Hermes Nr. 148 Weihnachten 2006 - Pfarrjugend St. Clemens
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Dass ich nach dem Abi ins Ausland gehen wollte, stand für mich<br />
schon lange fest. Nach langer Recherche hatte ich mich dann für<br />
ein Soziales Jahr im Ausland entschieden. Mit meiner<br />
Organisation dem ICYE hatte ich die Möglichkeit in über 30 Länder<br />
auf der ganzen Welt zu reisen.<br />
Leider waren bei meinem Wunschland Costa Rica alle Plätze schon vergeben,<br />
sodass ich auf der Suche nach einer Alternative war.<br />
So kam es, dass mir eine ehemalige „Exchange“ von ihrem Austauschjahr in<br />
Honduras erzählte. Mir stand ein großes Fragezeichen ins Gesicht geschrieben.<br />
Dass Honduras ein kleines Entwicklungsland in Mittelamerika war, hatte ich dann<br />
grade noch in der Schule aufschnappen können. Aber was mehr?<br />
Meine Recherchen im Internet und im Buchhandel waren sehr enttäuschend. (Es gibt<br />
genau ein deutschsprachiges Buch über Honduras!!)<br />
Vielleicht war es genau diese Ungewissheit und das Unbekannte, das mich dazu<br />
gebracht hat, für ein Jahr in dieses Land zu fahren.<br />
Am 8.August <strong>2006</strong> stand ich also mit gepackten Koffern am Flughafen und konnte<br />
selbst kaum glauben, was ich jetzt tun würde… Zwei Tage später landete ich in<br />
Tegucigalpa, der Hauptstadt Honduras. Kaum hatte ich mit meiner neuen Gastmutter<br />
den Flughafen verlassen, wurde ich sofort mit der grausamen Realität des<br />
Entwicklungslandes konfrontiert.<br />
Noch nie zuvor hatte ich ein richtiges <strong>St</strong>raßenkind gesehen. Hier lief direkt eine<br />
ganze Gruppe auf uns zu und forderte, ganz schön aufdringlich, Lempiras.<br />
Niemand hatte mich darauf vorbeireitet, dass in Honduras überall, bis unter die<br />
Zähne bewaffnet, Soldaten stehen würden, die dich ohne Probleme erschießen<br />
könnten.<br />
Niemand hatte mir erzählt, dass es in Honduras so gut wie keine Verkehrsregeln gibt,<br />
sodass jede Fahrt zu einem Höllentrip wird.<br />
Auch meine Hoffnung, dass es nicht so schlimm wäre, wenn ich kein Spanisch<br />
sprechen kann, da sicherlich ein paar Leute Englisch sprechen könnten, schwand mit<br />
jeder Minute.<br />
Dann diese völlig verdreckten und veralteten Häuser, bei denen es ein Wunder ist,<br />
dass sie überhaupt noch stehen. Der ganze Dreck, der Gestank und die fast<br />
unerträgliche Lautstärke. Und das allerschlimmste waren die verwahrlosten<br />
Menschen, die Zombies aus schlechten Horrorfilmen glichen.<br />
Ich staunte mit offenem Mund, genau wie man mich anstaunte! Man hatte mir wohl<br />
erzählt, dass man als blondes Mädchen in Honduras als exotisch gelte und die<br />
Männer einem auf der <strong>St</strong>raße hinterher pfeifen würden. Aber dass mich die<br />
Menschen anschauen würden, als wäre ich gerade mit meinem UFO vor ihnen<br />
gelandet, davon hatte niemand etwas gesagt.<br />
So stand ich nun da.<br />
Als kleine Touristin, ohne jegliche Sprachkenntnisse, mit einer europäischen<br />
Weltanschauung und all meinen europäischen Werten, die hier auf einen Schlag<br />
nichts mehr wert waren. Ich hatte keine Vorstellung von dem Leben, das mich hier<br />
erwarten würde und war fürs Erste ziemlich aufgeschmissen.<br />
Gott sei Dank empfing mich meine Gastfamilie mit offenen Armen und ich fühlte mich<br />
bei ihnen sofort zu Hause!