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Traden und Investieren - 10 Handelssysteme auf den DAX-Index

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N I L S G A J O W I Y<br />

TRADEN UND INVESTIEREN<br />

MEINE KLEINE GELDSCHULE FÜR DEN SYSTEMATISCHEN PRIVATEN<br />

VERMÖGENSAUFBAU<br />

Nils Gajowiy<br />

05.09.2012


S e i t e | 2<br />

30.03.2011<br />

INHALT<br />

Einleitung ....................................................................................................................................................... 6<br />

Über dieses Buch ............................................................................................................................................ 6<br />

Vorab: Fünf Fragen – Fin<strong>den</strong> Sie Ihre Antworten! ...................................................................................... 7<br />

1. Warum das alles? Setzen Sie sich ein Ziel!....................................................................................... 7<br />

2. Denken Sie wie ein Unternehmer? ................................................................................................... 9<br />

3. <strong>Investieren</strong> Sie ausreichend viel Zeit? .............................................................................................. 9<br />

4. <strong>Investieren</strong> Sie in Ihre technische <strong>und</strong> soziale Infrastruktur? ...................................................... <strong>10</strong><br />

5. Haben Sie ausreichend Geld? .......................................................................................................... 11<br />

Teil 1: Märkte, Gegner, Waffen ................................................................................................................... 13<br />

Rohstoffe ................................................................................................................................................... 13<br />

Währungen ............................................................................................................................................... 13<br />

Anleihen .................................................................................................................................................... 13<br />

Aktien ........................................................................................................................................................ 14<br />

Indizes ....................................................................................................................................................... 14<br />

Unterschiedliche Handelsinstrumente ....................................................................................................... 15<br />

Der physische Basiswert .......................................................................................................................... 15<br />

Futures ...................................................................................................................................................... 16<br />

Optionen ................................................................................................................................................... 16<br />

Kursdifferenzkontrakte (CFDs)............................................................................................................... 16<br />

Fonds......................................................................................................................................................... 17<br />

Zertifikate, Optionsscheine ...................................................................................................................... 17<br />

Marktteilnehmer .......................................................................................................................................... 18<br />

Investoren ................................................................................................................................................. 18<br />

Hedger ...................................................................................................................................................... 18<br />

Arbitrageure ............................................................................................................................................. 18<br />

Spekulanten .............................................................................................................................................. 19<br />

Broker ........................................................................................................................................................... 19<br />

Einlagensicherung <strong>und</strong> finanzielle Stabilität ............................................................................. 19<br />

Angebotene Märkte ............................................................................................................................. 19<br />

Software ................................................................................................................................................. 19<br />

Service .....................................................................................................................................................20<br />

Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung...........................................................................................................................20<br />

Gebühren ...............................................................................................................................................20<br />

Datenkosten ..........................................................................................................................................20<br />

Datenqualität ........................................................................................................................................20


S e i t e | 3<br />

Charting-Tools ..........................................................................................................................................20<br />

Das Equipment .............................................................................................................................................20<br />

Datenleitung ............................................................................................................................................. 21<br />

Computer .................................................................................................................................................. 21<br />

Telefon ...................................................................................................................................................... 21<br />

Backoffice .................................................................................................................................................. 21<br />

Übung 1: Orientierung ................................................................................................................................. 21<br />

Teil 2: Kapital, Geld, Risiko - <strong>und</strong> Vermögen ............................................................................................. 23<br />

Ab wann kann man vom Trading leben? ................................................................................................ 23<br />

Wie kommt man an <strong>den</strong> Märkten zu Wohlstand? .................................................................................. 23<br />

Wieviel werde ich als Lernender verlieren? ............................................................................................ 23<br />

Muss ich Vollzeit-Trader wer<strong>den</strong>? .......................................................................................................... 23<br />

Teil 3: Die Prinzipien erfolgreicher Geldanlage ......................................................................................... 25<br />

Verantwortung übernehmen ................................................................................................................... 25<br />

Risiken managen ...................................................................................................................................... 25<br />

Preis <strong>und</strong> Wert unterschei<strong>den</strong> ................................................................................................................. 25<br />

Unsicherheit akzeptieren ......................................................................................................................... 25<br />

Die "drei Ms des Trading-Erfolgs" meistern........................................................................................... 26<br />

Teil 4: Risiko- <strong>und</strong> Moneymanagement ..................................................................................................... 27<br />

Verschie<strong>den</strong>e Arten von Risiko ............................................................................................................... 27<br />

Risikomanagement .................................................................................................................................. 28<br />

Money-Management ................................................................................................................................ 28<br />

Wer braucht das? ..................................................................................................................................... 29<br />

Teil 5: Risiko- <strong>und</strong> Money-Management für Investoren ........................................................................... 30<br />

Erste Frage: Mit wie viel Geld spekulieren? ................................................................................ 31<br />

Übung ........................................................................................................................................................ 32<br />

Risiko streuen – Pro <strong>und</strong> Kontra ............................................................................................................. 32<br />

Richtig diversifizieren .............................................................................................................................. 33<br />

Das Konzept des verfügbaren Risikos ..................................................................................................... 34<br />

Portfolio-Aufbau mit dem Konzept des verfügbaren Risikos ................................................................ 35<br />

Übung ........................................................................................................................................................ 36<br />

Vermögens<strong>auf</strong>bau als Prozess ................................................................................................................. 38<br />

Risikomanagement von Gewinnpositionen ............................................................................................ 39<br />

Pyramidisieren: Der schrittweise Aufbau von Positionen .....................................................................40<br />

Grenzen des Pyramidiserens ................................................................................................................... 43<br />

Das Glattstellen von Gewinnpositionen .................................................................................................. 45<br />

Teil 6: Risiko-Management für Trader ....................................................................................................... 47<br />

Das Handelskonto als Teil des Börsenkapitals ....................................................................................... 47


S e i t e | 4<br />

Woher kommt die Angst? ........................................................................................................................ 48<br />

Risikostreuung oder Fokussierung? ........................................................................................................ 48<br />

Besondere Risiken des Daytrading ......................................................................................................... 49<br />

Die Zwei-Prozent-Regel des Risiko-Managements ................................................................................ 50<br />

Das Chance-Risiko-Verhältnis ................................................................................................................ 50<br />

Positionsgrößenbestimmung ................................................................................................................... 51<br />

Money-Management: Die Sechs-Prozent-Regel .................................................................................... 51<br />

Teil 7: Technische Fragen von Risiko- <strong>und</strong> Money-Management ............................................................. 51<br />

Stop-Techniken - Gr<strong>und</strong>sätzliches .......................................................................................................... 51<br />

Der initiale Stop zur Verlustbegrenzung ................................................................................................. 52<br />

Der ATR-Stop ........................................................................................................................................ 52<br />

Der Stop unter der letzten Korrektur ........................................................................................... 52<br />

Der Stop unter der Trendlinie oder einem Gleiten<strong>den</strong> Durchschnitt ................................. 53<br />

Der prozentuale Stop ......................................................................................................................... 53<br />

Der Darvas-Stop ................................................................................................................................... 53<br />

Das Nachziehen von Stops (Stop-Trailing)............................................................................................. 54<br />

Der Break-Even-Stop .......................................................................................................................... 54<br />

Der Gewinnsicherungs-Stop ............................................................................................................ 54<br />

Der Gewinnmitnahme-Stop ............................................................................................................. 54<br />

Die zehn Gebote des Risikomanagements .................................................................................................. 55<br />

Teil 8: Technische Analyse: Die Geometrie der Massenpsychologie ........................................................ 56<br />

F<strong>und</strong>amentale oder technische Analyse?................................................................................................ 56<br />

Axiome der Technischen Analyse ...................................................................................................... 57<br />

Was bewegt die Märkte? .......................................................................................................................... 57<br />

Warum Technische Analyse funktioniert ............................................................................................... 57<br />

Die Axiome der Technischen Analyse ..................................................................................................... 58<br />

Der Nutzen der drei Axiome .................................................................................................................... 59<br />

Kritik der Technischen Analyse ...............................................................................................................60<br />

Historische Entwicklung ..........................................................................................................................60<br />

Individualpsychologie <strong>und</strong> Technische Analyse ..................................................................................... 62<br />

Teil 9: Gr<strong>und</strong>wissen der Technischen Analyse........................................................................................... 63<br />

Charting .................................................................................................................................................... 63<br />

Der Linienchart ........................................................................................................................................ 63<br />

Der Balkenchart ....................................................................................................................................... 64<br />

Der Kerzenchart ....................................................................................................................................... 64<br />

Der Point-and-Figure-Chart .................................................................................................................... 65<br />

Der Heikin-Ashi-Chart ............................................................................................................................. 66<br />

Weitere Arten von Charts ........................................................................................................................ 67


S e i t e | 5<br />

Kerzenformationen .................................................................................................................................. 68<br />

1. Ein-Kerzen-Formationen ................................................................................................................ 68<br />

2. Zwei-Kerzen-Formationen .............................................................................................................. 69<br />

3. Drei-Kerzen-Formationen .............................................................................................................. 71<br />

Mittel- <strong>und</strong> langfristige Formationen ..................................................................................................... 72<br />

Trends <strong>und</strong> Trendanalyse ............................................................................................................................ 74<br />

Die Psychologie eines Trends .................................................................................................................. 76<br />

Korrektur oder Umkehr? ......................................................................................................................... 77<br />

Korrekturen oder Umkehren an Fibonacci-Retracements .................................................................... 79<br />

Indikatoren ................................................................................................................................................... 82<br />

Der Gleitende Durchschnitt ..................................................................................................................... 82<br />

Der Commodity Change <strong>Index</strong> (CCI) ...................................................................................................... 83<br />

Die Stochastik ........................................................................................................................................... 84<br />

Das Momentum ........................................................................................................................................ 85<br />

Der Parabolic Stop-and-Reverse (SAR) .................................................................................................. 86<br />

Das Directional Movement System ......................................................................................................... 87<br />

Der Moving Average Convergence Divergence (MACD) ....................................................................... 89<br />

Der Force-<strong>Index</strong> .......................................................................................................................................90<br />

Die Average True Range .......................................................................................................................... 91<br />

Systematische Unterschiede zwischen Indikatoren ............................................................................... 92<br />

Teil <strong>10</strong>: Analysepraxis .................................................................................................................................. 93<br />

Das Konzept von Wert <strong>und</strong> Preis ............................................................................................................ 93<br />

Die Triple-Screen-Methode ..................................................................................................................... 94<br />

Handelsausrichtung: Trend, Bewegung oder Korrektur? ...................................................................... 94<br />

Der Handel mit Hilfe von Pivot-Punkten ............................................................................................... 96<br />

Synergien nutzen – Analyseinstrumente sinnvoll kombinieren ........................................................... 97<br />

Kein Geheimnis: Meine Indikatoren ....................................................................................................... 99<br />

Literaturhinweise ....................................................................................................................................... <strong>10</strong>2


S e i t e | 6<br />

EINLEITUNG<br />

Sie möchten Ihre Geldgeschäfte selbst in die Hand nehmen? Ob Sie es nun<br />

Trading oder <strong>Investieren</strong> nennen - das ist zunächst völlig egal. Wichtig ist,<br />

dass Sie sich dar<strong>auf</strong> einlassen, dieses Handwerk von der Pike <strong>auf</strong> zu lernen<br />

<strong>und</strong> viele Klischees über Bord zu werfen.<br />

Ein befre<strong>und</strong>eter Investor in Australien erzählt gern die Geschichte eines<br />

Zahnarztbesuches. Während er sich <strong>auf</strong> dem Behandlungsstuhl zurücklehnte,<br />

fragte der Stomatologe nach seinen Aktiengeschäften. Wie hatte er <strong>den</strong> letzten<br />

Kursanstieg in BHP erlebt. "Ein wenig Geld verdient", grummelte der Patient.<br />

Und wie erging's ihm mit WOW? "Ein wenig Geld verdient", murmelte der<br />

Trader. "Wie kommt's, dass Sie Geld verdienen, wenn Sie tra<strong>den</strong> <strong>und</strong> ich<br />

nicht?" - "Wahrscheinlich aus dem gleichen Gr<strong>und</strong>, aus dem ich niemals viel<br />

Geld als Zahnarzt verdienen könnte."<br />

Die Mehrzahl aller Trader <strong>und</strong> Investoren wird immer verlieren - sie liefern<br />

das Geld für die wenigen Gewinner. Wenn Sie zu letzteren gehören wollen,<br />

sollten Sie das Trading ernst nehmen. Erlernen Sie es, wie man ein Handwerk<br />

erlernt oder ein Fachgebiet studiert. Erwerben Sie Erfahrung, wie es ein<br />

Violinist, ein Handwerksmeister oder ein Autofahrer tut. Bleiben Sie im<br />

Training - wie ein B<strong>und</strong>esliga-Fußballer, ein hochqualifizierter Facharzt oder<br />

ein Dolmetscher.<br />

Dieses Buch kann Ihnen dabei helfen, Ihren Weg durch <strong>den</strong> Dschungel der<br />

Finanzmärkte zu fin<strong>den</strong>. Es kann ein Kompass sein - mehr nicht. Sie müssen<br />

selbst <strong>den</strong> Weg gehen, selbst die Hindernisse aus dem Weg räumen <strong>und</strong> selbst<br />

das Ziel bestimmen, das am Ende dieses Weges stehen soll. Der Weg ist lang,<br />

dornenreich, führt über Berge <strong>und</strong> durch tiefe Täler. Immer, wenn man meint,<br />

man sei angekommen, tut sich hinter einer Biegung ein neuer Abschnitt <strong>auf</strong>.<br />

<strong>Tra<strong>den</strong></strong> <strong>und</strong> <strong>Investieren</strong> ist eine lebenslange Reise - kein Losl<strong>auf</strong>en,<br />

Ankommen <strong>und</strong> "Jetzt habe ich's geschafft."<br />

Aber der Weg ist es wert, gegangen zu wer<strong>den</strong>.<br />

ÜBER DIESES BUCH<br />

In dieser Broschüre fasse ich meinen aktuellen Kenntnis- <strong>und</strong><br />

Erfahrungsstand über das Trading zusammen.<br />

Es ist eine systematische Aufarbeitung dessen, was ich in <strong>den</strong> letzten neun<br />

Jahren über die Finanzmärkte gelernt habe. Dazu kommt das Feedback<br />

mehrerer Tausend Seminar- <strong>und</strong> Webinarteilnehmer. Schließlich fließen<br />

Materialien der Mitglieder des Inner Circle, einer Gruppe engagierter Trader,<br />

die im geschützten Bereich meiner Webseite www.gajowiy.com seit Mai 2011<br />

mit mir regelmäßige Marktanalysen, Coachings <strong>und</strong> Live-Tradings teilt. Über<br />

einh<strong>und</strong>ert Trades sind dort dokumentiert, Dutzende von Präsentationen,<br />

Webinar<strong>auf</strong>zeichnungen, Vortrags-Skripten hinterlegt.<br />

Aufgebaut ist das Buch so, wie ich mir einen Abendkurs an der<br />

Volkshochschule vorstellen würde. Leider gibt es solche Veranstaltungen in<br />

Deutschland nicht, also habe ich "Die kleine Geldschule" selbst schreiben<br />

müssen.


S e i t e | 7<br />

Ausdrücklich ausgeklammert wer<strong>den</strong> alle steuerlichen Fragen - <strong>auf</strong> diesem<br />

Gebiet bin ich weder befugt noch kompetent, irgendwelche Aussagen zu<br />

treffen. Darüber hinaus beschränke ich mich ausschließlich <strong>auf</strong> die primären<br />

Finanzmärkte (Börsen, Forex-Märkte), nicht jedoch <strong>auf</strong> exotische<br />

Investitionen wie Schiffs- oder Medienfonds, alternative Anlagen wie<br />

Immobilien oder ökologische Energieerzeugung.<br />

Dort, wo ich selbst kein Experte bin, fin<strong>den</strong> Sie Verweise <strong>auf</strong> kompetente<br />

Kollegen, Literatur, Ressourcen im Internet. Das Literaturverzeichnis bietet<br />

weiterführende Quellen für das Selbststudium.<br />

Weder kann dieses Buch erschöpfend in Breite <strong>und</strong> Tiefe die Finanzmärkte<br />

beleuchten, noch beanspruche ich, dass alles, was ich hier schreibe, <strong>den</strong> Test<br />

der Ewigkeit besteht. Ich habe jetzt fast zehn Jahre lang die Finanzmärkte<br />

studiert <strong>und</strong> lerne je<strong>den</strong> Tag Neues.<br />

Insofern gestatten Sie mir bitte, morgen etwas schlauer zu sein als heute. Ich<br />

werde das Buch regelmäßig überarbeiten <strong>und</strong> aktualisieren <strong>und</strong> die Leser<br />

dieses Buches wer<strong>den</strong> kostenlos von diesen Updates profitieren.<br />

VORAB: FÜNF FRAGEN – FINDEN SIE IHRE<br />

ANTWORTEN!<br />

Die Beweggründe, aus <strong>den</strong>en Menschen das Trading für sich entdecken, sind<br />

unterschiedlich. Oft beginnt es mit einer diffusen Unzufrie<strong>den</strong>heit. Es fehlt an<br />

Geld. Es nervt der Chef. Der Job ist frustrierend. Bei der Suche nach dem Weg<br />

aus dieser Unzufrie<strong>den</strong>heit stößt der Interessierte dann <strong>auf</strong> die<br />

Versprechungen der Trading-Industrie: Dreistellige Renditen, minimaler<br />

Zeit<strong>auf</strong>wand, maximale Freiheit <strong>und</strong> Spaß ohne Ende. Im Prinzip wird alles<br />

versprochen, was im gegenwärtigen Leben fehlt.<br />

Bei Anfängern lockt fast immer das schnelle, große <strong>und</strong> vor allem leicht<br />

verdiente Geld. Bleibt das dann aus, folgt Frustration. Eine Minderheit von<br />

angehen<strong>den</strong> Tradern schafft es bis zu der Erkenntnis: <strong>Tra<strong>den</strong></strong> ist harte Arbeit.<br />

An dieser Stelle steigen dann viele Trader aus – <strong>den</strong>n gerade Arbeit wollten<br />

sie ja eigentlich vermei<strong>den</strong>: „Wenn’s Arbeit ist, kann ich auch weiter meinen<br />

Job machen – da weiß ich wenigstens, was ich kann <strong>und</strong> was bei rumkommt.“<br />

1. WARUM DAS ALLES? SETZEN SIE SICH EIN<br />

ZIEL!<br />

Es reicht also offensichtlich nicht aus, nur dem Geld hinterherzujagen. Stellen<br />

Sie die Sinn-Frage: Wozu benötige ich das Geld? Was will ich damit<br />

anfangen? Stellen Sie sich vor, Sie wür<strong>den</strong> am Ende eines Trading-Seminars<br />

vom Referenten einen Scheck in die Hand gedrückt bekommen. Fünf<br />

Millionen Euro nur für Sie. Was wür<strong>den</strong> Sie mit dem Geld tun? Schon<br />

kommen Sie Ihrer eigentlichen Motivation näher.<br />

- Sie möchten ausgedehnte Reisen in ferne Länder unternehmen?<br />

- Sie möchten ein schnelles Motorrad k<strong>auf</strong>en?<br />

- Sie möchten ein großes Haus k<strong>auf</strong>en?<br />

- Sie möchten für die Rente etwas <strong>auf</strong> die Seite legen?<br />

- Sie möchten – ja was eigentlich?


S e i t e | 8<br />

Stellen Sie sich <strong>den</strong> Tagesabl<strong>auf</strong> vor, wenn Ihr Kontostand plötzlich achtstellig<br />

wäre. Wür<strong>den</strong> Sie zum Frühstück löffelweise Kaviar verschlingen <strong>und</strong> mit<br />

Champagner nachspülen? Oder wären Sie doch eher der Typ, der weiter Müsli<br />

<strong>und</strong> Joghurt, dazu die Morgenzeitung <strong>und</strong> eine Tasse Kaffee bevorzugt? Und<br />

was, wenn Sie alle materiellen Wünsche erfüllt hätten? Wieviele Autos,<br />

Häuser, Reisen dürfen es sein, bevor Sie erkennen: Man kann nur <strong>auf</strong> einem<br />

Stuhl sitzen. Oder wie es in einem Film-Klassiker heißt: „Hinter wie vielen<br />

Yachten kannst Du eigentlich Wasserski l<strong>auf</strong>en?“ Geld macht nicht glücklich –<br />

auch wenn kein Geld unglücklich machen kann.<br />

Dem Einsteiger mag diese Idee abgehoben vorkommen. „Lass mich erst mal<br />

Kohle verdienen, dann werde ich auch wissen, was ich damit anfange. Eins<br />

nach dem andern.“ Trugschluss.<br />

Eben weil der Weg zur ersten Million (wenn sie durch Trading verdient<br />

wer<strong>den</strong> soll) lang <strong>und</strong> steinig ist, ist eine glasklare Motivation notwendig. Sie<br />

müssen sich am Ziel Ihrer Wünsche sehen können – <strong>und</strong> dieses Bild muss Sie<br />

antreiben.<br />

Michael Schumacher hat mit sechs Jahren angefangen Auto zu fahren. Als<br />

Jugendlicher hat er trainiert, wenn seine Altersgenossen um die Häuser<br />

zogen. Als Erwachsener hat er seinen Wohnwagen direkt neben der<br />

Trainingsstrecke <strong>auf</strong>gestellt, um Zeit zu sparen. Er hat das nicht getan, weil er<br />

es musste, sondern weil er es wollte. Weil ihn innerlich etwas angetrieben hat.<br />

Warren Buffett hat mit sechs Jahren seine ersten Dollars verdient. Mit elf<br />

hatte er das klare Ziel: „Ich bin mit 35 Jahren Millionär.“ Sein ganzes Leben<br />

hat er dieser großen Idee untergeordnet – <strong>und</strong> sein Ziel erreicht. Die<br />

Fokussierung <strong>auf</strong> sein Ziel hat ihn dahin gebracht, wo er heute steht – <strong>auf</strong><br />

Platz 3 der Forbes-Liste der reichsten Menschen der Welt.<br />

Vor dem Erfolg steht die Anstrengung, <strong>und</strong> die ist gerade im Trading<br />

überdurchschnittlich hoch. Sie müssen sich gegen gesellschaftliche<br />

Konditionen <strong>auf</strong>lehnen. Sie müssen wie ein Unternehmer <strong>den</strong>ken <strong>und</strong><br />

handeln. Sie müssen für Ihre Ausbildung bezahlen – mit Ihrem eigenen Geld.<br />

Sie brauchen Zeit <strong>und</strong> Geduld.<br />

Bis zum profitablen Trading vergehen Jahre. Ich persönlich habe nach drei<br />

Jahren mein erstes profitables Jahr abgeschlossen. Andere brauchen nur ein<br />

oder zwei Jahre, die meisten jedoch schaffen es nie.<br />

Wenn eine Lehre als Bäcker, Automechaniker oder Versicherungsk<strong>auf</strong>mann<br />

schon drei Jahre braucht – warum sollte es bei der Ausbildung zum Trader<br />

weniger sein? Wir hätten sonst weder Automechaniker, noch Bäcker, noch<br />

Bürok<strong>auf</strong>leute. Wir hätten keine Rechtsanwälte oder Chirurgen, wenn Trading<br />

schnell erlernbar wäre.<br />

Sie wer<strong>den</strong> <strong>auf</strong> dem Weg zum Ziel immer wieder <strong>den</strong> Drang spüren, die Flinte<br />

ins Korn zu werfen. Sie wer<strong>den</strong> Dutzende Möglichkeiten fin<strong>den</strong>, wie Sie Ihr<br />

Geld leichter verdienen können. Fre<strong>und</strong>e wer<strong>den</strong> Ihnen das <strong>Tra<strong>den</strong></strong> ausre<strong>den</strong>.<br />

Die Botschaft ist klar: Der Weg zum erfolgreichen Trader ist ein Marathon,<br />

kein Spaziergang. Nur wer das Ziel kennt, weiß, in welche Richtung er zu<br />

l<strong>auf</strong>en hat.


S e i t e | 9<br />

Setzen Sie sich ein Ziel, das SMART ist. SMART steht für spezifisch,<br />

ausführbar, messbar, realistisch, terminiert. „Ich erreiche 30% jährliche<br />

Rendite“ ist ein positives, realistisches, zeitlich begrenztes, anspruchsvolles<br />

Ziel. „Ich will vom Trading leben“ ist hingegen diffuses Wunsch<strong>den</strong>ken.<br />

W E R N I C H T W E I ß , W O E R H I N W I L L , M U S S S I C H N I C H T<br />

W U N D E R N , W O E R A N K O M M T .<br />

2. DENKEN SIE WIE EIN UNTERNEHMER?<br />

Viele Trader verstehen nicht, dass Trading kein Hobby ist, sondern eine<br />

unternehmerische Tätigkeit. Es steckt eine klare Gewinnerzielungsabsicht<br />

dahinter. Unternehmertum ist aber in Deutschland ein Außenseiter-Job. Wer<br />

eine eigene Firma gründet, um damit Geld zu verdienen, erntet schnell<br />

Kommentare wie „Hast wohl keine Arbeit gef<strong>und</strong>en? Hast Du nicht studiert,<br />

Du könntest doch was Or<strong>den</strong>tliches machen?“ Wer sich in seinem<br />

Unternehmertum nicht <strong>auf</strong> andere, sondern nur <strong>auf</strong> sich selbst verlässt,<br />

übernimmt Verantwortung. Das aber ist etwas, was <strong>den</strong> Deutschen seit<br />

mindestens 40 Jahren konsequent abgewöhnt wird. Um die Ges<strong>und</strong>heit<br />

kümmert sich der Ges<strong>und</strong>heitsminister <strong>und</strong> die Krankenkasse, um die Rente<br />

die Rentenkasse, um <strong>den</strong> Job der Betriebsrat <strong>und</strong> die<br />

Arbeitslosenversicherung. Viele Deutsche lassen sich vom System der sozialen<br />

R<strong>und</strong>umversorgung noch einlullen, genießen die Infantilisierung <strong>und</strong><br />

Entmündigung. Diese unbewusste gesellschaftliche Konditionierung führt<br />

dazu, dass jeder, der anders <strong>den</strong>kt <strong>und</strong> handelt, schnell stigmatisiert wird.<br />

Trading heißt: Ich bin für mich verantwortlich, für je<strong>den</strong> Gewinn, für je<strong>den</strong><br />

Verlust. Ich entscheide, wann ich ein- <strong>und</strong> aussteige, wann ich keinen Trade<br />

mache. Ich weiß, dass ich in mein Trading investieren muss – vor allem<br />

Energie, Zeit, Geld. Ich weiß, dass ich gesellschaftliche Normen verletzen<br />

muss, um zu gewinnen. Ich nehme anderen ihr Geld weg. Wollen Sie das?<br />

Können Sie damit leben?<br />

Schließlich: Trader stehen in einem harten Wettbewerb. 90 Prozent der<br />

Trader zahlen ein – <strong>10</strong> Prozent der Trader leben von <strong>den</strong> Verlusten der<br />

anderen. Können Sie damit leben, <strong>den</strong> Rest ihres Lebens in diesem harten<br />

Konkurrenzkampf zu stehen? Wenn Sie <strong>den</strong> Sprung zur Profitabilität<br />

schaffen, wird es nicht leichter. Wer einmal an der Spitze der B<strong>und</strong>esliga-<br />

Tabelle im Fußball, der Tennis- oder Formel-1-Weltrangliste stand, hat<br />

deshalb noch kein Abonnement <strong>auf</strong> <strong>den</strong> Erfolg. Er muss härter arbeiten als<br />

alle, die ihn jagen.<br />

3. INVESTIEREN SIE AUSREICHEND VIEL ZEIT?<br />

Trading muss kein Vollzeitjob sein. Sicher ist es möglich, <strong>den</strong> ganzen Tag wie<br />

hypnotisiert <strong>auf</strong> einen Bildschirm zu starren. Aber ehrlich: Ist das Ihr Ziel?<br />

Der Traum von der Freiheit – sieht er so aus? Die Kurse bewegen sich keinen<br />

Punkt schneller, weil Sie vor dem Rechner sitzen <strong>und</strong> dem <strong>DAX</strong>® beim<br />

Steigen oder Fallen zuschauen. Der Markt existiert auch ohne Ihr Zutun.<br />

Ihr bisheriges Leben folgt bestimmten Bahnen: Beruf, Familie, Fre<strong>und</strong>e,<br />

Hobbies, soziale Verpflichtungen. Das alles sollten Sie auch in Zukunft<br />

pflegen. Fin<strong>den</strong> Sie in <strong>den</strong> 168 St<strong>und</strong>en, die jeder Mensch pro Woche zur


S e i t e | <strong>10</strong><br />

Verfügung hat, das Zeitfenster, das Sie regelmäßig mit Trading belegen<br />

möchten. Bauen Sie Trading in Ihren Tagesabl<strong>auf</strong> an einer bestimmten Stelle<br />

ein. Es muss zu einer Gewohnheit wer<strong>den</strong> wie das tägliche Zähneputzen.<br />

Der Gr<strong>und</strong> hierfür ist ganz einfach: Trading erfordert permanentes Trainieren<br />

<strong>und</strong> Üben. Wer ein Musikinstrument, eine Sportart oder eine Fremdsprache<br />

erlernt, hat es längst begriffen: Kontinuierliche Beschäftigung mit der Materie<br />

(<strong>und</strong> seien es nur täglich <strong>10</strong> Minuten) führen eher ans Ziel, als sporadische<br />

Hau-Ruck-Aktionen. Muskeln müssen wachsen, dafür brauchen sie<br />

regelmäßige Belastung. Neuronale Bahnen im Gehirn wachsen ebenfalls nur<br />

durch die permanente Auseinandersetzung mit einer Sache.<br />

Trading ist zum größten Teil Routine, durch Wiederholung erlangte<br />

Selbstsicherheit. Sind Sie bereit, die Zeit für das Erlernen dieser Routine zu<br />

investieren?<br />

4. INVESTIEREN SIE IN IHRE TECHNISCHE UND<br />

SOZIALE INFRASTRUKTUR?<br />

Trading ist auch deshalb so verlockend, weil die Investitionen in dieses<br />

Gewerbe recht überschaubar erscheinen. Einen Computer mit Internetzugang<br />

nenne viele ihr Eigen <strong>und</strong> so ist <strong>den</strong>n das wichtigste Utensil für erfolgreiches<br />

Trading scheinbar schon vorhan<strong>den</strong>. Gewerbeanmeldung, K<strong>und</strong>enakquise,<br />

Lohnbuchhaltung, Auftragsmanagement, unbezahlte Rechnungen? All diese<br />

Kopfschmerzen hat der „Unternehmer Trader“ nicht.<br />

Tatsächlich sollte man der technischen Infrastruktur ein gewisses Augenmerk<br />

schenken. Rechner <strong>und</strong> Internetzugang sind Pflicht. Ein griffbereites,<br />

<strong>auf</strong>gela<strong>den</strong>es Handy für <strong>den</strong> Notruf zum Broker, falls Internet <strong>und</strong> Strom<br />

ausfallen ist ein Muss. Backups aller wichtigen Daten gehören dazu. Sie<br />

möchten täglich mehrere St<strong>und</strong>en ins Trading investieren? Dann wäre ein<br />

separates Arbeitszimmer wichtig, dazu mindestens zwei Monitore von guter<br />

Qualität, ein ergonomischer Bürosessel, eine funktionierende Ablage.<br />

Was aber viele Trader völlig unterschätzen: Trading benötigt eine soziale<br />

Infrastruktur. Das Geschäft ist einsam <strong>und</strong> häufig frustrierend. Trader<br />

benötigen daher <strong>den</strong> Gedankenaustausch mit einem oder mehreren<br />

Gleichgesinnten. Den zu fin<strong>den</strong>, kann ohne Probleme ein Jahr oder länger in<br />

Anspruch nehmen. Trader trifft man nicht <strong>auf</strong> dem städtischen<br />

Eink<strong>auf</strong>sboulevard, sie sind eine scheue Spezies, man muss sie suchen. Auch<br />

im Internet gibt es sehr wenige ehrliche Trader. Hat man dann eine Handvoll<br />

echter Trader gef<strong>und</strong>en, muss darunter auch noch derjenige sein, mit dem<br />

man vertrauensvoll über seine Gewinne <strong>und</strong> Verluste, seine Fehler <strong>und</strong><br />

Schwächen, aber auch über seine Erfolge re<strong>den</strong> möchte. Die Chemie muss<br />

stimmen.<br />

Auch im Kreise der Familie muss man sich Rückhalt verschaffen. Wissen<br />

Ehepartner <strong>und</strong> Kinder, was Sie da tun? Heißen sie es gut, stehen sie zu<br />

Ihnen? Wie schauen Ihre Verwandten <strong>auf</strong> Sie, wenn Sie plötzlich verkün<strong>den</strong>:<br />

„In zehn Jahren bin ich Millionär!“ Ernten Sie mitleidige Blicke oder<br />

<strong>auf</strong>munterndes Schulterklopfen?


S e i t e | 11<br />

5. HABEN SIE AUSREICHEND GELD?<br />

Es gibt heute Broker, die schnellen Reichtum verheißen, wenn man mit 200<br />

Dollar ein Handelskonto eröffnet. Von solchen Lock-Angeboten sollte man die<br />

Finger lassen. Zum Thema Geld gibt es drei Gedanken, die ich hier<br />

diskutieren möchte:<br />

H A B E N S I E E I N R E G E L M Ä ß I G E S E I N K O M M E N ?<br />

Diese Frage sollte ganz am Anfang klar sein: Es ist ein Unterschied, ob man<br />

tradet <strong>und</strong> die Miete ist bezahlt oder ob man tradet, um seine Miete bezahlen<br />

zu können. Es gibt Situationen, da bleibt man besser dem Markt fern. Wer<br />

dann keine regelmäßigen Einnahmen hat, wird schnell unvernünftige oder<br />

suboptimale Trades setzen. Die Familie, der jährliche Urlaub, der<br />

gelegentliche Restaurant- <strong>und</strong> Theaterbesuch – all das muss finanzierbar sein<br />

<strong>und</strong> bleiben. Trading muss abseits des täglichen Cash-Flow starten, mit Geld,<br />

das tatsächlich „übrig“ ist. Es wird in <strong>den</strong> ersten Monaten, wahrscheinlich<br />

sogar Jahren, Geld verloren gehen. Dieses Lehrgeld sollten Sie einplanen,<br />

ohne in existentielle Ängste zu verfallen.<br />

K Ö N N E N S I E E I N E N B E D E U T S A M E N B E T R A G I N I H R T R A D I N G<br />

I N V E S T I E R E N ?<br />

Beim Trading fangen viele mit einem sehr kleinen Konto an. Angenommen,<br />

ich eröffne ein Konto mit 1.000 Euro. Angenommen, ich erziele im Verl<strong>auf</strong>e<br />

eines Handelsjahres 30 Prozent Rendite. Dann arbeite ich ein Jahr lang für<br />

300 Euro. Das erscheint vielen Anfängern lächerlich – also wird mit <strong>den</strong><br />

eintausend Euro gezockt, um die Rendite zu pushen. Der Ausgang dieser<br />

Zockerei ist meist letal. Macht aber nichts, <strong>den</strong>n dann wer<strong>den</strong> wieder 1.000<br />

Euro eingezahlt <strong>und</strong> das Spiel geht von vorn los. Irgendwann wird man schon<br />

<strong>den</strong> Jackpot-Trade lan<strong>den</strong>.<br />

Kleine Konten wer<strong>den</strong> von vielen angehen<strong>den</strong> Tradern als „Spielgeld“<br />

betrachtet, sie sind mental schon abgeschrieben. Mit der logischen Folge, dass<br />

man sich für das Spielgeld auch nicht anstrengt, sondern es eben mit<br />

spielerischer Hand verliert. Der Wiederbeschaffungswert eines kleinen<br />

Kontos ist niedrig – nach wenigen Wochen kann man wieder 1.000 Euro<br />

überweisen <strong>und</strong> in die nächste R<strong>und</strong>e starten.<br />

Deshalb ist es wichtig, einen bedeutsamen Betrag <strong>auf</strong> sein Trading-Konto<br />

einzuzahlen. Nur dann wird man mit Zähnen <strong>und</strong> Klauen um je<strong>den</strong> Cent<br />

kämpfen. Nur wenn der Verlust Schmerzen verursacht, sind wir bereit,<br />

Lehren zu ziehen. Nur wenn wir lange gespart haben, um das Konto zu<br />

kapitalisieren, sind wir auch bereit, dieses Kapital zu verteidigen. Die<br />

konkrete Summe muss jeder für sich selbst festlegen, <strong>den</strong>n für <strong>den</strong> einen sind<br />

schon die besagten Tausend Euro eine Menge Geld. Andere versenken aber<br />

gern <strong>den</strong> zehnfachen Betrag, ohne sich darüber <strong>den</strong> Kopf zu zerbrechen.<br />

Fin<strong>den</strong> Sie Ihre Schmerzgrenze <strong>und</strong> tra<strong>den</strong> Sie mit einem Konto, dessen<br />

Größe geringfügig darunter liegt.


S e i t e | 12<br />

W I E G R O ß D A R F M E I N T R A D I N G - K O N T O S E I N ?<br />

Auch zu große Konten können ein Fehler sein. Wer mit sechs- <strong>und</strong><br />

siebenstelligen Beträgen jongliert, ohne dass er von der handwerklichen Seite<br />

des Trading viel Ahnung hat, ist eine willkommene Beute für erfolgreiche<br />

Trader. <strong>Tra<strong>den</strong></strong> mit einem großen Konto birgt für <strong>den</strong> typischen deutschen<br />

Angestellten eine große, latente Gefahr: Er sieht hier in Minuten komplette<br />

Monatsgehälter an seinem Auge vorüberziehen, egal, ob als Gewinn oder<br />

Verlust. Diese ungewohnt großen Summen machen es schwer, emotionslos<br />

dem eigenen Trading-Plan zu folgen. Für 50 Euro wird man die eigenen<br />

Regeln nicht verletzten – aber für 5.000 Euro schon. Es fällt schwer, an die<br />

Bedeutungslosigkeit des einzelnen Trades zu glauben, wenn man gerade zwei<br />

Monatsgehälter versenkt hat <strong>und</strong> weiß, das könnte im nächsten Trade wieder<br />

passieren. „Rumrutschfaktor“ nennt Profitrader Michael Voigt die Summe,<br />

bei der ein Trader anfängt nervös <strong>auf</strong> dem Stuhl umherzurutschen. Diesen<br />

Betrag muss man ausloten.<br />

Es ist deshalb eine gute Idee, mit einem Konto zu handeln, das groß genug ist,<br />

dass der Verlust schmerzen würde, aber klein genug, um <strong>den</strong> persönlichen<br />

Rumrutschfaktor nicht zu erreichen. Wenn das Trading-Konto langsam<br />

wächst, wächst auch der Rumrutschfaktor. Wer sich heute über <strong>10</strong>0 Euro<br />

Verlust <strong>den</strong> Kopf zermartert, wird im Jahr zehn der Traderkarriere<br />

wahrscheinlich über diesen Betrag gar nicht mehr nach<strong>den</strong>ken <strong>und</strong> erst bei<br />

einem Betrag von <strong>10</strong>.000 Euro nervös wer<strong>den</strong>.<br />

Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich sagen: Ich habe zunächst ein für<br />

mich zu großes Konto gehandelt, es waren 25.000 Euro – nahezu die gesamte<br />

Abfindung meines Angestelltenjobs im Jahr 2003. Vier Jahre später habe ich<br />

nach der Hausbau-Pause mit einem 3.000-Euro-Konto das Trading wieder<br />

<strong>auf</strong>genommen. Der Geldbetrag war groß genug, um mein langfristiges Ziel zu<br />

erreichen <strong>und</strong> klein genug, um die Regeln nicht zu verletzen, die ich mir selbst<br />

<strong>auf</strong>erlegt hatte. Mittlerweile trade ich ein Konto, das mehr als zehn Mal so<br />

groß ist, ohne über die Summen nachzu<strong>den</strong>ken. Es geht um <strong>den</strong> sauberen<br />

Prozess – nicht ums Geld.


S e i t e | 13<br />

TEIL 1: MÄRKTE, GEGNER, WAFFEN<br />

Es wird gemeinhin sehr viel Energie <strong>auf</strong> das Fin<strong>den</strong> aussichtsreicher<br />

Marktchancen verwendet. Um dem ungeduldigen Lernen<strong>den</strong> einen schnellen<br />

Einstieg in <strong>den</strong> aktiven Handel zu ermöglichen, geben wir an dieser Stelle<br />

einen Überblick über die Besonderheiten der einzelnen Märkte, ohne bereits<br />

in die Tiefe gehen zu können.<br />

Generell stehen dem Trader fünf Assetklassen zur Verfügung, die er<br />

beobachten kann. Jeder dieser Märkte hat eine Reihe von Besonderheiten, die<br />

er berücksichtigen sollte.<br />

ROHSTOFFE<br />

Diese Märkte gelten als illiquide, auch wenn Öl <strong>und</strong> Gold beispielsweise in<br />

<strong>den</strong> vergangenen Jahren stark an Liquidität gewonnen haben. Viele<br />

professionelle Rohstoffhändler, Produzenten <strong>und</strong> Konsumenten dieser<br />

Rohstoffe gehören zu <strong>den</strong> Marktteilnehmern, gegen die der „Hobby-Trader“<br />

antritt. Daneben sind zunehmend auch Spekulanten (Hedge-Fonds,<br />

institutionelle <strong>und</strong> private Trader) in diesem Marktsegment anzutreffen. Die<br />

Rohstoffmärkte sind stark reguliert. Saisonale Bewegungen treten häufig <strong>auf</strong>.<br />

Es ist wichtig, Kontraktspezifikationen, Referenzbörsen <strong>und</strong> Handelszeiten<br />

genau zu kennen. Rohstoffe gelten als trendstark. Besonderheiten sind die<br />

schnellen Trendumkehren. Auf Gr<strong>und</strong> der geringen Liquidität gibt es<br />

außeror<strong>den</strong>tlich selten Doppeltops oder Doppelbö<strong>den</strong>. Dies stellt hohe<br />

Anforderungen an das Timing des Rohstoff-Traders. Meist gibt es weder für<br />

<strong>den</strong> Ein-, noch für <strong>den</strong> Ausstieg eine „zweite Chance“, so dass für <strong>den</strong><br />

Einsteiger diese Märkte nur bedingt geeignet sind. Wer Rohstoffe nutzen<br />

möchte, sollte <strong>auf</strong> Gr<strong>und</strong> der hohen absoluten Volatilität die Regeln der<br />

Positionsgrößenbestimmung extrem defensiv anwen<strong>den</strong>.<br />

WÄHRUNGEN<br />

Dieser Markt ist im Unterschied zu Rohstoffen ein hochliquider Markt mit<br />

einem Tagesumsatz von mehr als 4 Billionen US-Dollar. Es handelt sich um<br />

einen reinen Interbankenmarkt, der nicht durch Aufsichtsbehör<strong>den</strong> reguliert<br />

ist, weil er an keiner Börse stattfindet. In diesem Segment treiben sehr viele<br />

unseriöse Anbieter ihr Unwesen. Marktteilnehmer sind Zentralbanken, große<br />

Geschäftsbanken <strong>und</strong> international agierende Unternehmen, Hedge-Fonds, in<br />

<strong>den</strong> letzten Jahren zunehmend Privatanleger. Währungen unterliegen starken<br />

politischen Einflüssen, wie etwa Konjunkturentwicklungen <strong>und</strong><br />

Zinsentscheidungen. Währungen bil<strong>den</strong> starke, langanhaltende Trends aus.<br />

Sie wer<strong>den</strong> wochentags 24 St<strong>und</strong>en täglich gehandelt. Auch wenn sie<br />

allgemein prozentual wenig volatil sind, so sorgen die niedrigen Marginsätze<br />

<strong>und</strong> die daraus resultierende große Positionsgröße für starke Bewegungen in<br />

<strong>den</strong> Traderkonten. Für Einsteiger ist dieser Markt bei entsprechend kleiner<br />

Positionsgröße <strong>und</strong> striktem Risikomanagement gut geeignet. Währungen<br />

eignen sich sehr gut für die Technischer Analyse.<br />

ANLEIHEN


S e i t e | 14<br />

Anleihen (im Rahmen dieses Buches: Staatsanleihen) wer<strong>den</strong> zu Unrecht von<br />

<strong>den</strong> meisten Anlegern vernachlässigt. Sie wer<strong>den</strong> von vielen institutionellen<br />

Anlegern gehandelt. Pensionskassen, Versicherungen, Renten- <strong>und</strong><br />

Investmentfonds investieren häufig in Staatsanleihen. Sie sind hochliquide<br />

<strong>und</strong> trendstabil. Sie sind zu <strong>den</strong> Aktienmärkten in der Regel negativ<br />

korreliert, gelten in Zeiten fallender Aktienkurse <strong>und</strong> steigender Unsicherheit<br />

als „sichere Häfen“. Konjunktur- <strong>und</strong> Zinsentwicklungen wirken sich <strong>auf</strong><br />

Anleihenkurse aus. Anleihen gelten als wenig volatil, wer<strong>den</strong> daher gern mit<br />

hohen Hebeln gehandelt. Für Einsteiger lohnt es, sich mit Anleihen näher zu<br />

beschäftigen.<br />

AKTIEN<br />

Einzelaktien dürften <strong>den</strong> meisten Tradern aus dem Erfahrungshorizont am<br />

vertrautesten sein. Aktien sind Unternehmensanteile. Daher tummeln sich in<br />

diesem Markt sowohl langfristige Investoren aller Größen (von<br />

Investmentgesellschaften bis zu privaten Investoren), aber auch Arbitrageure,<br />

Spekulanten, Trader <strong>und</strong> Daytrader. Das sorgt für einen hoch liqui<strong>den</strong> Markt.<br />

Aktien neigen zu stabilem Trendverhalten. Auch Inhaber von kleineren<br />

Konten können mit Aktien eine beachtliche prozentuale Performance<br />

erreichen. Aktien stellen allerdings auch hohe Anforderungen an die<br />

Handelsvorbereitung. Neben der reinen Kursentwicklung (also der<br />

Untersuchung des Charts) sollten zumindest drei weitere Kriterien in Betracht<br />

gezogen wer<strong>den</strong>:<br />

<br />

<br />

<br />

Liquidität: Ist der Umsatz im betreffen<strong>den</strong> Papier so hoch, dass eine<br />

eröffnete Position jederzeit wieder geschlossen wer<strong>den</strong> kann? Die<br />

Liquidität wirkt sich direkt <strong>auf</strong> <strong>den</strong> Spread zwischen Geld- <strong>und</strong><br />

Briefkurs aus. Es empfiehlt sich, beim Handel von Aktien <strong>auf</strong> Blue<br />

Chips zurückzugreifen, hier ist die Liquidität am höchsten.<br />

F<strong>und</strong>amentales Geschäftsmodell: Handelt es sich um ein<br />

profitables Unternehmen? Ist es in einem Markt tätig, der stark von<br />

Konjunkturentwicklungen beeinflusst wird (Finanzen, High Tech)<br />

oder ist der Markt eher konjunkturunabhängig (Versorger, Food &<br />

Beverage)?<br />

Unternehmenskalender: Stehen in <strong>den</strong> bevorstehen<strong>den</strong><br />

Tagen/Wochen kursbeeinflussende Unternehmensereignisse<br />

(Bilanzdaten, Quartalsberichte, Divi<strong>den</strong><strong>den</strong>, Kapitalerhöhungen) <strong>auf</strong><br />

der Agenda?<br />

Wer als Berufstätiger Einzelaktien handeln möchte, sollte sich anfangs <strong>auf</strong><br />

eine kleine Auswahl beschränken. Wenn diese dann nachhaltig profitabel<br />

gehandelt wird, ist es möglich, das Spektrum zu erweitern, ohne dass der<br />

Zeit<strong>auf</strong>wand überproportional steigt.<br />

INDIZES<br />

Indizes sind eigentlich kein separater Markt, sondern „Körbe“ von Aktien. Es<br />

ist methodisch schwierig zu unterschei<strong>den</strong>: Ist der spanische Aktienindex nun<br />

ein Markt (eben von 35 führen<strong>den</strong> spanischen Aktien) oder ein<br />

Handelsinstrument (etwa ein Future oder ein CFD <strong>auf</strong> diesen Markt). Die<br />

Konstruktion der Indizes sorgt dafür, dass diese einerseits relativ betrachtet


S e i t e | 16<br />

Kapitalbasis verfügt. Rohstoff- <strong>und</strong> Währungsinvestments wer<strong>den</strong> in der<br />

Regel mittels anderer Instrumente getätigt.<br />

FUTURES<br />

Terminkontrakte wer<strong>den</strong> <strong>auf</strong> alle handelbaren Basiswerte angeboten – Aktien,<br />

Aktienindizes, Anleihen, Rohstoffe, selbst Wetter-Futures wer<strong>den</strong> an<br />

Terminbörsen gehandelt. Den Terminkontrakten lagen <strong>und</strong> liegen heute noch<br />

vielfach wirtschaftliche Erwägungen der Risiko-Absicherung zugr<strong>und</strong>e.<br />

Futures beinhalten das Recht <strong>und</strong> die Pflicht zur Lieferung oder Abnahme<br />

eines bestimmten Basiswertes zu einem festgelegten zukünftigen Termin. Sie<br />

wer<strong>den</strong> an regulierten Märkten, <strong>den</strong> Terminbörsen, gehandelt. Der Handel<br />

<strong>auf</strong> Margin ermöglicht es, hier mit geringem Kapitaleinsatz relativ große<br />

Summen zu bewegen. Das stellt aber auch hohe Anforderungen an das Risiko<strong>und</strong><br />

Money-Management. Ein Goldkontrakt an der Terminbörse hat einen<br />

Umfang von <strong>10</strong>0 Unzen Gold – <strong>und</strong> damit Anfang September 2012 einen<br />

Gegenwert von etwa 170.000 US-Dollar. Kontraktspezifikationen,<br />

Abwicklungsmodalitäten (das so genannte Clearing), Marginsätze,<br />

Referenzbörsen usw. müssen hier genauestens beachtet wer<strong>den</strong>.<br />

OPTIONEN<br />

Eine Option beinhaltet das Recht, aber keine Verpflichtung zur Lieferung oder<br />

Abnahme eines Basiswertes. Das ist der gr<strong>und</strong>legende Unterschied zum<br />

Terminkontrakt. Optionen sind „verfallende Werte“, d.h. wird eine Option<br />

nicht ausgeübt, verfällt sie am Verfallstag wertlos, während bei einem Future<br />

am Verfallstag immer ein Verlierer an einen Gewinner zahlt. Durchschnittlich<br />

70 bis 75% aller Optionen verfallen wertlos. Optionen wer<strong>den</strong> ebenfalls <strong>auf</strong><br />

Rohstoffe, Aktien, Währungen, Anleihen gehandelt. Sie erfreuen sich bei<br />

Privatanlegern wegen der komplizierten Preisbildung relativ geringer<br />

Beliebtheit. Hinzu kommt, dass im deutschsprachigen Raum die Zertifikate<strong>und</strong><br />

Optionsschein-Industrie durch ihre Marketing-Präsenz <strong>den</strong> privaten<br />

Anleger fast vollständig von diesem hochinteressanten Handelsinstrument<br />

fernhält. Dabei ist der Handel mit Optionen – wenn man ihn <strong>den</strong>n mit dem<br />

entsprechen<strong>den</strong> Fachwissen ausübt – ein stabiles, profitables <strong>und</strong> relativ<br />

risikoarmes Geschäft.<br />

KURSDIFFERENZKONTRAKTE (CFDS)<br />

Kursdifferenzkontrakte (Contracts for Difference, CFDs) sind seit <strong>den</strong> späten<br />

80er Jahren des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts in Großbritannien entstan<strong>den</strong>. Sie dienten<br />

ursprünglich als Instrument der Steuervermeidung. Mittlerweile haben sich<br />

H<strong>und</strong>erte von Anbietern für CFDs etabliert. Im Prinzip handelt es sich bei<br />

einem CFD um einen adjustierten Endlosfuture, also ein gehebeltes Derivat<br />

<strong>auf</strong> einen Basiswert, der meist keinen Verfallstermin hat. CFDs wer<strong>den</strong> nicht<br />

an regulierten Börsen gehandelt, sondern wer<strong>den</strong> von speziellen Market<br />

Makern angeboten. Diese unterwerfen sich meist einer Regulierung durch<br />

staatliche Aufsichtsbehör<strong>den</strong>, wobei die Zuständigkeit dieser Behör<strong>den</strong> strittig<br />

ist. CFDs sind im Unterschied zu Zertifikaten keine Schuldverschreibungen,<br />

sondern Sondervermögen, damit also etwas ausfallsicherer als


S e i t e | 17<br />

Optionsscheine, Zertifikate u.ä. CFDs decken inzwischen nahezu jedes<br />

Marktspektrum ab. Größter Vorteil für Private: Die kleine Stückelung<br />

ermöglicht es auch dem Einsteiger, hier an Märkten tätig zu wer<strong>den</strong>, die sonst<br />

nur kapitalkräftigen Profis vorbehalten sind. Größte Herausforderung sind die<br />

immensen Hebel – es gibt CFD-Anbieter, die Marginsätze von 0,2% anbieten.<br />

Zusätzliche Kosten entstehen dem CFD-Trader durch ausgeweitete Spreads,<br />

hohe Transaktionskosten <strong>und</strong> Zinsen für das <strong>auf</strong>genommene Fremdkapital.<br />

Mittlerweile gibt es CFD-Anbieter, die <strong>den</strong> so genannten Direct Market Access<br />

(DMA) anbieten. Hier löst der CFD-Trader mit seinem Trade direkt <strong>und</strong><br />

automatisch einen Hedge-Trade an der entsprechen<strong>den</strong> Präsenzbörse aus.<br />

Außerdem gibt es Möglichkeiten, <strong>den</strong> Hebel selbst zu regulieren bzw. die<br />

Ordergröße nicht in Kontrakten sondern in Geldvolumina zu definieren.<br />

FONDS<br />

Fonds gibt es für nahezu jedes Marktsegment, in beliebiger<br />

Zusammensetzung <strong>und</strong> Risikostreuung. Negativ sind die meist hohen Kosten,<br />

die aus der strengen Regulierung <strong>und</strong> dem hohen Verwaltungs<strong>auf</strong>wand<br />

resultieren. Dazu kommt die schlechte Performance der meisten aktiv<br />

gemanagten Fonds. So genannte passive Fonds (<strong>Index</strong>-Fonds) reduzieren<br />

zwar die Verwaltungskosten <strong>auf</strong> ein Minimumg, sind aber in der Performance<br />

eben auch nicht besser als die zugr<strong>und</strong>e liegen<strong>den</strong> Underlyings. Der Vorteil<br />

von Investmentfonds aller Art ist die kleine Summe, mit der der private<br />

Anleger sich beteiligen kann –meist in der Form regelmäßiger „Sparraten“. In<br />

<strong>den</strong> meisten Fällen sind Fonds für <strong>den</strong> Privatanleger keine Alternative, da die<br />

Kosten die Erträge belasten. Ausnahmen bil<strong>den</strong> einige so genannte ETFs<br />

(Exchange Traded F<strong>und</strong>s – börsengehandelte Fonds), die über Börsen<br />

gehandelt wer<strong>den</strong> können.<br />

ZERTIFIKATE, OPTIONSSCHEINE<br />

Die Finanzindustrie hat in <strong>den</strong> vergangenen zehn Jahren eine völlig neue<br />

Klasse von Trading- <strong>und</strong> Investmentvehikeln erf<strong>und</strong>en. Diese Optionsscheine<br />

<strong>und</strong> Zertifikate gibt es in mehreren H<strong>und</strong>erttausend Varianten <strong>und</strong> von<br />

einigen Dutzend verschie<strong>den</strong>en Emittenten. Sie wer<strong>den</strong> aggressiv angeboten,<br />

<strong>den</strong>n sie sind eine wichtige Einnahmequelle der Banken gewor<strong>den</strong>: Als<br />

Emittenten verk<strong>auf</strong>en sie die Papiere an <strong>den</strong> Anleger, k<strong>auf</strong>en sie von ihm<br />

zurück <strong>und</strong> das alles zu einem von ihnen selbst gestellten Preis. Auch die<br />

sogenannten Zertifikatebörsen sind da nur ein „Feigenblatt“, schließlich<br />

agieren dort die gleichen Emittenten, nur eben im Verb<strong>und</strong> mit anderen. Die<br />

Preisstellung mag etwas günstiger sein, am Prinzip ändert das nichts. Viele<br />

dieser Zertifikate <strong>und</strong> „Scheine“ sind in der Preisbildung kompliziert,<br />

intransparent, ten<strong>den</strong>ziell sind sie immer so konstruiert, dass der Emittent als<br />

Gewinner vom Platz geht. Dazu kommt, dass spätestens seit dem Bankrott der<br />

Lehman Brothers klar ist, dass das Emittentenrisiko nicht nur eine Formalie<br />

ist: Da es sich rechtlich um Schuldverschreibungen handelt, trifft ein Bankrott<br />

des Emittenten <strong>den</strong> Käufer eines solchen Papiers direkt.<br />

Wer sich näher mit diesen Derivaten befassen möchte, findet reichlich<br />

einschlägige Informationen im Buchhandel <strong>und</strong> im Internet. Persönlich bin


S e i t e | 18<br />

ich kein Fre<strong>und</strong> dieser Handelsinstrumente – ich verstehe die meisten von<br />

ihnen nicht <strong>und</strong> benötige sie schlicht nicht für das Erreichen meiner Ziele.<br />

MARKTTEILNEHMER<br />

Wer <strong>auf</strong> <strong>den</strong> Finanzplätzen zum Kampf ums große Geld antritt, sollte seine<br />

Gegner kennen.<br />

INVESTOREN<br />

Die weitaus größte Gruppe von Marktteilnehmern ist die der institutionellen<br />

Investoren. Dazu gehören Investmentgesellschaften, Fonds, Banken,<br />

Versicherungen, Private-Equity-Gesellschaften, Hedge-Fonds,<br />

Vermögensverwaltungen, Family Offices, vermögende Privatk<strong>und</strong>en.<br />

Sie investieren in Vermögenswerte mit einem langfristigen Anlagehorizont.<br />

Häufig benutzen sie f<strong>und</strong>amentale Ansätze. Ihre „Spuren“ hinterlassen sie im<br />

Chart in Form von Kursanstiegen oder Kursabschlägen, die sich über Wochen,<br />

Monate <strong>und</strong> Jahre hinziehen können. Ihr Problem ist ihre Größe: Um<br />

nennenswerte Positionen <strong>auf</strong>- <strong>und</strong> abzubauen benötigen sie je nach Liquidität<br />

des Assets bis zu mehrere Monate. Das kann die Ursache für langanhaltende<br />

Trends sein.<br />

HEDGER<br />

Auch diese Gruppe ist zahlreich vertreten. Professionelles Hedging meint<br />

Sicherungsgeschäfte. Dies können Geschäfte zur Absicherung gegen<br />

Währungsschwankungen in einem international tätigen Unternehmen, gegen<br />

schwankende Eink<strong>auf</strong>s- oder Verk<strong>auf</strong>spreise im Rohstoff- oder<br />

Währungsmarkt, gegen steigende oder fallende Zinsen, gegen steigende oder<br />

fallende Aktienkurse sein.<br />

Auch diese Gruppe agiert längerfristig, insbesondere im Rohstoff- <strong>und</strong><br />

Währungsmarkt. Im Aktienmarkt findet Hedging vorzugsweise über<br />

Optionsgeschäfte statt.<br />

ARBITRAGEURE<br />

Arbitrage ist die risikolose Ausnutzung von Marktineffizienzen. Dies ist eine<br />

kleine, hochspezialisierte Gruppe von Marktteilnehmern, die sehr kurzfristig<br />

agiert – häufig im Sek<strong>und</strong>en- <strong>und</strong> Millisek<strong>und</strong>enbereich. Durch Arbitrage-<br />

Geschäfte wer<strong>den</strong> Disbalancen in <strong>den</strong> Märkten beseitigt. Beispielsweise sind<br />

das unterschiedliche Kurse für die gleiche Aktie oder <strong>den</strong> gleichen Rohstoff an<br />

verschie<strong>den</strong>en Börsenplätzen, aber auch Ineffizienzen etwa bei der<br />

Preisstellung von Futures, Indizes <strong>und</strong> Optionen. Das wird immer wieder zu<br />

Zeiten marktbewegender Nachrichten spürbar.<br />

Arbitrage findet häufig mit ausgefeilten Computersystemen statt, die<br />

Ungleichgewichte <strong>auf</strong>spüren <strong>und</strong> in kürzester Zeit Trades platzieren <strong>und</strong><br />

wieder schließen.


S e i t e | 19<br />

SPEKULANTEN<br />

Diese Gruppe ließe sich natürlich weiter unterteilen in Trend-Trader, Swing<strong>und</strong><br />

Daytrader, Scalper usw. Hier findet sich auch der private Trader wieder.<br />

Sein Ziel ist es, kurz- <strong>und</strong> mittelfristig von Kursbewegungen zu profitieren.<br />

Spekulanten sind für die Märkte wichtig, da sie einen Großteil der täglichen<br />

Liquidität zur Verfügung stellen.<br />

In dieser Gruppe tummeln sich auch kurzfristig agierende Hedgefonds,<br />

Eigenhandelsbüros (Proprietary Trading Companies), Handels-Abteilungen<br />

in Banken. Es ist wichtig zu wissen, dass diese Marktteilnehmer<br />

hochspezialisiert <strong>und</strong> hochtechnisiert agieren, um zu verstehen, dass der<br />

private Kurzfristtrader hier gegen nahezu je<strong>den</strong> Gegner mit ungleichen<br />

Waffen antritt.<br />

BROKER<br />

Die Wahl des richtigen Brokers ist nicht der erste, sondern nach der<br />

Zielbestimmung <strong>und</strong> Marktauswahl frühestens der dritte Schritt für einen<br />

angehen<strong>den</strong> Trader oder Investor. Denn was ist der „richtige“ Broker?<br />

Abhängig von Anlagezielen, Kontogröße, Marktauswahl, Handelsfrequenz<br />

<strong>und</strong> Handelsplan gibt es hier viele Faktoren zu beachten. Die nachfolgende<br />

Übersicht erhebt keinen Anspruch <strong>auf</strong> Vollständigkeit.<br />

EINLAGENSICHERUNG UND FINANZIELLE<br />

STABILITÄT<br />

Wer mit einem 1.000-Euro-Konto handelt, <strong>den</strong> kann die Pleite eines Brokers<br />

sicher nicht ruinieren. Wer aber mit mehreren Millionen Euro investiert ist,<br />

der darf sich schon Gedanken über die Stabilität des Brokers <strong>und</strong> die<br />

Sicherung der Einlagen machen. Ist der Broker börsennotiert, wie<br />

aussagekräftig ist die Webseite, wo ist er registriert <strong>und</strong> reguliert? Betreibt der<br />

Broker Market Making oder ein reines Brokergeschäft, betreibt er<br />

Eigenhandel? Wie lange gibt es <strong>den</strong> Broker bereits?<br />

ANGEBOTENE MÄRKTE<br />

Wer nur einen bestimmten Markt handeln möchte, kann<br />

<strong>auf</strong> Spezialbroker zurückgreifen, die beispielsweise nur<br />

Währungshandel anbieten. Wer allerdings<br />

perspektivisch <strong>auf</strong> mehreren Märkten unterwegs sein<br />

möchte, sollte dar<strong>auf</strong> achten, dass möglichst viele<br />

Asset-Klassen von dem Broker angeboten wer<strong>den</strong>.<br />

SOFTWARE<br />

Wer nur geringe Computerkenntnisse hat, legt <strong>auf</strong> einfache Bedienung der<br />

Handelssoftware mehr Wert als jemand, der professionell <strong>Handelssysteme</strong><br />

programmieren kann. Apple-Nutzer benötigen andere Software als Windows-<br />

Nutzer. Wer mobil handeln möchte, braucht möglicherweise eine<br />

browserbasierte Lösung. Gibt es eine Community, in der Software-Lösungen,<br />

Programmcodes <strong>und</strong> programmierte Tools diskutiert <strong>und</strong> ausgetauscht<br />

wer<strong>den</strong>?


S e i t e | 20<br />

SERVICE<br />

Gibt es eine kostenlose Hotline? Ist telefonische Orderausführung möglich?<br />

Ist ein Helpdesk verfügbar – wie ist es erreichbar, wie wird der K<strong>und</strong>e<br />

behandelt?<br />

AUS- UND WEITERBILDUNG<br />

Bietet der Broker Seminare oder Webinare an – zur Handhabung der eigenen<br />

Software, zu Analysemetho<strong>den</strong>, zu verschie<strong>den</strong>en Märkten?<br />

GEBÜHREN<br />

Durch niedrige Gebühren ist noch nie aus einem Verlierer ein Gewinner<br />

gewor<strong>den</strong>. Umgekehrt haben aber hohe Gebühren schon viele<br />

Handelsstrategien unprofitabel wer<strong>den</strong> lassen. Das betrifft insbesondere <strong>den</strong><br />

hochfrequenten Intraday-Handel. Wer nur einmal im Monat eine Position<br />

eröffnet <strong>und</strong> diese dann monatelang hält, kann sicher größere Gebühren<br />

verkraften als jemand, der am Tag 50 Trades mit einer durchschnittlichen<br />

Gewinnsumme von 20 Euro absetzt.<br />

DATENKOSTEN<br />

Wer End-of-Day-Strategien verfolgt, kann auch ohne die meist<br />

kostenpflichtigen Realtime-Daten arbeiten, für <strong>den</strong> kurzfristigen Handel ist<br />

das unmöglich. Die Kosten für Daten variieren erheblich, je nach Märkten,<br />

Kurshistorie <strong>und</strong> Markttiefe (Level 1, 2 oder 3).<br />

DATENQUALITÄT<br />

Vor allem im kurzfristigen Zeitfenster <strong>und</strong> für Systemtester ist die<br />

Datenqualität wichtig. Daytrader sollten <strong>auf</strong> Tickdaten Wert legen.<br />

Systemtester brauchen lange Kurshistorien mit möglichst fehlerfreien Daten.<br />

Insbesondere für Futures <strong>und</strong> Optionen (also Werte, die ein Verfallsdatum<br />

haben) ist es wichtig, auch <strong>auf</strong> historische Daten zugreifen zu können, um<br />

beispielsweise Handelsstrategien in unterschiedlichen Marktphasen zu testen<br />

(Bullen-, Bären- <strong>und</strong> Seitwärtsmärkte).<br />

CHARTING-TOOLS<br />

Wer sich der Technischen Analyse bedient, benötigt dazu ein Chart-Tool.<br />

Viele Broker bieten dies integriert in die Handelssoftware an, aber es gibt<br />

erhebliche qualitative Unterschiede. Welche Chartarten, Indikatoren,<br />

Zeichenwerkzeuge stehen zur Verfügung? Lässt sich direkt aus dem Chart<br />

handeln? Lassen sich Charts speichern, drucken, individuell konfigurieren?<br />

Dies gilt es vorab unbedingt zu prüfen. Auch hier muss sich jeder darüber klar<br />

wer<strong>den</strong>: Für <strong>den</strong> f<strong>und</strong>amental eingestellten Investor mögen die frei<br />

zugänglichen Charts verschie<strong>den</strong>er Finanzportale oder Online-Banken<br />

ausreichen. Für <strong>den</strong> aktiven Trader ist das eher selten der Fall.<br />

DAS EQUIPMENT<br />

Die technische Ausstattung ist je nach Handels- <strong>und</strong> Anlegertyp<br />

unterschiedlich. Es gibt allerdings Mindeststandards, die nicht unterschritten<br />

wer<strong>den</strong> sollten. Einen Mulitmonitor-Arbeitsplatz mit acht Bildschirmen<br />

braucht sich niemand zuzulegen, auch die Datenübertragung per Satellit ist in<br />

der Regel überflüssig.


S e i t e | 21<br />

DATENLEITUNG<br />

Eine DSL-Leitung sollte zur Standard-Ausrüstung gehören. Ersatzweise<br />

kommt auch eine mobile Breitbandverbindung, etwa über Handynetze in<br />

Frage. Funknetze bieten zunehmend Alternativen in ländlichen Gegen<strong>den</strong>, in<br />

<strong>den</strong>en kein DSL verfügbar ist.<br />

COMPUTER<br />

Der handelsübliche Desktop-PC reicht für <strong>den</strong> End-of-Day-Investor völlig aus,<br />

ebenso wie ein gewöhnlicher Laptop. Wer allerdings Wert <strong>auf</strong> eine große<br />

Anzahl von Charts legt, braucht oftmals mehrere Monitore. Das lässt sich über<br />

Dual-Head-Grafikkarten mittlerweile auch <strong>auf</strong> jedem handelsüblichen<br />

Rechner bewerkstelligen, auch an Laptops lassen sich externe Monitore<br />

anschließen. Wer täglich mehrere St<strong>und</strong>en vor dem Monitor verbringt, sollte<br />

<strong>auf</strong> einen möglichst großen Monitor mit einer sehr guten Auflösung <strong>und</strong><br />

Farbdarstellung achten.<br />

TELEFON<br />

So naiv es klingt – aber das Telefon, insbesondere das griffbereite,<br />

<strong>auf</strong>gela<strong>den</strong>e <strong>und</strong> eingeschaltete Mobiltelefon ist eine Backup-Lösung für <strong>den</strong><br />

Fall einer Störung. Die eingespeicherte Nummer des Brokers sollte als<br />

Kurzwahl zur Verfügung stehen, damit man im Falle eines Stromausfalls oder<br />

anderer Notfälle (Internet-Ausfall, Plattformausfall, Flash-Crash, Feuer,<br />

ges<strong>und</strong>heitliche Probleme. Klingeln an der Wohnungstür) offene Positionen<br />

schließen kann.<br />

BACKOFFICE<br />

Auf diesen Punkt wird im Abschnitt zu <strong>den</strong> Trading-Aufzeichnungen noch<br />

genauer eingegangen. Auf je<strong>den</strong> Fall ist es hilfreich, hier von Anfang an<br />

Ordnung zu halten. Eine Ablage für die Kontoauszüge,<br />

Transaktionsbestätigungen, Chart-Ausdrucke – das sollte vom ersten Tag an<br />

organisiert sein, damit man sich nicht einen Berg unbewältigten Papierkrams<br />

heranzüchtet. Ein unstrukturiertes Backoffice kann erhebliches Drohpotential<br />

entwickeln, die Kontoauszüge der vergangenen sechs Wochen haben <strong>den</strong><br />

Charme der Jahressteuererklärung.<br />

Bewährt hat sich ein Buchungsprogramm wie Quicken oder eine einfache<br />

Excel-Tabelle, in der alle Kontobewegungen <strong>auf</strong>gezeichnet wer<strong>den</strong>.<br />

ÜBUNG 1: ORIENTIERUNG<br />

Es stellt sich die erste Frage: Hält meine Motivation dem Praxistest stand?<br />

Wir haben jetzt ein Ziel definiert, welches durch Trading oder <strong>Investieren</strong><br />

erreicht wer<strong>den</strong> soll. Wir haben uns über unsere Gegner im Markt informiert.<br />

Wir haben unsere eigenen Waffen zurechtgelegt. Die Frage ist allerdings:<br />

Wenn wir praktisch damit beginnen, was bleibt dann von diesem Ziel<br />

tatsächlich noch übrig? Ist es die Träumerei eines Unwissen<strong>den</strong> – so, wie wir<br />

als kleine Jungen häufig Kosmonaut wer<strong>den</strong> wollten?<br />

Die einzige Methode, das herauszufin<strong>den</strong>, ist die Feuerprobe in der Praxis.<br />

Überprüfen Sie, ob Sie <strong>auf</strong> die nachfolgen<strong>den</strong> Fragen klare Antworten haben<br />

<strong>und</strong> schreiben Sie diese in die rechte Spalte.


S e i t e | 22<br />

Warum will ich tra<strong>den</strong>?<br />

Welches Ziel SMARTe<br />

möchte ich erreichen?<br />

Wieviel Zeit wende ich<br />

täglich für Trading <strong>auf</strong>?<br />

Welche finanziellen Mittel<br />

setze ich ein?<br />

Welche Märkte handle ich?<br />

Welchen Broker nutze ich<br />

<strong>und</strong> warum? Welcher Broker<br />

wäre die zweitbeste<br />

Alternative?<br />

Welche technische<br />

Infrastruktur nutze ich?<br />

Habe ich mein Backoffice<br />

(Ablage, Buchhaltung)<br />

organisiert?


S e i t e | 23<br />

TEIL 2: KAPITAL, GELD, RISIKO - UND<br />

VERMÖGEN<br />

Wer Auto fahren möchte, benötigt ein Fahrzeug - <strong>und</strong> wer <strong>Tra<strong>den</strong></strong> oder<br />

<strong>Investieren</strong> möchte, braucht Geld. Einige Fragen sollen im Folgen<strong>den</strong><br />

beantwortet wer<strong>den</strong>.<br />

AB WANN KANN MAN VOM TRADING LEBEN?<br />

Die besten Trader erwirtschaften etwa 30% Performance im Jahr - nicht jedes<br />

Jahr, wohlgemerkt. Wer solche Zahlen über mehrere Jahre in Folge vorweisen<br />

kann, gehört zu <strong>den</strong> "Magiern der Märkte" <strong>und</strong> darf sich getrost in eine Reihe<br />

mit Warren Buffett oder George Soros stellen. Damit lässt sich die Frage<br />

beantworten, ab wann man vom <strong>Tra<strong>den</strong></strong> seinen Lebensunterhalt bestreiten<br />

kann. Wer <strong>10</strong>0.000 Euro Investitionskapital zur Verfügung hat, kann<br />

zweifelsohne vom Trading in Deutschland nicht leben. Er wird eventuell<br />

30.000 Euro erwirtschaften. Davon muss er 28% Steuern bezahlen, es<br />

verbleiben also etwas mehr als 21.000 Euro pro Jahr oder 1.800 Euro im<br />

Monat. Für ein sorgloses Leben ist das etwas wenig, wenn man seine<br />

Wohnung, Krankenversicherung, Kleidung, Ernährung, Bildung, Auto usw.<br />

bezahlen möchte.<br />

WIE KOMMT MAN AN DEN MÄRKTEN ZU<br />

WOHLSTAND?<br />

Als erstes einmal braucht man ein alternatives Einkommen. Am besten, man<br />

fre<strong>und</strong>et sich damit an, dass man seinen Job noch weitere zehn Jahre ausüben<br />

wird. Vom eingehen<strong>den</strong> Gehalt legt man einen festen Betrag Monat für Monat<br />

<strong>auf</strong> die Seite - <strong>und</strong> seien es nur <strong>10</strong>0 Euro. Die kann in der Regel jeder<br />

erübrigen, der sich mit dem Trading ernsthaft befasst. Von jeder<br />

Gehaltserhöhung wer<strong>den</strong> dann 50% <strong>auf</strong> diese Sparrate <strong>auf</strong>geschlagen, die<br />

anderen 50% darf man zur sofortigen Erhöhung des Lebensstandards<br />

verwen<strong>den</strong>.<br />

WIEVIEL WERDE ICH ALS LERNENDER VERLIEREN?<br />

Genau hier liegt der H<strong>und</strong> begraben. Planen Sie zunächst einmal Verluste von<br />

zehn Prozent pro Jahr ein. Diese Summe schaffen viele Neulinge spielerisch in<br />

einem Monat oder gar einer Woche. Während meiner Arbeit bei<br />

verschie<strong>den</strong>en Brokern bestätigte sich praktisch immer wieder die Ten<strong>den</strong>z,<br />

dass die durchschnittliche Lebensdauer eines angehen<strong>den</strong> Futures-Traders<br />

bei sechs Monaten liegt.<br />

MUSS ICH VOLLZEIT-TRADER WERDEN?<br />

Nein. Nur die wenigsten angehen<strong>den</strong> Trader verfügen über grenzenlose<br />

finanzielle Mittel <strong>und</strong> 24 St<strong>und</strong>en Freizeit pro Tag. Wer in Beruf, Business,<br />

Familie <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>eskreis eingeb<strong>und</strong>en ist, kann trotzdem pro Tag eine oder


S e i t e | 24<br />

zwei St<strong>und</strong>en für das Trading <strong>und</strong> <strong>Investieren</strong> <strong>auf</strong>wen<strong>den</strong>. Es erfordert eine<br />

bewusste Entscheidung, eine Fokussierung <strong>auf</strong> diese Tätigkeitsfelder.<br />

Überprüfen Sie selbst: Wie viele St<strong>und</strong>en pro Tag sehen Sie fern? Wie viele<br />

St<strong>und</strong>en pro Tag tun Sie Dinge, die Sie Ihrem Ziel keinen Schritt näher<br />

bringen? Das Lesen von Fachliteratur, Analysieren von Charts, Managen von<br />

Positionen, Führen von Aufzeichnungen - ja, all das ist Arbeit, die Zeit<br />

erfordert. Aber jeder von uns hat 168 St<strong>und</strong>en pro Woche - <strong>und</strong> wie wir sie<br />

verbringen, entschei<strong>den</strong> wir selbst.<br />

Wenn Sie täglich eine St<strong>und</strong>e Ihres Lebens dem Trading widmen, wer<strong>den</strong> Sie<br />

innerhalb eines Jahres spürbare Erfolge verzeichnen. Sie wer<strong>den</strong> nicht perfekt<br />

sein, aber sich stetig verbessern. Behalten Sie Ihren Job, solange Sie können.<br />

Wenn Sie ihn nicht lieben - betrachten Sie ihn als Mittel zum Zweck. Er<br />

ernährt Sie, liefert Ihnen Trading-Kapital, das Sie ansparen, ermöglicht<br />

Ihnen, das Trading ohne Zeit- <strong>und</strong> Leistungsdruck zu erlernen.<br />

Ihre Konto-Kurve wird Ihnen verraten, wenn die Zeit reif ist, <strong>den</strong> Brot-Job an<br />

<strong>den</strong> Nagel zu hängen. Zu diesem Zeitpunkt wird die Beschäftigung mit dem<br />

eigenen Geld für Sie zur Routine gewor<strong>den</strong> sein. Sie wird jede Aufregung<br />

verloren haben. Sobald Sie ein durchgängig profitabler Investor oder Trader<br />

sind (also mindestens drei Jahre in Folge erfolgreich), eröffnen sich völlig<br />

neue Möglichkeiten: Sie können weiter arbeiten, weil Sie Ihren Beruf lieben,<br />

Trading als Lebensinhalt für Sie zu fade ist, <strong>und</strong> als Teilzeit-Investor Ihr<br />

Vermögen vermehren. Sie können sich entschei<strong>den</strong>, neue Märkte für sich zu<br />

erschließen - etwa Futures, Optionen, ausländische Aktienmärkte. Sie können<br />

sich entschließen, in kürzere Zeitfenster zu wechseln, mehr Trades zu<br />

platzieren, <strong>und</strong> deshalb Ihren Job zu quittieren. Treffen sie diese<br />

Entscheidung nicht jetzt, sondern wenn die Zeit dafür reif ist.


S e i t e | 25<br />

TEIL 3: DIE PRINZIPIEN ERFOLGREICHER<br />

GELDANLAGE<br />

Es gibt ein Vielzahl von Anlagestilen – vom Scalping bis zum Buy-and-Hold-<br />

Ansatz. Allerdings liegen diesen Stilen einige allgemein gültige Prinzipien<br />

zugr<strong>und</strong>e. Diese unterschei<strong>den</strong> sich nicht von <strong>den</strong> Prinzipien erfolgreichen<br />

unternehmerischen Denkens, sind wahrscheinlich nur etwas spezieller<br />

formuliert.<br />

"Regel Nr. 1: Verlieren Sie kein Geld. Regel Nr. 2: Vergessen Sie nie<br />

Regel Nr. 1!"<br />

Warren Buffett<br />

VERANTWORTUNG ÜBERNEHMEN<br />

Ich treffe immer wieder Trader, die die Schuld für ihre Mißerfolge anderen in<br />

die Schuhe schieben möchten: dem Broker, dem Markt, <strong>den</strong><br />

Hochfrequenztradern, unerwarteten Nachrichten usw. Sie vergessen dabei<br />

eines: Niemand zwingt mich, mein Geld <strong>auf</strong> die Finanzmärkte zu tragen. Ich<br />

entscheide mich selbst dafür - <strong>und</strong> nehme als Kehrseite in K<strong>auf</strong>, dass ich dort<br />

<strong>auf</strong> Menschen treffe, die hinter meinem Geld hinterher sind, so wie ich hinter<br />

ihrem.<br />

RISIKEN MANAGEN<br />

Es gibt nicht Vieles, was wir an <strong>den</strong> Finanzmärkten beeinflussen können.<br />

Woher soll die Aktie, die Sie gerade gek<strong>auf</strong>t haben, wissen, dass Sie ab jetzt zu<br />

steigen hat? Warum sollte der Markt mir einen Gefallen tun? Auf <strong>den</strong><br />

Finanzmärkten herrscht mehr Chaos, als uns lieb ist <strong>und</strong> daher müssen wir<br />

uns <strong>auf</strong> das konzentrieren, was wir wirklich beeinflussen können. Und das ist<br />

eben nur das Risiko. Wie viel Geld kann ich in eine Position investieren <strong>und</strong><br />

wie viel bin ich bereit zu riskieren?<br />

PREIS UND WERT UNTERSCHEIDEN<br />

Ein Liter Mineralwasser kostet im heimischen Supermarkt möglicherweise 50<br />

Cent. Wie viel wären Sie bereit, mitten in der Wüste für <strong>den</strong> gleichen Liter<br />

Wasser auszugeben? Fünf Euro? Fünfzig? Der Skianzug für 120 Euro - wie<br />

wertvoll ist er für einen Bewohner Rajasthans? Preise sagen nicht unbedingt<br />

etwas über <strong>den</strong> Wert einer Sache. Das gleiche Benzin kostet am<br />

Pfingstwochenende zehn Prozent mehr als vier Wochen davor oder danach.<br />

Der Wert hat sich nicht verändert - der Preis schon. Dieses Prinzip des<br />

Auseinanderdriftens von Preis <strong>und</strong> Wert machen sich Trader <strong>und</strong> Investoren<br />

zunutze.<br />

UNSICHERHEIT AKZEPTIEREN<br />

Das westliche Weltbild ist stark kausal geprägt. Europäer <strong>und</strong> Amerikaner<br />

<strong>den</strong>ken häufig in linearen Schemen von Ursache <strong>und</strong> Wirkung. Wenn wir <strong>den</strong><br />

Lichtschalter betätigen, erwarten wir zurecht, dass die Deckenbeleuchtung<br />

angeht. Die Börse kennt keine lineare Kausalität. Es mag Chartformationen<br />

geben, nach <strong>den</strong>en in 60% der Fälle ein Kursanstieg folgt. Wer <strong>auf</strong> diese<br />

Formation hin tradet, wird bei 1.000 Trades wahrscheinlich etwa 600 Mal<br />

einen Kursanstieg erleben. Für je<strong>den</strong> einzelnen Trade jedoch ist absolut


S e i t e | 26<br />

zufällig, ob es zu einem Kursanstieg kommt - es könnte ja auch einer jener<br />

400 von 1.000 Trades wer<strong>den</strong>, bei <strong>den</strong>en die Formation versagt. Diese Art der<br />

Kausalität wird stochastisch genannt. Sie begegnet uns in vielen Situationen<br />

des täglichen Lebens, wo wir zwar eine globale Aussage hinsichtlich einer<br />

großen Zahl von Daten treffen können, aber keine Aussage über das<br />

Einzelereignis. In der Demoskopie kann man Aussagen darüber treffen, wie<br />

viel Prozent einer Wählerschaft eine Partei wählen - aber das sagt nichts über<br />

das individuelle Abstimmungsverhalten des Einzelnen. In der Meteorologie<br />

kann man zwar Regen für ein bestimmtes Gebiet zu einer bestimmten Zeit<br />

prognostizieren. Aber wann genau wo der erste Regentropfen fällt, ist Zufall.<br />

Ähnliches trifft <strong>auf</strong> Lotterien <strong>und</strong> Spielcasinos zu.<br />

Menschen neigen dazu, Entscheidungen unter Unsicherheit zu vermei<strong>den</strong><br />

bzw. nach Sicherheit zu suchen. Die Analystenindustrie macht sich dieses<br />

Phänomen zunutze <strong>und</strong> verk<strong>auf</strong>t weitgehend nutzlose Informationen an<br />

ahnungslose Anleger. Ein Prinzip des erfolgreichen Anlegens aber ist es,<br />

Entscheidungen souverän zu treffen <strong>und</strong> zu akzeptieren, dass der Ausgang des<br />

Investments hochgradig zufallsbestimmt ist.<br />

DIE "DREI MS DES TRADING-ERFOLGS" MEISTERN<br />

Mein Trading-Lehrer <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong> Dr. Alexander Elder führt dauerhaften<br />

Trading-Erfolg <strong>auf</strong> drei Bausteine zurück, er nennt sie die "drei Ms": Mind,<br />

Money, Method, deutsch: Psychologie, Geld, Methode.<br />

Mind bezeichnet die Psychologie des Trading. Money steht als Oberbegriff für<br />

das Risiko- <strong>und</strong> Money-Management bzw. die exakte Bestimmung der<br />

Positionsgrößen. Mit Method ist eine durchgängige Trading-Methode<br />

gemeint, also beispielsweise F<strong>und</strong>amentale, Technische oder Sentiment-<br />

Analyse. Jeder dieser Bausteine ist mit <strong>den</strong> anderen zwei verb<strong>und</strong>en, man<br />

kann keinen weglassen. Betrachten wie die Inhalte im Einzelnen.


S e i t e | 27<br />

TEIL 4: RISIKO- UND MONEYMANAGEMENT<br />

Der Trading-Coach <strong>und</strong> Buchautor Van K. Tharp fasst Risiko- <strong>und</strong> Money-<br />

Management unter dem Begriff „Position-Sizing“ zusammen – also der<br />

korrekten Bestimmung der Positionsgröße. „Der Zweck der<br />

Positionsgrößenbestimmung ist es, Ihre Ziele zu erreichen“, schreibt er. 1<br />

Während die Frage der Bezeichnung nebensächlich ist, hat Van K. Tharp in<br />

einem völlig Recht: Es gibt unterschiedlichste Ziele von Anlegern, Tradern,<br />

Investoren – kurz Marktteilnehmern. Demzufolge hat auch jeder das Recht,<br />

seine Positionen entsprechend zu dimensionieren. Natürlich macht es einen<br />

Unterschied, ob jemand primär um des Kapitalerhalts willen an <strong>den</strong> Märkten<br />

unterwegs ist oder <strong>auf</strong> Biegen <strong>und</strong> Brechen sein Kapital vergrößern möchte.<br />

Tatsächlich gibt es selbst bei Tradern, die ein <strong>und</strong> dasselbe Investmentvehikel<br />

handeln, i<strong>den</strong>tische Ein- <strong>und</strong> Ausstiege wählen höchst unterschiedliche<br />

Anlageerfolge – je nach gewählter Positionsgröße.<br />

In dem zitierten Buch wer<strong>den</strong> daher 93 verschie<strong>den</strong>e Modelle <strong>und</strong> Metho<strong>den</strong><br />

der Positionsgrößenbestimmung vorgestellt, jede mit ihren Eigenheiten.<br />

Trotzdem ist sich Van Tharp bewusst, das auch das keine erschöpfende<br />

Übersicht ist.<br />

Wir bleiben aus Grün<strong>den</strong> der Übersichtlichkeit hier bei der klassischen<br />

Einteilung in Risikomanagement <strong>und</strong> Money-Management.<br />

VERSCHIEDENE ARTEN VON RISIKO<br />

Das Marktrisiko betrifft je<strong>den</strong>, der sich an <strong>den</strong> Märkten engagiert.<br />

Allgemein kann man nur gewinnen, wenn man investiert, also auch etwas<br />

riskiert.<br />

Die zweite Risikoart ist das systemische Risiko. Insbesondere nach <strong>den</strong><br />

Krisen der vergangenen Jahre ist klar: Wenn es irgendwo einen Crash gibt,<br />

dann führt der häufig das gesamte Finanzsystem in einen Krisenzustand.<br />

Drittens gibt es das Positionsrisiko. Wie viel Geld riskiere ich pro Position<br />

<strong>und</strong> wie viele solcher Positionen darf ich gleichzeitig eröffnen oder halten?<br />

Viertens das Liquiditätsrisiko: Ist der Markt liquide genug, damit ich die<br />

Position jederzeit komplikationslos wieder schließen kann?<br />

Schließlich das Altersrisiko: Wie groß ist der Wiederbeschaffungswert<br />

meines Portfolios angesichts der Lebensjahre. Treffend schreibt Investment-<br />

Legende Warren Buffett dazu:<br />

„Mit einem gemeinsamen Alter von 167 Jahren wollen Charlie <strong>und</strong> ich<br />

nicht noch einmal von vorn anfangen.“ 2<br />

1 Van K. Tharp, Definitive Guide to Position Sizing, International Institute of<br />

Trading Mastery, Inc., Cary 2008, S. XIII<br />

2 Warren Buffett, Letter tot he Shareholders, Februar 2011<br />

2 Warren Buffett, Letter tot he Shareholders, Februar 2011


S e i t e | 28<br />

RISIKOMANAGEMENT<br />

Das Fremdwörterbuch des DUDEN definiert Risiko als „Wagnis; Gefahr,<br />

Verlustmöglichkeit bei einer unsicheren Unternehmung“. Was genau verbirgt<br />

sich für <strong>den</strong> Börsianer hinter diesem Begriff?<br />

Trading-Coach Dr. Van K. Tharp fragt während seiner Seminare vor<br />

institutionellen Händlern gern: „Wie groß ist das Risiko, das Sie tra<strong>den</strong><br />

dürfen?“ Selten bekommt er eine substantielle Antwort. Auch die zweite Frage<br />

bleibt meist unbeantwortet: „Wieviel Geld dürfen Sie verlieren, bevor Sie<br />

Ihren Job verlieren?“<br />

Für unsere Zwecke wer<strong>den</strong> wir <strong>den</strong> Risikobegriff sowohl inhaltlich, als auch<br />

monetär klar definieren:<br />

Das Risiko einer Investition oder eines Trades ist die Summe Geldes,<br />

die wir als Investor oder Trader bereit sind, zu verlieren.<br />

Damit nehmen wir allen schwammigen Formulierungen <strong>den</strong> Wind aus <strong>den</strong><br />

Segeln: Bei jedem Investment oder Trade gibt es einen klar definierten Punkt,<br />

an dem wir feststellen, dass unsere Erwartungen an das Investment sich nicht<br />

erfüllt haben. An diesem Punkt ist eine Position ohne Wenn <strong>und</strong> Aber zu<br />

schließen.<br />

Der Sinn von Risiko-Management ist es, das Überleben an <strong>den</strong><br />

Finanzmärkten zu sichern. Ein einzelnes Investment oder ein einzelner Trade<br />

sollte nie in der Lage sein, die Vermögenslage des <strong>Investieren</strong><strong>den</strong> zu<br />

gefähr<strong>den</strong>.<br />

Eine gängige Anekdote unter Tradern: Warum gibt es keine mutigen, alten<br />

Trader? Antwort: Die alten sind nicht mutig, die mutigen aber wer<strong>den</strong> nicht<br />

alt.<br />

Das Risiko bezieht sich hier <strong>auf</strong> die einzelne Position. Wir wissen inzwischen,<br />

dass diese Position lediglich eine Wette darstellt. Das Risiko in dieser Position<br />

ist also der „Wetteinsatz“. Wie im Casino kommt es dar<strong>auf</strong> an, diesen Einsatz<br />

pro Spiel so klein zu halten, dass man möglichst viele Wetten platzieren kann.<br />

Eine der Gr<strong>und</strong>regeln lautet: Es ist sinnvoller, mehrere kleine Wetten zu<br />

platzieren, als eine große.<br />

Managen wir das Risiko einer einzelnen Position – sei es nun ein Investment<br />

oder ein Trade im kurzfristigen Zeitfenster, so legen wir uns vor dem<br />

Eingehen der Position <strong>auf</strong> dreierlei fest:<br />

1. Wie viel Geld bin ich bereit in dieser Position zu riskieren.<br />

2. Daraus folgt dann die Bestimmung der Positionsgröße.<br />

3. Ein Ausstiegsplan für <strong>den</strong> Gewinnfall, mit dem auch <strong>auf</strong>gel<strong>auf</strong>ene<br />

Buchgewinne gesichert wer<strong>den</strong>.<br />

MONEY-MANAGEMENT<br />

Während es beim Risikomanagement darum geht, das Risiko der einzelnen<br />

Position zu begrenzen, geht es beim Money-Management darum zu<br />

definieren, wie viel des gesamten Vermögens an der Börse <strong>auf</strong>s Spiel gesetzt


S e i t e | 29<br />

wer<strong>den</strong> darf. Es geht also zunächst um die Größe des zur Verfügung<br />

stehen<strong>den</strong> Spekulationskapitals.<br />

Der Investor fragt sich weiterhin: Soll ich mein Depot diversifizieren <strong>und</strong><br />

wenn ja – wie stark? Unter welchen Gesichtspunkten? K<strong>auf</strong>e ich fünf Aktien<br />

oder 50? Sollte man verschie<strong>den</strong>e Anlageklassen (Aktien, Anleihen, Indizes,<br />

Rohstoffe, Währungen) nutzen? Sollte man <strong>auf</strong> verschie<strong>den</strong>en Kontinenten, in<br />

verschie<strong>den</strong>en Wirtschaftsräumen investieren?<br />

Der Trader hingegen fragt sich, wie groß das gesamte Risiko in seinem<br />

Trading-Konto sein darf. Es geht ihm also nicht nur um die einzelne Position,<br />

sondern um die Summe aller Positionen.<br />

WER BRAUCHT DAS?<br />

Ein weit verbreiteter Irrtum ist es zu glauben, dass Menschen, die an der<br />

Börse zu Wohlstand gekommen sind, sich um Risikomanagement keine<br />

Sorgen mehr machen müssen. Das Gegenteil ist der Fall. Gerade wenn es um<br />

die Verwaltung großer Vermögen geht, verdienen Risiko- <strong>und</strong> Money-<br />

Management besondere Aufmerksamkeit. Der Wiederbeschaffungswert<br />

großer Vermögen übersteigt <strong>den</strong> reinen Geldwert, oder salopp gesprochen:<br />

Wer ein Trading-Konto von 1.000 Euro verbrennt, kann sich leicht wieder<br />

1.000 Euro zusammensparen <strong>und</strong> da weitermachen, wo er <strong>auf</strong>gehört hat. Wer<br />

50 Milliar<strong>den</strong> Dollar verwaltet sollte das nicht tun. Drei Beispiele, wie Risiken<br />

von Profis gemanagt wer<strong>den</strong>.<br />

Jim Rogers<br />

Der „Rohstoff-Guru“ wurde 1942 in Demopolis, Alabama geboren. Er<br />

studierte in Yale <strong>und</strong> Oxford Philosophie <strong>und</strong> Geschichte, landete per Zufall<br />

an der Wall Street, wo er von 1970 an mit George Soros ein Team bildete <strong>und</strong><br />

<strong>den</strong> legendären Quantum-Fonds managte. 1980 zog er sich zurück, verwaltet<br />

seither nur noch sein eigenes Geld. Jim Rogers lebt heute in Singapur.<br />

Obwohl Rogers ein gern gela<strong>den</strong>er Referent ist <strong>und</strong> immer wieder für<br />

Schlagzeilen sorgt, gilt er als Einzelgänger. Die Unabhängigkeit des Denkens<br />

<strong>und</strong> Urteilens ist für ihn ein Schlüsselelement seiner Anlage-Entscheidungen.<br />

So achtet er <strong>auf</strong> Märkte, die andere aus dem Blick verlieren.<br />

„Ich gehe kein Risiko ein. Ich gehe einfach kein Risiko ein.“ Rogers investiert<br />

nur dann, wenn seine Anlagevehikel so billig sind, dass er selbst dann kein<br />

Geld verliert, wenn er sich geirrt hat. „Ich schaue zuerst runter bevor ich hoch<br />

schaue“, lautet sein Motto. Unterläuft ihm eine Fehleinschätzung, liquidiert er<br />

seine Position sofort.<br />

Warren Buffett<br />

Am 30. August 1930 wurde der heute als „Orakel von Omaha“ bekannte<br />

Milliardär in einfachen Verhältnissen geboren. Er arbeitete im Maklerbüro<br />

seines Vaters, studierte in Pennsylvania, Nebraska <strong>und</strong> schließlich an der<br />

Columbia University in New York, wo er vom bedeutendsten Theoretiker der<br />

F<strong>und</strong>amentalanalyse, Benjamin Graham, schwer beeindruckt war. Buffett<br />

wollte für Graham kostenlos arbeiten, doch dieser lehnte das Angebot<br />

mehrmals ab, bis er ihn schließlich einstellte. 1956 gründete Buffett seine<br />

Firma „Buffett Partnership Ltd.“, die durchschnittlich 23% Wertzuwachs pro


S e i t e | 30<br />

Jahr erwirtschaftete. Inzwischen nutzt er die legendäre Firma Berkshire<br />

Hathaway für seine Investitionen. Seine durchschnittliche Jahresperformance:<br />

29%.<br />

Warren Buffetts Investmentansatz ist einfach <strong>und</strong> basiert <strong>auf</strong> stringentem<br />

Risikomanagement: Er unterscheidet zwischen dem Wert <strong>und</strong> dem Preis einer<br />

Anlage <strong>und</strong> tätigt nur solche Investments, die weit unter ihrem Wert zu haben<br />

sind. Ges<strong>und</strong>e Unternehmen k<strong>auf</strong>t er am liebsten unter Buchwert. Berühmt<br />

ist seine Metapher, er würde am liebsten einen Dollar für 50 Cents k<strong>auf</strong>en.<br />

Warum? Weil er dann kaum noch ein Risiko eingeht, Geld zu verlieren.<br />

Buffett k<strong>auf</strong>t keine Aktien, sondern Unternehmen. Er investiert nur in<br />

profitable Unternehmen, deren Geschäft er versteht. Risiko ist für ihn ein<br />

Wertverlust einer Anlage, nicht ein vorübergehender Kursverlust. Mit seinem<br />

risikoaversen Investmentansatz hat er zwar während seiner<br />

Investmentkarriere nur wenige Dutzend Investitionen getätigt, dafür aber<br />

extrem erfolgreiche. Der Kurs der Aktie von Berkshire Hathaway stieg von 19<br />

US-Dollar im Jahre 1965 <strong>auf</strong> 130.000 Dollar im September 2012.<br />

Birger Schäfermeier<br />

Der studierte Betriebswirt aus Düsseldorf gehört zur Elite der deutschen<br />

Daytrader. Geboren 1969. Heute ist er Vermögensverwalter, Trader, gefragter<br />

Referent <strong>und</strong> Coach. Seine erste Million verdiente er mit Optionsscheinen mit<br />

22 Jahren, drei Monate später hatte er sie wieder verloren. Mittlerweile hat er<br />

die Bedeutung von Risiko- <strong>und</strong> Money-Management verinnerlicht. In der<br />

Regel riskiert er pro Position weniger als ein Prozent seines Handelskontos,<br />

häufig nur 0,15%. Eiskalt wer<strong>den</strong> Verlust-Trades geschlossen. Obwohl er<br />

einen technisch simplen, allerdings psychologisch sehr anspruchsvollen<br />

Trendfolge-Ansatz verfolgt, handelt er seit Jahren nachhaltig hochprofitabel.<br />

„Dabei ist es unmöglich zu wissen, ob die nächste Transaktion ein Gewinner<br />

oder ein Verlierer ist... Sinnvoll ist die Kontrolle beim <strong>Tra<strong>den</strong></strong> aber nur in zwei<br />

Dingen: Selbstkontrolle <strong>und</strong> Risikokontrolle sind die einzigen Punkte, <strong>auf</strong> die<br />

wir uns konzentrieren sollen <strong>und</strong> müssen. Diese bei<strong>den</strong> Dinge können wir<br />

wirklich kontrollieren.“ 3<br />

TEIL 5: RISIKO- UND MONEY-MANAGEMENT<br />

FÜR INVESTOREN<br />

Wer längerfristig investiert, ist häufig der Meinung, er brauche kein<br />

Risikomanagement. „Ich bin langfristig investiert, da möchte ich mich nicht<br />

um meine Position kümmern müssen.“, lautet eine häufig geäußerte Meinung.<br />

Gerade wer schon länger an der Börse unterwegs ist, weiß: Die Finanzmärkte<br />

sind keine Einbahnstraßen. Kurse steigen nicht nur. Allerdings ist diese<br />

Erfahrung vielen Anlegern fremd, weil sie in der Regel nur während<br />

haussierender (steigener) Märkte zu Anlegern wer<strong>den</strong>. Die Anleger der<br />

Technologieblase von 1999 reagierten daher überrascht, als ab dem Jahre<br />

3 Schäfermeier, Birger: Die Kunst des erfolgreichen <strong>Tra<strong>den</strong></strong>s, München 2006,<br />

S. 33


S e i t e | 31<br />

2000 die Kurse fielen – <strong>und</strong> schließlich der NEMAX50 abgeschafft wurde.<br />

Wer während der Hausse von 2003 bis 2007 zur Börse fand, rieb sich 2008<br />

ungläubig die Augen: Aktien wie die Deutsche Bank, Allianz, Deutsche<br />

Telekom, verloren 80 bis 90 Prozent ihres Wertes, der Deutsche Aktienindex<br />

verlor mehr als die Hälfte seiner über 8.150 Punkte.<br />

Angesichts solcher Entwicklungen wird klar: Kein Investor kommt ohne<br />

Risiko- <strong>und</strong> Money-Management aus.<br />

ERSTE FRAGE: MIT WIE VIEL GELD<br />

SPEKULIEREN?<br />

„Spekulieren Sie nur mit Geld, dessen Verlust Sie sich leisten können.“ So<br />

oder so ähnlich beginnen die meisten Risikohinweise der Finanzinstitute. Die<br />

Eine-Million-Dollar-Frage lautet: Wie viel kann ich mir leisten? Setzt man an<br />

der Börse zu wenig Kapital ein, verschlingen Transaktionsgebühren einen<br />

überproportionalen Anteil. Nimmt man zu viel Kapital, so kann ein negatives<br />

Börsenjahr verheerende Auswirkungen <strong>auf</strong> das Vermögen insgesamt haben.<br />

Eine Faustregel besagt, dass ein Anteil von 20% des frei verfügbaren<br />

Nettovermögens an der Börse für Spekulationszwecke eingesetzt wer<strong>den</strong> darf.<br />

Dieser Anteil garantiert, dass in schlechten Börsenjahren die Verluste aus<br />

spekulativen Geldanlagen nicht überproportional das Gesamtvermögen<br />

verringern. Andererseits führen Jahre überdurchschnittlicher Performance zu<br />

einer spürbaren Verbesserung der Vermögenslage.<br />

Abweichungen kann es geben, wenn jemand noch sehr jung ist – hier darf der<br />

Anteil des Börsenkapitals auch höher ausfallen, da mehr Zeit zur Verfügung<br />

steht, eventuelle Verluste wieder wettzumachen. 4<br />

Börsenkapital als Teil des Gesamtvermögens<br />

Bruttovermögen<br />

Anlage<br />

Einzelsumme Gesamtsumme<br />

Liquidität Girokonto 2.000 €<br />

Barbestand 1.000 €<br />

Tagesgeld 9.000 € 12.000 €<br />

Spareinlagen Termingeld 5.000 €<br />

Sparbücher 2.000 €<br />

Sparpläne 4.000 €<br />

B<strong>und</strong>esschatzbriefe <strong>10</strong>.000 €<br />

Staatsanleihen <strong>10</strong>.000 €<br />

Sonstiges 3.000 € 34.000 €<br />

Lebens-, Rentenversicherungen<br />

Rückk<strong>auf</strong>swert 8.000 € 8.000 €<br />

Immobilien Verkehrswert 300.000 € 300.000 €<br />

Summe<br />

Bruttovermögen 354.000 €<br />

4 Eine ausführliche Musterberechnung mit allen möglichen Variablen ist zu<br />

fin<strong>den</strong> in Jünemann, Bernhard, Imbacher, Heinz: Money Management – Die<br />

Formel für Ihren Börsenerfolg, München 2007, S. 122 – 134.


S e i t e | 32<br />

Verbindlichkeiten<br />

Verbindlichkeiten Immobiliendarlehen 280.000 €<br />

Sonstige Kredite 5.000 €<br />

Summe<br />

Verbindlichkeiten 285.000 €<br />

Nettovermögen Bruttovermögen - Verbindlichkeiten 69.000 €<br />

Notreserve<br />

5 Monats-<br />

Nettoeinkommen <strong>10</strong>000 €<br />

freies<br />

Nettovermögen 59.000 €<br />

Börsenkapital 20% davon 11.800 €<br />

ÜBUNG<br />

Füllen Sie die Tabelle mit Ihren eigenen Angaben. Berechnen Sie das Ihnen<br />

zur Verfügung stehende Kapital für Ihre Aktivitäten an <strong>den</strong> Finanzmärkten.<br />

RISIKO STREUEN – PRO UND KONTRA<br />

Während die meisten Bankberater ungehemmt zur Diversifikation (Streuung)<br />

von Risiken innerhalb eines Börsenportfolios raten, gibt es durchaus<br />

Argumente gegen dieses scheinbare Axiom. Doch zunächst einmal zum<br />

Gr<strong>und</strong>gedanken der Streuung von Risiken.<br />

Angenommen, ein Anleger würde für die oben genannten 11.800 Euro<br />

verfügbares Börsenkapital eine einzige Aktie k<strong>auf</strong>en, beispielsweise die eines<br />

Unternehmens für Sonnenschirme. Der Sommer wird heiß <strong>und</strong> die Aktien<br />

legen um <strong>10</strong> Prozent zu – dann wächst auch das Depot um <strong>10</strong> Prozent. Wird<br />

der Sommer aber regnerisch, so wird das Depot möglicherweise um <strong>10</strong><br />

Prozent schrumpfen.<br />

Teilt er das Börsenkapital anstelle dessen <strong>auf</strong> zwei Unternehmen <strong>auf</strong> <strong>und</strong><br />

k<strong>auf</strong>t zu gleichen Teilen Aktien des Sonnenschirm-Produzenten <strong>und</strong> eines<br />

Produzenten für Regenmäntel, so wer<strong>den</strong> die Kursgewinne bzw. -verluste der<br />

bei<strong>den</strong> Aktien sich möglicherweise gegeneinander <strong>auf</strong>heben. Scheint die<br />

Sonne, verk<strong>auf</strong>en sich Sonnenschirme gut <strong>und</strong> Regenmäntel schlecht. Regnet<br />

es <strong>den</strong> ganzen Sommer über, explodieren die Umsatzzahlen für die<br />

Regenmantel-Fabrik, während der Sonnenschirmproduzent <strong>auf</strong> seiner Ware<br />

sitzen bleibt.<br />

Damit liegen auch schon das Problem der Diversifikation von Risiken <strong>und</strong> der<br />

größte Vorteil <strong>auf</strong> der Hand. Zwar hat der Anleger im zweiten Fall weniger<br />

Risiko (weil sich die Aktien gegenläufig entwickeln). Jedoch heben sich auch<br />

die Gewinne größtenteils wieder <strong>auf</strong>. Das Depot wird in der Regel weniger<br />

riskant sein, jedoch auch weniger Performance zeigen.<br />

Es bleibt darüber hinaus ein systemisches Risiko: Wenn der gesamte<br />

Aktienmarkt unter Druck kommt, wer<strong>den</strong> wahrscheinlich beide Aktien an<br />

Wert verlieren.<br />

Hier muss jeder Anleger selbst abwägen, wie weit er <strong>auf</strong> Performance wert legt<br />

<strong>und</strong> wie weit <strong>auf</strong> Sicherheit. Star-Investor Warren Buffett ist ein strikter


S e i t e | 33<br />

Gegner der Streuung: „Breite Diversifikation ist nur dann nötig, wenn<br />

Investoren ihr Handwerk nicht verstehen.“ 5 Buffett selbst hielt immer nur<br />

eine übersichtliche Anzahl von Papieren, seine großen Erfolge erzielte er mit<br />

einer Handvoll Aktien.<br />

Auch andere Experten sprechen sich gegen übermäßige Diversifikation aus.<br />

Die Einzelposition werde bis zur Bedeutungslosigkeit verkleinert, Gewinne<br />

<strong>und</strong> Verluste gleichen sich wahrscheinlich aus <strong>und</strong> bei „zu vielen Bällen<br />

gleichzeitig in der Luft“ steige die Gefahr, dass ein Jongleur sich<br />

verspekuliert. 6<br />

Empirischen Untersuchungen zufolge lassen sich Risiken durch<br />

Diversifikation abmindern. Bei bis zu 20 verschie<strong>den</strong>en Positionen in einem<br />

Depot nehmen die Risiken noch deutlich ab. Darüber hinaus ist der Effekt der<br />

Risikominimierung kaum noch spürbar. Mit anderen Worten: Wer zwei statt<br />

einer Aktie im Depot hat, reduziert sein Risiko um bis zu 50 Prozent. Wer <strong>10</strong>1<br />

statt <strong>10</strong>0 Aktien in sein Depot legt, wird kaum noch eine messbare<br />

Risikominderung erreichen.<br />

RICHTIG DIVERSIFIZIEREN<br />

Diversifikation geht zurück <strong>auf</strong> die Portfoliotheorie von Harry M. Markowitz.<br />

Der amerikanische Mathematiker wurde für seinen 1952 veröffentlichten<br />

Aufsatz über die Portfolio-Theorie 38 Jahre später gemeinsam mit zwei<br />

Kollegen mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet. In<br />

seiner Arbeit untersucht er die Wertentwicklung von Portfolios unter dem<br />

Gesichtspunkt von Schwankungsbreite bzw. Standardabweichung (Varianz)<br />

<strong>und</strong> Performance. 7<br />

Auch wenn die Arbeit bahnbrechend ist <strong>und</strong> heute immer noch als Gr<strong>und</strong>lage<br />

verschie<strong>den</strong>er Portfolio-Modelle dient – sie ist praktisch für <strong>den</strong> privaten<br />

Anleger kaum umsetzbar. Pikanterweise hat Markowitz sein eigenes Depot<br />

zur Altersvorsorge nach einer einfachen Faustregel strukturiert. Er hat seine<br />

Anlagen nach der 1/N-Regel diversifiziert: Verteile dein Geld gleichmäßig <strong>auf</strong><br />

jedes von N Anlageinstrumenten. Diese Heuristik funktioniert nicht nur unter<br />

praktischen Gesichtspunkten einfacher. Sie liefert auch eine bessere<br />

Performance, als die meisten nach verschie<strong>den</strong>sten Gesichtspunkten<br />

optimierten Portfolios. Der Gr<strong>und</strong> ist die beschränkte Informationsauswahl:<br />

Hat man 50 verschie<strong>den</strong>e Aktien zur Auswahl <strong>und</strong> versucht das Portfolio nach<br />

Markowitz optimal zu strukturieren, so benötigt man umfassende Daten der<br />

letzten 500 Jahre, um die simple 1/N-Regel zu schlagen. 8<br />

Einige Gr<strong>und</strong>regeln für richtige Risikostreuung gelten aber als unumstritten:<br />

1. Es sollten gleiche Geldbeträge in verschie<strong>den</strong>e Papiere investiert<br />

wer<strong>den</strong>. Beispielsweise kann eine Geldsumme von <strong>10</strong>.000 Euro, die<br />

5 Buffett, Mary, Clark, David: Das Tao des Warren Buffett, Kulmbach 2008, S.<br />

<strong>10</strong>4<br />

6 Gunther, Max: Die Zürich-Axiome, München 2005, S. 30f<br />

7 Siehe hierzu: Markowitz, Harry M.: Portfolio Selection. Die Gr<strong>und</strong>lagen der<br />

optimalen Portfolio-Auswahl, München 2008<br />

8 Gigerenzer, Gerd: Bauchentscheidungen: Die Intelligenz des Unbewussten<br />

<strong>und</strong> die Macht der Intuition, München 2008, S. 35f


S e i t e | 34<br />

für Anlagen zur Verfügung steht, in fünf gleiche Tranchen zu 2.000<br />

Euro <strong>auf</strong>geteilt wer<strong>den</strong>.<br />

2. Die Einzelpositionen sollten groß genug sein, damit die <strong>auf</strong>treten<strong>den</strong><br />

Gebühren keinen überproportionalen Anteil der Erlöse <strong>auf</strong>fressen.<br />

Für ein Aktienportfolio etwa machen Positionsgrößen unter 2.000<br />

Euro unter diesem Gesichtspunkt kaum Sinn.<br />

3. Achten Sie <strong>auf</strong> Anlagen in verschie<strong>den</strong>en, wenig miteinander<br />

korrelieren<strong>den</strong> Branchen. Wer mehrere Aktien k<strong>auf</strong>t, sollte also nicht<br />

nur Technologie- oder Finanzwerte auswählen. Branchen, die kaum<br />

oder nur gering miteinander zusammenhängen, minimieren das<br />

Risiko. Vor der Fußballweltmeisterschaft 2006 stiegen die<br />

Aktienkurse nahezu aller Sportausrüster, Banktitel blieben relativ<br />

unberührt von dem Ereignis. Im Jahre 2008 hingegen litten alle<br />

Bankaktien unter der amerikanischen Subprime-Krise, während das<br />

die Aktien von Adidas, Nike <strong>und</strong> Puma lange Zeit kaum berührte.<br />

4. Einer der häufigsten Fehler ist der „Home Bias“ – die Neigung, nur in<br />

einheimische Papiere zu investieren. Deutsche Aktien machen vier<br />

Prozent aller weltweit gehandelten Aktien aus – aber deutsche<br />

Aktienanleger sind zu 90 Prozent in deutschen Werten investiert. Aus<br />

dem Glauben heraus „Ich kenne die Allianz besser als ein chinesisches<br />

Ölunternehmen“ wer<strong>den</strong> ausländische, insbesondere wenig beachtete<br />

Anlageregionen vernachlässigt. Damit schafft man sich ein<br />

systemisches Risiko: Wenn der Aktienmarkt in Deutschland oder<br />

Amerika Probleme bekommt, könnte das gesamte Depot in<br />

Mitlei<strong>den</strong>schaft gezogen wer<strong>den</strong>. Wer sich z.B. mit chinesischen<br />

Werten nicht auskennt, kann ja einen günstigen ETF 9 oder einen<br />

<strong>Index</strong>-CFD wählen. Darin sind dann mehrere Dutzend Aktien<br />

enthalten <strong>und</strong> die mühsame Auswahl von exotischen Einzeltiteln<br />

entfällt.<br />

5. Darüber hinaus sollte auch nach Anlageklassen diversifiziert wer<strong>den</strong>.<br />

Nicht ausschließlich Aktien oder nur Rohstoffe, sondern auch<br />

Anleihen, Währungen, <strong>Index</strong>-Papiere sollten hinzugezogen wer<strong>den</strong>. <strong>10</strong><br />

DAS KONZEPT DES VERFÜGBAREN RISIKOS<br />

Eine einfach umzusetzende Idee ist das Konzept des verfügbaren Risikos. Der<br />

Gr<strong>und</strong>gedanke ist, für sein Börsenkapital insgesamt eine Obergrenze zu<br />

definieren, die das verfügbare Risiko darstellt. Angenommen, unser Investor<br />

hat die oben genannten 11.800 Euro Börsenkapital zur Verfügung. Er ist<br />

bereit, davon <strong>10</strong> Prozent zu riskieren, dann wären das 1.180 Euro. Dies ist sein<br />

verfügbares Risiko oder maximales Gesamtrisiko. Es besagt noch nichts über<br />

die Größe seiner Investitionen. Es besagt nur, dass alle Investitionen<br />

zusammen im schlimmsten anzunehmen<strong>den</strong> Verlustfall ihn 1.180 Euro oder<br />

<strong>10</strong> % seines Börsenkapitals kosten wür<strong>den</strong>. Auf sein gesamtes freies<br />

9 Exchange Traded F<strong>und</strong> – börsengehandelter Fonds, meist ohne<br />

Ausgabe<strong>auf</strong>schlag <strong>und</strong> mit nur geringer Verwaltungsgebühr<br />

<strong>10</strong> Weber, Martin: Genial einfach investieren, Frankfurt 2007, S. 124ff


S e i t e | 35<br />

Nettovermögen gerechnet (in unserem beispielhaften Falle 59.000 Euro)<br />

wären das nur zwei Prozent.<br />

PORTFOLIO-AUFBAU MIT DEM KONZEPT DES<br />

VERFÜGBAREN RISIKOS<br />

Unser beispielhafter Investor plant, seine 11.800 Euro in fünf Tranchen<br />

<strong>auf</strong>zuteilen <strong>und</strong> macht sich <strong>auf</strong> die Suche nach einem ersten Titel. Bei fünf<br />

Tranchen <strong>und</strong> einem maximalen Gesamtrisiko von 1.180 Euro darf jede<br />

einzelne Position im Verlustfall 2% des Börsenkapitals „vernichten“, also 236<br />

Euro.<br />

Er findet eine Aktie A. Diese kostet 50 Euro, erscheint ihm günstig, <strong>und</strong> er<br />

beschließt, die Aktie zu k<strong>auf</strong>en. Seinen Stop setzt er bei 45 Euro, wobei er<br />

charttechnische Überlegungen zu Rate zieht. Dar<strong>auf</strong> wird später genauer<br />

eingegangen. Er riskiert also pro Aktie 5,00 Euro. An Transaktionskosten<br />

plant er 20 Euro für das Eröffnen <strong>und</strong> Schließen der Position ein. 236 Euro<br />

Risiko hat er insgesamt für diese Position zur Verfügung.<br />

Er rechnet: 236 Euro Risiko minus 20 Euro Transaktionskosten = 216 Euro<br />

Risiko für die Gesamtposition nach Kosten.<br />

Dieses Positionsrisiko wird geteilt durch das Risiko pro Aktie: 216 Euro : 5<br />

Euro je Aktie = 43,2 Aktien. Dezimalzahlen wer<strong>den</strong> abger<strong>und</strong>et – also kann<br />

er, unter Berücksichtigung der Transaktionskosten, maximal 43 Stücke der<br />

ausgewählten Aktie A k<strong>auf</strong>en.<br />

Der Gesamtwert seiner Position wäre dann 43 Aktien x 50 Euro K<strong>auf</strong>preis je<br />

Aktie: 2.150,00 Euro.<br />

Berechnung der Positionsgröße<br />

Börsenkapital 11.800,00 €<br />

Maximales Gesamtrisiko <strong>10</strong>% 1.180,00 €<br />

Gesamtrisiko pro Position 2% 236,00 €<br />

Gesamtrisiko minus Kosten 20,00 € 216,00 €<br />

Aktienkurs 50,00 €<br />

Stopkurs 45,00 €<br />

Risiko pro Aktie 5,00 €<br />

Stückzahl 43,20<br />

<strong>auf</strong> volle Stücke abger<strong>und</strong>et 43,00<br />

Positionsgröße 2.150,00 €<br />

Verfügbares freies Risiko für weitere Positionen 944,00 €


S e i t e | 36<br />

Ein Problem tritt hierbei <strong>auf</strong>: Wäre der Stop weiter zu setzen, beispielsweise<br />

<strong>10</strong> Euro unter dem Einstiegspreis, dann würde durch diese Berechnung die<br />

Positionsgröße <strong>auf</strong> 21 Aktien <strong>und</strong> der Gesamtwert der Position <strong>auf</strong> 1.050,00<br />

Euro fallen. Bei so kleinen Positionsgrößen würde der Gebührenfaktor<br />

überproportional zu Buche schlagen. Ein möglicher Ausweg wäre, dann das<br />

Gesamtrisiko pro Position <strong>auf</strong> 4% zu erhöhen, damit der minimale<br />

Positionswert von etwa 2.000 Euro pro Position nicht unterschritten wird.<br />

Wird mit einem weiten Stop eine Position eröffnet, die eine längere<br />

Haltedauer hat, kann möglicherweise der Gebührenfaktor vernachlässigt<br />

wer<strong>den</strong>, da die Position die Chance hat, sich weiter zu bewegen, je länger die<br />

Haltedauer ist.<br />

ÜBUNG<br />

Aufgabe: Sie verfügen über ein Börsenkapital von 20.000 Euro <strong>und</strong><br />

beabsichtigen, eine Aktie B mit einem Preis von 65 Euro zu k<strong>auf</strong>en. Einen<br />

Stop setzen Sie bei 58 Euro. Berechnen Sie die mögliche maximale Stückzahl<br />

anhand des Konzepts des verfügbaren Risikos. Ihr Gesamtrisiko darf <strong>10</strong><br />

Prozent betragen, das Risiko pro Einzelposition 2 Prozent. Die<br />

Transaktionskosten betragen geschätzt 20,00 Euro.<br />

Angenommen, auch unserem Investor mit 11.800 Euro Börsenkapital würde<br />

Aktie B <strong>auf</strong>fallen, seine Rechnung würde so aussehen: Er setzt die 944,00<br />

Euro verfügbares freies Risiko in die Tabelle als neues maximales<br />

Gesamtrisiko ein <strong>und</strong> ersetzt die entsprechen<strong>den</strong> Zahlen.<br />

Berechnung der Positionsgröße<br />

Börsenkapital 11.800,00 €<br />

Maximales Gesamtrisiko 8% 944,00<br />

Gesamtrisiko pro Position 2% 236,00 €<br />

Gesamtrisiko minus Kosten 20,00 € 216,00 €<br />

Aktienkurs 65,00 €<br />

Stopkurs 58,00 €<br />

Risiko pro Aktie 7,00 €<br />

Stückzahl 30,86<br />

<strong>auf</strong> volle Stücke abger<strong>und</strong>et 30,00<br />

Positionsgröße 1.950,00 €<br />

Verfügbares freies Risiko für weitere Positionen 708,00 €


S e i t e | 37<br />

Weitere attraktive Investments entdeckt unser Investor augenblicklich nicht,<br />

also belässt er es bei Aktie A <strong>und</strong> B. Sein Gesamtportfolio bei<br />

Positionseröffnung sieht also so aus:<br />

Stückzahl<br />

K<strong>auf</strong>kurs Kapitaleinsatz<br />

aktueller<br />

Kurs<br />

Positionswert<br />

Stop<br />

Risiko pro<br />

Position<br />

Aktie A 43 50,00 € 2.150,00 € 50,00 € 2.150,00 € 45,00 € 215,00 €<br />

Aktie B 30 65,00 € 1.950,00 € 65,00 € 1.950,00 € 58,00 € 2<strong>10</strong>,00 €<br />

Freies<br />

Kapital 7.700,00 € 7.700,00 €<br />

Kapitaleinsatz: 11.800,00 € Depotwert: 11.800,00 € Gesamtrisiko: 425,00 €<br />

Insgesamt hat er von seinem Börsenkapital nur 4.<strong>10</strong>0 Euro investiert, 7.700<br />

Euro stehen noch zur Verfügung. Sollten alle Engagements schlecht l<strong>auf</strong>en,<br />

verliert er 425 Euro.<br />

Sein Portfolio entwickelt sich jedoch positiv, Aktie A legt um <strong>10</strong> Euro zu, Aktie<br />

B um 5 Euro. Er entschließt sich, seine Stops anzuheben, etwa <strong>10</strong> Prozent<br />

unter dem zwischenzeitlich erreichten Höchstkurs. Jetzt sieht seine Rechnung<br />

so aus:<br />

Stückzahl<br />

K<strong>auf</strong>kurs Kapitaleinsatz<br />

aktueller<br />

Kurs<br />

Positionswert<br />

Stop<br />

Risiko pro<br />

Position<br />

Aktie A 43 50,00 € 2.150,00 € 60,00 € 2.580,00 € 54,00 € - 172,00 €<br />

Aktie B 30 65,00 € 1.950,00 € 70,00 € 2.<strong>10</strong>0,00 € 62,00 € 90,00 €<br />

Freies<br />

Kapital 7.700,00 € 7.700,00 €<br />

Kapitaleinsatz: 11.800,00 € Depotwert: 12.380,00 € Gesamtrisiko: - 82,00 €<br />

Der derzeitige Depotwert beträgt 12.380 Euro, selbst wenn beide Positionen<br />

jetzt ausgestoppt wer<strong>den</strong>, bleibt ein Plus von 82 Euro gegenüber dem<br />

ursprünglichen Börsenkapital. Für die weiteren Rechnungen können wir nun<br />

als Börsenkapital <strong>den</strong> Depotwert abzüglich des offenen Risikos <strong>und</strong> zuzüglich<br />

der per Stop gesicherten Gewinne annehmen. Wir müssen aber be<strong>den</strong>ken,<br />

dass dafür nur 7.700 Euro Cash zur Verfügung stehen.<br />

Angenommen, unser Investor entdeckt jetzt einen attraktiven Wert, die Aktie<br />

C, die er gern zum Preis von 80 Euro k<strong>auf</strong>en möchte. Der Stop soll zehn<br />

Prozent unter dem Einstieg, also bei 72 Euro liegen. Wieder beginnt er mit<br />

seiner Rechnung zur Bestimmung der Positionsgröße. Sein Börsenkapital<br />

beträgt in diesem Augenblick nicht mehr 11.800 Euro, sondern unter<br />

Berücksichtigung der gegenwärtigen Investitionen <strong>und</strong> des gesicherten<br />

Gewinns schon 11.800 + 82 = 11.882 Euro. Sein maximales verfügbares<br />

Gesamtrisiko beträgt demzufolge 1.238 Euro. Da die ersten Positionen bereits<br />

einen sicheren Profit eingefahren haben, kann er theoretisch sein Risiko<br />

weiter voll ausnutzen. Er entschließt sich, weiterhin pro Position nicht mehr<br />

als zwei Prozent des Börsenkapitals zu riskieren. Es ergibt sich folgende<br />

Rechnung:


S e i t e | 38<br />

Berechnung der Positionsgröße, Schritt 3<br />

Börsenkapital 11.882,00 €<br />

Maximales Gesamtrisiko <strong>10</strong>% 1.188,20 €<br />

Gesamtrisiko pro Position 2% 237,64 €<br />

Gesamtrisiko minus Kosten 20,00 € 217,64 €<br />

Aktienkurs 80,00 €<br />

Stopkurs 72,00 €<br />

Risiko pro Aktie 8,00 €<br />

Stückzahl 27,21<br />

<strong>auf</strong> volle Stücke abger<strong>und</strong>et 27,00<br />

Positionsgröße 2.160,00 €<br />

Verfügbares freies Risiko für weitere<br />

Positionen<br />

950,56 €<br />

Nachdem die dritte Position eingegangen wurde, ergibt sich folgendes Bild<br />

des Depots: Position A produziert einen sicheren Profit von 172 Euro, Position<br />

B trägt noch ein Risiko von 90 Euro, Position C ein Risiko von 216 Euro.<br />

Insgesamt beträgt das Depotrisiko 134 Euro. Der Depotwert liegt bei 12.380<br />

Euro. Sollte sich daran nichts ändern, wären das <strong>auf</strong> ein Jahr gerechnet 4,9<br />

Prozent Rendite. Reduziert hat sich die Summe des frei verfügbaren Kapitals,<br />

von unseren 11.800 Euro sind bereits 6.260 Euro investiert, es steht somit nur<br />

noch eine Summe von 5.540 Euro zur Verfügung für weitere Investitionen.<br />

Für das Auftreten einer weiteren attraktiven Chance mag das noch reichen,<br />

aber hier wird bereits eine weitere Notwendigkeit deutlich: Es müssen frische<br />

Investitionsmittel generiert wer<strong>den</strong>, um in Zukunft handlungsfähig zu sein.<br />

Stückzahl<br />

K<strong>auf</strong>kurs Kapitaleinsatz<br />

aktueller<br />

Kurs<br />

Positionswert<br />

Stop<br />

Risiko pro<br />

Position<br />

Aktie A 43 50,00 € 2.150,00 € 60,00 € 2.580,00 € 54,00 € - 172,00 €<br />

Aktie B 30 65,00 € 1.950,00 € 70,00 € 2.<strong>10</strong>0,00 € 62,00 € 90,00 €<br />

Aktie C 27 80,00 € 2.160,00 € 80,00 € 2.160,00 € 72,00 € 216,00 €<br />

Freies<br />

Kapital 5.540,00 € 5.540,00 €<br />

Kapitaleinsatz: 11.800,00 € Depotwert: 12.380,00 € Gesamtrisiko: 134,00 €<br />

VERMÖGENSAUFBAU ALS PROZESS<br />

Der schrittweise Aufbau des Depots hat einen großen Vorteil: Zu keinem<br />

Zeitpunkt ist das Risiko für das Börsenkapital größer als zehn Prozent. Wer<br />

hingegen sein gesamtes Kapital mit einem Mal voll investiert, riskiert auch<br />

mehr. Es zahlt sich aus geduldig abzuwarten, bis die ersten Positionen einen<br />

sicheren Gewinn produzieren.


S e i t e | 39<br />

So günstig sich das Depot auch entwickelt – irgendwann ist das gesamte<br />

ursprünglich zur Verfügung stehende Kapital (hier waren es 11.800 Euro)<br />

investiert. Ergeben sich dann neue lohnende Chancen, gibt es verschie<strong>den</strong>e<br />

Möglichkeiten, diese zu nutzen.<br />

‣ Entweder man stellt frisches Börsenkapital zur Verfügung. Wer<br />

monatlich 150,00 Euro <strong>auf</strong> ein Tagesgeldkonto überweist, hat damit<br />

pro Jahr 1.800 Euro (ohne Zinsen) zusätzliches Investitionskapital<br />

zur Verfügung. Wenn sich eine Investitionschance <strong>auf</strong>tut, wird das<br />

Tagesgeld <strong>auf</strong> das Investmentkonto überwiesen <strong>und</strong> das<br />

entsprechende Wertpapier gek<strong>auf</strong>t. Dazu sollten dann wieder<br />

mindestens 2.000 Euro pro Position zur Verfügung stehen.<br />

‣ Ein zweiter Weg ist die Arbeit mit einem <strong>auf</strong> Margin handelbaren<br />

Produkt, etwa mit einem CFD-Konto oder einem Aktien-Broker, der<br />

ebenfalls häufig die Möglichkeit kreditfinanzierter Positionen bietet.<br />

Üblich sind hier Hebel, die etwa dem Vierfachen des Eigenkapitals<br />

entsprechen. Wer<strong>den</strong> hier regelmäßig Teilgewinne realisiert, wächst<br />

das Eigenkapital überproportional. Allerdings entstehen <strong>auf</strong><br />

geliehenes Geld auch Zinskosten für <strong>den</strong> in Anspruch genommenen<br />

Kredit.<br />

Der Handel <strong>auf</strong> Margin ermöglicht es, mit einem begrenzten<br />

Eigenkapitaleinsatz überdurchschnittliche Gewinne zu erzielen. Wird kein<br />

konsequentes Risikomanagement angewandt, so sind allerdings auch<br />

überdurchschnittliche Verluste möglich, bis hin zum Totalverlust des<br />

eingesetzten Kapitals – <strong>und</strong> zwar über die Margin hinaus. Margin-Handel ist<br />

nur für erfahrene Anleger <strong>und</strong> Trader geeignet.<br />

RISIKOMANAGEMENT VON GEWINNPOSITIONEN<br />

Der schrittweise Aufbau größerer Depotpositionen hat einen entschei<strong>den</strong><strong>den</strong><br />

Vorteil. Er verhindert, dass große Teile des Börsenkapitals durch schnelle,<br />

unüberlegte Entscheidungen verloren gehen. Zu keinem Zeitpunkt wer<strong>den</strong><br />

mehr als zehn Prozent des Börsenkapitals einem Risiko ausgesetzt. Da wir das<br />

Börsenkapital <strong>auf</strong> 20 Prozent des Gesamtvermögens begrenzt haben, kann der<br />

maximal mögliche Verlust also nur zwei Prozent des Gesamtvermögens<br />

ausmachen. Das schafft für einen Investor eine entspannte<br />

Entscheidungsgr<strong>und</strong>lage.<br />

Das größte Risiko einer Position entsteht im Moment der Positionseröffnung.<br />

Hier ist völlig unklar, ob der Markt die Erwartungshaltung des Investors<br />

(beispielsweise <strong>auf</strong> steigende Kurse) bestätigt oder nicht. Deshalb ist es<br />

wichtig, an diesem Punkt ein möglichst kleines Risiko einzugehen. Sobald die<br />

Entscheidung durch die Marktbewegung bestätigt wird, kann man – ohne<br />

weiteres Risiko <strong>auf</strong> sich zu nehmen – die Position vergrößern. Leider wird das<br />

von vielen Investoren vernachlässigt, viel zu oft wer<strong>den</strong> aus psychologischen<br />

Grün<strong>den</strong> Gewinnpositionen zu früh geschlossen.


S e i t e | 40<br />

Risikomanagement heißt also nicht nur, die Verluste zu begrenzen,<br />

sondern auch <strong>auf</strong>gel<strong>auf</strong>ene Buchgewinne zu schützen <strong>und</strong> sinnvoll zu<br />

vermehren.<br />

PYRAMIDISIEREN: DER SCHRITTWEISE AUFBAU VON<br />

POSITIONEN<br />

Der defensive Einstieg unseres Investors scheint sich auszuzahlen. Sein<br />

Investment in Aktie A entwickelt sich hervorragend <strong>und</strong> er überlegt, ob er<br />

nicht einige Stück nachk<strong>auf</strong>en sollte. Andererseits steht er vor der Frage: Wie<br />

viel darf er noch k<strong>auf</strong>en <strong>und</strong> wie viel von seinem gesamten Börsenkapital darf<br />

er in ein einzelnes Papier investieren?<br />

Zwei sinnvolle Modelle stehen zur Auswahl: Bei jedem Nachk<strong>auf</strong> wird der<br />

Einsatz halbiert oder es wird immer mit gleichem Einsatz nachgek<strong>auf</strong>t, wobei<br />

bei jeder neuen Stufe der Pyramide weniger Stücke gek<strong>auf</strong>t wer<strong>den</strong>, weil der<br />

Preis pro Stück steigt.<br />

Rekapitulieren wir noch einmal die Situation unseres Portfolios nach dem<br />

Erwerb von Aktie A <strong>und</strong> B <strong>und</strong> <strong>den</strong> ersten Kurssteigerungen.<br />

Unser Investor entschließt sich, schrittweise seine Position in Aktie A<br />

auszubauen. Immerhin hat die Position schon einen sicheren Gewinn von 172<br />

Euro generiert. Seine Taktik: Immer wenn die Aktie um <strong>10</strong> Euro gestiegen ist,<br />

wird nachgek<strong>auf</strong>t. Wie viel? Entsprechend der Risiko-Management-Regel<br />

immer nur so viele Stücke, dass höchstens 2% Risiko entstehen. Er rechnet<br />

also hier:<br />

Von <strong>den</strong> 11.882 Euro gesichertem Depotwert möchte er höchstens zwei<br />

Prozent riskieren. Den Stop für die gesamte Position der Aktie A würde er <strong>auf</strong><br />

dem derzeitigen Niveau bei 54 Euro setzen, also einen Verlust von sechs Euro<br />

je Aktie akzeptieren. Demzufolge könnte er noch eine Tranche von 36 Stück<br />

erwerben.


S e i t e | 41<br />

Berechnung der Positionsgröße, Schritt 3<br />

Börsenkapital 11.882,00 €<br />

Maximales Gesamtrisiko <strong>10</strong>% 1.188,20 €<br />

Gesamtrisiko pro Position 2% 237,64 €<br />

Gesamtrisiko minus Kosten 20,00 € 217,64 €<br />

Aktienkurs 60,00 €<br />

Stopkurs 54,00 €<br />

Risiko pro Aktie 6,00 €<br />

Stückzahl 36,27<br />

<strong>auf</strong> volle Stücke abger<strong>und</strong>et 36,00<br />

Positionsgröße 2.160,00 €<br />

Verfügbares freies Risiko für weitere<br />

Positionen<br />

950,56 €<br />

Stufe 2 der Pyramide mit Aktie A<br />

Mit diesem K<strong>auf</strong> hat sich die Position des Investors in der Aktie A nahezu<br />

verdoppelt, er hält jetzt 79 Aktien des Papiers, die er je-doch betrachtet, als<br />

wären es zwei verschie<strong>den</strong>e Positionen. Steigt die Aktie weiter, partizipiert er<br />

jetzt bei jedem Euro Kurssteigerung mit der gesamten Positionsgröße. Das<br />

Risiko für die doppelt so große Position ist jedoch minimal: Sollte bei 54 Euro<br />

der Stop ausgelöst wer<strong>den</strong>, würde die erste erworbene Tranche einen Gewinn<br />

von 4 Euro je Stück generieren, also 172,00 Euro, die zweite Tranche einen<br />

Verlust von 6 Euro je Stück, also 216,00 Euro. Insgesamt beträgt das Risiko<br />

mit Aktie A 44,00 Euro viel weniger als beim Erwerb der ersten Tranche.<br />

Plus: Inzwischen ist auch klar, dass sich Aktie A in einem Aufwärtstrend<br />

befindet, <strong>den</strong>n sie ist schon um 20 Prozent gestiegen, seit die erste Position<br />

erworben wurde.<br />

Stückzahl<br />

K<strong>auf</strong>kurs Kapitaleinsatz<br />

aktueller<br />

Kurs<br />

Positionswert<br />

Stop<br />

Risiko pro<br />

Position<br />

Aktie A 43 50,00 € 2.150,00 € 60,00 € 2.580,00 € 54,00 € - 172,00 €<br />

Aktie B 30 65,00 € 1.950,00 € 70,00 € 2.<strong>10</strong>0,00 € 62,00 € 90,00 €<br />

Aktie A/2 36 60,00 € 2.160,00 € 60,00 € 2.160,00 € 54,00 € 216,00 €<br />

Freies<br />

Kapital 5.540,00 € 5.540,00 €<br />

Kapitaleinsatz: 11.800,00 € Depotwert: 12.380,00 € Gesamtrisiko: 134,00 €<br />

Wie so häufig, wenn Aktien einen ges<strong>und</strong>en Trend entfalten, steigt auch hier<br />

Aktie A weiter. Unser Investor k<strong>auf</strong>t bei einem wieder um <strong>10</strong> Euro gestiegenen<br />

Kurs noch einmal nach der gleichen Systematik nach. Gleichzeitig setzt er <strong>den</strong><br />

Stop für alle drei Teilpositionen <strong>10</strong> Prozent unter <strong>den</strong> Höchstkurs. Die <strong>auf</strong> 70<br />

Euro gestiegene Aktie A hat sein Börsenkapital inzwischen <strong>auf</strong> 13.177 Euro<br />

anwachsen lassen, davon sind 12.377 Euro per Stop gesichert. 2 Prozent davon<br />

möchte er mit der neuen Aktienposition riskieren. Da der Stop bei 63 Euro


S e i t e | 42<br />

stehen soll, riskiert er 7 Euro pro Aktie. Es ergibt sich eine maximal mögliche<br />

Stückzahl von 32, was einer Positionsgröße von 2.240 Euro entspräche.<br />

Berechnung der Positionsgröße, Schritt 4<br />

Börsenkapital 12.377,00 €<br />

Maximales Gesamtrisiko <strong>10</strong>% 1.237,70 €<br />

Gesamtrisiko pro Position 2% 247,54 €<br />

Gesamtrisiko minus Kosten 20,00 € 227,54 €<br />

Aktienkurs 70,00 €<br />

Stopkurs 63,00 €<br />

Risiko pro Aktie 7,00 €<br />

Stückzahl 32,51<br />

<strong>auf</strong> volle Stücke abger<strong>und</strong>et 32,00<br />

Positionsgröße 2.240,00 €<br />

Verfügbares freies Risiko für weitere<br />

Positionen<br />

990,16 €<br />

Stufe 3 der Pyramide mit Aktie A<br />

Nach diesem K<strong>auf</strong> sieht das Depot so aus:<br />

Stückzahl<br />

K<strong>auf</strong>kurs Kapitaleinsatz<br />

aktueller<br />

Kurs<br />

Positionswert<br />

Stop<br />

Risiko pro<br />

Position<br />

Aktie A 43 50,00 € 2.150,00 € 70,00 € 3.0<strong>10</strong>,00 € 63,00 € - 559,00 €<br />

Aktie B 30 65,00 € 1.950,00 € 70,00 € 2.<strong>10</strong>0,00 € 62,00 € 90,00 €<br />

Aktie A/2 36 60,00 € 2.160,00 € 70,00 € 2.520,00 € 63,00 € - <strong>10</strong>8,00 €<br />

Aktie A/3 32 70,00 € 2.240,00 € 70,00 € 2.240,00 € 63,00 € 224,00 €<br />

Freies<br />

Kapital 3.300,00 € 3.300,00 €<br />

Kapitaleinsatz: 11.800,00 € Depotwert: 13.170,00 € Gesamtrisiko: - 353,00 €<br />

Nach diesem K<strong>auf</strong> hält der Investor bereits 111 Stücke von Aktie A. Mit jedem<br />

Euro, um <strong>den</strong> die Aktie steigt, gewinnt er jetzt 111,00 Euro für sein<br />

Börsenkapital. Gleichzeitig hat er mit der Aktie schon sichere Gewinne aus der<br />

ersten <strong>und</strong> zweiten Tranche – nämlich 559,00 Euro <strong>und</strong> <strong>10</strong>8,00 Euro, also<br />

667,00 Euro. Das Risiko des dritten Teilk<strong>auf</strong>es beträgt 224,00 Euro. Sollte<br />

Aktie A ausgestoppt wer<strong>den</strong>, verbleibt ihm ein risikoloser Gewinn von 667,00<br />

Euro minus 224,00 Euro, mithin 443,00 Euro. Sollten alle Positionen<br />

ausgestoppt wer<strong>den</strong> (also auch Aktie B, die wir hier der Einfachheit halber als<br />

„unbeweglich“ vernachlässigen), kann er immer noch 353,00 Euro Gewinn<br />

realisieren. Zu allem Überfluss verfügt unser Investor immer noch über ein<br />

freies Kapital von 3.300 Euro. Sollte die Aktie A also weiter steigen, so die<br />

Überlegung unseres Muster-Investors, würde er noch einmal nachk<strong>auf</strong>en.<br />

Die Rechnung geht <strong>auf</strong>, der Trend erweist sich stärker als erwartet. Bei 80<br />

Euro k<strong>auf</strong>t unser Investor noch einmal nach. Da er <strong>den</strong> Stop <strong>auf</strong> 72 Euro setzt,


S e i t e | 43<br />

kommen zu seinem Ursprungskapital von 11.800 Euro jetzt noch 1.352 Euro<br />

gesicherter Gewinn. Das ergibt ein Börsenkapital von 13.152 Euro, immerhin<br />

bereits eine Rendite von 11,45%. Nach der bekannten Berechnung sollen 2%<br />

des sicheren Kapitals riskiert wer<strong>den</strong>, es ergibt sich eine Stückzahl von 30<br />

weiteren Aktien.<br />

Berechnung der Positionsgröße, Schritt 5<br />

Börsenkapital 13.152,00 €<br />

Maximales Gesamtrisiko <strong>10</strong>% 1.315,20 €<br />

Gesamtrisiko pro Position 2% 263,04 €<br />

Gesamtrisiko minus Kosten 20,00 € 243,04 €<br />

Aktienkurs 80,00 €<br />

Stopkurs 72,00 €<br />

Risiko pro Aktie 8,00 €<br />

Stückzahl 30,38<br />

<strong>auf</strong> volle Stücke abger<strong>und</strong>et 30,00<br />

Positionsgröße 2.400,00 €<br />

Verfügbares freies Risiko für weitere<br />

Positionen<br />

1.052,16 €<br />

Stufe 3 der Pyramide mit Aktie A<br />

Unser Investor k<strong>auf</strong>t für 2.400 Euro weitere Aktien <strong>und</strong> hat damit die vierte<br />

Stufe seiner Pyramide erreicht.<br />

Stückzahl<br />

K<strong>auf</strong>kurs Kapitaleinsatz<br />

aktueller<br />

Kurs<br />

Positionswert<br />

Stop<br />

Risiko pro<br />

Position<br />

Aktie A 43 50,00 € 2.150,00 € 80,00 € 3.440,00 € 72,00 € - 946,00 €<br />

Aktie B 30 65,00 € 1.950,00 € 70,00 € 2.<strong>10</strong>0,00 € 62,00 € 90,00 €<br />

Aktie A/2 36 60,00 € 2.160,00 € 80,00 € 2.880,00 € 72,00 € - 432,00 €<br />

Aktie A/3 32 70,00 € 2.240,00 € 80,00 € 2.560,00 € 72,00 € - 64,00 €<br />

Aktie A/4 30 80,00 € 2.400,00 € 80,00 € 2.400,00 € 72,00 € 240,00 €<br />

Freies<br />

Kapital 900,00 € 900,00 €<br />

Kapitaleinsatz: 11.800,00 € Depotwert: 14.280,00 € Gesamtrisiko: - 1.112,00 €<br />

Die Bar-Reserven des Investors sind nun ausgereizt, es verbleiben ihm<br />

900,00 Euro an liqui<strong>den</strong> Mitteln. Um seine Pyramide weiterzubauen, könnte<br />

er jetzt die stagnierende Aktie B verk<strong>auf</strong>en <strong>und</strong> eine weitere Stufe <strong>auf</strong>setzen.<br />

GRENZEN DES PYRAMIDISERENS<br />

Eine natürliche Grenze des Pyramidisierens ist die zur Verfügung stehende<br />

Kapitalmenge. Wie das oben demonstrierte Beispiel zeigt, ist unser Investor<br />

nach der vierten Pyrami<strong>den</strong>stufe voll investiert. Für weitere Stufen hätte er<br />

drei Möglichkeiten:


S e i t e | 44<br />

1. Er verk<strong>auf</strong>t die Aktie B, um Kapital frei zu machen.<br />

2. Er stellt zusätzliches Börsenkapital zur Verfügung, etwa von einem<br />

Tagesgeldkonto, <strong>auf</strong> das er regelmäßig Beträge überweist.<br />

3. Er arbeitet wiederum mit Margin <strong>und</strong> hebelt somit die Positionsgröße<br />

über Fremkapital.<br />

Die Risiken hierbei:<br />

1. Verk<strong>auf</strong>t er Aktie B, so hätte er sein gesamtes Börsenkapital in einen<br />

einzigen Wert investiert. Zumindest theoretisch schafft er damit ein<br />

so genanntes „Klumpenrisiko“ <strong>und</strong> verabschiedet sich vollständig von<br />

der Diversifizierung.<br />

2. Zusätzliches Börsenkapital würde bedeuten, dass er von seinem<br />

verfügbaren Gesamtvermögen mehr als 20 Prozent an der Börse zur<br />

Spekulation verwendet. Auch hier entsteht Risiko, das jedoch rein<br />

theoretischer Natur ist. Immerhin befindet sich ja das gesamte Depot<br />

bereits im Gewinn <strong>und</strong> für das Gesamtvermögen des Anlegers stellt<br />

der zusätzliche Kapitaleinsatz kein echtes Risiko dar, sondern nur das<br />

Risiko, <strong>auf</strong>gel<strong>auf</strong>ene Gewinne teilweise wieder einzubüßen.<br />

3. Der Handel <strong>auf</strong> Margin würde bedeuten, dass für <strong>den</strong><br />

unwahrscheinlichen, aber theoretisch <strong>den</strong>kbaren Fall eines<br />

plötzlichen Totalverlusts mehr Geld verloren gehen könnte, als<br />

ursprünglich vorhan<strong>den</strong> war (Nachschusspflicht).<br />

Finanzierungskosten kämen <strong>auf</strong> <strong>den</strong> Investor zu, die langfristig ein<br />

Kostenfaktor sind.<br />

Eine zweite Grenze des Pyramidisierens ist das Chance-Risiko-Verhältnis.<br />

Jede neu eröffnete Teilposition wird näher am Ende eines Trends eröffnet, so<br />

dass das faktisch erzielte CRV am Ende des Trades für die ersten<br />

Teilpositionen überdurchschnittlich, für die letzte aber negativ sein wird.<br />

Natürlich weiß vorher niemand, wie weit ein Trend l<strong>auf</strong>en wird. Das Ende<br />

kann unmittelbar bevorstehen, der Trend kann aber auch noch Monate oder<br />

Jahre weiterl<strong>auf</strong>en. Da die aktuell letzte Stufe der Pyramide immer Risiko<br />

generiert (auch wenn das durch die <strong>auf</strong>gel<strong>auf</strong>enen Gewinne mehr als<br />

kompensiert wird), sollte man eine separate Chance-Risiko-Abwägung<br />

treffen: Gibt es charttechnische Signale, die gegen eine Vergrößerung der<br />

Position sprechen, etwa Divergenzen, falsche Ausbrüche, Umkehrkerzen?<br />

Gibt es f<strong>und</strong>amentale Signale, die dagegen sprechen, etwa absurde<br />

Überbewertungen wie zu Zeiten des Neuen Marktes? Schützen kann sich der<br />

umsichtige Investor dadurch, dass er neue Teilpositionen nur dann eröffnet,<br />

wenn sich die Chance bietet, alle vorher eröffneten Positionen mit einem<br />

profitablen Gewinnsicherungsstop im Plus abzusichern.<br />

Drittens gibt es ein Liquiditätsrisiko. Das Risiko besteht darin, dass beim<br />

Schließen der Position (beispielsweise dem Verk<strong>auf</strong> von großen<br />

Aktienpositionen) die Preise massiv ins Rutschen geraten können. Man stelle<br />

sich <strong>den</strong> Fall vor, dass ein Investor über Jahre hinweg immer wieder in Aktien<br />

eines Unternehmens investiert hat. Als er <strong>10</strong>0.000 Aktien besitzt, bekommt er<br />

ein Verk<strong>auf</strong>ssignal. Verdutzt stellt er fest, dass der gesamte Tagesumsatz in<br />

dem Titel nur bei 500.000 Aktien liegt. Wenn er jetzt seine Aktien in einem


S e i t e | 45<br />

Paket <strong>auf</strong> <strong>den</strong> Markt wirft, würde er selbst die Preise drücken, sich also <strong>den</strong><br />

hohen Verk<strong>auf</strong>spreis verderben. Er muss also sein großes Aktienpaket<br />

„marktschonend“ unterbringen, ein Problem, mit dem institutionelle Anleger<br />

permanent konfrontiert sind.<br />

Gern wird auch der gestiegene durchschnittliche Einstiegspreis als<br />

Nachteil des Pyramidisierens angeführt. Was hat es damit <strong>auf</strong> sich?<br />

In unserem Beispiel hält der Investor nach Stufe vier 141 Stücke, gek<strong>auf</strong>t mit<br />

einem Kapitaleinsatz von 2.150 + 2.160 + 2.240 + 2.400 = 8,950 Euro.<br />

Es ergibt sich ein Durchschnittspreis von 63,48 Euro. Würde die Aktie zu<br />

diesem Preis (ohne Gebühren) verk<strong>auf</strong>t, wäre das Ergebnis Null. Unser Stop<br />

liegt aber bei 72 Euro, so dass dieses Argument rein hypothetischer Natur<br />

bleibt. Wer <strong>den</strong> Stop über dem durchschnittlichen Einstiegspreis platziert,<br />

sichert sich mit dem Pyrami<strong>den</strong>bau überdurchschnittliche Gewinne.<br />

Wäre es sinnvoll gewesen, die gesamten 141 Stücke <strong>auf</strong> einmal bei<br />

50 Euro zu erwerben?<br />

Setzt man wieder einen Stop bei 45 Euro, so würde das Gesamtrisiko der<br />

Position beim Einstieg 705 Euro betragen oder mehr als 5,95% des<br />

Börsenkapitals. Dieses hohe Einzelpositionsrisiko ist aber für einen<br />

risikobewussten Anleger völlig inakzeptabel. Es besteht immer die Gefahr des<br />

Ruins, wenn man Einzelpositionsrisiken derart <strong>auf</strong>bläht. Gewonnen hätte<br />

unser Investor 4.230 Euro, das ergibt ein Chance-Risiko-Verhältnis (Rewardto-Risk-Ratio)<br />

von 6. Der Pyrami<strong>den</strong>bauer hat ein maximales Risiko 215 Euro<br />

bei seinem ersten K<strong>auf</strong>, alle weiteren Stufen haben ein geringeres Risiko. Sein<br />

Gewinn beträgt, wenn er bei 80 Euro glattstellt, 2.330 Euro. Auf <strong>den</strong> ersten<br />

Blick erscheint das natürlich weniger, das Chance-Risiko-Verhältnis bei der<br />

Pyramide liegt aber mit <strong>10</strong>,8 wesentlich höher. Unser Muster-Investor hat nur<br />

ein Elftel dessen riskiert, was er am Ende gewonnen hat. Selbst wenn beide<br />

bei 72 Euro ausgestoppt wer<strong>den</strong>, geht die Rechnung zugunsten des<br />

Pyrami<strong>den</strong>bauers aus. Er verdient 1.202 Euro bei einem CRV von 5,5. Der<br />

Sofort-Käufer verdient 3.<strong>10</strong>2 Euro, das CRV beträgt jedoch nur 4,4.<br />

Langfristig wird der Anhänger des Pyramidisierens immer besser fahren,<br />

einfach, weil er im Verlustfalle besser dasteht. Er hat dann mehr Geld, um die<br />

Verluste wieder <strong>auf</strong>zuholen. Nach fünf Verlusten stünde unser Pyrami<strong>den</strong>-<br />

Investor noch mit <strong>10</strong>.666,27 Euro oder 90,39 Prozent des ursprünglichen<br />

Börsenkapitals da. Sein 2%iger Verlust verringert sich mit dem sinken<strong>den</strong><br />

Kontostand. Mit einer Performance von <strong>10</strong>,63% hat er seinen Ausgangs-<br />

Kontostand wieder hergestellt.<br />

Unser Sofort-Käufer pfeift <strong>auf</strong> die Prozente, hätte nach fünf Verlusten also<br />

fünf Mal 705 Euro oder 3,525 Euro verloren. Sein Trading-Kapital wäre <strong>auf</strong><br />

8.275 Euro gefallen – oder um 29,87%. Er muss dann eine Performance von<br />

42,6% erwirtschaften, um <strong>den</strong> Ausgangszustand wieder herzustellen.<br />

Angesichts der geringen Trefferquoten von Trendfolgestrategien (<strong>und</strong> nur in<br />

Trends sollte man Pyrami<strong>den</strong> bauen) ist eine Verlustserie von fünf Trades<br />

durchaus <strong>den</strong>kbar.<br />

DAS GLATTSTELLEN VON GEWINNPOSITIONEN<br />

Das Glattstellen von Verlustpositionen sollte keinerlei Probleme bereiten.<br />

Automatisch wird spätestens am Stop-Loss die Position zum nächsten


S e i t e | 46<br />

handelbaren Preis geschlossen. Das ist unkritisch, da pro Position nur kleine<br />

Summen riskiert wer<strong>den</strong> – maximal zwei Prozent des Börsenkapitals, bei<br />

größeren Konten eher geringere Prozentsätze.<br />

Problematisch ist das Glattstellen von Gewinnpositionen. Der häufigste Fehler<br />

ist das zu frühe Mitnehmen von Gewinnen. „An Gewinnmitnahmen ist noch<br />

niemand gestorben“, lautet ein gern kolportiertes Börsenbonmot. Nun, an zu<br />

frühen Gewinnmitnahmen schon. Wer nämlich regelmäßig mehr riskiert als<br />

er im Gewinnfalle verdient, wird sein Konto langfristig dezimieren. Eine<br />

gewinnbringende Investition sollte man immer so lange halten, dass sie<br />

mindestens das Doppelte, besser sogar das Dreifache des anfänglichen Risikos<br />

verdient hat.<br />

Als Investor oder längerfristiger Anleger (ab einem Jahr Haltedauer) hat die<br />

Arbeit mit Gewinnzielen <strong>und</strong> die klassische Kalkulation des CRV wenig Sinn.<br />

Lediglich die Größe des Risikos lässt sich vorab bestimmen. Konjunkturelle<br />

Schwankungen, Börsenstimmungen <strong>und</strong> die sich daraus ergeben<strong>den</strong><br />

Kursentwicklungen lassen sich nicht voraussagen, jede langfristige<br />

Kursprognose ist daher nutzlos. Es macht also Sinn, sich <strong>auf</strong> die<br />

Erfolgsgrößen zu konzentrieren, die ein Investor tatsächlich kontrollieren<br />

kann. Und das ist der Ausstiegszeitpunkt im Verlustfall.<br />

Wer Gewinne <strong>und</strong> Verluste gleich groß wer<strong>den</strong> lässt, dezimiert sein Konto <strong>auf</strong><br />

Gr<strong>und</strong> der zu zahlen<strong>den</strong> Gebühren <strong>und</strong> <strong>auf</strong>tretender Slippage. Sollen Verluste<br />

nur halb so groß sein wie Gewinne, wird man wahrscheinlich öfter<br />

ausgestoppt, da eine kleine Kursbewegung eben wahrscheinlicher ist als eine<br />

große.<br />

Die genaue Berechnung von Verlust- <strong>und</strong> Gewinnwahrscheinlichkeiten hängt<br />

von der Relation der geplanten Gewinne <strong>und</strong> Verluste, der Trefferquote einer<br />

Handelsstrategie <strong>und</strong> der Standardabweichung des gehandelten Wertes ab.<br />

Als Faustregel kann man sagen: Je dichter ein Gewinnziel am Einstiegskurs<br />

liegt, desto öfter wird es erreicht. Allerdings besteht dann das Problem, dass<br />

der Stop zur Verlustbegrenzung noch enger am Einstiegspunkt liegen muss<br />

<strong>und</strong> man häufig ausgestoppt wird. Die Kunst besteht also darin, diese<br />

Wahrscheinlichkeiten für sich auszunutzen.<br />

Wer es schafft, seine Gewinne bis zum Dreifachen seines durchschnittlichen<br />

Verlustes anwachsen zu lassen, kann <strong>auf</strong> lange Sicht mit einem soli<strong>den</strong><br />

Kapitalzuwachs rechnen. Wird dann noch konsequente Risikobegrenzung <strong>und</strong><br />

korrekte Positionsgrößenbestimmung angewandt, steht dem Handelserfolg<br />

nur noch der Investor selbst im Wege. Das Verhältnis des durchschnittlichen<br />

Gewinns zum durchschnittlichen Verlust (die so genannte Payoff-Ratio) ist<br />

einer der wichtigsten Faktoren für <strong>den</strong> Erfolg einer Investmentstrategie. Ein<br />

hohes Payoff-Ratio hilft, die Kapitalkurve mit geringen Rücksetzern steigen zu<br />

lassen. Ein niedriges Payoff-Ratio führt im Falle einer Verlustserie zu<br />

Kapitalverlusten, die sehr schwer wieder <strong>auf</strong>zuholen sind.<br />

Gewinnpositionen sollten immer möglichst lange l<strong>auf</strong>en gelassen wer<strong>den</strong>.<br />

Auch in der heutigen Zeit gibt es noch Werte, die sich verdoppeln, verfünfoder<br />

gar verzehnfachen. Dazu braucht es Geduld – aber ohne diese ist an <strong>den</strong><br />

Finanzmärkten ohnehin kein Geld zu verdienen.<br />

Der Ausstieg sollte nicht gestaffelt, sondern <strong>auf</strong> einen Schlag erfolgen,<br />

vorausgesetzt, die Marktliquidität lässt das zu. Die oft propagierten


S e i t e | 47<br />

Teilverkäufe sind nur legitim, wenn die Liquidität im Markt nicht das<br />

sofortige Auflösen einer Position zulässt. Wer eine Gewinnposition teilweise<br />

glattstellt, muss sich die Frage gefallen lassen, warum er das tut. Glaubt er an<br />

weitere Gewinnsteigerungen? Dann würde es Sinn machen, diesen Gewinn<br />

mit der ganzen Positionsgröße mitzunehmen. Glaubt er nicht an weitere<br />

Gewinnsteigerungen? Dann sollte er die gesamte Position schleunigst<br />

verk<strong>auf</strong>en.<br />

Teilverkäufe von Gewinnpositionen sind eine Folge der mentalen<br />

Kontoführung, einer der Psycho-Fallen, in die Investoren häufig treten. Ein<br />

Beispiel: Eine Position hat 1.000 Euro Gewinn erwirtschaftet, wir stellen sie<br />

nicht glatt, sondern schauen zu, wie sie jetzt um 300 Euro fällt. Sofort<br />

eröffnen wir mental ein „Verlustkonto“, <strong>auf</strong> dem 300 Euro Verlust gebucht<br />

wer<strong>den</strong>. Im Kopf des Investors kreist der Vorwurf: „Hätte ich doch nur früher<br />

glattgestellt, so habe ich schon wieder 300 Euro verloren.“ Der Fokus wird <strong>auf</strong><br />

<strong>den</strong> „verlorenen Gewinn“ gerichtet, nicht <strong>auf</strong> die noch verbliebenen 700 Euro<br />

Gewinn. Ängstlich wer<strong>den</strong> die restlichen 700 Euro Gewinn realisiert. So<br />

richtig Freude kommt trotzdem nicht <strong>auf</strong>. Später schaut man dann zu, wie<br />

nach einem Rücksetzer die Kurse <strong>den</strong> Ursprungstrend wieder <strong>auf</strong>nehmen <strong>und</strong><br />

statt 1.000 Euro satte 1.500 oder noch mehr Euro zu Buche gestan<strong>den</strong> hätten.<br />

Und jetzt ohrfeigt sich der Investor ein zweites Mal, weil die Position<br />

geschlossen wurde <strong>und</strong> ein Wiedereinstieg nur zu einem höheren Kurs <strong>und</strong><br />

mit einem ungünstigen CRV oder einem zweitklassigen Signal möglich ist. Ein<br />

häufiges Verhaltensmuster <strong>und</strong> der Gr<strong>und</strong> für viele Frustrationen an der<br />

Börse. Dagegen hilft nur ein schriftlicher Plan.<br />

TEIL 6: RISIKO-MANAGEMENT FÜR TRADER<br />

Für Trader ist Risiko-Management noch überlebenswichtiger als für<br />

Investoren. Die kürzeren Anlagehorizonte machen ein präziseres Timing<br />

notwendig. Der Trader hat keine Zeit, sich während eines Trades Gedanken<br />

über seine Ausstiege zu machen, er muss das vor dem Trade klar definieren.<br />

Die Geschwindigkeit der Märkte wird sonst an seiner Konzentration nagen<br />

<strong>und</strong> permanent wer<strong>den</strong> eigene Entscheidungen in Frage gestellt. Schließlich<br />

muss er sicher stellen, dass er zu dem Zeitpunkt, wo er das <strong>Tra<strong>den</strong></strong> erlernt hat,<br />

noch über Kapital verfügt, um das Gelernte anzuwen<strong>den</strong>.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich treffen die Gr<strong>und</strong>regeln des Risiko- <strong>und</strong> Money-Managements<br />

für Investoren auch <strong>auf</strong> <strong>den</strong> Trader zu. Darüber hinaus gibt es aber<br />

Besonderheiten, <strong>auf</strong> die im Folgen<strong>den</strong> detailliert eingegangen wer<strong>den</strong> soll.<br />

DAS HANDELSKONTO ALS TEIL DES BÖRSENKAPITALS<br />

Auch für <strong>den</strong> Trader steht zunächst die Frage nach der Größe des zur<br />

Verfügung stehen<strong>den</strong> Trading-Kapitals. Viele Trader sind am Anfang ihrer<br />

Händlerkarriere unterkapitalisiert. Der Wunsch nach dem schnellen<br />

Reichtum mit begrenztem Risiko führt dazu, dass mit kleinen Handelskonten<br />

völlig überhebelte Positionen gehandelt wer<strong>den</strong>. Der hoch gehebelte Handel<br />

ohne entsprechende Fertigkeiten führt dazu, dass ein durchschnittlicher<br />

Futures- oder CFD-Trader nach sechs Monaten seine Trader-Karriere<br />

erfolglos beendet.


S e i t e | 48<br />

WOHER KOMMT DIE ANGST?<br />

Zunächst einmal aus einem falschen Bezugsrahmen. Der Verlust eines<br />

Handelskontos mit beispielsweise 5.000 Euro Anfangsguthaben wird<br />

gleichgesetzt mit einer Pleite. Ein einfaches Ändern des Bezugsrahmens führt<br />

zu völlig anderen Überlegungen. Der Totalverlust des Handelskapitals in<br />

unserem o.g. Beispiel würde bedeuten, dass unser Trader von seinem freien<br />

Nettovermögen von 59.000 Euro weniger als 8,5 Prozent verlieren würde. Das<br />

ist zweifellos sehr ärgerlich <strong>und</strong> völlig unnötig. Aber es ist angesichts des<br />

insgesamt zur Verfügung stehen<strong>den</strong> Vermögens kein unwiederbringlicher,<br />

existenzbedrohender Verlust.<br />

Die Folgen ängstlichen <strong>Tra<strong>den</strong></strong>s sind irrationale Entscheidungen, die unter<br />

starkem emotionalen Druck getroffen wer<strong>den</strong>. Umso wichtiger ist es, dem<br />

vorzubeugen. Der Schlüssel hier ist ein noch stringenteres Risiko- <strong>und</strong><br />

Money-Management.<br />

In unserem Fall empfiehlt es sich dringend, das Börsenkapital <strong>auf</strong>zuteilen.<br />

Auch hier kann als Faustregel wieder das Verhältnis 80 zu 20 genutzt wer<strong>den</strong>.<br />

Von <strong>den</strong> 11.900 Euro Börsenkapital könnten 2.000 Euro für das kurzfristige<br />

<strong>Tra<strong>den</strong></strong> genutzt wer<strong>den</strong>. Damit ist das Risiko klar begrenzt. Wovor sollte sich<br />

ein Trader jetzt noch fürchten? Wenn er dieses Geld verliert, macht ihn das,<br />

salopp gesprochen, weder wesentlich ärmer noch wesentlich reicher. Die<br />

Folge ist, dass man entspannt mit dem Konto umgeht.<br />

Gleichzeitig sind die 2.000 Euro aber eine Summe, für die unser angehender<br />

Trader in seinem Beruf wahrscheinlich einen ganzen Monat lang arbeiten<br />

muss. Insofern wird er sich darum bemühen, dieses Geld zu schützen <strong>und</strong> zu<br />

mehren. Es als „Spielgeld“ zu betrachten wäre falsch – er würde dann mit<br />

diesem Geld tatsächlich „spielen“.<br />

Schließlich sollte ein Trader in Prozentwerten <strong>den</strong>ken. Man kann das Trading<br />

mit einem 1.000-Euro-Konto erlernen. Man darf nur nicht der Illusion<br />

erliegen, davon leben zu können. Wer dieses Konto um ein Prozent pro Woche<br />

vergrößert, liefert ein phantastisches Ergebnis ab. In absoluten Zahlen hat er<br />

allerdings dann eine Woche für <strong>10</strong> Euro gearbeitet. Das ist ernüchternd <strong>und</strong><br />

führt zum oben beschriebenen Phänomen, mit kleinen Konten <strong>und</strong> großen<br />

Hebeln unverhältnismäßig hohe Risiken einzugehen.<br />

RISIKOSTREUUNG ODER FOKUSSIERUNG?<br />

Angehende Trader neigen zu einer weiteren Angst, der Angst, Chancen zu<br />

verpassen. Am liebsten wür<strong>den</strong> sie alle Märkte beobachten, Tausende von<br />

Aktien untersuchen <strong>und</strong> gleichzeitig Währungen, Indizes, Rohstoffe <strong>und</strong><br />

Anleihen im Auge behalten, um ja keine Chance auszulassen. Das kommt dem<br />

Versuch gleich, als angehender Musiker gleich alle Instrumente eines<br />

Sinfonieorchesters spielen zu wollen. Mediziner, Rechtsanwälte, Tischler – in<br />

jeder Berufsgruppe gibt es mittlerweile Spezialisierungen <strong>auf</strong> Teilgebiete, so<br />

auch im Trading.<br />

Es hat sich bewährt, sich <strong>auf</strong> ein Handelsinstrument zu konzentrieren, um das<br />

<strong>Tra<strong>den</strong></strong> zu erlernen. Vorzuziehen sind wenig volatile, liquide Instrumente,<br />

etwa Standardwerte aus dem Aktienbereich oder Anleihen. Indizes sind nur


S e i t e | 49<br />

zu empfehlen, wenn genügend Trading-Kapital zur Verfügung steht oder man<br />

in kleinster Stückelung handeln kann (etwa Bruchteile von CFDs).<br />

Sobald der angehende Trader in der Lage ist, ein Instrument profitabel zu<br />

tra<strong>den</strong>, kann er selbstverständlich seine Instrumentenpalette erweitern.<br />

Allerdings sollte er das erst tun, wenn er mehrere Monate lang profitabel<br />

arbeitet. Ansonsten könnte es sein, dass er einfach nur Glück gehabt hat,<br />

beispielsweise eine einfach zu handelnde Marktphase erwischt hat.<br />

BESONDERE RISIKEN DES DAYTRADING<br />

Wer intraday Positionen öffnet <strong>und</strong> schließt muss sich darüber klar sein, dass<br />

er noch eine weitere Hürde <strong>auf</strong> dem Weg zum Erfolg zu nehmen hat. Neben<br />

der erheblichen nervlichen <strong>und</strong> physischen Belastung ist auch die Kostenfalle<br />

omnipräsent. Diese Kosten – Gebühren, Spreads <strong>und</strong> Slippage – wer<strong>den</strong><br />

meist dramatisch unterschätzt.<br />

Dazu ein Beispiel: Angenommen, ein Trader hat tatsächlich 2.000 Euro<br />

Trading-Kapital. Er platziert am Tag nur einen Trade mit einem CFD <strong>auf</strong> <strong>den</strong><br />

deutschen Standardwerte-<strong>Index</strong>. Der Spread im German30 beträgt einen<br />

Punkt. Welche Kosten trägt er?<br />

1 Trade am Tag = 1 Euro Kosten pro Ro<strong>und</strong> Turn, repräsentiert durch <strong>den</strong><br />

Spread.<br />

5 Trades wöchentlich = 5 x 1 Euro = 5 Euro pro Woche.<br />

50 Handelswochen = 50 x 5 Euro = 250 Euro jährliche Kosten.<br />

Dies entspricht einem Kostenblock von 12,5 Prozent seines gesamten<br />

Handelskapitals – diese Kosten wollen erst einmal erwirtschaftet sein.<br />

Was Slippage angeht, so sind die hierdurch entstehen<strong>den</strong> Kosten zwei bis<br />

dreimal so hoch wie die eigentlichen Handelsgebühren. Zwar kann man sie<br />

durch geschickte Order<strong>auf</strong>gabe minimieren – etwa durch <strong>den</strong> konsequenten<br />

Gebrauch von Limit-Orders. Jedoch wird dieses Instrument der<br />

Kostenbegrenzung von Trading-Einsteigern nicht gern genutzt – eben aus der<br />

Angst heraus, eine Chance zu verpassen. Auch beim Schließen von Positionen<br />

durch Stop-Orders kommt es durch ungeschicktes Platzieren dieser Orders<br />

häufig zu Slippage-Kosten, welche die Handelsgebühren oft um ein Vielfaches<br />

übersteigen.<br />

Unser beginnender Day-Trader läuft also Gefahr, die ersten 50 bis 75 Prozent<br />

seiner Performance als Kosten für Spread <strong>und</strong> Slippage <strong>auf</strong> dem Tisch zu<br />

lassen.<br />

Ganz abgesehen von diesen harten monetären Hindernissen wer<strong>den</strong> die<br />

nervlichen Belastungen (schnelle, automatisierte<br />

Entscheidungsfindungsprozesse, Notwendigkeit von<br />

Entscheidungskorrekturen innerhalb von Sek<strong>und</strong>en, Ausschalten des Egos)<br />

<strong>und</strong> die physischen Stressoren (st<strong>und</strong>enlanges Sitzen vor dem Computer –<br />

„Monitor-Hypnose“, eine Vielzahl von Signalen pro Tag) vom Einsteiger völlig<br />

unterschätzt.<br />

Der dringende Appell an <strong>den</strong> Einsteiger kann daher nur lauten: Finger weg<br />

vom Day-Trading! Wer Porsche fahren möchte, sollte zunächst einmal einen


S e i t e | 50<br />

PS-schwachen Kleinstwagen traumwandlerisch sicher ans Ziel bringen<br />

können.<br />

DIE ZWEI-PROZENT-REGEL DES RISIKO-<br />

MANAGEMENTS<br />

Es kursieren verschie<strong>den</strong>e Zahlen für die Begrenzung des<br />

Einzelpositionsrisikos. Pierre Daeubner <strong>und</strong> Dr. Van K. Tharp begrenzen das<br />

Risiko <strong>auf</strong> ein Prozent des Trading-Guthabens. 11 Dr. Alexander Elder<br />

favorisiert die Zwei-Prozent-Regel. 12 Trader mit größeren Konten, wie etwa<br />

der bereits erwähnte Birger Schäfermeier, riskieren Bruchteile von Prozenten<br />

ihres Trading-Kontos. Die konkrete Ausgestaltung – ob ein oder zwei Prozent<br />

Risiko – obliegt jedem Trader selbst. Je kleiner das Konto, desto eher wird er<br />

an die Zwei-Prozent-Regel gelangen. Je größer das Konto, desto kleiner wird<br />

er sein Einzelpositionsrisiko prozentual wählen.<br />

Der Gr<strong>und</strong> für die strikte Begrenzung des Risikos der einzelnen Position ist<br />

der Schutz vor einem einzelnen mortalen Verlust.<br />

Angenommen, ein Trader begrenzt sein Risiko konsequent <strong>auf</strong> zwei Prozent<br />

seines Handelskapitals, dann hat er nach 25 Verlust-Trades in Folge<br />

immerhin noch 60,35% seines Geldes. Schon bei einem Einzelpositionsrisiko<br />

von drei Prozent schrumpft sein Kontoguthaben nach 25 Verlusten in Serie<br />

<strong>auf</strong> 46,7% <strong>und</strong> bei sechs Prozent hat er sein Konto <strong>auf</strong> 20% reduziert. Damit<br />

benötigt er jetzt eine Performance von 400 Prozent, um sein<br />

Ursprungsguthaben wieder zu erlangen.<br />

DAS CHANCE-RISIKO-VERHÄLTNIS<br />

Im Unterschied zum längerfristigen Investor sollte ein kurzfristiger Trader<br />

immer mit Kurszielen arbeiten. Der Sinn dieser Kursziele besteht darin, das<br />

Risiko bei Positionseröffnung ins Verhältnis zum erwarteten Ertrag zu setzen.<br />

Viele Einsteiger halten diesen Kontrollparameter für „Kaffeesatzleserei“.<br />

Gerade für Einsteiger ist es aber essentiell, sich über die zu erwarten<strong>den</strong><br />

Gewinne Gedanken zu machen: „Wenn ich einen Trade mache, was erwarte<br />

ich mir davon? Wenn man einen Job annimmt, weiß man über sein Gehalt<br />

<strong>und</strong> die Zusatzleistungen Bescheid; man weiß, wie viel Geld man erhält“,<br />

schreibt Kerry Lovvorn, ein Aktien- <strong>und</strong> Futures-Trader aus Alabama. 13<br />

Damit ein Trade als lohnenswert erscheint, muss der erwartete Gewinn<br />

mindestens doppelt so groß wie das eingegangene Risiko sein.<br />

Ein Beispiel: Unser Trader hat ein Konto von 2.000 Euro. Er möchte eine<br />

Aktie A zu 20 Euro k<strong>auf</strong>en. Seinen Stop setzt er bei 19,50 Euro, sein Risiko pro<br />

Aktie beträgt 0,50 Euro. Das Kursziel der Aktie sieht er bei 21 Euro. Er<br />

berechnet das Chance-Risiko-Verhältnis, indem er die Chance durch das<br />

Risiko dividiert:<br />

11 Daeubner, Pierre M. : Die besten Trading-Strategien, München 2007, S.<br />

86ff; Tharp, Van K.: Beruf: Trader, München 2006, S. 138 ff<br />

12 Elder, Dr. Alexander: Come Into My Trading Room, München 2005, S.<br />

253ff<br />

13 Elder, Dr. Alexander: Entries & Exits, München 2008, S. 232.


S e i t e | 51<br />

1,00 Euro Gewinnchance : 0,50 Euro Verlustrisiko = 2,0<br />

Das Chance-Risiko-Verhältnis ist damit an der Untergrenze des Erlaubten,<br />

der Trader darf diesen Trade eingehen.<br />

POSITIONSGRÖßENBESTIMMUNG<br />

Anhand der Zwei-Prozent-Regel bestimmt er jetzt die Größe der Position: Von<br />

seinen 2.000 Euro möchte er höchstens zwei Prozent, also 40 Euro riskieren.<br />

Die Positionsgröße ergibt sich, indem er dieses Positionsrisiko durch das<br />

Risiko pro Aktie dividiert.<br />

40,00 Euro Positionsrisiko : 0,50 Euro Risiko pro Aktie = 80<br />

Aktien<br />

Seine Position wäre dann 80 Stücke x 40,00 Euro je Stück = 3.200 Euro groß.<br />

MONEY-MANAGEMENT: DIE SECHS-PROZENT-REGEL<br />

Wie sollte ein Trader sein Konto managen? Risiko-Management schützt das<br />

Kapital des Traders vor einem einzigen mortalen Verlust – vor einem<br />

Haifisch-Biss. Money-Management schützt vor langen Serien von kleinen, fast<br />

unscheinbaren Verlusten., die Dr. Elder mit Piranha-Bissen vergleicht. Dieser<br />

winzige Fisch lebt in <strong>den</strong> Strömen Südamerikas in riesigen Schwärmen <strong>und</strong> ist<br />

in der Lage, in Minuten selbst größte Säugetiere bis <strong>auf</strong> die Knochen<br />

abzunagen.<br />

Hier empfiehlt es sich, die Sechs-Prozent-Regel anzuwen<strong>den</strong>. Diese besagt<br />

zweierlei: Erstens, ein Trader darf niemals mehr als sechs Prozent seines<br />

Trading-Kapitals einem Risiko aussetzen. Das würde bei Anwendung der<br />

Zwei-Prozent-Regel bedeuten, dass er nach Eröffnung von drei Positionen mit<br />

je zwei Prozent Risiko voll investiert ist. Dahinter verbirgt sich das bereits<br />

bekannte Konzept des verfügbaren Gesamtrisikos.<br />

Zweitens, nach Erlei<strong>den</strong> eines Verlustes von sechs Prozent innerhalb eines<br />

Monats sollte das Trading für <strong>den</strong> Rest des Monats eingestellt wer<strong>den</strong>.<br />

Möglicherweise haben sich die Märkte geändert <strong>und</strong> die bislang angewandte<br />

Strategie funktioniert nicht mehr optimal. Oder der Trader steht selbst <strong>auf</strong><br />

Gr<strong>und</strong> des Verlustes unter Stress <strong>und</strong> handelt nicht mehr rational. Beides<br />

kann durch eine Trading-Pause, während der die Märkte zwar beobachtet,<br />

aber nicht mehr mit Geld getradet wer<strong>den</strong>, aus einigem Abstand beobachtet<br />

wer<strong>den</strong>.<br />

TEIL 7: TECHNISCHE FRAGEN VON RISIKO-<br />

UND MONEY-MANAGEMENT<br />

STOP-TECHNIKEN - GRUNDSÄTZLICHES<br />

Es empfiehlt sich sowohl für <strong>den</strong> Trader, als auch für <strong>den</strong> Investor, sich in der<br />

Phase der Erarbeitung einer Trading-Strategie bereits Gedanken über<br />

Ausstiegs-Techniken zu machen. Während des Trades ist dafür in der Regel<br />

weder Zeit noch Muße.


S e i t e | 52<br />

Als Mittel zur Risikobegrenzung sind Stops nicht unumstritten. Faktisch wird<br />

man von einer Stop-Order immer an einem ungünstigen Punkt aus dem<br />

Markt geholt. Man schneidet einen Trade ab, der in der Perspektive noch ein<br />

Gewinner hätte wer<strong>den</strong> können. Während eine ausgeführte Stop-Order<br />

niemals zur Gewinnvermehrung beiträgt, vergrößert sie die realisierten<br />

Verluste.<br />

Bevor man aber nun die Stops an sich verteufelt, sollte man die Frage stellen:<br />

Gibt es eine Alternative? Positionen ohne Stop zu halten, kann sich ein<br />

Warren Buffett leisten. Salopp gesprochen, könnte er sich selbst bei einem<br />

90%igen Verlust immer noch alles leisten, was das Leben angenehm macht.<br />

Ob 50 oder 5 Milliar<strong>den</strong> – welchen Unterschied macht das im täglichen<br />

Leben? Die wenigsten aktiven Trader oder Investoren dürften vor dieser<br />

Alternative stehen.<br />

Sehr große Aktienpositionen wer<strong>den</strong> ohnehin niemals mit Stop-Orders<br />

abgesichert. Hier stellen beispielsweise Optionen eine viel wirksamere<br />

Versicherung gegen Verluste dar.<br />

Für die meisten Investoren <strong>und</strong> Trader wird die Stop-Order jedoch das einzig<br />

praktisch handhabbare Mittel der Verlustbegrenzung sein.<br />

Stops wer<strong>den</strong> nach verschie<strong>den</strong>en Gesichtspunkten unterschie<strong>den</strong>. Einerseits<br />

können Sie gegen Verluste schützen, andererseits Gewinne sichern. Sie<br />

können ebenso in harte <strong>und</strong> mentale Stops unterteilt wer<strong>den</strong>. Stops können<br />

prozentual oder charttechnisch gesetzt wer<strong>den</strong>.<br />

DER INITIALE STOP ZUR VERLUSTBEGRENZUNG<br />

Der Verlustbegrenzungs-Stop sollte immer vor Eingehen einer Position<br />

definiert wer<strong>den</strong>. Wo ist die „Linie im Sand“, an der eine Position glattgestellt<br />

wird. Dies hat nichts damit zu tun, ob sich ein Investor oder Trader „geirrt“<br />

hat oder „einen Fehler“ gemacht hat. Verluste gehören zum <strong>Tra<strong>den</strong></strong> wie das<br />

Amen zur Kirche. Wichtig ist, dass man sie rechtzeitig realisiert, bevor sie<br />

einen irreversiblen Scha<strong>den</strong> für das Börsenkapital anrichten.<br />

DER ATR-STOP<br />

Benutzt man für <strong>den</strong> ersten Stop die Average True Range, so macht man sich<br />

die Tatsache zunutze, dass Märkte sich meist in Bandbreiten bewegen. Die<br />

Average True Range zeigt <strong>auf</strong>, wie groß die durchschnittliche Handelsspanne<br />

während einer bestimmten Anzahl Handelsperio<strong>den</strong> in der Vergangenheit<br />

gewesen ist. Multipliziert man die ATR mit 3 <strong>und</strong> setzt seinen<br />

Verlustbegrenzungsstop in dieser Entfernung unter dem Einstieg (bzw.<br />

darüber bei Short-Positionen), so wird man mit mehr als 99%iger<br />

Wahrscheinlichkeit während der nächsten Handelsperiode nicht ausgestoppt.<br />

Um dies aber mit der Zwei-Prozent-Regel des Risiko-Managements in<br />

Einklang bringen zu können, muss die Kapitalausstattung schon<br />

entsprechend groß oder das gehandelte Zeitfenster entsprechend klein sein.<br />

DER STOP UNTER DER LETZTEN KORREKTUR


S e i t e | 53<br />

Gern genutzt wird ein Stop an der letzten Kurskorrektur, wobei häufig<br />

empfohlen wird, <strong>den</strong> Stop einige Ticks entfernt von der Korrektur zu setzen<br />

<strong>und</strong> möglichst nicht <strong>auf</strong> r<strong>und</strong>e Zahlen. Hierbei entstehen zwei Gefahren:<br />

Erstens kann man einer kurzfristigen Korrektur unter das letzte Tief (bzw.<br />

über das letzte Hoch) zum Opfer fallen <strong>und</strong> wird ausgestoppt, um dann<br />

hinterher zuzuschauen, wie sich der Trade oder das Investment in die<br />

antizipierte Richtung bewegt. Zweitens kann man in dieser Zone, in der sich<br />

viele Stops befin<strong>den</strong>, einer überproportionalen Slippage zum Opfer fallen.<br />

Auswege sind klare Strategien für Wiedereinstiege (falls man ungewollt<br />

ausgestoppt wurde). Gegen die Slippage hilft es, <strong>den</strong> Stop genau <strong>auf</strong> dem<br />

letzten Bewegungsextrem oder sogar ein, zwei Ticks darüber (darunter bei<br />

Short-Positionen) zu setzen. Hier befin<strong>den</strong> sich sehr selten Stops <strong>und</strong> die<br />

Ausführung zum oder nahe dem Stop-Kurs erfolgt erfahrungsgemäß sicherer.<br />

Hierzu gehört auch der Stop unter Widerstands- bzw. über<br />

Unterstützungslinien.<br />

DER STOP UNTER DER TRENDLINIE ODER EINEM<br />

GLEITENDEN DURCHSCHNITT<br />

Gern genutzt wird ein Stop, der wenige Punkte oder in einem bestimmten<br />

prozentualen Abstand von Trendlinien oder Gleiten<strong>den</strong> Durchschnitten<br />

platziert wird. Auch hier besteht das Problem, dass bei erratischen<br />

intraperiodischen Trendbrüchen eine Position geschlossen wird, während per<br />

Schlusskurs der Handelsperiode kein Anlass zur Beunruhigung bestünde. Also<br />

muss auch hier mit Wiedereinstiegs-Strategien gearbeitet wer<strong>den</strong>.<br />

Mittlerweile gibt es intelligente Handelsplattformen, die solche Stops nur<br />

ausführen, wenn die Verletzung der Trendlinie per Perio<strong>den</strong>schluss bestehen<br />

bleibt.<br />

DER PROZENTUALE STOP<br />

Es ist durchaus möglich, einen Stop um einen bestimmten Prozentsatz unter<br />

dem Einstiegskurs zu setzen. Wer Aktien handelt, kann beispielsweise 25 –<br />

35% (abhängig von der Volatilität des Wertpapiers) unter seinem Einstieg<br />

einen Stop setzen. Dieser würde dann zumindest das Kapital schützen. Es<br />

empfiehlt sich aber, regelmäßig die Chartsituation zu analysieren, um die<br />

Position möglichst vor Erreichen eines solchen weiten Stops zu schließen, falls<br />

das Chartbild sich ändert – etwa der Trend dreht.<br />

DER DARVAS-STOP<br />

Nicolas Darvas hat 1956 durch eine simple Stop-Technik viel Geld verdient. Er<br />

k<strong>auf</strong>te Aktien mit neuen 52-Wochen-Hochs. Nach einer Korrektur wartete er<br />

<strong>auf</strong> die Wieder<strong>auf</strong>nahme des Aufwärtstrends <strong>und</strong> platzierte Stops am Tief der<br />

Korrektur, sobald ein höheres Bewegungshoch erreicht war. Erst nach einer<br />

weiteren Korrektur <strong>und</strong> Wieder<strong>auf</strong>nahme der Aufwärtsbewegung wurde der<br />

Stop <strong>auf</strong> das Tief der Korrektur nachgezogen. Die Entfernung zwischen Hoch<br />

<strong>und</strong> Korrekturtief wurde nach ihm „Darvas-Box“ benannt. In einem sehr<br />

bullishen Umfeld machte er mit dieser Technik aus <strong>10</strong>.000 US-Dollar<br />

innerhalb von 18 Monaten mehr als zwei Millionen Dollar. Darvas benutzte


S e i t e | 54<br />

keinerlei Charts. Heute ist diese Box-Technik auch im Intraday-Handel<br />

populär.<br />

DAS NACHZIEHEN VON STOPS (STOP-TRAILING)<br />

Für langfristige Investmenterfolge ist es wichtig, die Stops nicht zu früh, aber<br />

auch nicht zu spät in Richtung der antizipierten Kursbewegung zu bewegen.<br />

Sie erfüllen damit <strong>den</strong> Zweck, <strong>auf</strong>gel<strong>auf</strong>ene Gewinne zu sichern. Häufige<br />

Fehler sind das zu frühe Nachführen eines Stops, das zu häufigem Ausstoppen<br />

mit kleinen Gewinnen führt. Andererseits wer<strong>den</strong> Stops auch oft zu spät<br />

ausgelöst, etwa erst nach einem Kurs-Sturz <strong>und</strong> unmittelbar vor einem neuen<br />

Einstiegssignal.<br />

Für das Nachziehen empfiehlt es sich, volatilitätsabhängige Parameter zu<br />

nutzen, etwa die Average True Range oder die Standardabweichung. Diese<br />

beschreiben das, was gemeinhin als die „Zone des Marktrauschens“ (Market<br />

Noise) bezeichnet wird. Stops sollten außerhalb dieser Rauschzone platziert<br />

wer<strong>den</strong>, weil dann die Wahrscheinlichkeit des zufälligen Ausstoppens<br />

exponentiell abnimmt.<br />

DER BREAK-EVEN-STOP<br />

Der initiale Verlustbegrenzungs-Stop kann erstmals nachgezogen wer<strong>den</strong>,<br />

sobald eine Position mindestens eineinhalb Mal das eingegangene Risiko<br />

verdient hat. So wird sichergestellt, dass die Position nicht „versehentlich“<br />

ausgestoppt wird. Man kann sich auch hier der Average True Range bedienen<br />

<strong>und</strong> nach 1,5 ATR Kursgewinn seinen Stop <strong>auf</strong> <strong>den</strong> Einstiegskurs plus<br />

eventueller Gebühren <strong>und</strong> Finanzierungskosten anheben.<br />

DER GEWINNSICHERUNGS-STOP<br />

Bewegen sich die Kurse in die antizipierte Richtung <strong>und</strong> schlagen plötzlich die<br />

Gegenrichtung ein, steht immer die Frage: Trendwechsel oder Korrektur?<br />

Hier empfiehlt es sich, <strong>den</strong> Stop anzupassen. Entweder es dient ein<br />

vorhergehendes Korrektur-Level als Stop-Kurs, das sich bereits im<br />

Gewinnbereich befindet. Dieses sollte bei einem intakten Trend nicht verletzt<br />

wer<strong>den</strong>. Oder man sichert bei Fehlen eines solchen seinen maximalen<br />

Buchgewinn ab, indem man <strong>den</strong> Stop <strong>auf</strong> 25 – 30% des maximalen,<br />

zwischenzeitlich <strong>auf</strong>gel<strong>auf</strong>enen Buchgewinns anhebt. Der Gewinnsicherungs-<br />

Stop kann jedes Mal nach Abschluss einer Korrektur in Richtung der<br />

übergeordneten Kursbewegung angepasst wer<strong>den</strong>.<br />

Ein Sonderfall des Gewinnsicherungs-Stops ist ein Stop, der in einem<br />

bestimmten Abstand unter jedem neuen Bewegungshoch (-tief) nachgeführt<br />

wird. Beispielsweise kann er <strong>auf</strong> 25% unter das kürzlich erreichte Hoch einer<br />

Aktie gesetzt wer<strong>den</strong>. Erreicht die Aktie dar<strong>auf</strong> ein neues Hoch, wird der Stop<br />

wieder 25% unter dem Hoch gesetzt usw. Damit wer<strong>den</strong> Gewinne allerdings<br />

sehr weit gesichert.<br />

DER GEWINNMITNAHME-STOP


S e i t e | 55<br />

Für <strong>den</strong> Gewinnmitnahme-Stop ist das Erreichen eines Gewinnzieles<br />

Voraussetzung. Sobald ein avisiertes Kursziel erreicht wurde, darf der Stop<br />

kurz unter dem Kursziel (für Charttechniker: Unter dem Tief/über dem Hoch<br />

der vorletzten Kerze) platziert wer<strong>den</strong>.<br />

Gewinnmitnahme-Stops bieten sich vor Erreichen des Kurszieles auch an,<br />

wenn Umkehrkerzen (Shooting-Star, Hammer usw.) erscheinen. Sie sind oft<br />

ein Signal für das Ende eines Bewegungsimpulses. Treten sie <strong>auf</strong>, empfiehlt es<br />

sich, <strong>auf</strong>gel<strong>auf</strong>ene Gewinne engmaschig mit Stops zu sichern.<br />

DIE ZEHN GEBOTE DES RISIKOMANAGEMENTS<br />

Im Rahmen eines Webinars ist es nicht möglich, alle Aspekte des Risiko- <strong>und</strong><br />

Money-Managements zu beleuchten. Wichtige Leitsätze sollten sich aber<br />

festgesetzt haben:<br />

1. Risiko- <strong>und</strong> Money-Management entschei<strong>den</strong> über <strong>den</strong> Erfolg <strong>und</strong><br />

Misserfolg von Investoren <strong>und</strong> Tradern, <strong>den</strong>n Börsenkurse sind nicht<br />

prognostizierbar.<br />

2. Prognosen sind folglich vertane Zeit.<br />

3. Risikobegrenzung ist die Voraussetzung für <strong>den</strong> Erfolg an <strong>den</strong><br />

Finanzmärkten, sie geht vor Gewinnmaximierung.<br />

4. Risiko- <strong>und</strong> Money-Management ist ein universelles<br />

Gr<strong>und</strong>erfordernis für Investoren <strong>und</strong> Trader jeder Kontogröße – egal<br />

ob mit Millionen jongliert oder der Spargroschen angelegt wird.<br />

5. Schon die einmalige Missachtung der Risiko-Management-Regeln<br />

kann fatale Folgen haben.<br />

6. Bei geduldiger Anwendung eines Risiko-Management-Regelwerkes<br />

lässt sich der Erfolg an <strong>den</strong> Finanzmärkten nicht vermei<strong>den</strong>.<br />

7. Der größte Feind <strong>und</strong> die schärfste Waffe jedes Investors oder Traders<br />

ist die eigene Psyche. Mit rigorosem Risiko- <strong>und</strong> Money-Management<br />

kann man dafür sorgen, psychologische Fallstricke zu umgehen.<br />

8. Nicht das Ergebnis der einzelnen Investition zählt – sondern die<br />

Summe. Einzelne Investitions- <strong>und</strong> Trading-Ergebnisse sind häufig<br />

größtenteils zufällig.<br />

9. Es geht nicht um das „Jackpot“-Investment. Vielmehr geht es um<br />

reproduzierbare Erfolge.<br />

<strong>10</strong>. Investitionen wer<strong>den</strong> gemacht, um zu gewinnen, nicht um sich in sie<br />

zu verlieben.


S e i t e | 56<br />

TEIL 8: TECHNISCHE ANALYSE: DIE<br />

GEOMETRIE DER MASSENPSYCHOLOGIE<br />

FUNDAMENTALE ODER TECHNISCHE ANALYSE?<br />

Es gibt unter <strong>den</strong> Investoren <strong>und</strong> Tradern zwei Analyse-Welten. Die einen<br />

sind F<strong>und</strong>amentalanalysten. Sie vertiefen sich in Bilanzen, Jahresberichte <strong>und</strong><br />

Quartalsreports. Aktienanalysten analysieren makroökonomische Trends,<br />

Umsatz- <strong>und</strong> Gewinnzahlen, Markttrends, Kosten<strong>auf</strong>stellungen. Im Bereich<br />

des Währungshandels spielen Bruttoinlandsprodukt, Bevölkerungswachstum,<br />

Investitionsklima, Wirtschaftswachstum, Verschuldung, Zinspolitik <strong>und</strong> vieles<br />

mehr eine Rolle. Im Rohstoffbereich wer<strong>den</strong> An- oder Abbaukapazitäten,<br />

Lagerstätten <strong>und</strong> -vorräte, Lieferkapazitäten, Verbrauchsprognosen, das<br />

Wetter, die Angebots- <strong>und</strong> Nachfragesituation im kurz-, mittel- <strong>und</strong><br />

langfristigen Bereich untersucht. Kurz: Die F<strong>und</strong>amentalanalyse ist, wo auch<br />

immer sie angewandt wird, eine hochkomplexe Wissenschaft.<br />

Technische Analysten machen sich das Leben leichter. Sie lesen Charts -<br />

grafische Darstellungen der Kursverläufe der Vergangenheit. Chartanalysten<br />

setzen dar<strong>auf</strong>, in <strong>den</strong> Charts nahezu alles zu erkennen, was für ein profitables<br />

<strong>Investieren</strong> notwendig erscheint.<br />

Wer hat die bessere Methode? Diese Frage lässt sich nicht beantworten, <strong>den</strong>n<br />

das hieße, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Es sind zwei unterschiedliche<br />

Metho<strong>den</strong>, die Märkte zu analysieren. Jeder muss selbst entschei<strong>den</strong>, welche<br />

Methode ihm besser gefällt.<br />

Ich persönlich nutze die Technische Analyse, f<strong>und</strong>amentale Daten ziehe ich<br />

nur in sehr begrenztem Umfang für meine Handels- <strong>und</strong><br />

Investitionsentscheidungen heran.<br />

In <strong>den</strong> folgen<strong>den</strong> Abschnitten habe ich die aus meiner Sicht wichtigsten<br />

Aspekte der Technischen Analyse zusammengefasst. Ich wollte <strong>den</strong> vielen<br />

Büchern über Charts, Indikatoren, Formationen usw. nicht noch ein weiteres<br />

hinzufügen, daher fokussiere ich mich stark <strong>auf</strong> die praktischen Aspekte der<br />

Analyse. Es geht mir nicht darum, lexikalisch umfassend alles zu beschreiben,<br />

was die Technische Analyse zu bieten hat. Vielmehr geht es mir darum, das<br />

unüberschaubare Sammelsurium von Werkzeugen <strong>und</strong> Metho<strong>den</strong> der<br />

Technischen Analyse zu systematisieren <strong>und</strong> für <strong>den</strong> fortgeschrittenen<br />

Einsteiger handhabbar zu machen. Wer sich umfassender zu einzelnen<br />

Aspekten informieren möchte, dem seien die Bücher des<br />

Literaturverzeichnisses am Ende empfohlen.<br />

Zunächst geht es um Glaubenssätze der Technischen Analyse. Der folgende<br />

Teil ist dem notwendigen Gr<strong>und</strong>wissen des Technischen Analysten gewidmet.<br />

Danach folgt die handwerkliche Umsetzung.<br />

Nach dem Durcharbeiten des Materials sollte der Einzelne in der Lage sein,<br />

einen systematischen Analyse-Abl<strong>auf</strong> zu erarbeiten <strong>und</strong> nach diesem<br />

Algorithmus die Märkte zu analysieren, die für ihn interessant erscheinen.


S e i t e | 57<br />

AXIOME DER TECHNISCHEN ANALYSE<br />

WAS BEWEGT DIE MÄRKTE?<br />

Wer die Kursbewegungen an <strong>den</strong> Märkten untersucht, sollte zunächst einmal<br />

die Frage beantworten: Warum bewegen sich Kurse? Und was ist überhaupt<br />

ein Kurs?<br />

Ein Kurs ist ein kurzfristiger Konsens über <strong>den</strong> gegenwärtigen Wert eines<br />

gehandelten Instrumentes. Frage ich nach <strong>den</strong> Grün<strong>den</strong> für Kursbewegungen<br />

kommt gewöhnlich die Antwort: Angebot <strong>und</strong> Nachfrage.<br />

Nehmen wir beispielsweise die Deutsche Bank. Es gibt etwa 929,5 Millionen<br />

Aktien dieses Unternehmens. Am 22. September 2012 wur<strong>den</strong> <strong>auf</strong> XETRA<br />

14.153.067 Aktien der Deutschen Bank gehandelt. All diese Aktien gehören<br />

irgendjemandem. Wenn nun der Aktienkurs von 40 <strong>auf</strong> 30 fällt, liegt das<br />

daran, dass plötzlich mehr Aktien emittiert wur<strong>den</strong>? Ist das Angebot größer<br />

gewor<strong>den</strong>? Wenn dann der Kurs von 30 <strong>auf</strong> 33 Euro anzieht - wer<strong>den</strong><br />

Deutsche-Bank-Aktien knapp? Wahrscheinlich nicht, <strong>den</strong>n die Anzahl ist<br />

konstant. Und da die Aktien nicht herren- <strong>und</strong> besitzerlos durch das<br />

Universum geistern, können Angebots- <strong>und</strong> Nachfrageschwankungen nicht<br />

der Gr<strong>und</strong> für die Kurskapriolen sein. Auch f<strong>und</strong>amentale Daten können<br />

kaum die Ursache sein, <strong>den</strong>n das Unternehmen ändert ja nicht sekündlich<br />

seinen f<strong>und</strong>amentalen Wert, <strong>den</strong> Bilanzgewinn oder die Erträge pro Aktie.<br />

Vielmehr ist es die Psychologie der Marktteilnehmer, die hier eine Rolle spielt.<br />

Käufer knüpfen an die Aktie simpel die Erwartung, dass sie im Kurs steigt. Die<br />

Gründe sind vielfältig - aber wer eine Aktie k<strong>auf</strong>t, tut das, weil er sie<br />

irgendwann wieder einmal mit Gewinn teurer veräußern möchte. 14 Verkäufer<br />

erwarten, dass die Aktie nicht weiter steigt oder sogar im Kurs fällt - sonst<br />

wür<strong>den</strong> sie sich nicht von ihr trennen.<br />

Wenn sich also Kurse von Aktien verändern, liegt das daran, dass eine<br />

bestimmte Partei von Marktteilnehmern - Käufer oder Verkäufer - ihre<br />

Erwartungshaltung aggressiv umsetzt. Es wird entweder gek<strong>auf</strong>t nach dem<br />

Motto "Koste es was es wolle!" oder verk<strong>auf</strong>t getreu der Losung "Weg damit -<br />

besser jetzt als später."<br />

Die spannende Frage ist jetzt: In welchem Rahmen spielen sich solche<br />

Preisbewegungen ab?<br />

WARUM TECHNISCHE ANALYSE FUNKTIONIERT<br />

Massenpsychologische Phänomene an <strong>den</strong> Finanzmärkten sind alt. 1537<br />

konnte man für eine Tulpenzwiebel ein Haus in Amsterdam k<strong>auf</strong>en. 2007<br />

brauchte man dafür nicht mal mehr eine Tulpenzwiebel - man konnte<br />

gänzlich ohne Einkommen in Florida ein Haus k<strong>auf</strong>en.<br />

Isaac Newton hat sich bereits über die Hysterie der Massen an <strong>den</strong><br />

Aktienmärkten ech<strong>auf</strong>fiert. Börsenkrisen treten immer wieder <strong>auf</strong> - als<br />

14 Mögliche Divi<strong>den</strong><strong>den</strong>zahlungen seien hier einmal vernachlässigt.


S e i t e | 58<br />

Südseeblase oder Große Depression, als Finanzkrise, Immobilienblase,<br />

Asienkrise, Russlandkrise.<br />

Die Gründe dafür sind zeitlos. Sie liegen in der Psyche der Menschen.<br />

DIE AXIOME DER TECHNISCHEN ANALYSE<br />

Die Technische Analyse beruht streng genommen <strong>auf</strong> nur drei Axiomen:<br />

1. Preise widerspiegeln alle Informationen.<br />

2. Preise bewegen sich in Trends <strong>und</strong> Trends tendieren zur Fortsetzung.<br />

3. Geschichte wiederholt sich.<br />

Untersuchen wir diese Axiome im Einzelnen.<br />

Der Preis enthält alle bekannten <strong>und</strong> unbekannten Informationen. Es ist<br />

daher praktisch nicht notwendig, alle Informationen selbst zu kennen oder<br />

gar zu versuchen, diese zu deuten. Diese Arbeit nimmt der Markt dem Trader<br />

ab. Die Deutungshoheit über alle Informationen – gerade im kurzfristigen<br />

Bereich über Nachrichten oder Konjunkturdaten – hat der Markt. „Preise<br />

machen Nachrichten“ ist eine Binsenweisheit unter Tradern. Niemals machen<br />

die Nachrichten die Preise. Journalisten suchen retrospektiv nach<br />

Erklärungen für Kursbewegungen - können diese aber nicht prognostizieren.<br />

Preise von handelbaren Instrumenten bewegen sich in Trends. Ein Kurs<br />

kann sich <strong>auf</strong>wärts, abwärts oder seitwärts bewegen. Trends bestehen fort, bis<br />

ein neuer Trend <strong>auf</strong>tritt. Einzelne Kurse innerhalb des Trends allerdings sind<br />

niemals prognostizierbar. Der nächste Kurs kommt immer absolut zufällig<br />

zustande. Es gibt lediglich bestimmte statistische Wahrscheinlichkeiten, die<br />

<strong>auf</strong> <strong>den</strong> Erwartungshaltungen der Marktteilnehmer beruhen. Die Technische<br />

Analyse versucht, mit Hilfe dieser Wahrscheinlichkeiten Aussagen über<br />

mögliche Bewegungsten<strong>den</strong>zen im kurz- <strong>und</strong> mittelfristigen Bereich zu<br />

treffen.<br />

Möglich wird eine solche Analyse dadurch, dass das Verhalten der einzelnen<br />

Trader in der Masse einander so ähnlich ist, dass sich daraus ein<br />

wahrscheinliches massenpsychologisches Gesamtverhalten prognostizieren<br />

lässt. Dabei ist Technische Analyse keine kausale Wissenschaft, sondern ein<br />

stochastisches Handwerk. Die Stochastik, ein Teilgebiet der<br />

Wahrscheinlichkeitsrechnung, befasst sich mit zufälligen Ereignissen, aus<br />

<strong>den</strong>en Gesetzmäßigkeiten abgeleitet wer<strong>den</strong>. Beispiele für stochastische<br />

Phänomene liefern die Meteorologie, die Demoskopie <strong>und</strong> die Spieltheorie:<br />

Meteorologen können Wettervorhersagen für einen Zeitraum <strong>und</strong> ein Gebiet<br />

machen. Sie können aber niemals punktgenau <strong>auf</strong> die Sek<strong>und</strong>e <strong>den</strong> Beginn<br />

eines Regenschauers oder <strong>den</strong> Blitzeinschlag eines Gewitters prognostizieren.<br />

Demoskopen erarbeiten erstaunlich genaue Wahlprognosen. Aber das<br />

Verhalten der einzelnen Wähler Müller, Meier oder Schulze lässt sich daraus<br />

nicht ableiten.<br />

In Casinos gibt es einen kleinen statistischen Vorteil zugunsten der Spielbank.<br />

Auf diesem minimalen Vorteil basiert die wirtschaftliche Existenz von Las


S e i t e | 59<br />

Vegas oder Macao. Dabei ist das Ergebnis des einzelnen Roulette-Spiels, des<br />

Blackjack oder des "einarmigen Banditen" völlig zufällig.<br />

Technische Analyse geht von der Annahme aus, dass das Verhalten<br />

der einzelnen Trader in der Masse einander so ähnlich ist, dass sich<br />

daraus ein wahrscheinliches massenpsychologisches<br />

Gesamtverhalten prognostizieren lässt.<br />

DER NUTZEN DER DREI AXIOME<br />

Die drei Gr<strong>und</strong>annahmen mögen nicht unumstritten sein <strong>und</strong> nicht jeder wird<br />

sie <strong>auf</strong> Anhieb für bare Münze nehmen. Ich halte sie allerdings für<br />

außeror<strong>den</strong>tlich nützlich, weil sie das Trader-Leben vereinfachen. Betrachten<br />

wir einmal die wichtigsten Vorteile, wenn man die Axiome anerkennt.<br />

1. Nachrichten <strong>und</strong> Prognosen wer<strong>den</strong> überflüssig. Eine Kursbewegung<br />

reicht aus, das Warum ist in komplexen Systemen, wie der Börse gar nicht<br />

eindeutig feststellbar. Börse kennt keine Monokausalität.<br />

2. Jede einzelne Preisbewegung ist zufällig <strong>und</strong> unabhängig von der<br />

vorherigen Preisbewegung. Woher weiß ich, ob im nächsten Trade <strong>auf</strong> der<br />

Bid- oder der Ask-Seite des Orderbuches gehandelt wird? Ich weiß es<br />

nicht <strong>und</strong> ich muss das akzeptieren. Somit bin ich <strong>auf</strong> jede Eventualität<br />

besser praktisch vorbereitet. Wenn meine Erwartungshaltung nicht<br />

<strong>auf</strong>geht, muss ich eingreifen.<br />

3. Technische Analyse ist skaleninvariant, solange eine statistisch valide<br />

Datenmenge vorliegt. Die Werkzeuge der Technischen Analyse<br />

funktionieren in jeder Zeitebene - wobei natürlich die höhere Zeitebene<br />

immer eine größere Wichtung genießt als die niedrigere.<br />

4. Technische Analyse ist keine Wissenschaft, sondern ein Handwerk, das<br />

stochastischen Gesetzmäßigkeiten folgt <strong>und</strong> lediglich <strong>auf</strong> der Annahme<br />

beruht, dass einzelne Szenarien wahrscheinlicher sind als andere. Ich<br />

versuche nicht, mit der Technischen Analyse ein wissenschaftlich<br />

schlüssiges Gesamtkunstwerk zu erschaffen, mit dem ich dann Anspruch<br />

<strong>auf</strong> <strong>den</strong> Nobelpreis erhebe. Ich nutze die Werkzeuge der Technischen<br />

Analyse lediglich zum Geld verdienen. Die theoretisieren<strong>den</strong> Teile<br />

überlasse ich gern dem Verein der Technischen Analysten Deutschlands<br />

(VTAD) oder jenen Unternehmen, die <strong>Handelssysteme</strong> <strong>und</strong> Indikatoren<br />

für teures Geld an dumme Menschen verk<strong>auf</strong>en.<br />

5. Technische Analyse ist wertlos ohne Risiko- <strong>und</strong> Money-Management. Es<br />

besteht in jedem Trade <strong>und</strong> bei jedem Investment die Möglichkeit, dass<br />

meine Erwartungen nicht <strong>auf</strong>gehen. Dar<strong>auf</strong> ist man besser vorbereitet.<br />

Dazu gehört ein defensives Risikomanagement - also handhabbare<br />

Positionsgrößen <strong>und</strong> klare Ausstiegsregeln. Denn anders als im Casino<br />

entscheidet nicht der Croupier, sondern der Investor selbst, wann ein


S e i t e | 60<br />

Engagement - egal ob im 1-Minuten-Chart oder im Wochenchart - ein<br />

Fehlschlag war.<br />

KRITIK DER TECHNISCHEN ANALYSE<br />

Technische Analyse wird vielfach abgelehnt - sowohl im institutionellen<br />

Bereich, als auch unter Wissenschaftlern.<br />

„Chartanalyse ist eine Vielzahl einzelner Techniken, die eine<br />

Vorhersage zukünftiger Börsenkurse anhand historischer<br />

Kursentwicklungen (z. B. Trends) anstreben.“ (Wikipedia.org)<br />

„Es gibt keine Möglichkeit, einen erwarteten Profit dadurch zu<br />

erzielen, dass man vergangene Veränderungen in zukünftige Preise<br />

extrapoliert – weder durch Betrachtung des Charts noch durch<br />

irgendwelche anderen esoterischen Hilfsmittel aus Magie oder<br />

Mathematik.“ (Paul Samuelson, Wirtschaftsnobelpreisträger 1970)<br />

Hinter Chartanalyse „steckt die Idee, dass man <strong>den</strong> Kurs eines<br />

Wertpapiers durch geschicktes grafisches Aufarbeiten vergangener<br />

Kursverläufe vorhersagen kann. Da malen also erwachsene Männer<br />

mit Bleistift <strong>und</strong> Lineal die Kursverl<strong>auf</strong>slinien von Wertpapieren mit<br />

Wimpeln, Trendlinien <strong>und</strong> allen möglichen anderen Figuren, in der<br />

Erwartung, <strong>auf</strong> diese Weise schnellstmöglich reich zu wer<strong>den</strong>.“<br />

(Prof. Dr. Martin Weber, Universität Mannheim, „Genial einfach<br />

investieren, Campus-Verlag Frankfurt, 2007, S. 11)<br />

Der Streit, ob die Technische Analyse "wissenschaftlich" ist, ist für mich<br />

unwichtig. Erstens habe ich keinerlei wissenschaftliche Ambitionen. Zweitens<br />

hilft sie mir, Geld zu verdienen, sie ist also nützlich. Drittens habe ich <strong>den</strong><br />

stochastischen Charakter der Technischen Analyse verinnerlicht, betrachte sie<br />

also nicht als kausale Wissenschaft.<br />

HISTORISCHE ENTWICKLUNG<br />

Die Technische Analyse geht zurück <strong>auf</strong> <strong>den</strong> Begründer des Wall Street<br />

Journals, Charles Dow, sowie seine Kollegen Edward David Jones <strong>und</strong> Charles<br />

Milford Bergstresser. Dieser hatte 1884 begonnen, die Schlusskurse der<br />

wichtigsten amerikanischen Aktien graphisch darzustellen – dies war die<br />

Geburtsst<strong>und</strong>e des Chartings. Am 24. Mai 1896 veröffentlichte die Dow<br />

Company zum ersten Mal <strong>den</strong> Dow Jones Industrial Average <strong>Index</strong>. Der Stand<br />

damals: 40,94 Punkte. Gemeinsam mit seinem Mitherausgeber <strong>und</strong><br />

Nachfolger William Hamilton verfasste Dow von 1889 bis zu seinem Tode


S e i t e | 61<br />

1902 regelmäßig Artikel über Gesetzmäßigkeiten der Preisbildung am<br />

amerikanischen Aktienmarkt. In Buchform zusammengefasst erschienen<br />

Dows Gedanken erstmals 1922 in „The Stock Market Barometer“,<br />

veröffentlicht von William Hamilton.<br />

Die entdeckten Regelmäßigkeiten in der Aktienpreis-Entwicklung führten zu<br />

einem Boom des Charting in <strong>den</strong> dreißiger Jahren. Berühmte Chartisten wie<br />

Ralph Nelson Elliott bauten ganze Theorien um diese Erkenntnisse, indem sie<br />

versuchten, aus Charts eine „universelle Ordnung“ herauszulesen. Bei Elliott<br />

gipfelte dieses Bestreben in der bekannten Elliott-Wellen-Theorie.<br />

1948 erschien Robert D. Edwards’ <strong>und</strong> John Magees „Technical Analysis of<br />

Stock Trends“. Hier wur<strong>den</strong> erstmals die Eckpunkte der Formationslehre<br />

dargelegt. Rechtecke, Dreiecke, Schulter-Kopf-Schulter-Formationen, Keile,<br />

Doppeltops <strong>und</strong> –bö<strong>den</strong>, Untertassen <strong>und</strong> viele andere Formationen hielten<br />

damit Einzug in das Instrumentarium einer wachsen<strong>den</strong> Gemeinde von<br />

Anhängern der Technischen Analyse.<br />

In <strong>den</strong> folgen<strong>den</strong> Jahrzehnten erschienen einige Regalmeter an Literatur über<br />

die Technische Analyse. John J. Murphy, Jack D. Schwager, in Deutschland<br />

Erich Florek <strong>und</strong> Uwe Wagner gehören zu <strong>den</strong> Klassikern.<br />

Steve Nisons „Technische Analyse mit Candlesticks“ (FinanzBuch Verlag,<br />

München 2004), erschienen in <strong>den</strong> USA bereits 1990, machte die im<br />

Augenblick weit verbreiteten Kerzencharts in der westlichen Hemisphäre<br />

populär.<br />

Mit der massenhaften Verbreitung der Computertechnik ging die Entwicklung<br />

der Indikatorlehre einher. Inzwischen wer<strong>den</strong> ständig neue Indikatoren<br />

entwickelt – mathematische Hilfsmittel, die helfen sollen, die vielfach<br />

subjektiv gefärbten Einschätzungen der Chart- <strong>und</strong> Formationsanalyse <strong>auf</strong><br />

eine scheinbar objektivere Basis zu stellen.<br />

In <strong>den</strong> vergangenen 35 Jahren entwickelte sich darüber hinaus eine Disziplin<br />

der Finanzmarktanalyse, die mehr <strong>und</strong> mehr ein Eigenleben entwickelt, in<br />

ihren Ursprüngen aber <strong>auf</strong> die Phänomene der Technischen Analyse<br />

zurückgeht – die Behavioral Finance.<br />

Seit etwa einem Jahrzehnt wird die Behavioral Finance durch die<br />

Neuroökonomie unterstützt. Dieses Teilgebiet der Neurologie nutzt<br />

modernste Technologien, um Instinke, Emotionen <strong>und</strong> bewusste<br />

Denkprozesse <strong>auf</strong> physiologische Veränderungen zurückzuführen, sie zu<br />

messen <strong>und</strong> zu visualisieren.


S e i t e | 62<br />

INDIVIDUALPSYCHOLOGIE UND TECHNISCHE<br />

ANALYSE<br />

Die Behavioral Finance (deutsch: verhaltenswissenschaftlich orientierte<br />

Finanzmarktanalyse) ist ein Denkansatz, der besagt, dass sich auch einzelne<br />

Menschen nur sehr bedingt rational verhalten können. Dafür gibt es viele<br />

Ursachen, die teilweise in der antropologischen Entwicklung des Menschen,<br />

in seiner Hirnmorphologie oder in sozio-psychologischen Verhaltens- <strong>und</strong><br />

Denkmustern, der so genannten Konditionierung, begründet liegen.<br />

‣ Menschen wer<strong>den</strong> von unterschiedlichen Interessen geleitet. Die<br />

einen wollen an der Börse intraday Geld verdienen, die anderen ein<br />

Export- oder Importgeschäft absichern. Wieder andere wollen fürs<br />

Alter vorsorgen, wieder andere suchen <strong>den</strong> „Kick“. Dem entsprechend<br />

wer<strong>den</strong> sie handeln.<br />

‣ Menschen vereinfachen komplexe Sachverhalte. Das Denken in<br />

Heuristiken sichert ihr Überleben, weil es Entscheidungsprozesse<br />

beschleunigt, ist aber auch fehlerbehaftet.<br />

‣ Das menschliche Gehirn spielt dem Menschen Streiche bei der<br />

Wahrnehmung. Die wahrgenommene Wirklichkeit ist nicht immer<br />

i<strong>den</strong>tisch mit dem, was tatsächlich objektiv vorhan<strong>den</strong> ist.<br />

Erfahrungen wer<strong>den</strong> ergänzt, Informationen gefiltert. Diese<br />

objektiven Wahrnehmungsverzerrungen kann man nicht umgehen –<br />

sie sind genauso vorhan<strong>den</strong>, wie die Schwerkraft oder die Zeit. Wenn<br />

man sie kennt, kann man aber lernen, damit umzugehen.<br />

‣ Instinkte <strong>und</strong> Emotionen spielen eine große Rolle im menschlichen<br />

Verhalten. Angst <strong>und</strong> Aggression, Flucht- <strong>und</strong> Kampfreflexe,<br />

Schmerzempfindungen, die noch aus der Urzeit stammen, sind im<br />

menschlichen Reptilienhirn stark verankert. Sie ergreifen immer<br />

dann Besitz vom Menschen, wenn der rationale Verstand zu langsam<br />

reagiert oder eine Situation nicht überschaubar ist.<br />

‣ Menschen unterliegen sozialpsychologischen Zwängen – dem<br />

Her<strong>den</strong>trieb, dem Gruppenzwang etwa. Der Mensch ist als<br />

Einzelwesen nicht mehr überlebensfähig. Menschen wollen<br />

„dazugehören“, anerkannt wer<strong>den</strong>. Sie fühlen sich in der Regel am<br />

wohlsten, wenn sie in einer Gemeinschaft das tun, was viele tun. Das<br />

kann zu völlig irrationalen Verhaltensmustern führen – dem<br />

Münchner Oktoberfest, dem Kölner Karneval oder ähnlichen<br />

Großereignissen.<br />

Trader müssen sich also damit befassen, was bei individuellen<br />

Entscheidungsprozessen mit <strong>und</strong> in ihnen passiert – in jedem einzelnen. Sie<br />

müssen lernen, sich als Teil eines Massenphänomens zu begreifen. Sie<br />

müssen eigene Entscheidungsprozesse transparent machen, die Ergebnisse<br />

ihrer Entscheidungen bewerten, um in analogen Situationen in der Zukunft<br />

ein gleich gutes oder besseres Ergebnis ihrer Entscheidung zu erzielen.


S e i t e | 63<br />

TEIL 9: GRUNDWISSEN DER TECHNISCHEN<br />

ANALYSE<br />

CHARTING<br />

Preise lassen sich grafisch als Charts darstellen, wobei meist der Graph in<br />

Abhängigkeit von der Zeit abgebildet wird. Unterschiedliche grafische<br />

Darstellungsformen führen zu unterschiedlichen Chart-Arten. Die<br />

bekanntesten sind Linienchart, Balkenchart <strong>und</strong> Kerzenchart. Aber auch der<br />

ältere (zeitunabhängige) Point-and-Figure-Chart oder der von Dan Valcu<br />

entwickelte Haikin-Ashi-Chart wer<strong>den</strong> praktisch genutzt.<br />

DER LINIENCHART<br />

Beim Linienchart wer<strong>den</strong> die Schlusskurse der jeweiligen Zeitperio<strong>den</strong><br />

miteinander verb<strong>und</strong>en. Liniencharts geben schnell Auskunft über die<br />

vorherrschende Trendrichtung.<br />

Ein Linienchart der Aktie der Deutschen Bank <strong>auf</strong> Basis der Tagesschlusskurse von<br />

Anfang 2011 bis September 2012.


S e i t e | 64<br />

DER BALKENCHART<br />

Der Balkenchart zeigt Eröffnungs-, Höchst-, Tiefst- <strong>und</strong> Schlusskurs einer<br />

Zeiteinheit. Jeder Balken symbolisiert eine Zeitperiode – hier einen Tag. Der<br />

Balkenchart ist besonders im anglo-amerikanischen Sprachraum die<br />

gängigste Chart-Methode. Er ermöglicht Aussagen über die Volatilität<br />

innerhalb der dargestellten Perio<strong>den</strong>, also beispielsweise über die Intraday-<br />

Kursschwankungen.<br />

Der gleiche Tageschart der Aktie der Deutschen Bank als Balkenchart.<br />

DER KERZENCHART<br />

Diese aus Japan stammende Darstellungsart zeigt die gleichen Daten wie ein<br />

Balkenchart, hat sich im europäischen Raum aber stärker durchgesetzt. In der<br />

farbigen Darstellung stehen häufig grüne Kerzen für Zeitperio<strong>den</strong> mit<br />

steigen<strong>den</strong> Kursen, rote hingegen für Perio<strong>den</strong> fallender Kurse. In schwarzweiß-gedruckten<br />

Printmedien wer<strong>den</strong> für steigende Kurse hohle, für fallende<br />

Kurse gefüllte Kerzen verwendet. Gegenüber dem Balkenchart wir gemeinhin<br />

die bessere visuelle Erfassbarkeit hervorgehoben.


S e i t e | 65<br />

Der Tageschart der Aktie der Deutschen Bank als Kerzenchart in der Schwarz-Weiß-<br />

Darstellung.<br />

DER POINT-AND-FIGURE-CHART<br />

Dieser zeitunabhängige Chart ermöglicht eine schnelle Einschätzung von<br />

Trends. Es wer<strong>den</strong> zunächst eine Boxgröße <strong>und</strong> eine Box-Umkehrgröße<br />

definiert. Steigt der Kurs in einem Aufwärtstrend um eine Boxgröße, wird ein<br />

X eingezeichnet. Fällt der Kurs um eine Boxgröße, wird ein O eingezeichnet.<br />

Für eine Trendumkehr ist eine Gegenbewegung von drei Boxgrößen<br />

notwendig. Zahlen <strong>und</strong> Buchstaben in <strong>den</strong> einzelnen Säulen deuten <strong>auf</strong><br />

Monate hin, in <strong>den</strong>en der jeweilige Kursstand erreicht wurde. Die Zahlen von<br />

1 bis 9 symbolisieren die Monate Januar bis September, die Buchstaben A, B<br />

<strong>und</strong> C die verbleiben<strong>den</strong> drei Monate des Kalenderjahres. Die Besonderheit<br />

dieses Charts ist, das er über keine regelmäßige Zeitskala verfügt, in<br />

Seitwärtsbewegungen der Chart möglicherweise tage- oder wochenlang<br />

keinerlei Bewegungen <strong>auf</strong>weist.<br />

Hauptsächlich wird er genutzt, um die vorherrschende Trendrichtung zu<br />

bestimmen <strong>und</strong> das Marktrauschen herauszufiltern.<br />

Point-and-Figure-Charts haben eine eigene Formationslehre, mit deren Hilfe<br />

sich beispielsweise Kursziele prognostizieren lassen. Sie wer<strong>den</strong> auch im<br />

kurzfristigen Intraday-Handel gern genutzt.


S e i t e | 66<br />

Die Aktie der Deutschen Bank als Point-and-Figure-Chart. Die waagerechte Zeitskala<br />

dient lediglich der Orientierung. Das gesamte Jahr 2012 stellt sich in <strong>den</strong> drei rechten<br />

Säulen dar: Eine ausgedehnte Aufwärtsbewegung, gefolgt von einer ausgedehnten<br />

Abwärtsbewegung <strong>und</strong> einer Aufwärtsbewegung. Die Box-Größe hier: 1 Euro, die<br />

Umkehrgröße: 3 Boxgrößen.<br />

DER HEIKIN-ASHI-CHART<br />

Heikin-Ashi-Charts stammen aus Japan <strong>und</strong> wur<strong>den</strong> von Dan Valcu im Jahre<br />

2004 in Europa <strong>und</strong> Amerika populär gemacht. Durch eine besondere<br />

mathematische Berechnung erscheinen Trends <strong>auf</strong> diesen Charts klarer, es<br />

wer<strong>den</strong> Gaps vermie<strong>den</strong>. Von Farbe <strong>und</strong> Größe der Kerzenkörper sowie der<br />

Länge der Lunten bzw. Dochte kann <strong>auf</strong> Trendrichtung <strong>und</strong> Trendstärke<br />

geschlossen wer<strong>den</strong>. Der Heikin-Ashi-Chart zeigt jedoch keine gehandelten<br />

Preise, sondern die berechneten Werte. Er sollte also nie als alleiniger Chart<br />

benutzt wer<strong>den</strong>.<br />

Auch hier gilt, dass grüne Kerzen für Aufwärts-, rote für Abwärtsbewegungen<br />

stehen. Je stärker der Trend, desto länger die Kerze. Auf Gr<strong>und</strong> der<br />

besonderen Berechnung der OHCL-Werte wer<strong>den</strong> keine Gaps dargestellt.<br />

Verkürzen sich die Kerzen, wird ein Trend schwächer. In einem intakten<br />

Aufwärtstrend haben die Kerzen keine Lunten, in einem intakten<br />

Abwärtstrend keine Dochte. Kerzen mit Docht <strong>und</strong> Lunte gelten als unsicher<br />

<strong>und</strong> sind an Anfang <strong>und</strong> Ende von Trends sowie in Konsolidierungen zu<br />

beobachten


S e i t e | 67<br />

Der Heikin-Ashi-Chart der Aktie der Deutschen Bank <strong>auf</strong> Tagesbasis.<br />

WEITERE ARTEN VON CHARTS<br />

Über die beschriebenen Chartarten hinaus gibt es noch eine Vielzahl weiterer<br />

Charts, die aber in ihrer praktischen Relevanz eher untergeordnete Bedeutung<br />

haben. Wer sich mit dieser Materie vertieft beschäftigen will, dem sei Steve<br />

Nisons 1996 in Deutschland verlegtes Buch „Chart-Analyse mit Candlesticks.<br />

Beyond Candlesticks. Renko, Kagi <strong>und</strong> andere japanische Chartsformen”<br />

empfohlen.


S e i t e | 68<br />

KERZENFORMATIONEN<br />

1. EIN-KERZEN-FORMATIONEN<br />

Hammer<br />

Bullishe Umkehr in 59-60% der Fälle<br />

Merkmale:<br />

1. Auftreten nach Abwärtsbewegung.<br />

2. Kerzenkörper mindestens doppelt so groß wie der Docht <strong>und</strong> höchstens<br />

halb so groß wie die Lunte.<br />

3. Darf grün oder rot sein.<br />

Handelsmöglichkeiten:<br />

Long-Positionen eröffnen nach Überschreiten des Perio<strong>den</strong>hochs der letzten,<br />

vorletzten oder vorvorletzten Periode.<br />

Stop: Hälfte der Lunte oder am Tief der Lunte.<br />

Shooting Star<br />

Bearishe Umkehr in 59-60% der Fälle<br />

Merkmale:<br />

1. Auftreten nach Aufwärtsbewegung<br />

2. Kerzenkörper mindestens doppelt so groß wie die Lunte <strong>und</strong> höchstens<br />

halb so groß wie der Docht.<br />

3. Darf rot oder grün sein.<br />

Handelsmöglichkeiten:<br />

Short-Positionen eröffnen nach Unterschreiten des Perio<strong>den</strong>tiefs der letzten,<br />

vorletzten oder vorvorletzten Periode.<br />

Stop: Hälfte des Dochts oder wenige Ticks über dem Docht.<br />

Hanging Man<br />

Bullische Fortsetzung in 59% der Fälle, schwaches Signal<br />

Merkmale:<br />

1. Auftreten nach Aufwärtsbewegung<br />

2. Kerzenkörper mindestens doppelt so groß wie der Docht <strong>und</strong> höchstens<br />

halb so groß wie die Lunte.<br />

3. Darf rot oder grün sein.<br />

Handelsmöglichkeiten:<br />

Long-Position nach Überschreiten des Perio<strong>den</strong>hochs, Short-Positionen nach<br />

Unterschreiten des Perio<strong>den</strong>tiefs<br />

Stop: Hoch des Dochts, Tief der Lunte.<br />

Inverted Hammer<br />

Bearishe Fortsetzung in 65 - 67% der Fälle, starkes Signal<br />

Merkmale:<br />

1. Auftreten nach Abwärtsbewegung<br />

2. Kerzenkörper mindestens doppelt so groß wie die Lunte <strong>und</strong> höchstens<br />

halb so groß wie der Docht.<br />

3. Darf rot oder grün sein.<br />

Handelsmöglichkeiten:<br />

Short-Positionen eröffnen nach Unterschreiten des Perio<strong>den</strong>tiefs der letzten<br />

Periode.<br />

Stop: Hoch des Dochts.


S e i t e | 69<br />

2. ZWEI-KERZEN-FORMATIONEN<br />

Bullish Engulfing Pattern<br />

Bullishe Umkehr in 62 - 63% der Fälle, schwache Performance<br />

Merkmale:<br />

1. Auftreten nach Abwärtsbewegung<br />

2. Zunächst tritt eine rote Kerze <strong>auf</strong><br />

3. Die zweite Kerze eröffnet mit einem Gap down, ist grün, umschließt die<br />

erste vollständig – inklusive Hoch <strong>und</strong> Tief<br />

Handelsmöglichkeiten:<br />

Long-Position eröffnen nach Überschreiten des Perio<strong>den</strong>hochs der letzten<br />

Periode.<br />

Stop: Am Tief der zweiten Kerze des Bullish Engulfing Pattern.<br />

Bearish Engulfing Pattern<br />

Bearishe Umkehr in 79 - 82% der Fälle, starkes Signal<br />

Merkmale:<br />

1. Auftreten einer Aufwärtsbewegung<br />

2. Zunächst tritt eine grüne Kerze <strong>auf</strong><br />

3. Die zweite Kerze eröffnet mit einem Gap up, ist rot, umschließt die erste<br />

vollständig – inklusive Hoch <strong>und</strong> Tief<br />

Handelsmöglichkeiten:<br />

Short-Position eröffnen nach Unterschreiten des Perio<strong>den</strong>tiefs der letzten Periode.<br />

Stop: Am Hoch der zweiten Kerze des Bearish Engulfing Pattern.<br />

Bullish Harami<br />

Bullishe Umkehr in 51 - 53% der Fälle<br />

Merkmale:<br />

1. Auftreten einer Abwärtsbewegung<br />

2. Zunächst tritt eine große rote Kerze <strong>auf</strong><br />

3. Die zweite Kerze ist grün, erreicht aber weder Hoch noch Tief der<br />

vorherigen Kerze<br />

Handelsmöglichkeiten:<br />

Long-Position eröffnen nach Überschreiten des Hochs der letzten oder vorletzten<br />

Periode.<br />

Stop: Am Tief der ersten Kerze des Bullish Harami.<br />

Bearish Harami<br />

Bearishe Umkehr in 50 - 53% der Fälle<br />

Merkmale:<br />

1. Auftreten einer Aufwärtsbewegung<br />

2. Zunächst tritt eine große grüne Kerze <strong>auf</strong><br />

3. Die zweite Kerze ist rot, erreicht aber weder Hoch noch Tief der<br />

vorherigen Kerze<br />

Handelsmöglichkeiten:<br />

Short-Position eröffnen nach Unterschreiten des Tiefs der letzten oder vorletzten<br />

Kerze.<br />

Stop: Am Hoch der ersten Kerze des Bearish Harami.


S e i t e | 70<br />

Piercing Pattern<br />

Bullishe Umkehr in 60 - 64% der Fälle<br />

Merkmale:<br />

1. Auftreten einer Abwärtsbewegung<br />

2. Eröffnung mit einem Gap down <strong>und</strong> Eintreten in die Handels-Spanne der<br />

vorherigen Periode.<br />

3. Schlusskurs oberhalb der Mitte des Kerzenkörpers der letzten roten Kerze.<br />

Handelsmöglichkeiten:<br />

Long-Position nach Überschreiten des Hochs der letzten (grünen) Kerze<br />

Stop: Am Tief der vorletzten (roten) oder letzten (grünen) Kerze<br />

Dark Cloud Cover<br />

Bearishe Umkehr in 60 - 63% der Fälle<br />

Merkmale:<br />

5. Auftreten einer Aufwärtsbewegung<br />

6. Eröffnung mit einem Gap up <strong>und</strong> Eintreten in die Handels-Spanne der<br />

vorherigen Periode.<br />

7. Schlusskurs unterhalb der Mitte des Kerzenkörpers der letzten grünen<br />

Kerze.<br />

Handelsmöglichkeiten:<br />

Short-Position eröffnen nach Unterschreiten des Tiefs der letzten (roten) Kerze<br />

Stop: Am Hoch der vorletzten (grünen) oder letzten (roten) Kerze


S e i t e | 71<br />

3. DREI-KERZEN-FORMATIONEN<br />

Morning Star<br />

Bullishe Umkehr in 65 - 78% der Fälle<br />

Merkmale:<br />

1. Auftreten einer Abwärtsbewegung<br />

2. Die zweite Kerze eröffnet mit einem Gap down, bildet einen kleinen grünen<br />

Kerzenkörper aus, idealer Weise einen Hammer.<br />

3. Die dritte Kerze eröffnet zur zweiten mit einem Gap up <strong>und</strong> macht die<br />

Kursverluste der ersten Kerze zu mehr als 50% wieder wett.<br />

Handelsmöglichkeiten:<br />

Long-Position eröffnen nach Überschreiten des Hochs der dritten Kerze des<br />

Morning Star.<br />

Stop:<br />

Am Tief der zweiten (grünen) Kerze.<br />

Evening Star<br />

Bearishe Umkehr in 72% der Fälle<br />

Merkmale:<br />

1. Auftreten einer Aufwärtsbewegung<br />

2. Die zweite Kerze eröffnet mit einem Gap up, bildet einen kleinen roten<br />

Kerzenkörper aus, idealer Weise einen Shooting Star.<br />

3. Die dritte Kerze eröffnet zur zweiten mit einem Gap down <strong>und</strong> macht die<br />

Kursgewinne der ersten Kerze zu mindestens 50% wieder zunichte.<br />

Handelsmöglichkeiten:<br />

Short-Position eröffnen nach Unterschreiten des Tiefs der dritten Kerze des<br />

Evening Stars.<br />

Stop:<br />

Am Hoch der zweiten (roten) Kerze.


S e i t e | 72<br />

Three Black Crows<br />

Bearishe Umkehr in 78 - 79% der Fälle<br />

Merkmale:<br />

1. Auftreten einer Aufwärtsbewegung.<br />

2. Die erste Kerze eröffnet idealer Weise mit einem Gap up, dann kommt es zu<br />

einem Kursverfall, die Kerze schließt nahe dem Perio<strong>den</strong>tief.<br />

3. Die zweite <strong>und</strong> dritte Kerze setzen die kräftige Abwärtsbewegung der ersten<br />

Kerze fort, sie haben lange Kerzenkörper, abnehmende Hochs <strong>und</strong> schließen<br />

jeweils nahe dem Perio<strong>den</strong>tief.<br />

Handelsmöglichkeiten:<br />

Short-Position eröffnen nach Unterschreiten des Tiefs der zweiten oder dritten<br />

Kerze.<br />

Stop:<br />

Am Hoch der dritten oder zweiten Kerze.<br />

Three White Soldiers<br />

Bullishe Umkehr in 82 - 84% der Fälle<br />

Merkmale:<br />

1. Auftreten einer Abwärtsbewegung<br />

2. Die erste Kerze eröffnet idealerweise mit einem Gap down, dann kommt es zu<br />

einem Kursanstieg, die Kerze schließt nahe dem Perio<strong>den</strong>hoch.<br />

3. Die zweite <strong>und</strong> dritte Kerze setzen die kräftige Aufwärtsbewegung der ersten<br />

Kerze fort, sie haben lange Kerzenkörper, ansteigende Tiefs <strong>und</strong> schließen<br />

jeweils nahe dem Perio<strong>den</strong>hoch.<br />

Handelsmöglichkeiten:<br />

Long-Positionen eröffnen nach Überschreiten des Hochs der zweiten oder dritten<br />

Kerze.<br />

Stop:<br />

Am Tief der dritten oder zweiten Kerze.<br />

MITTEL- UND LANGFRISTIGE FORMATIONEN<br />

Diese Formationen sind ein Ergebnis der subjektiven Chartbetrachtung – sie<br />

lassen sich programmtechnisch nicht darstellen <strong>und</strong> sind somit hinsichtlich<br />

ihrer Trefferquote nicht universell validierbar. Notwendig ist hier ein<br />

trainiertes Auge <strong>und</strong> eine Einzelanalyse für jedes gehandelte Instrument.<br />

Die wichtigsten mittelfristigen Formationen sind:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Schulter-Kopf-Schulter-Formation<br />

Doppeltops <strong>und</strong> Doppelbö<strong>den</strong><br />

Dreifachtops <strong>und</strong> Dreifachbö<strong>den</strong><br />

Untertassen, umgekehrte Untertassen<br />

Aufsteigende <strong>und</strong> absteigende Dreiecke, rechtwinklig oder<br />

symmetrisch<br />

Flaggen<br />

Wimpel<br />

Keile


S e i t e | 73<br />

Schulter-Kopf-Schulter-Formation im Tageschart der Aktie der Deutschen Bank. Die<br />

Entfernung vom Kopf zur Nackenlinie wird bei Bruch der Nackenlinie nach unten als<br />

Kursziel angetragen.<br />

Doppeltop im Tageschart der Aktie von BMW. Die Entfernung vom Top zur Korrektur<br />

dient zur Bestimmung des Kursziels, sobald das Korrekturtief unterschritten wird.


S e i t e | 74<br />

TRENDS UND TRENDANALYSE<br />

Trends entstehen durch fortgesetzte Preisanstiege oder Preisnachlässe. Sie<br />

entstehen in allen Zeitfenstern.<br />

Als Primärtrend bezeichnet der Technische Analyst langfristige Trends über<br />

einen Zeitraum von mehreren Monaten.<br />

Der Primärtrend wird immer wieder von Korrekturen, <strong>den</strong> Sek<strong>und</strong>ärtrends,<br />

unterbrochen – hier stellen Trader in untergeordneten Zeitfenstern Gewinne<br />

glatt, bauen Kontra-Trend-Trader Gegenpositionen <strong>auf</strong>, wer<strong>den</strong> Trader mit zu<br />

großen Positionen <strong>und</strong> folglich zu großen Verlusten aus dem Markt geworfen.<br />

Es kann aber auch zu Beschleunigungen des Primärtrends kommen – etwa bei<br />

unerwarteten Marktereignissen. Dann ergreift Panik die Massen (im<br />

Abwärtstrend) oder Euphorie (im Aufwärtstrend). Diese kurzfristigen<br />

Übertreibungen en<strong>den</strong> aber regelmäßig in einer Rückkehr zum Primärtrend.<br />

Generell wird besteht ein Trend aus zwei Bewegungsimpulsen: der Bewegung<br />

in Trendrichtung <strong>und</strong> der Korrektur gegen die Trendrichtung.<br />

Der Tageschart der BASF-Aktie am 24. September 2012. Der Aufwärtstrend ist seit<br />

Ende Juni intakt, Bewegungen (grün) <strong>und</strong> Korrekturen (rot) sind deutlich erkennbar.<br />

Die obere Trendkanallinie dient als Widerstand, die untere als Unterstützung.<br />

Bewegungen verl<strong>auf</strong>en zügig, Korrekturen unsauber.<br />

In weiter untergeordneten Zeitfenstern kann man wiederum<br />

Beschleunigungen bzw. Korrekturen des Primärtrends ausmachen, diese<br />

bezeichnet der Analyst dann als Tertiärtrend.<br />

Der übergeordnete Trend – der im längerfristigen Zeitfenster – hat bei der<br />

Chartanalyse immer ein höheres Gewicht als der kurzfristige. Schließlich sind


S e i t e | 75<br />

an seinem Zustandekommen größere Händler-Massen beteiligt als am<br />

untergeordneten Trend.<br />

Auffällig beim Betrachten der Charts ist die meist wellenförmige Bewegung.<br />

Diese Zyklik kann sich der Trader beim richtigen Timing von Ein- <strong>und</strong><br />

Ausstieg zunutze machen.<br />

Ebenfalls augenscheinlich ist, dass die Aufwärtstrends meist in einem<br />

flacheren Winkel verl<strong>auf</strong>en als Abwärtstrends. In einem Abwärtstrend<br />

erweisen sich Angst <strong>und</strong> Panik als Trendbeschleuniger: Nur schnell raus aus<br />

dem Markt – so oder so ähnlich ist das fluchtartige Verlassen des Marktes<br />

durch Panikverkäufe motiviert.<br />

In einem Aufwärtstrend wirkt die gleiche Angst als „Bremse“ – ist der Trend<br />

vielleicht schon zu weit gel<strong>auf</strong>en, das Papier zu teuer, lohnt sich jetzt noch ein<br />

Einstieg? Gedanken wie diese gehen vielen Tradern angesichts von<br />

Aufwärtstrends durch <strong>den</strong> Kopf. Wenn sich dann doch die Erkenntnis vom<br />

intakten Aufwärtstrend durchsetzt, ist dieser meist schon vor dem Verebben.<br />

Während die unbedarften Trader in <strong>den</strong> Markt mit Käufen einsteigen,<br />

realisieren die „smarten“ Trader ihre Gewinne. Der Kurs<strong>auf</strong>trieb kommt zum<br />

Stehen, die Korrektur beginnt.<br />

Ein Tageschart des Währungspaars Euro – Schwedische Krone. Schematisch<br />

eingezeichnet wur<strong>den</strong> die kräftigen, schnellen Abwärtsimpulse, die auch als<br />

"Wasserfälle" bezeichnet wer<strong>den</strong>. Unterbrochen wer<strong>den</strong> sie von gemächlichen,<br />

zögerlichen Korrekturen, die Chartisten "Sägezähne" nennen.


S e i t e | 76<br />

DIE PSYCHOLOGIE EINES TRENDS<br />

Ein Blick <strong>auf</strong> einen beliebigen Chart legt die Vermutung nahe, dass Preise sich<br />

nicht willkürlich bewegen. Fängt ein Wertpapier an zu steigen, so steigt es<br />

meist eine geraume Zeit, bevor diese Aufwärtsbewegung zum Erliegen<br />

kommt.<br />

Warum steigt ein Kurs? Kurzfristige Preisbewegungen beruhen ausschließlich<br />

<strong>auf</strong> psychologischen Phänomenen. Dies lässt sich treffend mit dem Begriff der<br />

„Greater Fool Theory“ beschreiben: Wer ein Instrument gek<strong>auf</strong>t (verk<strong>auf</strong>t)<br />

hat, geht davon aus, dass er einen „größeren Dummkopf“ fin<strong>den</strong> wird, dem er<br />

es teurer wieder verk<strong>auf</strong>en (respektive von dem er billiger zurückk<strong>auf</strong>en)<br />

kann.<br />

Zunächst einmal steigen Kurse, weil sich Käufer fin<strong>den</strong>, die in Erwartung<br />

steigender Kurse bereit sind, für ein Handelsinstrument mehr zu zahlen als<br />

der letzte Käufer. Sie agieren aggressiv, weil sie fürchten, etwas „zu<br />

verpassen“. Die Verkäufer hingegen versuchen, einen möglichst hohen<br />

Verk<strong>auf</strong>serlös zu erzielen. Sehen sie sich wachsender Nachfrage gegenüber,<br />

beginnen sie naturgemäß, die Verk<strong>auf</strong>spreise zu erhöhen, können passiv<br />

abwarten, welcher der vielen Käufer das Angebot akzeptiert.<br />

Da die Börse ein Massenphänomen ist, das von emotional handeln<strong>den</strong><br />

Menschen bevölkert wird, zieht ein beginnender Kursanstieg Aufmerksamkeit<br />

<strong>auf</strong> sich – die „Hausse nährt die Hausse“.<br />

Dieses Verhalten wiederholt sich so lange, bis nicht mehr genügend Trader<br />

höhere Preise erwarten <strong>und</strong> die Käuferseite im Markt „austrocknet“. Jetzt<br />

müssen verk<strong>auf</strong>swillige Marktteilnehmer „Preisnachlässe“ gewähren, um ihre<br />

Long-Positionen glattzustellen (viele sitzen jetzt <strong>auf</strong> „fetten Gewinnen“) oder<br />

Short-Positionen zu eröffnen. Käufer sind nur bereit, zu niedrigeren Preisen<br />

Papiere abzunehmen. Es entsteht eine sich selbst nährende<br />

Abwärtsbewegung, die Baisse.<br />

Triebfedern der Preisbewegungen an <strong>den</strong> Märkten sind also die Gier (nach<br />

Gewinn <strong>und</strong> mehr Gewinn), die Angst (vor Verlust, dem Verlust eines<br />

Gewinnes oder schlicht, etwas zu verpassen), Panik (bei rasanten<br />

Kursverfällen), Hoffnung (bei Bo<strong>den</strong>bildungen).<br />

Der Chart ist mithin ein Spiegelbild des emotionalen Zustandes des Marktes.<br />

Da Emotionen sich nicht oder nur sehr langsam verändern, kann man davon<br />

ausgehen, dass die gleichen Emotionen angesichts gleicher oder ähnlicher<br />

Chartbilder wieder <strong>auf</strong>treten wer<strong>den</strong> – Geschichte wiederholt sich. Wir<br />

erinnern uns: Dies ist eines der Axiome der Technischen Analyse.<br />

Für <strong>den</strong> Trader besteht die Möglichkeit, sich dieses Phänomen zunutze zu<br />

machen.


S e i t e | 77<br />

KORREKTUR ODER UMKEHR?<br />

Eine der schwierigsten Aufgaben ist es, einen Trend hinsichtlich seiner Reife<br />

einzuschätzen. Das zweite Axiom der Technischen Analyse postuliert, dass<br />

Trends eine höhere Wahrscheinlichkeit haben sich fortzusetzen, als dass sie<br />

sich umkehren. Trotzdem muss jeder Trend zwangsläufig irgendwann<br />

mindestens korrigieren <strong>und</strong> schließlich en<strong>den</strong>.<br />

Um es klar zu sagen: Das Ende eines Trends ist immer erst in der<br />

Retrospektive erkennbar - in der Mitte des Charts. Am rechten Bildrand<br />

operieren Trader <strong>und</strong> Investor in einem Bereich der Unsicherheit, wo sie sich<br />

lediglich Wahrscheinlichkeiten zunutze machen können.<br />

Mittels einer Checkliste kann ein Trader zumindest eines analysieren: Ist der<br />

Zeitpunkt für einen Einstieg in einen bestehen<strong>den</strong> Trend günstig oder<br />

ungünstig? Ist eventuell der Zeitpunkt gekommen, um einen Kontra-Trend-<br />

Trade zu platzieren?<br />

Anhaltspunkte für bevorstehende Trendwen<strong>den</strong> oder Korrekturen könnten<br />

sein:<br />

1. Trendkanäle wer<strong>den</strong> nicht mehr durchhandelt.<br />

2. Es kommt zu Trendbeschleunigungen (Ausbrüchen aus<br />

Trendkanälen).<br />

3. Kerzenkörper wer<strong>den</strong> kürzer.<br />

4. Kerzendochte <strong>und</strong> -lunten wer<strong>den</strong> länger.<br />

5. Umkehrkerzen treten gehäuft <strong>auf</strong>.<br />

6. Das Volumen nimmt extrem ab (Käufer- oder Verkäufer"streik").<br />

7. Das Volumen nimmt extrem zu (Distribution bzw. Akkumulation).<br />

8. Das Open Interest 15 nimmt ab.<br />

9. Kürzere Zeiträume zwischen <strong>den</strong> Korrekturen.<br />

<strong>10</strong>. Eine bestimmte durchschnittliche Anzahl von Kerzen in Bewegung<br />

(Korrektur) wurde bereits erreicht.<br />

11. Erreichen von Widerstands- oder Unterstützungsclustern in<br />

verschie<strong>den</strong>en Zeitebenen.<br />

12. Erreichen von Fibonacci-Retracement-Clustern verschie<strong>den</strong>er<br />

Bewegungsimpulse.<br />

13. Häufung falscher Ausbrüche.<br />

15<br />

Open Interest: Anzahl der offenen Terminkontrakte in einem Futures-Markt, die<br />

über Marktschluss hinaus (overnight) offen gehalten wer<strong>den</strong>.


S e i t e | 78<br />

14. Auftreten von Divergenzen in Technischen Indikatoren.<br />

Die Punkte 1 <strong>und</strong> 2 beziehen sich <strong>auf</strong> die Trendkanäle, 3 bis 5 <strong>auf</strong><br />

Kerzenformationen. Punkt 6, 7 <strong>und</strong> 8 betreffen das Volumen. Punkt 9 <strong>und</strong> <strong>10</strong><br />

beobachten <strong>den</strong> Zeitfaktor. Die Punkte 11 bis 13 sind Varianten des Themas<br />

Widerstände <strong>und</strong> Unterstützungen. Punkt 14 betrifft die Arbeit mit<br />

Indikatoren.<br />

Psychologischer Hintergr<strong>und</strong> all dieser Symptome: Die bislang dominante<br />

Marktpartei der Käufer oder Verkäufer verliert die Gewalt über <strong>den</strong> Markt.<br />

Käufer wer<strong>den</strong> vor Kurshochs "knapp", können <strong>den</strong> Markt nicht mehr mit<br />

Kraft <strong>auf</strong> neue Hochs heben. Die professionellen, mutigen Marktteilnehmer<br />

sind bereits engagiert, die letzten, ängstlichen, unprofessionellen<br />

Marktteilnehmer, wer<strong>den</strong> am Schluss aktiv. Sie wer<strong>den</strong> getrieben von der<br />

Angst, etwas zu verpassen. Gleichzeitig formiert sich die Gegenpartei der<br />

Verkäufer: Je höher die Kurse steigen, desto mehr gewinnen Verkäufe an<br />

Attraktivität. Die Gewinne wachsen <strong>und</strong> damit nimmt exponentiell die Angst<br />

um diese Buchgewinne zu. Die Verk<strong>auf</strong>sbereitschaft der long positionierten<br />

Investoren bei kleinsten Rücksetzern steigt.<br />

Im Abwärtstrend sind Verkäufer aggressiv, solange die Käuferseite je<strong>den</strong><br />

Kursrückgang gierig zum Einstieg nutzt <strong>und</strong> zu "Schnäppchenkursen"<br />

zugreift. Leerverkäufer beschleunigen <strong>den</strong> Kursverfall, ebenso Stop-Verkäufe.<br />

Irgendwann haben die Kurse ein so niedriges Niveau erreicht, dass niemand<br />

mehr verk<strong>auf</strong>en möchte - die Erlöse sind einfach zu niedrig. Tenor:"Jetzt ist's<br />

sowieso egal, das Geld ist ja weg <strong>und</strong> tiefer kann's nicht mehr fallen." Die<br />

Käufer, eben noch <strong>auf</strong> Schnäppchenjagd, bemerken das Desaster <strong>und</strong> wollen<br />

erst wieder k<strong>auf</strong>en, wenn die Kurse noch niedriger fallen. Leerverkäufer<br />

decken sich ein <strong>und</strong> sorgen für <strong>den</strong> "Dead Cats Bounce". Sobald die<br />

Leerverk<strong>auf</strong>spositionen gedeckt sind, steigen die Kurse nicht weiter, weil alle<br />

Marktteilnehmer <strong>auf</strong> weitere Kursanstiege warten, aber niemand bereit ist,<br />

<strong>den</strong> gerade abgestürzten Markt zu k<strong>auf</strong>en. Bröckeln die Kurse jetzt langsam<br />

unter das letzte Tief, kommt Panik <strong>auf</strong>: Offensichtlich kann sich ein Wert bis<br />

in Richtung Null mehrmals halbieren. Die Verkäufer werfen ihre Papiere <strong>auf</strong><br />

<strong>den</strong> Markt, die Käufer nehmen sie zu Billig-Preisen in Empfang, bis wieder ein<br />

Verkäuferstreik <strong>den</strong> freien Fall beendet.<br />

Am Ende der Abwärtsbewegung steht meist entweder eine V-Umkehr - ein<br />

rascher Squeeze Out der Leerverkäufer mit sofortigen Anschlusskäufen. Oder<br />

es kommt zu jahrelangen Seitwärtsbewegungen, weil eine ganze<br />

Anlegergeneration desillusioniert, resigniert <strong>und</strong> depressiv dem Aktienmarkt<br />

<strong>den</strong> Rücken kehrt.


S e i t e | 79<br />

KORREKTUREN ODER UMKEHREN AN FIBONACCI-<br />

RETRACEMENTS<br />

Fibonacci-Retracements sind eines der beliebtesten Werkzeuge, um<br />

Trendkorrekturen <strong>und</strong> Trendumkehren auseinander zu halten. Sie bieten<br />

darüber hinaus Möglichkeiten für die Kurszielanalyse.<br />

Leonardo da Pisa, kurz Fibonacci, hat im Jahre 1202 die nach ihm benannte<br />

Zahlenreihe entdeckt. Sie wird dadurch gebildet, dass die folgende Zahl<br />

immer die Summe der bei<strong>den</strong> vorausgegangenen Zahlen bildet (1, 1, 2, 3, 5, 8,<br />

13, 21, 34, 55, 89 usw.).<br />

Dividiert man jetzt eine Zahl der Reihe durch ihren Vorgänger, so kommt man<br />

in fortschreitender Reihe der irrationalen Zahl Phi Φ (r<strong>und</strong> 1,618)<br />

asymptotisch immer näher. Umgedreht – wird der Vorgänger durch <strong>den</strong><br />

Nachfolger geteilt - nähert man sich der Zahl 0,618, der griechischen Zahl Psi<br />

Ψ. Diese ist gleichzeitig der Kehrwert von Phi Φ.<br />

Die Fibonacci-Zahlenreihe ist in Natur <strong>und</strong> Kunst als der „Gol<strong>den</strong>e Schnitt“<br />

bekannt. Fibonacci-Zahlenverhältnisse tauchen in vielen Bereichen von<br />

Botanik, Astronomie, Anatomie, darstellender Kunst, Architektur usw. <strong>auf</strong>.<br />

Ralph Nelson Elliott sah in <strong>den</strong> Fibonacci-Zahlen ein „göttliches<br />

Ordnungsprinzip“ <strong>und</strong> hat <strong>auf</strong> der Gr<strong>und</strong>lage der Fibonacci-Zahlen in <strong>den</strong><br />

dreißiger Jahren des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts seine Elliot-Wellen-Theorie entwickelt.<br />

Die Berechnung ist einfach <strong>und</strong> wird von jeder standardisierten Chartsoftware<br />

angeboten: Der Bewegungsimpuls wird gleich <strong>10</strong>0% gesetzt. Die<br />

Korrekturniveaus sind dann Quotienten aus einer Fibonacci-Zahl <strong>und</strong> der in<br />

der Zahlenreihe folgen<strong>den</strong> nächsten, übernächsten, über-übernächsten usw.<br />

Zahl. Es entstehen, in Prozent ausgedrückt, Korrektur-Niveaus bei 14,6%,<br />

23,6%, 38,2%, 50%, 61,8% <strong>und</strong> 76,4%.<br />

Praktisch ist bei einer Bewegung in diese Richtung bis zu diesen<br />

Prozentmarken mit einer Störung der Impulsdynamik zu rechnen – die<br />

Korrektur kann dort verharren, die ursprüngliche Trendrichtung wieder<br />

<strong>auf</strong>genommen wer<strong>den</strong> oder, falls sie sich fortsetzt, zügig bis zum nächsten<br />

Fibonacci-Niveau weitergehen.<br />

Will man die Fibonacci-Zahlen zur Kurszielbestimmung nutzen, so wer<strong>den</strong><br />

hier die Zahlen 123,6%, 138,2% <strong>und</strong> 161,8% des ursprünglichen<br />

Bewegungsimpulses gern als Zielmarken genutzt. Diese so genannten<br />

Fibonacci-Extensionen lassen sich auch intraday anwen<strong>den</strong>.<br />

Weitere Möglichkeiten der Anwendung der Fibonacci-Zahlenreihe sind die<br />

Fibonacci-Fans (Fibonacci-Fächer) <strong>und</strong> die Fibonacci-Zeitreihe. 16<br />

16 Siehe hierzu detailliert: Fischer, Robert, Fischer, Jens, Trading nach neuen<br />

Fibonacci-Regeln, Eichborn Verlag, Frankfurt am Main, 2001.


S e i t e | 80<br />

Die BMW-Aktie im Tageschart am 24. September 2012 mit eingezeichneten Fibonacci-<br />

Retracements. Sichtbar ist, dass nach der heftigen Aufwärtsbewegung, die am 5.<br />

September begann, die Gegenbewegung bis <strong>auf</strong> das Niveau der Minimalkorrektur bei<br />

61,8% des ursprünglichen Aufwärtsimpulses lief. Dort konsolidiert der Kurs mehrere<br />

Tage. Sollte das Retracement halten, besteht eine Chance von 2 : 1, dass das letzte<br />

Impuls-Hoch bei 62,49 überschritten wird. Fibonacci-Extensionen zeigen mögliche<br />

Kursziele.<br />

Beläuft sich die Gegenbewegung <strong>auf</strong> 38,2% des ursprünglichen Impulses,<br />

spricht der Technische Analyst von der Minimalkorrektur, bis 50,0% von der<br />

Normalkorrektur. Bei einer Korrektur um 61,8% handelt es sich um die so<br />

genannte Maximalkorrektur des ursprünglichen Bewegungsimpulses. Mit<br />

steigendem Ausmaß der Korrektur sinkt die Wahrscheinlichkeit der<br />

Wieder<strong>auf</strong>nahme des ursprünglichen Trends. Anhand statistischer<br />

Überprüfungen im Dax-Future hat Systemtrader Uwe Wagner analysiert, dass<br />

nach einer Minimalkorrektur (um 38,2 <strong>auf</strong> 61,8%) mit einer<br />

Wahrscheinlichkeit von zwei Dritteln ein neuer Extremwert im nächsten<br />

Bewegungsimpuls in Richtung des übergeordneten Trends erreicht wird. Für<br />

die Normalkorrektur beträgt die Wahrscheinlichkeit noch 50%, für die<br />

Maximalkorrektur sinkt die Wahrscheinlichkeit der Wieder<strong>auf</strong>nahme des<br />

Trends mit schnellen neuen Extremwerten <strong>auf</strong> etwa 33%. 17<br />

Besonders signifikant sind so genannte Fibonacci-Cluster. In diesen Zonen<br />

befin<strong>den</strong> sich verschie<strong>den</strong>e Korrekturniveaus unterschiedlicher<br />

Bewegungsimpulse – beispielsweise die Minimalkorrektur eines längeren<br />

Aufwärtsimpulses <strong>und</strong> die Normalkorrektur eines jüngeren Impulses.<br />

17<br />

Siehe hierzu detailliert: Uwe Wagner, <strong>Tra<strong>den</strong></strong> wie ein Profi, München 2004


S e i t e | 81<br />

Die Anwendung der Fibonacci-Werkzeuge erfordert eine gewisse Erfahrung<br />

<strong>und</strong> muss geübt.<br />

Fibonacci-Cluster im Wochenchart des <strong>DAX</strong> ® -Performance-<strong>Index</strong>. Der längerfristige<br />

Aufwärtsimpuls beginnt im September 2011, der jüngere im Juni 2012. Hervorgehoben<br />

wur<strong>den</strong> die Zonen, in <strong>den</strong>en beide Impulse nahezu i<strong>den</strong>tische Fibonacci-Retracements<br />

bil<strong>den</strong>: Der Beginn des jüngsten Aufwärtsimpulses bei 5.914 entspricht etwa der<br />

Maximalkorrektur des längeren Impulses. Im Bereich von 6.511 liegt die<br />

Maximalkorrektur des jüngeren Impulses, in diesem Bereich liegt auch das Niveau der<br />

Minimalkorrektur des längeren Impulses. Bei 6.881-85 bil<strong>den</strong> die Minimalkorrektur<br />

des jüngsten Impulses <strong>und</strong> die 23,6%-Korrektur des längeren Impulses ein<br />

Unterstützungscluster. Die blau gekennzeichneten Linien wer<strong>den</strong> im Falle von<br />

Korrekturen höchstwahrscheinlich zu einem Bruch der Bewegungsdynamik führen. Ob<br />

diese Unterstützungen halten oder brechen, vermag die Analyse allerdings nicht zu<br />

klären.


S e i t e | 82<br />

INDIKATOREN<br />

Technische Indikatoren sind das Ergebnis mathematischer Analysen von<br />

Preis, Zeit <strong>und</strong> Umsatzentwicklungen. Sie wer<strong>den</strong> klassifiziert in<br />

trendfolgende Indikatoren, Oszillatoren, dynamikmessende <strong>und</strong><br />

volatilitätsmessende Indikatoren. Die Analyse des Traders muss also damit<br />

beginnen, zu bestimmen, ob sich der Markt in einer trendstarken oder<br />

trendschwachen Phase befindet. Dementsprechend muss er entschei<strong>den</strong>, ob<br />

er mehr <strong>den</strong> trendfolgen<strong>den</strong> Indikatoren oder <strong>den</strong> Oszillatoren Beachtung<br />

schenkt.<br />

Trendfolger spiegeln mit einer gewissen Zeitverzögerung die vorherrschende<br />

Bewegungsrichtung in einem Markt wider <strong>und</strong> helfen beispielsweise, Trend<br />

<strong>und</strong> Korrekturen auseinander zu halten. Sie funktionieren gut in tendieren<strong>den</strong><br />

Märkten, geben in Seitwärtsmärkten gehäuft Fehlsignale. Ihre Besonderheit<br />

ist eine gewisse Trägheit.<br />

Oszillatoren (z. B. Stochastik, Relativer Stärke-<strong>Index</strong>) definieren gut extreme<br />

kurzfristige Marktzustände – überk<strong>auf</strong>te oder überverk<strong>auf</strong>te Situationen etwa.<br />

In Seitwärtsmärkten geben Sie gute Hinweise <strong>auf</strong> Ein- <strong>und</strong> Ausstiege. In<br />

Trendmärkten dürfen nur Signale gehandelt wer<strong>den</strong>, die in Richtung des<br />

Trends weisen. Oszillatoren bil<strong>den</strong> in Trends aussagekräftige Divergenzen<br />

aus, die bevorstehende Korrekturen oder Umkehren signalisieren können.<br />

Dynamikmessende Indikatoren (z. B. Directional Movement Indicator u.a.)<br />

liefern Hinweise <strong>auf</strong> die Bewegungsdynamik im Markt – befindet sich das zu<br />

untersuchende Instrument in einer Trend- oder einer Seitwärtsphase. Sie<br />

geben keine Auskunft über die Richtung eines Trends, sondern nur darüber,<br />

ob ein Trend überhaupt gegeben ist.<br />

Volatilitätsmessende Indikatoren (z. B. Bollinger Bänder, Average True<br />

Range) geben Hinweise <strong>auf</strong> die Schwankungsfreudigkeit des Marktes. Sie<br />

deuten <strong>auf</strong> volatile oder träge Märkte hin <strong>und</strong> können für die Prognose<br />

bevorstehender Ausbrüche oder Kursberuhigungen angewandt wer<strong>den</strong>.<br />

Zeitpunkt, Stärke <strong>und</strong> Richtung von Ausbrüchen lassen sich jedoch nicht<br />

ermitteln.<br />

DER GLEITENDE DURCHSCHNITT<br />

Gleitende Durchschnitte gehören zu <strong>den</strong> sinnvollsten <strong>und</strong> simpelsten<br />

Indikatoren. Während der augenblickliche Preis eines Handelsinstruments<br />

<strong>den</strong> Konsens aller Marktteilnehmer über <strong>den</strong> augenblicklichen fairen Wert<br />

darstellt, ist der Gleitende Durchschnitt der Konsens der Marktteilnehmer<br />

über <strong>den</strong> fairen Wert eines Handelsinstrumentes betrachtet <strong>auf</strong> eine<br />

bestimmte Zeitperiode. Im Tageschart bildet ein Gleitender Durchschnitt<br />

mit fünf Perio<strong>den</strong> also <strong>den</strong> fairen Wochendurchschnittspreis eines<br />

Handelsinstrumentes ab. Ein 21-Perio<strong>den</strong>–GD repräsentiert <strong>den</strong> fairen Wert<br />

des Instrumentes, berechnet <strong>auf</strong> <strong>den</strong> Handelsmonat. Am Zustandekommen<br />

eines solchen Gleiten<strong>den</strong> Durchschnitts sind (mathematisch-statistisch<br />

betrachtet) sehr viel mehr Daten beteiligt, als am augenblicklichen Preis. Das<br />

hat zur Folge, dass der Preis immer die Ten<strong>den</strong>z hat, sich dem Gleiten<strong>den</strong><br />

Durchschnitt zu nähern. Charttechnisch bedeutet das, dass ein Preis immer<br />

die Ten<strong>den</strong>z hat, um Gleitende Durchschnitte zu oszillieren.<br />

Bei der Berechnungsmethode ist der Exponentielle Gleitende Durchschnitt<br />

meist besser für <strong>den</strong> Handel geeignet als der Einfache Gleitende Durchschnitt,


S e i t e | 83<br />

da er psychologischen Komponenten (stärkere Gewichtung der letzten<br />

Handelsperio<strong>den</strong>) entsprechend berücksichtigt.<br />

Tageschart des Dax-<strong>Index</strong> mit zwei Exponentiellen Gleiten<strong>den</strong> Durchschnitten (EMA)<br />

von 5 <strong>und</strong> 21 Perio<strong>den</strong>. Der Neigungswinkel gibt die Trendrichtung an, Rücksetzer an<br />

<strong>den</strong> EMA (Pfeile) dienen häufig als Einstiegsgelegenheiten mit einem guten Chance-<br />

Risiko-Verhältnis.<br />

DER COMMODITY CHANGE INDEX (CCI)<br />

Dieser Indikator wurde entwickelt, um saisonale Schwankungen an<br />

Warenterminmärkten (Zyklen) zu visualisieren. Der CCI berechnet <strong>den</strong><br />

Abstand zwischen dem Kurs <strong>und</strong> dem Durchschnitt der letzten x Tage, geteilt<br />

durch 1,5% von der Standard-Abweichung. Werte über <strong>10</strong>0 signalisieren<br />

überk<strong>auf</strong>te Marktzustände, Werte unter -<strong>10</strong>0 signalisieren überverk<strong>auf</strong>te<br />

Zustände. Der CCI geht von einem „typischen Preis“ (Kurs) aus <strong>und</strong> ermittelt<br />

das Maß der Abweichung des typischen Kurses von einem gleiten<strong>den</strong><br />

Durchschnitt. Der Gleitende Durchschnitt hat üblicherweise die<br />

Perio<strong>den</strong>länge 14.<br />

Der CCI wird vorwiegend im Tages- <strong>und</strong> Wochenchart verwendet <strong>und</strong> zeigt<br />

brauchbare Signale in Trading-Ranges. Während stabiler Trends zeigt er<br />

wenig brauchbare Signale, wenn, dann lediglich in Trendrichtung. Eine<br />

Divergenz zwischen der Kursentwicklung <strong>und</strong> dem Indikator deutet <strong>auf</strong><br />

möglicherweise bevorstehende Trendwechsel hin.


S e i t e | 84<br />

Der Wochenchart des Dax mit dem CCI-Indikator im unteren Fenster <strong>und</strong> einem 26-<br />

Wochen-EMA. Es ist zu erkennen, daß während der Aufwärtsbewegung der überk<strong>auf</strong>te<br />

Zustand (><strong>10</strong>0) lange anhält, dieser Indikator also keine brauchbaren Signale liefert.<br />

Die roten Pfeile weisen <strong>auf</strong> Divergenzen hin – neue Preis-Tiefs <strong>und</strong> -Hochs wer<strong>den</strong> im<br />

Indikator nicht unterstützt. Diese Divergenzen warnen hier relativ treffsicher vor<br />

bevorstehen<strong>den</strong> Korrekturen oder Umkehren.<br />

DIE STOCHASTIK<br />

Die Stochastik nutzt die Beobachtung, dass bei Kursrückgängen Schlusskurse<br />

mehr zu <strong>den</strong> Perio<strong>den</strong>-Tiefstkursen tendieren <strong>und</strong> umgekehrt bei<br />

Kursanstiegen die Schlusskurse mehr zu <strong>den</strong> Höchstkursen tendieren. Sie<br />

untersucht, in welchem Bereich der Handelsspanne der letzten x betrachteten<br />

Perio<strong>den</strong> das Instrument geschlossen hat. Der Indikator wird durch zwei<br />

Linien gebildet, eine %K <strong>und</strong> eine %D-Linie. Beide oszillieren in einem<br />

Bereich von 0 bis <strong>10</strong>0.<br />

Die %K-Linie wird wie folgt errechnet:<br />

%K = (C-LC) / (HH-LL)<br />

Dabei ist:<br />

LC: tiefster Schluss der Periode;<br />

HH: höchstes Hoch der Periode;<br />

LL: tiefstes Tief der Periode;<br />

C: Schlusskurs der aktuellen Periode.<br />

Die %D-Linie, die zweite Linie, ist der Gleitende Durchschnitt der Linie %K,<br />

meist in einer Periode von 3 oder 5. Die %K-Linie selbst wird <strong>auf</strong> 14 Perio<strong>den</strong><br />

berechnet <strong>und</strong> mit der Periode 3 geglättet.<br />

Im Indikatorfenster begrenzen zwei horizontale Linien bei 20% <strong>und</strong> 80% <strong>den</strong><br />

überk<strong>auf</strong>ten (oberhalb von 80%) <strong>und</strong> <strong>den</strong> überverk<strong>auf</strong>ten Bereich (unterhalb<br />

von 20%).


S e i t e | 85<br />

Dieser oszillierende Indikator wird angewandt, um überk<strong>auf</strong>te <strong>und</strong><br />

überverk<strong>auf</strong>te Situationen zu erkennen, er gibt Signale beim Verlassen dieser<br />

Bereiche. Voraussetzung für gültige Signale ist, dass der Markt sich in einer<br />

Seitwärtsphase befindet. In Trendmärkten wer<strong>den</strong> nur Signale befolgt, die in<br />

Richtung des übergeordneten Trends gerichtet sind.<br />

Ein K<strong>auf</strong>signal wird generiert, wenn die %K-Linie die %D-Linie im<br />

überverk<strong>auf</strong>ten Bereich (unterhalb von 20%) von unten nach oben schneidet<br />

<strong>und</strong> die %K-Linie dann über die 20%-Linie steigt.<br />

Analog wird ein Verk<strong>auf</strong>ssignal generiert, wenn die %K-Linie die %D-Linie im<br />

überk<strong>auf</strong>ten Bereich (oberhalb von 80%) von oben nach unten schneidet <strong>und</strong><br />

die %K-Linie dann unter die 80%-Linie fällt.<br />

Divergenzen zwischen dem Indikator <strong>und</strong> dem gehandelten Instrument<br />

dienen als Indiz für bevorstehende Trendwechsel.<br />

Der Dax im Tageschart mit der Slow Stochastik als Indikator. Vertikale Pfeile<br />

kennzeichnen die möglichen K<strong>auf</strong>- <strong>und</strong> Verk<strong>auf</strong>ssignale im Auf- bzw. Abwärtstrend. Die<br />

diagonalen Pfeile weisen <strong>auf</strong> Divergenzen hin. Höhere Preishochs bzw. tiefere Preistiefs<br />

wer<strong>den</strong> nicht mehr von höheren Hochs bzw. tieferen Tiefs im Indikator begleitet –<br />

Änderungen der Bewegungsrichtung stehen bevor.<br />

DAS MOMENTUM<br />

Das Momentum beschreibt die relative Veränderung des Preises über eine frei<br />

wählbare Periode. Dargestellt wird die Stärke der Kursschwankung <strong>und</strong> die<br />

wellenförmige Zyklik des betrachteten Instrumentes. Das Momentum dient<br />

somit als „Schwungkraft-Messer“ von Trends.<br />

Das Momentum kann absolut oder in Prozent angezeigt wer<strong>den</strong>. Bewegt es<br />

sich oberhalb der Null-Linie, ist die Aufwärtsbewegung intakt, unterhalb der


S e i t e | 86<br />

Null-Linie liegt ein intakter Abwärtstrend vor. Stimmen Kurstrend <strong>und</strong> die<br />

Richtung des Indikators überein, ist der Trend stabil, divergieren sie, liegt<br />

meist ein Signal für einen bevorstehen<strong>den</strong> Trendwechsel vor.<br />

Der Tageschart des Dax mit dem Momentum. Erkennen Sie die Divergenzen?<br />

DER PARABOLIC STOP-AND-REVERSE (SAR)<br />

Der SAR ist ein automatisches Umkehrsystem, das dem Trader eine<br />

vorherrschende Bewegungsrichtung anzeigt. Der Indikator geht davon aus,<br />

dass der Händler ständig im Markt positioniert ist. Er erhält mit Hilfe des<br />

SAR Signale, wann eine Position zu drehen ist. Der Indikator kennzeichnet<br />

dabei als initiale Stopmarke die jeweiligen Extrempunkte der<br />

vorangegangenen Bewegung. Der Stop wird mit einem Beschleunigungsfaktor<br />

(parabolisch) nachgezogen, so dass zu Beginn eines Trends großer Spielraum<br />

für eine Position besteht, mit fortschreitender Zeit sich der Stopkurs jedoch<br />

dem aktuellen Kursverl<strong>auf</strong> immer mehr annähert. Der Beschleunigungsfaktor<br />

ist variabel. Wird der Stopkurs erreicht, wird die Position gedreht.<br />

Vielfach wird der SAR für die Stop-Bestimmung genutzt, liefert aber für <strong>den</strong><br />

Einstieg in einen Trade die Signale oft zu spät. Die Variablen des Stop-and-<br />

Reverse-Indikators sollten über einen längeren Zeitraum getestet wer<strong>den</strong>. Der<br />

Indikator mag für Trend-Märkte seinen Zweck erfüllen, für Seitwärtsmärkte<br />

ist er ungeeignet.


S e i t e | 87<br />

Der Tageschart des Dax-Futures mit dem Parabolic Stop-and-Reverse. Liegen die<br />

Indikator-Punkte unter dem Kurs, hält der Trader eine Longposition. Liegen die<br />

Indikator-Punkte über dem Kurs, wird eine Short-Position gehalten. Deutlich<br />

erkennbar ist, dass während der kurzen Korrekturen im Aufwärtstrend bestehende<br />

Positionen oft zu schnell geschlossen wer<strong>den</strong>. Diese Besonderheit ist bei <strong>den</strong><br />

Einstellungen zu beachten.<br />

DAS DIRECTIONAL MOVEMENT SYSTEM<br />

Hierbei handelt es sich genau genommen um zwei Indikatoren, <strong>den</strong><br />

dynamikmessen<strong>den</strong> Indikator (ADX), gepaart mit <strong>den</strong> zwei<br />

Trendrichtungsanzeigern des Directional Movement Indicators DMI (DI+ <strong>und</strong><br />

DI-).<br />

Befindet sich der ADX oberhalb von 20, so ist von einem Trendmarkt<br />

auszugehen, Werte unter 20 signalisieren einen Seitwärtsmarkt. Extreme<br />

Abfälle (unter 15) signalisieren oftmals eine bevorstehende Trendumkehr<br />

nach einer trendlosen Phase. Über die Trendrichtung sagt diese Linie (im<br />

Chart braun) nichts aus.<br />

Befindet sich die DI+-Linie (blau) oberhalb der DI—Linie (rot), so spricht<br />

man von einem Aufwärtstrend, im umgekehrten Falle von einem<br />

Abwärtstrend.<br />

Berechnet wer<strong>den</strong> die Linien wie folgt:<br />

DI+=DM+/TR;<br />

DI-=DM-/TR,


S e i t e | 88<br />

wobei TR=max[abs(Hoch-Tief);abs(Hoch-Vortagesschluss);abs(Tief-<br />

Vortagesschluss)]<br />

DM+=max[0;Hoch-Vortageshoch]<br />

DM-=max[0;Vortagestief-Tief]<br />

Variabel ist die Einstellung der Periode für das Glätten der erhaltenen Linie<br />

nach dem Berechnungsmodell der Gleiten<strong>den</strong> Durchschnitte.<br />

Schneidet DI- die Linie DI+ von unten nach oben, liefert das ein K<strong>auf</strong>signal;<br />

schneidet DI- die Linie DI+ von oben nach unten, wird ein Verk<strong>auf</strong>ssignal<br />

generiert. Wichtig dabei, dass der ADX einen beginnen<strong>den</strong> Trend signalisiert.<br />

In Seitwärtsphasen kommt es zu einer Vielzahl von nicht profitabel<br />

handelbaren Signalen.<br />

Der Tageschart des Dax-Futures mit dem Directional Movement System. Fällt die<br />

braune Linie unter 20, beginnt eine trendlose Phase. Markiert wur<strong>den</strong> die K<strong>auf</strong>signale:<br />

Die blaue +DI-Linie schneidet die rote –DI-Linie von unten nach oben, gleichzeitig dreht<br />

die Linie des ADX aus einer trendlosen Phase mit Werten unter 20 nach oben.


S e i t e | 89<br />

DER MOVING AVERAGE CONVERGENCE DIVERGENCE<br />

(MACD)<br />

Dieser Trendfolgeindikator wurde von Gerald Appel 1978 entwickelt <strong>und</strong> 1979<br />

der Öffentlichkeit vorgestellt. Er gehört zu <strong>den</strong> gebräuchlichsten <strong>und</strong><br />

zuverlässigsten Indikatoren der Gegenwart.<br />

Der MACD misst die Differenz zwischen einem 12er <strong>und</strong> einem 26er<br />

Exponentiellen Gleiten<strong>den</strong> Durchschnitt. Diese Differenz wird als MACD-<br />

Linie dargestellt. Auf diese wird wiederum ein Exponentieller Gleitender<br />

Durchschnitt mit der Periode 9 gebildet – dies ist die Signal- oder Trigger-<br />

Linie. Schließlich wird vom Wert der MACD-Linie der Wert der Signal-Linie<br />

subtrahiert <strong>und</strong> die Differenz als Histogramm an die Null-Linie angetragen.<br />

Ist die Differenz positiv, wer<strong>den</strong> diese Balken nach oben abgetragen,<br />

anderenfalls negative Balken nach unten.<br />

Der besondere Wert des MACD besteht in der frühzeitigen Ankündigung von<br />

bevorstehen<strong>den</strong> Bewegungsumkehren durch Divergenzen. Insbesondere im<br />

Wochenchart liefert das Histogramm hier relativ sichere Signale.<br />

Für eine valide Divergenz müssen drei Punkte gegeben sein:<br />

A) Preis <strong>und</strong> MACD-Histogramm erreichen ein neues Hoch (Tief).<br />

B) Der Preis korrigiert, das MACD-Histogramm wechselt die Farbe.<br />

C) Der Preis erreicht ein höheres Hoch (tieferes Tief), das MACD-<br />

Histogramm jedoch nicht. Sobald das MACD-Histogramm einen<br />

kürzeren Balken ausbildet, ist die Divergenz abgeschlossen.<br />

Darüber hinaus erlaubt der Abstand der MACD-Linie <strong>und</strong> der Signal-Linie<br />

von der Null-Linie Rückschlüsse <strong>auf</strong> die Kraft eines bevorstehen<strong>den</strong> Signales.<br />

Der MACD lässt sich insbesondere für das Timing von Einstiegen nutzen, für<br />

Ausstiege ist er weniger geeignet. In <strong>den</strong> Standardeinstellungen 12-26-9 kann<br />

er auch intraday genutzt wer<strong>den</strong>, vorzugsweise bis <strong>auf</strong> ein Zeitfenster von <strong>10</strong><br />

Minuten.<br />

Seltener sind Divergenzen der MACD-Linien zum Kursverl<strong>auf</strong>. Insbesondere<br />

im Wochenchart sind diese jedoch ein sehr zuverlässiges Signal. Als besonders<br />

treffsicher erweisen sich Divergenzen, wenn sie im Zusammenhang mit<br />

falschen Ausbrüchen <strong>auf</strong>treten.<br />

Divergenzen sind keine Signale, sondern nur Vorboten für demnächst<br />

möglicherweise bevorstehende Trades. Bearishe Divergenzen signalisieren,<br />

dass neue Long-Positionen mit einem großen Risiko behaftet wären. Short-<br />

Trades dürfen nur eröffnet wer<strong>den</strong>, wenn die Kurse anfangen, tatsächlich zu<br />

fallen. Spiegelbildlich gilt: Beim Auftreten bullisher Divergenzen ist das Risiko<br />

für neue Short-Positionen größer als die zu erwarten<strong>den</strong> Gewinne. Long-<br />

Positionen dürfen aber erst eingegangen wer<strong>den</strong>, wenn die Kurse tatsächlich<br />

anfangen zu steigen.


S e i t e | 90<br />

Der Tageschart der BASF-Aktie mit drei Divergenzen. Am linken Bildrand die klassische<br />

bearishe Divergenz. In der Mitte des Charts ist eine mehrfache (multiple) bullishe<br />

Divergenz zu sehen. Am rechten Bildrand bildet sich im September 2012 eine bearishe<br />

Divergenz. Noch ist nicht klar, ob diese Divergenz funktionieren wird.<br />

DER FORCE-INDEX<br />

Der Force-<strong>Index</strong> wurde von Dr. Alexander Elder entwickelt <strong>und</strong> erstmals in<br />

<strong>den</strong> 90er Jahren vorgestellt. Er misst drei Komponenten einer Kursbewegung:<br />

die Richtung, das Ausmaß <strong>und</strong> <strong>den</strong> Umsatz.<br />

Berechnet wird der Force-<strong>Index</strong>, indem die Differenz aus heutigem<br />

Schlusskurs <strong>und</strong> gestrigem Schlusskurs gebildet <strong>und</strong> mit dem heutigen<br />

Umsatz multipliziert wird.<br />

Force-<strong>Index</strong> = (Schlusskurs heute – Schlusskurs gestern) x Umsatz<br />

Der Force-<strong>Index</strong> ist positiv, wenn der heutige Schlusskurs über dem gestrigen<br />

liegt. Der Force-<strong>Index</strong> ist negativ, wenn der heutige Schlusskurs unter dem<br />

gestrigen liegt.<br />

Treten unter hohem Umsatz starke Bewegungen <strong>auf</strong>, schlägt der Force-<strong>Index</strong><br />

stark aus <strong>und</strong> deutet dar<strong>auf</strong> hin, dass die dominante Marktpartei (Bullen oder<br />

Bären) die Kontrolle über <strong>den</strong> Markt hat.<br />

Treten bei hohen Umsätzen aber kleine Bewegungen <strong>auf</strong>, schlägt der Force-<br />

<strong>Index</strong> wenig aus <strong>und</strong> deutet dar<strong>auf</strong> hin, dass die Marktparteien (Bullen oder<br />

Bären) miteinander um die Vorherrschaft ringen.


S e i t e | 91<br />

Für die längerfristige Analyse im Wochen- <strong>und</strong> Tageschart empfiehlt<br />

Alexander Elder die Nutzung einer 13er Periode. Für möglichst präzise Ein<strong>und</strong><br />

Ausstiege lässt sich ein kurzfristiger 2-Perio<strong>den</strong>-Force-<strong>Index</strong> nutzen.<br />

Insbesondere <strong>auf</strong>tretende Divergenzen am Bo<strong>den</strong> bieten häufig<br />

hervorragende Signale für Einstiege. Fallen Kurse <strong>auf</strong> ein tieferes Tief, aber<br />

der Ausschlag des Force-<strong>Index</strong> ist flacher als beim vorangegangenen Tief,<br />

wer<strong>den</strong> Long-Chancen gesucht.<br />

Der Force-<strong>Index</strong> mit der Periode 2 als Hilfsmittel für das Einstiegs-Timing. Anfang Juni<br />

erreicht BASF ein Tief am Punkt A – der Force-<strong>Index</strong> schlägt weit aus, das Volumen<br />

verursacht eine große Bewegung. Die Aktie korrigiert bis zum Punkt B, der Force-<strong>Index</strong><br />

kehrt über die Nulllinie zurück. Ende Juli fällt die Aktie am Punkt C <strong>auf</strong> ein neues Tief<br />

unter 52 Euro. Der flachere Ausschlag im Force-<strong>Index</strong> zeigt, dass die Bären an Kraft<br />

verloren haben, ein Long-Einstieg steht bevor. Am nächsten Tag kann über dem<br />

Tageshoch eine profitable, risikoarme Long-Position eröffnet wer<strong>den</strong>. Genaueres<br />

Einstiegstiming <strong>auf</strong> End-of-Day-Basis ist kaum möglich.<br />

DIE AVERAGE TRUE RANGE<br />

Die Average True Range ist ein volatilitätsmessender Indikator, der von<br />

James Welles Wilder entwickelt wurde, um die Schwankungsbreite von<br />

Rohstoff- <strong>und</strong> Terminmärkten unter Berücksichtigung von Übernacht-Gaps<br />

abzubil<strong>den</strong>. Die „wahre Handelsspanne“ wird berechnet aus der Differenz<br />

- zwischen dem Höchst- <strong>und</strong> Tiefstkurs des Tages oder<br />

- zwischen dem Höchstkurs heute <strong>und</strong> dem Close gestern bei einem<br />

Aufwärtsgap oder


S e i t e | 92<br />

- zwischen dem Schlusskurs gestern <strong>und</strong> dem Tief heute bei einem<br />

Abwärtsgap.<br />

Dabei wird jeweils der größte der drei Werte verwendet. Wilder erreichte mit<br />

dieser Berechnungsmethode, dass in <strong>den</strong> Futures-Märkten Gaps <strong>und</strong> Tage, an<br />

<strong>den</strong>en die Futures an Limits gehandelt wur<strong>den</strong>, besser berücksichtigt wur<strong>den</strong><br />

als bei der vorher üblichen einfachen Handelsspanne.<br />

Aus der „wahren Handelsspanne“ wird durch Glättung mit einer bestimmten<br />

Perio<strong>den</strong>länge die „durchschnittliche wahre Handelsspanne“ bzw. Average<br />

True Range. Gebräuchlich sind hier zwischen 5 <strong>und</strong> 30 Perio<strong>den</strong> für diese<br />

Glättung.<br />

Die ATR muss nicht permanent im Chart eingezeichnet sein, sie soll vielmehr<br />

einen Hinweis <strong>auf</strong> die durchschnittliche Schwankungsbreite eines Marktes<br />

geben. Insbesondere für das Risiko-Management kommt der ATR eine<br />

Bedeutung zu. Bewegungen von 1 ATR haben eine Wahrscheinlichkeit von<br />

68%, in der bevorstehen<strong>den</strong> Zeitperiode <strong>auf</strong>zutreten, während Bewegungen<br />

von 2 ATR nur noch eine Wahrscheinlichkeit von 5% <strong>auf</strong>weisen. Bewegungen<br />

um 3 ATR innerhalb einer Periode treten nur noch in 0,75% aller Zeitperio<strong>den</strong><br />

<strong>auf</strong>. Wer solche Entfernungen zur Absicherung einer Position nutzt, wird also<br />

relativ selten ausgestoppt. Andererseits sind auch Gewinnziele von 3 ATR<br />

wenig realistisch.<br />

SYSTEMATISCHE UNTERSCHIEDE ZWISCHEN<br />

INDIKATOREN<br />

Hinsichtlich der zeitlichen Zuordnung der Signale kann man Indikatoren in<br />

Vorläufer <strong>und</strong> Nachläufer unterteilen.<br />

Vorläufer (Leading<br />

Indicators)<br />

Nachläufer (Lagging<br />

Indicators)<br />

Blickrichtung Vorwärts Rückwärts<br />

Beispiele<br />

RSI, Stochastik, MACD-<br />

Histogramm<br />

Gleitender Durchschnitt,<br />

MACD<br />

Signalisieren Wendepunkte Trendrichtungen<br />

Fokus Übertreibungszustände Entwicklungen<br />

Marktdynamik Seitwärts, träge Trendmarkt


S e i t e | 93<br />

TEIL <strong>10</strong>: ANALYSEPRAXIS<br />

So, wie der Besitz eines gefüllten Werkzeugkastens noch keinen Handwerker<br />

ausmacht, ist auch die Kenntnis der einzelnen Bestandteile der Technischen<br />

Analyse noch kein Konzept für erfolgreiches Handeln oder <strong>Investieren</strong>. Es<br />

kommt vielmehr dar<strong>auf</strong> an, die einzelnen Instrumente entsprechend ihrem<br />

Verwendungszweck zu benutzen, sie zu kombinieren, um maximale Synergien<br />

zu erreichen. Das Puzzle muss aus einzelnen Bestandteilen zusammengesetzt<br />

wer<strong>den</strong> <strong>und</strong> ergibt erst dann ein sinnvolles Ganzes. Entsprechend <strong>den</strong> Zielen<br />

eines Marktteilnehmers kann das Instrumentarium <strong>und</strong> seine Anwendung<br />

erheblich differieren. Im Folgen<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> die Gr<strong>und</strong>ideen vorgestellt, die<br />

ich verwende <strong>und</strong> die sich in meiner täglichen Börsenpraxis als<br />

erfolgversprechend erwiesen haben.<br />

Damit soll keine Wertung anderer praktischer Ansätze verb<strong>und</strong>en sein.<br />

Andere handwerkliche Herangehensweisen sind möglicherweise nicht besser<br />

oder schlechter als meiner – sondern eben nur anders. Es bleibt jedem Trader<br />

eigenverantwortlich überlassen, das für ihn handwerklich <strong>und</strong> vor allem<br />

psychologisch komfortabelste Werkzeug zu fin<strong>den</strong>. Insofern sind die<br />

folgen<strong>den</strong> Ausführungen Denkanstöße – keine Einladung zum blin<strong>den</strong><br />

Kopieren.<br />

DAS KONZEPT VON WERT UND PREIS<br />

Für meine Analysepraxis mache ich mir die mehrfach dargelegte einfache Idee<br />

zunutze, dass Preis <strong>und</strong> Wert selten h<strong>und</strong>ertprozentig zusammenfallen.<br />

Vielmehr oszilliert der Preis eines Handelsinstrumentes um seinen Wert.<br />

Zeitweise kommt es so zu Übertreibungen im Markt - neben dem Wert eines<br />

Papiers bezahlen Käufer dann einen Aufschlag für die eingepreiste Euphorie<br />

oder einen Abschlag für die Panik.<br />

Der Preis eines Handelsinstrumentes lässt sich am Kurs ablesen:<br />

Marktteilnehmer handeln zu einem Kurs, bei dem Käufer <strong>den</strong> Preis für<br />

niedrig genug halten, um das Instrument später mit Gewinn zu verk<strong>auf</strong>en.<br />

Verkäufer halten <strong>den</strong> erzielten Verk<strong>auf</strong>serlös für angemessen. Und inaktive<br />

Marktteilnehmer teilen keine von bei<strong>den</strong> Meinungen <strong>und</strong> bleiben inaktiv. Die<br />

Bewertung hier ist lediglich eine Moment<strong>auf</strong>nahme über <strong>den</strong> Konsens der<br />

Marktteilnehmer für <strong>den</strong> fairen Wert eines Handelsinstrumentes.<br />

Den Wert bestimme ich nun, indem ich eine Zeitebene betrachte, die logisch<br />

oberhalb meiner gewählten Handels-Zeitebene liegt. Den Konsens der<br />

Marktteilnehmer über <strong>den</strong> Wert eines Handelsinstrumentes in dieser höheren<br />

Zeitebene liefern mir die Exponentiellen Gleiten<strong>den</strong> Durchschnitte, die diese<br />

höhere Zeitebene repräsentieren.<br />

So kann ich beispielsweise einen Tageschart betrachten <strong>und</strong> sehe <strong>den</strong><br />

augenblicklichen Preis. Der 5-Tage-EMA (der Wert <strong>auf</strong> Wochenbasis) <strong>und</strong> der<br />

21-Tage-EMA (der Wert <strong>auf</strong> Monatsbasis) sind dann wie ein<br />

„Abstimmungsergebnis” zu werten: Könnten sämtliche Marktteilnehmer der<br />

vergangenen Woche oder des vergangenen Monats abstimmen, stünde der


S e i t e | 94<br />

Preis an diesen Durchschnittslinien. Befin<strong>den</strong> wir uns oberhalb, ist der Markt<br />

überbewertet, befin<strong>den</strong> wir uns unterhalb, ist der Markt unterbewertet.<br />

DIE TRIPLE-SCREEN-METHODE<br />

Da Märkte in mehr als einer Zeitebene existieren, ist es sinnvoll, seine<br />

Analysen vom längeren zum kürzeren Zeitfenster durchzuführen. Während<br />

eines Monats wer<strong>den</strong> mehr Handelsentscheidungen getroffen als während<br />

einer <strong>10</strong>-Minuten-Periode, daher sollte man sich zunächst einen Überblick<br />

über <strong>den</strong> langfristigen Marktzustand verschaffen. Ähnlich einem Blick <strong>auf</strong> <strong>den</strong><br />

Kalender gilt es zu analysieren, ob wir uns ten<strong>den</strong>ziell in Richtung Sommer<br />

oder in Richtung Winter bewegen.<br />

Die Triple-Screen-Methode wurde von Dr. Alexander Elder vor über 30<br />

Jahren entwickelt <strong>und</strong> hat sich seitdem als robuster Analyseansatz erwiesen. 18<br />

HANDELSAUSRICHTUNG: TREND, BEWEGUNG ODER<br />

KORREKTUR?<br />

Wir hatten bereits die Bestandteile eines Trends herausgearbeitet: Bewegung<br />

ist der Impulsschub in Trendrichtung, Korrektur ist der gegen <strong>den</strong> Trend<br />

gerichtete Schub. Vor einem Trade die Entscheidung zu treffen, welchen<br />

Bestandteil des Trends man handeln möchte, ist essentiell für ein so wichtiges<br />

Thema wie die Stopsetzung <strong>und</strong> damit die Positionsgrößenbestimmung.<br />

Trends zu handeln, bringt statistisch gesehen die profitabelsten Ergebnisse.<br />

Jedoch ist eine trendfolgende Handelsstrategie meist mit psychologischen<br />

Schwierigkeiten verb<strong>und</strong>en.<br />

Erstens gilt es, die Korrekturen auszuhalten. Während eines Trades wird es<br />

also passieren, dass <strong>auf</strong>gel<strong>auf</strong>ene Buchgewinne wieder schrumpfen, ein<br />

Gewinn-Trade sogar noch einmal ins Minus läuft. Solange jedoch das aktuelle<br />

Korrekturtief höher ausfällt als das vorhergehende (in einem Long-Trade) <strong>und</strong><br />

jedes folgende Hoch höher ist als das vorhergehende, ist der Trend intakt <strong>und</strong><br />

an dem Trade kann festgehalten wer<strong>den</strong>. Die Stops wer<strong>den</strong> jeweils nach<br />

Abschluss der Korrektur (also bei Erreichen eines neues Bewegungsextrems)<br />

in Richtung der Trendbewegung verschoben. Eine wachsende Verlustaversion<br />

im Gewinnfall <strong>und</strong> der Dispositionseffekt sind hier jedoch psychologische<br />

Hür<strong>den</strong>.<br />

18 Für genauere Beschreibungen von Elders Analysetechniken seien<br />

empfohlen: Come Into My Trading Room, München, 2005 sowie Entries &<br />

Exits, München, 2008.


S e i t e | 95<br />

Der Tageschart der BASF-Aktie am 24. September 2012. Erkennbar ist die<br />

markttechnische Punktzählung im Abwärtstrend (rot) <strong>und</strong> Aufwärtstrend (grün).<br />

Sobald im Abwärtstrend in der Mitte des Charts das letzte Korrekturhoch (3)<br />

überschritten wird <strong>und</strong> anschließend das Tief (2) nicht mehr erreicht wird, muss die<br />

Zählung verändert wer<strong>den</strong>. Der ehemalige Punkt 2 des Abwärtstrends wird zum Punkt 1<br />

des jungen Aufwärtstrends.<br />

Da viele Trader dem Phänomen der zwischenzeitlich schrumpfen<strong>den</strong><br />

Buchgewinne nicht gewachsen sind, handeln sie lieber <strong>den</strong><br />

Beschleunigungsimpuls, also die Bewegung vom Korrekturtief bis zum<br />

nächsten Impuls-Hoch bzw. in Short-Trades <strong>den</strong> Impuls vom Korrekturhoch<br />

bis zum nächsten Impuls-Tief. Diese Trades sind zeitlich kürzer, bieten<br />

naturgemäß deswegen geringere Gewinnchancen, erhöhen die<br />

Handelsfrequenz <strong>und</strong> damit die Kostenbelastung für <strong>den</strong> Trader.


S e i t e | 96<br />

Die BASF-Aktie im Tageschart. Ein Trend-Trader würde seine Stops an <strong>den</strong><br />

Korrekturtiefs setzen <strong>und</strong> erst nachziehen, nachdem das letzte Bewegungshoch<br />

überschritten wird. Damit wäre der Trend-Trade seit Ende Juni immer noch intakt. Ein<br />

Swing-Trader würde statt dessen mehrere Trades (gekennzeichnet durch die roten<br />

Pfeile) platzieren, die jeweils nur wenige Tage dauern <strong>und</strong> beim Nachlassen des<br />

Bewegungsimpulses oder dem Unterschreiten des Vortagestiefs sofort geschlossen<br />

wer<strong>den</strong>.<br />

Sobald der Bewegungsimpuls vorbei ist, besteht natürlich auch die<br />

Möglichkeit des kurzfristigen Kontra-Trend-Trades. Hierbei ist aber zu<br />

beachten, dass das Risiko einer schnellen Wieder<strong>auf</strong>nahme des<br />

Ursprungstrends jederzeit besteht. Wer einen solchen Kontra-Trend-Trade<br />

eingeht, sollte die Position live überwachen <strong>und</strong> jederzeit bereit sein, sie zu<br />

schließen. Wichtig ist natürlich auch, dass das gehandelte Instrument<br />

ausgeprägte, handelbare Korrekturen vollzieht. Oft folgt jedoch in Trends gar<br />

keine ausgeprägte Korrektur, sondern Bewegungsimpulse mün<strong>den</strong> in<br />

Dreiecke, Rechtecke, <strong>auf</strong>- oder absteigende Keile, die keine signifikanten<br />

Handelsmöglichkeiten in die Gegenrichtung eröffnen. Essentiell ist bei<br />

Kontra-Trend-Trades auch die Arbeit mit vorab definierten Kurszielen.<br />

Hier spielen Erfahrung <strong>und</strong> Disziplin des Traders eine Schlüsselrolle.<br />

DER HANDEL MIT HILFE VON PIVOT-PUNKTEN<br />

Pivot-Punkte wer<strong>den</strong> als Punkte eines „ausgewogenen Kräfteverhältnisses“<br />

zwischen <strong>den</strong> einzelnen Marktteilnehmern interpretiert. Berücksichtigt<br />

wer<strong>den</strong> bei ihrer Berechnung das Tages-Hoch, das Tages-Tief <strong>und</strong> der<br />

Tagesschlusskurs. Diese drei wer<strong>den</strong> addiert <strong>und</strong> die Summe durch drei<br />

dividiert. Das Ergebnis ist der Pivot-Punkt.


S e i t e | 97<br />

Daraus errechnet der Technische Analyst zwei darüber liegende<br />

Widerstandsniveaus <strong>und</strong> zwei darunter liegende Unterstützungszonen. Für<br />

<strong>den</strong> Intraday-Trader sind diese Marken deswegen von Interesse, weil es hier<br />

oftmals Störungen in der Bewegungsdynamik gibt. So wer<strong>den</strong> bestätigte<br />

Pivot-Unterstützungen gern zum Einstieg in Long-Positionen genutzt bzw. ihr<br />

Bruch dient als Short-Trigger. An Pivot-Widerstän<strong>den</strong> können sowohl Short-<br />

Positionen eröffnet wer<strong>den</strong>, wenn diese nicht gebrochen wer<strong>den</strong> bzw. Long-<br />

Positionen eingegangen wer<strong>den</strong>, wenn die Widerstandslinien mit großer<br />

Dynamik durchbrochen wer<strong>den</strong>. Die Arbeit mit Pivot-Punkten bietet sich also<br />

für <strong>den</strong> Day-Trader an, der seine Positionen nur wenige Minuten oder<br />

St<strong>und</strong>en hält.<br />

Darüber hinaus wer<strong>den</strong> Pivot-Punkte auch <strong>auf</strong> Monats- oder Wochenbasis<br />

berechnet, um längerfristige Investments bzw. Trend-Trades zu beobachten.<br />

Die Methodik ist ähnlich der Intraday-Methodik, nur <strong>auf</strong> einer höheren<br />

Zeitebene.<br />

Unabdingbar ist aber eine saubere Analyse über die Relevanz der Pivot-<br />

Punkte im gehandelten Instrument, <strong>den</strong>n hierüber gibt es keine verlässlichen<br />

allgemeinen Angaben.<br />

Der <strong>10</strong>-Minuten-Chart des F<strong>DAX</strong> am 24. September 2012. Am Morgen wird kurz der<br />

Pivot-Punkt angehandelt, das Tagestief liegt im Bereich der ersten Pivot-Unterstützung<br />

S1. Es wird am Mittag erreicht <strong>und</strong> dient für <strong>den</strong> Rest des Tages als Unterstützung.<br />

SYNERGIEN NUTZEN – ANALYSEINSTRUMENTE<br />

SINNVOLL KOMBINIEREN<br />

Wer die Technische Analyse für sich entdeckt, steht vor dem Problem, die<br />

„richtige“ Kombination der möglichen Analyseinstrumente für sich zu fin<strong>den</strong>.


S e i t e | 98<br />

Zunächst einmal: Die eine, „richtige“ Kombination gibt es nicht. Vielmehr<br />

sollte der Auswahl der Analyseinstrumente eine f<strong>und</strong>ierte Handelsstrategie<br />

zugr<strong>und</strong>e liegen. Und noch einmal muss unterstrichen wer<strong>den</strong>: Technische<br />

Analyse ist nicht in der Lage, einzelne Kurse zu prognostizieren. Daher muss<br />

ein stringentes Risiko- <strong>und</strong> Moneymanagement unbedingt praktiziert wer<strong>den</strong>.<br />

Die Chartanalyse gleicht einem routinierten Arbeitsabl<strong>auf</strong> nach einem festen<br />

Schema. Der Analyst muss anhand seiner Strategie vorher bestimmen,<br />

wonach er eigentlich sucht.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich lässt sich jedoch Folgendes feststellen:<br />

Die Betrachtung eines zu handeln<strong>den</strong> Instrumentes in mehreren Zeitebenen<br />

hat sich bewährt. Zwei bis drei logisch <strong>auf</strong>einander <strong>auf</strong>bauende Zeitebenen<br />

sollten untersucht wer<strong>den</strong>. Die Analyse sollte immer vom lang- zum<br />

kurzfristigen Zeitfenster erfolgen, wobei das letzte, kleinste Zeitfenster jenes<br />

ist, in dem die Handelsentscheidungen getroffen wer<strong>den</strong>. Solche<br />

Kombinationen können sein:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Monats-, Wochen-, Tageschart für <strong>den</strong> Positionstrader<br />

Wochen-, Tages- <strong>und</strong> St<strong>und</strong>enchart für <strong>den</strong> Positionstrader<br />

Tages-, St<strong>und</strong>en- <strong>und</strong> 15-, <strong>10</strong>- oder 5-Minutenchart für <strong>den</strong><br />

Daytrader<br />

St<strong>und</strong>en-, 15-Minuten- <strong>und</strong> 3-Minuten-Chart für <strong>den</strong> Daytrader<br />

St<strong>und</strong>en-, 5-Minuten- <strong>und</strong> 1-Minuten-Chart für <strong>den</strong> Daytrader<br />

Eine Faustregel empfiehlt die Verschachtelung der Zeitfenster etwa im<br />

Verhältnis 1 : 5.<br />

Die übergeordneten Zeitebenen wer<strong>den</strong> für die Bestimmung des<br />

übergeordneten Trends genutzt. In diesem Zeitfenster bieten sich auch<br />

trendfolgende Indikatoren an, um die Trendrichtung zu verdeutlichen. In<br />

Kombination mit einem Oszillator wer<strong>den</strong> Divergenzen frühzeitig deutlich.<br />

Im Handels-Chart kann dann in Richtung des übergeordneten Trends nach<br />

konkreten Handelssignalen gesucht wer<strong>den</strong>. Dies können Rücksetzer (Kontra-<br />

Trend-Bewegungen) im bestehen<strong>den</strong> Trend sein, wenn in Trendrichtung<br />

eingestiegen wer<strong>den</strong> soll. Genauso ist es aber möglich, nach Divergenzen<br />

beginnende Gegenbewegungen zum Einstieg zu nutzen.<br />

Wer mit Indikatoren arbeitet, sollte sich <strong>auf</strong> maximal fünf Indikatoren<br />

beschränken. Indikatoren funktionieren wie Ampeln an einer<br />

Verkehrskreuzung. Sie geben alle die gleichen Signale – mehr Ampeln liefern<br />

das gleiche Signal eben nur öfter. Außerdem sollten die Indikatoren zu<br />

unterschiedlichen Arten gehören – also trendfolgende Indikatoren <strong>und</strong><br />

Oszillatoren sinnvoll miteinander kombiniert wer<strong>den</strong>. MACD <strong>und</strong> Stochastik<br />

oder RSI beispielsweise wer<strong>den</strong> häufig kombiniert.<br />

Gelegentlich sollte der Trader seine Charts „<strong>auf</strong>räumen“. Mit der Zeit<br />

kommen unmerklich immer neue Indikatoren hinzu – schon wird der Chart<br />

unübersichtlich <strong>und</strong> das eigentlich Wichtige – der Preis – ist kaum noch<br />

sichtbar <strong>und</strong> versinkt in einer Fülle von Informationen.


S e i t e | 99<br />

Eine gute Idee ist es, <strong>auf</strong> übereinstimmende Indikatorsignale in<br />

unterschiedlichen Zeitfenstern zu warten – diese haben eine höhere<br />

Trefferwahrscheinlichkeit, weil Trader unterschiedlicher Zeitfenster zur<br />

gleichen Zeit in die gleiche Richtung handeln wer<strong>den</strong>.<br />

KEIN GEHEIMNIS: MEINE INDIKATOREN<br />

In meinen Webinaren <strong>und</strong> Seminaren werde ich immer wieder nach <strong>den</strong><br />

konkreten Einstellungen meiner Indikatoren gefragt. Wenn ich diese nur<br />

widerwillig der Allgemeinheit zugänglich mache, hat das nichts mit<br />

Geheimniskrämerei zu tun, wie manch einer vermuten würde. Ich nutze<br />

Standardinstrumente zum Handeln, wie sie in jeder drittklassigen<br />

Chartsoftware vorhan<strong>den</strong> sind.<br />

Vielmehr habe ich diese Indikatoreinstellungen an mein Nervenkostüm<br />

angepasst. Ich weiß, dass ich beispielsweise nicht in der Lage bin, langfristige<br />

Trends zu handeln, für mich ist jeder Trend-Trade im Tages- <strong>und</strong> selbst im<br />

St<strong>und</strong>enchart ein Akt unerträglichen Lei<strong>den</strong>s. Da ich mit dieser Eigenart<br />

meiner Persönlichkeit leben muss, habe ich kürzere Zeitfenster mit <strong>den</strong><br />

entsprechen<strong>den</strong> Charts <strong>und</strong> Indikatoren. Den Preis für <strong>den</strong> Handel in<br />

kürzeren Zeitfenstern kenne ich ebenfalls: Ich erziele kleinere<br />

durchschnittliche Gewinne, habe eine höhere Gebührenbelastung, eine<br />

höhere Entscheidungsgeschwindigkeit <strong>und</strong> Handelsfrequenz. Angehende<br />

Trader sehen jedoch nicht diese Seite, sondern etwas ganz anderes: Ich kann<br />

schneller Gewinne erzielen <strong>und</strong> <strong>auf</strong> Richtungswechsel im Markt reagieren,<br />

kann je<strong>den</strong> "Zacken" im Chart handeln. Sie scheitern dann <strong>auf</strong> Gr<strong>und</strong><br />

fehlender Erfahrung <strong>und</strong> wollen mir die Verantwortung dafür zuweisen.<br />

Und noch ein Gr<strong>und</strong>: Ich bin ein absoluter Laie in Sachen Backtesting. Keine<br />

einzige Indikatoreinstellung habe ich per Computer getestet <strong>und</strong> optimiert.<br />

Ich bin dazu zu faul <strong>und</strong> verfüge nicht über die Fähigkeiten. Ich behaupte:<br />

Was in der Vergangenheit funktioniert hat, muss in der Zukunft noch lange<br />

nicht funktionieren, also ist für mich Backtesting verschenkte Zeit. Eine<br />

Einstellung, die viele Systemtrader selbstverständlich für falsch halten, womit<br />

sie Recht haben.<br />

Wenn ich hier also in geballter Form all meine Indikatoreinstellungen<br />

komplett <strong>auf</strong>liste, geschieht das nicht, um sie als Empfehlung weiterzugeben<br />

oder ein sorgsam gehütetes Geheimnis zu lüften. Es ist lediglich eine<br />

Information. Jede Verantwortung für die Funktionstüchtigkeit lehne ich strikt<br />

ab <strong>und</strong> behalte mir Aktualisierungen ausdrücklich vor. Der Trend geht dabei<br />

hin zu weniger <strong>und</strong> einfacheren Indikatoren.<br />

Der Wochenchart<br />

- Der EMA 13 repräsentiert <strong>den</strong> fairen Wert <strong>auf</strong> Quartalsbasis.<br />

- Der Keltner-Kanal mit 26 Perio<strong>den</strong> Gleitendem Durchschnitt, 26<br />

Perio<strong>den</strong> ATR <strong>und</strong> 3 ATR Kanalbreite. Zwischen der Kanalmitte <strong>und</strong><br />

dem 13-Wochen-EMA liegt die „Sweet Zone“ oder „Value Zone“, eine<br />

Zone, in der das Handelsinstrument fair bewertet ist.<br />

- MACD in <strong>den</strong> Standardeinstellungen 12 - 26 - 9. Weist frühzeitig <strong>auf</strong><br />

Divergenzen hin.


S e i t e | <strong>10</strong>0<br />

- Force <strong>Index</strong> mit 13 Perio<strong>den</strong>. Dient zur Unterstützung der<br />

Trendbestimmung <strong>und</strong> der Messung der Impulsstärke, bildet vor<br />

Trendwen<strong>den</strong> Divergenzen.<br />

Der Tageschart<br />

- EMA 5 repräsentiert <strong>den</strong> fairen Wert <strong>auf</strong> Wochenbasis.<br />

- Keltner-Kanal mit 21 Perio<strong>den</strong> Gleitendem Durchschnitt, 21 Perio<strong>den</strong><br />

ATR <strong>und</strong> 4 ATR Kanalbreite. Alternativ verwende ich gelegentlich<br />

auch zwei Kanäle von 3 <strong>und</strong> 5 ATR Kanalbreite.<br />

- MACD in <strong>den</strong> Standardeinstellungen 12 - 26 - 9. Weist frühzeitig <strong>auf</strong><br />

Divergenzen hin.<br />

- Slow Stochastik in <strong>den</strong> Einstellungen 14 (%K-Linie), 3 (%D-Linie), 3<br />

(Glättungsperiode) <strong>und</strong> <strong>den</strong> Extrembereichen 20% <strong>und</strong> 80%.<br />

Visualisiert Extremzustände, liefert mögliche Einstiegssignale.<br />

- Volumen<br />

- Force-<strong>Index</strong> mit 2 Perio<strong>den</strong> – dient insbesondere an Bö<strong>den</strong> dem<br />

besseren Einstiegs-Timing.<br />

Der St<strong>und</strong>enchart<br />

Hier wer<strong>den</strong> die Exponentiellen Gleiten<strong>den</strong> Durchschnitte <strong>und</strong> die<br />

Perio<strong>den</strong>einstellungen der Keltner-Kanäle an <strong>den</strong> handelbaren Markt<br />

angepasst. Die Perio<strong>den</strong>längen richten sich nach der Anzahl der<br />

Handelsst<strong>und</strong>en pro Tag (höhere Zeitebene) <strong>und</strong> pro Woche (noch eine<br />

Zeitebene höher). St<strong>und</strong>encharts kommen beim Einstieg in Positionstrades<br />

zur Anwendung. Im Daytrading dienen sie als strategisches Zeitfenster zur<br />

Definition der übergeordneten Trendrichtung.<br />

- Aktienhandel Deutschland, Österreich, Amerika:<br />

o EMA 9 repräsentiert <strong>den</strong> fairen Wert <strong>auf</strong> Tagesbasis<br />

o Keltner-Kanal mit 45 Perio<strong>den</strong> Gleitendem Durchschnitt, 45<br />

Perio<strong>den</strong> ATR <strong>und</strong> 3 bzw. 5 ATR Kanalbreite.<br />

o MACD s.o.<br />

o Slow Stochastik s.o.<br />

- Forex-, Gold- <strong>und</strong> anderer 24-St<strong>und</strong>en-Handel (S&P)<br />

o EMA 24 repräsentiert <strong>den</strong> fairen Wert <strong>auf</strong> Tagesbasis<br />

o Keltner-Kanal mit 120 Perio<strong>den</strong> Gleitendem Durchschnitt,<br />

120 Perio<strong>den</strong> ATR <strong>und</strong> 3 bzw. 5 ATR Kanalbreite.<br />

o MACD s.o.<br />

o Slow Stochastik s.o.<br />

- <strong>Index</strong>- Futures, -CFDs <strong>und</strong> anderer 14-St<strong>und</strong>en-Handel<br />

o EMA 14 repräsentiert <strong>den</strong> fairen Wert <strong>auf</strong> Tagesbasis<br />

o Keltner-Kanal mit 70 Perio<strong>den</strong> Gleitendem Durchschnitt, 70<br />

Perio<strong>den</strong> ATR <strong>und</strong> 3 bzw. 5 ATR Kanalbreite.<br />

o MACD s.o.<br />

o Slow Stochastik s.o.<br />

Der <strong>10</strong>-Minuten-Chart


S e i t e | <strong>10</strong>1<br />

Hier treffe ich keine Unterscheidungen mehr zwischen <strong>den</strong> einzelnen<br />

Handelsinstrumenten, dieser Chart wird nur im kurzfristigen Daytrading<br />

genutzt. Währungen wer<strong>den</strong> <strong>auf</strong> Gr<strong>und</strong> der ausgeprägten Trends nicht in<br />

diesem kurzfristigen Zeitfenster gehandelt, Rohstoffe <strong>und</strong> Aktien wegen<br />

fehlender Liquidität ebenfalls nicht.<br />

- EMA 18 repräsentiert <strong>den</strong> fairen Preis der vergangenen drei St<strong>und</strong>en<br />

- Keltner-Kanal mit 84 Perio<strong>den</strong> Gleitendem Durchschnitt, 84<br />

Perio<strong>den</strong> ATR <strong>und</strong> 3 bzw. 5 ATR Kanalbreite.<br />

- MACD s.o.<br />

- Slow Stochastik s.o.<br />

Der 1-Minuten-Chart<br />

Ich übe im 1-Minuten-Chart im Intraday-Bereich das Trend-Trading. Was im<br />

St<strong>und</strong>en- <strong>und</strong> <strong>10</strong>-Minuten-Chart wie der Handel einer Bewegung aussieht,<br />

wird in einer höheren Zeit<strong>auf</strong>lösung zum Trend-Handel. Daher versuche ich<br />

hier, die Trends inklusive der Korrekturen auszuhalten <strong>und</strong> meine Psyche zu<br />

trainieren. Indikatoren sind hier nur sehr bedingt aussagekräftig, daher hat<br />

die Preisbewegung hier eine noch höhere Priorität als in allen anderen<br />

Zeitfenstern.<br />

- EMA 60 repräsentiert <strong>den</strong> fairen St<strong>und</strong>enpreis <strong>und</strong> die Trendrichtung<br />

- Slow Stochastik 15 - 3 - 3. Dient als Signalgeber <strong>und</strong> für<br />

Divergenzerkennung.<br />

- MACD (12 - 26 - 9) zum Aufspüren von Divergenzen, insbesondere in<br />

<strong>den</strong> Linien.<br />

Der <strong>10</strong>0-Tick-Chart<br />

Der <strong>10</strong>0-Tick-Chart hat sich im Futures-Handel intraday bewährt. Die<br />

Besonderheit dieses zeitunabhängigen Charts: Nach jeweils <strong>10</strong>0 Geschäften<br />

(Ticks, Trades) wird eine neue Kerze begonnen. Damit wer<strong>den</strong> in schnellen<br />

Märkten innerhalb kurzer Zeit viele Kerzen generiert, die aber alle für sich<br />

genommen zwischen Hoch <strong>und</strong> Tief eine geringe Spanne <strong>auf</strong>weisen. In<br />

ruhigen Märkten (etwa mittags) wer<strong>den</strong> hingegen nur dann Kerzen neu<br />

begonnen, wenn <strong>10</strong>0 Geschäfte stattgef<strong>und</strong>en haben. In schnellen Märkten<br />

können also innerhalb einer Minute 30 oder <strong>10</strong>0 Kerzen entstehen, in<br />

langsamen Märkten kann innerhalb von zehn Minuten eine Kerze entstehen.<br />

Die zeitunabhängige Darstellung hilft also, das Marktrauschen aus <strong>den</strong> Charts<br />

zu entfernen.<br />

- EMA 50 repräsentiert <strong>den</strong> fairen Wert der vergangenen 50 Kerzen<br />

- MACD (12 – 26 - 9) zum Aufspüren von Divergenzen.<br />

- Slow Stochastic (15, 3, 3) für das Erkennen<br />

überk<strong>auf</strong>ter/überverk<strong>auf</strong>ter Szenarien<br />

- Volumen (Erkennung von Distribution oder Akkumulation)<br />

- Donchian-Kanal mit 50 Perio<strong>den</strong>, visualisiert das höchste gehandelte<br />

Hoch bzw. das tiefste gehandelte Tief der letzten 50 Kerzen bzw.<br />

5.000 Trades. Ausbrüche wer<strong>den</strong> sofort sichtbar. In der Mitte des<br />

Kanals verläuft der Median, der häufig mit dem 50%-Fibonacci-<br />

Retracement i<strong>den</strong>tisch ist <strong>und</strong> bei Ausbrüchen eine gute<br />

Einstiegszone im Rücksetzer darstellt.


S e i t e | <strong>10</strong>2<br />

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www.spiketrade.com<br />

www.gajowiy.com

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