Entbehrlichkeit der Fristsetzung bei Arglist des Verkäufers - Ja-Aktuell
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Jobname: JA_8-9-2007.3d 9.8.2007 11:13:22 Uhr<br />
RECHTSPRECHUNG ZIVILRECHT · GESETZLICHE SCHULDVERH¾LTNISSE<br />
tendmachung <strong>des</strong> Schadens- bzw. Aufwendungsersatzanspruchs<br />
rechtfertigen (§§ 281 II Alt. 2, 323 II Nr. 3 BGB). Gemessen an<br />
den an<strong>der</strong>en normierten Ausnahmetatbeständen kommt diesen<br />
Regelungen Auffangcharakter zu. Sie sollen den Gerichten Bewertungsspielräume<br />
eröffnen und Einzelfälle erfassen. Beispielhaft<br />
wird da<strong>bei</strong> die verspätete und daher nicht mehr verwendbare Lieferung<br />
von Saisonware o<strong>der</strong> Dünger für die Landwirtschaft genannt<br />
(BT-Drs. 14/6040, S. 186). Ein die sofortige Rückabwicklung<br />
<strong>des</strong> Kaufvertrages rechtfertigen<strong>des</strong> überwiegen<strong>des</strong> Käuferinteresse<br />
wird von <strong>der</strong> Literatur und <strong>der</strong> untergerichtlichen<br />
Rechtsprechung ganz überwiegend auch dann bejaht, wenn <strong>der</strong><br />
Verkäufer dem Käufer einen ihm bekannten Mangel <strong>bei</strong> Abschluss<br />
<strong>des</strong> Kaufvertrages verschwiegen hat . . . Dem tritt <strong>der</strong> Senat<br />
<strong>bei</strong>. Hat <strong>der</strong> Verkäufer <strong>bei</strong>m Abschluss eines Kaufvertrages eine<br />
Täuschungshandlung begangen, so ist in <strong>der</strong> Regel davon auszugehen,<br />
dass die für eine Nacherfüllung erfor<strong>der</strong>liche Vertrauensgrundlage<br />
beschädigt ist (so bereits BGHZ 46, 242, 246 zu § 634<br />
II BGB a.F.).«<br />
Der Verzicht auf das <strong>Fristsetzung</strong>serfor<strong>der</strong>nis hat zur Folge, dass<br />
<strong>der</strong> Verkäufer sein sog. »Recht zur zweiten Andienung« 4 verliert.<br />
Nach Ansicht <strong>des</strong> BGH ist <strong>der</strong> Verkäufer insoweit jedoch nicht<br />
schutzwürdig. Der Verkäufer verdiene die »Chance zur nachträglichen<br />
Fehlerbeseitigung« nur dann, wenn ihm <strong>der</strong> Mangel <strong>bei</strong><br />
Abschluss <strong>des</strong> Kaufvertrages nicht bekannt war. Bei Kenntnis <strong>des</strong><br />
Mangels hätte er diesen vor Abschluss <strong>des</strong> Vertrages beseitigen<br />
und dadurch die mit <strong>der</strong> Rückabwicklung <strong>des</strong> Vertrages verbundenen<br />
wirtschaftlichen Nachteile vermeiden können. Es bestehe<br />
daher kein Anlass, ihm nach <strong>der</strong> Entdeckung <strong>des</strong> Mangels durch<br />
den Käufer eine zweite Chance zu geben. Das Gericht verweist in<br />
diesem Zusammenhang auf eine frühere Entscheidung, wonach<br />
<strong>der</strong> Rücktritt <strong>bei</strong> <strong>Arglist</strong> <strong>des</strong> <strong>Verkäufers</strong> auch im Fall eines objektiv<br />
unerheblichen Mangels grundsätzlich nicht nach § 323 V 2<br />
BGB ausgeschlossen sei. 5<br />
IV. Nach <strong>der</strong> Lösung <strong>des</strong> BGH hätten dem Kläger die geltend<br />
gemachten Ansprüche zugestanden. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite hatten<br />
die Beklagten allerdings Gegenansprüche auf Nutzungsersatz<br />
sowie Wertersatz wegen angeblicher Verschlechterungen <strong>des</strong><br />
Grundstücks erhoben. Da auch insoweit Erfolgsaussichten bestanden,<br />
ist das Gericht <strong>der</strong> Anregung <strong>der</strong> Parteien gefolgt und<br />
hat die Kosten <strong>des</strong> Rechtsstreits auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>des</strong> § 91a I<br />
ZPO gegeneinan<strong>der</strong> aufgehoben.<br />
D. BEWERTUNG<br />
Die Entscheidung gewinnt ihre Überzeugungskraft daraus, dass<br />
<strong>der</strong> BGH nicht pauschal mit <strong>der</strong> fehlenden Schutzwürdigkeit <strong>des</strong><br />
<strong>Verkäufers</strong> argumentiert, son<strong>der</strong>n einen spezifischen Zusammenhang<br />
zwischen <strong>der</strong> <strong>Arglist</strong> und <strong>der</strong> <strong>Entbehrlichkeit</strong> <strong>der</strong> <strong>Fristsetzung</strong><br />
aufzeigt. Zum einen ist es dem Käufer grundsätzlich unzumutbar,<br />
sich auf die Nacherfüllung durch den arglistigen Verkäufer<br />
einzulassen. Zum an<strong>der</strong>en hat es <strong>der</strong> Verkäufer <strong>bei</strong> Kenntnis<br />
<strong>des</strong> Mangels in <strong>der</strong> Hand, dem Käufer von vornherein eine<br />
mangelfreie Sache zu leisten; er muss daher nicht durch das<br />
»Recht zur zweiten Andienung« geschützt werden. In <strong>der</strong> vom<br />
BGH herangezogenen Entscheidung zur Zulässigkeit <strong>des</strong> Rücktritts<br />
trotz objektiver Unerheblichkeit <strong>des</strong> Mangels erscheint <strong>der</strong><br />
spezifische Zusammenhang mit <strong>der</strong> <strong>Arglist</strong> dagegen zweifelhaft,<br />
weil das Gewicht <strong>des</strong> Mangels durch das arglistige Verhalten <strong>des</strong><br />
<strong>Verkäufers</strong> nicht verstärkt wird. 6 In dieser Hinsicht sollte <strong>der</strong><br />
BGH seine Rechtsprechung zu den Auswirkungen <strong>der</strong> <strong>Arglist</strong><br />
<strong>des</strong> <strong>Verkäufers</strong> auf die Rechte <strong>des</strong> Käufers also noch einmal<br />
überdenken. Neben den Gewährleistungsrechten steht dem Käufer<br />
<strong>bei</strong> arglistiger Täuschung im Übrigen auch das Anfechtungsrecht<br />
nach § 123 BGB zu. 7 Da die Anfechtung zur ex tunc-Nichtigkeit<br />
<strong>des</strong> Vertrages führt (§ 142 I BGB), verliert <strong>der</strong> Verkäufer<br />
dadurch ebenfalls das »Recht zur zweiten Andienung«. Für den<br />
Käufer ist die Anfechtung dennoch im Regelfall ungünstiger, weil<br />
er seinerseits keinen Anspruch auf Schadensersatz statt <strong>der</strong> Leistung<br />
o<strong>der</strong> Aufwendungsersatz geltend machen kann.<br />
Professor Dr. Dirk Looschel<strong>der</strong>s, Universität Düsseldorf<br />
4 Zum Recht zur zweiten Andienung vgl. z.B. Looschel<strong>der</strong>s Schuldrecht Beson<strong>der</strong>er Teil,<br />
2007, Rn. 82.<br />
5 BGH NJW 2006, 1960, 1961.<br />
6 Krit. auch S. Lorenz NJW 2006, 1925 ff.; H. Roth JZ 2006, 1026 (1027); Kulke ZGS<br />
2006, 412 (413 ff.); dem BGH folgend Palandt/Grüneberg BGB, 66. Aufl. 2007, § 323<br />
Rn. 32; HK-BGB/Schulze 5. Aufl. 2007, § 323 Rn. 14.<br />
7 Zum Verhältnis zwischen <strong>der</strong> kaufrechtlichen Gewährleistung und <strong>der</strong> Anfechtung nach<br />
§ 123 BGB vgl. BGH NJW 2006, 2839; Palandt/Weidenkaff (Fn. 6) § 437 Rn. 54;<br />
Looschel<strong>der</strong>s (Fn. 4) Rn. 177.<br />
RECHTSPRECHUNG ZIVILRECHT · GESETZLICHE SCHULDVERH¾LTNISSE UND SCHADENSERSATZ<br />
Allgemeines Persönlichkeitsrecht<br />
EMRK Art. 8, 10; GG Art. 5 I, 2 I; KUG §§ 22, 23<br />
BGH, Urteile vom 6.3.2007 – VI ZR 13/06 (VersR 2007, 697 =<br />
AfP 2007, 121 = ZUM 2007, 382); VI ZR 14/06; VI ZR 50/06;<br />
VI ZR 51/06* (GRUR 2007, 527); VI ZR 52/06 (WRP 2007,<br />
648); VI ZR 53/06<br />
1. Zur Illustrierung <strong>der</strong> Berichterstattung über ein zeitgeschichtliches<br />
Ereignis kann eine Veröffentlichung von Bildaufnahmen<br />
Prominenter nach einer Abwägung <strong>der</strong> wi<strong>der</strong>streitenden<br />
Rechte und Grundrechte <strong>der</strong> abgebildeten Person aus<br />
Art. 1 I, 2 I GG und Art. 8 EMRK mit den Rechten <strong>der</strong> Presse<br />
aus Art. 5 I 2 GG und Art. 10 EMRK auch ohne Einwilligung<br />
zulässig sein. (Leitsatz <strong>des</strong> Gerichts).<br />
2. Für Bildveröffentlichungen von Personen öffentlichen Interesses<br />
(Prominente) gilt ein abgestuftes Schutzkonzept <strong>der</strong><br />
§§ 22, 23 KUG. (Leitsatz <strong>des</strong> Bear<strong>bei</strong>ters)<br />
A. SACHVERHALT<br />
Die Kläger sind Caroline von Hannover und ihr Ehemann. Beklagte<br />
sind Verleger von Zeitschriften auf dem Gebiet <strong>der</strong> leichten<br />
Unterhaltung – »Frau aktuell«, »Frau im Spiegel«, »7 Tage«. Es<br />
wurde berichtet, dass es dem Fürsten von Monaco, dem Vater <strong>der</strong><br />
Klägerin »wie<strong>der</strong> einmal sehr schlecht gehen soll« und dass er<br />
Besuch nur von seiner jüngsten Tochter erhalten habe, seine älteste<br />
Tochter, die Klägerin, aber Skiurlaub mache; da<strong>bei</strong> wurde<br />
ein Bild abgedruckt, das die Kläger auf einer Straße in St. Moritz<br />
zeigt. In einem weiteren Artikel wurde gemeldet, das Paar verbringe<br />
einen Winterurlaub in St. Moritz; auch da<strong>bei</strong> wurde ein Bild<br />
<strong>der</strong> Kläger auf einer öffentlichen Straße in St. Moritz veröffent-<br />
* Diese Entscheidung ist zur Veröffentlichung in <strong>der</strong> Entscheidungssammlung <strong>des</strong> BGH<br />
vorgesehen.<br />
RECHTSPRECHUNG<br />
8 – 9/2007 647