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<strong>fusznote</strong> 5/2012 6<br />
LOKALHELDEN<br />
<strong>fusznote</strong> Feature<br />
Foto: Nikolai Potthoff<br />
»Es gibt keine Indie-Version der<br />
Gruppe 47« Der Autor Nagel über seinen<br />
Roman Was kostet die Welt, Musik<br />
und die Bedeutung von Literatur.<br />
<strong>fusznote</strong>: Bei Was kostet die Welt werden die<br />
Themen auf verschiedene mediale Arten<br />
und Weisen umgesetzt. Da gibt es den<br />
Roman, die EP, zwei YouTube-Videos und<br />
natürlich die Autorenlesungen. Es stellt<br />
sich da natürlich die Frage, wie Literatur<br />
heute funktioniert. Ist es etwas Besonderes,<br />
das so zu vermarkten? Inwiefern stecken<br />
die Verlage da mit drin? Oder anders: Du<br />
sagtest gestern, Peter Mertes sei das Heyne<br />
Hardcore der Winzerszene. Das ist eine<br />
sehr interessante Aussage. Wie verstehst du<br />
dich selber in diesem Rahmen?<br />
Nagel: Ich bin ja erst mal darbender Künstler,<br />
der ein Publikum will. Ich bin Autodidakt.<br />
Ich hab das alles nie gelernt, habe nie<br />
studiert, nie einen creative writing-Kurs besucht,<br />
ich kann keine Noten lesen. Jetzt habe<br />
ich angefangen autodidaktisch Linolschnitte<br />
zu machen. Ich kann nur so arbeiten. Und<br />
ich empfinde das nicht als Arbeit, sondern<br />
als das, was ich machen will. Wenn ich dann<br />
aber etwas habe, das ich gut finde – und das<br />
passiert nicht so oft, ich zweifle das eher noch<br />
zehn Mal an –, dann will ich damit auch gehört<br />
oder gesehen oder gelesen werden. Und<br />
dann versucht man ein Publikum zu finden.<br />
Mich interessiert es nicht, oder nicht mehr,<br />
irgendeine Nische zu beliefern, irgendeine<br />
Szene. Und dann sucht man eben nach den<br />
besten Möglichkeiten, seine Sachen zu veröffentlichen,<br />
ohne künstlerische Kompromisse<br />
eingehen zu müssen.<br />
Es war für Muff Potter damals gut bei Universal<br />
zu sein, und es ist für mich jetzt auch<br />
gut bei Heyne zu sein. Das heißt aber nicht,<br />
dass ich mich mit allem identifiziere, was da<br />
sonst gemacht wird. Also bei Universal waren<br />
unsere Labelmates Tokyo Hotel, Rammstein,<br />
Juli. Das ist auch alles ok, aber nicht<br />
gerade die Musik, die ich zu Hause höre.<br />
Und bei Heyne Hardcore sind einige interessante<br />
Bücher rausgekommen, aber auch<br />
vieles, was mich überhaupt nicht interessiert.<br />
Ich bin vielleicht auch aus dem Alter raus, in<br />
dem ich mich unbedingt mit allem identifizieren<br />
muss. Das ist gar nicht möglich, das<br />
wäre auch bei einem kleinen Indielabel nicht<br />
möglich. Das ist so mein Gefühl: Solange ich<br />
da mit Respekt behandelt werde und mich<br />
nicht künstlerisch verbiegen muss, freu ich<br />
mich darüber, wenn ich möglichst viel Support<br />
kriege.<br />
<strong>fusznote</strong>: Gerade bei einem recht großen<br />
Verlag wie Heyne ist alles durchorganisiert.<br />
Gab es da keine Auflagen, worüber du<br />
sprechen darfst, was wie gemacht werden<br />
muss etc.?<br />
Nagel: Eigentlich nicht. Es gab da ein paar<br />
Diskussionen über den Buchtitel oder den<br />
Klappentext, den wollten die noch ein bisschen<br />
polemischer haben. Denkt man gar<br />
nicht. Sie wollten es reißerischer, einfacher,<br />
nicht so doppelbödig. Also möglichst so,<br />
dass es jeder gleich verstehen kann. Das ist<br />
halt die Arbeitsweise vom Major. Man muss<br />
es möglichst sofort verstehen. Es muss einen<br />
sofort anspringen. So arbeiten die Major-<br />
Plattenfirmen und scheinbar auch Major-<br />
Buchverlage, tendenziell. Aber ich habe alles<br />
so gemacht, wie ich es haben wollte und<br />
letztlich war es auch kein Kampf oder so.<br />
Man hat sich halt darüber unterhalten und<br />
dann ist das Buch so geworden, wie ich es<br />
haben wollte.<br />
<strong>fusznote</strong>: Entsprechend kein Sellout deiner<br />
selbst?<br />
Nagel: Der Begriff des Sellouts ist sowieso