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Spielzeitheft 2010/11 - Armin Kerber

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Spielplan <strong>2010</strong> / <strong>11</strong><br />

„Ich<br />

machs<br />

mir<br />

selber“


Premieren<br />

Die Jüdin von Toledo<br />

September <strong>2010</strong><br />

Publikumsbeschimpfung<br />

Oktober <strong>2010</strong><br />

Wer hat Angst vor Alice D.?<br />

November <strong>2010</strong><br />

Magic Afternoon<br />

Januar 20<strong>11</strong><br />

Ein Loch in meinem Herzen<br />

( A Hole in My Heart )<br />

März 20<strong>11</strong><br />

Schwesternmilch<br />

April 20<strong>11</strong><br />

A.N.D.Y.<br />

(From A to B and Back Again)<br />

Mai 20<strong>11</strong><br />

U21<br />

Juni 20<strong>11</strong><br />

N.N. Eine Inszenierung<br />

von Milan Peschel<br />

Juni 20<strong>11</strong><br />

Wiederaufnahmen<br />

Biografie: Ein Spiel<br />

Das Interview<br />

Die Banditen<br />

Ausbruchsversuch mit Musik<br />

Die Schläferinnen<br />

Reihen<br />

Salongespräche<br />

in Kooperation mit „Das Magazin“<br />

Wir bauen uns die Welt,<br />

wie sie uns gefällt.<br />

von und mit Jürg Halter<br />

Literatur<br />

in Zusammenarbeit mit DRS 1<br />

und Diogenes Verlag<br />

Teppich<br />

80*81<br />

von Diez / Roth<br />

Nachtcafé<br />

Heldenreste<br />

Diskursive Revue<br />

Spielzeit <strong>2010</strong> / <strong>11</strong>


Das Theater Neumarkt<br />

und Studio Achermann<br />

haben sieben Künstler<br />

eingeladen, zwölf<br />

Gesichter des Theater<br />

Neumarkt zum Stichwort<br />

„Ich machs mir selber“<br />

in Szene zu setzen.<br />

„ICH MACHS MIR SELBER“<br />

… ist die Devise der Spielzeit <strong>2010</strong> / <strong>11</strong><br />

Malte Sundermann<br />

von Walter Pfeiffer<br />

Thomas Müller<br />

von Linus Bill<br />

Sigi Terpoorten<br />

von Beni Bischof<br />

Tabea Bettin<br />

von Dieter Meier / Horst Diekgerdes<br />

Katarina-Romana Schröter,<br />

Franziska Wulf<br />

von Davor Rengglic<br />

Yvon Jansen<br />

von Beni Bischof<br />

Nikolaus Benda<br />

von Stefan Burger<br />

Alicia Aumüller<br />

von Stefan Burger<br />

Jakob Leo Stark<br />

von Stefan Burger<br />

Barbara Weber, Rafael Sanchez<br />

von Beni Bischof


Malte Sundermann inszeniert von Walter Pfeiffer


Thomas Müller inszeniert von Linus Bill


Sigi Terpoorten inszeniert von Beni Bischof


„Staging Phrases“<br />

Tabea Bettin inszeniert von Dieter Meier<br />

Kamera: Horst Diekgerdes


Katarina-Romana Schröter, Franziska Wulf<br />

inszeniert von Davor Rengglic


Yvon Jansen inszeniert von Beni Bischof


Nikolaus Benda geniesst den heiklen Kitzel beim Einführen<br />

eines Wattestäbchens ins Ohr, verhindert aber das Berühren der Stelle,<br />

bei der es sich dann anfühlt, als würde er an den Elektrozaun kommen.<br />

NIKOLAUS BENDA inszeniert von Stefan Burger


Übung zum Druckausgleich nach Toynbee<br />

Übung zum Druckausgleich nach Valsalva


Übung zum Druckausgleich nach Frenzel<br />

Übung zum Druckausgleich nach Edmonds<br />

Alicia Aumüller<br />

inszeniert von Stefan Burger


Ein Double von<br />

Jakob Leo Stark ignoriert<br />

ein paar Mustergräber.


Jakob Leo Stark ignoriert<br />

sein Double beim Ignorieren von<br />

ein paar Mustergräbern.<br />

Jakob Leo Stark inszeniert von Stefan Burger


Barbara Weber, Rafael Sanchez<br />

inszeniert von Beni Bischof


Volles Risiko<br />

von Dirk Baecker<br />

Wir machen es uns selbst. Und anschliessend<br />

will es wieder niemand gewesen sein. Sätze wie diese<br />

gehören zum Grundwortschatz der Kultur- und<br />

Sozialtheorie. Giambattista Vico, der den Menschen<br />

zum Herrn der Geschichte machte, als er 1744 eine<br />

„neue Wissenschaft von der gemeinschaftlichen Natur<br />

der Nationen“ ausrief, brachte die zentrale Einsicht<br />

auf den Punkt, indem er schrieb, dass der Wille<br />

des Menschen frei sei, aber auch schwach. Zweihundert<br />

Jahre später und zielsicher im Jahr 1969<br />

formulierte Niklas Luhmann in seinen Überlegungen<br />

zum Zusammenhang von „Komplexität und Demokratie“<br />

eines seiner erfolgreichsten Bonmots: „Alles<br />

könnte anders sein – und fast nichts kann ich ändern.“<br />

Politische Ideologien haben sich in der Regel<br />

auf eine der beiden Hälften dieser Einsicht konzentriert.<br />

Progressive Ideologien halten daran fest,<br />

dass wir alles und alles sofort ändern können. Konservative<br />

Ideologien bestehen darauf, dass wir nichts<br />

ändern können und dass das auch gut so sei.<br />

Nur die liberale Ideologie nimmt beide Hälften der<br />

Einsicht ernst. In einer ihrer Formulierungen bei<br />

Friedrich August von Hayek heisst es, der Individualismus<br />

sei deshalb eine „Theorie der Gesellschaft“,<br />

weil hier beschrieben werde, dass das Individuum<br />

ermächtigt sei, auf eigene Kosten jede Art von Fehler<br />

zu begehen, da der Rest der Gesellschaft bereit<br />

stünde, diesen Fehler zu korrigieren und unschädlich<br />

zu machen.<br />

Hayek hat wie jeder andere Liberale seither freilich<br />

nicht damit gerechnet, dass die Individuen sich zu<br />

Organisationen zusammenschliessen können und<br />

dann Fehler einer Grössenordnung begehen können,<br />

die niemand korrigieren kann. Daraus erklärt sich<br />

die Aversion der Liberalen gegen den Staat und<br />

die Konzerne. Die Welt ist nur gut, solange es Einzelne<br />

sind, die für den Markt produzieren und vom<br />

Markt korrigiert werden und sich nirgendwo anders<br />

als auf dem Marktplatz auf die Grundlinien einer<br />

möglichen Politik verständigen. Man erkennt das<br />

antike Ideal der Polis, das sich als Ideal politischer<br />

Selbstverantwortung nicht nur bei den Liberalen,<br />

sondern, lässt man Einsichten in die Notwendigkeit<br />

wirtschaftlichen Handelns beiseite, auch bei den<br />

Progressiven und ihrem Traum vom „herrschaftsfreien<br />

Diskurs der Öffentlichkeit“ (Jürgen Habermas),<br />

das heisst der Korrektur jeder Meinung durch<br />

die Meinung aller anderen, erhalten hat.<br />

Es gibt jedoch nicht nur politische Ideologien,<br />

die aus der Einsicht in die zwar vorhandene, aber<br />

begrenzte Reichweite menschlichen Handelns ihren<br />

je unterschiedlichen Honig gesaugt haben, sondern<br />

auch, wenn man so will, private, wenn nicht<br />

sogar pragmatische Ideologien, die hier die Chance<br />

entdecken, die Schäfchen eines individuellen<br />

Glücks ins Trockene zu bringen. Was spricht dagegen,<br />

so fragt man hier, aus der begrenzten Reichweite<br />

des eigenen Handelns ein Maximum an Gewinn,<br />

Spass und Lust zu ziehen und für alle unerfreulichen<br />

Nebenwirkungen die immer unbestimmten Kollektive<br />

verantwortlich zu machen? Man macht es sich<br />

selbst, ist es aber nicht gewesen. Das reicht vom kleinen<br />

und grossen Hedonismus des Alltags, mittels<br />

dessen die Menschen sich der zunächst für unverplanbar<br />

gehaltenen Freiheit ihres Lebens vergewissern<br />

(Herbert Marcuse), bis zum grossen Mitmachen<br />

in Behörden und Betrieben, Kirchen und Armeen,<br />

Schulen und Theatern, in denen jeder nach besten<br />

Kräften und Gewissen seine Entscheidungen<br />

trifft und doch das Ergebnis nichts anderes als die<br />

„organisierte Unverantwortlichkeit“ (Ulrich Beck) ist,<br />

mit der sich niemand identifizieren kann und will.<br />

Hat man, sofern man akademisch gebildet ist,<br />

genügend Einsicht in die Verhältnisse, beziehungsweise<br />

keine Möglichkeit mehr, diese zu leugnen, kann<br />

man dieses unbekümmerte Dabeisein durch ein<br />

bekümmertes Dagegensein abrunden, wie Luhmann<br />

in seinen „Anregungen zu einem Nachruf auf die<br />

Bundesrepublik“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung,<br />

22. August 1990) mit bösem Witz festgestellt hat.<br />

So sind wir alle gute Kantianer, gute Hegelianer und<br />

gute Liberale gleichzeitig geworden: Wir haben<br />

unseren Begriff von der Freiheit des Subjekts, unsere<br />

Einsicht in die unbefriedigende Allgemeinheit der<br />

Verhältnisse und auch unseren Optimismus, in<br />

der bestmöglichen aller schlechten Welten zu leben.<br />

Fast sind wir so weit, diese unbefriedigende Allgemeinheit<br />

als Ersatzfigur für jene höheren Mächte<br />

ins Feld zu führen, denen wir uns irdisch und<br />

himmlisch einst verantwortlich fühlten und die immer<br />

dafür gut waren, uns zu einer noch etwas grösseren<br />

Anstrengung aufzufordern. „Un petit effort“,<br />

fordert Edith Piaf in ihrem Lied „Milord“ jenen<br />

Mann auf, den sie gestern noch mit einer Frau gesehen<br />

hat, so schön, dass einem kalt ums Herz wurde,<br />

der nun weinend an ihrem Tisch sitzt und den sie<br />

einlädt, wieder zu lachen: „Souriez-moi, Milord! / …<br />

Mieux que ça! Un petit effort … / Voilà, c'est ça!<br />

Allez, riez, Milord! / Allez, chantez, Milord! La-la-la …“<br />

Und diese Welt sollen wir hinter uns haben?<br />

Wer erzählt uns, dass diese doch nicht unkomfortable<br />

Balance von Glück und Unglück, von individueller<br />

Lust und, sagen wir: kollektiver Suboptimalität nicht<br />

mehr funktioniert? Wer sagt uns, dass wir in einer<br />

Risikogesellschaft leben, in der nicht mehr nur<br />

die anderen, sondern wir alle die Risiken produzieren,<br />

von denen wir schon lange nicht mehr wissen, ob<br />

wir sie beherrschen? Wer sind diese Spielverderber,<br />

die uns zu einer Verantwortung auffordern, von<br />

der wir nur wissen, dass wir sie nicht tragen können?<br />

Wer setzt jeden von uns gleich mit jenem Flügelschlag<br />

eines Schmetterlings, der Tausende von Kilometern<br />

entfernt einen Sturm auslösen kann? In welches<br />

ökologische Gespinst werden wir hier verwoben, in<br />

welches angeblich so deterministische Chaos geworfen,<br />

in welche Komplexität verwickelt?<br />

Wir machen es uns selbst? Aber was? Was machen<br />

wir uns selbst?<br />

In der Stammesgesellschaft wussten wir, dass<br />

es die Geister sind, die uns übel mitspielen, und dass<br />

wir aufpassen müssen, dass unsere eigenen Mitmenschen<br />

sich nicht mit ihnen verbünden. In der<br />

Antike hatte man allenfalls das Schicksal gegen sich<br />

und gegenüber diesem war man wohltuend machtlos.<br />

In der modernen Gesellschaft hatte man so oder<br />

so nur die Chance, mithilfe von Vermögen, Bildung<br />

und guten Freunden so einigermassen das individuelle<br />

Gleichgewicht zu wahren. Aber was gilt für uns,<br />

die wir nicht mehr in der modernen, sondern in<br />

der nächsten Gesellschaft leben, die mit der Elektrizität,<br />

der Atomkraft und den Computern eingesetzt<br />

hat? Jeder von uns bald sieben Milliarden Menschen<br />

ist Teil eines planetarischen Zusammenhangs, von<br />

dem niemand weiss, wie lange er noch hält.<br />

Martin Heidegger hat über die Frage, was für uns<br />

heute gilt, so intensiv nachgedacht wie kaum ein<br />

anderer. Und er hat zwei Antworten gefunden,<br />

eine dringliche und eine ebenso vorläufige wie unzureichende,<br />

so die eigene Einschätzung. Die dringliche<br />

Antwort ist, dass wir einen „Schritt zurück“<br />

machen müssen, um uns der ontologischen und der<br />

theologischen Voraussetzungen unseres Denkens<br />

bewusst zu werden, unseres Glaubens an die Einheit<br />

des Seins und die Präsenz eines Höchsten. Denn<br />

dieser doppelt gesicherte Glaube hindert uns daran,<br />

die Schwebe einzugestehen, in die wir unsere Welt<br />

gebaut haben. Die vorläufige und unzureichende<br />

Antwort ist, das Schwierigste sei die Sprache selbst,<br />

die immer noch dort von der Einheit eines Seins,<br />

von einem „ist“ spricht, wo wir längst Gründe genug<br />

haben, auf Relationen, Differenzen und Netze,<br />

eben diesen „schwebenden Bau“, zu achten.<br />

Was also können wir uns wirklich selber machen?<br />

Nur die Sprache. Für sie uns verantwortlich zu<br />

zeigen, ist möglicherweise in dieser komplexen Welt<br />

Verantwortung genug. Und von der Sprache, die<br />

wir sprechen, können wir hinterher nicht sagen, wir<br />

seien es nicht gewesen. Das ist doch schon einmal<br />

etwas. Ärzte sagen, man könne überall etwas für seine<br />

Fitness tun, indem man jede Gelegenheit nutze, auf<br />

einem Bein zu stehen und so seinen Körper trainiere,<br />

die Kraft aufzubringen, sich im Gleichgewicht zu<br />

halten. Kulturtheoretiker können sagen, man könne<br />

überall immerhin auf seine Worte achten, sich in<br />

einem Reden üben, das Wahrnehmung, Gespräch<br />

und Verantwortung so weit wie möglich zur Deckung<br />

bringe. Das gilt in Behörden und Betrieben, in<br />

Kirchen und Armeen, in Schulen und in Krankenhäusern.<br />

Es gilt jedoch, da man alles erst einmal<br />

gesehen und geübt haben muss, vor allem in Theatern<br />

und in Universitäten.<br />

Das Universitätsseminar ist trotz aller neueren<br />

Hingabe auch der Universitäten an die Anforderungen<br />

eines internationalen Marketings immer noch der<br />

Ort, wo man es üben kann, auf seine Worte zu achten<br />

und seine Begriffe zu setzen, wo man lernen kann,<br />

dass einem auch die eigenen Worte, von den Begriffen<br />

zu schweigen, nicht gehören, und man daher immer<br />

in der Situation ist, mit seiner Wortwahl Entscheidungen<br />

zu treffen, die über Verwicklungen und über<br />

die Art und Weise, wie man mit ihnen umgeht, Auskunft<br />

geben. Studenten merken das sehr schnell.<br />

Deshalb fangen sie an zu schweigen. Und tun dies sehr<br />

bewusst. Ihr Studium kann als abgeschlossen gelten,<br />

wenn sie aus diesem Schweigen heraus zu Worten<br />

finden, die sie jetzt erst und im Bewusstsein einer<br />

Wahl, die nie ganz die ihre ist, zu setzen wissen.<br />

Wer keine Gelegenheit hat, dies in Schule und<br />

Universität zu üben, kann es im Theater und im Kino<br />

immerhin erleben. Das Schwierige der Sprache wird<br />

hier laufend Ereignis. Man muss nur hinschauen.<br />

Noch die scheinbar dümmste Sitcom im Fernsehen,<br />

in jedem Moment mehr „situation“ als „comedy“,<br />

profitiert von dieser Schwierigkeit und fasziniert ihr<br />

Publikum damit, wie souverän sie eingestanden,<br />

umspielt und übersprungen wird. Heideggers Hören<br />

auf das Sein mag nicht jedermanns Sache sein.<br />

Aber ein Hören auf die Sprache und ein Üben der<br />

Sprache steht uns allen zur Verfügung.<br />

Dirk Baecker ist Professor für Kulturtheorie und<br />

-analyse an der Zeppelin University in Friedrichshafen<br />

am Bodensee.<br />

Die unerschöpfliche Stimme<br />

aus dem Off<br />

von Jürg Halter<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, wenn ich doch<br />

bitten darf: Bitte schön. Nur zu. Nehmen Sie Platz.<br />

Mindestens, was Ihren Körper betrifft. Geistig sollten<br />

Sie schon standhaft bleiben. Wie heisst das noch<br />

gleich? Haltung bewahren. Sonst entgeht Ihnen noch,<br />

was sich auf dieser Bühne gleich ereignen wird.<br />

Nun, ich bin nicht mehr als die Stimme aus dem Off. –<br />

Immerhin, wie ich feststelle, Sie haben sich auf<br />

mein Geheiss hin niedergelassen.<br />

Ja, was haben wir denn da? Jemand hat seine<br />

Beine unverschämt locker übereinander geschlagen,<br />

dreht sein Weinglas in den Händen und denkt sich<br />

nichts dabei, ja, denkt sich nichts dabei. Schön<br />

und gut. Jemand beisst sich auf die Lippen, um sich<br />

augenblicklich selbst in Erinnerung zu rufen. Schwierig.<br />

Jemand spielt mit seinen Haaren. Doch etwas<br />

kindisch. Jemand schaltet sein Telefon auf lautlos.<br />

Ach, wie beflissen. Überhaupt: Was soll man da noch<br />

sagen, ob all dieser mehr oder weniger grimassierenden<br />

Gesichter, die sich hier, ich muss das schon<br />

erwähnen, freiwillig eingefunden haben? Jemand<br />

blickt auf seine Uhr. „Erst oder schon?“, möchte


ich fragen. Jemand anderes starrt auf die leere Bühne,<br />

versucht mich wohl zu überhören, was durchaus<br />

nicht gelingt. – Da spricht und kommentiert unaufhörlich<br />

diese Stimme aus dem Off. Ja, genau!<br />

Das bin ja ich!<br />

Nun tritt ein Schauspieler auf. Er stutzt. Wieso<br />

denn bloss? Hat er seinen Text vergessen? Verschlägt<br />

es ihm schlichtweg die Sprache, weil ich nicht verstumme?<br />

Wer spricht denn hier eigentlich? Der Schauspieler<br />

sieht ins Publikum, so als ob er nicht ratlos<br />

und gänzlich überfordert wäre. Professionell.<br />

Er versucht im Dunkeln den Techniker zu sehen, aber<br />

dieser sitzt mit offenem Mund vor seinem Mischpult,<br />

welches ihm nicht mehr zu gehorchen scheint.<br />

Der Schauspieler geht nach einer Zeit irritiert ab.<br />

Nanu? Ist er nicht gesprächsbereit? Ist er etwa zu<br />

lahm sich dieser Herausforderung zu stellen? Es ist ja<br />

nicht so, dass ich mir gerne selber beim Sprechen<br />

zuhöre, nein, aber da draussen scheint niemand befähigt,<br />

mir tapfer entgegenzutreten.<br />

Ja, schauen Sie mal an, jetzt erhebt sich doch<br />

tatsächlich jemand aus dem Publikum und verlässt<br />

mit strenger Miene den Raum. Schon folgt ihm<br />

ein anderer. Sollte ich betroffen sein? Ein regelrechter<br />

Exodus sitzt ein. Sind Sie denn nicht bereit, etwas<br />

Kunst einzustecken? Das schliesst doch die Unterhaltung<br />

nicht aus. Oder haben Sie sich nur hierher<br />

bemüht, um mir zu zeigen, dass Sie mir nicht zuhören<br />

mögen? Das glaube ich nicht. Dazu ist Ihnen Ihre<br />

Zeit zu wertvoll. – Aber nein! Von einer Publikumsbeschimpfung<br />

kann doch keine Rede sein.<br />

Nach und nach leert sich der Raum. – Nur einer<br />

bleibt. Ja, wer ist es denn? Ach, der Kritiker. Er sieht<br />

verärgert aus. Oh, nein! Das gibt sicherlich einen<br />

satten Verriss! Ich muss ihn hier behalten, zumindest<br />

bis Redaktionsschluss. Der Kritiker muss einmal<br />

darüber schlafen und sein Verriss wird sich in ein Lob<br />

wandeln, zu einem Lob auf meinen Mut, meinen<br />

Mut zum radikalen Experiment. Bitte, schauen Sie<br />

etwas aufgeschlossener, auch wenn Sie glauben schon<br />

alles gesehen zu haben, Sie Abgeklärtheitskonstrukt.<br />

Die Strenge in Ihrem Gesicht steigert nicht Ihre<br />

Intelligenz. Da können Sie sich sicher sein. Nein,<br />

entschuldigen Sie. Despektierlich will ich doch nicht<br />

sein. Aber ich revolutioniere hier das Theater.<br />

Das Off-Sprechtheater, um genau zu sein. Wenn Sie<br />

ehrlich sind, mögen Sie doch meine Visage überhaupt<br />

nicht, seien Sie nur froh, allein meine Stimme ertragen<br />

zu müssen. Bitte, schauen Sie jetzt doch<br />

etwas freundlicher, ja, was ist es denn, was ich hier<br />

abziehe? Eben. Ich darf doch bitten.<br />

Also, bitte schön, es ist nun drei Uhr morgens und<br />

ich brauche ein Glas Wasser und Sie, Sie können<br />

gehen. Ich habe fertig. Ja, dieser Monolog könnte ewig<br />

weiter gehen. Mein Problem ist, ich nehme keine<br />

Erschöpfung an mir wahr. Und dieser Umstand<br />

beginnt mich zu langweilen. Ich scheine eine unerschöpfliche<br />

Stimme zu sein. Aber wissen Sie,<br />

gerade darum kann das Guiness-Buch der Rekorde<br />

keine Herausforderung für mich werden. Ich ziehe<br />

lieber weiter, will aus dem Off der Welt sprechen!<br />

Zu allen Menschen! Zu jeder Zeit! Gott bewahre,<br />

denken Sie. Man wird sehen, ob er dazu im Stande ist!<br />

Mehr ist nicht zu sagen. – Ja, das war’s. – Woher sollte<br />

ich wissen, wer für das hier verantwortlich ist?<br />

Sie schreien hier doch nicht im Ernst eine Stimme aus<br />

dem Off an? Peinlichst. Sie sind ganz allein im Raum.<br />

Bitte, bewahren Sie Haltung. Das ist doch nur ein<br />

Theater, Sie müssen sich doch Ihre Haare nicht gleich<br />

büschelweise ausreissen. – Aber dennoch, nichts<br />

zu danken. Die Bühne gehört jetzt Ihnen, Sie machen<br />

das Stück schon! Brechen Sie aus! – Und ich? Ich<br />

sprach nur, um gesprochen zu haben. Umso schöner<br />

die Stille danach.<br />

Einmal alles, bitte<br />

Wie die Digitalisierung den Zeitbegriff<br />

auf die Probe stellt. Und warum das Theater<br />

auch das Museale wagen sollte.<br />

von Tobi Müller<br />

Der Kulturbetrieb kann nicht mehr scharf zwischen<br />

neu und alt unterscheiden. Ich lese gerade einen<br />

dicken, erfolgreichen Roman über das Ende der DDR<br />

zu Ende, der formal ins späte 19. Jahrhundert<br />

zurückreicht. Dazu höre ich elektronische Popmusik,<br />

welche die Angst der dunklen Achtzigerjahre<br />

beschwört. Und heute Abend werde ich in ein Tanztheater<br />

eines belgischen Choreographen gehen,<br />

der seit zwanzig Jahren die Darstellung von Ausgegrenzten<br />

mit hohem musikalischen Pathos paart.<br />

Uwe Tellkamps Bestseller „Der Turm“ mag man<br />

klassizistisch nennen, die Musik von Zola Jesus und<br />

Fever Ray wird auch mit „Gothic“ angeschrieben –<br />

man denkt an Kutten und mittelalterliche Kirchen.<br />

Und selbst die Inszenierungen von Alain Platel<br />

gehören zur Avantgarde von gestern. Diese guten<br />

und in der Gegenwart gemachten Kunstwerke<br />

werden allesamt in ein Fach gesteckt, auf dem Geschichte<br />

steht.<br />

Weil die kapitalistische Verwertungslogik, besonders<br />

jene der Medien, am Fetisch des Neuen festhalten<br />

muss, sucht man Hilfe bei der Vorsilbe Neo.<br />

Neo-Klassizismus, Neo-Gothic, Neo-Avantgarde.<br />

Selbst die Popmusik, die dem bürgerlichen Kulturbetrieb<br />

am weitesten entfernte Sparte, hat einen<br />

Begriff für die Wiederkehr des Alten gefunden. Im<br />

Pop spricht man von Retro, was die Nähe zu Design<br />

und Mode offenbart. Retro-Look, Retro-Brillen,<br />

Retro-Grafik. Und Retro-Rock. Lustigerweise bedeutet<br />

Retro nicht alt, sondern neu. Neu, das auf alt<br />

macht. Es geht um eine sichtbare Simulation. Wer das<br />

nicht will und an der Aura des Alten festhalten<br />

möchte, kauft sich eine Vintage-Brille. Das ist neudeutsch<br />

für antiquarisch oder antik.<br />

Diese vielen Beschriftungen, die Vergangenes in der<br />

Gegenwart anzeigen, erscheinen vielleicht hilflos.<br />

Doch sie haben auch ihr Gutes. Denn täuscht<br />

der Eindruck, dass mit der Zunahme der Geschichtsverweise<br />

gleichzeitig der plumpe Fortschrittsglaube<br />

abgenommen hat? Wer traut sich noch, einen<br />

Maler progressiv oder eine Einspielung zukunftsweisend<br />

zu nennen? Die Begriffslosigkeit, was Zeit,<br />

Stil und Geschichte betrifft, führt auch zu weniger<br />

Kunst, die sich in Posen des Neuen wirft und<br />

darin genügt. Was sollte das auch sein, das Neo-Neue?<br />

Schuld sind natürlich D & G: Digitalisierung<br />

und Globalisierung. Die Archive wachsen sekündlich.<br />

Wir machen virtuelle Touren durch Städte, Museen,<br />

Bibliotheken. Und niemand wartet mehr wochenlang<br />

auf teure Pakete mit Vinylplatten aus Übersee.<br />

Kein falsches Hohelied auf die Grenzenlosigkeit<br />

des Netzes und den freien Zugang für alle, bitte: Auch<br />

das Netz ist ein Herrschaftsraum, wird es immer<br />

mehr. Aber der Unterschied ist dennoch epochal.<br />

Auch für die Künste. Noch nie konnten so viele Menschen<br />

auf so viele Kunstwerke zugreifen wie heute.<br />

Wenn Lesegeräte wie Kindle oder iPad erschwinglich<br />

und besser werden, wenn die Buchbranche die<br />

Preise für das digitale Produkt endlich senkt, dann<br />

wird die Verbreitung von Büchern enorm zunehmen.<br />

Das wird nicht ohne Folge für die Texte selbst bleiben.<br />

Die Musik hat die ersten zehn Jahre dieses<br />

Wandels bereits hinter sich. Es ist kein grosses Problem,<br />

zum Beispiel über afrikanische Musiken<br />

Bescheid zu wissen. Die digitalen Vertriebskanäle<br />

führten aber auch zu einer erhöhten Präsenz von<br />

Musik in allen Bereichen. Auch privat: Man hat heute<br />

nicht mehr zwanzig oder hundert Alben zu Hause<br />

im Plattenregal, sondern dreitausend auf dem<br />

Rechner. Wenn Sie iTunes benutzen und der Genius-<br />

Funktion Zugriff erlauben, weiss Apple sogar<br />

genau, was Sie „privat“ so hören. Doch selbst das ist<br />

schon Geschichte, weil der Trend zum Streamen geht,<br />

nicht zum Besitzen von Musikdateien. Jedes Mal,<br />

wenn man etwas Bestimmtes hören möchte, greift<br />

man auf das Internet zu. Das heisst am Ende:<br />

Jeder hat die grösste Plattensammlung der Welt.<br />

Einmal alles, bitte.<br />

Am Theater ist die Globalisierung vielleicht nicht<br />

vorbeigezogen – der finanzielle Zwang zu Koprodutionen<br />

und die Austauschbarkeit der Festivals<br />

zeugen deutlich von ihrem Einfluss. Aber die Digitalisierung<br />

musste das Theater bisher nicht interessieren.<br />

Einige Erfolgsstücke, etwa von Patrick Marber<br />

oder Igor Bauersima, hatten zwar ein bisschen<br />

Internet in ihren Themen drin, aber das Wesen von<br />

Theater wurde davon nicht berührt. Man hat viel über<br />

neue Spielweisen geschrieben, auch ging die Rede<br />

von neuen Dramaturgien, neuen Stoffen und neuen<br />

Stücken, aber der Rahmen, auf den sich Theater<br />

bezieht, bleibt relativ stabil.<br />

Denn das Theater kann man weder downloaden<br />

noch speichern, es fehlt an audiovisuellen Archiven.<br />

Man muss eine Karte kaufen, anstehen und im Saal<br />

gleich nochmal warten. Und selbst legendäre Inszenierungen,<br />

noch bis in die Siebzigerjahre, gibt es nicht<br />

als Film- oder Videoaufzeichnungen. Das begrenzt den<br />

theaterhistorischen Horizont eines Theatergängers<br />

in der Regel auf seine eigene Seh-Biografie. So<br />

bleibt der Kanon – was man spielt, wie man es spielt –<br />

einigermassen übersichtlich.<br />

Viele Theaterschaffende haben einen Schimmer in<br />

den Augen, wenn sie sagen, dass die Bühnenkunst<br />

halt aus der Zeit gefallen sei. Man sagt gerne auch: so<br />

wunderbar aus der Zeit gefallen, und meint damit<br />

den scheinbaren Anachronismus des Live-Erlebnisses<br />

sowie die Traditionspflege. Beide Momente gehören<br />

dem Theater aber längst nicht mehr exklusiv.<br />

Lesungen bersten vor Publikum, die Musikbranche<br />

versucht sich mit überteuerten Konzerten zu retten,<br />

Fanmeilen durchziehen die Innenstädte, noch<br />

nicht einmal die Street Parade ist tot. Und den hysterischen<br />

Ruf nach Geschichte hört man auch in<br />

jeder Kunstsparte.<br />

Und doch stimmt es, Theater ist einzigartig.<br />

Nicht weil es live gespielt wird oder auch mit alten<br />

Texten arbeitet, sondern weil es immer wieder neu<br />

beginnen muss. Jedes Stück muss jedes Mal von<br />

Grund auf neu interpretiert werden, keine Inszenierung<br />

kann sich zu sehr auf eine andere, frühere,<br />

beziehen. Genau deswegen ist Theater nicht museal,<br />

auch wenn viele Theaterverächter gerne so urteilen.<br />

Millionen von Menschen sehen sich jedes Jahr<br />

die Bilder von Caravaggio oder von den Impressionisten<br />

an. Aber keiner weiss, wie Shakespeare<br />

wirklich inszeniert hat. Und nur ein paar Spezialisten<br />

haben eine genaue Vorstellung davon, wie Max<br />

Reinhardt mit einer modernen Bühnentechnik das<br />

Schauspiel ins 20. Jahrhundert hineindrehte.<br />

Seit zweieinhalbtausend Jahren herrscht im Theater<br />

eine relative Geschichtslosigkeit.<br />

Peter Stein hat als einer der wenigen die Geister<br />

der Vergangenheit ein paar Mal tatsächlich geweckt.<br />

Zur Eröffnung der Schaubühne 1970 in Berlin<br />

setzte er Brechts „Die Mutter“ auf den Spielplan.<br />

Die Hauptrolle spielte Therese Giehse, die mit Brecht<br />

bereits vor der Machtergreifung der Nazis in<br />

Berlin zusammengearbeitet hatte, dann in Zürich<br />

im Schauspielhaus und für zwei Jahre auch im Ost-<br />

Berlin der frühen DDR. Steins „Mutter“ war eine<br />

Gründungsgeste, eine Verbeugung vor der Geschichte.<br />

Aber noch keine Rekonstruktion wie Tschechows<br />

„Drei Schwestern“: Stein und sein Team studierten<br />

1984 die Regiebücher des Regisseurs Stanislawski und<br />

seiner Uraufführung im Moskauer Künstlertheater<br />

von 1901. Es wurde einer der grössten Erfolge der<br />

Schaubühne (wobei die meisten Zuschauer den musealen<br />

Charakter der Inszenierung nicht bemerkten).<br />

Warum hat das Sprechtheater so grosse Mühe,<br />

einzelne Arbeiten museal auszustellen oder zu rekonstruieren?<br />

Die Oper macht manchmal Ausnahmen,<br />

vor einigen Jahren sah ich im ehemaligen Ost-Berlin


einen „Barbier von Sevilla“ von Ruth Berghaus,<br />

seit der Premiere von 1968 wohl in der x-ten Besetzung.<br />

Und in Zürich erinnert man sich noch gut<br />

an Christoph Schlingensiefs Hamlet-Beschwörung.<br />

Aber Schlingensiefs Arbeit mit den zu resozialisierenden<br />

Neo-Nazis bleibt stärker im Gedächtnis als der<br />

Versuch – am selben Abend – der Rekonstruktion<br />

einer historischen Aufführung mit Gustaf Gründgens.<br />

Dem Theater fehlt die Kulturtechnik des<br />

Museums. Wie man Geschichte ausstellt, und dafür<br />

auch mal rekonstruiert und wiederaufführt.<br />

Lustigerweise hat der Kunstbetrieb, fern jeden Spiesserverdachts,<br />

damit keine Mühe. Die mittlerweile<br />

historische Gattung der Performance feiert seit etwa<br />

zwei Jahren eine weltweite Renaissance. Nicht in<br />

Theatern, sondern in renommierten Museen und<br />

Kunsthallen. Marina Abramovic ´ führt Arbeiten aus<br />

den Sechziger- oder Siebzigerjahren wieder auf,<br />

als sei nichts geschehen. Und die Berlin Biennale für<br />

zeitgenössische Kunst hat in diesem Sommer alte<br />

Aktionen von toten Fluxus-Künstlern mit jungen<br />

Performances kurzgeschlossen. Das Publikum trug<br />

enge Jeans, coole Brillen und sass andächtig im<br />

Rund. Niemand schimpft das urbane Publikum in<br />

Manchester, New York oder Berlin einen verbohrten<br />

Abonnenten. Keiner kommt auf die Idee, diese<br />

Geisterstunden konservativ zu finden. Das Theater<br />

muss diesen Kulturkampf zwischen alt und neu<br />

einen Moment ruhen lassen, um seine Geschichte<br />

besser erkennen zu können. Alles, was es dazu<br />

braucht, ist Zeit. Und den Mut, sich mit sich selbst<br />

zu beschäftigen.<br />

„And you don’t understand cause<br />

it’s bigger than you”<br />

von Carl Hegemann*<br />

Für mich war es ein starkes Bildungserlebnis während<br />

meines Studiums, übrigens vermittelt über<br />

die fortgeschrittenste amerikanische Soziologie in<br />

Kalifornien, die Ethnomethodologie, zu erfahren,<br />

was so ein Satz bedeutet, wie er in den Spätschriften<br />

Nietzsches steht: „Nicht dass etwas wahr ist, ist<br />

nötig, sondern dass wir etwas für wahr halten.“ Und<br />

als Steigerung dieser Satz, der eine direkte Einflugschneise<br />

in den unendlichen Regress, in den<br />

Nihilismus ermöglicht: „Die wahre Welt haben wir<br />

abgeschafft, welche Welt bleibt übrig? Die Scheinbare<br />

vielleicht?“ Nun könnte man sich vielleicht schon<br />

beruhigen und sagen: „Na gut, dann leben wir eben im<br />

Schein, im Reich des Ästhetischen.“ Aber Nietzsche<br />

folgert: „Mit der wahren Welt haben wir auch die<br />

scheinbare abgeschafft.“ Die scheinbare Welt gibt es<br />

nur, wenn man auch eine wahre Welt hypostasiert,<br />

die vom Schein überlagert ist. Hier liegt das entscheidende<br />

Problem: Wenn die wahre Welt abgeschafft<br />

ist und die scheinbare auch, dann bleibt nur noch eine<br />

mögliche Welt übrig und das ist die Welt des Theaters,<br />

die jenseits von wahrer und scheinbarer Welt<br />

angesiedelt ist und die Dichotomie ausser Kraft setzt,<br />

weil sie weder Wahrheit zu sein beansprucht, noch<br />

im Schein aufgeht. Meine Entscheidung, zum Theater<br />

zu gehen, könnte ich etwas zugespitzt sagen, war das<br />

Resultat von Nietzsches Kantkritik. ( … )<br />

Weder die physikalischen Gesetze, noch die<br />

moralischen Gesetze der Menschen spielen im Kunstwerk<br />

eine Rolle. Sie spielen zwar in der wirklichen<br />

Welt immer eine Rolle, auch bei der Herstellung eines<br />

Kunstwerks, aber das Kunstwerk selbst ist per<br />

definitionem durch seinen Rahmen als Kunstwerk<br />

davon frei. Deshalb hat man sogar schon in der Antike<br />

für die Tragödien Flugmaschinen gebaut, mit denen<br />

die Götter einfliegen konnten. Damit wollte man<br />

sagen: „Die Kunst besteht darin so zu tun, als sei sie<br />

unabhängig von den Naturgesetzen!“ Und deshalb<br />

kann man auch im Theater die schlimmsten Verbrechen<br />

zeigen, ohne behelligt zu werden und damit<br />

demonstrieren, dass im Rahmen der Kunst auch die<br />

menschlichen Gesetze ausser Kraft gesetzt sind. ( … )<br />

Ich will nicht so weit gehen, wie mein Freund<br />

Boris Groys, der auf die Frage: „Warum verlieben sich<br />

Leute?“, sagt: „Weil sie es irgendwo gelesen oder<br />

einen Film im Kino gesehen haben.“ Aber nichtsdestoweniger<br />

macht diese Antwort deutlich, dass es da<br />

Relationen und Wirkungen gibt. Allerdings muss man<br />

auch sagen: Man erkauft sich diese Freiheit, im<br />

Theater beispielsweise radikal revolutionär zu sein,<br />

dadurch, dass diese Revolution nicht auf die Strasse<br />

gelangt. Und das ist ein Defizit der freien Kunstausübung,<br />

das man empfindet: die Ahnung einer<br />

vollkommenen Vergeblichkeit. Es gibt eine frühe<br />

Äusserung von Schleef, da sagt er etwa: Das Theater<br />

heutzutage hat den Nachteil, dass es so ist wie<br />

der Film, dass diese Absperrung, also diese berühmte<br />

vierte Wand so dicht ist, dass die leibhaftig auf<br />

der Bühne anwesenden Menschen überhaupt nicht<br />

mit dem Publikum in Kontakt treten. Schleef<br />

wollte dem eine andere Form von Theater entgegensetzen:<br />

Theater als Akt der Begegnung. Die Schauspieler<br />

sollen das Publikum direkt angucken, es muss<br />

einen direkten Kontakt geben und es muss gefährlich<br />

werden. Schleef vergleicht das Theater mit dem<br />

Zirkus. Wenn die Schauspieler so wie die Tiger wären,<br />

die Königstiger, dann sind sie allerdings immer im<br />

Käfig und hinter Gittern und die Zuschauer haben die<br />

Möglichkeit, ein Gefühl des Erhabenen im Angesicht<br />

dieser gefährlichen Grosskatzen zu entwickeln. Aber<br />

es gibt die Möglichkeit, sagt Schleef, auch wenn es nur<br />

selten passiert, dass sie nicht nur an die Gitter, sondern<br />

über die Gitter springen. Das ist für Schleef<br />

„der grosse Akt, selbst wenn man ihm zum Opfer fällt.“<br />

Das ist einer der Gründe, warum uns Zirkus und<br />

Tierdressur faszinieren: Weil immer die Möglichkeit<br />

besteht, dass sie über die Rampe beziehungsweise<br />

aus dem Käfig springen. Schleef nennt als Beispiel<br />

auch Pamplona, wo die Stiere Menschen gefährdend<br />

durch die Strassen laufen. Das bringt eine ganz<br />

andere Intensität mit sich als sie in unserem komischen,<br />

literarischen Theater zu finden ist. Odo<br />

Marquardt hat mit seiner Theorie der Entfiktionalisierung<br />

möglicherweise dem Theater eine ähnliche<br />

Aufgabe zugeschrieben. Dieser folgend könnte<br />

man sowohl für Schleef als auch für Schlingensief<br />

sagen: Wenn schon alles Theater ist, wenn wir schon<br />

die wahre Welt abgeschafft haben und damit auch<br />

die Welt des Scheins und dann „alles Theater“ ist, das<br />

heisst ein referenzloser, ästhetischer Vorgang, dann<br />

ist ausgerechnet das Theater der Ort, in dem die<br />

Fiktion keinen Platz mehr hat und in dem Schauspieler<br />

nicht als Produzenten des ästhetischen Scheins<br />

dastehen, sondern als Akteure von Vorgängen.<br />

Das heisst: Wenn Sie als Zuschauer im Burgtheater<br />

einen Blumentopf an den Kopf kriegen, dann sind<br />

Sie Opfer eines solchen realen Vorgangs geworden.<br />

Das ist ja in einer Schlingensief-Inszenierung wirklich<br />

passiert, dass ein Zuschauer am Kopf getroffen worden<br />

ist. Normalerweise würde man immer sagen, dass<br />

es sich dabei um einen Unfall gehandelt hat.<br />

Ich kann Ihnen auch verraten, dass es wirklich<br />

einer war. Aber angesichts der Entfiktionalisierung<br />

des Schlingensiefschen Theaters wurde es von<br />

vielen Zuschauern nicht als Unfall wahrgenommen,<br />

sondern als etwas, das mit Absicht und Billigung<br />

der Künstler in Kauf genommen wurde. So kann man<br />

vielleicht die Brisanz oder den Reiz dieser Art von<br />

Theater illustrieren, dem es an Konsequenz gegenüber<br />

dem Schiller-Diktum, das nur den ästhetischen<br />

Schein erlaubt, fehlt. ( … )<br />

Ich habe mal gesagt, dass das Theater von Schleef<br />

und Schlingensief versucht, über Brecht hinauszukommen,<br />

während das ganze restliche Theater schön<br />

brav, mit Brecht an der Spitze im übrigen, wieder<br />

hinter Brecht zurückfällt. Was heisst das? Brecht hat<br />

damals eine revolutionäre Theorie für ein modernes<br />

Theater entwickelt, durch die wirklich etwas Neues in<br />

die Welt des Theaters gekommen ist. Die Illusion<br />

oder das, was gespielt wird, war plötzlich nicht mehr<br />

so wichtig, sondern eben das, was gezeigt wird. Das<br />

heisst, dass die Schauspieler auf der Bühne stehen<br />

und sagen: „Mit Hilfe der Möglichkeiten des Theaterspiels<br />

wollen wir Ihnen heute etwas zeigen, und Sie<br />

sollen sich ein Urteil darüber bilden.“<br />

Das führte zumindest in der Theorie dazu, dass<br />

die Virtuosität und die Qualität des Schauspielers<br />

überhaupt keine Rolle mehr spielten, sondern nur<br />

noch das, was er in der Birne hatte, dass er ein Problembewusstsein<br />

besass, das er anderen Leuten<br />

mit Händen und Füssen mitteilen oder beibringen<br />

wollte. Deshalb mussten sie dann alle „Das Kapital“<br />

lesen und Marx-Schulungen machen. Aber diese<br />

wirklich revolutionäre Theatertheorie, die auf<br />

Illusionsbildung und entsprechende Figurengestaltung<br />

verzichtetet, die hat schon bei Brecht selbst<br />

nicht geklappt.<br />

Heiner Müller hat das an seinem Lehrer Brecht<br />

kritisiert, dass er postdramatisch, episch arbeiten<br />

wollte, aber als Opportunist die eigenen Forderungen<br />

zu Gunsten seiner Theaterspektakel sofort<br />

wieder kassiert hat und in dem schönen Barocktheater<br />

Berliner Ensemble im Grunde genommen<br />

ganz traditionelles Theater gemacht hat, in dem die<br />

Verfremdung und das Epische nur als eine neue<br />

Facette der Virtuosität der Künstler und der damit<br />

verbundenen Illusionsbildung benutzt wurden. ( … )<br />

Schlingensief, der hat in einem Masse die vierte<br />

Wand eingerissen, wie sich das Brecht, glaube<br />

ich, auch in seinen kühnsten Träumen niemals hätte<br />

vorstellen können. Er hat nämlich in einzelnen<br />

Veranstaltungen so wenig zwischen Theater und dem,<br />

was ausserhalb des Theaters als Allerweltstheater,<br />

als tägliches Theater der Selbstdarsteller im öffentlichen<br />

Leben stattfindet, unterschieden, dass da<br />

weder für die Zuschauer, noch für die Akteure mehr<br />

klar war, ob es sich nun um Theater oder um Wirklichkeit<br />

handelte, reale oder bloss gespielte Vorgänge.<br />

Am Extremsten war das bei „Chance 2000“, einer<br />

Parteigründung als Theaterstück und Kunstwerk, die<br />

man aber gleichzeitig bei der Bundestagswahl<br />

richtig wählen konnte mit offiziellen Wahlscheinen<br />

und die echte Unterschriftensammlungen und<br />

einen ernsthaften Wahlkampf gemacht hat. Da wurde<br />

dann allerdings diese Vermischung so entsetzlich,<br />

dass wir am Ende gesagt haben: „So, jetzt müssen wir<br />

auf der Bühne, im geschlossenen Raum eine Komödie<br />

machen, weil das sonst auf Dauer keiner aushält.“<br />

Dieses Theaterstück müsste eigentlich ins Guinness-<br />

Buch der Rekorde kommen, weil es nämlich insgesamt<br />

neun Monate und dreiundzwanzig Tage gedauert<br />

hat, ununterbrochen. Aber es war eben auch nicht nur<br />

ein Theaterstück.<br />

Aber was man diesem Nietzsche-Satz von der wirklichen<br />

und der scheinbaren Welt entnehmen kann,<br />

also nicht mehr mit dieser Differenz von Schein<br />

und Wahrheit zu argumentieren, geht lebenspraktisch<br />

nicht immer gut. Das funktioniert an bestimmten<br />

Stellen nämlich, vor allem wenn es um Transzendenz<br />

und ums Sterben geht, leider nicht. Da gibt es eine<br />

Grenze, und die zeigt wiederum, dass man diesen<br />

Objektivitätsdiskurs eben nicht ganz vermeiden kann.<br />

Und da stellt sich dann eine weitere Frage: Wie<br />

ästhetisieren wir die Sterblichkeit? Das eigene Sterben<br />

lässt sich eben nicht ästhetisieren.<br />

Christoph Schlingensief hat mir gestern eine<br />

SMS geschrieben, wo er mir etwas über seine künftigen<br />

Pläne mitteilt und da schreibt er, er wolle die<br />

Hinfälligkeit des erweiterten Kunstbegriffs zeigen.<br />

Wenn man die eigenen Röntgenbilder sieht, mit<br />

diesem Fremden im eigenen Körper, da kommt man<br />

eben mit der Ästhetisierung nicht weiter.<br />

*Carl Hegemann sprach im Frühsommer mit<br />

Ilka Brombach und Benjamin Wihstutz. Der hier veröffentlichte<br />

Text bietet Auszüge aus diesem Gespräch.


Die Jüdin von Toledo<br />

nach dem Roman von Lion Feuchtwanger<br />

Bühnenfassung von<br />

Rafael Sanchez und Eberhard Petschinka<br />

Eine Koproduktion von Düsseldorfer Schauspielhaus<br />

und Theater Neumarkt<br />

Regie: Rafael Sanchez<br />

September <strong>2010</strong><br />

Eine tragische Liebesgeschichte vor dem Hintergrund<br />

der Reconquista im Kastilien des 12. Jahrhunderts.<br />

Der junge, kriegshungrige König Alfonso VIII.<br />

begehrt Raquel, die schöne Tochter des angesehenen<br />

Juden Jehuda Ibn Esra, und verlangt, dass sie<br />

seine Geliebte werden soll. Raquel willigt auf diese<br />

abenteuerlich ungehörige Forderung ein, weil sie die<br />

Existenz ihrer Familie und die Friedensverhandlungen<br />

ihres Vaters sichern will. Aber auch bei<br />

ihr wächst schliesslich eine grosse Liebe für die stolze<br />

Wildheit des fremden Ritters. Private Motive<br />

und Ereignisse verweben sich immer stärker mit<br />

politischen, bis sich das Schicksal der Figuren<br />

schliesslich auf den Schlachtfeldern der Kreuzkriege<br />

entscheidet.<br />

Feuchtwanger lässt in seinem historischen Roman<br />

die Faszination des kriegerischen Helden, gegen<br />

die noch nicht einmal Opfer und Feinde immun sind,<br />

in der Liebe von Raquel zu Alfonso eindringlich<br />

lebendig werden.<br />

Publikumsbeschimpfung<br />

von Peter Handke<br />

Regie: Laurent Chétouane<br />

Oktober <strong>2010</strong><br />

Kabarettisten unterhalten ihr Publikum unter<br />

anderem dadurch, dass sie ihm an den Kopf werfen,<br />

was normalerweise keiner zu sagen wagt. Peter<br />

Handkes Skandalstück aus dem Jahre 1965, das<br />

behauptet gar kein Theaterstück zu sein, treibt dieses<br />

Prinzip auf die Spitze. Vom ersten bis zum letzten<br />

Wort richtet sich die „Publikumsbeschimpfung“<br />

unmittelbar an die Zuschauer im Saal und macht die<br />

Beziehung zwischen den vier Sprechern und dem<br />

Publikum zum eigentlichen Thema des Abends.<br />

Dahinter steht das Bestreben, die Unmittelbarkeit<br />

um jeden Preis aufrecht zu erhalten.<br />

Dem Stück, das vor 40 Jahren den Nerv der Zeit<br />

traf und sowohl das tradierte Theater wie dessen<br />

etabliertes Publikum aufs Korn nahm, gelingt<br />

tatsächlich die Aufhebung des Theaters durch Theater.<br />

Es stellt jedoch unabhängig vom Theaterdiskurs<br />

die noch immer aktuelle Frage nach der Welt<br />

hinter der Fassade des Spiels und der Verstellung.<br />

„Wir sind keine Darsteller. Wir stellen nichts<br />

dar. Wir stellen nichts vor.“ So wird die Wirklichkeit<br />

für das Theater durch Sprache zurückgewonnen.<br />

Wer hat Angst vor<br />

Alice D.?<br />

Ein Projekt von Barbara Weber<br />

und Michael Gmaj<br />

Regie: Barbara Weber<br />

November <strong>2010</strong><br />

Der moderne Liebeskrieg tobt seit den 60er Jahren:<br />

eine nicht enden wollende Nacht, lästige Besucher<br />

in einer Professorenwohnung, Spiele, Alkohol, Mordgelüste.<br />

Geschlossene Gesellschaft – no exit!<br />

Barbara Weber und ihr Team nehmen den weltbekannten<br />

Broadwayerfolg und dessen erfolgreiche<br />

Verfilmung „Wer hat Angst vor Virginia Woolf ?“<br />

zum Ausgangspunkt für ihre aktuellen Studien. Drei<br />

Paare pendeln zwischen Selbstentblössung und<br />

Selbstillusion, zwischen Traum und Albtraum. Sie<br />

scheinen einander alles schonungslos zu beichten und<br />

doch spielen sie sich selbst und den anderen alles<br />

nur vor. Alles wird ausgesprochen und nichts ist wahr.<br />

Spätestens seit Lynch wissen wir: Das Ende<br />

der Strasse ist erst der Anfang.<br />

Magic Afternoon<br />

von Wolfgang Bauer<br />

Regie: Laura Koerfer<br />

Januar 20<strong>11</strong><br />

„Umbringen mag i mich auch net mehr.“ Draussen<br />

strahlender Sonnenschein, drinnen schneidender<br />

Rauch und gereizte Langeweile – ein herrlicher<br />

Sommernachmittag im Zimmer von Möchtegern-<br />

Schriftsteller Charly, der sich am Ende des<br />

Tages wimmernd in seinem Kleiderschrank verkriechen<br />

wird.<br />

Magic Afternoon, das erste „Anti-68er-Stück“,<br />

wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung seinerzeit<br />

schrieb, handelt von vier jungen Leuten, die an einem<br />

real-surrealen Nachmittag die Grenzen ihrer<br />

Alltagsexistenz aus Alkohol, Drogen, Gewalttätigkeit<br />

und Langeweile schockartig durchbrechen. In<br />

einer Mischung aus Banalität, Klamauk, Brutalität<br />

und Sadismus beschreibt Wolfgang Bauer die wohlstandsverwahrloste<br />

Gesellschaft in ihrem Desinteresse,<br />

ihrer Orientierungslosigkeit und Selbstfixierung.<br />

Damit liefert der „einzig vitale deutschsprachige<br />

Pop-Artist“, so Helmut Karasek, eine provokantrealistische<br />

Schilderung der Auflehnung der (selbsternannten)<br />

Künstler gegen das Establishment.<br />

Uraufführung<br />

Ein Loch in meinem Herzen<br />

(A Hole in My Heart)<br />

von Lukas Moodysson<br />

Regie: Robert Lehniger<br />

März 20<strong>11</strong><br />

Rickard und sein Freund Geko hängen nur zu Hause<br />

ab, schiessen mit Farbpatronen an die Wände<br />

oder drehen Amateurpornos mit der 21-jährigen Tess.<br />

Rickards Sohn Eric sitzt im abgedunkelten Zimmer<br />

nebenan und widmet sich seiner Würmerzucht.<br />

Alles gerät aus den Fugen, als Rickard und Geko mit<br />

Skimaske und Baseballschläger einen brutaleren<br />

Porno produzieren wollen. Tess verlässt fluchtartig<br />

die Wohnung, doch schon am nächsten Tag kehrt<br />

sie zurück, bepackt mit Essen und Trinken: Was folgt,<br />

ist das grosse Fressen!<br />

Ausgangspunkt für die Inszenierung ist der<br />

Spielfilm des schwedischen Schriftstellers und Regisseurs<br />

Lukas Moodysson, der mit „Raus aus Åmål“<br />

und „Lilja 4-ever“ bekannt wurde. Obwohl die explizite<br />

Drastik bei Veröffentlichung für handfeste<br />

Skandale sorgte, ist „A Hole in My Heart“ fernab<br />

jeder Provokation zuallererst eine Geschichte über die<br />

Suche nach einem Ausweg aus der Trostlosigkeit<br />

und der Isolation.<br />

Schwesternmilch<br />

von und mit Jens Rachut<br />

April 20<strong>11</strong><br />

Es ist eine gottverdammte Tatsache, dass ein Drittel<br />

aller Bienenvölker verschwunden ist, aber wer kann es<br />

ihnen verdenken. Wer will schon sein Leben lang nur<br />

arbeiten und sich von anderen bestimmen lassen –<br />

und dann noch für eine Königin, die mit einer Wahrscheinlichkeit<br />

von 50 % nach dem Sommer wieder<br />

abhaut. Urlaub, Geburtstagsfeiern, Abhängen – gibts<br />

hier nicht!<br />

Das Leben einer Arbeiterbiene ist kurz – verdammt<br />

kurz, höchstens ein paar Monate. Und der Imker,<br />

der feine Herr, sitzt zu Hause, frisst sich einen Seitenairbag<br />

an, geht mit allem ins Bett, wählt auch<br />

noch die Grünen! Und dann fährt er auch noch weg<br />

im Winter, während wir den Stock mühselig warm<br />

halten. Warum er und nicht wir? So denken die<br />

vier Bienen in einer Seitenwabe. Faul verfetten und<br />

ab und zu ne Runde fliegen und auf die Kollegen<br />

runter göbbeln. Sind eh nur ein paar Wochen. Was<br />

interessiert mich dieser Korb mit seinem Lärm<br />

und seinen Sorgen. Scheiss drauf und ab ins wahre<br />

Bienenleben.<br />

Uraufführung<br />

A.N.D.Y. (From A to B<br />

and Back Again)<br />

nach Andy Warhol, Lou Reed und John Cale<br />

ein Survival-Training in 12 Kapiteln mit<br />

viel Musik, fünf Männern und Mama sowie Muse<br />

Leitung: Stephan Müller<br />

Mai 20<strong>11</strong><br />

Jeder hat Liebesprobleme, jeder hat Schönheitsprobleme,<br />

jeder hat Ess-, Job-, Wohn-, Love-, Geld-Problems.<br />

Dagegen hilft das Mental-Training von Andy Warhol:<br />

From A to B and Back Again. A.N.D.Y. ist eine<br />

warholistische Begegnung mit der ewigen Materie<br />

Mann, Stadtmensch, Künstler, Homo / Hetero, Selbstfindling,<br />

Schrulle, Zwerg Nase, Nerd oder Nichts –<br />

in Begegnung mit der freundlichen Warenwelt.<br />

This is a piece on survival techniques, methods to<br />

improve your life, mit dem Ziel: geliebt, gelobt und<br />

gebraucht zu werden. This is a piece about Lebensberatung<br />

and all the questions of how to become<br />

better, oder wie Andy puts it: „I am immature, but<br />

maybe something could happen to my chemicals and<br />

I could get mature, I could start getting wrinkles<br />

(Runzeln) and stop wearing my wigs (Haarteile) …<br />

it would make life much easier …“<br />

N.N.<br />

Eine Inszenierung von Milan Peschel<br />

Regie: Milan Peschel<br />

Im Rahmen der Zürcher Festspiele, Juni 20<strong>11</strong><br />

Der Schauspieler und Regisseur Milan Peschel gilt<br />

als ausgewiesener Fachmann fürs Komische. Als<br />

Schauspieler brillierte er u.a. in Frank Castorfs<br />

Dostojewski- und Tennessee-Williams-Adaptionen an<br />

der Berliner Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz<br />

und spielte in vielen Stücken von Autor und Regisseur<br />

<strong>Armin</strong> Petras. Doch wechselt Peschel, der auch in<br />

zahlreichen Film- und Kinorollen zu sehen war, immer<br />

häufiger ans Regiepult. So inszenierte er im P14,<br />

dem Jugendtheater der Volksbühne, und am Theater<br />

an der Parkaue in Berlin. Seine Interpretationen<br />

des Märchens „Der Fischer und seine Frau“ und des<br />

Erich-Kästner-Klassikers „Das doppelte Lottchen“<br />

feierten in Berlin grosse Erfolge.<br />

Der gebürtige Berliner Milan Peschel inszenierte:<br />

Er zeigte 2008 am Aalborg Theater Shakespeares<br />

„Macbeth“ und <strong>2010</strong> am Aarhus Theater Ibsens „Nora“.<br />

Seine Arbeit am Maxim Gorki Theater Berlin –<br />

„Mala Zementbaum“, ein Stück von <strong>Armin</strong> Petras<br />

und Thomas Lawinky, sowie Tennessee Williams’<br />

„Die Glasmenagerie“ – setzt er in diesem Jahr mit der<br />

Inszenierung der Komödie „Sein oder Nichtsein“<br />

von Nick Whitby fort. Mit seiner Arbeit am Theater<br />

Neumarkt führt Milan Peschel zum ersten Mal<br />

Regie in der Schweiz.<br />

Premieren <strong>2010</strong> / <strong>11</strong>


Biografie: Ein Spiel<br />

von Max Frisch<br />

Max Frisch spielt durch, worüber fast jeder schon<br />

nachgedacht hat: „Was wäre, wenn man sein<br />

Leben noch einmal leben könnte?“ Aber die Freiheit,<br />

die eigene Biografie abzuändern, erweist sich als<br />

problematisch. Frisch untersucht den Zwang, immer<br />

dieselben Fehler zu wiederholen. „Barbara Weber<br />

entlarvt Frischs verbrämte Männerphantasien […]<br />

Eine hinreissende Infamie im Gewand der Texttreue.<br />

So hat der Abend etwas Konspiratives: Eine schöne<br />

Theaterverschwörung gegen den Mainstream.“ (SZ)<br />

Mit: Alicia Aumüller, Jörg Koslowsky, Sigi Terpoorten<br />

Regie: Barbara Weber<br />

Bühne / Kostüme: Madlaina Peer<br />

Musik: Michael Haves<br />

Dramaturgie / Textfassung: Ralf Fiedler<br />

Das Interview<br />

nach dem Drehbuch von Theo van Gogh<br />

und Theodor Holman<br />

Bühnenfassung von Stephan Lack<br />

Ein bekannter Polit-Journalist interviewt einen<br />

weiblichen Soap-Star und anders als geplant artet die<br />

Begegnung in einen Kampf zwischen zwei Menschen<br />

aus, die verletzlicher, aber auch berechnender sind,<br />

als sie vorgeben. Die Süddeutsche Zeitung schreibt<br />

über die Premiere: „Das Züricher Theaterglück“<br />

und „Diese Sternstunde des Theaters leuchtet weit<br />

über Zürich hinaus“.<br />

Mit: Sebastian Blomberg, Birgit Minichmayr<br />

Regie: Martin Kušej<br />

Bühne: Jessica Rockstroh<br />

Kostüme: Werner Fritz<br />

Dramaturgie: Rahel Bucher<br />

Die Schläferinnen<br />

Eine Stückentwicklung von Anna Papst<br />

Rebecca sucht beständig nach neuen Lebensentwürfen.<br />

Maya, deren introvertierte Persönlichkeit<br />

Rebecca magisch anzieht, will zuerst nichts von<br />

Freundschaft wissen, doch dann inszeniert sie sich<br />

als Opfer einer Verschwörung. „Anna Papst gelingen<br />

mit ,Die Schläferinnen‘ gleich zwei herausragende<br />

Arbeiten. Als Dramatikerin liefert sie ein Stück<br />

mit sagenhaften Dialogen, und inszeniert ihr Kammerstück<br />

selbst und glänzt auch damit.“ (P. S. Zeitung)<br />

Mit: Maxi Schmitz, Jeanne Werner<br />

Regie: Anna Papst<br />

Bühne: Gabriela Neubauer<br />

Kostüme: Mirjam Egli<br />

Dramaturgie: Jasmine Hoch<br />

Musik: DJ MT Dancefloor<br />

Die Banditen<br />

Ausbruchsversuch mit Musik nach<br />

Jacques Offenbach<br />

Geld regiert die Welt! Oder vielleicht doch nicht?<br />

Acht Schauspieler in über 16 Rollen spielen Räuber<br />

und Beraubte, Räubertochter und Prinzessin,<br />

Betrüger und Betrogene – und wechseln dabei so<br />

rassant ihre Verkleidungen, dass am Ende keiner<br />

mehr weiss, wer hier wen übers Ohr haut.<br />

Sebastian Baumgarten hat seine Interpretation von<br />

Offenbachs Operette mit Country Musik, Blues,<br />

Schlagern und ein wenig Techno entstaubt. „So sind<br />

diese Banditen denn ein praller, kluger, runder,<br />

wunderbarer Abend geworden.“ (Theater heute)<br />

Mit: Miguel Abrantes Ostrowski,<br />

Matthias Breitenbach, Vivien Bullert,<br />

Jörg Koslowsky, Thomas Müller, Lotte Ohm,<br />

Sigi Terpoorten, Samantha Viana,<br />

Regie: Sebastian Baumgarten<br />

Musikalische Leitung: Daniel Regenberg<br />

Bühne: Barbara Steiner<br />

Kostüme: Ellen Hofmann<br />

Video: Stefan Bischoff<br />

Dramaturgie: Janine Ortiz / Carl Hegemann<br />

U21: Produzieren statt<br />

Konsumieren!<br />

Werde Teil eines Teams von theaterbegeisterten<br />

Jugendlichen zwischen 15 und 25, die das Theater von<br />

A wie Ausprobieren bis Z wie Zauberkasten kennen<br />

lernen. Nachdem wir letztes Jahr mit „Die Scarface-<br />

Methode“ die Jugentheatergruppe am Neumarkt<br />

wieder eingeführt haben, wollen wir versuchen in der<br />

aktuellen Saison an diesen Erfolg anzuknüpfen.<br />

Anfang Oktober treffen sich alle Interessierten ein<br />

erstes Mal, nach den Herbstferien geht’s dann richtig<br />

los. Geprobt wird einmal wöchentlich, in der<br />

Endphase häufiger. Gemeinsam erarbeiten wir einen<br />

Theaterabend, den wir im Mai 20<strong>11</strong> auf der Bühne<br />

des Theater Neumarkt dem Publikum präsentieren<br />

werden. Interessiert?<br />

Dann trag dich unter u21@theaterneumarkt.ch<br />

in unseren Info-Verteiler ein!<br />

Saisoneröffung am 24. September <strong>2010</strong><br />

CHAOStage<br />

Idee / Koordination: Ajana Dracula<br />

Das Konzept ist simpel: Bring einen 5- bis 10-Minuten-<br />

Beitrag mit. In der Wahl der Mittel bist du frei:<br />

Singen, Instrument spielen, Rede halten, Vorlesen,<br />

Gedicht, Tanzen, Performance, Theater, Power-Point,<br />

Film. Es gibt Bühne, Gitarre, Mikrofon, Licht,<br />

Klavier, Beamer. Alle Sprachen sind willkommen.<br />

Verkleidet erscheinen ist ausdrücklich erwünscht.<br />

Nur Zuschauen ist auch erlaubt. Eintritt frei!<br />

Anmeldungen an dracula@theaterneumarkt.ch<br />

oder 044 267 64 <strong>11</strong><br />

Theater Neumarkt und „Das Magazin“<br />

präsentieren<br />

Salongespräche<br />

moderiert von Daniel Binswanger<br />

Magazin-Kolumnist Daniel Binswanger lädt auch<br />

diese Saison zu regelmässigen Diskussionen über<br />

aktuelle, gesellschaftspolitische Themen ein.<br />

Zu den bisherigen Gästen gehörten unter anderem<br />

Moritz Leuenberger, Peter von Matt, Rudolf Strahm,<br />

Peter Sloterdijk, Hans-Ulrich Doerig, Hans Eichel<br />

und Beat Wyss. Die Debatten zwischen Dialog<br />

und Kontroverse werden diesen Herbst wieder aufgenommen.<br />

Wir bauen uns die Welt,<br />

wie sie uns gefällt<br />

Jürg Halter a.k.a. Kutti MC lädt<br />

zur Gegenaufklärung ein.<br />

„Wir bauen uns die Welt, wie sie uns gefällt“, ist<br />

der Titel einer neuen Versuchs-Reihe, die vom Dichter,<br />

Performer, Rap-Poet und Improvisator Jürg Halter<br />

a.k.a. Kutti MC, dem neuen Sonderbeauftragten<br />

des Theater Neumarkt, in Szene gesetzt wird. Jedes<br />

Mal lädt er einen anderen Gast dazu ein, mit ihm<br />

zusammen einen Abend wie auch immer zu gestalten.<br />

Am Ende jedes Abends werden Sie Zeuge einer Welturaufführung<br />

gewesen sein. – Vieles bis alles kann<br />

bei einer solchen Performance möglich werden, mindestens<br />

aber der Versuch einer Gegenaufklärung.<br />

Nachtclub<br />

Feierabend! Jeweils donnerstags spielen im Theaterfoyer<br />

Live-Bands, legen DJs auf, werden Lesungen<br />

veranstaltet und Filme gezeigt, es wird einfach Musik<br />

gespielt oder zur Ping-Pong-Disco geladen – dazu<br />

gibt es Cocktails an der Bar.<br />

Theater Neumarkt, DRS 1<br />

und Diogenes Verlag präsentieren<br />

Literatur<br />

Lesungen jeweils um 17 Uhr<br />

Autoren des Diogenes Verlag auf dem Podium: Im<br />

Theater Neumarkt lesen die Erfolgsautoren aus<br />

ihren aktuellen Werken. Die Lesungen, die einmal im<br />

Monat an einem Sonntag stattfinden, sind auch<br />

Thema der Sendung „BuchZeichen“ auf DRS 1.<br />

Bis Ende des Jahres <strong>2010</strong> stellen hier Rolf Dobelli,<br />

Lukas Hartmann und Ingrid Noll ihre jüngst bei<br />

Diogenes erschienenen Werke vor.<br />

Teppich<br />

jeweils am zweiten Montag im Monat<br />

in der Chorgasse<br />

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Teppich“<br />

treffen sich in der Schweiz lebende Autorinnen und<br />

Autoren zu öffentlichen Arbeitsgesprächen. Sie<br />

lesen und besprechen unveröffentlichte Texte. Das<br />

Publikum ist eingeladen, mitzudiskutieren.<br />

Neben der Arbeit am Text kommen dabei die<br />

unterschiedlichsten Themen zur Sprache, darunter<br />

unter anderem: Gesellschaft, Schweiz-Bilder,<br />

Brotberufe, Literaturtage, „Das Schweigen der<br />

Schriftsteller“, Literaturdebatten, Themenfindung,<br />

Buchpreisbindung, Ästhetizismus, Geld, Kultur<br />

und Engagement.<br />

80*81<br />

80*81 heisst die Recherche von Georg Diez und<br />

Christopher Roth, bei der sie die kulturellen, politischen,<br />

gesellschaftlichen Veränderungen der Jahre<br />

1980 und 1981 erforschen – ein Epochenbruch,<br />

elementarer, weitreichender etwa als derjenige im<br />

Jahre 1989.<br />

Heldenreste<br />

Eine diskursive Revue<br />

alle zwei Monate<br />

von Daniel Lerch<br />

„Heldenreste“ heisst die neue Reihe am Theater<br />

Neumarkt, die abgespielten Helden einen Platz gibt.<br />

Helden, welche die Probezeit begleitet und geprägt,<br />

den letzten Sprung auf die Bühne jedoch nicht<br />

geschafft haben: Was ist mit dem Vampir in Kafkas<br />

Brief an den Vater, was mit dem Tubisten in der<br />

Operette passiert? Hat Spiderman seine Angst vor<br />

Spinnen überwunden? Heldenreste gibt ihnen noch<br />

eine Chance, sich vor dem kritischen Neumarkt-<br />

Publikum zu bewähren.<br />

Wiederaufnahmen / U21<br />

Reihen und specials


Alicia Aumüller<br />

Die gebürtige Österreicherin studierte an der<br />

Zürcher Hochschule der Künste und arbeitete vor<br />

ihrer Zeit am Neumarkt mit Stephan Müller<br />

und Laura Huonker zusammen. Am Cabaret Voltaire<br />

in Zürich las sie Texte von Emmy Hennings.<br />

Von 2008 bis <strong>2010</strong> war sie Mitglied im Ensemble<br />

des Theater Neumarkt und spielte die Hauptrollen<br />

in „Anna Karenina“ und „Biografie: Ein Spiel“.<br />

Alicia Aumüller wird weiterhin am Theater<br />

Neumarkt arbeiten.<br />

Nikolaus Benda<br />

Der in Hamburg geborene Nikolaus Benda wuchs<br />

in Frankfurt a. M. auf. Auf seine Ausbildung<br />

an der Otto-Falckenberg-Schule folgten freie Arbeiten<br />

für Film und Fernsehen und Gastengagements<br />

an den Kammerspielen, am Bayerischen Staatsschauspiel<br />

und am Metropol Theater in München sowie<br />

am Schauspielhaus Wien und am Theater Oberhausen.<br />

Er wirkte in vielen Kinofilmen mit und war drei<br />

Jahre am Theater St. Gallen engagiert.<br />

Tabea Bettin<br />

Tabea Bettin, geboren 1982 in Schwerin, beendete<br />

2007 ihre Schauspielausbildung an der Otto-<br />

Falckenberg-Schule München. Im selben Jahr begann<br />

sie ihr Engagement an den Münchner Kammerspielen.<br />

Während ihres Studiums wirkte sie neben<br />

den Schulaufführungen auch an Inszenierungen<br />

des Bayerischen Staatsschauspiels in der Regie von<br />

Barbara Frey und Antoine Uitdehaag mit.<br />

Yvon Jansen<br />

Yvon Jansen war 2000 bis 2005 Ensemblemitglied am<br />

Schauspielhaus Zürich unter Christoph Marthaler.<br />

Sie spielte die Mariedl in Werner Schwabs „Präsidentinnen“<br />

in der Regie von Jan Bosse am Schauspielhaus<br />

Zürich, Luc Percevals „Maria Stuart“ an der<br />

Berliner Schaubühne und in Johan Simons „Elementarteilchen“<br />

an den Münchner Kammerspielen.<br />

Von 2008 bis <strong>2010</strong> war sie Mitglied im Ensemble<br />

des Theater Neumarkt und wird weiterhin hier<br />

arbeiten.<br />

Thomas Müller<br />

Nach seiner Ausbildung an der Schauspielschule<br />

Zürich war er Ensemblemitglied am Maxim Gorki<br />

Theater Berlin, wo er mit den Regisseuren Stephan<br />

Müller, Joachim Meyerhoff und Bruno Cathomas<br />

zusammenarbeitete. Danach arbeitete er als freier<br />

Schauspieler in Saarbrücken und Berlin. An der<br />

Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz Berlin spielte<br />

er in „El Perro Cubano“ unter der Regie von Carolin<br />

Mylord und Andreas Deinert.<br />

Seit 2008 ist Thomas Müller Mitglied im Ensemble<br />

des Theater Neumarkt.<br />

Katarina-Romana Schröter<br />

Katarina-Romana Schröter studierte Dramaturgie in<br />

München und Schauspiel in Leipzig. Sie war Ensemblemitglied<br />

am Staatsschauspiel Dresden und arbeitete<br />

dort u.a. mit Johann Kresnik, Walter Meierjohann<br />

und Volker Lösch. Als Stipendiatin von Dasarts in<br />

Amsterdam begann sie mit Video- und Filmarbeiten<br />

im öffentlichen Raum. Sie arbeitete als Autorin<br />

für das Deutschlandprojekt der Compagnie Fliegende<br />

Fische, ihr Stück „Heimgesucht“ wurde u.a. im<br />

Marstall München aufgeführt.<br />

Jakob Leo Stark<br />

Jakob Leo Stark, geboren 1984 in Schwäbisch Hall,<br />

gewann während seiner Schauspielausbindung<br />

an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg<br />

den Nachwuchsföderpreis des Studio Hamburg.<br />

Bereits vor seinem Abschluss arbeitete er an verschiedenen<br />

Theatern, unter anderem auf Kampnagel, am<br />

Maxim Gorki Theater in Berlin und am Thalia<br />

Theater in Hamburg. Dort spielte er u.a. in Dimiter<br />

Gottscheffs „Leonce und Lena“.<br />

Malte Sundermann<br />

Malte Sundermann, geboren 1983 in Köln, studierte<br />

am Max Reinhardt Seminar in Wien. Von 2007<br />

bis 2009 war er Ensemblemitglied des Staatstheaters<br />

Braunschweig. Seine erste Rolle am Theater Neumarkt<br />

spielte er in „Brief an den Vater. Franz Kafka“.<br />

Sigi Terpoorten<br />

Der gebürtige Oberbayer war Ensemblemitglied am<br />

Schauspielhaus Hamburg, Theater Basel und am<br />

Maxim Gorki Theater Berlin, bevor er ans Neumarkt<br />

kam. Er arbeitete mit den Regisseuren Anselm<br />

Weber, Andreas Kriegenburg und Johann Kresnik.<br />

In den letzten Jahren war er vermehrt für Film<br />

und Fernsehen aktiv. Von 2008 bis <strong>2010</strong> war er Mitglied<br />

im Ensemble des Theater Neumarkt und<br />

wird weiterhin hier arbeiten.<br />

Franziska Wulf<br />

Franziska Wulf, geboren 1984, wuchs in Schwedt<br />

an der Oder auf und schloss ihr Schauspielstudium<br />

an der Hochschule für Musik und Theater „Felix<br />

Mendelssohn Bartholdy“ in Leipzig ab. Während des<br />

Studiums war sie Studiomitglied am Schauspielhaus<br />

Chemnitz: Hier spielte sie u.a. unter der Regie<br />

von Uli Jäckle, Enrico Lübbe und Jan Jochimski.<br />

Barbara Weber / Rafael Sanchez<br />

Die Regisseure Weber und Sanchez leiten seit 2008<br />

das Theater Neumarkt. Rafael Sanchez eröffnet<br />

die Spielzeit <strong>2010</strong> / 20<strong>11</strong> mit der Dramatisierung des<br />

Romans „Die Jüdin von Toledo“ von Feuchtwanger,<br />

Barbara Weber zeigt im November ihre Inszenierung<br />

„Wer hat Angst vor Alice D.?“.<br />

Direktion &<br />

Geschäftsführung<br />

Direktion<br />

Barbara Weber,<br />

Rafael Sanchez<br />

Kaufmännische<br />

Geschäftsführung<br />

Samuel Roth /<br />

Andreas Kornacki<br />

Referent der Direktion<br />

Bernhard Siebert<br />

Schauspiel<br />

Ensemble<br />

Nikolaus Benda,<br />

Tabea Bettin,<br />

Thomas Müller,<br />

Katarina-Romana<br />

Schröter,<br />

Jakob Leo Stark,<br />

Malte Sundermann,<br />

Franziska Wulf<br />

Gäste<br />

Miguel Abrantes<br />

Ostrowski,<br />

Alicia Aumüller,<br />

Sebastian Blomberg,<br />

Guntram Brattia,<br />

Matthias Breitenbach,<br />

Vivien Bullert,<br />

Gunther Eckes,<br />

Anke Hartwig,<br />

Rahel Hubacher,<br />

Yvon Jansen,<br />

Jürg Kienberger,<br />

Jörg Koslowsky,<br />

Winfried Küppers,<br />

Birgit Minichmayr,<br />

Mike Müller,<br />

Lotte Ohm,<br />

Viola Pobitschka,<br />

Jens Rachut,<br />

Maxi Schmitz,<br />

Pierre Siegenthaler,<br />

Sigi Terpoorten,<br />

Samantha Viana,<br />

Jeanne Werner<br />

u.a.<br />

Regie<br />

Sebastian Baumgarten,<br />

Laurent Chétouane,<br />

Florian Huber,<br />

Laura Koerfer,<br />

Martin Kušej,<br />

Robert Lehniger,<br />

Stephan Müller,<br />

Anna Papst,<br />

Milan Peschel,<br />

Jens Rachut,<br />

Rafael Sanchez,<br />

Barbara Weber<br />

u.a.<br />

Bühne<br />

Janina Audick,<br />

Thomas Dreissigacker,<br />

Sara Giancane,<br />

Patrick Koch,<br />

Irene Ip,<br />

Gabriela Neubauer,<br />

Madlaina Peer,<br />

Jessica Rockstroh,<br />

Barbara Steiner,<br />

u.a.<br />

Kostüme<br />

Mirjam Egli,<br />

Werner Fritz,<br />

Ellen Hofmann,<br />

Irene Ip,<br />

Tina Kloempken,<br />

Gabriela Neubauer,<br />

Madlaina Peer,<br />

Imke Schlegel,<br />

Inga Timm<br />

u.a.<br />

Musik<br />

Arvild Baud,<br />

Michael Haves,<br />

Daniel Regenberg,<br />

DJ MT Dancefloor<br />

Saalschutz<br />

u.a.<br />

Video<br />

Stefan Bischoff<br />

Regieassistenz<br />

Paulus Brügmann,<br />

Markus Kubesch,<br />

Viktoria Popova<br />

Bühnenbildassistenz<br />

Gabriela Neubauer<br />

Dramaturgie<br />

Dramaturgie<br />

Britta Kampert<br />

Gäste<br />

Carl Hegemann<br />

Dramaturgieassistenz<br />

Daniel Lerch<br />

Presse / Marketing<br />

Bernhard Siebert<br />

(Leitung),<br />

Miriam Ruesch<br />

Disposition /<br />

Künstlerisches<br />

Betriebsbüro<br />

Matthias Riesenhuber<br />

Kaufmännische<br />

Abteilung<br />

Kaufmännische<br />

Geschäftsführung<br />

Samuel Roth /<br />

Andreas Kornacki<br />

Buchhaltung<br />

Patricia Freiermuth<br />

Billettkasse<br />

Patricia Freiermuth<br />

(Leitung),<br />

Ella Gérard,<br />

Gomera Gérard,<br />

Noëmi Meinecke,<br />

Paul Janssen<br />

Praktikum<br />

Mirjam Meier<br />

Technische<br />

Abteilungen<br />

Technische Leitung<br />

Andreas Bögli,<br />

Peter Meier<br />

(Stellvertretung)<br />

Bühne<br />

Aldo Betschart,<br />

Thomas Bianca,<br />

Franz Fleischmann<br />

Beleuchtung<br />

Twist Sopek,<br />

Martin Wigger,<br />

Philipp Ziegler,<br />

Ueli Kappeler<br />

Ton / Video<br />

Jürg Breitschmid,<br />

Fritz Rickenbacher<br />

Schlosserei<br />

Cristiano Remo<br />

Schreinerei<br />

Sybille Eigenmann,<br />

Reto Landolt,<br />

Barbara Fuhrer<br />

Malsaal<br />

Noëlle Choquard,<br />

Martina Heimgartner,<br />

Jutta Wefers<br />

Deko<br />

Bettina Stoffel,<br />

Doris Zurbrügg<br />

Requisite<br />

Ueli Zellweger<br />

Schneiderei<br />

Ruth Schölzel (Leitung),<br />

Katharina Baldauf,<br />

Beatrice Zimmermann,<br />

Noelle Brühwiler,<br />

Anna Lehmann<br />

Garderobe<br />

Doris Mazzella<br />

Maske<br />

Denise Christen<br />

Reinigung<br />

Sonam Buthia,<br />

Franco Insigno,<br />

Laurent Müller<br />

Foyerbar<br />

David Schulze (Leitung),<br />

Sophie Ehrismann,<br />

Semhar Tewelde<br />

(Co-Leitung)<br />

Biografien<br />

Team


Theater Neumarkt<br />

Neumarkt 5,<br />

CH-8001 Zürich<br />

Tel. +41 (0)44 267 64 64<br />

Fax +41 (0)44 252 24 39<br />

tickets@theaterneumarkt.ch<br />

theaterneumarkt.ch<br />

Öffnungszeiten der<br />

Billettkasse<br />

Dienstag bis Samstag<br />

16.00 – 19.00 Uhr<br />

sowie jeweils eine Stunde<br />

vor jeder Vorstellung bis<br />

zu deren Beginn<br />

Telefonverkauf<br />

Tel. +41 (0)44 267 64 64<br />

Dienstag bis Freitag<br />

<strong>11</strong>.00 – 15.00 und<br />

16.00 – 19.00 Uhr,<br />

Samstag 16.00 – 19.00 Uhr<br />

Internetbuchungen<br />

theaterneumarkt.ch / tickets<br />

Weitere<br />

Vorverkaufsstellen<br />

Jelmoli, Jecklin,<br />

Migros City,<br />

Musik Hug<br />

Billettpreise<br />

Preise A:<br />

Fr. 45.– / * 35.– / ** 20.–<br />

Preise B:<br />

Fr. 35.– / * 30.– / ** 20.–<br />

Restplätze 5 Minuten<br />

vor der Vorstellung<br />

für alle Unter-26-Jährigen<br />

zu Fr. 15.–<br />

Ermässigungen<br />

Ermässigte Tickets<br />

und Abonnements sind<br />

nur zusammen mit<br />

dem entsprechenden<br />

Ausweis gültig.<br />

* Zürcher Theaterverein<br />

** Legi, IV, Theaterclub<br />

Neumarkt, Schüler,<br />

Lehrlinge, Kulturlegi<br />

Freie Platzwahl<br />

Die Sitzplätze sind nicht<br />

nummeriert<br />

Das Theater<br />

Neumarkt dankt<br />

Subventionsgeber<br />

Stadt Zürich Kultur,<br />

Kanton Zürich<br />

Partner des<br />

Theater Neumarkt<br />

Koproduktions-Partner<br />

Diogenes Verlag,<br />

Das Magazin<br />

(Tamedia AG)<br />

Produkt-Sponsor<br />

La Semeuse<br />

Gastronomiepartner<br />

Kantorei,<br />

Zum Weissen Schwan,<br />

Florhof,<br />

Zum Grünen Glas<br />

Ab sofort ist das Theaterticket<br />

auch Tram-,<br />

Bus- und S-Bahnticket!<br />

Mehr Info unter:<br />

theaterneumarkt.ch<br />

Herausgegeben von<br />

Theater am Neumarkt AG,<br />

Neumarkt 5, 8001 Zürich<br />

Direktion<br />

Barbara Weber,<br />

Rafael Sanchez<br />

Konzept<br />

Studio Achermann /<br />

Beda Achermann,<br />

Markus Bucher,<br />

<strong>Armin</strong> <strong>Kerber</strong>,<br />

Rafael Sanchez,<br />

Barbara Weber<br />

Gestaltung / Layout<br />

Studio Achermann /<br />

Kerstin Landis<br />

Koordination<br />

Fotoshootings<br />

Studio Achermann /<br />

Tina Schalow<br />

Redaktion<br />

Theater Neumarkt<br />

Druck<br />

A. Schöb Buchdruck –<br />

Offsetdruck, Zürich<br />

Künstler<br />

Linus Bill,<br />

Beni Bischof,<br />

Stefan Burger,<br />

Horst Diekgerdes,<br />

Dieter Meier,<br />

Walter Pfeiffer,<br />

Davor Rengglic<br />

Billette Partner / sponsoren Impressum


Sehr geehrtes Publikum<br />

Die digitale Welt, die unseren Alltag mehr bestimmt,<br />

als wir es uns eingestehen wollen, hat Dimensionen<br />

angenommen, die noch vor einem Jahrzehnt nur wenige<br />

vorhergesehen haben.<br />

Arbeiten wir anders — selbst– oder fremdbestimmter?<br />

Leben wir anders — vereinzelter oder vernetzter?<br />

Lieben wir anders — allein oder zu zweit?<br />

Die Medien, die die neuen Erscheinungsformen dieser<br />

technologischen und sozialen Plattenverschiebung<br />

beschreiben könnten, sind selbst Teil dieser Transformation,<br />

in der der Einzelne selbst nur noch ein digitaler Code ist.<br />

Die Stellung des Individuums zur Gesellschaft ist<br />

seit 2500 Jahren das Zentrum des Theaterdiskurses.<br />

Es ist im Kern dieses Verhältnis, das in Zeiten<br />

der Digitalisierung auf dem Prüfstand steht. Immer geht<br />

es bei diesen Fragen darum, wer in die Verantwortung<br />

gesetzt wird. Der Einzelne, die Firma, der Staat?<br />

Wenn wir unsere dritte Spielzeit mit „Ich machs mir selber“<br />

überschreiben, wollen wir diesem Transformationsprozess<br />

künstlerisch, das heisst: frei und ohne Fesseln begegnen,<br />

aber natürlich wollen wir auch kühle Studien und<br />

Konzepte dagegen setzen. Zudem werden wir mit unseren<br />

Reihen und Gesprächen den Selbsttechniken der Digitalisierung<br />

und unserer Gegenwart auf den Grund gehen.<br />

Da keiner so schnell von unserem Theater eine Raubkopie<br />

ins Netz stellen wird und man uns so schnell nicht<br />

über den Kopierer ziehen kann, bleibt Ihnen nichts anderes<br />

übrig, als uns „in persona“ am Neumarkt zu besuchen.<br />

Ob allein, zu zweit, vernetzt, vereinzelt, melancholisch,<br />

in einer ewigen Warteschlaufe, in der Helpline<br />

hängend, ohni znacht, selbst- oder fremdbestimmt …<br />

Wir freuen uns auf Sie!

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