Befreiung 200, Juni 2012 - Arbeiter*innenstandpunkt
Befreiung 200, Juni 2012 - Arbeiter*innenstandpunkt
Befreiung 200, Juni 2012 - Arbeiter*innenstandpunkt
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Seite 10<br />
International<br />
<strong>Befreiung</strong> <strong>200</strong> | <strong>Juni</strong> <strong>2012</strong><br />
Forderungen für<br />
eine Opposition<br />
in der CUT<br />
In Brasilien ist die Schaffung<br />
einer kämpferischen<br />
Basisopposition in der CUT<br />
eine entscheidende Aufgabe.<br />
Dazu müssen alle linken<br />
Strömungen innerhalb (z.B.<br />
„O Trabalho“ und „Ezquerda<br />
Marxista“) und außerhalb<br />
(z.B. PSOL und PSTU)<br />
der CUT aufgefordert werden.<br />
Als gemeinsame Forderungen<br />
schlagen wir vor:<br />
dass die Maßnahmen zur Stärkung<br />
der Industrie eine Reaktion<br />
auf die internationale Wirtschaftskrise<br />
und den Protektionismus<br />
einiger entwickelter<br />
Länder seien. Sie argumentiert<br />
weiter, dass Brasilien damit<br />
zeigt, dass es keinen Widerspruch<br />
zwischen Kürzungen<br />
und Wirtschaftswachstum<br />
gebe. „Es ist möglich, Geld<br />
sparsam auszugeben“, sagte<br />
sie. Weiterhin betonte sie,<br />
dass „Die Regierung (...) die<br />
brasilianische Industrie nicht<br />
im Stich lassen“ wird.<br />
Zufällig wurde das Paket<br />
einen Tag vor der Ausstrahlung<br />
des Ergebnisses einer<br />
Umfrage verkündet, die im<br />
Auftrag des nationalen Arbeitergeberverbandes<br />
(CNI) von<br />
dem Umfrageinstitut IBOPE<br />
durchgeführt wurde und die<br />
Zustimmung und Popularität<br />
von Dilma bestätigt.<br />
Nach diesen Maßnahmen stieg<br />
die Popularität von Dilma in<br />
den Umfragen um 5% von<br />
72% im Dezember 2011 auf<br />
77% im März <strong>2012</strong>. Der Anteil<br />
der Menschen, die Dilma „vertrauen“,<br />
stieg lt. Umfragen in<br />
der selben Zeit von 68 auf 72%.<br />
Wir sollten nicht vergessen,<br />
dass dieselbe Regierung, die<br />
jetzt Milliarden in den Privatsektor<br />
investiert, zugleich<br />
Milliarden im öffentlichen<br />
Haushalt gekürzt hat. Diese<br />
Kürzungen betreffen massiv<br />
die öffentliche Versorgung,<br />
und Dilma rechtfertigte sie folgendermaßen:<br />
„Meine Regierung<br />
wird nicht aufhören, zu<br />
investieren. Wir kontrollieren<br />
die öffentlichen Ausgaben, um<br />
sicherzustellen, dass Brasilien<br />
quantitativ und qualitativ<br />
mehr wächst.“<br />
Diese Kürzungen sind auch<br />
damit verbunden, dass Verhandlungen<br />
mit den Gewerkschaften<br />
abgelehnt werden.<br />
Reallohnverluste und die Privatisierung<br />
der Renten der<br />
öffentlich Beschäftigten sind<br />
weitere Folgen.<br />
Die größten Gewerkschaftsdachverbände<br />
Brasiliens<br />
unterstützen alle die Regierung<br />
und die Kapitalisten in<br />
Verteidigung des Konjunkturpaketes.<br />
Der Präsident der „União<br />
Geral dos Trabalhadores“<br />
(UGT), Ricardo Patah, erklärte<br />
sich einverstanden mit allen<br />
Maßnahmen zur Stärkung der<br />
Produktion. Er hob aber hervor,<br />
dass er gegenüber den<br />
Vorschlägen „vorsichtig“sei.<br />
Für Patah sollte „der Vorschlag<br />
(…) für alle Sektoren<br />
gelten.“ Das bedeutet, dass für<br />
ihn der Angriff auf die Arbeiterklasse<br />
noch viel umfangreicher<br />
sein sollte!<br />
Auch Wagner Gomes, der Präsident<br />
der „Central dos Trabalhadores<br />
e Trabalhadoras<br />
do Brasil“ (CTB) sagte, dass<br />
das Paket der Regierung positiv<br />
sei.<br />
Der Präsident der „Central<br />
Única dos Trabalhadores“<br />
(CUT), dem größten und<br />
wichtigsten Gewerkschaftsdachverband,<br />
welcher der<br />
Regierungspartei PT nahesteht,<br />
sagte: „Mehrere Teile<br />
der angekündigten Maßnahmen<br />
sind extrem wichtig, da<br />
sie die nationale Industrie<br />
und damit die Arbeitsplätze<br />
schützen. Aber ich hoffe, dass<br />
die Regierung weitere Maßnahmen<br />
ankündigen wird, um<br />
auf die Finanzkrise zu reagieren<br />
und die Forderungen der<br />
Arbeiterklasse zu erfüllen,<br />
die die CUT und die anderen<br />
Dachverbände bereits zwei<br />
Mal an die Präsidentin und ihr<br />
- Nein zum Konjunkturpaket<br />
für die Kapitalisten!<br />
- Bruch mit den Kapitalisten-<br />
Verbänden und der Regierung:<br />
keine weiteren gemeinsamen<br />
Aktionen!<br />
- Organisierung einer bundesweiten<br />
Kampagne mit<br />
Massenmobilisierungen und<br />
politischen Streiks gegen die<br />
weiteren Angriffe auf das Rentensystem<br />
und um die Erfüllung<br />
der „Forderungen der<br />
Arbeiterklasse“<br />
- Entschädigungslose Enteignung<br />
aller Betriebe, die entlassen,<br />
und deren Fortführung<br />
unter Arbeiterkontrolle!<br />
Präsidentin Dilma Rousseff<br />
Kabinett übergeben haben.“<br />
Darüber hinaus sagte er: „Wir<br />
werden Monat für Monat mit<br />
der Lupe verfolgen, welche<br />
Auswirkungen die Kürzungen<br />
in der öffentlichen Rentenversorgung<br />
haben, der Bereich,<br />
der am meisten von den Kürzungen<br />
betroffen ist.“<br />
Diese Positionen der Führungen<br />
der Dachverbände sind<br />
ein offener Verrat an den<br />
Interessen ihrer Mitglieder.<br />
Die „Versöhnung“ zwischen<br />
Kapital und Arbeit bringt nur<br />
Nachteile für die Arbeiterklasse,<br />
die Profite des Kapitals<br />
werden durch Einsparungen<br />
und Verschlechterungen bei<br />
den Beschäftigten und den<br />
Massen gesichert. Auch die<br />
Führung der CUT agiert wie<br />
ein Anhängsel der Regierung<br />
Dilma.<br />
Doch jetzt werden Stimmen<br />
innerhalb der CUT immer lauter,<br />
die sich dagegen wehren,<br />
dass die Führung der CUT<br />
und ihrer Einzelgewerkschaften<br />
seit Beginn dieses Jahres<br />
immer wieder gemeinsame<br />
Veranstaltungen mit anderen<br />
Dachverbänden und sogar<br />
mit der FIESP (Industrieverband<br />
Sao Paulo) und der CNI<br />
(Nationaler Arbeitergeberverband)<br />
machen, was in der<br />
gemeinsamen „Manifestation<br />
vom 4. April“ in Sao Paulo gipfelte,<br />
einen Tag nach der Verkündigung<br />
des Pakets „Brazil<br />
Maior“ durch die Regierung.<br />
Insofern dürfen wir gespannt<br />
sein, was auf dem 11. Nationalen<br />
Kongress der CUT im Juli<br />
passiert. Es geht immerhin um<br />
die Unabhängigkeit der CUT<br />
von der Regierung und den<br />
Kapitalisten. Das Verhalten<br />
ihrer nationalen Führung stellt<br />
einen Angriff auf den eigenen<br />
Dachverband dar, der noch<br />
viel schädlicher ist als die divisionistischen<br />
Bewegungen,<br />
also Strömungen, die eigene<br />
Gewerkschaftsverbände gründen,<br />
anstatt innerhalb der<br />
CUT zu kämpfen, z.B. PSTU<br />
und PSOL.<br />
Die brasilianische Arbeiterklasse<br />
muss sich organisieren,<br />
um die CUT dazu zu bringen,<br />
konkrete Maßnahmen zur<br />
Mobilisierung zu organisieren,<br />
um von der Regierung<br />
Dilma die Erfüllung der „Forderungen<br />
der Arbeiterklasse“<br />
- ein offizielles Forderungs-<br />
Papier, das von der CUT im<br />
Wahlkampf an Dilma übergeben<br />
wurde - zu verlangen,<br />
zu denen diese sich im Wahlkampf<br />
verpflichtet hatte. Bisher<br />
ist dahingehend allerdings<br />
nichts erfolgt: im Gegenteil!<br />
Gegen den Kniefall der Führung<br />
der CUT vor Dilma und<br />
dem Kapital sollten die Gründungsprinzipien<br />
der CUT verteidigt<br />
werden: Unabhängigkeit<br />
und Klassenkampf! Wir<br />
sind die CUT!