>de</strong>utige beständige Gleichgewichtshöhe <strong>de</strong>r relativen Staatsschul<strong>de</strong>n entsteht, die schließlich<br />

erreicht wird, wenn <strong>de</strong>r Staat die Vollbeschäftigung beibehält, in<strong>de</strong>m er seine Ausgaben<br />

entsprechend justiert.<br />

Theorem 4: Im Falle unzureichen<strong>de</strong>r Nachfrage<br />

(22)<br />

ϕ[(1 − τ)x] + n + τx < x (24)<br />

7


und einer ausreichend hohen Besteuerung τ besteht eine ein<strong>de</strong>utige und allgemein stabile<br />

Gleichgewicht-Schul<strong>de</strong>nhöhe (gegeben als eine Lösung (23)), <strong>de</strong>r sich genähert wird, wenn<br />

<strong>de</strong>r Staat eine Vollbeschäftigungspolitik verfolgt, in<strong>de</strong>m er die Staatsausgaben anpasst.<br />

Beweis: Schreiben wir<br />

wie in (13) und notieren<br />

ω =<br />

(1 − τ)(x + id)<br />

1 + d<br />

(25)<br />

∂ω<br />

∂d = − 1 − τ (x − i) < 0<br />

1 + d<br />

Aus (23) und (25) schließen wir auf<br />

⎧ ⎫<br />

⎧<br />

⎨ > ⎬<br />

⎨<br />

d˙ =<br />

⎩ ⎭ 0 ⇐⇒ ω − ϕ(ω) ⎩<br />

<<br />

><br />

=<br />

<<br />

⎫<br />

⎬<br />

⎭ n (26)<br />

Bezüglich <strong>de</strong>r Existenz eines Gleichgewichts müssen wir eine Lösung ω zu ω − ϕ(ω) = n<br />

betrachten. Bei d = 0 haben wir ω = (1 − τ)x und (24) und (26) das impliziert, daß d ˙ > 0<br />

bei d = 0. Für d → ∞ erhalten wir ω → (1 − τ)i. Wenn die Steuerrate ausreichend hoch ist,<br />

(sagen wir τ > i − n ) erhalten wir:<br />

i<br />

(1 − τ)i − ϕ[(1 − τ)i] < n<br />

welches impliziert, daß d ˙ < 0 für ausreichend große Staatsschul<strong>de</strong>n d ist. Aus Kontinuitätsgrün<strong>de</strong>n<br />

existiert eine Gleichgewichtschuld ¯d, so daß d ˙ = 0 ist. Während ω und ω − ϕ(ω) bei<br />

Schul<strong>de</strong>n sinken, haben wir d ˙ > 0 für d < ¯d und d ˙ < 0 für d > ¯d. Dieses stellt Stabilität und<br />

Ein<strong>de</strong>utigkeit her.<br />

Anzumerken ist, dass für i ≤ n je<strong>de</strong>r nichtnegative Steuersatz ’ausreichend hoch’ wäre,<br />

und dass für i > n je<strong>de</strong>r Steuersatz ’ausreichend hoch’ wäre, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Zinssatz nach Steuern<br />

(1 − τ)i unter <strong>de</strong>n natürlichen Zinssatz n drückt.<br />

Wie im Fall <strong>de</strong>r festen Staatsausgaben, die im vorherigen Abschnitt besprochen wur<strong>de</strong>n,<br />

wird die Gleichgewicht-Schuld durch das ein<strong>de</strong>utige <strong>de</strong>s Einkommen-Vermögens Verhältnis ¯ω<br />

festgelegt, das in (16) <strong>de</strong>finiert ist. Der Gleichgewicht-Schuldsatz ¯d kann ausgedrückt wer<strong>de</strong>n<br />

als<br />

¯d =<br />

(1 − τ)x − ¯ω<br />

¯ω − (1 − τ)i<br />

(27)<br />

damit<br />

d ¯d<br />

dτ = −<br />

(x − i)¯ω<br />

[¯ω − (1 − τ)i] 2 < 0<br />

Das entsprechen<strong>de</strong> Gleichgewicht <strong>de</strong>r Staatsausgaben ḡ ist<br />

ḡ =<br />

(1 − τ)(x − i)¯ω<br />

(x − n)ω + (1 − τ)(n − i)x<br />

(28)<br />

8


mit<br />

dḡ<br />

dτ = (x − i)(x − n)¯ω 2<br />

[(x − n)ω + (1 − τ)(n − i)x] 2 > 0 (29)<br />

Theorem 5: Mit steigen<strong>de</strong>m Steuersatz τ sinkt <strong>de</strong>r Gleichgewicht-Schuldsatz ¯d und die<br />

Gleichgewicht-Staatsausgaben ḡ steigen.<br />

Die Intuition ist, dass höhere Staatsausgaben eine höhere Besteuerung verlangen und<br />

<strong>de</strong>n Gesamtkonsum vergrößern. Diese Konsumsteigerung wird durch die Vermin<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r<br />

Staatsschuld erreicht und muss folglich <strong>de</strong>n Vermögen und das Einkommens vermin<strong>de</strong>rn. Für<br />

einen Steuersatz von Null reduzieren sich die Gleichungen (27) und (28) auf<br />

und<br />

ḡ| τ=0<br />

=<br />

¯d ∣ ∣<br />

τ=0<br />

= x − ¯ω<br />

¯ω − i<br />

(x − i)¯ω<br />

(n − n)ω − (n − i)x<br />

Theorem 6: Ungenügen<strong>de</strong> Nachfrage erfor<strong>de</strong>rt einen Steuersatz von Null und positive<br />

Staatsschul<strong>de</strong>n und positive Staatsausgaben im Gleichgewicht.<br />

5 FUNKTION DER STAATSSCHULD<br />

Die in <strong>de</strong>n vorherigen Abschnitten besprochenen bei<strong>de</strong>n Politikweisen (entwe<strong>de</strong>r die Wirtschaft<br />

steuern durch einen konstanten Steuersatz und die Staatsausgaben anpassen - o<strong>de</strong>r<br />

die Staatsausgaben konstant halten und die Besteuerung anpassen), ist grundsätzlich gleichwertig:<br />

In bei<strong>de</strong>n Fällen erhalten wir schließlich C +I +G = X und c+n+g = x. Wenn, wie<br />

im vorhergehen<strong>de</strong>n Theorem, eine feste Höhe <strong>de</strong>r Investition angenommen wird, entschei<strong>de</strong>t<br />

sich <strong>de</strong>r Staat für ein bestimmtes Verhältnis c <strong>de</strong>s privaten Konsums zu <strong>de</strong>n Staatsausgaben,<br />

g<br />

entwe<strong>de</strong>r in<strong>de</strong>m er g direkt wählt, o<strong>de</strong>r in<strong>de</strong>m er <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Steuersatz τ wählt.<br />

Wenn die Höhe <strong>de</strong>r Staatsausgaben gewählt wird, ist die Steuerhöhe so zu justieren, daß <strong>de</strong>r<br />

Konsum x − n − g wird. Das impliziert gewöhnlich eine Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Schul<strong>de</strong>nhöhe, bis<br />

das Gleichgewicht erreicht wird. Ein Festlegen <strong>de</strong>s Steuersatzes erfor<strong>de</strong>rt das Anpassen <strong>de</strong>r<br />

Staatsausgaben, damit ein stabiler Zustand erhalten wird.<br />

Die Beziehung zwischen <strong>de</strong>m Steuersatz τ, <strong>de</strong>n Staatsausgaben g und <strong>de</strong>r Gleichgewicht-<br />

Schuld ¯d folgt aus Theoremen 3 und 5: Die Wahl vergrößerter Staatsausgaben erfor<strong>de</strong>rt im<br />

Gleichgewicht entwe<strong>de</strong>r einen vergrößerten Steuersatz (bzw. umgekehrt) o<strong>de</strong>r die Wahl eines<br />

Gleichgewichts mit höheren Staatsausgaben und einem dazu passen<strong>de</strong>n Steuersatz vermin<strong>de</strong>rt<br />

die Gleichgewicht-Staatsschuld ¯d.<br />

Staatsschul<strong>de</strong>n haben eine wichtige Funktion in <strong>de</strong>r Wirtschaftskoordination. Sie steuern<br />

das Verhältnis <strong>de</strong>s privaten Konsums zu <strong>de</strong>n Staatsausgaben. Ein höherer privater Konsum<br />

be<strong>de</strong>utet im Gleichgewicht höhere Staatsschul<strong>de</strong>n, verbun<strong>de</strong>n mit geringeren Staatsausgaben<br />

und geringerer Besteuerung.<br />

Bei ungenügen<strong>de</strong>r Nachfrage existiert die Möglichkeit keiner Besteuerung (τ = 0) o<strong>de</strong>r<br />

keiner Staatsausgaben (g = 0) um die Konsumnachfrage zu stimulieren durch <strong>de</strong>n Aufbau<br />

von Staatsschul<strong>de</strong>n. Diese zwei Politikarten sind gleichwertig, wenn <strong>de</strong>r Zinssatz mit <strong>de</strong>r<br />

Wachstumsrate übereinstimmt. An<strong>de</strong>rerseits schließen sich diese zwei Politikarten gegenseitig<br />

9<br />

(30)


aus, weil sie eine an<strong>de</strong>re Höhe von Staatsausgaben verlangen. Bezüglich <strong>de</strong>r Implikationen<br />

für die Staatsschul<strong>de</strong>n verlangen die Gleichungen (21) und (30)<br />

¯d ∣ ∣<br />

τ=0<br />

− ¯d ∣ ∣<br />

g=0<br />

=<br />

x − ¯ω<br />

(i − n)<br />

(¯ω − i)(¯ω − n)<br />

Theorem 7: Die Gleichgewichts-Schul<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n nur dann mit <strong>de</strong>r Besteuerung Null höher<br />

sein als mit <strong>de</strong>n Staatsausgaben Null, wenn <strong>de</strong>r Zinssatz die Wachstumsrate überschreitet.<br />

6 MAASTRICHT-BESCHRÄNKUNGEN<br />

Der Maastricht Vertrag verlangt zwei Beschränkungen <strong>de</strong>r Staatsschul<strong>de</strong>n: Die eine for<strong>de</strong>rt,<br />

daß <strong>de</strong>r Anteil <strong>de</strong>r Staatsschul<strong>de</strong>n am BIP eine bestimmte Schwelle α nicht überschreiten soll,<br />

und die an<strong>de</strong>re for<strong>de</strong>rt, dass das Wachstum <strong>de</strong>r Staatschul<strong>de</strong>n einen bestimmten Bruchteil β<br />

<strong>de</strong>s Einkommens nicht überschreiten soll. Nehmen wir eine bestimmte Rate <strong>de</strong>r Abschreibung<br />

δ an, ist das BIP X + δK, und die Beschränkungen können dargestellt wer<strong>de</strong>n als<br />

δ ≤ α(x + δ) (31)<br />

Ḋ ≤ β(x + δ)K (32)<br />

Gleichung (31) gibt eine Beschränkung <strong>de</strong>r Höhe, und (32) gibt eine Beschränkung <strong>de</strong>r<br />

Zunahme. Im Maastricht Vertrag sind die Konstanten mit α = 0.6 und β = 0.03 festgelegt.<br />

Betrachten wir, was geschieht, wenn die eine o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Beschränkung bin<strong>de</strong>t.<br />

6.1 Beschränkung <strong>de</strong>r Schul<strong>de</strong>nhöhe<br />

Betrachten wir zuerst die Beschränkung <strong>de</strong>r Höhe (31). Wenn die Gleichgewicht-Schuld nachfolgen<strong>de</strong>r<br />

Bedingung genügt<br />

¯d ≤ α(x + δ)<br />

kann ein Gleichgewicht erreicht wer<strong>de</strong>n; ansonsten wird es ausgeschlossen. Weil die Gleichgewicht-<br />

Schuld umgekehrt sowohl mit <strong>de</strong>n Staatsausgaben als auch mit <strong>de</strong>r Steuerhöhe zusammenhängt<br />

(Theorem 3), muß <strong>de</strong>r Staat Staatsausgaben und Steuern koppeln, um die Gleichgewicht-<br />

Beschränkung einzuhalten. Die Beschränkung <strong>de</strong>r Höhe setzt untere Grenzen von Staatsausgaben<br />

und Besteuerung:<br />

g ≥ x − ¯ω − (x + δ)(¯ω − n)α<br />

τ ≥<br />

x − ¯ω − (x + δ)(¯ω − i)α<br />

x(1 + iα) + iαδ<br />

Diese unteren Grenzen steigen, wenn die Beschränkung <strong>de</strong>r Höhe verschärft (reduziert)<br />

wird. In diesem Sinn verlangt ein Verschärfen <strong>de</strong>r Maastricht-Beschränkung <strong>de</strong>r Höhe für das<br />

Gleichgewicht höhere Staatsausgaben und Besteuerung. Das kommt daher, weil vergrößerte<br />

Staatsausgaben geringere Konsumausgaben und geringere Staatsschul<strong>de</strong>n zur Folge haben.<br />

Hinsichtlich <strong>de</strong>r dynamischen Anpassung müssen wir mehrere Fälle in Betracht ziehen:<br />

10


Fall 1. Sowohl Gleichgewicht-Schuld ¯d als auch Anfangsschuld d 0 genügen <strong>de</strong>r Maastricht-<br />

Beschränkung <strong>de</strong>r Höhe. In diesem Fall wird die Beschränkung <strong>de</strong>r Höhe nicht bin<strong>de</strong>n, und<br />

Anpassung wird unberührt und stabil bleiben.<br />

Fall 2. Die Gleichgewicht-Schuld ¯d überschreitet die Maastricht-Beschränkung <strong>de</strong>r Höhe,<br />

aber die Anfangsschuld d 0 genügt <strong>de</strong>r Maastricht-Beschränkung <strong>de</strong>r Höhe. In diesem Fall<br />

muss <strong>de</strong>r Staat Staatsausgaben und Besteuerung erhöhen, um Fall 1 zu erreichen, und die<br />

Anpassung geht auf die gleiche Weise weiter. Dadurch kann dann für eine bestimmte Höhe<br />

<strong>de</strong>r Staatsausgaben ein Gleichgewicht erreicht wer<strong>de</strong>n.<br />

Fall 3. Die Gleichgewicht-Schuld ¯d genügt <strong>de</strong>r Maastricht-Beschränkung <strong>de</strong>r Höhe, aber<br />

die Anfangsschuld d 0 überschreitet die Maastricht-Beschränkung <strong>de</strong>r Höhe. In diesem Fall<br />

muss die Schuld reduziert wer<strong>de</strong>n. Die Än<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Schuld ist durch die Einschränkung <strong>de</strong>s<br />

Staatsbudgets (12) gegeben und soll, sagen wir, −r negativ sein:<br />

˙ d = g[(1 − τ)i − n] − τx = −r<br />

Das muss konsistent mit <strong>de</strong>n Differenzialgleichungen (14) und (15) sein, und bestimmt<br />

dadurch die Höhe von Besteuerung und Staatsausgaben. Ersetzt man in (14) d ˙ durch −r,<br />

wird<br />

Ähnliche impliziert (15)<br />

∂τ<br />

∂r = 1<br />

> 0<br />

(x + id)ϕ ′<br />

∂g<br />

∂r = ϕ′ − n<br />

1 − ϕ ′<br />

Dieser Ausdruck wird für <strong>de</strong>n relevanten Fall ϕ ′ > n auch positiv sein. Folglich wird <strong>de</strong>r<br />

Staat sowohl Ausgaben als auch Besteuerung vergrößern müssen, um die Schul<strong>de</strong>nhöhe auf<br />

die Maastricht-Beschränkung zu reduzieren, wenn er Vollbeschäftigung aufrecht erhalten will.<br />

Gleichzeitig wird die damit verbun<strong>de</strong>ne Gleichgewichts-Schul<strong>de</strong>nhöhe reduziert. Schließlich<br />

wird die Maastricht-Beschränkung <strong>de</strong>r Höhe erreicht, und die Anpassung kann wie im Falle<br />

1 weitergehen.<br />

Fall 4. We<strong>de</strong>r die Gleichgewicht-Schuld ¯d noch die Anfangsschuld d 0 erfüllen die Maastricht-<br />

Beschränkung <strong>de</strong>r Höhe. In diesem Fall wür<strong>de</strong> die Schuldvermin<strong>de</strong>rung wie im Fall 3 erfor<strong>de</strong>rn.<br />

Das wür<strong>de</strong> zunehmen<strong>de</strong> Staatsausgaben und Besteuerung bedingen und es wür<strong>de</strong> die<br />

Gleichgewicht-Schuld vermin<strong>de</strong>rn. Schließlich wird ein Gleichgewicht erreicht, vorausgesetzt<br />

dass die Einschränkung nicht so eng ist, daß ein Gleichgewicht ausgeschlossen wäre.<br />

6.2 Beschränkung <strong>de</strong>r Zunahme <strong>de</strong>r Staatsschul<strong>de</strong>n<br />

Als nächstes betrachten wir die Beschränkung <strong>de</strong>r Zunahme. Mit <strong>de</strong>r Definition von d als D K<br />

erhalten wir Ḋ = ( d ˙ + nd)K. Im Gleichgewicht ( d ˙ = 0) wird die Beschränkung <strong>de</strong>r Zunahme<br />

(32) zu<br />

¯d ≤ β (x + δ) (33)<br />

n<br />

Die Beschränkung <strong>de</strong>r Zunahme entspricht, hinsichtlich <strong>de</strong>s Gleichgewichts, einer Beschränkung<br />

<strong>de</strong>r Höhe. Wenn αn = β zutrifft, sind die Beschränkungen (31) und (32) die<br />

11


gleichen. Für <strong>de</strong>n Maastricht Fall mit α = 0.6 und β = 0.03 wür<strong>de</strong> das für eine Wachstumsrate<br />

von n = 0.05 zutreffen. Die Beschränkung <strong>de</strong>r Höhe wird im Gleichgewicht Wachstumsraten<br />

unter 5 Prozent erzwingen, und die Beschränkung <strong>de</strong>r Zunahme wird für höhere<br />

Wachstumsraten bin<strong>de</strong>nd sein.<br />

Bezüglich <strong>de</strong>r Anpassung ergibt die Beschränkung <strong>de</strong>r Zunahme<br />

˙ d = β(x + δ) − nd<br />

Wenn sie bin<strong>de</strong>t, erfor<strong>de</strong>rt das schließlich eine Schul<strong>de</strong>nhöhe von β (x + δ). Wenn die<br />

n<br />

Gleichgewicht-Schul<strong>de</strong>nhöhe unter dieser Schwelle liegt, bin<strong>de</strong>t die Beschränkung <strong>de</strong>r Zunahme<br />

nicht mehr, und die Anpassung an die Gleichgewicht-Schul<strong>de</strong>nhöhe herrscht vor.<br />

Wenn es die Gleichgewicht-Schul<strong>de</strong>nhöhe ist, müssen Staatsausgaben und Besteuerung vergrößert<br />

wer<strong>de</strong>n, damit die Gleichgewicht-Schul<strong>de</strong>nhöhe die Gleichgewicht-Beschränkung <strong>de</strong>r<br />

Zunahme (33) ergibt.<br />

Letztlich erzwingen die bei<strong>de</strong>n Maastricht-Beschränkungen eine Höhe <strong>de</strong>r Staatsschuld.<br />

Im günstigsten Fall bin<strong>de</strong>n sie nicht. An<strong>de</strong>renfalls verlangen sie sowohl hohe Staatsausgaben<br />

als auch hohe Besteuerung o<strong>de</strong>r schließen ein Gleichgewicht aus.<br />

Eine Anmerkung für Puristen: Im Falle <strong>de</strong>r ungenügen<strong>de</strong>n Nachfrage verhin<strong>de</strong>rt je<strong>de</strong> Maastricht<br />

Konstante mit Null die Existenz eines Gleichgewichts, weil sowohl α = 0 als auch β = 0<br />

verlangen, daß ¯d = 0 ist.<br />

Anzumerken ist, dass alle Betrachtungen unter <strong>de</strong>r Annahme gemacht wor<strong>de</strong>n sind, dass<br />

Vollbeschäftigung immer aufrechterhalten wird. Erhebliche Probleme kommen hinsichtlich<br />

<strong>de</strong>r dynamischen Anpassung zusätzlich hinzu, wenn Arbeitslosigkeit mit in Betracht gezogen<br />

wird.<br />

Der Maastricht Vertrag orientiert weniger auf die potenzielle Produktion x, son<strong>de</strong>rn eher<br />

auf die realisierte Produktion x r , die geringer sein kann. Im Falle eines negativen Nachfrageschocks<br />

wür<strong>de</strong> die Maastricht-Beschränkung <strong>de</strong>r Höhe <strong>de</strong>shalb die Vermin<strong>de</strong>rung von<br />

Staatsausgaben o<strong>de</strong>r eine Steigerung <strong>de</strong>r Besteuerung erzwingen, wodurch die gesamte Nachfrage<br />

weiter verringert wird, und die Maastricht-Beschränkung <strong>de</strong>r Zunahme wür<strong>de</strong> die Vermin<strong>de</strong>rung<br />

<strong>de</strong>r Staatsanleihen, die Vermin<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Staatsausgaben und die Steigerung<br />

<strong>de</strong>r Besteuerung verlangen. Während die Verfolgung von Vollbeschäftigungspolitiken ohne<br />

die Maastricht-Beschränkungen eine stabile Anpassung veranlassen wür<strong>de</strong>, können die<br />

Maastricht-Beschränkungen Instabilität veranlassen und zukünftigen Generationen scha<strong>de</strong>n,<br />

weil Kapitalbildung und praktische Ausbildung reduziert wer<strong>de</strong>n. Alles in allem scheint <strong>de</strong>r<br />

Maastricht-Vertrag kein Geniestreich zu sein.<br />

7 ZINSSATZ UND STAATSSCHULD<br />

Bis jetzt ist ein gegebener Zinssatz vorausgesetzt wor<strong>de</strong>n. Das kann <strong>de</strong>m Falle entsprechen,<br />

dass <strong>de</strong>r Zinssatz so gering ist, dass er mehr nicht reduziert wer<strong>de</strong>n kann, o<strong>de</strong>r dass es aus<br />

einem Verteilungsgesichtspunkt nicht empfehlenswert erscheint, ihn weiter zu reduzieren.<br />

(Wenn <strong>de</strong>r Zinssatz i unter <strong>de</strong>n natürlichen Satz n ist, was zum Beispiel als An<strong>de</strong>utung<br />

dynamischer Wirkungslosigkeit interpretiert wer<strong>de</strong>n kann. Anzumerken ist auch, dass eine<br />

mo<strong>de</strong>rne Geldmengenpolitik dazu neigt, <strong>de</strong>n wirksamen Zinssatz auf eine bestimmte Höhe<br />

zu stabilisieren.) Wir können jedoch fragen, was geschehen kann, wenn <strong>de</strong>r Zinssatz geän<strong>de</strong>rt<br />

wird. Der leichteste Weg ist es, an ein neoklassizistisches Wachstumsmo<strong>de</strong>ll zu <strong>de</strong>nken, wo<br />

<strong>de</strong>r Zinssatz positiv mit <strong>de</strong>r Kapitalproduktivität 4) verbun<strong>de</strong>n ist:<br />

12


x = x(i), x ′ > 0<br />

Eine Steigerung von i reduziert die Kapitalintensität und vergrößert die Kapitalproduktivität.<br />

Im folgen<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n die Folgen von stationäre Lösungen betrachtet, die aus diesem<br />

Effekt folgen. Die Analyse bleibt rudimentär, weil sie Probleme <strong>de</strong>r Wechselwirkung und<br />

direkte Effekte <strong>de</strong>r Än<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Zinsen auf <strong>de</strong>m Konsum nicht betrachtet.<br />

Erinnern wir uns, dass das Gleichgewicht-Verhältnis ¯ω <strong>de</strong>s Einkommen-Vermögens, wie es<br />

in (16) <strong>de</strong>finiert ist, unabhängig von i sein soll. Als x = x(i) <strong>de</strong>finiert Gleichung (27) das<br />

Gleichgewicht-Schuldverhältnis ¯d = d(i) als eine Funktion von i:<br />

Dessen Ableitung ist<br />

d(i) =<br />

(1 − τ)x − ¯ω<br />

¯ω − (1 − τ)i<br />

d ′ (i) = (1 − τ)(x′ + ¯d)<br />

¯ω − (1 − τ)i<br />

= (1 + ¯d)(x ′ + ¯d)<br />

x − i<br />

Daraus folgt, daß die Gleichgewicht-Schuld ¯d = d(i) eine zunehmen<strong>de</strong> Funktion <strong>de</strong>s Zinssatzes<br />

ist - unabhängig davon, wie hoch die Besteuerung τ ist.<br />

Mit einem variieren<strong>de</strong>m Zinssatz ist es aber nicht sehr passend, die Wirkung solcher Än<strong>de</strong>rungen<br />

auf <strong>de</strong>m Schuld-Kapital-Verhältnis d zu studieren, weil ein zunehmen<strong>de</strong>r Zinssatz<br />

sowohl die wirksame Kapitalintensität senkt als auch die Kapitalproduktivität steigert. Wir<br />

sollten uns mehr für <strong>de</strong>n Anteil <strong>de</strong>r Staatsschul<strong>de</strong>n am Nettoprodukt x interessieren, die mit<br />

q bezeichnet wer<strong>de</strong>n:<br />

Das impliziert<br />

dq ′<br />

dq<br />

∣ = d′<br />

τ=const<br />

d − x′<br />

x =<br />

q = d(i)<br />

x(i)<br />

> 0<br />

1 − τ<br />

¯ω − (1 − τ)i + ¯ωx ′<br />

[(1 − τ)x − ¯ω > 0<br />

Mit einem festen Steuersatz wird <strong>de</strong>r Gleichgewicht-Anteil <strong>de</strong>r Staatsschuld bezüglich <strong>de</strong>r<br />

Produktion mit einem zunehmen<strong>de</strong>n Zinssatz auch zunehmen.<br />

Der Anteil <strong>de</strong>r Schuld am Einkommen bewegt sich in <strong>de</strong>rselben Richtung:<br />

z =<br />

d(i)<br />

x(i) + id(i) ⇒<br />

∂z<br />

∂i ∣ =<br />

τ=const<br />

[(1 − τ)x − ¯ω] + [¯ω − (1 − τ)i]x′<br />

¯ω(x − i) 2 > 0<br />

Wen<strong>de</strong>n wir uns als nächstes <strong>de</strong>m Fall von festen Staatsausgaben und einem variablen<br />

Steuersatz zu. Das Gleichgewicht-Verhältnis <strong>de</strong>s Einkommen-Vermögens ¯ω impliziert<br />

¯d = x − g − ¯ω<br />

¯ω − n<br />

Weil x mit i wächst, nimmt die Gleichgewicht-Schuld ¯d bei einer Zunahme <strong>de</strong>s Zinssatzes<br />

auch zu, wenn die Staatsausgaben konstant bleiben. Mit konstanten Staatsausgaben ist <strong>de</strong>r<br />

Gleichgewicht-Anteil <strong>de</strong>r Schuld in <strong>de</strong>r Produktion<br />

q =<br />

x − g − ¯ω<br />

(x − g − n)¯ω ⇒ ∂q<br />

∂x∣ =<br />

g=const<br />

13<br />

¯ω − n<br />

(x − g − n) 2¯ω > 0<br />

(34)


(Dabei wur<strong>de</strong> x = ϕ(1 + d) + n + g und ¯ω − ϕ = n benutzt). Weil x mit i zunimmt,<br />

vergrößert eine Steigerung im Zinssatz <strong>de</strong>n Anteil <strong>de</strong>r Schuld an <strong>de</strong>r Produktion, wenn <strong>de</strong>r<br />

Anteil von Staatsausgaben an <strong>de</strong>r Produktion unverän<strong>de</strong>rt behalten wird.<br />

Der Anteil <strong>de</strong>r Schuld am Einkommen bewegt sich jedoch in <strong>de</strong>r entgegengesetzten Richtung:<br />

z =<br />

d(i)<br />

x(i) + id(i) ⇒<br />

∂z<br />

∂i ∣ = − (g + ¯ω)(¯ω − n)x′ + (x − ¯ω − g) 2<br />

< 0<br />

g=const<br />

[(g + ¯ω)i + (n − i − ¯ω)x] 2<br />

Wenn es die Staatsschul<strong>de</strong>n erfor<strong>de</strong>rn, sind einige Beschränkungen zu beachten, weil <strong>de</strong>r<br />

Maastricht-Vertrag bei variieren<strong>de</strong>m Zinssatz auch solche Än<strong>de</strong>rungen in <strong>de</strong>n Staatsausgaben<br />

und <strong>de</strong>r Besteuerung erzwingen kann, die vom Gesichtspunkt <strong>de</strong>r Leistungsfähigkeit ziemlich<br />

willkürlich erscheinen. Eine Än<strong>de</strong>rung im Zinssatz, kann bei gegebener Besteuerung o<strong>de</strong>r<br />

Staatsausgaben zu einer Übertretung einer Maastricht-Beschränkung führen und wür<strong>de</strong> eine<br />

übermäßige Steigerung <strong>de</strong>r Besteuerung und <strong>de</strong>r Staatsausgaben erzwingen, wie im Fall 4,<br />

selbst wenn das anfängliche Verhältnis von Staatsausgaben zu privaten Ausgaben gera<strong>de</strong><br />

richtig, o<strong>de</strong>r sogar übermäßig war.<br />

8 EINIGE BERECHNUNGEN IM SINNE VON DOMAR<br />

Domar [1, s. 823 - 5, Fälle 1 und 3] nimmt eine konstante Steigung <strong>de</strong>s Konsums an, die in<br />

dieser Arbeit durch µ bezeichnet wird, was ϕ = µ · ω impliziert. Gleichung (15) reduziert<br />

sich damit auf<br />

d ˙ = 1 − µ<br />

µ (x − g) − 1 n − nd (35)<br />

µ<br />

Diese Differenzialgleichung hat die allgemeine stabile Lösung<br />

mit <strong>de</strong>m implizierten Steuersatz<br />

¯d = 1 − µ<br />

nµ (x − g) − 1 µ<br />

(36)<br />

¯τ = 1 −<br />

n(x − g − n)<br />

(x − g − n)(1 − µ)i + nµ(x − i)<br />

Für das Nullwachstum ist dieser Steuersatz 100 Prozent - selbst wenn die Staatsausgaben<br />

Null sind. (Dieses Ergebnis entspricht Domar’s Fall 1.) Die Ableitung von (37) in Bezug auf<br />

g ist<br />

(37)<br />

∂¯τ<br />

∂g = − (x − i)µn 2<br />

[(x − g − n)(1 − µ)i + nµ(x − i)] 2 > 0 (38)<br />

die wie<strong>de</strong>r die positive Beziehung zwischen Staatsausgaben und Besteuerung bestätigt. Jedoch<br />

betrachtet Domar das Verhältnis von Staatsanleihe zu Produktion<br />

γ := Ḋ<br />

X = d ˙ + nd<br />

(39)<br />

x<br />

und das bleibt konstant. (Unser γ steht für Domar’s α.) Gleichung (39) wird umgestellt zu<br />

einer Differenzialgleichung<br />

14


˙ d = γx − nd<br />

mit <strong>de</strong>r einzigen stabilen Gleichgewicht-Lösung<br />

¯d = γx<br />

n<br />

die gleich Domar’s Gleichung (10) ist. Die Gleichstellung mit (36) führt zum Gleichgewicht<br />

<strong>de</strong>r Staatsausgaben, parametrisiert mit <strong>de</strong>r Domar-Konstante γ:<br />

g =<br />

x[(1 − µ)n − γµ] − n<br />

(1 − µ)n<br />

welche die umgekehrte Beziehung zwischen Staatskredit - ausgedrückt durch die Domar-<br />

Konstante γ - und <strong>de</strong>n Staatsausgaben zeigt. Wegen <strong>de</strong>r positiven Beziehung zwischen Staatsausgaben<br />

und Besteuerung, die in (38) gezeigt wird, ist dieses Ergebnis auf die Besteuerung<br />

zu übertragen: Eine höhere Staatsanleihe impliziert eine niedrigere Besteuerung. Domar <strong>de</strong>finiert<br />

die ’Steuerrate’ jedoch an<strong>de</strong>rs. Es ist in unserer Terminologie,<br />

(40)<br />

und im Gleichgewicht<br />

τ Domar :=<br />

di<br />

x + di<br />

¯τ Domar :=<br />

iγ<br />

n + iγ<br />

wohingegen (40) und (37) eine niedrigere Steuerlast implizieren:<br />

¯τ =<br />

iγ − γ µ<br />

1 − µ − n<br />

x(1 − µ)<br />

n + iγ<br />

− n(1 − γ)<br />

< ¯τ Domar<br />

Der Unterschied entsteht hauptsächlich dadurch, weil Domar die zusätzliche Steuerlast mit<br />

<strong>de</strong>n Zins-Zahlungen für die Staatsschuld i<strong>de</strong>ntifiziert hat, aber dieser Schluß ist fehlerhaft.<br />

In einer wachsen<strong>de</strong>n Wirtschaft wird die Staatsschuld im natürlichen Tempo ebenso wachsen.<br />

Eine größere Staatsschuld impliziert größere Staatsanleihen, das entlastet teilweise von<br />

<strong>de</strong>n Zins-Zahlungen auf die Staatsschul<strong>de</strong>n. Das macht es möglich, dass die Gleichgewicht-<br />

Besteuerung geringer ist als die Zins-Zahlungen auf die Staatsschuld. Ferner hat Domar<br />

in seiner teilweisen Analyse die Beschränkungen von Staatsausgaben und Besteuerung vernachlässigt,<br />

die aus <strong>de</strong>r Voraussetzung <strong>de</strong>r Vollbeschäftigungs entsteht, die eine Vermin<strong>de</strong>rung<br />

<strong>de</strong>r Staatanleihen im Laufe <strong>de</strong>r Zeit impliziert. Ein unverän<strong>de</strong>rlicher Satz <strong>de</strong>r Staatsanleihen<br />

wird nur im Gleichgewicht vorkommen.<br />

Als eine numerische Illustration betrachten wir <strong>de</strong>n Fall einer Sparrate von 10 Prozent,<br />

einer Wachstumsrate von 2 Prozent, einem Kapitalproduktionsverhältnis von 3 und einem<br />

Anteil von Staatsausgaben im Nettoprodukt von 20 Prozent. Das impliziert µ = 0.9, n =<br />

0.02, x = 0.33 und g ≈ 0.02 · x = 0.066 5) . Gleichung (35) lautet damit<br />

˙ d = 0.00712 − 0.02 d<br />

mit <strong>de</strong>m Gleichgewicht-Schuldverhältnis ¯d = 0.356 und <strong>de</strong>r Lösung<br />

5) Im Weiteren verwen<strong>de</strong>t g = 0, 06592 (Anmerk. Übersetzer).<br />

15


d(t) = 0.356 + (d 0 − 0.356) − 0.02 t<br />

wobei d 0 anfängliche Schuld bezeichnet. Die damit verbun<strong>de</strong>ne Entwicklung <strong>de</strong>s Steuersatzes<br />

wird durch die Einschränkung <strong>de</strong>s Staatsbudgets (12) bestimmt mit<br />

τ(t) =<br />

g + (i − n)d(t) − ˙ d(t)<br />

x + id(t)<br />

Dieses ist in Diagramm 1 dargestellt.<br />

Der damit verbun<strong>de</strong>ne Anteil <strong>de</strong>r Staatsausgaben an <strong>de</strong>r Nettoproduktion (wie in (34))<br />

ist q(t) = d(t) , grob das dreifache von d. Sein Gleichgewicht-Wert ist ¯q = 1.07.<br />

x<br />

Die Än<strong>de</strong>rungen sowohl <strong>de</strong>s Satzes <strong>de</strong>r Staatsausgaben als auch die <strong>de</strong>r Gleichgewicht-<br />

Höhe <strong>de</strong>r Staatsschuld sind im Diagramm 2 dargestellt. (Um die Kapitalproduktivität x + δ<br />

grob abzuschätzen, wird eine Abschreibung von 3 Prozent angenommen.)<br />

Die Maastricht-Beschränkungen implizieren im Gleichgewicht d ≤ 0.22 (Beschränkung<br />

<strong>de</strong>r Höhe) und d ≤ 0.45 (Beschränkung <strong>de</strong>r Zunahme) ein. Als Anteile am BIP haben wir<br />

d<br />

x + δ<br />

≤ 0.6 beziehungsweise<br />

d<br />

x + δ ≤ 1.5.<br />

0,40<br />

0,35<br />

0,30<br />

Staatsschul<strong>de</strong>n relativ zum Kapitalstock<br />

Steuersatz<br />

0,25<br />

Anteil<br />

0,20<br />

0,15<br />

0,10<br />

0,05<br />

0,00<br />

0 50 100 150 200 250 300<br />

Zeit (in Jahren)<br />

Abbildung 1: Staatsschul<strong>de</strong>n und Steuersatz bei einem Anteil <strong>de</strong>r Staatsausgaben von 20<br />

Prozent <strong>de</strong>r Nettoproduktion. Angenommene Parameter-Werte: Sparrate<br />

10 Prozent, Wachstumsrate 2 Prozent, Kapitalproduktivität 0.33, Anteil<br />

<strong>de</strong>r Staatsausgaben 20 Prozent <strong>de</strong>r Nettoproduktion, Zinssatz 2 Prozent,<br />

Anfangsschul<strong>de</strong>n Null<br />

Die Beziehung zwischen <strong>de</strong>m Staats-Anteil und <strong>de</strong>m Steuersatz ist nicht sehr empfindlich<br />

bezüglich Än<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Wachstumsrate o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Zinssatzes. Das wird für <strong>de</strong>n Fall einer<br />

festen Kapitalproduktivität in <strong>de</strong>n Diagrammen 3 und 4 gezeigt. Das wi<strong>de</strong>rspricht etwas <strong>de</strong>m<br />

Kern von Domar’s Argumentation.<br />

16


2,5<br />

2,0<br />

Anteil <strong>de</strong>r Staatsschul<strong>de</strong>n (d/x)<br />

1,5<br />

1,0<br />

Beschränkung <strong>de</strong>r Höhe (Maastrich)<br />

Beschränkung <strong>de</strong>r Zunahme (Maastrich)<br />

0,5<br />

0,0<br />

0,0 0,1 0,1 0,2 0,2 0,3 0,3 0,4 0,4<br />

Anteil <strong>de</strong>r Staatsausgaben (g/x)<br />

Abbildung 2: Anteil <strong>de</strong>r Staatsausgaben am BIP und Anteil <strong>de</strong>r Staatsschuld am BIP. Als<br />

Abschreibung wer<strong>de</strong>n 3 Prozent angenommen, die an<strong>de</strong>ren Parameter-Werte<br />

sind wie im Diagramm 1. Die Maastricht-Beschränkung <strong>de</strong>r Zunahme erfor<strong>de</strong>rt<br />

einen Anteil <strong>de</strong>r Staatsausgaben über 10 Prozent (Beschränkung <strong>de</strong>r Zunahme)<br />

und über 25 Prozent (Beschränkung <strong>de</strong>r Höhe)<br />

9 ANMERKUNGEN ZUR SICHT VON RICARDI<br />

Nehmen wir die gegenwärtigen Werte auf <strong>de</strong>r linken Seite und <strong>de</strong>r rechten Seite <strong>de</strong>r Budgetgleichung<br />

(10) und integrieren partiell<br />

∫ ∞<br />

e − it G i dt + D 0 =<br />

∫ ∞<br />

e − it R i dt<br />

o<strong>de</strong>r kürzer,<br />

0<br />

0<br />

G + D 0 = R (41)<br />

Das entspricht Barro [8, Gleichung (2)] und hat dann und nur dann Sinn, wenn <strong>de</strong>r Zinssatz<br />

die Wachstumsrate überschreitet, wie das im Folgen<strong>de</strong>n angenommen wird. Weil die<br />

Budget-Einschränkung (10) überall in <strong>de</strong>r Analyse vorausgesetzt wur<strong>de</strong>, bleibt die Budget-<br />

Einschränkung von Barro, wie sie genannt wer<strong>de</strong>n kann, gültig in dieser Analyse. In diesem<br />

Sinne liefert die gegenwärtige Analyse keinen Wi<strong>de</strong>rspruch zu Barros formeller Analyse.<br />

Das Gleiche gilt auch für das Haushaltsbudget. Mit (1), (6), (7), (10) und I = ˙K schließen<br />

wir, dass <strong>de</strong>r Unterschied zwischen <strong>de</strong>m Einkommen und <strong>de</strong>n Konsumausgaben und <strong>de</strong>r<br />

Steuer, zur Anhäufung von Vermögen führt, entwe<strong>de</strong>r zur Kapitalanhäufung o<strong>de</strong>r zum Halten<br />

von Staatsschuldtiteln:<br />

Y t − C t − R t = I + Ḋ = ˙V<br />

Nehmen wir die gegenwärtiger Werte, verwen<strong>de</strong>n Y t = X t + iD t , und ordnen die Terme<br />

um, so wird<br />

C = X − G − K + K 0 (42)<br />

17


0,4<br />

0,3<br />

Steuersatz<br />

0,2<br />

0,1<br />

0.00<br />

Parameter ist n<br />

0.02<br />

0.04<br />

0.06<br />

0<br />

0,00 0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30 0,35 0,40<br />

Staats-Anteil (g/x)<br />

-0,1<br />

Abbildung 3: Beziehung zwischen <strong>de</strong>m Staatsanteil am BIP und <strong>de</strong>m Steuersatz für verschie<strong>de</strong>ne<br />

Wachstumsraten und einem Zinssatz von 4 Prozent. Die an<strong>de</strong>ren<br />

Parameter sind wie im Diagramm 1<br />

Daraus folgt, daß bei einem gegebenen Zeitverlauf von Produktion X t und Kapitalstock<br />

K t , <strong>de</strong>r gegenwärtigen Wert <strong>de</strong>r Staatsausgaben G zwischenzeitlich die Budgeteinschränkungen<br />

<strong>de</strong>r Haushalte bestimmt. Daraus schließt Barro [7], dass bei gegebenen Staatsausgaben<br />

die Staatsschul<strong>de</strong>n die Konsumsmöglichkeiten <strong>de</strong>r Haushalte nicht än<strong>de</strong>rt und sich <strong>de</strong>shalb<br />

real kein NettoVermögen bil<strong>de</strong>t. Wie Barro [9, S. 51] erklärt, faßt die Ricardi-Näherung die<br />

Defizit-Beträge zusammen mit Erklärung, dass <strong>de</strong>r fiskalische Staatseinfluss durch <strong>de</strong>n gegenwärtigen<br />

Wert seiner Ausgaben wirkt. In Anbetracht dieses gegenwärtigen Werts haben<br />

Neuordnungen <strong>de</strong>s Steuerverlaufs - angestoßen durch Budget-Defizite - keine Firstor<strong>de</strong>r-<br />

Wirkung auf die Wirtschaft. Das kann im vorliegen<strong>de</strong>m Mo<strong>de</strong>ll auch nicht diskutiert wer<strong>de</strong>n,<br />

aber es gibt keine Ricardische Gleichwertigkeit zwischen Besteuerung und Staatsschuld,<br />

sie gehören sowohl zusammen aber sie müssen sich auch zusammen bewegen; es gibt keine<br />

Möglichkeit für Neuordnungen und in diesem Sinn besteht keine Ricardische Gleichwertigkeit.<br />

Daher sind Gleichungen wie (41) und (42), die Barros Analyse unterliegen, im gegenwärtigen<br />

Zusammenhang auch gültig und untergraben nicht die Position, dass Staatsschul<strong>de</strong>n eine<br />

wichtige Wirtschaftsfunktion haben können. Und doch kann Barros Analyse etwas an<strong>de</strong>res<br />

vorschlagen, nämlich dass bei festen Staatsausgaben die Besteuerung vermin<strong>de</strong>rt wird und<br />

infolge<strong>de</strong>ssen die Steigerung <strong>de</strong>r Staatsschul<strong>de</strong>n durch eine Steigerung in privaten Ersparnissen<br />

völlig ausgeglichen wür<strong>de</strong>, weil die Haushalte zwischenzeitlich das Staatsbudget nicht<br />

betreffen wür<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>shalb <strong>de</strong>r Zeitverlauf <strong>de</strong>s Konsums unverän<strong>de</strong>rt bleiben wür<strong>de</strong>. Demzufolge<br />

wür<strong>de</strong>n die hier besprochen Mechanismen nicht greifen und die Finanzpolitik wür<strong>de</strong><br />

die Gesamtnachfrage nicht beeinflussen. Die in diesem Papier untersuchten Effekten konnten<br />

in Barros Rahmen nicht vorkommen. Die angeblichen Inflationserfahrungen unter Keynesscher<br />

Politik in <strong>de</strong>n 1970er Jahren scheinen an<strong>de</strong>res vorzuschlagen, aber das Mo<strong>de</strong>ll, das hier<br />

untersucht wur<strong>de</strong>, nimmt an, dass eine Steigerung <strong>de</strong>r zukünftigen Besteuerung wegen einer<br />

Zunahme <strong>de</strong>r Staatsschul<strong>de</strong>n durch vergrößerte Ersparnisse nicht völlig ausgeglichen wird.<br />

Schließlich läuft das Problem auf die empirische Frage hinaus, ob eine Steuermin<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>n<br />

privaten Konsum vergrößern kann o<strong>de</strong>r nicht. Empirisch scheint das <strong>de</strong>r Fall zu sein, und<br />

18


0,4<br />

0,3<br />

Steuersatz<br />

0,2<br />

0,1<br />

Parameter: i<br />

0.06<br />

0.04<br />

0.02<br />

0<br />

0,00 0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30 0,35 0,40<br />

Staats-Anteil (g/x bzw. G/X)<br />

-0,1<br />

Abbildung 4: Beziehung zwischen <strong>de</strong>m Staatsanteil am BIP und <strong>de</strong>m Steuersatz für verschie<strong>de</strong>ne<br />

Zinssätze bei einer Wachstumsrate von 2 Prozent. Die an<strong>de</strong>ren Parameter<br />

sind wie im Diagramm 1<br />

die hier präsentierten Argument setzen das voraus 6)<br />

10 FOLGERUNGEN AUS DEN ANMERKUNGEN<br />

Die Diskussion richtet die Aufmerksamkeit darauf, dass die Staatsschul<strong>de</strong>n eine wichtige<br />

Makrowirtschaftsfunktion haben: Sie teilen die Produktion zwischen privatem Konsum und<br />

Staatsausgaben auf. Geringere Besteuerung und geringere Staatsausgaben implizieren im<br />

Gleichgewicht höhere Staatsschul<strong>de</strong>n. Die oberen Grenzen <strong>de</strong>r Staatsschuld können hohe<br />

Staatsausgaben und hohe Besteuerung verlangen und können das makroökonomische Gleichgewicht<br />

untergraben.<br />

Die Diskussion wird für <strong>de</strong>n Fall ungenügen<strong>de</strong>r Nachfrage charakterisiert durch Bedingungen<br />

(17) und (24). Der entgegengesetzte Fall einer überhöhten Nachfrage erfor<strong>de</strong>rt negative<br />

Staatsschul<strong>de</strong>n - d.h. die Anhäufung von Finanzvermögen durch <strong>de</strong>n Staat. Der Fall einer<br />

konstanten Sparrate kann direkt an (36) gesehen wer<strong>de</strong>n.<br />

Zwar ist die Diskussion mit einer geschlossenen Wirtschaft geführt wor<strong>de</strong>n. Aber es ist<br />

offenbar, das dass Auslandsvermögen als Folge <strong>de</strong>r Exportüberschüsse, die gleiche Rolle wie<br />

Staatsschul<strong>de</strong>n hat.<br />

6) Barro [9, S. 49] gibt zu: ≫Viele empirische Studien haben nach Effekten von Haushalts<strong>de</strong>fiziten o<strong>de</strong>r Sozialversicherung<br />

auf <strong>de</strong>m Konsum und das Sparen gesucht . . . Grundsätzlich sind die Ergebnisse überall<br />

unterschiedlich, mit etwas Bevorzugung von Ricardis Gleichwertigkeit, und an<strong>de</strong>re nicht.≪ Es scheinen<br />

doch die Fälle, wo ein Anstieg <strong>de</strong>r Staatsschuld völlig durch einen entsprechen<strong>de</strong>n Abfall im privaten<br />

Konsum ersetzt wor<strong>de</strong>n sein könnte, äußerst selten zu sein. Die neue Studie von Berben und Brosens [13],<br />

die 17 Staaten <strong>de</strong>r OECD berücksichtigt, fin<strong>de</strong>t zum Beispiel, dass verfügbares Einkommen, Verteilungsgerechtigkeit<br />

<strong>de</strong>s Vermögens und Wohnungsbesitz <strong>de</strong>n Konsum signifikant positiv beeinflussen, während<br />

Staatsschul<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Konsum signifikant negativ beeinflussen, aber die Wirkung ist sehr klein, und die<br />

Nettowirkung, die eine Zunahme <strong>de</strong>r Staatsschul<strong>de</strong>n (Wirkung <strong>de</strong>r Steigerung <strong>de</strong>s Finanzvermögen minus<br />

Wirkung <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong>n Zunahme <strong>de</strong>r Staatsschuld auf <strong>de</strong>m Konsum) verursacht ist in allen Fällen<br />

positiv. Anzumerken ist, dass die Argument dieser Abhandlung sogar dann greifen wür<strong>de</strong>n, wenn jene<br />

Effekten sich gera<strong>de</strong> einan<strong>de</strong>r ausgleichen wür<strong>de</strong>n, wenn nur das verfügbare Einkommen positiv auf die<br />

Konsumsnachfrage wirkt.<br />

19


Die Diskussion sollte jedoch nicht als eine ungenierte Verteidigung von Keynesscher Politik<br />

von ungebremsten Staatsausgaben gesehen wer<strong>de</strong>n, da eine wichtige Eigenschaft <strong>de</strong>r Wirklichkeit,<br />

nämlich die Möglichkeit <strong>de</strong>r Inflation hier unberücksichtigt blieb, weil eine geringe<br />

Arbeitslosigkeit die Inflation beschleunigt. Dieses Phänomen wird Versuche drosseln, Vollbeschäftigung<br />

durch Keynesischenische Maßnahmen, sowie angebotsorientierte Maßnahmen<br />

zu erhalten. Das Phänomen wird gut durch die frühere west<strong>de</strong>utsche Erfahrung illustriert, wo<br />

Arbeitslosigkeit von unter 1 Prozent in <strong>de</strong>n 1970er Jahren zu <strong>de</strong>n gegenwärtigen 9 Prozent<br />

ohne je<strong>de</strong> erkennbare Wirkung auf die Lohnbildung blieb, und trotz schwach wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Gewerkschaften,<br />

vergrößerter Flexibilität und Erhöhung internationaler Wettbewerbsfähigkeit<br />

zunahm. Dieses Phänomen ist durch Keynes [14, S. 298 - 303] vernachlässigt wor<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r<br />

dachte, dass Inflation nur entstehen wür<strong>de</strong>, wenn nahezu Vollbeschäftigung herrscht, und<br />

die gegenwärtigen NAIRU-Theoretiker teilen diese problematische Keynessche Annahme.<br />

An<strong>de</strong>rerseits können die neuen klassischen Ökonomen nicht <strong>de</strong>shalb geta<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n, weil<br />

ein Mangel (o<strong>de</strong>r Übermaß) <strong>de</strong>r gesamten Nachfrage von ihnen ignoriert wür<strong>de</strong>, sie seien<br />

<strong>de</strong>shalb mit ihrer theoretischen Metho<strong>de</strong> inkonsequent.<br />

Die Diskussion kann jedoch als eine Verteidigung von Keynesschen Vollbeschäftigungspolitik<br />

verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, wenn <strong>de</strong>r richtige Schutz gegen die Inflation bei allen Beschäftigungsgra<strong>de</strong>n<br />

durchgeführt wird.<br />

Gleichgewicht-Übungen wie die hier präsentierte können für die Wirtschaftspolitik wohl<br />

ziemlich irrelevant sein, aber dann sind Diskussionen, die gegen die Staatsschuld in Bezug auf<br />

langfristige Ergebnisse protestieren, ebenso irrelevant. Es ist hier gezeigt wor<strong>de</strong>n, dass solche<br />

Einwän<strong>de</strong> schwer sind, je<strong>de</strong>nfalls verführend, weil sie eine wichtige Gleichgewichts-Funktion<br />

<strong>de</strong>r Staatsschul<strong>de</strong>n völlig vernachlässigen.<br />

Literatur<br />

[1] Domar, Evsey D.: The ’Bur<strong>de</strong>n of the Debt’ and the National Income (Schul<strong>de</strong>nlast<br />

und Nationaleinkommen). In: American Economic Review 34 (1944), Nr. 4, S. 798–827<br />

[2] Gehrels, Franz: Government Debt as a Generator of Economic Growth (Staatsschul<strong>de</strong>n<br />

als ein Motor <strong>de</strong>s Wirtschaftswachstums). In: The Review of Economics and Statistics<br />

39 (1957), Nr. 2, S. 183–92<br />

[3] Gehrels, Franz: Factor Substitution, Consumer Wealth, and Growth Stability (Faktorersatz,<br />

Konsumentenvermögen und Wachstumsstabilität). In: The American Economic<br />

Review 47 (1957), September, Nr. 5, S. 625–33<br />

[4] Pigou, Arthur C.: Economic Progress in a Stable Environment (Ökonomischer Fortschritt<br />

in einer stabilen Umgebung). In: Economica 14 (1947), Nr. 55, S. 180–88<br />

[5] Blin<strong>de</strong>r, Alan S. ; Solow, Robert M.: Analytical Foundations of Fiscal Policy (Analytische<br />

Begründung <strong>de</strong>r Finanzpolitik). In: Gordon, Kermit (Hrsg.): The Economics<br />

of Public Finance. Washington D.C.: The Brookings Institution, 1974, S. 3–115<br />

[6] Branson, William H.: Macroeconomic Theory and Policy (Makroökonomische Theorie<br />

und Politik). 3. New York: Harper and Row, 1989<br />

20


[7] Barro, Robert J.: Are Government Bonds Real Net Wealth? (Sind Staatsanleihen<br />

wirkliches Nettovermögen). In: Journal of Political Economy 82 (1974), Nr. 6, S. 1095–<br />

1117<br />

[8] Barro, Robert J.: On the Determination of the Public Debt (<strong>Zur</strong> Bestimmung <strong>de</strong>r<br />

Staatsverschuldung). In: The Journal of Political Economy 87 (1979), October, Nr.<br />

5/1, S. 940–71<br />

[9] Barro, Robert J.: The Ricardian Approach to Budget Deficits (Die Ricardianische<br />

Annäherung an Haushalts<strong>de</strong>fizite). In: The Journal of Economic Perspectives 3 (1989),<br />

Spring, Nr. 2, S. 37–54<br />

[10] Clower, Robert W. ; Johnson, M. B.: Income, Wealth, and the Theory of Consumption<br />

(Einkommen, Vermögen und die Theorie <strong>de</strong>s Konsums). In: Wolfe, J. N.<br />

(Hrsg.): Value, Capital, and Growth. Papers in honour of Sir John Hicks (Einkommen,<br />

Vermögen und die Theorie <strong>de</strong>s Wachstums). Edinburgh University Press, 1968, S. 45–96<br />

[11] Modigliani, Franco ; Brumberg, R.: Utility Analysis and the Consumption Function<br />

(Nutzens-Analyse und Konsufunktion). In: Kurihara, Kenneth (Hrsg.): Post-<br />

Keynesian Economics. Rutgers University Press, 1954, S. 388–436<br />

[12] Woodford, Michael: Public Debt and the Price Level (Staatsschul<strong>de</strong>n und Preisniveau).<br />

1998. – Bank of England Conference on Government Debt and Monetary Policy,<br />

Online at www.princeton.edu/~woodford/BOE.<strong>pdf</strong><br />

[13] Berben, Robert-Paul ; Brosens, Teunis: The Impact of Government Debt on Private<br />

Consumption in OECD Countries (DerEinfluss <strong>de</strong>r Staatsschul<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>n privaten<br />

Konsum in <strong>de</strong>n OECD Staaten) / De Ne<strong>de</strong>rlandsche Bank. 2005 ( 45). –<br />

Forschungsbericht. Online at http://www.dnb.nl/dnb/bin/doc/Working%20Paper%<br />

20No.%2045-2005_tcm13-57159.<strong>pdf</strong><br />

[14] Keynes, John M.: The General Theory of Employment, Interest, and Money (Allgemeine<br />

Theorie von Beschäftigung, Zinsen und Geld). Harcourt, Brace and World,<br />

1936<br />

Ekkehart Schlicht<br />

Fachbereich Ökonomie<br />

Universität München<br />

Schackstraße 4<br />

D-80539 München<br />

E-mail: schlicht@lmu.<strong>de</strong><br />

21

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