Administration am Arbeitsplatz
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Roger Sachser<br />
Wilerstr. 101<br />
9620 Lichtensteig<br />
071/988 60 65 | sachsers@bluewin.ch<br />
Bildungsdepartement<br />
Amt für Volksschule<br />
Davidstr. 31<br />
9001 St.Gallen<br />
Administrative Arbeiten<br />
Sehr geehrte D<strong>am</strong>en und Herren<br />
Vor einiger Zeit wurden wir gebeten/aufgefordert, uns zum Thema „<strong>Administration</strong>“ und „administrativer<br />
Aufwand in der Volksschule“ zu äussern. Weil uns das Thema sehr betrifft, sind wir an einer Klärung und<br />
einer d<strong>am</strong>it verbundenen Optimierung im Arbeitsalltag sehr interessiert. Wir haben uns (neben einer<br />
Mitglieder-Umfrage per Blog auf der KMK-Homepage) mit dem Thema „administrativer Aufwand im<br />
Schulalltag konkret“ auseinandergesetzt und informieren hier gerne über unsere Erkenntnisse.<br />
Grundsätzliche Erkenntnisse<br />
• Es war spannend zu sehen, was unter „<strong>Administration</strong>“ verstanden wird. Auch wenn der Begriff in<br />
letzter Zeit in verschiedenen Zus<strong>am</strong>menhängen (Politik, Finanzdiskussionen,<br />
Lehrerzimmergesprächen, ...) häufig verwendet wird, so ist doch keine einheitliche Definition<br />
auszumachen. Es gibt verschiedenste Meinungen, was unter „<strong>Administration</strong> im Schulalltag“ zu<br />
verstehen sei. Zudem sind die Unterschiede von Gemeinde zu Gemeinde erheblich, was die<br />
Handhabung von <strong>Administration</strong> betrifft.<br />
• Seit der Einführung des Lehrplans 1997 k<strong>am</strong>en zum Arbeitspensum einer klassenverantwortlichen<br />
Mittelstufenlehrperson diverse Arbeiten dazu, welche nirgends einen „pensenrelevanten“<br />
Niederschlag finden: Neues Promotionsfach Englisch, vermehrte integrative Schulung, intensivere<br />
Formen von Zus<strong>am</strong>menarbeit (Fach Gestalten, HP, Te<strong>am</strong>teaching,...), SLQ, schulhausinterene Q-<br />
Entwicklung, um einige zu nennen. Diese führen zu einem markant höheren Koordinations- und<br />
Zeitaufwand.<br />
• Im Zus<strong>am</strong>menhang mit administrativen Arbeiten werden oft „Entlastungen“ und „effizientere<br />
Erledigungsformen“ (Te<strong>am</strong>-Ressourcen, EDV-Unterstützung, einheitliche Formulare,...) gewünscht<br />
und gefordert - d<strong>am</strong>it lasse sich viel Zeit und somit auch Geld und Energie sparen. Die unentgeltliche<br />
Verfügbarkeit des LehrerOffice ist ebenso ein Indikator für dieses Bestreben wie auch die vielen zur<br />
Verfügung stehenden Checklisten und Unterrichtshilfen. Ob aus diesen Massnahmen eine echte<br />
Entlastung resultiert, bleibt jedoch fraglich. Oft bieten diese Instrumente viele Möglichkeiten, den<br />
administrativen Aufwand zu vergrössern (LehrerOffice).<br />
• Der Begriff „Kerngeschäft“ fällt ebenfalls oft im Zus<strong>am</strong>menhang mit „<strong>Administration</strong>“ – oft werden<br />
diese Begriffe als „Gegenpole“ oder sogar als „Gegenteil“ verstanden. Aufgrund unserer Umfrage<br />
lassen sich Arbeiten jedoch nicht so kategorisieren.<br />
• Der heutige e-mail-Verkehr und die Möglichkeit, alle Beteiligten (und Unbeteiligten) per CC zu<br />
informieren, steigt ( - und die Zahl der Personen, die aufgrund zu vieler Informationen nicht mehr<br />
informiert sind, auch...) Das Aufräumen und Aktuell-halten des e-mail-Briefkastens ist mit einem<br />
beträchtlichen zeitlichen Aufwand verbunden, der nirgends „verrechnet“ und auch nicht in die<br />
Arbeitszeit eingeplant wird – er läuft einfach nebenbei.<br />
• Das Kollegialitätsprinzip („Die anderen machen das ja auch...“) und das Traditionalitätsprinzip („Das<br />
habe ich, das haben wir in unserem Schulhaus schon immer so gemacht...“) können beim<br />
Verschlanken von administrativen Arbeiten sehr hinderlich sein.
• <strong>Administration</strong> kommt auf den Ebenen Klasse, Schulhaus, Gemeinde und Kanton vor – und sind<br />
daher unterschiedlich einfach zu verändern.<br />
• Da administrative Arbeiten oft ein Papier zur Folge haben, lässt sich auf sie verweisen, sie lassen<br />
sich vorzeigen, oft auch statistisch auswerten und werden daher oft als Indikator für geleistete Arbeit<br />
nach aussen (Behörden, Eltern, ...) verwendet. Dies wird dann absurd, wenn solche Arbeiten<br />
lediglich noch diesem „Präsentationszweck“/“Selbstzweck“ („Standortmarketing“) dienen.<br />
• Schuleinheiten und –apparate werden tendenziell zus<strong>am</strong>mengefasst und vergrössert, was eine<br />
Vereinheitlichung und Zentralisierung von <strong>Administration</strong>, aber auch eine zunehmende<br />
Verschriftlichung der Prozesse zur Folge hat. (Bei verbindlichen Abmachungen wird der mündliche<br />
Weg nicht mehr beschritten.) Dies hat neben einem grösseren Aufwand auch längere Fristen zur<br />
Folge.<br />
Klärung / Abgrenzung / Definition<br />
Im Verlaufe der Diskussion kristallisierten sich verschiedene Kategorien heraus – bei welchen sich über<br />
den Grad der „<strong>Administration</strong>“ streiten lässt.<br />
Unter „administrative“ Arbeit verstehen wir Arbeiten, welche...<br />
... an eine Klasse (ein Schulhaus), jedoch nicht an eine „Lehrperson“ gebunden sind und die man<br />
ohne viel Erklärungsaufwand an eine Drittperson abgeben kann. Bei administrativer Arbeit an einer<br />
Klasse ist dies oft nicht der Fall, da diese ein persönliches Kennen der Klasse voraussetzt.<br />
„echte administrative Arbeiten“<br />
... an eine Klasse und an deren verantwortliche Lehrperson gebunden sind und oft regelmässig<br />
wiederkehren, z.B. im Zus<strong>am</strong>menhang mit dem Oberstufenübertritt.<br />
„klassenspezifische administrative Arbeiten“<br />
... alleine an einem Computer erledigt werden können.<br />
„EDV Arbeiten“<br />
.., vor allem einen „Archiv-Wert“ (Vergangenheit) oder eine Wirkung nach aussen haben und somit<br />
auf den konkreten Unterrichtsalltag (Zukunft) wenig messbaren Einfluss haben.<br />
„irrelevante administrative Arbeiten“<br />
... von Lehrpersonen erledigt werden, weil dies schon immer so war<br />
„traditionelle administrative Arbeiten“<br />
Aufgrund dieser Definitionen ergibt sich folgende Arbeitsauflistung:<br />
1. Echte administrative Arbeiten (delegierbar)<br />
• „Schultabellen“, „Klassenspiegel“ und Archivlisten führen und bereit stellen<br />
• An die Schule delegierte „Briefträger-“ und Informationsaufträge (Licht <strong>am</strong> Velo, Klassenfotos für<br />
Amtsberichte, Pausenapfelaktion, Swissmilk, Gottesdienste und Ministrantendienste, Pfadi-Infos,<br />
lokale Sozialarbeiter, ...)<br />
• Organisation Schulzahnarzt, Schularztuntersuchung (bereitstellen von Unterlagen, Impfausweise,<br />
Durchführungs-Absprache, ...)<br />
• Abrechnungen (Klassen-, Skilager, Klassenkredit,...)<br />
• Durchführung eines Qualitätszyklusses (in einem solchen fällt enorm viel Papier an...)<br />
• Inventarlisten führen.<br />
• Lehrmittelbestellungen<br />
2. Klassenspezifische administrative Arbeiten (nicht delegierbar)<br />
• Beurteilungslisten, -notizen führen<br />
• Einholen von Offerten (Skilager, Sonderwochen, ...)
• Schriftliche Information an die Eltern über Cockpit-Resultate (Einsicht ermöglichen)<br />
• Zahnpflege<br />
• Schulhausinterne Absprachen für Alltagsplanung (Computer, Musikräume, Zimmerreservationen,<br />
Instrumente, allgemeines Material, Gruppenräume...)<br />
• Planen und Informieren über besondere Unterrichtstage (Schulreisen, Aufführungen, Lager,<br />
Spaziergang im Rahmen des Unterrichts,...) Der Kreis der zu Informierenden wird zudem immer<br />
grösser (Behörden, Eltern, Musikschule, Mittagstisch, Heilpädagogen, TT-Personen), die Arbeit<br />
gerade in Zus<strong>am</strong>menhang mit Verschiebedaten immer komplexer.<br />
• Anmeldungen SPD, ISF, Daz, ... (grosser Papier-Aufwand)<br />
• Gestiegener Aufwand bei Beurteilungs- und Elterngesprächen: Einladung, Terminkoordination<br />
mit allen Beteiligten (Te<strong>am</strong>teaching-Lehrpersonen, Englischlehrpersonen, Heilpädagogen,<br />
Handarbeitslehrpersonen, u.U. getrennt lebende Elternpaare), Vorbereitung, Notentabellen,<br />
Vereinbarungen, Fremd- und Eigenbeurteilungen einholen, Nachbereitung, ...<br />
• Die <strong>Administration</strong> beim Oberstufenübertritt (6. Klasse) hat zugenommen (Angeben von ersten<br />
Tendenzen, individuelle Informationen zu einzelnen Schülerinnen und Schülern mit ILZ,<br />
speziellen F<strong>am</strong>iliensituationen, Therapien, ...). Dieser wird wohl vor allem in Zus<strong>am</strong>menarbeit mit<br />
Oberstufen mit differenzierten Fächer-Niveaus noch grösser werden.<br />
• Führen von Klassenübergabenotizen (-ordnern)<br />
• Notfall-Lektionen (Beschäftigung der Klasse im Krankheitsfall)<br />
3. EDV-Arbeiten (Archiv)<br />
• E-mail Verkehr bearbeiten: Informationen SL, Schulhausinterne Informationen, Anliegen Dritter<br />
(Kulturelle Institutionen, Schülerturniere, Informationen BLD, ...)<br />
• Führen regelmässiger Notizen für Elterngespräche (Beobachtungen, Telefonprotokolle,<br />
Aktennotizen,...)<br />
4. Irrelevante administrative Arbeiten (nicht klassen- und unterrichtsrelevant)<br />
• Verfassen von Berichten (Amtsberichte, Mitteilungsblätter, Homepages, ...)<br />
• Informationen (selbst kleinste) werden den Eltern nur noch schriftlich nicht mehr mündlich<br />
kommuniziert – oft muss auch mit zusätzlichem Aufwand kontrolliert werden, ob wesentliche<br />
Informationen auch angekommen sind.<br />
• Doppelte Informationsfluss und Kommunikation an getrennt lebende Elternpaare.<br />
• Archiv-Führung der eigenen Weiterbildungsaktivitäten zu Handen Schulleitung und Schulrat<br />
(Formulare ausfüllen, Berichte schreiben)<br />
• Schriftliche Berichte über Klassen- und Skilager<br />
5. Traditionelle administrative Arbeiten (gemeinde- oder schulhausintern)<br />
• Protokollführung in Arbeitsgruppen<br />
• Organisieren und durchführen von Anlässen, welche die eigene Klasse oder das Schulhaus<br />
betreffen (Lager, Gemeindeinterne Sportanlässe, Sportturniere, CS-Cup, Fides-Turnier,<br />
Räbeliechtliumzug, Rorate, Weihnachtsspiele, Altersnachmittage im Altersheim, Sporttage,<br />
gemeins<strong>am</strong>e Schuljahresrituale,...)<br />
• Führen von verschiedenen Listen in der Klasse
• Leitung und Organisation von Klassenlagern (eine Vor- und Nachbereitung eines Lagers zeitigt<br />
gerne einen Aufwand von 40 Stunden.)<br />
Fazit<br />
Aus der Zus<strong>am</strong>menstellung wird deutlich, dass es nur wenige „echte administrative Arbeiten“ im<br />
eigentlichen Sinn gibt. Oft sind Arbeiten gemeint, welche von aussen an die Schule getragen werden,<br />
einiges an Zeitaufwand bedeuten und nichts oder nur <strong>am</strong> Rande mit dem Kerngeschäft Unterricht zu tun<br />
haben.<br />
Vor allem im Bereich der traditionellen administrativen Arbeiten besteht lokal ein grosses<br />
„Entrümpelungspotential“.<br />
Das Verhältnis von Aufwand und Ertrag bei der SLQ – für alle Beteiligten – muss aus unserer Sicht<br />
hinterfragt werden.<br />
Uns stellen sich folgende Fragen: welche Arbeiten...<br />
... lassen sich effizienter erledigen? (Selbstkompetenz/-verantwortung?)<br />
... können in einem Te<strong>am</strong> „zentralisiert“, einer Person delegiert werden?<br />
... liessen sich sinnvollerweise an ein Arbeitspensum anrechnen? (der „neue Berufsauftrag“<br />
bietet dahingehend eine Chance.)<br />
... lassen sich ohne qualitative Einbussen ersatzlos „über Bord werfen“?<br />
Zu prüfende Optionen<br />
• Jährlich nur noch einen Bericht für Schülerinnen und Schüler mit ILZ (nicht semesterweise)<br />
• Nur noch ein Jahreszeugnis in der Mittelstufe<br />
• Das Prozedere bei einer zweitmaligen (oder drittmaligen) Anmeldung eines Kindes beim SPD<br />
könnte vereinfacht werden.<br />
• Das Delegieren von Arbeiten an eine Lehrperson im Schulhaus im Rahmen einer<br />
pensenrelevanten entschädigten Arbeit birgt Ausbaupotential. (Als Beispiel seien Informatik und<br />
Bibliothek genannt.)<br />
• Die Verantwortlichkeit betreffend Zahnpflege liegt nicht mehr bei der Klassenlehrperson, sondern<br />
bei den Eltern (Systemwechsel)<br />
Soweit unsere Ausführungen. Gerne sind wir bereit für weitere – unkompliziert-unadministrativmündliche<br />
– Erläuterungen.<br />
Freundliche Grüsse<br />
Roger Sachser,<br />
Präsident Mittelstufenkonvent<br />
Geht an:<br />
• Konventspräsidenten<br />
• PK III<br />
• KLV