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aude sapere - Ärztegesellschaft für Klassische Homöopathie

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Beiträge zur klassischen <strong>Homöopathie</strong><br />

Jahrgang: 16 | Ausgabe: 1 | Juni 2012<br />

<strong>aude</strong><br />

<strong>sapere</strong><br />

Editorial<br />

Dr. Klaus Payrhuber ................................................... 2<br />

Schlaflos in Linz<br />

Dr. Klaus Payrhuber ................................................... 3<br />

Fragmente zur Gabenund<br />

Potenzwahl<br />

Dr. Klaus Payrhuber ................................................... 4<br />

Schmwerzen als ein Versuch<br />

den Schmerz zu ertragen<br />

Dr. Klaus Payrhuber.................................................... 6<br />

Quiz 1.2012<br />

Dr. Klaus Payrhuber ................................................... 8<br />

Die Darmnosoden (Teil2)<br />

Dr. Bernhard Zauner ................................................ 10<br />

Pfefferminze, Kaffee & Co –<br />

schuldig oder unschuldig?<br />

Dr. Bernhard Zauner ................................................ 16<br />

Buchbesprechung<br />

Dr. Bernhard Zauner ................................................ 24<br />

Termine ................................................................. 27<br />

Autoren | Impressum ....................................... 28<br />

Foto: Wikimedia Comons<br />

Cistus canadensis


Editorial | Praxis<br />

Was ist Wahrheit?<br />

Dr. Klaus Payrhuber<br />

Vor einiger Zeit stieß ich auf ein Internetpamphlet<br />

gegen Aberglauben und Unwissenschaftlichkeit<br />

in der Medizin, in dem ich als ÄKH-Repräsentant<br />

zitiert wurde. Das Finale furioso des Artikels war,<br />

wir Homöopathen würden meinen, die Naturgesetze<br />

gälten <strong>für</strong> uns nicht. Wir glaubten also, dass<br />

wir außerhalb der Naturgesetze, denken, arbeiten<br />

und lehren können!<br />

In Zeiten wie diesen ein unverzeihlicher Tabubruch, ein<br />

Frevel, der nur die Verbannung auf die Insel der geistig<br />

Aussätzigen nach sich ziehen darf? Oder aber hat sich,<br />

im Kampfgetümmel unbemerkt, bei der Verwendung<br />

des Begriffes Naturgesetz ein Irrtum eingeschlichen?<br />

Denn wer stellt Gesetze auf in der Natur? Steigt der<br />

regierende Waldgeist herab und verkündet die Photosynthese?<br />

Oder kann der menschliche Geist <strong>für</strong> die<br />

Natur Gesetze erlassen?<br />

Naturgesetze werden vom Menschen gesetzt, sind vorläufige<br />

Theorien, die auf die Natur projiziert werden.<br />

Was macht also die Gesetzlichkeit von Naturvorgängen<br />

aus? Schlicht und einfach, sie müssen messbar und experimentell<br />

wiederholbar und überprüfbar sein, also in<br />

einem bestimmten Rahmen funktionieren.<br />

Ist es nicht vielmehr so, dass die Wahrheit experimentell<br />

überprüfbarer Aussagen von der technischen Reproduzierbarkeit<br />

der Experimentierumstände abhängt? Experimentelle<br />

Wahrheit ist ein technisches Know-how und<br />

wird in naturgesetzlichen Sätzen formuliert.<br />

Foto: isignstock<br />

Dementsprechend ist die Wahrheit von Naturgesetzen<br />

die Wahrheit eines technischen Know-hows. Der große<br />

Irrglaube ist die Annahme, Naturgesetze bestünden<br />

menschenunabhängig, würden als Naturgegenstände<br />

entdeckt und könnten nicht wahr oder falsch sein.<br />

Der Philosoph Peter Janich formulierte das so: „Kein<br />

Naturvorgang wird von einem Naturwissenschaftler in<br />

einen wahren Satz und damit in ein Naturgesetz gebracht,<br />

wenn nicht über das technische Know-how<br />

seiner technisch kontrollierten Simulation.“ Er führt das<br />

Beispiel des Stoffwechsels einer vom Menschen unbehelligten<br />

Pflanze an. Deren Naturgesetze können<br />

nur soweit bekannt sein, wie der Mensch in den technischen<br />

Versuchen seiner Laborchemie die gleiche Vorgänge<br />

erkennt wie in der zum Festellen dieser Gleichheit<br />

durchaus zu behelligenden Pflanze.<br />

Aus dem Gesagten folgt, dass Naturgesetze einem vorläufigen<br />

Wissen und vorläufigen technischer Möglichkeiten<br />

entsprechen, keineswegs aber in der Natur als<br />

ewige Wahrheiten vorgefunden werden. In der Natur<br />

gibt es zum jetzigen Zeitpunkt unzählige Vorgänge, die<br />

weder erkannt noch experimentell reproduzierbar sind.<br />

So bleibt es ein einfältiger Trugschluss nicht mit „Naturgesetzen“<br />

erklärbar und irrational gleichzusetzen.<br />

Und es stellt sich die Frage, ob es die „reine“, vom Menschen<br />

unabhängige Wahrheit gibt, oder ob es nicht immer<br />

in irgendeiner Form um gemeinschaftliche Lebensbewältigung<br />

und entsprechende Handlungen geht.<br />

Leider kann mir der vermeintliche Hüter der Wissenschaft<br />

nicht antworten. Es kommen keine Gegenargumente.<br />

Das Geschriebene schafft eine künstliche<br />

Autorität. So ist es, basta! Die heilsame Unmittelbarkeit<br />

des Weiterfragens, der Meinungsverschiedenheit<br />

und der Berichtigung fehlen! Nur ein Austausch „viva<br />

voce“ könnte zu einer fruchtbaren Polemik oder zu einer<br />

Übereinstimmung führen. Das ist auch einer der<br />

Gründe, weswegen Plato das geschriebene Wort ablehnte.<br />

Im Widerspruch dazu schrieb er die umfangreichen<br />

und großartigen sokratische Dialoge.<br />

Und <strong>für</strong> die Zeitung: trauen Sie keinem publizierten<br />

Fall, erheben Sie Einspruch, wenn etwas fragwürdig erscheint,<br />

dann fragen Sie und vertrauen sie keinen großzügigen<br />

Schlussfolgerungen und Verallgemeinerungen!<br />

2


Beiträge zur klassischen <strong>Homöopathie</strong><br />

Schlaflos in Linz<br />

nur um Renditen und die Art seiner Kollegen hält er<br />

schwer aus. Er schildert sich als sehr sensibel und leicht<br />

verletzbar.<br />

Herr S. fühlt sich unsicher in der Arbeit, es kommen<br />

schnell Selbstzweifel. Er leidet unter Höhenangst. Sein<br />

Studium und seine Prüfungen machte er perfekt, dennoch<br />

glaubt er, dass ihm der letzte Ehrgeiz fehlt. Die<br />

Stimmung ist konstant leicht depressiv. Das Verhältnis<br />

zu seinen Eltern ist seit 20 Jahren sehr schlecht. Diese<br />

lehnten seine Frau und jetzt seine Lebensgefährtin ab,<br />

sein Lebensstil passe ihnen nicht.<br />

Ein 42-jähriger Mann, Herr G. S., kommt mit einer<br />

jahrelangen Schlafstörung, die sowohl das Ein- als<br />

auch das Durchschlafen betrifft. Abends liegt er<br />

stundenlang wach, nachts erwacht er zwischen<br />

zwei und drei Uhr und findet kaum noch Schlaf danach.<br />

Daher sind Konzentration und Gedächtnis erheblich<br />

eingeschränkt. Das Denken fällt ihm schwer,<br />

er ist meist nervös erregt und lärmempfindlich.<br />

Herr S. erzählt spontan nur ein körperliches Problem,<br />

das ihn sehr stört: Beim Schifahren wird ihm nach längerer<br />

Zeit übel, extrem übel, besonders bei Schlechtwetter.<br />

Das Auf und Ab am Rummelplatz verträgt er<br />

nicht, es wird ihm schlecht. Schaukeln löst Übelkeit aus.<br />

Wenn er einen Kaugummi <strong>für</strong> Reisekrankheit beim<br />

Schifahren nimmt, geht es besser.<br />

Herr S. bekommt leicht Pusteln am Kinn und Hals beim<br />

Rasieren, die lange nicht verheilen.<br />

Es wird ihm schnell warm. Bei Unsicherheit und Aufregung<br />

schwitzt er leicht, auf der Oberlippe und unter<br />

den Achseln.<br />

Der Patient beschreibt sich als ruhiger Einzelgänger, der<br />

im Kontakt abwartend ist. Er neigt zum Schlucken und<br />

wird kaum zornig. Er arbeitet im Vermögensmanagement<br />

einer Bank und ist dabei nicht glücklich. Es geht<br />

Für die homöopathische Ähnlichkeitsbeziehung sticht<br />

die Verschlimmerung durch die Abwärtsbewegung einzig<br />

hervor. Wir wissen auch, dass das Natriumsalz Borax<br />

sehr sensibel auf Lärm und geistig schnell erschöpft<br />

ist, aber das sind viele Mittel. Bor gehört wie Alumina<br />

in die dritte Gruppe des Periodensystems und hat eine<br />

Beziehung zum ZNS wie letzteres, allerdings eigentümlich<br />

in seiner Art, was Koordination und Schwindel betrifft.<br />

Borax in der Q 8, drei Tropfen täglich, gefolgt von Q 10,<br />

beseitigten die Schlafprobleme nachhaltig, eine weitere<br />

Arzneigabe oder Steigerung der Potenz war in den<br />

letzten beiden Jahren nicht nötig.<br />

Dr. Klaus Payrhuber<br />

3


Praxis<br />

Fragmente zur Gaben- und<br />

Potenzwahl<br />

Heftige Schmerzen und schwere entzündliche Prozesse<br />

benötigen ebenso heftige arzneiliche Reize.<br />

Ebenso massive organische Veränderungen.<br />

Gerade bei akuten Schüben schwerer chronischer<br />

Krankheiten gibt es oft die Lehrmeinung, man solle<br />

vorsichtig und sparsam mit hohen Potenzen umgehen.<br />

Dieses Vorgehen führt oft zur Notwendigkeit allopathischen<br />

Eingreifens und zur Einlieferung ins Krankenhaus.<br />

Im November 2011 kommt ein 56-jähriger Mann wegen<br />

eines akuten Schubes seiner Colitis ulcerosa. Diese<br />

ist seit 1996 bekannt. Der Patient erlebte viele Komplikationen:<br />

eine Pankreatitis nach Salofalk, eine Sepsis<br />

vom Cava-Katheter, recid. Venenthrombosen, denen<br />

eine Pulmonalembolie folgte. Um 1996 stabil zu werden,<br />

benötigte er Imurek und Sandimmun gleichzeitig.<br />

Die homöopathische Behandlung hielt ihn immer wieder<br />

über Jahre im Gleichgewicht und frei von anderen<br />

Medikamenten. Seine Aktivität war immer groß und<br />

umschloss viele Bereiche: Beruf, Politik als Gemeinderat<br />

und Parteivorsitzender, Tätigkeiten<br />

in verschiedenen Vereinen<br />

und Organisationen, kurz<br />

im Sinn von Perikles kein<br />

„idiotes“, sondern ein Mann<br />

der „polis“.<br />

Im Juni 2010 war eine akute<br />

Symptomatik mit Übelkeit,<br />

Durchfällen und Erbrechen,<br />

Schüttelfrost und Fieber über<br />

39° aufgetreten. Diese Fieberschübe<br />

stellten sich jeden dritten<br />

Tag ein und waren von<br />

Nacken- und Kopfweh begleitet.<br />

Er wurde ins Krankenhaus<br />

eingeliefert und erhielt Cortison<br />

hoch dosiert, Anaerobex, dann<br />

Remicade-Infusionen und reagierte nur sehr langsam<br />

auf die Behandlung. Nach der Entlassung kam er zu<br />

mir, und ich verschrieb ihm Sulfur als Q-Potenz, im Februar<br />

2010 auf gleiche Weise Lycopodium. Daraufhin<br />

ging es ihm eineinhalb Jahre sehr gut.<br />

Nun kommt er am 17.11.2011. Eine Woche davor war<br />

er bei einer Routine-Colonoskopie, bei der Vorbereitung<br />

traten blutige Stühle auf. Der Befund – er zeigte<br />

mir die Fotos – ergab eine floride Entzündung im Colon<br />

transversum, eine massiv gerötete Schleimhaut mit<br />

ausgedehnten Blutungen.<br />

Seit einer Woche plagen ihn häufige – 15 bis 20x pro<br />

Tag, und davon 4 bis 5x nachts – Durchfälle, die übelriechend<br />

sind und bräunlich schaumig und wässrig aussehen.<br />

Er hat seither sechs kg abgenommen. Der Patient<br />

spürt eine “wahnsinnige“ Kälte in sich, die kommt<br />

von innen. Nachts muss er sich dick anziehen. Abends<br />

steigt das Fieber über 39°. Erleidet unter dumpfen<br />

Kopfschmerzen auf der Stirn, über den Augen, der<br />

Kopf ist benommen, wie im Nebel. Gestern fühlte er<br />

eine Enge in der Brust und hatte bei geringer Anstrengung<br />

zu wenig Luft. Im Bauch verspürt er ein Wund-<br />

4


Beiträge zur klassischen <strong>Homöopathie</strong><br />

heitsgefühl. Der Mundgeschmack ist schlecht. Er hat<br />

keinen Durst, wenn er trinkt, will nur warme Getränke.<br />

Die Zunge ist weißgelb belegt. Zwei Wochen davor war<br />

ihm ein Weisheitszahn gezogen worden, danach hatte<br />

er Antibiotika eingenommen.<br />

Herr H. S. will auf keinen Fall ins Krankenhaus, das<br />

letzte Mal hätte er es dort „fast nicht mehr geschafft“.<br />

Ich gebe Herrn H. Arsenicum album 1 M, 5 Globuli<br />

gleich, je 5 <strong>für</strong> den nächsten und den übernächsten<br />

Tag und Reserveglobuli, falls nötig. Nach drei Tagen<br />

berichtet er, dass es ihm viel besser gehe, mit jeder<br />

Gabe wurde es besser. Das Fieber verschwand, die<br />

Durchfälle gingen zurück und die Schwäche wich zusehends.<br />

Ich ließ ihn am sechsten Tag noch eine Gabe<br />

einnehmen, als die Durchfälle, die bereits aufgehört<br />

hatten, wieder einsetzten. Das nächste Mal sah ich<br />

den Patienten, als er mich im Februar 2012 wegen<br />

eines Hustens aufsuchte.<br />

Pulsatilla 1M und als zweite Wahl Belladonna 1M<br />

mit nach Hause. Der Schmerz klingt etwas ab, kommt<br />

nächsten Tag wieder, sie nimmt Schmerzmittel dazu,<br />

sie versucht Belladonna ohne Wirkung, sie sucht den<br />

HNO-Arzt auf und erhält einen Streifen und Schmerzmittel.<br />

Es dauert mehrere Wochen bis die Entzündung<br />

abklingt.<br />

Im April steht sie mit beinahe dem gleichen Problem<br />

in meiner Ordination. Seit vier Tagen pocht und drückt<br />

das linke Ohr, es ist heiß und geschwollen. Sie war<br />

bereits bei einer HNO-Ärztin, die kleine Abszesse im<br />

Gehörgang feststellte. Den Diprogenterstreifen hat die<br />

Patientin heute entfernt, weil sie ihn nicht mehr aushielt.<br />

Frau B. S. erhält Pulsatilla 1M je fünf Globuli<br />

an drei hintereinander folgenden Tagen. Die Schmerzen<br />

klingen nach der ersten Gabe etwas ab, nach der<br />

zweiten vermindern sie sich deutlich, nach drei Tagen<br />

ist sie schmerzfrei und benötigte kein Schmerzmittel.<br />

Eine andere Möglichkeit wäre<br />

vom Patienten täglich, am besten<br />

mehrmals, eine Rückmeldung<br />

über den Verlauf abzuwarten<br />

und dementsprechend<br />

die Arznei zu wiederholen.<br />

Das würde vor allem in der<br />

eigenen Klinik funktionieren.<br />

Im Falle ausbleibender Besserung<br />

sollte man bei derartigen<br />

Krisen natürlich immer<br />

erreichbar sein.<br />

––––––––––––––––––––––––––––––––––<br />

Eine 54-jährige Frau ist seit 16 Jahren meine Patientin.<br />

Sie kam damals wegen Asthma bronchiale<br />

und Ekzemen. Am 19.1.12 berichtet sie über heftige<br />

Ohrenschmerzen rechts seit zwei Tagen. Sie<br />

hätte sich in den Ohren viel gekratzt, weil es in<br />

beiden Gehörgängen gejuckt hätte.<br />

Es sticht und pulsiert. Das Ohr ist heiß und „bamstig“.<br />

Der Meatus ist völlig zugeschwollen, man darf mit dem<br />

Otoskop kaum ankommen. Die Patientin hätte zuletzt<br />

extrem heiße Füße gehabt und sich auf den kalten Fließen<br />

gekühlt. Der Schmerz ist unerträglich. Ich gebe<br />

Was ich sagen will, ist, dass ich beobachtet habe, heftige<br />

Krankheitsverläufe brauchen viel arzneiliche Energie.<br />

Zögern kann vom richtigen Mittel weg und hin<br />

zum homöopathischen Scheitern führen.<br />

Wobei jede regelhafte zeitliche Festsetzung der Wirkungsdauer<br />

einer bestimmten Arzneigabe in bestimmter<br />

Potenz absurd ist. Sobald die Wirkung nachlässt,<br />

muss wiederholt werden. Bei hochakuten Störungen<br />

kann eine häufige Wiederholung hoher Potenzen notwendig<br />

sein, das Gleiche gilt <strong>für</strong> schwere Pathologien<br />

und <strong>für</strong> progredient verlaufende entzündliche Prozesse.<br />

Darüber an anderer Stelle.<br />

Dr. Klaus Payrhuber<br />

5


Praxis<br />

Schmerzen als ein Versuch<br />

den Schmerz zu ertragen<br />

Frau I. A., 49 Jahre alt, kommt wegen chronischer<br />

Schmerzen im Gesicht zu mir. 2008 erkrankte sie<br />

an einer Sinusitis und man empfahl ihr eine Operation<br />

der Nebenhöhlen. Seit zwei Jahren sind die<br />

Schmerzen deutlich schlimmer. Es handelt sich um<br />

ziehende Schmerzen im Ober- und Unterkieferbereich,<br />

die median zum Hals und zu den Ohren<br />

ausstrahlen. Wiederholt erhielt sie Antibiotika. Vor<br />

einem halben Jahr zeigte eine MRT der Nebenhöhlen<br />

allerdings nur minimale Veränderungen. Als Nebenbefund<br />

beschriebene, vereinzelte, kleine whitematter<br />

lesions supratentoriell stufte die Neurologin<br />

als unbedeutend und nicht sicher pathognomisch<br />

ein. Vor zwei Monaten traten drückende Schmerzen<br />

beidseits maxillar auf. Deswegen erhielt sie<br />

erneut ein Antibiotikum. Schnupfen hat sie nur selten,<br />

sie macht aber täglich eine Nasenspülung. Sie<br />

hat auch das Gefühl, sie müsse täglich Schleim, der<br />

vom Nasenrachenraum kommt, wegschlucken, was<br />

kaum gelingt. Kopfweh frontal und occipital begleitet<br />

öfter den Gesichtsschmerz. Das Kopfweh ist in<br />

geschlossenen Räumen stärker. Seit einem Monat<br />

haben sich die Symptome deutlich verstärkt. Frau I.<br />

nimmt täglich mehrmals Mexalen und Harmomed.<br />

Sie meint die Entzündungen und Schmerzen wären<br />

durch die Klimaanlage an ihrem Arbeitsplatz ausgelöst<br />

worden und nach dem letzten Infekt hätte<br />

man ihr einen Operationstermin angeboten.<br />

Vor zwei Jahren wurde ihr Sohn als Fußgänger von<br />

einem Auto niedergestoßen und tödlich verletzt. Vor<br />

acht Jahren kam sie dazu, als ein Mann sich auf der<br />

Schipiste tödlich verletzte und vor 20 Jahren holte sie<br />

die Polizei nachdem sie verdächtige Geräusche gehört<br />

hatte. Die Polizisten fanden ihre Nachbarin ermordet<br />

vor. Immer wieder und immer dramatischer war sie mit<br />

dem Tod in Berührung gekommen. Bis vor fünf Jahren<br />

litt sie an Panikattacken und anorektischen Beschwerden,<br />

wobei ihr nur chinesische Medizin half. Die Ursache<br />

sieht sie in Schwierigkeiten mit den Schwiegerel-<br />

tern und ihrer Zerrissenheit zwischen einem Bürojob<br />

und der Mitarbeit im Betrieb der Gattenfamilie.<br />

Die Patientin friert leicht und hat abends im Bett kalte<br />

Füße. Bei Zug und Wind muss der Kopf bedeckt sein.<br />

Phasenweise kommen Hitzewallungen nachts mit<br />

Schwitzen im Brustbereich. Das Verlangen nach süßen<br />

Dingen ist stark. Der Hals soll frei sein. Viele Monate<br />

hatte sie ein Knödelgefühl im Hals. Sonne verträgt sie<br />

wenig, sonst bekommt sie Kopfschmerzen.<br />

Ein rheumatische Fieber mit Myocarditis war die hervorstechende<br />

Krankheit ihrer Kindheit. Bei Aufregung<br />

treten leicht Durchfälle auf.<br />

Gesellschaft meidet sie und wenn Gesellschaft, dann<br />

dürfen es nur wenige Menschen sein. Im Kontakt ist<br />

sie abwartend und sie schluckt alles und will es jedem<br />

recht machen. Sie litt immer unter großem Lampenfieber.<br />

Sie ist ein mitfühlender Mensch, der zum Grübeln<br />

neigt. Ordnung und Perfektion sind ihr sehr wichtig.<br />

Den Tod ihres Sohnes kann sie nicht annehmen, will sie<br />

nicht annehmen. Es tut so weh und sie spürt das auch<br />

beim Herz. Sie weint.<br />

Nicht, dass dieser unbeherrschbare Schmerz, dessen<br />

Feuer unvermindert lodert, dieses Nichtannehmenkönnen<br />

der Realität, Ignatia groß vor unserem geistigen<br />

Auge aufleuchten lässt, ist beeindruckend und auffallend,<br />

nein, es ist diese völlige Entkoppelung der körperlichen<br />

Schmerzen vom seelischen Leiden. Der Gesichtsschmerz<br />

als Sprachrohr der Seele. Und wie viele Kollegen<br />

diesen Aufschrei nicht hörten!<br />

Ignatia 10 M, 5 Globuli machen die Patientin bereits<br />

am nächsten Tag schmerzfrei <strong>für</strong> sieben Wochen – bis<br />

zu einer Gerichtsverhandlung mit dem Todeslenker,<br />

die eine Wiederholung der Arznei erfordert – und sie<br />

beginnt in die Realität zurückzukehren, sieht und erlebt<br />

auch wieder die positiven Dinge des Lebens. Sie<br />

kann beginnen ihren seelischen Trümmerhaufen aufzuräumen.<br />

Die Arznei greift ein als jenes unsichtbare<br />

Schwert, das die Ankettung an den fruchtlosen Kummer<br />

durchschlägt und aus dem Stillstand befreit, unvergleichlich<br />

sanft und schnell.<br />

6


Beiträge zur klassischen <strong>Homöopathie</strong><br />

Wir sehen, dass neuralgische Schmerzen im Trigeminusbereich<br />

(entlang des Nerven – eine Rubrik von<br />

Hoyes) Ignatia bestätigen, aber bei den Lokal- und<br />

sonstigen Allgemeinsymptomen Ignatia nur an 20.<br />

Stelle auftaucht. Der seelische Zustand spricht aber<br />

eindeutig <strong>für</strong> diese Arznei. Völlig unbewusst führte<br />

die Patientin sich selbst und ihre Ärzte auf falsche Spuren,<br />

deren Verfolgung ihren Zustand nur prolongieren<br />

konnten. Da nützte auch kein Harmomed, geschweige<br />

denn hätte eine Operation geholfen. In solchen Situationen<br />

ist die <strong>Homöopathie</strong> der überlegene Zugang.<br />

Dr. Klaus Payrhuber<br />

7


Quiz<br />

Das Quiz 1 - 2012<br />

Frau E. R. leidet seit Monaten unter Halsschmerzen.<br />

Gleichzeitig besteht ein chronischer Katarrh mit retronasalem<br />

Sekret. Seither ist sie körperlich wenig belastbar.<br />

Im Hals verspürt sie ein ständiges Kältegefühl.<br />

Kalte Luft einzuatmen verschlimmert sofort, die Luft<br />

muss warm sein. Es darf nichts Kaltes in den Mund<br />

kommen, das betrifft die Atemluft, Essen und Getränke.<br />

Das war im September 2008. Im Jänner 2006<br />

hatte ich sie zum ersten Mal gesehen, damals half ihr<br />

Sepia C 200 gegen Haarausfall und Kopfschmerzen.<br />

Nach x hörte ich lange nichts von ihr. Im Februar 2012<br />

kam sie mit heftigen Schmerzen im Gesicht, die sie auf<br />

eine Sinusitis zurückführte. Seit zwei Wochen besteht<br />

ein Schnupfen, der im Freien beim Schifahren immer<br />

besser war. Seit vier Tagen leidet sie unter drückenden<br />

Schmerzen über den Augen, die sich dann ins Gesicht<br />

und zu den Oberkiefern ausdehnten. Seit gestern sticht<br />

und drückt das ganze Gesicht, besonders die Oberkiefer.<br />

Bücken ist unmöglich. Ihr Rotlichtversuch machte<br />

es noch schlimmer. Die Wärme im Zimmer tut ihr nicht<br />

gut und kühle Luft ist sehr angenehm. Das Sekret ist<br />

dickgelb und kommt nur vorne. Ich verabreiche y 10M.<br />

Einfaches Repertorisieren müsste x und y auflösen.<br />

Wer die Arznei x oder/und y zuerst an unser<br />

Sekretariat mailt, erhält einen Buchgutschein<br />

im Wert von 60 Euro.<br />

Dr. Klaus Payrhuber<br />

Foto: isignstock<br />

Die Lösungen vom letzten Mal<br />

Quiz 1, der Insektenstich<br />

Die richtige Arznei ist Bufo. Der Patient erhielt 5 Globuli<br />

einer 10 M, welche die Rötung innerhalb weniger<br />

Tage verschwinden lässt. Durch Repertorisieren ist diese<br />

Problemstellung kaum zu lösen. Hier ist es wichtig die<br />

Eigentümlichkeiten und die Dynamik der Arznei aus der<br />

Materia medica zu kennen. An die Kröte, Bufo rana,<br />

ist als erstes Mittel zu denken bei Lymphangitis, gleichgültig,<br />

ob sie von einer Verletzung, einem Insektenstich<br />

oder einer Nagelbettentzündung ausgeht, wenn sonst<br />

keine charakteristischen Symptome vorliegen.<br />

8


Beiträge zur klassischen <strong>Homöopathie</strong><br />

Quiz 2, die Krampfanfälle<br />

Bei der Repertorisation erscheinen Belladonna und<br />

Nux-vomica prominent. Auch die getrennte Darstellung<br />

der psychischen Symptome unten weist auf diese<br />

beiden Mittel hin. Es gibt gute Gründe eine dieser beiden<br />

Arzneien zu verschreiben. Dass Belladonna bei<br />

Krampfanfällen von Kleinkindern viel eher angezeigt ist<br />

und das prompte Auffiebern und die Verschlimmerng<br />

der Anfälle nach der Impfung, sprechen mehr <strong>für</strong> Belladonna.<br />

Nach zwei Gaben der Arznei kamen keine Anfälle<br />

mehr.<br />

Dr. Klaus Payrhuber<br />

9


Materia medica<br />

Die Darmnosoden (Teil 2)<br />

In diesem zweiten Teil soll auf die praktische Verwendung<br />

der Darmnosoden hingewiesen werden.<br />

Die Indikationen <strong>für</strong> die Darmnosoden sind nach<br />

P. Sankaran 2 :<br />

Randeria 1 schreibt, dass man aufgrund von Patientensymptomen<br />

bis zu einem gewissen Maß die Art der<br />

pathogenen Keime vorhersagen kann.<br />

Bei Patienten mit ungewöhnlichen Ängsten, wie z. B.<br />

vor Feuer, Höhe, Menschenmengen oder Verkehr<br />

findet man fast immer Bacillus Gärtner. Stark angespannte,<br />

sehr reizbare oder nervöse Personen mit<br />

einem ängstlichen Gesichtsausdruck und oft starrem<br />

Blick haben oft einen Bazillus der Proteusgruppe und<br />

solche, die schnell Blutergüsse und Blutungen haben<br />

und unter Angst und Vorahnungen leiden, haben im<br />

allgemeinen einen Keim vom Typ Dysenterie.<br />

1. Bei Symptomenähnlichkeit zwischen Patientenund<br />

Nosodenbild.<br />

2. Falls das offensichtlich indizierte Mittel versagt. In<br />

diesem Fall kann die korrespondierende Nosode<br />

verschrieben werden, z. B. Morgan (Bach) bei<br />

Sulfur, Gärtner bei Phosphor. Für die korrespondierende<br />

Nosode <strong>für</strong> ein jedes Mittel gibt es genaue<br />

Auflistungen, welche noch aufgeführt werden.<br />

3. Falls mehrere Nosoden indiziert erscheinen, keine<br />

jedoch klar und deutlich, kann eine Nosode gewählt<br />

werden, die zur Mehrzahl dieser Mittel paßt.<br />

Wenn z. B. ein Patient Symptome von Sulf, Calc,<br />

Nat-c, Sep und Nat-m zeigt, können wir ihm Morgan<br />

(Bach) verordnen.<br />

4. In Fällen, in denen mehrere Mittel halfen, keines jedoch<br />

heilen konnte, können wir die Nosoden wählen,<br />

die zur Mehrzahl der Mittel eine Beziehung<br />

steht, auf die der Patient gut ansprach. Reagiert<br />

der Patient beispielsweise gut auf Anac, Arg-n, Ars,<br />

Kalm, dann kann Dysenterie-co gegeben werden.<br />

Diese Anleitung unterscheidet sich eigentlich nicht zu<br />

der Verwendung der klassischen Nosoden in der <strong>Homöopathie</strong>.<br />

In der Literatur finden sich verschiedene Angaben zu<br />

den Vergleichsmitteln.<br />

Hier sollen einige Darmnosoden und ihre Vergleichsmittel<br />

anhand dreier Autoren 3 verglichen werden. Die<br />

Liste soll auch dazu dienen, die Darmnosoden nach<br />

den Anwendungsrichtlinien P. Sankarans in der Praxis<br />

zu verwenden:<br />

10


Beiträge zur klassischen <strong>Homöopathie</strong><br />

Morgan pure:<br />

Sankaran Mettler Saxton<br />

Alumina Alumina Alumina<br />

Barium carbonicum Barium carbonicum Antimonium crudum<br />

Calcium carbonicum Calcium carbonicum Barium carbonicum<br />

Calcium sulfuricum Calcium sulfuricum Calcium carbonicum<br />

Carbo vegetabilis Carbo vegetabilis Calcium fluoricum<br />

Digitalis Carboneum sulfuratum Calcium silicatum<br />

Ferrum carbonicum Diguitalis Calcium sulphuricum<br />

Magnesium carbonicum Graphites Carbo animalis<br />

Petroleum Kalium carbonbicuzm Carbo vegetabilis<br />

Sepia Magnesium carbonicum Causticum<br />

Sulfur Medorrhinum Digitalis<br />

Medorrhinum Natrium, carbonicum Ferrum carbonicum<br />

Psorinum Petroleum Graphites<br />

Tuberculinum Psorinum Hamamelis<br />

Sulfur<br />

Tuberkulinum<br />

Histamin<br />

Hepar sulphuricum<br />

Lycopodium<br />

Magnesium carbonicum<br />

Medorrhinum<br />

Natrium cartbonicum<br />

Natrium sulphuricum<br />

Nux vomica<br />

Petroleum<br />

Psorinum<br />

Rhus toxicodendron<br />

Robinia<br />

Sepia<br />

Silicea<br />

SSC<br />

Sulphur<br />

Thuja<br />

Tuberculinum<br />

11


Materia medica<br />

Proteus:<br />

Sankaran Mettler Saxton<br />

Ammonium muriaticum Apis Ammonium bromatum<br />

Aurum muriaticum Aurum muriaticum Ammonium muriaticum<br />

Apis Barium muriaticum Apis mellifica<br />

Barium muriaticum Borax Aurum muriaticum<br />

Borax Conium Borax<br />

Conium Cuprum Calcium muriaticum<br />

Cuprum Calcium muriaticum Cholesterinum<br />

Calcium muriaticum Ferrum muriaticum Colocynthis<br />

Ferrum muriaticum Ignatia Conium<br />

Ignatia Kalium muriaticum Cuprum metallicum<br />

Kalium muriaticum Magnesium muriaticum Ferrum muriaticum<br />

Magnesium muriaticum Muriaticum acidum Hepar sulphuris<br />

Muriaticum acidum Natrium muriaticum Hyoscyamus<br />

Natrium muriaticum Secale Ignatia<br />

Secale<br />

Kalium muriaticum<br />

Magnesium muriaticum<br />

Muriaticum acidum<br />

Natrium muriaticum<br />

Nitricum acidum<br />

Nux vomica<br />

Sarracenia purpurea<br />

Secale cornutum<br />

Sepia<br />

Staphysagria<br />

Faecalis:<br />

Sankaran Mettler Saxton<br />

Sepia Sepia Anacardium<br />

Carcinosinum<br />

Sepia<br />

12


Beiträge zur klassischen <strong>Homöopathie</strong><br />

Dysenterie co:<br />

Sankaran Mettler Saxton<br />

Anarcadium Anacardium Ammonium carbonicum<br />

Argentum nitricum Argentum nitricum Anacardium<br />

Arsenicum album Arsenicum album Abies canadensis<br />

Cadmium metallicum Cadmium metallicum Abies nigra<br />

Kalmia latifolia Kalmia latifolia Antimonium crudum<br />

Veratrum album Veratrum album Argentum nitricum<br />

Veratrum viride Veratrum viride Arnica<br />

Arsenicum album<br />

Arsenicum sulphuratum<br />

Bacillinum<br />

Cadmium metallicum<br />

Cactus grandiflora<br />

Carbo vegetabilis<br />

Carcinosinum<br />

China<br />

Chininum arsenicosum<br />

Cioffea cruda<br />

Digitalis<br />

Dulcamara<br />

Gelsemium<br />

Graphites<br />

Kalium carbonicum<br />

Kalmia latifolia<br />

Kreosotum<br />

Lachesis<br />

Lathyrus sativus<br />

Ledum<br />

Lycopodium<br />

Magnesium muriaticum<br />

Natrium carbonicum<br />

Phosphorus<br />

Platinum<br />

Ptelea trifoliata<br />

Pulsatilla<br />

Sanguinaria<br />

Sarsaparilla<br />

Sepia<br />

Spongia tosta<br />

Tuberculinum bovinum<br />

Veratrum album<br />

Veratrum viride<br />

13


Materia medica<br />

Sankaran und Mettler berufen sich zum Großteil auf<br />

die Erfahrungen von Paterson, dessen Liste von Saxton<br />

massiv erweitert wurde. Dieser erwähnte leider nicht,<br />

woher diese Information stammt, zum Teil ist es eigene<br />

Erfahrung, zum Teil die Erfahrung von Kollegen.<br />

Neben der Symptomatologie des Patienten sollen<br />

auch die Vergleichsmittel, entsprechend den da<strong>für</strong><br />

bestehenden Listen, zur Wahl der richtigen Darmnosode<br />

verwendet werden. Wie bereits im ersten Teil<br />

erwähnt, gibt es keine Arzneimittelprüfungen zu diesen<br />

Arzneien. Die Erfahrung beruht auf den Symptomensammlungen<br />

der behandelten Patienten und den<br />

erfolgten klinischen Erfahrungen. Inzwischen gibt es<br />

zu den Darmnosoden auch schon ziemlich umfangreiche<br />

Symptomensammlungen, die durchaus solchen<br />

herkömmlicher Arzneien entsprechen. Neben den Gemütssymptomen<br />

gibt es auch die körperlichen Symptome,<br />

in der einschlägigen Lieratur nach dem Kopfzu-Fuß-Schema<br />

angeordnet.<br />

Der Hauptnutzen der Darmnosoden liegt in der Behandlung<br />

chronischer Erkrankungen, Indikationen bei<br />

akuten Krankheiten gibt es wenige.<br />

Paterson unterschied zwei Gruppen von Patienten. Patienten,<br />

welche erstmals homöopathisch behandelt<br />

werden und solche, die bereits unter homöopathischer<br />

Therapie stehen.<br />

Bei neuen Patienten sollte primär das passende „normale“<br />

Mittel verabreicht werden; ist man sich bei der<br />

Arzneiwahl nicht sicher, kann man die Liste mit den<br />

Vergleichsmitteln heranziehen und die passende Darmnosode<br />

geben.<br />

Bei bereits homöopathisch behandelten Patienten, ist<br />

die Sache schwieriger, ein Stuhlbefund wird empfohlen,<br />

was heute nicht so einfach ist, da es sich bei den<br />

jeweiligen Darmnosoden um ein Gruppe von Bakterien<br />

(„polyvalenteVakzine“) handelt. Saxton erwähnt, dass<br />

<strong>für</strong> Gaertner Bach und Bacillus 10 kein modernes Äquivalent<br />

vorliegt.<br />

Für z. B. Morgan Pure führt er Morganella morganii,<br />

Proteus mirabilis, Aeromonas salmonicida, Salmonella<br />

subgenus IV, Edwardsiella tarda, Escherichia blattae<br />

und Hafnia alvei an.<br />

Wie weit einem das in der heutigen Praxis weiterhelfen<br />

kann, wird durchaus kritisch zu betrachten sein.<br />

Die Wahl der richtigen Darmnosode bei bereits in<br />

homöopathischer Behandlung stehender Patienten erfolgt<br />

wie auch sonst in der <strong>Homöopathie</strong>.<br />

Unterschiedliche Angaben gibt es zu der Dosierung der<br />

Darmnosoden. Die Autoren sind sich einig, dass diese<br />

Mittel nicht zu häufig wiederholt werden sollen, was ja<br />

heute auch bei den herkömmlichen Arzneimitteln nicht<br />

anders ist. Darauf wurde bereits direkt von Paterson<br />

hingewiesen, daher dürften sich die nachfolgenden<br />

Autoren hier einig sein. Eine Wiederholung soll nicht<br />

innerhalb von drei Monaten erfolgen.<br />

Saxton schreibt, dass eine allgemeine Potenzempfehlung<br />

die C 30 ist. P. Sankaran verordnet sie nach<br />

denselben Regeln wie bei den konventionellen<br />

Arzneien.<br />

Paterson selbst erwähnte in seinem Vortrag am Liga-<br />

Kongress 1949 in Lyon auch den Einsatz höherer<br />

Potenzen, vor allem <strong>für</strong> akute Erkrankungen und<br />

beim Vorliegen deutlicher Gemütssymptome.<br />

Nun soll als Beispiel eine Darmnosode zusammenfassend<br />

dargestellt werden. Grundlage <strong>für</strong> diese Zusammenfassung<br />

sind die bereits oben angeführten Literaturquellen.<br />

Morgan Bach:<br />

Bacillus Morgan ist der häufigste im Stuhl gefundene<br />

Laktose nicht vergärende Keim. Für diese Nosode gibt<br />

es eine große Zahl an Vergleichsmitteln.<br />

Synonym: Morgan pure<br />

Gemüt: Größe Ängstlichkeit; im Repertorium (Complete<br />

4.5) finden sich folgende Angst-Rubriken:<br />

MIND; FEAR; agoraphobia (27) *<br />

MIND; FEAR; alone, of being (80) *<br />

MIND; FEAR; alone, of being; company,<br />

with aversion to, yet fears to be alone (16) *<br />

MIND; FEAR; crowd; in a (58) *<br />

MIND; FEAR; dark (61) *<br />

MIND; FEAR; disease, of; impending (88) *<br />

MIND; FEAR; happen; something will (98) *<br />

MIND; FEAR; narrow place, in, claustrophobia (44) *<br />

MIND; FEAR; unknown, of the (5) *<br />

14


Beiträge zur klassischen <strong>Homöopathie</strong><br />

Daraus ersichtlich ist die interessante Kombination Abneigung<br />

gegen Gesellschaft und Furcht vor Menschenmengen<br />

mit der Furcht, alleine zu sein.<br />

Die Patienten beobachten sich selbst sehr genau<br />

(Furcht um die Gesundheit).<br />

Aufgrund der Ängstlichkeit kann es zu nervöser Reizbarkeit<br />

kommen.<br />

Eine gewisse Erwartungsspannung besteht, vor neuen<br />

Situationen und unbekannten Personen.<br />

Traurigkeit bis zur Depression mit Selbstmordgedanken<br />

(Herabstürzen) und Weinen.<br />

Der körperliche Fokus liegt, wie vielleicht nicht anders<br />

zu vermuten bei gastrointestinalen Beschwerden, im<br />

Kopf, in der Haut und den Extremitäten. Klinische Indikationen<br />

sind Arthritis und Rheuma, vor allem im Kniegelenk<br />

und den Phalangealgelenken.<br />

Die Gelenke sind geschwollen und steif; Kraftlosigkeit<br />

in den Extremitäten. Die Schmerzen verschlimmern<br />

sich in der Nacht, in Wärme und bei beginnender<br />

Bewegung.<br />

Ein sogenanntes Keynote sind kindliche Hautausschläge.<br />

P. Sankaran meint, beinahe alle kindlichen<br />

Ekzeme können dieses Mittel brauchen, Paterson erwähnt<br />

Ekzeme während der Zahnung. Juckende Hautausschläge,<br />

agg. durch Wärme, wäßrig-eitriges Sekret,<br />

rasch entstehende Hauterscheinungen. Die Hautauschläge<br />

können bei Kindern überall auftreten, bevorzugt<br />

auch hinter, in und um die Ohren.<br />

Bei den gastrointestinalen Symptomen kann man an<br />

alle möglichen Symptome denken, auffallend der Bezug<br />

zur Gallenblase, Pruritus ani und Hämorrhoiden,<br />

Sodbrennen und Blähungen.<br />

Modalitäten:<br />

Verschlimmerung: Wärme/Hitze, Waschen, nachts,<br />

16.00 bis 20:00, beginnende Bewegung<br />

Besserung: Essen, fortgesetzte Bewegung.<br />

Dr. Bernhard Zauner<br />

1) J. P. Randeria, Die Darmnosoden, ZKH 2/2001, Bd 45, S. 60 – 63,<br />

nach einem Vortrag am Liga Kongress 2000 in Budapest<br />

2) P. Sankaran. „Indikationen und Anwendungen der Darmnosoden“,<br />

ZKH 4/1968, S. 160-167<br />

3) P. Sankaren (s.2); Wolfgang Mettler, Die Darmnosoden, Verlag<br />

Müller & Steinicke München, unveränderter Nachdruck 2008;<br />

John Saxton, Die Darmnosoden in der homöopathischen Praxis,<br />

Narayana-Verlag, 2009<br />

15


Arzneianwendung<br />

Pfefferminze, Kaffee & Co –<br />

schuldig oder unschuldig?<br />

Foto: isignstock<br />

Pfefferminzhaltige Produkte werden neben Kaffee<br />

und Kampfer in der <strong>Homöopathie</strong> häufig als<br />

Antidote während der homöopathischen Therapie<br />

gesehen.<br />

Warum diese Bedenken bestehen, ist nicht vollständig<br />

zu klären.<br />

Beginnen wir bei Hahnemann, wo man in verschiedenen<br />

Schriften Hinweise findet, der jedoch nicht<br />

ausschließlich die Minze und den Kaffee erwähnt.<br />

Als erstes finden wir in der Anmerkung zu §260<br />

Organon, 6. Auflage i einen Hinweis:<br />

„Kaffee, feiner chinesischer und anderer Kräuterthee;<br />

Biere mit arzneilichen, <strong>für</strong> den Zustand des Kranken<br />

unangemessenen Gewächssubstanzen angemacht,<br />

sogenannte feine, mit arzneilichen Gewürzen bereitete<br />

Liqueure, alle Arten Punsch, gewürzte Schokolade,<br />

Riechwasser und Parfümerieen mancher Art, stark<br />

duftende Blumen im Zimmer, aus Arzneien zusammengesetzte<br />

Zahnpulver und Zahnspiritus, Riechkißchen,<br />

hochgewürzte Speisen und Saucen, gewürztes<br />

Backwerk und Gefrornes mit arzneilichen Stoffen,<br />

z.B. Kaffee, Vanille u.s.w. bereitet, rohe, arzneiliche<br />

Kräuter auf Suppen, Gemüße von Kräutern, Wurzeln<br />

und Keim-Stengeln (wie Spargel mit langen, grünen<br />

Spitzen), Hopfenkeime und alle Vegetabilien, welche<br />

Arzneikraft besitzen, Selerie, Petersilie, Sauerampfer,<br />

Dragun, alle Zwiebel-Arten, u.s.w.; alter Käse und<br />

Thierspeisen, welche faulicht sind, (Fleisch und Fett<br />

von Schweinen, Enten und Gänsen, oder allzu junges<br />

Kalbfleisch und saure Speisen; Salate aller Art), welche<br />

arzneiliche Nebenwirkungen haben, sind eben so sehr<br />

von Kranken dieser Art zu entfernen als jedes Uebermaß,<br />

selbst das des Zuckers und Kochsalzes, so wie<br />

geistige, nicht mit viel Wasser verdünnte Getränke; Stubenhitze,<br />

schafwollene Haut-Bekleidung, sitzende Lebensart<br />

in eingesperrter Stuben-Luft, oder öftere, bloß<br />

negative Bewegung (durch Reiten, Fahren, Schaukeln),<br />

übermäßiges Kind-Säugen, langer Mittagsschlaf im Liegen<br />

(in Betten), Lesen in wagerechter Lage, Nachtleben,<br />

Unreinlichkeit, unnatürliche Wohllust, Entnervung<br />

durch Lesen schlüpfriger Schriften, Onanism oder, sei<br />

es aus Aberglauben, sei es um Kinder-Erzeugung in<br />

der Ehe zu verhüten, unvollkommner, oder ganz unterdrückter<br />

Beischlaf; Gegenstände des Zornes, des Grames,<br />

des Aergernisses, leidenschaftliches Spiel, übertriebene<br />

Anstrengung des Geistes und Körpers, vorzüglich<br />

gleich nach der Mahlzeit; sumpfige Wohngegend<br />

und dumpfige Zimmer; karges Darben, u.s.w. Alle diese<br />

Dinge müssen möglichst vermieden oder entfernt werden,<br />

wenn die Heilung nicht gehindert oder gar unmöglich<br />

gemacht werden soll. Einige meiner Nachahmer<br />

scheinen durch Verbieten noch weit mehrer, ziemlich<br />

gleichgültiger Dinge die Diät des Kranken unnöthig<br />

zu erschweren, was nicht zu billigen ist.“<br />

16


Beiträge zur klassischen <strong>Homöopathie</strong><br />

Hier finden sich aber äußerst viele Substanzen und<br />

auch Tätigkeiten, welche eine Arznei in ihrer Wirkung<br />

einschränken können.<br />

In der RAL ii finden wir unter einer Anmerkung<br />

bei China:<br />

Da wird immer noch ein Umschlag von sogenannten<br />

aromatischen oder zertheilenden Kräuterchen auf die<br />

leidendste Stelle, (gleich als wenn diese keinen Effect<br />

durch die Geruchsnerven auf den Kranken machten,<br />

und nicht durch die Haut als andersartige Arznei einwirkten!)<br />

eine eingeriebne arzneiliche Salbe, oder eine<br />

arzneikräftige Dampfbähung, oder ein arzneiliches<br />

Gurgelwasser, oder ein Blasen- oder Senfpflaster, oder<br />

mancherlei halbe, ganze oder Fuss- Bäder, oder Klystire<br />

von Baldrian, Chamillen u.s.w. (gleich als wenn<br />

das Alles nichts wäre und nicht als andersartige, mächtige<br />

Arznei durch Haut, Mund, Mastdarm, Grimmdarm<br />

u.s.w. auf das Befinden des Menschen wirkte!), oder<br />

ein Thee von Münze, Chamillen, Hollunderblüthen,<br />

sogenannten Brustkräutern u.s.w. (gleich als wäre eine<br />

Hand voll solcher Kräuter oder Blüthen mit kochendem<br />

Wasser ausgezogen <strong>für</strong> nichts zu rechnen!) nebenbei<br />

anzuwenden.“<br />

Verbote auf die Behandlung der psorischen Hauterkrankungen<br />

beziehen, da Hahnemann in diesem Zusammenhang<br />

auch andere Dinge wie z. B. wollene<br />

Unterwäsche und heiße Bäder erwähnt und diese ja<br />

bekanntlich Hautleiden negativ beeinflussen können.<br />

Ein anderer Grund, warum Hahnemann so viele verschieden<br />

Substanzen anführt, auf die man achten soll,<br />

ist wieder in einer seiner Schriften v zu finden: Er beklagt<br />

sich, dass in zeitgenössischen Fallberichten behauptet<br />

wird, dass ein Patient nicht nur mit einer arzneilichen<br />

Substanz behandelt wird, sondern gleich<br />

mit mehreren, die aber als nichtarzneilich angesehen<br />

werden. Er erwähnt einen Patienten mit Fallsucht, der<br />

mit Baldrian geheilt worden ist, dem aber auch Oleum<br />

tartari per deliquium, Tinctura coloynthidis und Bäder<br />

von Calmus und Münze (gemeint ist dabei die Pfefferminze)<br />

und andere gewürzhafte Substanzen verabreicht<br />

wurden.<br />

Hahnemann postulierte in seinen Schriften immer eine<br />

Einzelmitteltherapie, aber <strong>für</strong> ihn war auch immer klar,<br />

dass auch all die anderen verordneten Substanzen eine<br />

arzneiliche Wirkung haben können (s. §259 und §261,<br />

ORG6), bzw. den Patienten beeinflussen können und<br />

natürlich auch die Wirkung der verordneten Arznei.<br />

Im Kapitel über die Psora in den CK iii finden wir<br />

eine ähnliche Passage:<br />

„Aus vielen, leicht in die Augen fallenden Gründen,<br />

doch schon um seine feinen Arznei-Gaben in ihrer<br />

Wirkung nicht hindern zu lassen, kann der homöopathische<br />

Arzt keinen Zwischengebrauch, obschon bisher<br />

angewöhnter Hausmittel bei seiner antipsorischen<br />

Kur erlauben, keine Parfümerien irgend einer Art, kein<br />

Riechwasser, kein Riechbüchschen, keine Baldrian- oder<br />

andere Kräuter-Thee, keine Pfeffermünzkügelchen,<br />

keine gewürzte Konditor-leckereien oder Anies-Zucker,<br />

oder Magen-Morsellen, oder Liqueure, keine Isländermoos-<br />

oder gewürzte Schokolade, keine Mund-Latweregn,<br />

Zahntinkturen, oder Zahnpulver gewöhnlichen<br />

Schlags und wie die übrigen, ähnlichen Luxus-Artikel<br />

alle heißen mögen.“<br />

H. Rembges iv meint, da sich der oben zitierte Ausschnitt<br />

im Kapitel Psora der CK befindet, sich diese<br />

Warum Hahnemann all diese Substanzen auflistet, liegt<br />

auch darin, dass er ein bedeutender Diätetiker war,<br />

der sich viele Gedanken über die <strong>für</strong> den Menschen<br />

passende Ernährung und Lebensweise machte. Viele<br />

interessante Aspekte, die dieses Thema beleuchten,<br />

finden wir in „Diätisches Gespräch, vorzüglich über den<br />

Mageninstinkt“ vi (aus Freund der Gesundheit, 1792).<br />

Daraus die folgenden Sätze: „Wie kann wohl ein Ding,<br />

welches wir hinterschlingen können, in allen Fällen und<br />

bei jeder Körperverfassung allgemein gesund, heilsam,<br />

unschuldig, schädlich, giftig seyn? Jedes Ding hat<br />

seine Zeit, spricht der weise König, und, mir deucht, er<br />

spricht weit vernünftiger, als die meisten Diätetiker.“<br />

Bei Bönninghausen vii finden wir noch eine passende<br />

Stelle, zu Hahnemanns Aussagen: In diesem Artikel<br />

findet man eine genaue Auflistung von Speisen und<br />

Getränken, welche erlaubt sind und welche nicht empfohlen<br />

werden.<br />

17


Arzneianwendung<br />

„Unter den Getränken steht der, durch seine bedeutenden,<br />

bei weitem die meisten Arzneikräfte aufhebenden<br />

und mächtig auf den ganzen Organismus<br />

wirkenden Eigenschaften ausgezeichnete Kaffee als<br />

durchaus verboten oben an, und kann fast niemals<br />

gestattet werden. Dasselbe gilt vom Kaffee, welcher<br />

aus Eicheln, Cichorien, oder der schwedischen<br />

Kaffeewicke bereitet wird. Weniger nachtheilig,<br />

aber dennoch nur selten erlaubt, ist der gewöhnliche<br />

chinesische Thee, gleichviel ob grüner oder brauner<br />

Thee. Nicht minder gehören die Theeaufgüsse von Fliederblüten,<br />

Chamille, Baldrian, Ehrenpreiss, Schaafgarbe,<br />

Melisse, Pfeffermünze, Fenchel, Anies, Quecken, Libersche<br />

Kräuter, Brustthee Isländisches Moos usw. zu den<br />

durchaus verbotenen Genüssen, indem sie sämmtlich<br />

mehr oder weniger Arzneikräfte besitzen, und ebenfalls<br />

die homöopathische Gabe in ihrer Wirkung aufheben<br />

würden.“<br />

In dieser Liste sind durchaus auch noch Hinweise zu<br />

finden, welche auch heute noch eine Überlegung wert<br />

sind; andere sind aber absolut nicht mehr zeitgemäß.<br />

Doch läßt sich von der andern Seite ebenfalls nicht<br />

läugnen, daß einige Homöopathen, im Vertrauen auf<br />

die ungeheure (intensive) Wirksamkeit ihrer hoch verdünnten<br />

Arzneien in ihrer Nachsicht wohl etwas zu<br />

weit gegangen sind, um so mehr, da wir die eigenthümlichen<br />

Kräfte mancher im gewöhnlichen Leben<br />

vorkommenden Genüsse noch keineswegs in ihrem<br />

ganzen Umfange kennen. Dagegen ist es auch sicher,<br />

daß manche, besonders bei chronischen Leiden anwendbare<br />

Arzneimittel gegen derartige Störungen fast<br />

unempfindlich sind, oder wenigstens, wenn sie auch<br />

vernichtet schienen, nach kurzer Zeit ihre Wirkungen<br />

abermals erneuern. Aber nur der, mit der Eigenthümlichkeit<br />

der von ihm gereichten Arznei völlig vertraute<br />

Arzt kann dieses beurtheilen, und ihm ist die Bestimmung<br />

darüber lediglich zu überlassen. Die gelindeste<br />

homöopathische Diät besteht wohl darin, daß der<br />

Kranke, außer Arzneien aller Art, (sowohl innerlicher<br />

als äußerlicher) nur noch den Kaffee und starken<br />

Thee, alle hitzigen Getränke, alle ausländischen<br />

Gewürze und starken Gerüche, besonders den des<br />

Kamphers vermeidet.<br />

Zur Wichtigkeit der Diätetik vertraten Hahnemann<br />

und Bönninghausen ebenfalls ganz ähnliche<br />

Ansichten – Hahnemann schreibt in den CK viii :<br />

„Die strenge, homöopathische Diät und Lebensweise<br />

heilt nicht den langwierig Kranken, wie die Widersacher<br />

vorgeben, um der <strong>Homöopathie</strong> ihr Verdienst zu<br />

schmälern, sondern auf der arzneilichen Behandlung<br />

beruht die Hauptsache.“<br />

In der älteren und neueren Literatur findet man nicht<br />

mehr sehr viel zu diesem Thema. Neben den bereits<br />

erwähnten Artikel von Rembges in der AHZ, erschien<br />

in der ZKH ein Artikel von H. Eppenich, „Diätet(h)ik<br />

und <strong>Homöopathie</strong>“ x ,in dem es vorwiegend um gesundheitliche<br />

und ethisch-politische Erwägungen der<br />

Diätetik (und vor allem des Fleischkonsums) geht, der<br />

aber auch noch Hinweise auf die ältere Literatur, bezüglich<br />

der Diätetik gibt.<br />

Und Bönninghausen‘s ix Meinung:<br />

„Wenn es auch unbestreitbar ist, daß viele akute (in<br />

ihrer Verlaufszeit beschränkte) Krankheiten bei angemessener<br />

Diät gefahrloser vorüber gehen, so kann man<br />

dies doch keine Heilung nennen, indem die Dauer derselben<br />

dadurch verkürzt wird. … daß die Heilung von<br />

der Diät niemals, sondern nur von der wirksamen<br />

Arznei zu erwarten ist.“<br />

In diesem Artikel von Bönninghausen findet man auch<br />

eine sehr differenzierte Meinung zur Antidotierung und<br />

Diätetik:<br />

Ernst Stampf xi macht sich in seinem Artikel „Ueber<br />

Diätetik im Geiste und nach den Bedürfnissen der<br />

homöopathischen Heilkunst“ zum Thema homöopathische<br />

Diät folgende Gedanken:<br />

Die Diätetik unterscheidet sich von der eigentlichen<br />

Heilkunst dadurch, daß sie die arzneilichen Stoffe,<br />

welche jene in geeigneten Krankheitsfällen zu Heilzwecken<br />

benutzt, von den gesunden, als krankheiterregend,<br />

ganz, von den Kranken, in so fern<br />

sie die vorhandene Krankheit sie die vorhandene<br />

Krankheit in ungeeigneten Fällen nicht heilen, sondern<br />

vielmehr verschlimmern und die zweckmäßig<br />

18


Beiträge zur klassischen <strong>Homöopathie</strong><br />

dagegen angewendeten Arzneistoffe in ihrer Heilwirkung<br />

stören oder vernichten. ... Es giebt nemlich unter<br />

den gebräuchlichen vegetabilischen und animalischen<br />

Nahrungsmitteln mehrere, welche neben dem reinnährenden<br />

Prinzipe, vermöge dessen sie der Diätetik<br />

anheim fallen, mehr oder weniger arzneiliche Bestandtheile<br />

enthalten und daher fähig und geneigt sind, das<br />

gesunde Befinden krankhaft zu verändern.<br />

Auch in diesem Artikel findet man wieder Kaffee<br />

als die Substanz, bei der man am vorsichtigsten<br />

sein muss:<br />

Unter den gebräuchlichsten dieser mehr arzneilichen<br />

als diätetischen Genüsse, bemerke ich hier nur den<br />

Kaffee, die verschiedenen Arten Liqueure, Punsch u.<br />

dgl. die verschiedenen Ar ten Thee, mehrere Arten Gewürze,<br />

gewisse Parfümerieen u. s. w.. Diese Stoffe sind<br />

größtentheils geeignet, die Thätigkeit einzelner Organe<br />

und Systeme auf eine, dem Gefühl zusagende Weise zu<br />

erhöhen und so ein lebendigeres Lebensgefühl hervor<br />

zu zaubern….<br />

schändlichsten Betrügerei und den beklagenswerthesten<br />

Ansichten von dem, was gesund und nützlich ist,<br />

beruhet.<br />

Eppenich erwähnt in seinem Artikel eine gewissen<br />

Clothar Müller xii ; und schreibt:<br />

Zwischen dem homöopathischen Heilmittel und dem<br />

zu heilenden Krankheitsfall besteht eine besondere,<br />

spezifische Ähnlichkeit. … große Menge von z. B. Kochsalz<br />

oder Capsicum oder auch Coffea wirkt nur dann<br />

(aber nicht unbedingt) heilungshindernd, wenn sie eine<br />

spezifische Ähnlichkeitsbeziehung zu einem bereits gegebenen<br />

homöopathischen Mittel wie z. B. Natrium<br />

muriaticum und zu der zu heilenden Krankheitssymptomatik<br />

hat.<br />

Auch Stapf vertritt in diesem Artikel wiederum eine<br />

sehr differenzierte Meinung, was die Beeinflussung der<br />

Wirkung des Mittels durch verschiedene Nahrungsund<br />

Genussmittel betrifft. Auch hier der Hinweis, dass<br />

die Individualisierung von großer Wichtigkeit ist.<br />

Sämtliche bisher zitierten Artikel zum Thema Diätetik<br />

sind sehr amüsant zu lesen, wie bereits erwähnt nicht<br />

immer zeitgemäß, aber mit doch manch einem Hinweis,<br />

der <strong>für</strong> uns in der Gegenwart noch nützlich sein<br />

kann. Als kleine Ergänzung noch Stapf´s Bemerkungen<br />

zum Bierkonsum. Dieses hat ja Hahnemann selber<br />

auch gerne getrunken und nicht verboten.<br />

Wenigstens scheint es die Erfahrung zu bezeugen, daß<br />

ein nicht gerade unmäßiger, wenn auch anhaltender<br />

und reichlicher Genuß eines so durchaus, reinen Bieres<br />

ohne merklichen Nachtheil auf das gesunde Befinden<br />

bleibt. Ganz anders verhält es sich jedoch mit jenen,<br />

durch die heftigsten Arzneistoffe, z. B. Porst, Kokelsaamen,<br />

Koriander, Nelken, Weißnießwurzel, Chamille,<br />

Bitterklee, Sarsaparille, Opium, Bilsenkraut usw.<br />

in Wahrheit vergifteten Bieren ihre Bereitung auf der<br />

Ein weiterer Autor, der sich mit Diät und Kaffee<br />

beschäftigte war Reichenbach (nähere Angaben<br />

zum Autor sind mir leider nicht bekannt) xiii . Er<br />

macht sich folgende Gedanken zur Antidotierung:<br />

z. B. das Kochsalz beim Gebrauche des Argentum<br />

nitricum, Semmel bei dem des Jod‘s, Milch oder Eiweiss<br />

bei dem des Mercur. corrosivus oder Tartarus stibiatus<br />

verbieten, aus Furcht, durch diese Nahrungsstoffe die<br />

Wirkung des Medicaments zu beeinträchtigen …., fast<br />

täglich sehen wir, wie z. B. unsre Nux vomica oder Ipecacuanha<br />

ganz gut wirken trotz des vom Kranken genossenen<br />

(gerbstoffhaltigen) chinesischen oder Linden-<br />

Foto: isignstock<br />

19


Arzneianwendung<br />

blüthenthee‘s, und ebenso Aconitum trotz der verbotenen<br />

Limonade sehr oft vortrefflich hilft. ….<br />

Wir bedürfen mithin durchaus keiner strengeren Diät<br />

<strong>für</strong> unsre Heilungen: im Gegentheile können wir unsern<br />

Kranken mehr Spielraum in dieser Beziehung lassen,<br />

als – bei gleicher Gewissenhaftigkeit – unsre Collegen<br />

älterer Schule.<br />

Zum Thema Kaffee schreibt er:<br />

Manche verbieten ihn ohne Unterschied allen Kranken,<br />

Andere erlauben ihn ebenso unbedingt, die Meisten,<br />

was wohl das Richtige ist, individualisieren. Ja<br />

Hahnemann selbst trotz seiner sonstigen Consequenz<br />

schwankt, indem er den Kaffee in der ersten Zeit bedingungsweise<br />

erlaubt,…, später streng und unbedingt<br />

allen Kranken verbietet….. Es unterliegt keinem Zweifel,<br />

dass von Hause aus diese frühere, tolerantere Ansicht<br />

Hahnemanns alle Aufmerksamkeit und Beachtung verdient,<br />

und es ganz angemessen erscheint zu prüfen, in<br />

wie weit wir ihr beipflichten können. Eine Lobrede hier<br />

dem Kaffee zu halten, möchte überflüssig sein.<br />

Nun noch einmal zurück zum Artikel von Rembges:<br />

Der Grund <strong>für</strong> die vertretene Meinung, dass Pfefferminze<br />

die Wirkung einer homöopathischen Arznei antidotiert,<br />

könnte auch in der französischen <strong>Homöopathie</strong><br />

1 liegen, da dort Bedenken gegen pfefferminzhältige<br />

Zahnpflegeprodukte vermehrt erhoben wurden.<br />

Genau das Gegenteil wurde in einer wissenschaftlichen<br />

Arbeit xiv belegt, wo durch UV-Bestrahlung erzeugte<br />

Entzündungsreaktionen bei Meerschweinchen mit Apis<br />

C7 behandelt wurden. Versuchstiere, welche vor dem<br />

Arzneimittel einen Pfefferminzsirup bekommen haben,<br />

zeigten kein schlechteres Behandlungsergebnis.<br />

Diese Zahnpflegeprodukte werden auch im oben angeführten<br />

Artikel von Stapf erwähnt:<br />

Hierher gehört auch der Gebrauch arzneilicher Zahnpulver<br />

und Zahntinkturen, um gesunde Zähne gesund<br />

zu erhalten. Reines Kohlenpulver erfüllt, statt, aller andern,<br />

alle Erfordernisse eines wohlthätigen Zahnpulvers,<br />

da wo wirkliche Verderbniß der Zähne zu beseitigen<br />

ist, bedarf es anderer innerlicher Mittel.<br />

Hier sind nun die Erfahrungen von Homöopathen<br />

mit langjähriger Erfahrung interessant:<br />

K. S. Srinivasan xv : We in India do take much of Mint<br />

but it is more with the meat eaters; as you know there<br />

are a large number of Indians who are pure vegetarians,<br />

and they do not use much ofcondiments; curry<br />

takes lot of condiments; whether it antidotes or not<br />

we cannot say; there are so many „antidotes“ – Coffee<br />

(South Indians are great Coffee lovers) and if I say<br />

„don‘t drink Coffee“ I will have no patients. So, we<br />

do not bother much with these injunctions; we only<br />

say do not take Coffee, Mint, or use balms containing<br />

Camphor, Eucalyptus oil, etc. for an hour or so before<br />

or after the hom. medicine.<br />

Reichenbach ist somit ein früher Homöopath, der das<br />

Thema Antidotierung sehr differenziert sieht und nicht<br />

so streng mit Diät und Antidotierung umgeht. Auch<br />

den Kaffee verbietet er nicht immer, er erwähnt gewisse<br />

Krankheitszustände in denen der Kaffekonsum<br />

nicht erlaubt ist, wie z. B.: heftige entzündliche Zustände,<br />

Fieber und Hautentzündungen.<br />

Anton Rohrer xvi : Ich habe eine Patientin, die ihre<br />

Arznei mit Pfefferminztee antidotiert hat (sie hat aber<br />

tgl. 2 Liter davon getrunken). Vithoulkas erzählte bei<br />

seinen Kursen vor 25 Jahren, dass speziell Nat-m. sehr<br />

auf Pfefferminze anspricht und davon antidotiert werden<br />

kann. Mit Kaffee und Minze bin ich im Verbieten<br />

nicht so streng, außer mit zu viel Pfefferminzkaugummi.<br />

Ich kann nur das verbieten, was ich selber auch<br />

20


Beiträge zur klassischen <strong>Homöopathie</strong><br />

an Verzicht zusammenbringe.[eigene Anmerkung: Hahnemann<br />

selbst war ja, was das Tabakrauchen betrifft,<br />

auch nicht streng; Tabak wird auch nicht in den Verbotslisten<br />

aufgeführt, er rauchte ja täglich die damals<br />

sehr weit verbreitete und beliebte Pfeife] Den Kaffee<br />

verbiete ich nur, wo der Kaffee schadet: Sodbrennen,<br />

Nervosität, Angststörung, etc. Aber das sehen die Patienten<br />

auch immer ein. Pfefferminztee verbiete ich nur<br />

bei Magenstörungen (z. B. Sodbrennen).<br />

Will Klunkerx vii : Er erzählte, dass er Kaffee nicht verbiete,<br />

da er auch vermute, dass sich die Homöopathen<br />

darauf ausreden, wenn eine Arznei nicht wirkt und<br />

der Patient Kaffee konsumiert hat. Die deutschen Homöopathen<br />

verbieten den Espresso, die italienischen<br />

Kollegen den Filterkaffee.<br />

Hermann Anzenbacherx viii : Wir verlangen von unseren<br />

Patienten, dass sie während der gesammten Behandlung<br />

Kamille in jeder Form und Menthol in jeder<br />

Form (Zahnpaste, Rheumasalben, Tee, …) weglassen.<br />

Wenn die Patienten eine dieser Substanzen einnehmen,<br />

treten sofort wieder die alten Symptome auf (z. B. ein<br />

asthmatisches Kind, dass unmittelbar nach einem Pfefferminzeis<br />

wieder einen Anfall bekommt und zuvor<br />

schon beschwerdefrei war). Alle diese verbotenen Substanzen<br />

reduzieren die Energie im Körper, so daß die<br />

<strong>Homöopathie</strong> nicht oder nur sehr abgeschwächt wirken<br />

kann. Ein Patient mit einer langdauernden Krankheit<br />

oder mit einer akuten schweren Problematik ist<br />

mit diesen Diätanweisungen immer einverstanden. Man<br />

soll ihnen immer einen Ersatz <strong>für</strong> die verbotenen Substanzen<br />

anbieten. Ich verordne diese Diät so lange, bis<br />

der Energiehaushalt des Patienten wieder in Ordnung<br />

ist, was Monate oder auch Jahre dauern kann. Vorsicht<br />

ist auch bei der Akupunktur, Akupunktmassage und<br />

zum Teil auch bei anderen Massagen geboten, jedoch<br />

nicht bei Heilgymnastik. Bei schwer miasmatisch syphilitisch<br />

belasteten Patienten sind die Anweisungen sehr<br />

wichtig.<br />

Dario Spinedix ix : Dr. Künzli hielt sich einerseits an die<br />

Angaben von Gibson Miller (Arzneimittelbeziehungen),<br />

wo die Antidote der entsprechenden Mittel stehen.<br />

Anderseits hat er selber die Erfahrung gemacht, dass<br />

Kaffee speziell bei gewissen Mitteln (hauptsächlich<br />

Lycopodium) wirklich antidotiert. Campher ist bekanntlich<br />

ein allgemeines Antidot der homöopathischen Mittel.<br />

Pfefferminze ist weniger wichtig. In einer Tabelle<br />

über Vitamine der Ciba-Geigy ist übrigens Kaffee ein<br />

Antidot bei der Resorption fast aller Vitamine.<br />

Studiert man nun Rehman‘s Handbuch der homöopathischen<br />

Arzneibeziehungen xx im Bezug auf die Speisen<br />

und Getränke, die man meiden sollte, dann findet man<br />

die Pfefferminze nur bei einer Arznei, nämlich Cina 2 ,<br />

was natürlich überrascht. Viele andere Substanzen,<br />

natürlich der Kaffee, aber auch Milch, Gewürze, kalte<br />

Speisen, verschiedene Tees, Alkohol (welcher auch bei<br />

manchen Arzneien empfohlen wird!) werden da angeführt.<br />

Im Gibson Miller xxi sind bei den feindlichen Substanzen<br />

und Diadoten 3 meist Kampfer und Kaffee angeführt,<br />

gefolgt von Essig, Wein, vegetabilen Säuren und Zitronensaft.<br />

Die Pfefferminze findet überhaupt keine Erwähnung<br />

Gerade was die Pfefferminze betrifft, ist diese Auflistung<br />

sicher unvollständig, wie auch die Erfahrung in<br />

der eigenen Praxis zeigt. Immer wieder kann man beobachten,<br />

dass nach dem Konsum von Kaffee, Pfefferminze<br />

und auch anderen Substanzen, die Wirkung der<br />

Arznei – auch ziemlich plötzlich – aufgehoben wird.<br />

Zwei sehr deutliche und mir gut in Erinnerung gebliebene<br />

Fälle waren einerseits ein Aurum-Patient der<br />

nach dem Konsum von geringen Mengen Kaffees eine<br />

Aufhebung der Arzneiwirkung verspürte und ein Bromum-Patient<br />

nach dem Verzehr einer Packung<br />

After Eight.<br />

Die physiologische Wirkung des Kaffees erklärt uns xxii ,<br />

warum ein Heilungsverlauf verlangsamt, bzw. unterbrochen<br />

werden kann: Anregung des Zentralnervensystems,<br />

Erhöhung der Kontraktionskraft des Herzens,<br />

Steigerung der Herzfrequenz, eine geringfügige Erhöhung<br />

des Blutdrucks und Anregung der Peristaltik des<br />

Darmes. Coffein hat zwar ein relativ breites Wirkungsspektrum,<br />

doch ist es in geringen Dosen in erster Linie<br />

ein Stimulans. Es wird eine anregende von einer erregenden<br />

Wirkung des Coffeins unterschieden, wobei <strong>für</strong><br />

letztere eine höhere Dosis erforderlich ist. Bei niedriger<br />

21


Arzneianwendung<br />

Dosierung tritt fast ausschließlich die zentral anregende<br />

Wirkung des Coffeins hervor, es werden also vor allem<br />

psychische Grundfunktionen wie Antrieb und Stimmung<br />

beeinflusst. Aufmerksamkeit und Konzentrationsvermögen<br />

werden dadurch erhöht. Mit der Beseitigung<br />

von Ermüdungserscheinungen verringert sich das<br />

Schlafbedürfnis. Die Stimmung kann sich bis zu leichter<br />

Euphorie steigern.<br />

Diese Thematik wird auch in der Kaffeekantate<br />

(„Schweiget stille, pl<strong>aude</strong>rt nicht“, BWV 211) von<br />

J. S. Bach aufgegriffen:<br />

Herr Vater, seid doch nicht so scharf!<br />

Wenn ich des Tages nicht dreimal<br />

Mein Schälchen Coffee trinken darf,<br />

So werd ich ja zu meiner Qual<br />

Wie ein verdorrtes Ziegenbrätchen.<br />

Dabei handelt es sich um einen Rückkopplungseffekt:<br />

je aktiver die Nervenzellen, desto mehr Adenosin wird<br />

gebildet und desto mehr Rezeptoren werden besetzt.<br />

Die Nervenzellen arbeiten langsamer und das Gehirn<br />

ist vor „Überanstrengung“ geschützt. Das Coffein ist<br />

dem Adenosin in seiner chemischen Struktur ähnlich<br />

und besetzt dieselben Rezeptoren, aktiviert sie jedoch<br />

nicht. Adenosin kann nicht mehr andocken, und die<br />

Nervenbahnen bekommen kein Signal – deshalb arbeiten<br />

sie auch bei steigender Adenosinkonzentration<br />

weiter.<br />

Durch den vermehrten „Energieverbrauch“ des Organismus<br />

wird die Lebenskraft geschwächt. Da die Patienten,<br />

die uns aufsuchen ja eine gestörte Dynamis<br />

aufweisen, kann es natürlich schon sein, das v. a. der<br />

Kaffee und andere „anregende“ Substanzen den Heilungsverlauf<br />

verlangsamen, bzw. unterbrechen. Natürlich<br />

kann man auch argumentieren, dass dann eben<br />

früher eine Arznei wiederholt werden muß, natürlich<br />

nach den klaren Regeln der Verordnung homöopathischer<br />

Arzneien. Ob man dadurch schneller oder<br />

langsamer zum Ziel der Heilung kommt, kann von mir<br />

nicht beurteilt werden. Für die Pfefferminze gibt es<br />

aber meines Wissens keine solche Erklärung.<br />

Coffein kann die Blut-Hirn-Schranke fast ungehindert<br />

passieren und entfaltet seine anregende Wirkung<br />

hauptsächlich im Zentralnervensystem.<br />

Um die Wirkung des Coffeins im Zentralnervensystem<br />

zu verstehen, muss man auch einen Blick auf das<br />

Adenosin werfen. Eine der Aufgaben des Adenosins<br />

besteht darin, das Gehirn vor „Überanstrengung“ zu<br />

schützen. Es setzt sich an die Adenosinrezeptoren<br />

vom Subtyp A2a fest. Ist Adenosin gebunden, ist das<br />

ein Signal <strong>für</strong> die Zelle, etwas weniger zu arbeiten.<br />

Foto: isignstock<br />

Interessant ist nun auch das Ergebnis einer kleinen<br />

Fragebogenumfrage, die unter den Mitgliedern<br />

der ÄKH durchgeführt wurde 4 :<br />

Den meisten Kollegen ist die Anmerkung zu § 260 bekannt.<br />

Auf diese Stelle bei Hahnemann und auf ihre<br />

Ausbildung berufen sich die meisten Kollegen. Wann,<br />

wie lange und bei welchen Arzneien Kaffee, Pfefferminze<br />

und Kampfer verboten werden, ist sehr unterschiedlich.<br />

Einige sind sehr streng und verbieten alle<br />

drei Substanzen während der gesamten homöopathischen<br />

Behandlung, andere wiederum nur zum Zeitpunkt<br />

der Einnahme, manche nur bei der Verabreichung<br />

von C-Potenzen, jedoch nicht bei Q- oder LM-<br />

Potenzen. Am strengsten wird auf den Kampfer als<br />

Antidot hingewiesen, Kaffee und Pfefferminze folgen<br />

gleichauf. Ganz unterschiedlich sind auch die Angaben,<br />

welche anderen Substanzen die Wirkung der Arznei,<br />

bzw. die Genesung des Patienten beeinflussen können.<br />

Hier werden sämtliche koffeinhaltigen Substanzen<br />

22


Beiträge zur klassischen <strong>Homöopathie</strong><br />

aufgeführt, auch Cannabis und Chinin und natürlich<br />

auch unterdrückende Substanzen wie Cortison und<br />

radiologische Untersuchungsmethoden.<br />

Zusammenfassung:<br />

Es ist nicht wirklich nachweisbar, warum gerade die<br />

Pfefferminze - und auch der Kaffee – aus der umfangreichen<br />

„Verbotsliste“ Hahnemanns so deutlich hervorgehoben<br />

werden und anderen dort angeführten Substanzen<br />

keine so große Bedeutung beigemessen wird.<br />

Vielmehr ging es Hahnemann darum, darauf hinzuweisen,<br />

dass die aufgelisteten Substanzen einerseits eine<br />

arzneiliche Wirkung haben können, und anderseits deren<br />

Meiden einen positiven Einfluß auf den Heilungsverlauf<br />

haben kann, bzw. der vermehrte Gebrauch<br />

dieser Substanzen den Patienten in seiner Heilung behindern<br />

kann.<br />

Bestimmte Arzneimittel können durch gewisse Substanzen<br />

in ihrer Wirkung eingeschränkt werden. Wie in<br />

allen Bereichen der <strong>Homöopathie</strong>, ist auch in diesem<br />

Aspekt die Individualisierung notwendig.<br />

Wie bereits oben in der Anmerkung zu § 260 ORG 6<br />

erwähnt, schreibt Hahnemann: „Einige meiner Nachahmer<br />

scheinen durch Verbieten noch weit mehrer, ziemlich<br />

gleichgültiger Dinge die Diät des Kranken unnöthig<br />

zu erschweren, was nicht zu billigen ist.“<br />

Dr. Bernhard Zauner<br />

1 Es wird auf L. Pommier, Dictionaire homeopathique dùrgence, 13<br />

edition, Maloine, Paris 1985 verwiesen und auf eine schlechte französische<br />

Übersetzung Hahnemann´s CK.<br />

2 Bodman F., Insights into Homeopathy, 1990, Beaconsfield Publishers,<br />

England<br />

3 Unter dem Diadot versteht man vorzüglich flüchtige, kurzwirkende,<br />

unpotenzierte Substanzen, die bei störenden, überstarken, chaotischen<br />

Folgen eines unpassend gewählten Mittels, bei zu starken<br />

Beschwerden bei Arzneimittelprüfungen, aber auch zum Abschluß<br />

einer Arzneiprüfung überhaupt angewendet werden (aus Gibson<br />

Miller/Will Klunker (s. o.), S. 12)<br />

4 Durchgeführt im Herbst 2011. Leider ist das Ergebnis nicht sehr aussagekräftig,<br />

da die Beteiligung nicht all zu groß war.<br />

i S. Hahnemann, Organon der Heilkunst, testkritische Ausgabe v. J. M.<br />

Schmidt, Haug Verlag, 1992, S. 207<br />

ii S. Hahnemann, Gesamte Arzneimittellehre A-C, herausgegeben v. C.<br />

Lucae und M. Wischner, Haug Verlag, 2007, S. 623<br />

iii S. Hahnemann, Die chronischen Krankheiten, Band 1, 2. Auflage,<br />

1835, Haug Verlag, 1995, S. 175 -176<br />

iv H. Rembges , AHZ 235 (1990), S. 23-25:, „<strong>Homöopathie</strong> und Pfefferminze“<br />

v aus S. Hahnemann, KMS, herausgegeben v. J. M. Schmidt und D.<br />

Kaiser, S. 689 (Beleuchtung der Quellen der gewöhnlichen Materia<br />

medica (RAL, 1817)), Haug-Verlag, 2001<br />

vi aus S. Hahnemann, KMS, herausgegeben v. J. M. Schmidt und D.<br />

Kaiser, S. 137 – 142, Haug-Verlag, 2001<br />

vii C. v. Bönninghausen, Die <strong>Homöopathie</strong>, ein Lesebuch <strong>für</strong> das nichtärztliche<br />

Publikum, Münster 1834, Coppenrathsche Buch- und<br />

Kunsthandlung, S. 279<br />

viii S. Hahnemann, Die chronischen Krankheiten, Band 1, 2. Auflage,<br />

Haug Verlag, 1995, S. 132<br />

ix C. v. Bönninghausen, Die <strong>Homöopathie</strong>, ein Lesebuch <strong>für</strong> das nichtärztliche<br />

Publikum, Münster 1834, Coppenrathsche Buch- und<br />

Kunsthandlung, S. 264<br />

x H. Eppenich, Diätet(h)ik und <strong>Homöopathie</strong>, ZKH 37 (1993) 2, S. 65ff<br />

xi Archiv <strong>für</strong> die homöopathische Heilkunst, herausgegeben von einem<br />

Verein deutscher Ärzte; erster Band, drittes Heft; Leipzig 1822, bei<br />

Carl Heinrich Reclam, S. 117ff<br />

xii C. Müller, Die homöopathische Diät; Homöopathische Vierteljahrschrift,<br />

siebter Band (1856), Leipzig 118-138<br />

xiii Reichenbach, Die homoöpathische Diät und der Kaffee; Homöopathische<br />

Vierteljahrschrift, herausgegeben v. C. Müller, neunter Band<br />

(1858), Leipzig, Verlag von Otto Wigand, , S. 58 - 85<br />

xiv M. Aubin, S. Baronnet, P. Bastide: Ann. Homeop. Franc. 20 (1978)<br />

303-312<br />

xv K. S. Srinivasan, Chennai, persönliche Mitteilung<br />

xvi A. Rohrer, persönliche Mitteilung<br />

xvii W. Klunker: persönliche Mitteilung<br />

xviii H. Anzenbacher: persönliche Mitteilung<br />

xix D. Spinedi: persönliche Mitteilung<br />

xx A. Rehman, Handbuch der homöopathischen Arzneibeziehungen, dt.<br />

Übersetzung, Haug Verlag 2000<br />

xxi Robert Gibson Miller/Will Klunker, Arzneibeziehungen, 10. vollständig<br />

neu bearbeitete Auflage, Haug Verlag, 1995<br />

xxii auszugsweise übernommen und abgeändert aus Wikipedia<br />

23


Buchbesprechung<br />

Homöopathische Fallanalyse,<br />

von Hahnemann bis zur<br />

Gegenwart – die Methoden<br />

Bleul, Gerhard (Hrsg); Stuttgart, Haug Verlag, 2012, 260 S., Hardcover, 59,99 Euro<br />

Frei, Lang, Swoboda) bekannt sind, handelt es sich<br />

um echte Kenner der jeweiligen dargestellten<br />

Methode.<br />

Die 15 dargestellten Richtungen sind chronologisch im<br />

Buch angeordnet und in unterschiedlichem Umfang<br />

dargestellt. Das Verhältnis zwischen – soweit man diesen<br />

Begriff noch richtig verwenden kann – klassischen<br />

Methoden und modernen Strömungen ist sehr ausgewogen.<br />

Jedes Kapitel besteht aus einem theoretischen<br />

und einem praktischen Teil, d. h. es werden Fallbeispiele<br />

dargestellt.<br />

Bleul geht es darum, die Unterschiede der Strömungen<br />

herauszuarbeiten, da sich ja alle in der <strong>Homöopathie</strong><br />

tätigen Kollegen und Entwickler von (modernen)<br />

Methoden auf Hahnemann berufen. Daher<br />

auch das einleitende Kapitel, vom Herausgeber selbst<br />

verfaßt, indem die unterschiedlichen Ansätze die bei<br />

Hahnemann selber in seiner Entwicklung zu finden<br />

sind und die es in den letzten gut 200 Jahren <strong>Homöopathie</strong>geschichte<br />

gibt, aufzuzeigen. Lediglich die dem<br />

Kapitel am Ende hinzugefügte Tabelle ist nicht ganz<br />

so leicht zu verstehen.<br />

Der Herausgeber versucht mit namhaften Vertretern<br />

der jeweiligen Methode einen Überblick über<br />

die verschiedenen Richtungen, die derzeit in der<br />

<strong>Homöopathie</strong> vorherrschend sind zu bieten, was<br />

ihm auch gelingt: Zum Teil sind die Autoren des jeweiligen<br />

Kapitels auch die Entwickler der Methode<br />

selbst. Soweit mir die Autoren (Rohrer, Spring,<br />

Nun sollen die einzelnen Kapitel in ein paar<br />

Sätzen zusammengefaßt werden, um zu erfahren,<br />

welche Methoden dargestellt werden:<br />

Das erste Kapitel, verfasst von A. Rohrer zur genuinen<br />

<strong>Homöopathie</strong> ist klar und deutlich dargestellt,<br />

alle Grundlagen sind sehr gut und verständlich be-<br />

24


Beiträge zur klassischen <strong>Homöopathie</strong><br />

schrieben. Trotz der zum Teil <strong>für</strong> manchen mit dieser<br />

Methode nicht so vertrauten Kollegen komplizierter<br />

Details, ist alles verständlich erklärt. Einzig, die kurze<br />

Nachbeobachtung bei den dargestellten Fällen, könnte<br />

man bemängeln.<br />

Das nächste Kapitel schrieb R. Goldmann über die Bönninghausen<br />

Methode. Kurz und bündig, nicht so ausführlich<br />

wie der vorherige Abschnitt, wird dieses an<br />

der Praxis orientierte Kapitel dargestellt. Manch kleines<br />

Detail (z. B.: Bönninghausen legt bei der Verlaufskontrolle<br />

des Heilungsverlaufs das Hauptaugenmerk auf<br />

die Besserung des Hauptsymptoms, bei Kent wird der<br />

Besserung des Hauptsymptoms nur wenig Bedeutung<br />

beigemessen) ist <strong>für</strong> mich nicht so zu verstehen. Der<br />

aus Bönninghausens Schriften dargestellte Fall ist sehr<br />

schön zu lesen.<br />

Die Methode nach Kent wird wiederum vom Herausgeber,<br />

G. Bleul, erklärt. Auch in diesem Abschnitt ist<br />

lediglich der kurze Beobachtungszeitraum des präsentierten<br />

Falles zu kritisieren.<br />

Die Boger-Methode, präsentiert von E. v. Seherr-Thohs,<br />

gibt eine guten Überblick, der dargestellte Fall (ein<br />

Junge mit Tourette-Syndrom) sehr beeindruckend und<br />

die zuvor in der Theorie vorgestellte Methode, ist hier<br />

sehr gut am praktischen Beispiel zu verstehen.<br />

Hier ist auch zu erwähnen, dass alle Kapitel nach dem<br />

gleichen Schema aufgebaut sind, was das Studium dieses<br />

Buches erleichtert.<br />

Die Polaritätsanalyse wird von deren „Erfinder“ H. Frei,<br />

dem die wissenschaftliche Darstellung der <strong>Homöopathie</strong><br />

ein großes Anliegen ist, in seinem gewohnt sachlichen<br />

Stil beschrieben. Er gibt auch einen kurzen Überblick<br />

über die von ihm durchgeführten Studien, und<br />

erwähnt etwas ausführlicher die KFA-Studie (Studie<br />

zur komplexen Fallaufnahme), dessen Ergebnis sich sehen<br />

lassen kann (86 % der behandelten Fälle erzielten<br />

eine Besserung der Symptomatik um 91 %). Die zwei<br />

gezeigten Fälle, je ein akuter und ein chronischer Fall,<br />

sind absolut präzise gebracht, der Heilungserfolg auch<br />

mit Fotos dokumentiert, übrigens, die einzigen in diesem<br />

Buch. Einzig die häufige Mittelwiederholung von<br />

Frei ist nicht immer ganz verständlich, aber auch hier<br />

herrscht der „mathematische Gedanke“ vor.<br />

Die Schule von Ortega wird von U. Fischer erklärt. Von<br />

den Paragraphen des Organons wird auf die Theorie<br />

Ortegas übergeleitet und vor allem der § 74 erwähnt,<br />

welcher von Ortega als sehr wichtig angesehen<br />

wurde. Die praktische Anwendung der Miasmenlehre<br />

nach Ortega wird an Beispielen dargestellt, die zum<br />

Teil auch so manch unterschiedliche Interpretation<br />

zulassen. Fischer wirft einen sehr interessanten Blick<br />

auf Bönninghausen und seine miasmatischen Überlegungen,<br />

die ansonsten nicht so allgemein bekannt<br />

sind. In den dargestellten Fällen werden die zuvor erklärten<br />

theoretischen Grundlagen näher präzisiert, jedes<br />

Symptom wird dem jeweiligen Miasma zugeordnet.<br />

„In Seminaren ist immer wieder zu erleben, dass homöopathische<br />

Ärzte von der Komplexität und den ungewohnten<br />

sprachlichen Formulierungen des Konzeptes<br />

von Masi-Elizalde zurückschrecken“. Dieser Satz ist<br />

im Kapitel über die miasmatische Dynamik von Masi-<br />

Elizalde zu finden. Diese wahrscheinlich komplizierteste<br />

Auslegung und Erweiterung von Hahnemanns<br />

Schriften wird von S. Preis so gut wie möglich in dem<br />

Umfang, wie es dieses Buch zuläßt, erklärt, was nicht<br />

ganz gelingt. Sehr schön die abschließende kritische<br />

Bewertung des Konzeptes von Masi-Elizalde.<br />

Die Methode nach Vithoulkas wird von einem seiner<br />

ersten Schüler, B. Spring beschrieben. In diesem Kapitel<br />

ist all das zusammengefaßt, was den meisten zurzeit<br />

aktiven Kolleginnen und Kollegen aus ihrer Ausbildungszeit<br />

bekannt ist und wieder punktuell in Erinnerung<br />

gerufen werden kann. Der chronische Fall ist klar<br />

nachvollziehbar und mit Selbstkritik versehen!<br />

F. Swoboda schreibt etwas zu kurz und oberflächlich<br />

über die bewährten Indikationen, eine etwas differenziertere<br />

und ausführlichere Darstellung wäre (<strong>für</strong> eine<br />

eventuelle zweite Auflage) durchaus empfehlenswert.<br />

Die Praxis der reinen <strong>Homöopathie</strong> (Methode nach<br />

M. Candegabe und H. Carrara) beschreibt K-F Scheible<br />

sehr prägnant, die wichtigen Details werden gut vermittelt<br />

und anhand der zwei vorgestellten Fallbeispiele<br />

vertieft.<br />

Die Sehgal-Methode wird schön von G. Lang beschrieben,<br />

welcher mit dieser Behandlungsmethode das gefunden<br />

hat, wonach er in seiner 30 jährigen Arbeit mit<br />

der <strong>Homöopathie</strong> Ausschau gehalten hat. Das Erlernen<br />

dieser Methode braucht sicher ein genaueres Studium,<br />

was nicht so einfach sein dürfte, wie am Beispiel „Verlangen<br />

nach Licht“ auffällt. Das Kapitel ist spannend zu<br />

lesen, aber ohne genaue Kenntnis der Methode nicht<br />

so leicht zu verstehen.<br />

25


Buchbesprechung | Termine<br />

Jan Scholtens Theorien (Gruppenanalyse, Periodensystem,<br />

Lanthaniden, botanisches System) versucht<br />

B. Luft zu erläutern. Im theoretischen Teil dieses Kapitels<br />

kommt des öfteren das Wort „vorhersagen“ vor,<br />

d. h. das Wissen über die Arzneimittel wird nicht aus<br />

der Arzneimittelprüfung gewonnen, sondern aus seinen<br />

Vorhersagen aus der Gruppenanalyse und dem<br />

Periodensystem! Somit fehlt dieser Methode ein<br />

Grundpfeiler der <strong>Homöopathie</strong>!<br />

In seinem System gibt es immer wieder Änderungen,<br />

er bezeichnet seine Arbeit als „work in progress“. Begonnen<br />

hat Scholten 1985 praktisch mit der <strong>Homöopathie</strong><br />

zu arbeiten, bis jetzt gibt es von ihm bereits 4<br />

verschiedene Theorien! Wie gut die Theorie über die<br />

Lanthaniden ausgearbeitet ist, wird auch erwähnt.<br />

In dem vorliegendem Werk von Scholten zu diesem<br />

Thema werden 80 Fälle zu 55 Substanzen vorgelegt,<br />

was eher dürftig ausfällt. Der Autor dieses Kapitels<br />

erwähnt auch kritische Aspekte, er erwähnt z. B. die<br />

„Flüchtigkeit der Darstellung der Fälle mit kurzer Nachbeobachtungszeit<br />

als Zielpunkt sachlicher Kritik“. Der<br />

vorgestellte Fall ist mit der zuvor beschriebenen Theorie<br />

nicht wirklich zu verstehen.<br />

Luft, der einzige Autor, der zwei Methoden vorstellt,<br />

beschreibt auch die Komplexitäts-Methode nach Mangialavori<br />

mit viel Hingabe, ein Schwerpunkt liegt auf<br />

der Erklärung der Computerprogramme und Mangialavoris<br />

Mitteilungen in Seminaren. Der dargestellte Fall,<br />

gelöst schlußendlich mit Angelica archangelica – diese<br />

Substanz ist nach Angaben des Autors nicht in seinen<br />

zur Verfügung stehenden Repertorien und in seinem<br />

Reference Works zu finden - wurde aber aufgrund der<br />

möglichen „Vorhersage“ nach der Komplexitäts-Methode<br />

und nicht aufgrund einer Arzneimittelprüfung<br />

verordnet. Der Fall ist jedoch ausführlich beschrieben<br />

und lange nachbeobachtet und wird vom Autor auch<br />

kritisch betrachtet.<br />

Die vielen Begriffe und Definitionen, die es bei der<br />

Sankaran-Methode gibt, versucht D. Weidemann zu<br />

erklären. Sie schreibt, dass diese Methode nicht aus<br />

einem Buch zu erlernen ist, sondern nur anhand von<br />

Seminaren mit Videofällen, v. a. die „Vitalempfindung“<br />

kann man nur so verstehen. Was den Fall betrifft, fehlt<br />

leider die im theoretischen Teil geforderte Überprüfung<br />

der verordneten Arznei anhand des Studiums der primären<br />

Materia medica.<br />

Die letzte in diesem Buch zu findende Methode wird<br />

vom Entwickler selbst, P. Gienow erklärt; es handelt<br />

sich um eine gewagte Theorie, eher schwer zu verstehen<br />

und mit großer Wahrscheinlichkeit das Kapitel,<br />

was am meisten verwirrt, am weitesten von Hahnemann<br />

entfernt ist, und am häufigsten zur kritischen<br />

Diskussion anregt. Die Fälle sind sehr kurz dargestellt,<br />

keine zeitlichen Angaben sind zu finden, die Mittelverordnung<br />

anders als sonst in der <strong>Homöopathie</strong> üblich,<br />

da immer Zwischenmittel verabreicht werden.<br />

Dem Buch ist ein ausführliches Inhaltsverzeichnis vorangestellt,<br />

jedes Kapitel ist mit einem genauen Literaturverzeichnis<br />

versehen und am Ende des Buches findet<br />

man ein gut sortiertes Sach- und Personenregister.<br />

Druckfehler sind kaum zu finden.<br />

Fazit:<br />

Dem auf der Buchrückseite zu findenden Satz „Übersichtliche<br />

Darstellung von 15 Methoden mit ihren Ursprüngen<br />

und Entwicklungslinien“ ist absolut zuzustimmen.<br />

Ein Buch von hoher Qualität, schön zu lesen und<br />

interessant <strong>für</strong> alle in der <strong>Homöopathie</strong> tätigen. Nach<br />

der Lektüre dieses Werkes ist man dazu befähigt, mit<br />

Kollegen über die verschiedenen Methoden auf einem<br />

hohen Niveau zu diskutieren. Es ist kein Lehrbuch, bietet<br />

aber einen guten Überblick über die verschiedenen<br />

Strömungen in der <strong>Homöopathie</strong>.<br />

Vielleicht ein Versuch des Herausgebers, auf die Vertreter<br />

der unterschiedlichen Methoden versöhnlich einzuwirken.<br />

Dr. Bernhard Zauner<br />

26


Beiträge zur klassischen <strong>Homöopathie</strong><br />

Termine • Termine • Termine<br />

Aus- und Fortbildungen 2012 / 2013<br />

ÄKH<br />

29.–30.09.2012 Linz 1. Ausbildungswochenende (Details siehe Homepage)<br />

24.–25.11.2012 Linz 2. Ausbildungswochenende (Details siehe Homepage)<br />

19.–20.01.2013 Linz 3. Ausbildungswochenende (Details siehe Homepage)<br />

16.–17.03.2013 Linz 4. Ausbildungswochenende (Details siehe Homepage)<br />

20.–21.04.2013 Linz 5. Ausbildungswochenende (Details siehe Homepage)<br />

15.–16.06.2013 Linz 6. Ausbildungswochenende (Details siehe Homepage)<br />

29.09.2012 Linz Theorie&Praxis der <strong>Homöopathie</strong> Dr. Peter Andersch-Hartner<br />

24.11.2012 Linz Theorie&Praxis der <strong>Homöopathie</strong> Dr. Peter Andersch-Hartner<br />

19.01.2013 Linz Theorie&Praxis der <strong>Homöopathie</strong> Dr. Peter Andersch-Hartner<br />

16.03.2013 Linz Theorie&Praxis der <strong>Homöopathie</strong> Dr. Peter Andersch-Hartner<br />

20.04.2013 Linz Theorie&Praxis der <strong>Homöopathie</strong> Dr. Peter Andersch-Hartner<br />

15.06.2013 Linz Theorie&Praxis der <strong>Homöopathie</strong> Dr. Peter Andersch-Hartner<br />

29.09.2012 Linz Lehrparxis Dr. Lisbeth Preißler<br />

24.11.2012 Linz Lehrparxis Dr. Lisbeth Preißler<br />

19.01.2013 Linz Lehrparxis Dr. Lisbeth Preißler<br />

16.03.2013 Linz Lehrparxis Dr. Lisbeth Preißler<br />

20.04.2013 Linz Lehrparxis Dr. Lisbeth Preißler<br />

15.06.2013 Linz Lehrparxis Dr. Lisbeth Preißler<br />

07.–08.07.2012 Salzburg Supervisionsseminar mit Henny Heudens Mast (in Zusammenarbeit mit der SIH)<br />

09.–11.11.2012 Salzburg Supervisionsseminar mit Henny Heudens Mast (in Zusammenarbeit mit der SIH)<br />

24.–27.01.2013 Salzburg Supervisionsseminar mit Henny Heudens Mast (in Zusammenarbeit mit der SIH)<br />

05.–07.07.2013 Salzburg Supervisionsseminar mit Henny Heudens Mast (in Zusammenarbeit mit der SIH)<br />

05.–07.10.2012 Wien Casemanagement Angststörungen (in Zusammenarbeit mit der SIH) Tjado Galic<br />

26.–27.10.2012 Salzburg Polaritätsanalyse Teil 1 Dr. Heiner Frei<br />

16.–17.11.2012 Wien Wissenschaftssymposium (in Zusammenarbeit mit der SIH und ÖGHM)<br />

08.–10.03.2013 Salzburg Die homöopathische Krebsbehandlung Dr. Alok u. Dr. R. S. Pareek<br />

ÖGHM<br />

28.–29.09.2012 Kärnten ÖGHM-Jahrestagung <strong>Homöopathie</strong> in der Pädiatrie<br />

30.11.–01.12.2012 Europahaus <strong>Homöopathie</strong> beim Psychotrauma Dr. Jutta Gnaiger-Rathmanner<br />

und Dr. Rosemarie Mayr<br />

23.-24.02.2013 Europahaus (SR 2) Symptomenlexikon, Teil I Michael Kohl<br />

09.–11.05.2013 Europahaus Seminar mit Dr. Dario Spinedi<br />

22.–23.06.2013 ÖGHM Symptomenlexikon, Teil II Michael Kohl<br />

19.–20.10.2013 ÖGHM Symptomenlexikon, Teil III Michael Kohl<br />

SIH<br />

24.–25.11.2012 Wien Repertorisationskurs Dr. Michael Hajek<br />

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AUTOREN DIESER AUSGABE<br />

Dr. Klaus Payrhuber<br />

Karl-Wiser Straße 6 | 4020 Linz<br />

Dr. Bernhard Zauner<br />

Raimundstraße 10 | 4701 Bad Schallerbach<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeber und Verleger:<br />

ÄKH - <strong>Ärztegesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Klassische</strong> <strong>Homöopathie</strong><br />

Kirchengasse 21, 5020 Salzburg; E-Mail: office@aekah.at<br />

Redaktion und <strong>für</strong> den Inhalt verantworlich:<br />

Dr. Klaus Payrhuber, Dr. Bernhard Zauner<br />

Die Beiträge entsprechen der persönlichen Meinung der Autoren.<br />

Grafik | Layout | Herstellung:<br />

STUDIO KAPELLER KG • Agentur <strong>für</strong> Wertemarketing • www.studio-kapeller.at<br />

www.aekh.at

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