Rede des IRH Vorsitzenden Ramazan Kuruyüz - Islamische ...
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BISMILLAHIR-RAHMANIR-RAHIM<br />
Mit dem Namen ALLAHs, Des Allgnade Erweisenden, Des Allgnädigen<br />
slamische<br />
eligionsgemeinschaft essen<br />
<strong>IRH</strong> * Ludwigstraße 6 * 35390 Gießen<br />
Tel.: 0641 - 2036147<br />
Fax: 0641 - 2036148<br />
E-mail: info@irh-info.de<br />
Internet: www.irh-info.de<br />
<strong>Rede</strong> von <strong>Ramazan</strong> <strong>Kuruyüz</strong>,<br />
<strong>des</strong> <strong>Vorsitzenden</strong> der <strong>Islamische</strong>n Religionsgemeinschaft Hessen/<strong>IRH</strong>,<br />
beim Iftar-Empfang am Freitag, dem 21. August 2009, im Orient Palace Frankfurt am Main<br />
Bismil-lahir-rahmanir-rahim<br />
Mit dem Namen Allahs/Gottes, <strong>des</strong> Allgnade Erweisenden, <strong>des</strong> Allgnädigen<br />
Verehrte Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen im Hessischen Landtag,<br />
verehrte Vertreterinnen und Vertreter der Generalkonsulate,<br />
verehrte Vertreterinnen und Vertreter der Religionsgemeinschaften und Kirchen,<br />
verehrte Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Verwaltung, Gesellschaft und Wissenschaft,<br />
verehrte Vertreterinnen und Vertreter der Presse und Medien,<br />
meine sehr verehrten Damen und Herren!<br />
Im Namen der <strong>Islamische</strong>n Religionsgemeinschaft Hessen/<strong>IRH</strong> heiße ich Sie alle herzlich willkommen und<br />
freue mich, Sie bei unserem Iftar-Empfang am ersten Ramadantag hier im Orient Palace Frankfurt<br />
begrüßen zu dürfen.<br />
Die <strong>IRH</strong> hat eine Pionierarbeit für Iftar-Empfänge islamischer Religionsgemeinschaften in und über Hessen<br />
hinaus geleistet. Sie hat dazu entscheidend beigetragen, dass islamische Gemeinden in jedem Ramadan in<br />
fast allen hessischen Gemeinden und Städten zu Iftar-Empfängen einladen. Die Iftar-Empfänge islamischer<br />
Gemeinden sind nunmehr zur Tradition und zu einem Bestandteil der Kultur unseres Lan<strong>des</strong>, der<br />
Bun<strong>des</strong>republik Deutschland geworden. Die jährlichen traditionellen Iftar-Empfänge der <strong>IRH</strong> sind nicht nur<br />
dafür da, dass wir zusammen kommen und zusammen essen, sie bieten uns unter anderem die<br />
Möglichkeit, uns miteinander über gesellschaftspolitische Entwicklungen auszutauschen.<br />
In meiner heutigen <strong>Rede</strong> möchte ich gerne unsere Grundsatzposition zu Freiheit, Gerechtigkeit und<br />
Sicherheit vor dem Hintergrund der Ermordung der Muslima Marwa El-Sherbini bzw. zunehmender<br />
Islamophobie in unserer Gesellschaft und <strong>des</strong> Kopftuchverbotsgesetzes im öffentlichen Dienst und <strong>des</strong> vom<br />
Hessischen Integrationsministerium organisierten und gestern stattgefundenen Runden Tisches bezüglich<br />
<strong>des</strong> islamischen Religionsunterrichts erläutern.<br />
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Freiheit, Gerechtigkeit und Sicherheit sind die wichtigsten drei Grundpfeiler eines demokratischen<br />
Staatswesens und <strong>des</strong> sozialen Friedens in einer Gesellschaft. Was unterscheidet eine Demokratie<br />
grundsätzlich von den übrigen Staatssystemen? Opposition und Meinungsfreiheit. Regierung gibt es<br />
überall, in allen Staatssystemen, Opposition hauptsächlich in einem demokratischen Staatswesen. Eine<br />
Demokratie lebt vielmehr von der Opposition und den oppositionellen Stimmen bzw. der Meinungsfreiheit.<br />
Opposition und oppositionelle Stimmen werden aber von den Regierenden auch in vielen demokratischen<br />
Ländern nicht immer gemocht, geschätzt und genutzt. Meinungsfreiheit hat zwei Ebenen: Die erste ist die<br />
Fähigkeit, seine Meinungen frei, ohne Angst und ohne Komplexe äußern zu können und die zweite ist die<br />
Fähigkeit, die Meinungen der anderen respektieren zu können und kritische Meinungen zuzulassen. Dazu<br />
gehört auch die Kritikaufnahmebereitschaft. Dies gilt für alle Beteiligten eines Lan<strong>des</strong>, sowohl für den Staat<br />
bzw. die Regierenden als auch für Bürgerinnen und Bürger. Auch in vielen nicht-demokratischen Ländern<br />
und totalitären Staaten kann man seine kritische Meinung äußern. Die Frage ist, was dann passiert: Man<br />
landet nicht selten in einem Gefängnis, oft ohne Gerichtsurteile, ohne Justiz. Ich freue mich, in einem<br />
demokratischen Rechtsstaat zu leben. Die Frage ist aber hierzu, wie weit die verfassungsrechtlich<br />
garantierte Meinungsfreiheit in der Praxis in einem demokratischen Rechtsstaat erfolgt. Ich frage mich und<br />
Sie, ob man seine Meinung in unserem demokratischen Rechtsstaat frei und ohne Angst, vom<br />
Verfassungsschutz abgestempelt und von dem Staat bzw. den Regierenden ausgegrenzt zu werden,<br />
äußern kann. Wir Muslime erleben vor allem seit dem „11. September“ 2001 leider nicht selten solche<br />
Erfahrungen in Deutschland, auch in Hessen.<br />
Die Regierenden dürfen und können Muslime, ihre Organisationen und den Islam ständig und frei kritisieren<br />
und belehren. Wenn Muslime und ihre Organisationen aber die Regierenden und bestehende politischen<br />
Missstände kritisieren, landen sie oft in Verfassungsschutzberichten und werden vom Staat ausgegrenzt.<br />
Das kennt die <strong>IRH</strong> sehr gut. Das haben wir durch die Verfassungsschutzberichte 2004 und 2005 sehr<br />
konkret erlebt. Gott sei Dank, wir sind in einem demokratischen Rechtsstaat, wir konnten mit dem Land<br />
Hessen am 29. Mai 2006 vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden einen Vergleich schließen und somit sind<br />
wir seitdem nicht mehr in Verfassungsschutzberichten.<br />
Eine Gesellschaft entwickelt sich in allen Bereichen durch Meinungsfreiheit und durch Menschen bzw.<br />
Intellektuelle, die gegen den Zeitgeist schwimmen können. Durch Untertanengeist verfällt eine Gesellschaft.<br />
Eine Gesellschaft kann sich nur entwickeln, wenn sie Menschen hat, die sich gegen den Zeitgeist der<br />
Ungerechtigkeit und Diskriminierung der Minderheiten mutig einsetzen können. Eine Gesellschaft braucht<br />
<strong>des</strong>halb Zivilcourage gegen Unrecht, auch staatlicherseits.<br />
Ein Staat ist gut und klug beraten, mündige, selbstbewusste und komplexfreie Bürgerinnen und Bürger zu<br />
haben, die ihre Meinungen frei äußern und auch politische und gesellschaftliche Missstände ohne Angst<br />
benennen können. Eingeschüchterte Menschen handeln heuchlerisch und nicht aufrichtig, ausgegrenzte<br />
Menschen werden radikalisiert. Beide Erscheinungen sind für einen Staat und eine Gesellschaft schädlich<br />
und gefährlich. Hier appelliere ich auch an alle Muslime und ihre Organisationen: Lassen Sie sich weder<br />
einschüchtern, noch radikalisieren! Treten Sie mutig und ohne Komplexe öffentlich und transparent ein! Wir<br />
sind Teil dieser Gesellschaft und dieses Lan<strong>des</strong>. Wir wollen alle zusammen zum Wohl unserer<br />
Gesamtgesellschaft und unseres Lan<strong>des</strong> Deutschland beitragen. Deshalb haben wir nichts zu verbergen<br />
und nichts zu fürchten.<br />
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Die Teilung der Muslime und ihrer Organisationen durch den Staat in Gut und Böse erschwert die<br />
Integration muslimischer Kreise auf breiter Basis. Muslime und islamische Organisationen dürfen sich dabei<br />
nicht gegeneinander ausspielen lassen. Wer erst als gut eingestuft wird, kann am Ende als böse landen.<br />
Dazu haben wir viele Beispiele. Ein visionärer Staat darf unter seinen Bürgerinnen und Bürgern nicht nach<br />
dem „Teile – und – Herrsche - Prinzip“ handeln, denn eine solche Gesellschaft ist gespalten. Eine<br />
gespaltene Gesellschaft ist nicht im Interesse <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>. Vielmehr soll ein visionärer Staat möglichst alle<br />
seine Bürgerinnen und Bürger, gesellschaftliche und religiöse Kreise mit integrieren und mit allen<br />
zusammen die Gesellschaft gestalten. Mitintegrieren und Zusammengestalten sind die wichtigsten Faktoren<br />
für den sozialen Frieden im Lande. Das „Teile – und – Herrsche – Prinzip“ kann vielleicht bei einem Krieg<br />
gegen einen anderen Staat zum Siegen helfen, aber auch nach dem Krieg ist es nicht immer wirksam. Auf<br />
der internationalen Ebene sehen wir viele diesbezügliche Beispiele. Beispielsweise bemüht sich die neue<br />
US-Regierung unter dem Präsidenten Barack Obama, ihre alte und falsche Sicherheits- und Friedenspolitik<br />
auf der internationalen Ebene zu korrigieren. Anstatt - wie während der ehemaligen Regierung - die<br />
islamischen Völker und Länder auszugrenzen und mit ihnen unwürdig umzugehen, versucht Präsident<br />
Obama Brücken zu schlagen und eine neue Ära <strong>des</strong> respektvollen Umgangs und der kooperativen<br />
Zusammenarbeit mit der islamischen Welt zu beginnen. Wir begrüßen diese neue US-Politik und wünschen<br />
dem Präsidenten Obama in seinen aufrichtigen Bemühungen um den Weltfrieden alles Gute und viel Erfolg.<br />
Dasselbe tun auch die US-Botschaft und US-Generalkonsulate in Deutschland. Sie führen intensiven,<br />
respektvollen und konstruktiven Dialog mit den islamischen Organisationen und bemühen sich um eine<br />
kooperative Zusammenarbeit mit ihnen. An dieser Stelle begrüße ich die Vertreter <strong>des</strong> Amerikanischen<br />
Generalkonsulats Frankfurt bei uns recht herzlich, mit denen wir seit langem im Dialog stehen.<br />
Meine verehrten Damen und Herren,<br />
wie Sie es sicher schon erfahren haben, wurde eine Kopftuch tragende muslimische Frau, Marwa El-<br />
Sherbini, am 1. Juli 2009 während einer Gerichtsverhandlung vor allen Richtern und<br />
Verhandlungsbeteiligten in einem Gerichtssaal in Dresden aus Hass gegen Muslime und den Islam<br />
erstochen und ermordert. Die 32-jährige schwangere Frau und Mutter hinterlässt einen Ehemann und einen<br />
minderjährigen Sohn. Marwa El-Sherbini ist das bisher tragischste Opfer unter unseren muslimischen<br />
Schwestern, die unter Demütigungen, Verdächtigungen und Diskriminierungen zu leiden haben. Die<br />
insbesondere an ihrer Bekleidung erkennbaren muslimischen Frauen sind unter<strong>des</strong>sen weitgehend<br />
gesellschaftlich, menschlich und beruflich abgewertet.<br />
Islamophobie bzw. Islamfeindlichkeit ist ein zunehmen<strong>des</strong> Phänomen vor allem seit dem „11. September<br />
2001“ in Deutschland und Europa. Am meisten betroffen von dieser Islamophobie sind muslimische Frauen,<br />
insbesondere die Kopftuch tragenden.<br />
Viele Bun<strong>des</strong>länder verabschiedeten nach dem Urteil <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>verfassungsgerichts vom 24. September<br />
2003 in Sachen der Klage der muslimischen Lehrerin Fereshta Ludin – trotz der Mahnungen vieler<br />
Verfassungsrechtler - Kopftuchverbotsgesetze und haben nicht nur den muslimischen Lehrerinnen an<br />
staatlichen Schulen, sondern darüber hinaus sogar allen Beamtinnen im öffentlichen Dienst wie in Hessen<br />
somit das Tragen <strong>des</strong> Kopftuches verboten. Der überwiegende Teil der angehörten Verfassungsrechtler<br />
bezeichnete diese Gesetze als offensichtlich verfassungswidrig, <strong>des</strong>integrativ und Ungleichbehandlung der<br />
betroffenen Musliminnen. Sie wurden von der Mehrheit der jeweiligen Landtage einfach ignoriert.<br />
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Die jeweiligen Landtage begründeten ihre Gesetze damit, dass das Kopftuch ein politisches Symbol und ein<br />
Zeichen der Unfreiheit der Frau sei und die Neutralitätspflicht <strong>des</strong> Staates verletze. Die Gesetzgeber<br />
beabsichtigten mit diesen Gesetzen die muslimischen Frauen von vermeintlicher Unterdrückung zu<br />
befreien, ohne zu bemerken, dass sie dadurch selbst zu ihrer Diskriminierung beitrugen und die Akzeptanz<br />
in der Gesellschaft zur strukturierten Benachteiligung muslimischer Frauen schufen. Die freie und<br />
persönliche Entscheidung der mündigen und gebildeten Bürgerinnen wurde dabei außer Acht gelassen.<br />
Die meisten dieser Frauen sind hier geboren, haben die hiesigen Schulen besucht und an deutschen<br />
Hochschulen studiert, nehmen am gesellschaftlichen Leben aktiv teil und sind im Sinne der Verfassung<br />
vollständig integriert. Trotzdem dürfen sie im öffentlichen Dienst nicht arbeiten. Dies bedeutet nach unserer<br />
Auffassung eine Ungleichbehandlung und Diskriminierung betroffener Frauen. Beispielsweise bin ich seit<br />
18 Jahren als Lehrer im Hessischen Schuldienst tätig. Zugleich bin ich Vorsitzender der <strong>IRH</strong>. Viele meiner<br />
Meinungen gelten für bestimmte politische Kreise als islamistisch und dennoch darf ich als Lehrer im<br />
öffentlichen Dienst arbeiten. Denn in meinem Falle gelten zurecht nicht die Vermutungen, Verdächtigungen<br />
oder Vorwürfe, die von Dritten ausgehen, sondern die Einzelfallüberprüfung durch die staatliche Aufsicht.<br />
Aber eine muslimische Frau, die nicht mal in einer islamischen Gemeinde Mitglied ist und keine<br />
„gefährlichen bzw. fundamentalistischen Meinungen!“ vertritt, darf alleine wegen der verallgemeinerten<br />
Verdächtigung als Fundamentalistin infolge ihres Kopftuches im öffentlichen Dienst nicht arbeiten. Dies<br />
widerspricht eindeutig dem im Grundgesetz verankerten Prinzip der Gerechtigkeit bzw. der<br />
Gleichberechtigung von Mann und Frau.<br />
Alle sozialen Gruppen, welche in vielen Bereichen diskriminiert waren, wurden in den letzten Jahrzehnten<br />
per Gesetz geschützt, einschließlich der gleichgeschlechtlichen Paare. Nur Kopftuch tragende Musliminnen<br />
werden vom Gesetzgeber weiterhin ungleich behandelt und diskriminiert. Dieses Verbot im öffentlichen<br />
Dienst erschwert den Kopftuch tragenden Musliminnen auch den Zugang zum Beruf auf dem privaten<br />
Arbeitsmarkt.<br />
Unser Land braucht ein Umdenken. Unsere Demokratie muss diesen Fehler korrigieren. Die Politik muss<br />
handeln und dieser Ungleichbehandlung bzw. Diskriminierung der Musliminnen ein Ende setzen.<br />
Es zeigte sich weiterhin in der Auseinandersetzung mit dem Kopftuch, dass die Kopftuchdebatte als<br />
Stellvertreterdebatte für viele ungeklärte Fragen im Integrationsdiskurs von Muslimen stand. Es war höchst<br />
bedenklich, dass dieser Diskurs ausschließlich zu ungunsten kopftuchtragender Frauen geführt wurde, der<br />
Gesellschaftsgruppe, die doch vor Unterdrückung geschützt und deren Emanzipation auch im Berufsleben<br />
unterstützt werden sollte.<br />
Die <strong>IRH</strong> tritt auf der Grundlage <strong>des</strong> Islam dafür ein, dass Frauen als mündige Personen eigenverantwortlich<br />
entscheiden müssen, ob sie sich an die islamischen (Bekleidungs-) Gebote halten wollen oder nicht. Die<br />
<strong>IRH</strong> lehnt jeden Druck, auch familiärer Art, zum Tragen oder Nicht-Tragen <strong>des</strong> Kopftuches ab, weil es<br />
hierbei gemäß den islamischen Prinzipien um eine selbstbestimmte, freie Bekenntnisäußerung geht und<br />
gehen muss. Diskriminierung wegen <strong>des</strong> Nicht-Tragens eines Kopftuches lehnen wir genauso ab, wie<br />
Diskriminierung wegen <strong>des</strong> selbstgewählten Tragens eines Kopftuches.<br />
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Das Tragen <strong>des</strong> Kopftuches ist kein Zeichen der Intoleranz oder Abgrenzung, sondern Ausdruck <strong>des</strong><br />
religiösen Bekenntnisses, mit dem die muslimischen Frauen bereit sind, sich aktiv in die Gesellschaft zu<br />
integrieren. Die steigende Zahl kopftuchtragender muslimischer Frauen an den Hochschulen, Universitäten,<br />
im Arbeitsleben und auch im Schuldienst, belegt anschaulich, dass die Integration durch das Kopftuch nicht<br />
behindert wird. Gerade mit dem Kopftuch ermöglicht der Islam den muslimischen Frauen die Möglichkeit<br />
sich frei an gesellschaftlichem Leben, Politik, Bildung und Arbeitsleben zu beteiligen. Die <strong>IRH</strong> setzt sich seit<br />
Jahren aktiv für die Integration der Muslime in Hessen ein, vor allem auch für das Selbstbestimmungsrecht<br />
der muslimischen Frauen. Ein weiteres wichtiges Anliegen der <strong>IRH</strong> ist die Chancengleichheit für Mädchen<br />
und Jungen im Bildungs- und Ausbildungsbereich, für kopftuchtragende und für nicht-kopftuchtragende<br />
muslimische Mädchen.<br />
„Die Würde <strong>des</strong> Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlicher<br />
Gewalt.“ (GG, Art. 1 Abs. 1)<br />
Das Grundgesetz gibt eine klare Orientierung an der Würde und den Rechten <strong>des</strong> Menschen vor. Dieser<br />
Artikel steht am Anfang und somit im Mittelpunkt unseres Grundgesetzes und bildet die zentrale Grundlage<br />
der Werteordnung unserer Gesellschaft. Zurecht fragen wir Muslime die Politik und Gesellschaft, ob dieser<br />
Artikel <strong>des</strong> Grundgesetzes für die Musliminnen, die freiwillig und entsprechend ihrem Islamverständnis<br />
Kopftuch tragen, nicht gilt? „Ist die Würde dieser Musliminnen doch antastbar?“<br />
Folgende Worte unseres ehemaligen Bun<strong>des</strong>präsidenten Roman Herzog am 27. April 2005 in Bergen-<br />
Belsen sind in diesem Zusammenhang sehr zutreffend:<br />
„...Man ist nicht nur verantwortlich für das, was man tut, sondern auch für das, was man geschehen lässt...<br />
Wer es zulässt, dass anderen die Würde genommen wird, der verliert am Ende die eigene Würde.“<br />
(Das Parlament, Die Woche im Bun<strong>des</strong>haus, Bonn, den 5./12. Januar 1996, Seite 7)<br />
Der in der Vergangenheit unsachlich geführte Diskurs zu Lasten Kopftuch tragender Frauen hat dazu<br />
geführt, dass islamfeindliche Tendenzen gegen Kopftuch tragende Frauen in der Gesellschaft<br />
zugenommen haben. Eine durch die Kopftuchverbotsgesetze initiierte Stigmatisierung muslimischer Frauen<br />
gibt fremdenfeindlichen Menschen die Legitimation sie auszugrenzen und erschwert die weitergehende<br />
Integration der betroffenen Frauen in die Gesellschaft.<br />
Nicht nur Muslime, sondern im selben Maße unsere Gesamtgesellschaft, sollten vor allem aus<br />
integrationspolitischen Erwägungen und im Interesse <strong>des</strong> sozialen Friedens in unserem Land besonderes<br />
Interesse daran haben, dass diese Ungleichbehandlung der Kopftuch tragenden Frauen im öffentlichen<br />
Dienst nunmehr korrigiert wird. Deshalb rufen wir den Hessischen Landtag und die jeweiligen Landtage auf,<br />
die Gesetze zum Kopftuchverbot für Lehrerinnen an staatlichen Schulen und für Beamtinnen im öffentlichen<br />
Dienst, welche die Würde der Musliminnen verletzen, nunmehr aufzuheben. Hier bitte ich insbesondere<br />
unseren Integrationsminister Hahn, die Initiative bei der Lan<strong>des</strong>regierung und im Hessischen Landtag zu<br />
ergreifen, das Gesetz zur Sicherung der staatlichen Neutralität bzw. das Gesetz zum Verbot <strong>des</strong><br />
Kopftuches im öffentlichen Dienst aufzuheben und somit die Integration der Kopftuch tragenden<br />
muslimischen Frauen ins Berufsleben zu ermöglichen. Wir rufen auch alle demokratischen Parteien,<br />
Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften, Frauenorganisationen und Organisationen für Menschenrechte auf,<br />
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gegen die Diskriminierung der Kopftuch tragenden Musliminnen im öffentlichen Dienst und in der<br />
Gesellschaft und für ihre Würde und Gleichbehandlung im Berufsleben einzusetzen. Zu diesem Zweck<br />
wollen wir im September eine Initiative starten und gesellschaftliche, religiöse und politische Kreise zu<br />
einem Beratungsgespräch einladen. Wer Interesse daran hat, kann sich heute Abend bei meinem<br />
Stellvertreter Ünal Kaymakci melden.<br />
Verehrte Damen und Herren,<br />
ich darf in Dankbarkeit gegenüber unserem Schöpfer und unseren Mitgliedern offen sagen, dass die<br />
<strong>Islamische</strong> Religionsgemeinschaft Hessen/<strong>IRH</strong> in den letzten zwölf Jahren nach ihrer Gründung eine<br />
hervorragende Pionierarbeit im Bereich der Integration der Muslime bzw. der Einbürgerung <strong>des</strong> Islam in die<br />
deutsche Gesellschaft, <strong>des</strong> Einheitsprozesses der Muslime und ihrer Gemeinden auf der Lan<strong>des</strong>- und<br />
Bun<strong>des</strong>ebene und <strong>des</strong> interreligiösen und interkulturellen Dialogs geleistet hat. Die <strong>IRH</strong> war es, die die<br />
Frage <strong>des</strong> bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterrichts unter Muslimen in Hessen und<br />
gegenüber dem Land Hessen vor über einem Jahrzehnt überhaupt auf die Agenda gebracht hatte. Die <strong>IRH</strong><br />
hat zu der neuen Entwicklung in Hessen entscheidend beigetragen, dass der bekenntnisorientierte<br />
islamische Religionsunterricht an hessischen Schulen nun auch auf der Agenda der Lan<strong>des</strong>regierung ist.<br />
Deshalb danken wir recht herzlich vor allem Frau Kultusministerin Henzler für ihren Vorstoss und Einsatz<br />
für die Einführung <strong>des</strong> islamischen Religionsunterrichts. Zugleich begrüßen wir den mutigen Einsatz von<br />
Herrn Integrationsminister Hahn für eine konkrete und vielfältige Integrationspolitik in Hessen. Der gestern<br />
von ihm berufene Runde Tisch ist bei einigen Bedenken unsererseits grundsätzlich ein begrüßenswerter<br />
Schritt auf dem Weg zur Einführung <strong>des</strong> islamischen Religionsunterrichts. Wir wünschten uns, dass dieser<br />
Schritt durch Ausgrenzung der <strong>IRH</strong> nicht beschattet werden sollte.<br />
Herr Minister Hahn begründete die Nicht-Einladung der <strong>IRH</strong> damit, die <strong>IRH</strong> sei nach dem Urteil <strong>des</strong><br />
Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. September 2005 keine Religionsgemeinschaft. Der<br />
Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel hatte im Jahre 2005 bei der damaligen mündlichen<br />
Verhandlung eindeutig erklärt, dass sich die <strong>IRH</strong> zwar zur damaligen Zeit im Prozess der Entwicklung bzw.<br />
der Verbesserung der in einigen Punkten fehlenden Organisationsstruktur befinde und dieses Urteil nur den<br />
jetzigen bzw. damaligen Zustand berücksichtige. Denn die <strong>IRH</strong> hat nach der klärenden Entscheidung <strong>des</strong><br />
Bun<strong>des</strong>verwaltungsgerichts vom 23. Februar 2005 über die Anforderungen an die Organisationsstruktur<br />
einer Religionsgemeinschaft durch Neufassung ihrer Satzung und die den Vorgaben <strong>des</strong><br />
Bun<strong>des</strong>verwaltungsgerichts entsprechenden strukturellen Änderungen in den vergangenen vier Jahren<br />
vorgenommen. Deshalb sind wir in der <strong>IRH</strong> der Überzeugung, dass die <strong>IRH</strong> heute im Jahre 2009 nach den<br />
vorgenommenen Strukturveränderungen die Voraussetzungen einer Religionsgemeinschaft im Sinne <strong>des</strong><br />
Art. 7 Abs. 3 GG erfüllt. Die seitherigen Entwicklungen der <strong>IRH</strong> müssen selbstverständlich bei einer<br />
heutigen Beurteilung berücksichtigt werden. Wenn wir nun einen neuen Antrag stellen würden, würde das<br />
zuständige Kultusministerium zu einem anderen Ergebnis kommen.<br />
Nicht zu vergessen ist unter anderem, dass das damalige Gerichtsverfahren auch durch die Aufnahme der<br />
<strong>IRH</strong> in den Verfassungsschutzbericht 2004 und 2005 belastet und beschattet war und das Gericht das<br />
Verfahren wegen der <strong>des</strong>halb angenommenen mangelnden Verfassungstreue zuungunsten der <strong>IRH</strong><br />
entschied. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat nicht das Ende <strong>des</strong> eigentlichen Streitverfahrens vor<br />
dem Verwaltungsgericht Wiesbaden bezüglich der Klage der <strong>IRH</strong> gegen ihre Aufnahme in den<br />
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Verfassungsschutzbericht abgewartet, um zu sehen, wie das für dieses Verfahren zuständige<br />
Verwaltungsgericht Wiesbaden über die Verfassungstreue der <strong>IRH</strong> tatsächlich entscheidet. Wie es der<br />
Öffentlichkeit bekannt ist, haben das Land Hessen bzw. das Hessische Innenministerium und die <strong>IRH</strong> am<br />
29. Mai 2006 vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden einen Vergleich geschlossen: „Durch einen heute vor<br />
der 6. Kammer <strong>des</strong> VG Wiesbaden geschlossenen Vergleich haben – so das Gericht - die Beteiligten den<br />
Boden für eine kooperative Zusammenarbeit bereitet. …Das Land Hessen verpflichtete sich, für den Fall,<br />
dass keine neuen Erkenntnisse von verfassungsschutzrechtlicher Relevanz über die <strong>IRH</strong> bekannt werden,<br />
die <strong>IRH</strong> in dem Verfassungsschutzbericht 2006 und in den folgenden Berichten nicht mehr zu erwähnen.“<br />
Seit und entsprechend diesem Vergleich wird die <strong>IRH</strong> nicht mehr in den Verfassungsschutzberichten<br />
erwähnt. Auch gerade <strong>des</strong>halb bzw. nach dem Stand der Dinge gilt das Urteil <strong>des</strong> Hessischen<br />
Verwaltungsgerichtshofs vom 14. September 2005 rechtens eindeutig als fragwürdig. Diese neuen<br />
Erkenntnisse bereiten dem Land Hessen und der <strong>IRH</strong> den Boden für eine kooperative Zusammenarbeit und<br />
bieten uns und der Lan<strong>des</strong>regierung die Möglichkeit für einen neuen Anfang.<br />
Abgesehen von diesen Tatsachen und Erkenntnissen ist die Begründung von Herrn Minister Hahn, warum<br />
er die <strong>IRH</strong> an den Runden Tisch nicht eingeladen hat, in sich widersprüchlich und nicht stichhaltig.<br />
Einerseits hat er die <strong>IRH</strong> an den Runden Tisch nicht eingeladen, weil die <strong>IRH</strong> nach ihm keine<br />
Religionsgemeinschaft sei, aber andererseits hat er daran die Einzelpersonen und Organisationen<br />
eingeladen, welche mit einer islamischen Religionsgemeinschaft nicht zu tun haben. Beispielsweise sind<br />
folgende Einzelpersonen ohne Organisationsbezug eingeladen: Dr. Hüseyin Akpinar, Naime Cakir (die<br />
ehemalige Frauen- und Dialogbeauftragte der <strong>IRH</strong>) und Prof. Dr. Ursula Spuler-Stegemann sowie Prof.<br />
Ömer Özsoy und Prof. Abdullah Takim (Beide vom Institut für Islamstudien der Goethe-Universität<br />
Frankfurt). Als Einzelpersonen vertreten sie keine Religionsgemeinschaften. Als nicht-religiöse bzw.<br />
säkulare Organisationen wurden der Türkisch-Deutsche Club Frankfurt (Dr. Ezhar Cezairli) und die<br />
Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte in Hessen/AGAH (Herr Yilmaz Memisoglu) eingeladen, die selbst<br />
keine Religionsgemeinschaft zu sein beanspruchen. Als religiöse Organisationen wurden der<br />
Lan<strong>des</strong>verband DITIB (Fuat Kurt), der Bildungs- und Kulturverein Frankfurt (Yusuf Colak), die Ahmadiyya-<br />
Muslim Jamaat Deutschland (Abdullah Uwe Wagishauser) und die Hazrat Fatima Moschee Frankfurt (Ünal<br />
Kaymakci) eingeladen. Herr Kaymakci ist zugleich mein Stellvertreter in der <strong>IRH</strong> und er hat sich bei Herrn<br />
Integrationsminister Hahn unter diesen Umständen bzw. der Ausgrenzung der <strong>IRH</strong> von der Beteiligung am<br />
Runden Tisch entschuldigt.<br />
Auch zu diesen eingeladenen religiösen Organisationen muss eine Frage geklärt werden. Welche von<br />
diesen wird bisher überhaupt als Religionsgemeinschaft anerkannt? Es gibt in Deutschland bisher keine<br />
anerkannte islamische Religionsgemeinschaft, auch nicht die DITIB und in keinem anderen Bun<strong>des</strong>land.<br />
Eine Ausnahme bildet die <strong>Islamische</strong> Föderation Berlin, weil Berlin über einen Sonderstatus im<br />
Staatskirchenrecht bzw. im Verhältnis zwischen Staat und Religionsgemeinschaften verfügt. Eine weitere<br />
Ausnahme bildet in einem anderen Zusammenhang auch die Alevitische Gemeinde. Deshalb ist es hier zu<br />
klären, nach welchen Kriterien Herr Hahn an den Runden Tisch einlädt.<br />
Unter anderem will ich hier auch anmerken, dass nur ein Teil der türkischen Muslime eingeladen wurde und<br />
die anderen Teile der türkischen Muslime und alle anderen nicht-türkischen Muslime bzw. alle anderen<br />
islamischen Religionsgemeinschaften und Gemeinden ausgegrenzt wurden. In der <strong>IRH</strong> ist die<br />
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überwiegende Mehrheit der Ausgegrenzten vertreten. Die <strong>IRH</strong> ist eine multinationale und<br />
überkonfessionelle Religionsgemeinschaft. Sie repräsentiert die Vielfalt hessischer Muslime sowohl<br />
hinsichtlich der Nationalitäten als auch der islamischen Rechtsschulen wie Sunniten und Schiiten.<br />
Aus dieser Konstellation am Runden Tisch ohne die Mehrheit und die Vielfalt der Muslime bzw. ihrer<br />
Religionsgemeinschaften in Hessen und unter diesen Verhältnissen kann kein bei den Muslimen allgemein<br />
anerkannter bekenntnisorientierter islamischer Religionsunterricht hervorgehen. Die <strong>IRH</strong> und Muslime in<br />
Hessen fordern keine Sonderregelung bzw. keinen Sonderstatus für Muslime in Sachen Religionsunterricht,<br />
sondern nur Gleichberechtigung und Gleichbehandlung wie die christliche Kirchen bzw.<br />
Religionsgemeinschaften und die jüdische Gemeinde. Auch der bekenntnisorientierte islamische<br />
Religionsunterricht muss in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der islamischen<br />
Religionsgemeinschaften erteilt werden, d.h. er kann und muss verfassungsgemäß von den islamischen<br />
Religionsgemeinschaften organisiert werden. Hier möchte ich deutlich unterstreichen, dass ein<br />
religionskundlicher- bzw. islamkundlicher Unterricht den verfassungsgemäßen Religionsunterricht nicht<br />
ersetzen kann und ein solcher Unterricht keine Akzeptanz der überwiegenden Mehrheit der Muslime und<br />
islamischer Religionsgemeinschaften finden wird.<br />
In diesem Zusammenhang will ich auch die Wichtigkeit <strong>des</strong> Einheitsprozesses der islamischen<br />
Religionsgemeinschaften und Gemeinden in den Bun<strong>des</strong>ländern und auf der Bun<strong>des</strong>ebene hervorheben.<br />
Die <strong>IRH</strong> hat zu diesem Prozess entscheidend mit beigetragen. Die <strong>IRH</strong> und die anderen islamischen<br />
Lan<strong>des</strong>verbände arbeiten mit dem Koordinationsrat der Muslime in Deutschland/KRM zusammen an der<br />
Fortentwicklung und Verbesserung der einheitlichen Strukturen der islamischen Religionsgemeinschaften in<br />
den einzelnen Bun<strong>des</strong>ländern einschließlich Hessen. Somit können wir die Vertretung der Muslime und die<br />
Frage <strong>des</strong> Ansprechpartners auch <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> Hessen im Bereich der Einführung <strong>des</strong> islamischen<br />
Religionsunterrichts besser gestalten und lösen. An dieser Stelle begrüße ich herzlich meinen Bruder<br />
Ayyub Axel Köhler, den Sprecher <strong>des</strong> Koordinationsrats der Muslime, und danke ihm dafür, dass er für<br />
unseren Iftarempfang aus Köln hierher gereist ist.<br />
<strong>Islamische</strong>r Religionsunterricht/IRU in deutscher Sprache und durch in Deutschland ausgebildete<br />
muslimische Lehrkräfte ist ein wichtiger Baustein für eine erfolgreiche Integrationspolitik. Er kann den<br />
Integrationswillen bzw. die Integrationsfähigkeit muslimischer Kinder und Jugendlichen fördern, ihr<br />
Zusammengehörigkeitsgefühl zu ihrer Heimat Hessen bzw. Deutschland stärken und den interreligiösen<br />
Dialog in den Schulen verbessern. Zugleich wird die Einführung <strong>des</strong> IRU ein Signal für die<br />
Gleichberechtigung muslimischer Schülerinnen und Schüler im Religionsunterricht in der Schule setzen.<br />
Der IRU war und ist das wichtigste Projekt der Integrationsarbeit der <strong>IRH</strong>. Die <strong>IRH</strong> bietet dem<br />
Kultusministerium ihre Zusammenarbeit an und ist gerne bereit, ihren konstruktiven Beitrag zur Erarbeitung<br />
der Lehrpläne und zur erfolgreichen Einführung <strong>des</strong> IRU zu leisten.<br />
Ich darf hier nach all unseren Erkenntnissen mit Sicherheit sagen, dass der eigentliche Hintergrund der<br />
Ausgrenzung der <strong>IRH</strong> nicht in der von Herrn Minister Hahn nach Außen erklärten Argumentation liegt,<br />
sondern in der fast emotionalen Einstellung der CDU gegenüber der <strong>IRH</strong> wegen der öffentlichen<br />
Konfrontation zwischen der damaligen CDU-Lan<strong>des</strong>regierung bezüglich der Aufnahme der <strong>IRH</strong> in den<br />
Verfassungsschutzbericht in den Jahren 2004 und 2005. Mit unserer Stellungnahme vom 22. Mai 2009<br />
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haben wir – nach unserer Meinung - die damaligen Streitpunkte klären und die von der Lan<strong>des</strong>regierung<br />
vorausgesetzte Grundlage für eine Normalisierung unserer Verhältnisse mit der CDU und der<br />
Lan<strong>des</strong>regierung schaffen können. Die Staatsmänner sind auch Menschen und können in ihrem<br />
Privatleben emotional handeln. Aber sie dürfen in ihrem Amt nicht emotional vorgehen. Der Staat soll<br />
sachlich handeln und sich von Emotionen befreien. Deshalb bitte und rufe ich die CDU und die<br />
Lan<strong>des</strong>regierung nun öffentlich auf, ein neues Vertrauensverhältnis zur <strong>IRH</strong> aufzubauen, eine neue Ära <strong>des</strong><br />
respektvollen Umgangs und der kooperativen Zusammenarbeit zwischen dem Land Hessen und der <strong>IRH</strong> zu<br />
beginnen, die Integrationspolitik zusammen zu gestalten und in die Zukunft zu schauen. Zugleich bitte ich<br />
auch Herrn stellvertretenden Ministerpräsidenten und Integrationsminister Hahn, zur Normalisierung der<br />
Verhältnisse zwischen der CDU bzw. der Lan<strong>des</strong>regierung und der <strong>IRH</strong> und zum Neuanfang beizutragen.<br />
Ich bin zuversichtlich, dass Herr Minister Hahn insbesondere in seiner Funktion als Integrationsminister<br />
eine integrierende Schlüsselfunktion hierzu erfüllen kann. Die Beendigung dieser Konfrontation und die<br />
Kooperation mit der <strong>IRH</strong> wird sicherlich einen entscheidenden Beitrag zur Realisierung einer besseren<br />
Integration der Muslime in die Gesellschaft und zur Anerkennung <strong>des</strong> geplanten islamischen<br />
Religionsunterrichts in den Reihen der Muslime leisten. Ich gehe zuversichtlich davon aus, dass die<br />
Hessische Lan<strong>des</strong>regierung auf die Kompetenz der <strong>IRH</strong> im Bereich der Integration und <strong>des</strong> islamischen<br />
Religionsunterrichts nicht verzichten wird, zumal die <strong>IRH</strong> ein hohes Ansehen in vielen gesellschaftlichen<br />
Kreisen genießt und ihre Arbeit ein hohes Maß an Würdigung findet. Ich hoffe darauf, dass Herr<br />
Integrationsminister Hahn unter diesen Gesichtspunkten, die ich eben vorgetragen habe, die <strong>IRH</strong> sowohl zu<br />
den zukünftigen Sitzungen <strong>des</strong> Runden Tisches bezüglich <strong>des</strong> islamischen Religionsunterrichts als auch<br />
zum für September geplanten Integrationsgipfel einlädt. Denn die <strong>IRH</strong> wird und kann auch zu weiteren<br />
Integrationsprojekten kompetent und konstruktiv beitragen. Die positiven Signale bezüglich einer<br />
zukünftigen Zusammenarbeit mit der <strong>IRH</strong>, die Herr Minister Hahn in seinem Interview im Hessischen<br />
Rundfunk nach dem gestrigen Runden Tisch gesetzt hat, verstärkt unsere Hoffnung auf einen Neuanfang.<br />
Demnach will er die <strong>IRH</strong> grundsätzlich vom Runden Tisch nicht ausschließen und will die <strong>IRH</strong> unter der<br />
Erfüllung der Vorgaben für den Status der Religionsgemeinschaft zu den zukünftigen Sitzungen und<br />
Gesprächen einladen. In dem diesbezüglichen Teil meiner <strong>Rede</strong> habe ich diese Vorgaben eben genannt<br />
und die diese Vorgaben betreffenden Entwicklungen in der <strong>IRH</strong> geschildert.<br />
An dieser Stelle danke ich im Namen der <strong>IRH</strong> vor allem den Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die GRÜNEN und<br />
die LINKE im Hessischen Landtag, der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, der Evangelischen<br />
Kirche von Kurhessen Waldeck und der Katholischen Kirche für Ihre Solidarität und Kooperation mit uns<br />
und für ihren aufrichtigen und intensiven Einsatz für die Normalisierung der Verhältnisse zwischen der <strong>IRH</strong><br />
und der Lan<strong>des</strong>regierung recht herzlich. All diese Bemühungen ermutigen und verstärken uns, dem Wohl<br />
unserer Gesamtgesellschaft und unseres Lan<strong>des</strong> weiterhin zu dienen. Wir werden und wollen die<br />
Integrationspolitik in unserem Bun<strong>des</strong>land Hessen und in unserer Heimat Deutschland mit gestalten. Wir<br />
werden mit unseren Möglichkeiten zur Freiheit, Gerechtigkeit und Sicherheit in unserem Land weiterhin<br />
beitragen.<br />
Verehrte Gäste,<br />
abschließend bitte ich Sie alle herzlich um Ihren möglichen Beitrag zu diesem Integrationsprozess und zu<br />
einem Neuanfang in Hessen. Unseren muslimischen Schwestern und Brüdern wünsche ich einen<br />
gesegneten Ramadan. Ihnen Allen wünsche ich einen fruchtbaren Austausch.<br />
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