Das Wort des Rabbi - Jüdische Liberale Gemeinde – Or Chadasch
Das Wort des Rabbi - Jüdische Liberale Gemeinde – Or Chadasch
Das Wort des Rabbi - Jüdische Liberale Gemeinde – Or Chadasch
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
und Israel als Braut und Bräutigam, und der Maschiach ganz unliberal als Person besungen. Gott so zu<br />
vermenschlichen, dass es um eine Ehe mit dem Volk Israel geht, und den Maschiach als Person anstatt als<br />
messianische Zeitperiode darzustellen, widerspricht dem liberalen Gedankengut. Der Brauch, bei der<br />
letzten Strophe <strong>des</strong> L e cha Dodi aufzustehen und sich zur Tür zu richten, verweist an den mystischen<br />
<strong>Rabbi</strong>ner Jizchak Lurie 8 , auch der Ari, der Löwe genannt. Als er von 1570-1572 in Z e fat lehrte <strong>–</strong> der Ari<br />
starb 1572 während einer Epidemie - pflegte er das Freitagnachmittagsgebet mit seinen Schülern<br />
ausserhalb der Stadt zu beten. Nach dem Gebet lief die Gruppe Psalmen 9 und das neue L e cha Dodi<br />
singend nach Z e fat zurück. Während der letzten Strophe <strong>des</strong> L e cha Dodi betraten sie die Schul, wobei die<br />
Anwesenden den Schabbat als eine Braut mit Verneigungen begrüssten. <strong>Das</strong> Hereinholen <strong>des</strong> Schabbat<br />
am Stadtrand entnahm der Ari dem Refrain <strong>des</strong> L e cha Dodi: „Komm mein Freund, der Braut entgegen, lasst<br />
uns die Königin Schabbat empfangen“. <strong>Das</strong> Lied ‚schalom alechem‘ (Seite 90-91) ist ein anderes Beispiel<br />
kabbalistischer Einflüsse in der Schabbat Liturgie. (Vom Rationalismus abgelehnte) Schutzengel sollen uns<br />
von der Schul nach Hause begleiten und uns mit Frieden segnen. In ‚jedid nefesch‘ (Seite 66) kommt das<br />
kabbalistische Verlangen sich mit Gott zu verbinden und Seine Herrlichkeit zu sehen zum Ausdruck. Anders<br />
als zu dieser Zeit üblich , fangen die vier Strophen <strong>des</strong> jedid nefesch je mit einem der vier Buchstaben<br />
Gottes Namen an. Die Schabbat Gebetsdienste schliesslich fangen mit einer Kawana (sieh praktische<br />
Kabbala) an: „Hier bin ich, fertig und bereit um das Gebot meines Schöpfers zu erfüllen, wie es in der Tora<br />
geschrieben steht: Und ihr sollt den Schabbat hüten.“(Seite 65 und 102).<br />
Die ersten <strong>Liberale</strong>n Juden haben mit ihrem Rationalismus, der für sie im Kontext der damaligen Aufklärung<br />
stimmte, die Jiddischkeit geschmälert. War liberales Judentum während <strong>des</strong> 19. und grösstenteils <strong>des</strong> 20.<br />
Jahrhundert ein Produkt der Modernität, so bewegt es sich heute auf dem Weg der Post- Modernität, wo<br />
Platz ist für das Unerklärbare und das Spirituelle.<br />
Mögen unsere Sinne offen sein für die ganze jüdische Erbschaft, alt und neu, rationell und spirituell. Mögen<br />
wir den Mut haben zu ändern und zu behalten, zu experimentieren und rückgängig zu machen. Lasst uns<br />
mit Freude unser Judentum leben.<br />
<strong>Rabbi</strong>ner Reuven Bar Ephraim<br />
8 <strong>Rabbi</strong> Jizchak Luria auch bekannt als der Ari, der Löwe. Seine Studenten waren seine ‚Gurim‘, seine Löwenjungen.<br />
9 Psalmen, 95, 96, 97, 98, 99 und 29.