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Die Anwendung elektronenoptischer Methoden ... - Martin-moeser.de

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<strong>Die</strong> <strong>Anwendung</strong> <strong>elektronenoptischer</strong> <strong>Metho<strong>de</strong>n</strong> bei <strong>de</strong>r Aufklärung<br />

von Korrosionsschä<strong>de</strong>n<br />

Volker Schmidt und <strong>Martin</strong> Möser<br />

Korrosion (Dres<strong>de</strong>n) 8 (1977) S. 300-309 und 9 (1978) S. 67-71<br />

1. EINLEITUNG<br />

<strong>Die</strong> schnelle und exakte Scha<strong>de</strong>nsaufklärung bzw. die umfassen<strong>de</strong> Diagnose <strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>nsursache ist eine<br />

wesentliche Voraussetzung zur Überwindung und Einschränkung <strong>de</strong>s konkreten Scha<strong>de</strong>nsfalls und <strong>de</strong>r Folgeschä<strong>de</strong>n<br />

sowie zur Vermeidung gleichartiger Schä<strong>de</strong>n an Produktionsanlagen und Bauteilen in <strong>de</strong>r Technik. Wirksamkeit und<br />

Zuverlässigkeit darauf aufbauen<strong>de</strong>r Maßnahmen zur Scha<strong>de</strong>nsverhütung sind bestimmt und begrenzt vom Umfang<br />

und <strong>de</strong>r Genauigkeit <strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>r Untersuchung erhaltenen Kenntnisse über die physikalisch-chemischen Scha<strong>de</strong>nsursachen.<br />

Neben makroskopisch wirksamen Bedingungen zur Herbeiführung <strong>de</strong>s Scha<strong>de</strong>ns spielen gewöhnlich mikroskopische<br />

und z. T. atomare Vorgänge im Werkstoff eine scha<strong>de</strong>nsinduzieren<strong>de</strong> Rolle, zu <strong>de</strong>ren direkter und ein<strong>de</strong>utiger<br />

Erfassung elektronenoptische Geräte bzw. <strong>Metho<strong>de</strong>n</strong> mit großem Vorteil, häufig in Verbindung mit konventionellen<br />

lichtmikroskopischen und indirekten <strong>Metho<strong>de</strong>n</strong>, angewen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n. Das normale Durchstrahlungselektronenmikroskop,<br />

mit <strong>de</strong>m Objekt<strong>de</strong>tails im Bereich einiger 0,1 nm abbildbar sind, hat bereits viele Erkenntnisse über Rolle<br />

und Wirksamkeit atomarer bzw. mikroskopischer Prozesse in Werkstoffen ermöglicht, kam aber wegen <strong>de</strong>s<br />

notwendigen präparativen Aufwands über eine <strong>Anwendung</strong> in Forschungseinrichtungen meist nicht hinaus.<br />

Seit Mitte <strong>de</strong>r 60er Jahre steht kommerziell das anwendungsfreundlichere Rasterelektronenmikroskop (REM) zur<br />

Verfügung, das för<strong>de</strong>rliche Objektvergrößerungen im Bereich bis 20 000-fach mit einer <strong>de</strong>m Lichtmikroskop weit<br />

überlegenen Tiefenschärfe und fast ohne präparativen Aufwand erlaubt. Mit einem Zusatzgerät zur energiedispersiven<br />

Mikroanalyse (EDAX) kann die chemische Zusammensetzung interessieren<strong>de</strong>r Objekt<strong>de</strong>tails mit einem<br />

Durchmesser bis zu etwa 0,5 µm bestimmt wer<strong>de</strong>n. Nachweisbar sind alle Elemente über Ordnungszahl 8, wobei <strong>de</strong>r<br />

Nachweis gleichzeitig erfolgt.<br />

Für die direkte und schnelle Untersuchung, u. a. von Schä<strong>de</strong>n durch Korrosion o<strong>de</strong>r durch Verformung und Bruch,<br />

ist <strong>de</strong>r Einsatz <strong>de</strong>s REM außeror<strong>de</strong>ntlich vorteilhaft. Abzubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r zu analysieren<strong>de</strong> Mikrostrukturen auf<br />

Bruch- o<strong>de</strong>r Korrosionsflächen sind hiermit meist erfassbar und können selbst im lichtmikroskopischen Vergrößerungsbereich<br />

wegen <strong>de</strong>r hohen Tiefenschärfe genauer und umfassen<strong>de</strong>r untersucht wer<strong>de</strong>n. Daher ist z. B. die<br />

rasterelektronenmikroskopische Fraktographie zu einer wichtigen und zuverlässigen Metho<strong>de</strong> für die Aufklärung von<br />

Scha<strong>de</strong>nsfällen durch Bruch und u. U. beteiligter Korrosion gewor<strong>de</strong>n.<br />

Für die Untersuchung <strong>de</strong>r Zusammensetzung von atomaren und teilatomaren Schichten auf Festkörperoberflächen ist<br />

in <strong>de</strong>n letzten Jahren die Augerspektroskopie entwickelt wor<strong>de</strong>n, und für die Analyse von Oberflächenschichten mit<br />

einer Dicke bis zu ca. 10 nm ist das ESCA-Verfahren (Electron Spectroscopy for Chemical Analysis) geeignet.<br />

Weiterhin sind gegenwärtig Raster-Auger-Mikroskope in Erprobung. Mit ihnen können atomare Grenzschichten in<br />

Mikrobereichen analysiert wer<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong>se „nichtkonventionellen“ elektronenoptischen Geräte wer<strong>de</strong>n für<br />

Forschungen und Analysen auf <strong>de</strong>n Gebieten Katalyse, Korrosion, Festigkeit (hier z. B. zur Untersuchung <strong>de</strong>r<br />

Korngrenzensegregation bzw. -versprödung) eine wichtige Rolle spielen.<br />

Außer in <strong>de</strong>r Fachliteratur sind in leicht zugänglichen Zeitschriften zwei Beiträge aus <strong>de</strong>m Institut über neue<br />

elektronenoptische <strong>Metho<strong>de</strong>n</strong> und ihre <strong>Anwendung</strong> erschienen [1, 2], so dass auf Detaildarstellung hier verzichtet<br />

wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Im vorliegen<strong>de</strong>n Beitrag wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n im Institut durchgeführten Scha<strong>de</strong>nsuntersuchungen drei Beispiele für<br />

Schä<strong>de</strong>n durch Korrosion gebracht. <strong>Die</strong> <strong>Anwendung</strong> <strong>de</strong>s Rasterelektronenmikroskops und z. T. <strong>de</strong>s EDAX-<br />

Zusatzgerätes hat relativ schnell und ein<strong>de</strong>utig zur Aufklärung <strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>nsursachen geführt.


2. Scha<strong>de</strong>nsfalluntersuchung mit REM und EDAX<br />

2.1 Ermüdungsbruch o<strong>de</strong>r Spannungsrisskorrosion?<br />

Bei einem Wasserrohr aus austenitischem Chrom-Nickel-Stahl (CrNiTi 18-10) hatte sich ein Leck<br />

gebil<strong>de</strong>t. <strong>Die</strong> Bruchfläche trägt stellenweise ausgeprägte Rastlinien (Abb. 1), so dass zunächst Ermüdungsbruch<br />

vermutet wur<strong>de</strong>. Ausgegangen war <strong>de</strong>r Riss von <strong>de</strong>r Rohrinnenwand, auf <strong>de</strong>r sich, wie Abb. 2<br />

zeigt, zahlreiche Schleifriefen befin<strong>de</strong>n.<br />

Auf Abb. 1 und 2 ist zu erkennen, dass sich <strong>de</strong>r Riss absatzweise von diesen Schleifriefen her ausgebreitet<br />

hat, das heißt, in <strong>de</strong>n Riefen sind Einzelanrisse entstan<strong>de</strong>n, die sich beim weiterem Rissfortschritt nacheinan<strong>de</strong>r<br />

durch Abscheren <strong>de</strong>r Zwischenstege vereinigt haben.<br />

Auf <strong>de</strong>n Einzelanrissen selbst sind teilweise noch schwach Rastlinien erkennbar (Abb. 1 unten). Weiterhin<br />

ist aus Abb. 1 zu ersehen, dass die ausgeprägteren Rastlinien nicht vom Probenrand her einlaufen, son<strong>de</strong>rn<br />

vom En<strong>de</strong> eines Bruchflächenabsatzes ausgehen. <strong>Die</strong>se Rastlinien dokumentieren damit eigentlich nur die<br />

Lage <strong>de</strong>r Hauptrissfront bei <strong>de</strong>r Vereinigung mit jeweils einem auf unterschiedlichem Niveau liegen<strong>de</strong>n<br />

Nebenriss, das Gebiet <strong>de</strong>s Niveauangleichs also. Es ist <strong>de</strong>mnach anzunehmen, dass für ihre Entstehung<br />

nicht unmittelbar, wie für „Ermüdungsbruch-Rastlinien“ üblich, Betriebsstillstän<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r Belastungsverän<strong>de</strong>rungen<br />

ausschlaggebend waren.<br />

<strong>Die</strong> Anrisse beginnen in je<strong>de</strong>m Fall an einer Schleifriefe. <strong>Die</strong> Breite eines Anrisses wird durch die Länge<br />

<strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong>n Schleifriefe bestimmt. Sobald die Riefe verflacht, wird auch die Eindringtiefe <strong>de</strong>s<br />

Risses geringer. Wie die Riefen überlappen sich zwangsläufig auch die zugehörigen Anrisse (Abb. 2<br />

und 3). <strong>Die</strong> Existenz <strong>de</strong>r Schleifriefen erklärt sich aus <strong>de</strong>m Vorhan<strong>de</strong>nsein einer Schweißnaht, <strong>de</strong>ren<br />

Wurzel verschliffen wur<strong>de</strong>.<br />

Sofern die Rissausbreitung in <strong>de</strong>r Naht selbst erfolgte, wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>ren Stängelstruktur <strong>de</strong>utlich heraus<br />

gearbeitet (Abb. 1 und 4). Das dürfte für einen Ermüdungsbruch wenig typisch sein. Gleiches gilt auch für<br />

die strenge Bindung <strong>de</strong>r Anrisse an die Schleifriefen und die beson<strong>de</strong>re Anordnung <strong>de</strong>r Rastlinien.<br />

Bei <strong>de</strong>r Bruchflächenuntersuchung im REM zeigten sich für <strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>s Grundwerkstoffes<br />

transkristalline, in Rissausbreitungsrichtung verlaufen<strong>de</strong> Fächerstrukturen (Abb. 5-8). <strong>Die</strong> Fächer tragen<br />

teilweise schwach ausgeprägte Grabenstrukturen, zu<strong>de</strong>m fin<strong>de</strong>n sich Sekundärrisse (Abb. 7 und 8).<br />

2


Abb. 1<br />

Aufgebrochener, von <strong>de</strong>r Rohrinnenwand (rechts) her<br />

eingelaufener Anriss mit Rastlinien,<br />

Einzelanriss (Pfeile) mit schwacher Rastlinienbildung<br />

S – Nahtgebiet (Stängelkorn)<br />

G – Gewaltbruchgebiet<br />

Abb. 2<br />

Rohrinnenwand mit Schleifriefen,<br />

links Bruchkante, Einzelanrisse liegen in <strong>de</strong>n Schleifriefen<br />

und überlappen sich (Seitenansicht zu Abb. 1)<br />

Abb. 3<br />

Schleifriefe mit Anriss; die Anrissbreite ist durch die<br />

Riefenlänge gegeben<br />

Abb. 4<br />

Ausschnitt aus Leckgebiet, Stängelstruktur im Bereich <strong>de</strong>r<br />

Schweißnaht.<br />

3


Abb. 5<br />

Fächerstrukturen im Bereich <strong>de</strong>s Grundwerkstoffes sind<br />

in Rissausbreitungsrichtung orientiert (von rechts nach<br />

links)<br />

Abb. 6<br />

Ausschnitt aus Abb. 5, An<strong>de</strong>utung von Gräben<br />

Abb. 7<br />

Fächer mit Sekundärrissen, Rissausbreitung von links<br />

nach rechts<br />

Abb. 8.<br />

Ausschnitt aus Abb. 7, schwach ausgeprägte Gräben als<br />

Fächerbahnen<br />

Im Risseinlaufgebiet ist die Bruchfläche wegen leichter Verätzung weniger gut erhalten. Es ist aber noch<br />

erkennbar, dass die Fächerbahnen in Abb. 9 wahrscheinlich von einer Korngrenzfläche ausgehen, und<br />

dass sie in Abb. 10 in gleicher Anordnung mehrere Körner durchlaufen, wobei an je<strong>de</strong>r Korngrenze eine<br />

leichte Orientierungsän<strong>de</strong>rung erfolgt.<br />

4


Abb. 9<br />

Leicht verätzte Fächerstruktur im Risseinlauf,<br />

Korngrenzfläche als Fächerzentrum<br />

Abb. 10<br />

Fächerbahnen laufen in gleicher Anordnung über mehrere<br />

Körner, Orientierungsän<strong>de</strong>rung jeweils an <strong>de</strong>n Korngrenzen<br />

Als wesentlich besser entwickelt erwies sich die Grabenstruktur im Schweißnahtbereich (Abb. 11-14). <strong>Die</strong><br />

Gräben besitzen eine Querstrukturierung, und es wer<strong>de</strong>n Ätzporen sichtbar, <strong>de</strong>ren Durchmesser teilweise<br />

<strong>de</strong>r Grabenbreite entspricht.<br />

Fächer- und Grabenstrukturen kennzeichnen nach Scully [3, 4] das Bild <strong>de</strong>r Spannungsrisskorrosion.<br />

Scully hatte bei Anwesenheit von SO 2 - und Cl-Ionen (5n H 2 SO 4 + 0,5 n NaCl) transkristalline Grabenstrukturen<br />

gefun<strong>de</strong>n und schloss daraus, dass die Risseinleitung und Rissausbreitung bei Spannungsrisskorrosion<br />

über einen Tunnelmechanismus verläuft: Wo Gleitstufen die Oberfläche durchsetzen, bil<strong>de</strong>n<br />

sich Reihen von Ätzgrübchen aus. <strong>Die</strong>se wachsen als Serien paralleler Tunnel, z. B. entlang <strong>de</strong>r<br />

{111}-Ebene, in <strong>de</strong>n Werkstoff hinein. Bei niedrigen Zugspannungen können die Tunnel seitlich stark<br />

aufeinan<strong>de</strong>r zuwachsen, bevor die Zwischenwän<strong>de</strong> abgeschert wer<strong>de</strong>n (Abb. 15, Fall A). Bei höheren<br />

Zugspannungen erfolgt das Abscheren entsprechend eher, und die zurückbleiben<strong>de</strong>n Gräben sind<br />

gegenüber <strong>de</strong>n Zwischenstegen schmaler ausgebil<strong>de</strong>t. Eventuell wer<strong>de</strong>n dabei noch Gleitprozesse<br />

aktiviert, und es erfolgt ein bevorzugter Angriff entlang <strong>de</strong>r Gleitebenen (Fall B).<br />

Fächer- statt Grabenstrukturen fand Scully bei alleiniger Anwesenheit von CI – -Ionen (kochen<strong>de</strong> MgCl 2 -<br />

Lösung) und kommt zu folgen<strong>de</strong>r Deutung. Entwe<strong>de</strong>r sind in diesem Fall die Grabenstrukturen zu fein,<br />

um im REM aufgelöst wer<strong>de</strong>n zu können, o<strong>de</strong>r sie sind durch die nachfolgen<strong>de</strong> Korrosion zerstört wor<strong>de</strong>n.<br />

<strong>Die</strong> Fächerstrukturen entstehen über einen Prozess <strong>de</strong>r Bildung zahlreicher Anrisse auf parallelen Ebenen<br />

und ihrer späteren Vereinigung, <strong>de</strong>r oft auf einer Korngrenzfläche einsetzt (siehe Abb. 9). Es besteht eine<br />

5


starke Ähnlichkeit zum Bruchbild <strong>de</strong>s transkristallinen Sprödbruchs, <strong>de</strong>r aber für einen austenitischen<br />

Stahl schwer <strong>de</strong>nkbar ist. Zumin<strong>de</strong>st kommt er nicht im Korngrößenbereich und darüber vor [4].<br />

Während also im untersuchten Scha<strong>de</strong>nsfall, wie dargelegt, im Grundmaterial auf <strong>de</strong>r Bruchfläche <strong>de</strong>r<br />

Fächertyp zu fin<strong>de</strong>n ist, <strong>de</strong>r schon Hinweise auf die Wirksamkeit <strong>de</strong>s Tunnelmechanismus enthält, besitzt<br />

bei gleichem Medium <strong>de</strong>r Schweißnahtbereich eine stark ausgeprägte Grabenstruktur. In <strong>de</strong>n langen<br />

Stängelkristallen konnte sich <strong>de</strong>r Tunnelmechanismus offensichtlich relativ ungestört entfalten, woraus<br />

abgeleitet wer<strong>de</strong>n kann, dass diesbezüglich nicht nur eine Medien- son<strong>de</strong>rn auch eine Gefügeabhängigkeit<br />

existiert.<br />

Abb. 11<br />

Grabenstruktur mit Ätzporen im Schweißnahtbereich<br />

(Stängelkornzone), Rissausbreitung von links nach rechts<br />

Abb. 12:<br />

Ausschnitt aus Abb. 11, Grabenstrukturen mit<br />

Querstrukturierung<br />

Bei <strong>de</strong>n Ätzporen könnte es sich um abgezweigte Tunnel han<strong>de</strong>ln. Interessant ist, dass die Gräben in<br />

Abb. 13 jeweils an einer Ätzpore entspringen. <strong>Die</strong> erwähnte Querstrukturierung <strong>de</strong>r Gräben ist sicherlich<br />

auf <strong>de</strong>n von Scully für Fall B (Abb. 15) genannten selektiven Angriff entlang <strong>de</strong>r Gleitebenen zurück<br />

zuführen.<br />

6


Abb. 13<br />

Stängelkornzone, Gräben beginnen an Ätzporen<br />

Abb. 14<br />

Ausschnitt aus Abb. 13, Ätzporen mit Korrosionsprodukten<br />

gefüllt<br />

Abb. 15<br />

Schema <strong>de</strong>r Rissausbreitung<br />

durch Tunnelbildung bei<br />

Spannungsrisskorrosion (nach<br />

Scully)<br />

A – niedrige Spannung<br />

B – hohe Spannung<br />

Spannungsrisskorrosion erkennt man normalerweise im Schliffbild an <strong>de</strong>r starken Rissverzweigung, die<br />

im vorliegen<strong>de</strong>n Fall fast völlig gefehlt hat (Abb. 16). Ohne eingehen<strong>de</strong>re Bruchflächenuntersuchung wäre<br />

es <strong>de</strong>shalb wahrscheinlich bei <strong>de</strong>r Anfangsdiagnose „Ermüdungsbruch“ geblieben, die bei <strong>de</strong>n vorhan<strong>de</strong>nen<br />

Betriebsbedingungen durchaus nahe lag.<br />

7


Abb. 16<br />

Schliffbild, Rissverlauf zeigt nur<br />

geringe Verästelung<br />

<strong>Die</strong> Ursachen für die festgestellte Spannungsrisskorrosion sind gegeben durch:<br />

1. die Existenz von Cl-Ionen im Wasser<br />

2. starke lokale plastische Verformung (Konzentration von Gitter<strong>de</strong>fekten) im Bereich <strong>de</strong>r<br />

Schleifriefen bzw. <strong>de</strong>r entstehen<strong>de</strong>n Rissspitze als Ursache <strong>de</strong>r selektiv anätzbaren Gebiete<br />

(Scully)<br />

3. in <strong>de</strong>r Schweißnaht vorhan<strong>de</strong>ne Zugeigenspannungen<br />

4. gleichzeitig vorhan<strong>de</strong>ne äußere Zugspannungen, wobei sich am Riefengrund und dann am Riss<br />

Spannungsspitzen einstellen (Kerbwirkung)<br />

5. verschärfte elektrochemische Bedingungen in <strong>de</strong>r als Spalt wirken<strong>de</strong>n Riefe [5].<br />

Dass geschliffene Flächen bzw. Schleifriefen im Allgemeinen und Schleifriefen an Schweißnähten im<br />

Beson<strong>de</strong>ren gegenüber Spannungsrisskorrosion empfindlich sind, ist bekannt [5, 6, 7].<br />

<strong>Die</strong> Tiefe <strong>de</strong>r beim Schleifen verformten Zone beträgt bis zu 100 µm. Zur Verhin<strong>de</strong>rung von Spannungsrisskorrosion<br />

kann je nach Aggressivität das Abbeizen einer 3 µm starken kritischen Schicht ausreichend<br />

[6] o<strong>de</strong>r einer 100 µm starken Schicht noch nicht ausreichend sein [7]. Von Herbsleb [7] wird <strong>de</strong>shalb das<br />

Aufbringen von Druckeigenspannungen durch nachträgliches Sandstrahlen empfohlen.<br />

2.2 Hochtemperaturkorrosion<br />

Wegen starker Abzehrungen kam es zum Aufreißen von Schottenüberhitzerrohren (13CrMo4-4) in einem<br />

ölgefeuerten Kessel. <strong>Die</strong> Rohre trugen Belag, <strong>de</strong>r sich in <strong>de</strong>n wenig angegriffenen Gebieten als sehr dicht<br />

und kompakt erwies und für <strong>de</strong>n die Untersuchung mit EDAX vor allem Schwefel neben etwas Kalzium<br />

ergab (Abb. 17).<br />

8


Abb. 17<br />

Flächenanalyse im Gebiet<br />

dichten Belags und geringer<br />

Rohrwandschwächung<br />

Von <strong>de</strong>r Abzehrung betroffen waren vor allem die von <strong>de</strong>r Flamme beaufschlagten Rohrgebiete, und hier<br />

war <strong>de</strong>r Belag wesentlich dünner ausgebil<strong>de</strong>t. Teilweise fehlte die weiterhin schwefelhaltige Deckschicht,<br />

und es zeigte sich, dass darunter noch eine Schicht, bestehend aus länglichen Kristalliten, existierte<br />

(Abb. 18-20), für die fast ausschließlich Vanadin zur Anzeige kam (Abb. 21).<br />

Abb. 18<br />

Dünner, nadliger Belag im Gebiet starker Abzehrung,<br />

überstrahltes Randgebiet ist stark schwefelhaltig<br />

Abb. 19<br />

Ausschnitt aus Abb. 18, Belag besteht aus Kristalliten<br />

9


Abb. 20<br />

Längliche Belagskristallite<br />

Der Nachweis <strong>de</strong>s aus <strong>de</strong>m Erdöl stammen<strong>de</strong>n Vanadins im Belag, das hier als V 2 O 5 vorliegen dürfte (<strong>de</strong>r<br />

Sauerstoffnachweis ist mit EDAX nicht ohne weiteres möglich 1 )), lässt im vorliegen<strong>de</strong>n Fall eine<br />

Vanadin-Hochtemperaturkorrosion, auch als „katastrophale Korrosion“ bekannt, als sehr wahrscheinlich<br />

erscheinen.<br />

Abb. 21<br />

Punktanalyse eines Kristalliten:<br />

Vanadin<br />

1 ) Nachweisbereich von EDX im<br />

Normalbetrieb heutzutage bis<br />

hinunter zum Kohlenstoff<br />

(Ordnungszahl 6) geöffnet<br />

10


V 2 O 5 -haltige Ablagerungen wer<strong>de</strong>n ab etwa 600 o C aggressiv. Der Zerstörungsprozess läuft in zwei<br />

Teilabschnitten ab:<br />

– Zerstörung <strong>de</strong>r oxidischen Schutzschicht <strong>de</strong>s Werkstoffs, in<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Belag mit <strong>de</strong>n Deckschichtoxi<strong>de</strong>n<br />

reagiert, wobei niedrigschmelzen<strong>de</strong> Eutektika gebil<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n. Es ist also nicht<br />

die Schmelztemperatur <strong>de</strong>s Belages entschei<strong>de</strong>nd (V 2 O 5 – 658 o C), son<strong>de</strong>rn die tiefste eutektische<br />

Schmelztemperatur zwischen Belag und Deckschichtoxi<strong>de</strong>n, die wesentlich niedriger liegen<br />

kann [8].<br />

– <strong>Die</strong> schmelzflüssigen Phasen nehmen begierig Sauerstoff auf und geben ihn beim Erstarren an <strong>de</strong>n<br />

nunmehr ungeschützten Werkstoff ab [9].<br />

Das Problem <strong>de</strong>r V 2 O 5 -Korrosion konnte bisher we<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Werkstoffseite her, noch durch Zusatz von<br />

Additiven befriedigend gelöst wer<strong>de</strong>n. Allenfalls kann diese Korrosion durch eine Begrenzung <strong>de</strong>r<br />

Betriebstemperaturen o<strong>de</strong>r Einsatz „sauberer“ Brennstoffe verhin<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n [8].<br />

Eine ähnliche Problematik hat sich an <strong>de</strong>n Auslassventilen von <strong>Die</strong>selmotoren beim Übergang auf<br />

Schwerölbetrieb ergeben.<br />

2.3. Mechanischer o<strong>de</strong>r elektrochemischer Abtrag?<br />

<strong>Die</strong> in Abb. 22 sichtbare, stark abgezehrte Schweißnaht aus Inconel verbin<strong>de</strong>t zwei Bleche, wobei das<br />

linke aus unlegiertem Stahl und das rechte aus Cr18Ni10-Stahl besteht. <strong>Die</strong>se Probe stammt aus einem<br />

Wärmetauscher, in <strong>de</strong>m eine beträchtliche Strömungsgeschwindigkeit <strong>de</strong>s flüssigen Mediums herrschte.<br />

Es galt zu klären, ob es sich um eine rein elektrochemische Korrosion o<strong>de</strong>r um einen mechanisch<br />

bedingten Abtrag (Erosion) han<strong>de</strong>lt, o<strong>de</strong>r ob, bei gleichzeitigem Einfluß von Strömung und elektrochemischen<br />

Lösungsvorgängen, hier eine Erosionskorrosion vorliegt.<br />

Bei <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n letztgenannten Möglichkeiten müsste sich im REM die Wirksamkeit <strong>de</strong>r Strömung durch<br />

rinnenförmige Auswaschungen zeigen [10]. Tatsächlich fand sich aber ein stark gefügeorientiertier<br />

Angriff, nämlich eine ausgeprägte Tiefätzung <strong>de</strong>s Gussgefüges (Abb. 23-25), ohne irgen<strong>de</strong>ine<br />

Beeinflussung durch die Strömung erkennen zu lassen.<br />

11


Abb. 22<br />

Abgezehrte Schweißnaht aus Inconel<br />

Abb. 23<br />

Gussgefüge angeätzt, Körner als in sich geordnete Bereiche<br />

Abb. 24<br />

Tiefgeätztes Gussgefüge<br />

Abb. 25<br />

Tiefätzung, Doppelwän<strong>de</strong> grenzen die Dendritenäste<br />

voneinan<strong>de</strong>r ab<br />

Es hatte hier <strong>de</strong>mnach ein rein elektrochemischer Abtrag stattgefun<strong>de</strong>n, als <strong>de</strong>ssen Ursache sich<br />

schließlich eine zu geringe lnhibitorkonzentration erwies.<br />

12


Literatur<br />

1. Hey<strong>de</strong>nreich, J.; Johansen, H.: Rasterelektronenmikroskopie. – Wissenschaft und Fortschritt,<br />

Berlin 22 (1972) S. 215-220.<br />

2. Hey<strong>de</strong>nreich, J.: Möglichkeiten und Grenzen <strong>de</strong>r Elektronenmikroskopie. – Bild und Ton, Berlin<br />

29 (1976) S. 197-208.<br />

3. Scully, J. C.: Fractographic aspects of stress corrosion cracking. – Brüssel: NATO Scientific<br />

Affairs Div. 1971. S. 128.<br />

4. Scully, J. C.: Failure analysis of stress corrosion cracking with the scanning electron microscope.<br />

– Proc. of the 7th Annual Scanning Electron Microscope Symposium, Chicago 1974, S. 867-874.<br />

5. Hirth, F. W.; Naumann, R.; Speckhardt, H.: Zur Spannungsrisskorrosion austenitischer Chrom-<br />

Nickel-Stähle. – Werkstoffe und Korrosion, Weinheim/Bergstraße 24 (1973) S. 349-356.<br />

6. Risch, K.: Einfluss <strong>de</strong>r OberflächenbehandIung nichtrosten<strong>de</strong>r Stähle auf <strong>de</strong>ren chemische<br />

Beständigkeit insbeson<strong>de</strong>re gegen Spannungsrisskorrosion. – Werkstoffe und Korrosion,<br />

Weinheim/Bergstraße 24 (1973) S. 106-112.<br />

7. Herbsleb, G.: Einfluss <strong>de</strong>r Oberflächenbeschaffenheit auf die Beständigkeit nichtrosten<strong>de</strong>r,<br />

austenitischer Chrom-Nickel-Stähle gegen transkristalline Spannungsrisskorrosion. – Werkstoffe<br />

und Korrosion, Weinheim/Bergstraße 24 (1973) S. 867-872.<br />

8. Rahmel, A.: Korrosionsprobleme bei <strong>de</strong>r Verbrennung von Gas, Kohle und Öl. – Düsseldorf:<br />

VDI-Verlag 1975. S. 145-154 (VDI-Berichte Nr. 235).<br />

9. Werkstoffeinsatz und Korrosionsschutz in <strong>de</strong>r chemischen Industrie. – Leipzig 1973. S. 184.<br />

10. Engel, L.; Klingele, H.: Rasterelektronenmikroskopische Untersuchung von Metallschä<strong>de</strong>n. –<br />

Köln 1974.<br />

<strong>Die</strong> Verfasser kamen später zu <strong>de</strong>r Einsicht, dass die Spannungsrisskorrosion primär nicht auf<br />

Auflösungsprozesse zurück zuführen ist, son<strong>de</strong>rn eine Versprödung darstellt, die durch Wasserstoff<br />

bedingt ist, siehe Artikel „Rissbildung durch innere und äußere Medien“ in dieser Homepage.<br />

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