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Die Sinus-Milieus in der VA - Deutsche Gesellschaft für Beratung

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<strong>Die</strong> <strong>S<strong>in</strong>us</strong>-<strong>Milieus</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>VA</strong><br />

Seit dem Jahr 2000 s<strong>in</strong>d die <strong>S<strong>in</strong>us</strong>-<strong>Milieus</strong> Teil des<br />

<strong>VA</strong>-Systems qualitativer Zielgruppenmerkmale.<br />

Damit wurde dem Interesse führen<strong>der</strong> Markenartikel-Hersteller<br />

und <strong>Die</strong>nstleistungsunternehmen<br />

entsprochen, die sich <strong>der</strong> <strong>S<strong>in</strong>us</strong>-<strong>Milieus</strong> bei ihrer<br />

strategischen Produkt-, Market<strong>in</strong>g- und Kommunikationsplanung<br />

bedienen. <strong>Die</strong> mit den <strong>S<strong>in</strong>us</strong>-<br />

<strong>Milieus</strong> mögliche qualitative Zielgruppenbeschreibung<br />

verbessert nachweislich die Treffgenauigkeit<br />

und damit die Planungssicherheit im Vergleich zu<br />

konventionellen Vorgehensweisen.<br />

Aufgrund e<strong>in</strong>er Vere<strong>in</strong>barung zwischen <strong>S<strong>in</strong>us</strong><br />

Sociovision und den Trägerverlagen <strong>der</strong> VerbraucherAnalyse<br />

s<strong>in</strong>d die <strong>S<strong>in</strong>us</strong>-<strong>Milieus</strong> auch <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> aktuellen <strong>VA</strong> Klassik 2006 wie<strong>der</strong> verfügbar,<br />

d. h. sämliche Markt-Media-Daten lassen sich<br />

milieuspezifisch auswerten.<br />

Über die beiden Trägerverlage h<strong>in</strong>aus können<br />

auch weitere Unternehmen aus den Reihen <strong>der</strong><br />

Mitgliedsverlage Nutzungrechte an den <strong>Milieus</strong> im<br />

Rahmen <strong>der</strong> <strong>VA</strong> erwerben. Um e<strong>in</strong>e methodisch<br />

sachgerechte Anwendung zu gewährleisten, wurde<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Lizenzvere<strong>in</strong>barung festgelegt, dass<br />

Milieu-Auswertungen den entsprechend geschulten<br />

Zählservices <strong>der</strong> Lizenzverlage sowie den<br />

<strong>S<strong>in</strong>us</strong>-zertifizierten Mediaagenturen vorbehalten<br />

bleiben.<br />

Weitere Informationen erhalten Sie auch unter<br />

www.s<strong>in</strong>us-sociovision.de.<br />

Das Institut <strong>S<strong>in</strong>us</strong>-Sociovision beschreibt se<strong>in</strong><br />

Modell folgen<strong>der</strong>maßen: Der soziokulturelle Wandel<br />

stellt das Market<strong>in</strong>g ständig vor neue Herausfor<strong>der</strong>ungen.<br />

Sowohl die Fragmentierung <strong>der</strong><br />

Märkte als auch die im Bereich <strong>der</strong> Informationsund<br />

Kommunikations-technologie zu beobachtenden<br />

Integrations- und Substitutionsprozesse<br />

führen zu Streu- und Effizienzverlusten <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Market<strong>in</strong>g-Kommunikation. Erfolgreiche Produktplanung<br />

und Kommunikation setzen deshalb<br />

heute e<strong>in</strong>e umfassende und zugleich differenzierte<br />

Zuwendung zum Verbraucher voraus und macht<br />

es nötig, Zielgruppen über die herkömmlichen<br />

soziodemografischen Merkmale h<strong>in</strong>aus präziser<br />

zu klassifizieren. Mit den <strong>S<strong>in</strong>us</strong>-<strong>Milieus</strong> steht da<strong>für</strong><br />

e<strong>in</strong> leistungsfähiges, praxisnahes und bewährtes<br />

Planungs<strong>in</strong>strument zur Verfügung, das den Wertorientierungen<br />

und Lebensstilen <strong>der</strong> Verbraucher<br />

gerecht wird.<br />

E<strong>in</strong>e Segmentation nach soziodemografischen<br />

Merkmalen o<strong>der</strong> sozialen Schichten reicht oft<br />

nicht mehr aus, um die Kunden kennenzulernen.<br />

Soziodemografische Zwill<strong>in</strong>ge können sich,<br />

manchmal überraschend und mit unangenehmen<br />

Folgen, als unterschiedliche Zielgruppen herausstellen.<br />

Formale Geme<strong>in</strong>samkeiten, e<strong>in</strong>e vergleichbare<br />

soziale Lage, vielleicht sogar e<strong>in</strong>e ähnliche<br />

E<strong>in</strong>stellung zum Produktbereich, können mit ganz<br />

unterschiedlichen Lebensstilen und Wertorientierungen<br />

verbunden se<strong>in</strong>.<br />

Frau A und Frau B waren beide 36 Jahre alt, als<br />

ihre Wohnungen fotografiert wurden. Beide haben<br />

Fachhochschulabschluss. Beide s<strong>in</strong>d verheiratet<br />

und haben zwei K<strong>in</strong><strong>der</strong>. Beide s<strong>in</strong>d halbtags<br />

berufstätig im Bereich Market<strong>in</strong>g-Services. E<strong>in</strong>e<br />

Zielgruppe? Ne<strong>in</strong>: zwei Lebens- und Geschmackswelten,<br />

zwei verschiedene <strong>Milieus</strong>.<br />

1


Soziodemografische Zwill<strong>in</strong>ge<br />

„Hausaltar“ von Frau A<br />

„Hausaltar“ von Frau B<br />

Zielgruppen die es wirklich gibt<br />

<strong>Die</strong> <strong>S<strong>in</strong>us</strong>-<strong>Milieus</strong> beschreiben differenziert die<br />

Lebenswelt e<strong>in</strong>es Menschen, denn die Unterschiedlichkeit<br />

von Lebenstilen ist, wie erwähnt,<br />

bedeutsamer <strong>für</strong> Konsum- und Markenpräferenzen<br />

als sozioökonomische Lebensbed<strong>in</strong>gungen.<br />

Soziale Zugehörigkeit wird heute weniger von<br />

schichtspezifi schen Kriterien geprägt als von<br />

Lebenstil-Geme<strong>in</strong>samkeiten. Das Modell <strong>der</strong><br />

<strong>S<strong>in</strong>us</strong>-<strong>Milieus</strong> basiert auf den Wertorientierungen,<br />

Lebenstilen und ästhetischen Präferenzen, berücksichtigt<br />

aber auch die soziale Lage.<br />

<strong>Die</strong> <strong>S<strong>in</strong>us</strong>-<strong>Milieus</strong> haben sich als wissenschaftlich<br />

fundiertes Modell etabliert, das kont<strong>in</strong>uierlich<br />

durch Begleitforschung und Beobachtung soziokultureller<br />

Trends aktuell gehalten wird. Auf se<strong>in</strong>er<br />

Basis arbeiten führende Markenartikelhersteller<br />

und <strong>Die</strong>nstleister ebenso wie Werbe- und Mediaagenturen,<br />

und zwar national wie <strong>in</strong>ternational.<br />

Anwendung <strong>der</strong> <strong>S<strong>in</strong>us</strong>-<strong>Milieus</strong><br />

<strong>S<strong>in</strong>us</strong>-<strong>Milieus</strong> haben <strong>in</strong>zwischen breite Verkehrsgeltung<br />

erlangt und haben sich als Basis-Zielgruppen<br />

<strong>in</strong> den unterschiedlichsten Märkten bewährt.<br />

Bemerkenswert ist die Vielfalt ihrer Anwendung:<br />

Sie dienen <strong>der</strong> differenzierten Beschreibung von<br />

Kunden- und Käufergruppen, <strong>der</strong> gezielten Positionierung<br />

von Produkten und <strong>Die</strong>nstleistungen, <strong>der</strong><br />

Def<strong>in</strong>ition von Marktsegmenten <strong>für</strong> neue Produkte<br />

und Relaunches, <strong>der</strong> Aufspürung von Marktnischen,<br />

<strong>der</strong> effizienten Ansprache von Käuferpotentialen<br />

und nicht zuletzt <strong>der</strong> Früherkennung<br />

und Lokalisierung von neuen Motivationen und<br />

Verfassungen.<br />

Das Positionierungsmodell<br />

Seit vielen Jahren ist die Landkarte <strong>der</strong> <strong>S<strong>in</strong>us</strong>-<br />

<strong>Milieus</strong> als „Kartoffelgrafik“ bekannt. Wie man<br />

sieht, ergeben zehn „Kartoffeln“, e<strong>in</strong>e <strong>für</strong> jedes<br />

Milieu, e<strong>in</strong> modellhafts Abbild <strong>der</strong> sozialen<br />

Schichtung und <strong>der</strong> Wertestruktur unserer deutschen<br />

<strong>Gesellschaft</strong>. In dieser „strategischen<br />

Landkarte“ können Produkte, Marken und Medien<br />

positioniert werden.<br />

Was man auch sieht: <strong>Die</strong> Grenzen zwischen den<br />

<strong>Milieus</strong> s<strong>in</strong>d fließend; Lebenswelten s<strong>in</strong>d nicht so<br />

(sche<strong>in</strong>bar) exakt e<strong>in</strong>grenzbar wie soziale Schichten.<br />

<strong>S<strong>in</strong>us</strong> Sociovision nennt das die „Unschärferelation<br />

<strong>der</strong> Alltagswirklichkeit“. Wäre das nicht<br />

<strong>der</strong> Fall, könnte man schwerlich von e<strong>in</strong>em lebensechten<br />

Modell sprechen. Berührungspunkte und<br />

Übergänge zwischen den <strong>Milieus</strong> s<strong>in</strong>d deshalb e<strong>in</strong><br />

grundlegen<strong>der</strong> Bestandteil des Milieukonzepts.<br />

<strong>Die</strong>se Überlappungspotentiale sowie die Position<br />

<strong>der</strong> <strong>Milieus</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> deutschen <strong>Gesellschaft</strong> nach<br />

sozialer Lage und Grundorientierung s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Grafik veranschaulicht: Je höher e<strong>in</strong> bestimmtes<br />

Milieu <strong>in</strong> dieser Grafi k angesiedelt ist, desto<br />

gehobener s<strong>in</strong>d Bildung, E<strong>in</strong>kommen und Berufsgruppe;<br />

je weiter es sich nach rechts erstreckt,<br />

desto mo<strong>der</strong>ner im soziokulturellen S<strong>in</strong>n ist die<br />

Grundorientierung des jeweiligen <strong>Milieus</strong>.<br />

2


<strong>Die</strong> <strong>S<strong>in</strong>us</strong>-<strong>Milieus</strong> <strong>in</strong> Deutschland<br />

Soziale Lage und Grundorientierung<br />

Oberschicht/<br />

Obere<br />

Mittelschicht<br />

Mittlere<br />

Mittelschicht<br />

Untere<br />

Mittelschicht/<br />

Unterschicht<br />

Traditionelle Werte<br />

Pflichterfüllung, Ordnung<br />

Mo<strong>der</strong>nisierung<br />

Individualisierung, Selbstverwirklichung, Genuss<br />

Neuorientierung<br />

Multi-Optionalität, Experimentierfreude,<br />

Leben <strong>in</strong> Paradoxien<br />

Lebenswelt-Segmente<br />

In <strong>der</strong> folgenden Übersicht s<strong>in</strong>d die <strong>S<strong>in</strong>us</strong>-<strong>Milieus</strong><br />

zu größeren Lebenswelt-Segmenten gruppiert:<br />

<strong>Gesellschaft</strong>liche Leitmilieus, Traditionelle <strong>Milieus</strong>,<br />

Ma<strong>in</strong>stream-<strong>Milieus</strong>, Hedonistische <strong>Milieus</strong>.<br />

E<strong>in</strong>e Zusammenfassung von E<strong>in</strong>zelmilieus ist <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Market<strong>in</strong>g- und Mediaplanungspraxis häufi g<br />

zum Zwecke e<strong>in</strong>er strategischen Konzentration<br />

notwendig. Selbstverständlich s<strong>in</strong>d, abhängig von<br />

<strong>der</strong> Problemstellung, auch an<strong>der</strong>e E<strong>in</strong>teilungen<br />

möglich – zum Beispiel Zusammenfassungen <strong>der</strong><br />

„jungen <strong>Milieus</strong>“, d.h. <strong>der</strong> C-<strong>Milieus</strong>, o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

„mo<strong>der</strong>nen <strong>Milieus</strong>“ (alle B- und C-<strong>Milieus</strong>) etc.<br />

3


<strong>Die</strong> <strong>S<strong>in</strong>us</strong>-<strong>Milieus</strong>:<br />

Kurzcharakteristik<br />

<strong>Gesellschaft</strong>liche Leitmilieus<br />

<strong>S<strong>in</strong>us</strong> B1 (Etablierte) 10% Das selbstbewusste Establishment:<br />

Erfolgs-Ethik, Machbarkeitsdenken und<br />

ausgeprägte Exklusivitätsansprüche<br />

<strong>S<strong>in</strong>us</strong> B12 (Postmaterielle) 10% Das aufgeklärte Nach-68er-Milieu:<br />

Liberale Grundhaltung, postmaterielle<br />

Werte und <strong>in</strong>tellektuelle Interessen<br />

<strong>S<strong>in</strong>us</strong> C12 (Mo<strong>der</strong>ne Performer) 10% <strong>Die</strong> junge, unkonventionelle Leistungselite:<br />

<strong>in</strong>tensives Leben – beruflich und privat,<br />

Multi-Optionalität, Flexibilität und<br />

Multimedia-Begeisterung<br />

Traditionelle <strong>Milieus</strong><br />

<strong>S<strong>in</strong>us</strong> A12 (Konservative) 5% Das alte deutsche Bildungsbürgertum:<br />

konservative Kulturkritik, humanistisch<br />

geprägte Pflichtauffassung und gepflegte<br />

Umgangsformen<br />

<strong>S<strong>in</strong>us</strong> A23 (Traditionsverwurzelte) 14% <strong>Die</strong> Sicherheit und Ordnung liebende<br />

Kriegs-/Nachkriegsgeneration:<br />

verwurzelt <strong>in</strong> <strong>der</strong> kle<strong>in</strong>bürgerlichen Welt<br />

bzw. <strong>in</strong> <strong>der</strong> traditionellen Arbeiterkultur<br />

<strong>S<strong>in</strong>us</strong> AB2 (DDR-Nostalgische) 5% <strong>Die</strong> resignierten Wende-Verlierer:<br />

Festhalten an preußischen Tugenden und<br />

altsozialistischen Vorstellungen von<br />

Gerechtigkeit und Solidarität<br />

Ma<strong>in</strong>stream-<strong>Milieus</strong><br />

<strong>S<strong>in</strong>us</strong> B2 (Bürgerliche Mitte) 15% Der statusorientierte mo<strong>der</strong>ne Ma<strong>in</strong>stream:<br />

Streben nach beruflicher und sozialer<br />

Etablierung, sozialer Etablierung, nach<br />

gesicherten und harmonischen Verhältnissen<br />

<strong>S<strong>in</strong>us</strong> B3 (Konsum-Materialisten) 12% <strong>Die</strong> stark materialistisch geprägte Unterschicht:<br />

Anschluss halten an die Konsum-Standards<br />

<strong>der</strong> breiten Mitte als Kompensationsversuch<br />

sozialer Benachteiligungen<br />

Hedonistische <strong>Milieus</strong><br />

<strong>S<strong>in</strong>us</strong> C2 (Experimentalisten) 8% <strong>Die</strong> extrem <strong>in</strong>dividualistische neue Bohème:<br />

Ungeh<strong>in</strong><strong>der</strong>te Spontaneität, Leben <strong>in</strong><br />

Wi<strong>der</strong>sprüchen, Selbstverständnis als<br />

Lifestyle-Avantgarde<br />

<strong>S<strong>in</strong>us</strong> BC3 (Hedonisten) 11% <strong>Die</strong> Spaß-orientierte mo<strong>der</strong>ne Unterschicht/<br />

untere Mittelschicht:<br />

Verweigerung von Konventionen und<br />

Verhaltenserwartungen <strong>der</strong> Leistungsgesellschaft<br />

4


<strong>S<strong>in</strong>us</strong> B1 „Etablierte“<br />

<strong>Die</strong> Etablierten s<strong>in</strong>d die gebildete, gut situierte,<br />

sehr selbstbewusste Elite unserer <strong>Gesellschaft</strong>.<br />

Sie haben hohe Exklusivitätsansprüche und zeigen<br />

entsprechende Kennerschaft und Stil. Damit<br />

grenzen sie sich bewusst von an<strong>der</strong>en ab („die<br />

fe<strong>in</strong>en Unterschiede“).<br />

Beruflicher Erfolg ist <strong>für</strong> sie selbstverständlich.<br />

Um ihre ambitionierten Ziele zu erreichen, verfolgen<br />

sie klare Karrierestrategien, teils via traditioneller<br />

Erfolgsorientierung, teils durch Flexibilität<br />

und geschickte Anpassung. In letzter Zeit ist zu<br />

beobachten, dass Toughness, kämpferische<br />

Stärke und Machtstreben wie<strong>der</strong> höher bewertet<br />

werden als Soft Factors.<br />

Ihre Lebensphilosophie ist pragmatisch und<br />

realitätsorientiert. Sie reagieren selbstbewusst<br />

auf den schnellen technologischen und wirtschaftlichen<br />

Wandel (IT-Revolution, Gentechnik,<br />

Globalisierung), zeigen aber Ermüdungsersche<strong>in</strong>ungen<br />

gegenüber immer neuen Variationen alter<br />

Angebote.<br />

<strong>Die</strong> Etablierten streben nach f<strong>in</strong>anzieller Unabhängigkeit<br />

und hohem Lebensstandard. Mehr<br />

und mehr denken sie dabei aber auch an die<br />

materielle Vorsorge <strong>für</strong> ihre (<strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel gut ausgebildeten)<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>, um <strong>der</strong>en Zukunft sie sich<br />

häufig Sorgen machen.<br />

Kunst, Kultur, <strong>in</strong>dividuelles Reisen, oft auch Golf<br />

und Tennis gehören zum Lebensgenuss <strong>der</strong><br />

Etablierten und geben den Rahmen <strong>für</strong> gesellschaftliches<br />

und berufliches Network<strong>in</strong>g. Zudem<br />

hat alles, was dem eigenen Well-Be<strong>in</strong>g zuträglich<br />

ist – und damit auch <strong>der</strong> Selbstbestärkung dient –<br />

viel Raum <strong>in</strong> ihrer Lebensführung.<br />

Sie genießen den Luxus, den sie sich auf Grund<br />

ihrer privilegierten f<strong>in</strong>anziellen Situation leisten<br />

können. <strong>Die</strong> wirtschaftliche Gesamtsituation<br />

bee<strong>in</strong>trächtigt das Milieu zwar kaum, sie führt<br />

aber zu mehr Nachdenklichkeit im Konsum.<br />

Serviceerwartungen und <strong>der</strong> Wunsch nach Entlastung<br />

steigen weiter.<br />

5


<strong>S<strong>in</strong>us</strong> B12 „Postmaterielle“<br />

<strong>Die</strong> Postmateriellen zeichnen sich durch ihre<br />

liberale Grundhaltung, durch Weltoffenheit,<br />

Toleranz und Multikulturalität und e<strong>in</strong>e zunehmende<br />

Entideologisierung und Etablierung<br />

aus. Sie denken <strong>in</strong> globalen Zusammenhängen<br />

und Verantwortlichkeiten.<br />

Aufgrund ihrer Aufgeschlossenheit und ihrer hervorragenden<br />

Ausbildung s<strong>in</strong>d sie meist erfolgreich<br />

im Beruf. Ähnlich wie die Etablierten zeigen die<br />

Postmateriellen e<strong>in</strong>en wachsenden Willen zum<br />

Self-Empowerment. Sich fi t und gesund zu<br />

erhalten, dient zur Zeit mehr <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit<br />

als <strong>der</strong> re<strong>in</strong>en Suche nach Balance.<br />

<strong>Die</strong> Postmateriellen haben großes Vertrauen <strong>in</strong><br />

ihre Fähigkeiten. Krisenhafte Entwicklungen sehen<br />

sie als Herausfor<strong>der</strong>ung, die es anzunehmen<br />

gilt. Vom „Ma<strong>in</strong>stream-Gejammer“ distanzieren<br />

sie sich. In ihrem Denken und ihren Projekten<br />

wollen sie <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> immer e<strong>in</strong>en Schritt<br />

voraus se<strong>in</strong>.<br />

Zwar wird die allgeme<strong>in</strong>e Verunsicherung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Gesellschaft</strong> auch <strong>in</strong> diesem Milieu sehr sensibel<br />

wahrgenommen. Sich selbst sehen die meisten<br />

Postmateriellen aber <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er privilegierten<br />

Situation, was sie nicht verbergen. Mit dieser<br />

Haltung wollen sie e<strong>in</strong> Zeichen setzen gegen unangemessenes,<br />

habituell gewordenes Klagen<br />

über die Zeitläufte.<br />

An<strong>der</strong>s als die Etablierten haben sich die Postmateriellen<br />

auch <strong>in</strong> härteren Zeiten die genussorientierte<br />

„toskanische“ Grundhaltung bewahrt –<br />

Aufgeschlossenheit <strong>für</strong> das Schöne, <strong>für</strong> Luxus,<br />

Unterhaltung und Kultur e<strong>in</strong>erseits, Network<strong>in</strong>g<br />

mit Gleichges<strong>in</strong>nten an<strong>der</strong>erseits.<br />

Geblieben ist die Freude an hochwertigem<br />

Konsum, gewachsen ist das Bedürfnis nach<br />

Luxus. D<strong>in</strong>ge, die das Leben verschönern (Kunst,<br />

Kleidung, Wohnung, Garten), gehobene Artikel<br />

des täglichen Bedarfs (zum Beispiel bei Lebensmitteln),<br />

edel essen gehen und reisen s<strong>in</strong>d –<br />

auch – Entschädigung <strong>für</strong> die vielfältigen Stresssituationen<br />

im beruflichen und privaten Alltag. Auf<br />

<strong>der</strong> Suche nach Entschleunigung s<strong>in</strong>d sie sehr<br />

empfänglich <strong>für</strong> Entlastung durch Service.<br />

6


<strong>S<strong>in</strong>us</strong> C12 „Mo<strong>der</strong>ne Performer“<br />

<strong>Die</strong> Mo<strong>der</strong>nen Performer s<strong>in</strong>d die junge, unkonventionelle<br />

Leistungselite. Sie führen e<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong>tensives Leben. Multioptionalität, Flexibilität<br />

und Ehrgeiz s<strong>in</strong>d die Mischung, mit <strong>der</strong> sie<br />

ihre beruflichen wie privaten (z. B. sportlichen)<br />

Leistungs-grenzen erproben.<br />

Sie s<strong>in</strong>d nach wie vor das dynamischste, vitalste,<br />

optimistischste Milieu <strong>in</strong> Deutschland. E<strong>in</strong>e<br />

gewichtige Rolle spielt „das eigene D<strong>in</strong>g“, die Verb<strong>in</strong>dung<br />

von materiellem Erfolg und lustvollem<br />

Leben. Mehr und mehr legen sie aber Wert auf<br />

Stabilität und Verb<strong>in</strong>dlichkeit. <strong>Die</strong> Lebens- und<br />

Karriereplanung erfolgt heute etwas langfristiger,<br />

Sicherheitsaspekte spielen e<strong>in</strong>e größere Rolle als<br />

zur Zeit des „anyth<strong>in</strong>g goes“.<br />

Mobilität und Flexibilität s<strong>in</strong>d bei den Mo<strong>der</strong>nen<br />

Performern überdurchschnittlich ausgeprägt.<br />

Dennoch vermitteln sie zur Zeit den E<strong>in</strong>druck, als<br />

wollten sie e<strong>in</strong>en Gang zurückschalten, nachdenken,<br />

Wurzeln suchen, dauerhafte persönliche und<br />

virtuelle Netzwerke aufbauen.<br />

<strong>Die</strong> Mo<strong>der</strong>nen Performer haben hohe Frustrationstoleranz<br />

und Ausdauer bei <strong>der</strong> Verfolgung von<br />

Zielen. Misserfolge <strong>in</strong> <strong>der</strong> New Economy haben<br />

sie nicht resignieren lassen. Nach e<strong>in</strong>er Phase <strong>der</strong><br />

Neuorientierung stehen heute mehr und mehr<br />

Performer wie<strong>der</strong> auf eigenen Füßen, begründen<br />

realitätsnähere Start Ups und verdienen „richtig<br />

Geld“.<br />

<strong>Gesellschaft</strong>liche Normen und Konventionen<br />

werden <strong>für</strong> die eigenen Bedürfnisse dekl<strong>in</strong>iert. Experimente<br />

mit unterschiedlichen Lebensstilen, das<br />

Integrieren von E<strong>in</strong>flüssen aus an<strong>der</strong>en Kulturen<br />

und Szenen geben den Rahmen <strong>für</strong> e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tensives,<br />

abwechslungsreiches Leben.<br />

Konsum spielt bei den Mo<strong>der</strong>nen Performern –<br />

nach wie vor – e<strong>in</strong>e große Rolle. Aber sie s<strong>in</strong>d<br />

wählerischer, kritischer geworden. Pseudo-<br />

Innovationen, Neuerungen, <strong>der</strong>en Nutzwert nicht<br />

sofort ersichtlich ist, f<strong>in</strong>den ke<strong>in</strong>e Gegenliebe.<br />

Und: sie s<strong>in</strong>d Schnäppchenjäger aus Leidenschaft,<br />

immer begeisterungsfähig <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en guten<br />

Deal.<br />

7


<strong>S<strong>in</strong>us</strong> A12 „Konservative“<br />

<strong>Die</strong> Konservativen s<strong>in</strong>d die Repräsentanten<br />

des alten deutschen Bildungsbürgertums, die<br />

Verteidiger <strong>der</strong> Werte, Traditionen und <strong>der</strong> guten<br />

alten Ordnung. E<strong>in</strong> humanistisch geprägtes<br />

Pflichtethos und das Bewusstse<strong>in</strong> <strong>für</strong> das kulturelle,<br />

nationale Erbe stärken ihr Elitebewusstse<strong>in</strong>,<br />

das teilweise rechtskonservativ-chauv<strong>in</strong>istische<br />

Züge trägt.<br />

Heute s<strong>in</strong>d viele Konservative im Ruhestand, nach<br />

e<strong>in</strong>er erfolgreichen, verantwortungsbewussten<br />

Berufskarriere. Geblieben ist ihr gesellschaftliches<br />

Verantwortungsgefühl. Ihr Engagement richtet<br />

sich daher – wenn auch weniger als früher – auf<br />

ehrenamtliche Engagements.<br />

Sie empf<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>e zunehmende Entfremdung<br />

von <strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en gesellschaftlichen Entwicklung.<br />

Auch die Skepsis gegenüber dem von<br />

Technisierung und Globalisierung getriebenen<br />

„Fortschritt“ wächst. Mehr und mehr ziehen sie<br />

sich deshalb auf das enge persönliche Umfeld<br />

zurück.<br />

F<strong>in</strong>anziell s<strong>in</strong>d die Konservativen mehrheitlich<br />

gut abgesichert. Sie pflegen e<strong>in</strong>en dist<strong>in</strong>guierten<br />

Lebensrahmen und schätzen gepflegte Umgangsformen.<br />

Immaterielle Werte und Ziele stehen im<br />

Vor<strong>der</strong>grund.<br />

Sie <strong>in</strong>teressieren sich <strong>für</strong> klassische Kunst und die<br />

Hochkultur (Theater, Oper, Museen), unternehmen<br />

Kulturreisen und verfolgen (besorgt) das Zeitgeschehen<br />

<strong>in</strong> Politik, Wissenschaft und Wirtschaft.<br />

Ihr Interesse an den letztgenannten Themen flacht<br />

jedoch zusehens ab, weil sich <strong>der</strong> Bezug zum<br />

eigenen Leben immer weniger erschließt.<br />

Konsummaterialismus, Spaßgesellschaft und die<br />

Amerikanisierung unseres Lebensstils lehnen sie<br />

ab. Gleichzeitig bemühen sie sich um das Erhalten<br />

geistiger und körperlicher Frische. <strong>Die</strong>s drückt<br />

sich nicht nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er gesunden Lebensführung<br />

aus, son<strong>der</strong>n auch <strong>in</strong> entsprechenden Urlaubsaktivitäten<br />

und Reisezielen.<br />

8


<strong>S<strong>in</strong>us</strong> A23 „Traditionsverwurzelte“<br />

<strong>Die</strong> Traditionsverwurzelten s<strong>in</strong>d die sicherheitsund<br />

ordnungsliebende Kriegs- und Nachkriegsgeneration,<br />

geprägt von traditionellen Werten wie<br />

Pfl ichterfüllung, Sparsamkeit, Bescheidenheit,<br />

Sauberkeit und Ordnung. <strong>Die</strong>se Normen waren<br />

zunächst überlebensnotwendig, wurden dann zu<br />

vorgelebten Tugenden und s<strong>in</strong>d heute wie<strong>der</strong><br />

Basis des Alltags.<br />

Konformismus und Sicherheitsstreben, Orientierung<br />

an gängigen Konventionen und traditionellen<br />

Moralvorstellungen prägt den Lebensstil des<br />

<strong>Milieus</strong>: Sich zufrieden geben, Bescheidenheit<br />

und Anpassung an die Notwendigkeiten. Inzwischen<br />

breitet sich aber Verbitterung aus über<br />

Kürzung <strong>der</strong> Renten und wachsende Kosten <strong>in</strong><br />

allen Bereichen, vor allem auch <strong>der</strong> Gesundheit.<br />

Je älter sie werden, um so wichtiger werden<br />

den Traditionsverwurzelten Familie, Freunde und<br />

Bekannte im unmittelbaren Umfeld. <strong>Die</strong>se geben<br />

Halt und Wärme, ebenso wie die beliebten<br />

Heile-Welt-Inszenierungen im Wohnbereich<br />

Schutzwälle aus Gard<strong>in</strong>en, Hecken, Zäunen<br />

unterstreichen den Rückzug aus <strong>der</strong> Welt des<br />

Sittenverfalls und <strong>der</strong> lockeren Moral.<br />

Angesichts <strong>der</strong> <strong>für</strong> sie beson<strong>der</strong>s besorgniserregenden<br />

wirtschaftlichen Entwicklung wächst<br />

das Gefühl, f<strong>in</strong>anziell an den Rand <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />

gedrängt zu werden. <strong>Die</strong> immer schon<br />

gelebten Werte Sparsamkeit, Bescheidenheit und<br />

Verzicht s<strong>in</strong>d <strong>für</strong> die große Mehrheit <strong>der</strong> Traditionsverwurzelten<br />

<strong>in</strong>zwischen überlebensnotwendig<br />

geworden.<br />

Ihre Interessen kreisen eng um die eigenen vier<br />

Wände, die Familie, die eigene Gesundheit. Fernsehen,<br />

Basteln, Gartenarbeit füllen die freie Zeit,<br />

gelegentlich auch kle<strong>in</strong>ere Ausflüge und Kaffeefahrten,<br />

die man <strong>in</strong>zwischen aber aus f<strong>in</strong>anziellen<br />

Gründen e<strong>in</strong>schränkt.<br />

Aufgrund zunehmen<strong>der</strong> materieller Enge wird es<br />

<strong>für</strong> viele Traditionsverwurzelte immer schwerer,<br />

ihren Glauben an das Qualitäts- und Überlegenheitsversprechen<br />

<strong>der</strong> Markenartikel aufrecht zu<br />

erhalten. Noch reagieren sie eher mit Konsum-<br />

Verzicht, es ist aber wohl eher e<strong>in</strong>e Frage <strong>der</strong> Zeit,<br />

wann sie zu Billigprodukten greifen.<br />

9


<strong>S<strong>in</strong>us</strong> AB2 „DDR-Nostalgische“<br />

<strong>Die</strong> DDR-Nostalgischen – sie stellen fast e<strong>in</strong><br />

Fünftel <strong>der</strong> ostdeutschen Bevölkerung – s<strong>in</strong>d<br />

überwiegend Verlierer <strong>der</strong> Wende. Das führte zu<br />

e<strong>in</strong>er Verbitterung gegenüber <strong>der</strong> Gegenwart und<br />

e<strong>in</strong>er gewissen Verklärung <strong>der</strong> Vergangenheit.<br />

Inzwischen herrscht e<strong>in</strong>e massive Unzufriedenheit<br />

und Frustration mit <strong>der</strong> eigenen und <strong>der</strong> gesamtgesellschaftlichen<br />

Situation.<br />

Früher hatten sie gesicherte Positionen, oft als<br />

Führungska<strong>der</strong> <strong>in</strong> unterschiedlichen Bereichen,<br />

heute s<strong>in</strong>d sie aus dem tradierten beruflichen<br />

Umfeld geworfen, üben e<strong>in</strong>fache Berufe aus o<strong>der</strong><br />

s<strong>in</strong>d arbeitslos. Das führt zur Betonung <strong>der</strong> altsozialistischen<br />

Werte Gerechtigkeit, Gleichheit<br />

und Solidarität sowie zu Benachteiligungsgefühlen<br />

und Ressentiments gegenüber <strong>der</strong> „Kolonialisierung“<br />

durch den Westen.<br />

Mit zunehmen<strong>der</strong> Entwurzelung des <strong>Milieus</strong> wird<br />

das ehemals typische Festhalten an Diszipl<strong>in</strong>,<br />

Fleiß und Ordnung, Sauberkeit und Pünktlichkeit<br />

schwächer, ebenso das Streben nach Selbstverwirklichung<br />

und <strong>in</strong>dividuellem Erfolg. Mit dem<br />

Schw<strong>in</strong>den <strong>der</strong> osttraditionellen Werte werden<br />

konsummaterialistische Orientierungen (mithalten<br />

wollen mit den Konsumstandards des Ma<strong>in</strong>streams)<br />

generell wichtiger.<br />

<strong>Die</strong> materielle Situation <strong>der</strong> DDR-Nostalgischen<br />

hat sich <strong>in</strong> den letzten Jahren nochmals verschlechtert.<br />

Aus e<strong>in</strong>em traditionsverankerten<br />

Milieu wird, vor allem bei den Älteren, e<strong>in</strong> Loser-<br />

Segment, das sich zunehmend aus vielen sozialen<br />

Zusammenhängen zurückzieht, vere<strong>in</strong>samt und<br />

verarmt.<br />

Ihre Interessen und Freizeitaktivitäten konzentrieren<br />

sich auf den Nahraum: Heimwerken, Gartenarbeit,<br />

Hausumbau, Renovieren <strong>der</strong> Wohnungse<strong>in</strong>richtung,<br />

sofern das Geld da<strong>für</strong> da ist. Das<br />

Engagement <strong>in</strong> Vere<strong>in</strong>en und <strong>in</strong> <strong>der</strong> lokalen Politik<br />

lässt stetig nach.<br />

<strong>Die</strong> beschränkten f<strong>in</strong>anziellen Verhältnisse führen<br />

zu verschärfter Preisorientierung und Verzicht auf<br />

Qualität (auf Marken, auf gesunde Produkte, auf<br />

hochwertige Angebote). Unabhängig davon zeigt<br />

sich im Konsum e<strong>in</strong>e neuerlich verstärkte Präferenz<br />

<strong>für</strong> Ostprodukte und -marken<br />

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<strong>S<strong>in</strong>us</strong> B2 „Bürgerliche Mitte“<br />

<strong>Die</strong> Bürgerliche Mitte ist <strong>der</strong> statusorientierte<br />

Ma<strong>in</strong>stream. In gut gesicherten Verhältnissen zu<br />

leben, ist ihr Ziel. Schon immer waren sie gelegentlich<br />

geplagt von Abstiegsängsten, diese s<strong>in</strong>d<br />

<strong>in</strong>zwischen jedoch sehr viel massiver geworden.<br />

Je unsicherer die Zeiten, desto stärker versuchen<br />

sie, sich durch Leistung, Zielstrebigkeit und Anpassung<br />

zu behaupten und beruflich erfolgreich<br />

zu se<strong>in</strong>. An<strong>der</strong>erseits realisieren sie aber die<br />

Grenzen solcher Anstrengungen. Durch die wirtschaftlichen<br />

und politischen Reformen brechen<br />

immer mehr gewohnte Sicherheiten und Wohlstandschancen<br />

weg.<br />

Aus ihrem Streben nach Balance von Arbeit und<br />

Freizeit, nach e<strong>in</strong>em harmonischen privaten Umfeld<br />

von gleichges<strong>in</strong>nten, wohlsituierten Freunden,<br />

hat sich mehr und mehr die Tendenz zu Escape<br />

und Abschottung entwickelt: Cocoon<strong>in</strong>g <strong>in</strong> verschärfter<br />

Form.<br />

Trotz hoher Leistungsbereitschaft, Anpassung<br />

und Flexibilität fühlt sich die Bürgerliche Mitte<br />

als eigentliche Verlierer<strong>in</strong> <strong>der</strong> wirtschaftlichen Entwicklung<br />

– Pendlerpauschale, Eigenheimzulage,<br />

kostenloses Studium <strong>für</strong> die K<strong>in</strong><strong>der</strong>, Krankenversicherung,<br />

Altersvorsorge, alles gekürzt o<strong>der</strong><br />

gestrichen. Angesichts <strong>der</strong> Massenentlassungsschübe<br />

auch profitabler Unternehmen sieht das<br />

Milieu se<strong>in</strong>e Zukunft massiv bedroht.<br />

Freizeitaktivitäten im Freundeskreis und mit <strong>der</strong><br />

Familie nehmen viel Raum e<strong>in</strong>. Dazu gehört es<br />

auch, Gäste e<strong>in</strong>zuladen, geme<strong>in</strong>sam zu kochen,<br />

sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Freizeit sportlich zu betätigen, sich im<br />

Vere<strong>in</strong> zu engagieren o<strong>der</strong> bei leichter Unterhaltung<br />

(Lektüre, TV, DVD) zu entspannen. <strong>Die</strong><br />

Attacken auf die Freizeit werden aber schärfer und<br />

häufi ger: die Unterstützung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Schule, die eigene Fortbildung und bezahlte<br />

Nebentätigkeiten nehmen immer mehr Raum e<strong>in</strong>.<br />

<strong>Die</strong> Konsumbereitschaft <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bürgerlichen Mitte<br />

ist auf e<strong>in</strong>em Tiefpunkt angelangt. Vorsichtshalber,<br />

<strong>in</strong> vorbeugen<strong>der</strong> Anpassung an kommende<br />

E<strong>in</strong>schränkungen, reduzieren sie ihre Ansprüche<br />

und verzichten <strong>in</strong> manchen Bereichen auf Exklusivität<br />

o<strong>der</strong> sogar auf Qualität. Konsumpriorität<br />

haben e<strong>in</strong> gemütliches Zuhause, e<strong>in</strong> gepflegtes<br />

Outfit und das Fortkommen <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>.<br />

11


<strong>S<strong>in</strong>us</strong> B3 „Konsum-Materialisten“<br />

Gerade aufgrund ihrer beschränkten f<strong>in</strong>anziellen<br />

Mittel zeigen die Angehörigen dieses <strong>Milieus</strong> e<strong>in</strong>en<br />

ausgeprägten Haben-Materialismus. Sie lieben<br />

spontanen und prestigeträchtigen Konsum – um<br />

zu beweisen, dass sie mithalten können und dazu<br />

gehören.<br />

Sie würden gerne so leben wie sie sich das bei<br />

<strong>der</strong> breiten Mittelschicht vorstellen (DVD-Player,<br />

Multimedia-Handy, Auto, Urlaub). Angesichts <strong>der</strong><br />

massiven Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen<br />

Situation greifen aber immer mehr Pessimismus<br />

und Gefühle <strong>der</strong> Benachteiligung um sich. Träume<br />

vom „beson<strong>der</strong>en Leben“, von viel Geld und großem<br />

Luxus träumen sie immer seltener, um nicht<br />

noch mehr enttäuscht zu werden.<br />

In <strong>der</strong> Vergangenheit führten die schon nicht rosigen<br />

Aussichten zur Ausblendung <strong>der</strong> Zukunft und<br />

zur Konzentration auf e<strong>in</strong> möglichst angenehmes<br />

Leben im Hier und Jetzt. Inzwischen wird die<br />

Angst vor <strong>der</strong> Zukunft und das Gefühl <strong>der</strong> Benachteiligung<br />

aber immer bedrücken<strong>der</strong>.<br />

<strong>Die</strong> Wahrnehmung, dass man angesichts e<strong>in</strong>er<br />

zunehmenden Spaltung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> zur<br />

Verliererseite gehört, führt zu Aggressivität und<br />

wachsen<strong>der</strong> Wut, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e angesichts des<br />

schönen Lebens <strong>der</strong> Gew<strong>in</strong>ner, das die Medien<br />

täglich ausbreiten.<br />

Es wird <strong>für</strong> die Konsum-Materialisten immer<br />

schwerer, ihre Hobbies zu pflegen o<strong>der</strong> sich gar<br />

spontane „Extratouren“ zu gönnen. Der typische<br />

Spaß- und Freizeit-orientierte Lebensstil des<br />

<strong>Milieus</strong> macht immer mehr e<strong>in</strong>er Flucht <strong>in</strong> Traumwelten<br />

(Fernsehen, Videospiele, Alkohol) Platz.<br />

Zwar haben die Konsum-Materialisten nach wie<br />

vor viele unerfüllte Wünsche, sie s<strong>in</strong>d aber sehr<br />

viel vorsichtiger geworden. Insbeson<strong>der</strong>e s<strong>in</strong>d sie<br />

heute sehr viel sensibler gegenüber <strong>der</strong> Gefahr,<br />

sich zu verschulden. <strong>Die</strong> Angst, aus <strong>der</strong> Verschuldungsfalle<br />

nicht mehr heraus zu kommen, bremst<br />

sie, unvernünftig zu se<strong>in</strong> und e<strong>in</strong>fach D<strong>in</strong>ge zu<br />

kaufen, die Freude machen. Bei allen Anschaffungen,<br />

auch von FMCG-Produkten, spielt <strong>der</strong> Preis<br />

die entscheidende Rolle.<br />

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<strong>S<strong>in</strong>us</strong> C2 „Experimentalisten“<br />

<strong>Die</strong> Experimentalisten s<strong>in</strong>d locker, tolerant und<br />

offen gegenüber an<strong>der</strong>en Lebensformen und<br />

Kulturen. Individualismus, ungeh<strong>in</strong><strong>der</strong>te Spontaneität,<br />

Experimentierfreude und die Suche nach<br />

Grenzerfahrungen s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Rahmen, <strong>in</strong> dem sie<br />

ihre Gefühle und Sehnsüchte ausleben.<br />

Damit e<strong>in</strong>her gehen sehr ich-bezogene Lebensstrategien:<br />

möglichst ohne e<strong>in</strong>schränkende Verpflichtungen,<br />

unkonventionell, ohne e<strong>in</strong>engende<br />

Normen, jeweils <strong>der</strong> aktuellen Bef<strong>in</strong>dlichkeit folgend.<br />

Nach e<strong>in</strong>er Phase <strong>der</strong> Verunsicherung durch<br />

die wirtschaftliche Krise nehmen sie wie<strong>der</strong> Fahrt<br />

auf, wollen sich wie<strong>der</strong> ungeh<strong>in</strong><strong>der</strong>t spontan entfalten,<br />

<strong>in</strong>tensiv leben, aussteigen, vielleicht sogar<br />

auswan<strong>der</strong>n.<br />

Der Lebensstil <strong>der</strong> Experimentalisten ist nonkonformistisch,<br />

sie lieben Provokationen und sehen<br />

sich nach wie vor als Life Style-Avantgarde,<br />

als mo<strong>der</strong>ne Bohème. Ihre gesellschaftskritische<br />

E<strong>in</strong>stellung ist aber po<strong>in</strong>tierter geworden. Das<br />

äußert sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Abwendung von herkömmlichem<br />

sozialen und politischen Engagement, <strong>in</strong><br />

demonstrativer Ablehnung von „Bio“ und „Wellness“<br />

und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er trashigen Lebensstil-Opposition.<br />

Erfolg, Status und Karriere standen nie im Fokus,<br />

auch wenn sie <strong>in</strong> den letzten Jahren phasenweise<br />

wichtiger wurden. Materielle E<strong>in</strong>bußen und weniger<br />

Jobchancen haben die f<strong>in</strong>anzielle Situation<br />

des <strong>Milieus</strong> bee<strong>in</strong>trächtigt. <strong>Die</strong>sen Realitätsschock<br />

haben die Experimentalisten jedoch <strong>in</strong>zwischen<br />

überwunden. Optimismus, Vitalität und Kreativität<br />

lassen sie wie<strong>der</strong> Neues erproben.<br />

<strong>Die</strong> Experimentalisten s<strong>in</strong>d Multimedia-K<strong>in</strong><strong>der</strong>.<br />

Intensiv nutzen sie alle e<strong>in</strong>schlägigen Angebote<br />

und gehören zu den Early Adoptern aller kommunikativen<br />

Neuerungen. Gleichzeitig <strong>in</strong>teressieren<br />

sie sich <strong>für</strong> Musik, Kunst und Kultur, <strong>für</strong> entsprechende<br />

Filme und Bücher, <strong>für</strong> exotische Szenen,<br />

Welten und Kulturen.<br />

Ihr Konsumstil ist sehr spontan, aber ihre Preissensibilität<br />

ist gestiegen – zum e<strong>in</strong>en, weil sie<br />

Spaß am Schnäppchenjagen haben, zum an<strong>der</strong>en,<br />

weil sie mehrheitlich unzufrieden s<strong>in</strong>d, sich<br />

f<strong>in</strong>anziell zu wenig leisten zu können. Im Vergleich<br />

zu früher m<strong>in</strong><strong>der</strong>t das auch ihren Spaß beim E<strong>in</strong>kaufen.<br />

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<strong>S<strong>in</strong>us</strong> BC3 „Hedonisten“<br />

<strong>Die</strong> Hedonisten s<strong>in</strong>d meist auf <strong>der</strong> Suche nach<br />

Fun und Action und Unterhaltung. Unterwegs<br />

se<strong>in</strong>, Auszubrechen aus den Zwängen des Alltags,<br />

frei und unabhängig zu se<strong>in</strong>, an<strong>der</strong>s als die<br />

Spießer, ist das Ziel. Auch <strong>in</strong> schwierigen Zeiten<br />

lassen sie sich ihren Spaß nicht nehmen: Krisenbewältigung<br />

durch Verdrängung. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

wechseln Phasen von Hyperaktivität mit „energetischen<br />

Löchern“.<br />

<strong>Die</strong> Zahl <strong>der</strong>jenigen, die e<strong>in</strong> regelrechtes Doppelleben<br />

führen zwischen Angepasstheit im Berufsalltag<br />

und Abtauchen, über die Stränge schlagen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Freizeit – wächst. Insgesamt nimmt die<br />

Leistungsbereitschaft im Milieu ab. Trotz o<strong>der</strong><br />

gerade angesichts schw<strong>in</strong>den<strong>der</strong> Job-Chancen<br />

und Hartz IV-Dämpfer wollen viele eher von <strong>der</strong><br />

„Stütze“ leben als sich bei <strong>der</strong> Arbeit herum<br />

kommandieren zu lassen.<br />

„Lebe jetzt und zahle später“ sche<strong>in</strong>t wie<strong>der</strong> zur<br />

Devise vieler Hedonisten geworden zu se<strong>in</strong>. Noch<br />

mehr Action, noch mehr Thrill, noch mehr Kicks<br />

sollen bei <strong>der</strong> Verdrängung von Gegenwarts- und<br />

Zukunftsängsten helfen. Auch die Affi nität zu<br />

Provokation und Gewalt nimmt weiter zu.<br />

<strong>Die</strong> Hedonisten leben nach wie vor im Hier und<br />

Jetzt, lassen sich treiben, sehen was kommt.<br />

An<strong>der</strong>s als die Konsum-Materialisten geben sie ihr<br />

Geld spontan und unkontrolliert aus, ihre Bereitschaft<br />

e<strong>in</strong>en Kredit aufzunehmen, ist sogar noch<br />

gewachsen. Lebensplanung und Zukunftsvorsorge<br />

f<strong>in</strong>den kaum statt.<br />

Typisch <strong>für</strong> die Hedonisten ist ihr expansiver, outdoor-orientierter<br />

Lebensstil. Schnelle Autos und<br />

Motorrä<strong>der</strong> fasz<strong>in</strong>ieren sie. „Krasse“ Szenen,<br />

Klubs und Fangeme<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d das Umfeld <strong>für</strong><br />

geme<strong>in</strong>same Aktivitäten. Darüber h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong>teressieren<br />

sie sich <strong>für</strong> alles, was unterhält: Fernsehen,<br />

K<strong>in</strong>o, Video, Computerspiele, Musik, Sport, Discound<br />

Kneipenbesuche.<br />

Lebenshunger und Unbekümmertheit zeigen sich<br />

auch <strong>in</strong> den Konsume<strong>in</strong>stellungen <strong>der</strong> Hedonisten.<br />

Sie kaufen nach wie vor D<strong>in</strong>ge, ohne darüber<br />

nachzudenken, ob sie sich das überhaupt leisten<br />

können. <strong>Die</strong> Akzeptanz von Werbung – die Botschaft<br />

von den schönen D<strong>in</strong>gen – ist gestiegen,<br />

allerd<strong>in</strong>gs auch die Kompetenz <strong>der</strong> Hedonisten,<br />

die Angebote und ihren Preis besser e<strong>in</strong>schätzen<br />

zu können als früher<br />

© VerbraucherAnalyse 2006<br />

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