Jenische in der Schweiz: Lange kostenintensiv ... - Thomas Huonker
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<strong>Thomas</strong> <strong>Huonker</strong><br />
an, machten aber deutlich, wie auch im bekannteren Genfer Fall betreffend<br />
e<strong>in</strong>es nicht zonenkonformen Platz <strong>in</strong> Céligny, 91 dass auch Fahrende pr<strong>in</strong>zipiell<br />
e<strong>in</strong> Dase<strong>in</strong>srecht hätten. Doch die Wegweisung war nun rechtskräftig.<br />
Auf Initiative <strong>der</strong> Radgenossenschaft h<strong>in</strong> wurde jetzt aber auch <strong>der</strong> Kanton<br />
<strong>in</strong> die Pflicht genommen. Denn Artikel 48 <strong>der</strong> Kantonsverfassung vom 25.<br />
Juni 1980 lautet: «Der Kanton kann <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit den Geme<strong>in</strong>den<br />
nichtsesshaften ethnischen M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten geeignete Oertlichkeiten für e<strong>in</strong>en<br />
befristeten Aufenthalt zur Verfügung stellen.» Schliesslich machte die Geme<strong>in</strong>de<br />
Spreitenbach, auch ohne die von <strong>der</strong> Mehrheit abgelehnte spezifische<br />
Son<strong>der</strong>zone für die M<strong>in</strong><strong>der</strong>heit, doch wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>ige Dutzend Quadratmeter<br />
für das W<strong>in</strong>terquartier <strong>der</strong> Fahrenden ausf<strong>in</strong>dig, erfreulicherweise sogar an<br />
e<strong>in</strong>er weniger lärmigen Lage. 92<br />
Die nicht nur <strong>in</strong> Spreitenbach zu beobachtende Tendenz, bestehende<br />
Plätze nur als Provisorium e<strong>in</strong>zustufen und nach e<strong>in</strong>igen Jahren zu verschieben,<br />
ist e<strong>in</strong>e Art Verleidungsstrategie, denn <strong>der</strong> Abbau und Wie<strong>der</strong>aufbau <strong>der</strong><br />
W<strong>in</strong>terquartiere, so leicht sie gebaut s<strong>in</strong>d, ist für die Betroffenen kostspielig.<br />
Wenig bekannt ist ferner, dass die Miete für das Recht, e<strong>in</strong>e Baracke o<strong>der</strong> e<strong>in</strong><br />
Mobilheim auf fünfzig o<strong>der</strong> hun<strong>der</strong>t Quadratmeter Boden mit Anschlüssen<br />
für Wasser, Elektrizität und Kanalisation zu stellen, die Fahrenden bis zu 800<br />
Franken pro Monat kostet. Längerfristig s<strong>in</strong>d solche Plätze für die Geme<strong>in</strong>den<br />
durchaus Gew<strong>in</strong>n br<strong>in</strong>gende Investitionen, ähnlich wie Wohnhäuser<br />
<strong>in</strong> kommunalem Besitz. Um das teuer gemietete Kiesplätzchen im W<strong>in</strong>ter<br />
bewohnen zu können, müssen die Fahrenden jedoch zusätzlich Geld für die<br />
Baracke, das Mobilhome o<strong>der</strong> den Wohnconta<strong>in</strong>er aufbr<strong>in</strong>gen, sowie, wie<br />
alle an<strong>der</strong>en Mieter auch, für Elektrizität, Heizkosten und Wasser. Die Platzmiete<br />
für den W<strong>in</strong>terstandplatz muss auch im Sommer entrichtet werden,<br />
wenn die Fahrenden die Wohnwagen auf den ebenfalls kostenpflichtigen<br />
Durchgangsplätzen stationieren.<br />
91 Weil <strong>der</strong> Platz auf dem Genfer W<strong>in</strong>terstandplatz Versoix immer knapper wurde,<br />
kaufte am 16. April 1999 <strong>der</strong> Fahrende Michael Bittel <strong>in</strong> Céligny GE e<strong>in</strong> Grundstück<br />
von 6’809 Quadratmetern <strong>in</strong> <strong>der</strong> Landwirtschaftszone. Als er es im W<strong>in</strong>terhalbjahr<br />
zu Wohnzwecken (mittels Wohnwagen und e<strong>in</strong>em ausgebauten Schuppen) nutzte,<br />
wollte ihn <strong>der</strong> Kanton mit 42’000 Franken büssen. Das Bundesgericht reduzierte<br />
die Busse und hielt fest: «Die Nutzungsplanung muss Zonen und geeignete Plätze<br />
vorsehen, die für den Aufenthalt von <strong>Schweiz</strong>er Fahrenden geeignet s<strong>in</strong>d und <strong>der</strong>en<br />
traditioneller Lebensweise entsprechen, die verfassungsrechtlichen Schutz geniesst»<br />
(Bundesgerichtsentscheid 129 II 321 vom 28. März 2003). In <strong>der</strong> Folge erlaubte<br />
die Geme<strong>in</strong>de Celigny die Erstellung e<strong>in</strong>er Kanalisationsleitung auf Kosten des<br />
Besitzers. Die Geme<strong>in</strong>de toleriert ihn, solange <strong>der</strong> Platz <strong>in</strong> Versoix nicht erweitert<br />
wird. Vgl. dazu auch den Artikel «Nomaden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sackgasse» von Beat Grossrie<strong>der</strong><br />
im <strong>Schweiz</strong>erischen Beobachter Nr. 6, Zürich 2006.<br />
92 Vgl. Pressemitteilung <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>de Spreitenbach vom 1. September 2006.<br />
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Fahne 3.12.08<br />
© Seismo Verlag, Zürich