download - Dorn - Krämer & Partner GbR
download - Dorn - Krämer & Partner GbR
download - Dorn - Krämer & Partner GbR
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
DORN · KRÄMER & PARTNER <strong>GbR</strong><br />
RAe DORN · KRÄMER & PARTNER <strong>GbR</strong> · KURFÜRSTENDAMM 57 · 10707 BERLIN<br />
Globalanmeldungen<br />
der Jewish Claims Conference<br />
nicht fristgerecht<br />
Berlin, im Mai 2004<br />
DR. DIETRICH-W. DORN, NOTAR<br />
CLEMENS KRÄMER, NOTAR<br />
KATRIN VON BALLUSECK<br />
ANGELIKA PESCHKE<br />
NICOLE WEYDE<br />
MARION WESTPHAL-HANSEN<br />
SASCHA A. BOROWSKI<br />
MONIKA SANDER<br />
BERLIN<br />
JÖRN HANSEN<br />
KATHRIN BUSSE-SUPPÉ<br />
POTSDAM<br />
GRIT KOSCHINSKI<br />
FRANKFURT/ODER<br />
RECHTSANWÄLTE<br />
POSTULATIONSFÄHIG BEI ALLEN LANDGERICHTEN<br />
DR.DORN, KRÄMER, KOSCHINSKI, HANSEN,<br />
VON BALLUSECK, PESCHKE, WEYDE UND SANDER<br />
AUCH POSTULATIONSFÄHIG BEI ALLEN<br />
OBERLANDESGERICHTEN UND DEM KAMMERGERICHT<br />
FACHANWÄLTE FÜR VERWALTUNGSRECHT: KRÄMER; BUSSE-SUPPÉ<br />
FACHANWÄLTE FÜR ARBEITSRECHT: DR.DORN; KOSCHINSKI<br />
FACHANWÄLTIN FÜR SOZIALRECHT: WEYDE<br />
FACHANWALT FÜR STEUERRECHT:<br />
DR.DORN<br />
ANNETTE ZANDER<br />
STEUERBERATER POTSDAM<br />
KURFÜRSTENDAMM 57<br />
10707 BERLIN<br />
TELEFON: 030/327 83 500<br />
TELEFAX: 030/327 83 599<br />
E-MAIL: berlin@ dorn-kraemer-partner.de<br />
HOMEPAGE: www. dorn-kraemer-partner.de<br />
„Das Wesen der Geschichte ist die Wandlung“ sagte<br />
der Schweizer Historiker Jacob Burckhardt (1818-<br />
1897).<br />
Die deutschen Verwaltungsgerichte fühlten sich diesen<br />
Worten des Eidgenossen verpflichtet und haben das<br />
Recht der offenen Vermögensfragen in einem zentralen<br />
Punkt – der Wirksamkeit der sogenannten Globalanmeldungen<br />
der Jewish Claims Conference – gewandelt.<br />
Diese Globalanmeldungen aus den letzten Tagen des<br />
Dezembers 1992 sind teilweise nicht fristgerecht, die<br />
Restitution der Grundstücke an die antragstellende Jewish<br />
Claims Conference insofern ausgeschlossen:<br />
Die Conference on Jewish Material Claims against<br />
Germany, Inc. – der Einfachheit halber und dem allgemeinen<br />
Sprachgebrauch entsprechend im weiteren Verlauf<br />
„JCC“ genannt – ist Rechtsnachfolgerin für erbenloses<br />
oder unbeanspruchtes jüdisches Vermögen (§ 1<br />
Abs. 6 Vermögensgesetz – VermG –). Diese Berechtigung<br />
der JCC ist deshalb etabliert worden, um nicht den<br />
Fiskus des Staates zu begünstigen, in dessen jüngster<br />
Geschichte sich das „wiedergutzumachende“ Unrecht<br />
ereignet hat (vgl. BT-Drucks. 11/7831, Erläuterungen<br />
zu § 2). Gemäß § 1936 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)<br />
erbt – soweit weder ein Verwandter noch ein Ehegatte<br />
des Erblassers vorhanden ist – der Fiskus.<br />
Mit im wesentlichen gleichlautenden Schreiben reichte<br />
die JCC in den letzten Tagen des Dezember 1992 an die<br />
Landesämter zur Regelung offener Vermögensfragen<br />
Anmeldungen nach drei verschiedenen Mustern ein:<br />
- Die Anmeldung 1 („ANM-1“) sollte Ansprüche anmelden<br />
auf „alle feststellbaren Vermögenswerte, die<br />
sich aus den der Claims Conference zur Zeit noch<br />
nicht zugänglichen Akten (...) ergeben“,<br />
- Anmeldung 2 („ANM-2“) auf „Grundvermögen,<br />
Unternehmen, dingliche Rechte und alle anderen<br />
Vermögenswerte, die durch Dritte beansprucht werden<br />
und bei denen sich im Laufe der Bearbeitung<br />
herausstellt, daß es sich um einen Vermögensverlust<br />
gemäß § 1 Abs. 6 VermG handelt (...)“<br />
- Anmeldung 3 („ANM-3“) auf „Vermögenswerte“,<br />
die – vereinfacht zusammengefasst – durch noch anzustellende<br />
Ermittlungen zu bestimmten Vermögensgegenständen<br />
hinführen, deren ehemalige Eigentümer<br />
Juden waren.<br />
Weitere Angaben zu den Grundstücken, etwa die Belegenheit<br />
des Grundstücks oder die grundbuchliche Bezeichnung,<br />
enthielten die Globalanmeldungen nicht.<br />
Diese Angaben, die sogenannte Präzisierung der Anmeldung,<br />
erfolgte durch die JCC dann in den Folgejahren<br />
und dauert bis heute an. Hintergrund dieser Global-<br />
14469 POTSDAM 15230 FRANKFURT/O<br />
BEHLERTSTRASSE 27 A PARTNER DER CONSULEGIS EWIV LOGENSTRASSE 6 A<br />
TELEFON: 0331 / 271 55 10 RECHTSANWÄLTE IN EUROPA TELEFON: 0335 / 555 59 10<br />
TELEFAX: 0331 / 271 55 99 TELEFAX: 0335 / 555 59 99<br />
DEUTSCHE BANK AG COMMERZBANK AG BERLINER VOLKSBANK eG POSTBANK BERLIN<br />
BLZ 100 700 24 BLZ 100 400 00 STEUERNUMMER: 13/265/605 BLZ 100 900 00 BLZ 100 100 10<br />
KTO.NR. 129 48 00 00 KTO.NR. 500 93 60 UST-IDNR. DE160908378 KTO.NR. 52 59 48 90 00 KTO.NR. 42 84 13 100
anmeldungen war die Schwierigkeit der JCC, Ende<br />
1992 bereits alle von ihr zu beanspruchenden Grundstücke<br />
aufzufinden und konkret zu benennen; im Gegensatz<br />
zu anderen Anmeldern wie etwa geschädigten Alteigentümern<br />
oder deren Erben hatte die JCC bei der<br />
konkreten Feststellung der Grundstücke oder der Benennung<br />
von Maßnahmen des § 1 Abs. 6 VermG wesentlich<br />
umfangreichere und aufwendigere Nachforschungen<br />
anstellen müssen, die Recherche in den Archiven<br />
war Ende 1992 teilweise noch nicht möglich.<br />
Am 31. Dezember 1992 lief die Frist des § 30a Abs. 1<br />
Satz 1 VermG ab; die JCC mußte also handeln, und<br />
wählte die Anmeldung in der oben dargestellten Form.<br />
Die zuständigen Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen<br />
gaben bisher den Anträgen der JCC aufgrund<br />
der Globalanmeldungen statt – sofern die weiteren<br />
Voraussetzungen vorlagen. Zur Begründung führten<br />
die Ämter aus, daß die JCC ihre vermögensrechtlichen<br />
Ansprüche an den jeweiligen Grundstücken wirksam<br />
angemeldet habe, da die Globalanmeldung der JCC aus<br />
Dezember 1992 eine fristwahrende Anmeldung auch in<br />
Bezug auf die Grundstücke darstellt, die erst nach Ablauf<br />
der Anmeldefrist konkret, etwa nach ihrer Flurstücks-<br />
oder Straßenbezeichnung, benannt worden sind.<br />
Die Verwaltungsgerichte bestätigten diese Entscheidungen<br />
bisher.<br />
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschied am<br />
23. Oktober 2003 jedoch, daß die Anmeldungen 1 und 2<br />
der JCC nicht wirksam waren (Urteile vom 23.10.2003<br />
–7 C 8.03 und 7 C 62.02): Diese Anmeldungen erfüllen<br />
nicht die Anforderungen an einen fristwahrenden Antrag<br />
im Sinne des § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG, da sie<br />
nicht zu bestimmten Vermögenswerten hinführen bzw.<br />
die Anmeldung 2 ohne jeden Anhaltspunkt für eine<br />
Schädigung jüdischer Voreigentümer vorgenommen<br />
worden ist.<br />
Zur Begründung führte das BVerwG aus: Nach der<br />
ständigen Rechtsprechung muß ein Restitutionsantrag<br />
den Vermögensgegenstand so genau bezeichnen, „daß<br />
zumindest im Wege der Auslegung ermittelt werden<br />
kann, was der Antragsteller beansprucht“, der Restitutionsantrag<br />
„muß danach in Bezug auf den oder die begehrten<br />
Vermögensgegenstände zumindest individualisierbar<br />
sein“ (Seite 8 des Urteils vom 23. Oktober<br />
2003,)<br />
Dieser Grundsatz der Individualisierbarkeit des begehrten<br />
Vermögenswertes gilt – so das BVerwG – auch für<br />
die Anmeldungen der JCC. Eine Ausnahme dahingehend,<br />
daß die besondere Situation der JCC den generellen<br />
Verzicht auf Angaben zu dem beanspruchten Vermögensgegenstand<br />
rechtfertige, ist mit § 30a Abs. 1<br />
Satz 1 VermG nicht vereinbar; „denn ein solcher Verzicht<br />
würde in der Sache die materielle Ausschlußfrist<br />
für Anmeldungen der Klägerin entfallen lassen und dazu<br />
führen, daß die Einführung einer Schlußfrist für einen<br />
erheblichen Bereich von Anmeldungen leer liefe.“<br />
Das BVerwG entschied gleichfalls, daß auch die Anmeldung<br />
2 keine wirksame Anmeldung im Sinne des §<br />
30a Abs. 1 Satz 1 VermG war. Zwar läßt sich durch den<br />
Verweis auf die – konkrete – Drittanmeldung entnehmen,<br />
welcher Vermögenswert gemeint ist, jedoch zielte<br />
die Anmeldung auf „das Zufallsergebnis, daß unter den<br />
angemeldeten Grundstücken solche sind, die von den<br />
Schädigungsmaßnahmen im Sinne des § 1 Abs. 6<br />
VermG betroffen waren“ (S. 13 des Urteil vom<br />
23.10.2003 –7 C 62.02). Nach dem Kenntnisstand der<br />
JCC zum Zeitpunkt der Antragstellung konnte der begehrte<br />
Vermögenswert noch nicht zwingend mit jüdischen<br />
Voreigentümern in Verbindung gebracht werden,<br />
so daß auch die Anmeldung 2 nicht den Erfordernissen<br />
des § 30a Abs. 1 Satz 1 VermG entspricht.<br />
Hinsichtlich der Anmeldung 3 der JCC urteilte das<br />
BVerwG, daß diese – in Verbindung mit den dazugehörigen<br />
Anlagen – eine wirksame Anmeldung darstellen<br />
könne. Diese Frage konnte das BVerwG jedoch nicht<br />
abschließend klären, da die Vorinstanzen hierzu keine<br />
ausreichenden Tatsachenfeststellungen getroffen hatten;<br />
die Rechtssachen wurden zur Klärung dieser Frage zurückverwiesen.<br />
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin hierüber<br />
liegt bereits vor. Mit Urteil vom 19. März 2004 hat<br />
das Gericht über die Wirksamkeit der Anmeldung 3 der<br />
JCC hinsichtlich eines Grundstücks in Berlin-Köpenick<br />
entschieden: Auch die Anmeldung 3 der JCC erfüllt<br />
danach trotz der Bezugnahme auf bestimmte Akten und<br />
Unterlagen nicht die Voraussetzungen eines konkreten,<br />
individuellen Antrages auf Restitution gemäß § 30a<br />
Abs. 1 Satz 1 VermG und war damit – in diesem konkreten<br />
Fall – ebenfalls nicht fristwahrend. Die JCC hatte<br />
zwar bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung umfangreiche<br />
Unterlagen beigebracht; daraus ergab sich<br />
jedoch nach Ansicht der 31. Kammer des Verwaltungsgerichts<br />
Berlin nicht, daß die vormalige Eigentümerin,<br />
für die die JCC die Rechtsnachfolge gemäß § 2 Abs. 2<br />
VermG in Anspruch nahm, Jüdin war.<br />
Zusammenfassend betrachtet hatte der Schweizer Historiker<br />
mit seiner vor rund 150 Jahren aufgestellten Theorie<br />
also recht: Die seit mehr als zehn Jahren uneingeschränkt<br />
praktizierte Rückübertragung der aufgrund<br />
einer Globalanmeldung begehrten Vermögenswerte an<br />
die JCC durch die Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen<br />
ist Geschichte – gewandelte Geschichte.<br />
Bedeutung erlangt ein weiteres Mal der viel zitierte<br />
Ausspruch Michael Gorbatschows anlässlich des 40.<br />
Jahrestages des Bestehens der DDR: „Wer zu spät<br />
kommt, den bestraft das Leben.“ Diejenigen Antragsteller,<br />
deren Restitutionsantrag wegen eines konkurrierenden<br />
Restitutionsantrages der JCC aufgrund der Globalanmeldung<br />
abgelehnt und das Grundstück an die JCC<br />
rückübertragen wurde, profitieren von den späten Urteile<br />
des BVerwG vom 23.10.2003 wohl nicht mehr. Ob in<br />
diesen Fällen die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß<br />
§§ 578 ff. Zivilprozessordnung – ZPO – möglich<br />
ist, bedarf der Überprüfung.<br />
Auf die Restitution können alle Antragsteller hoffen, die<br />
neben der JCC auf einzelne Grundstücke Rückübertragungsansprüche<br />
angemeldet haben – jedenfalls wenn es<br />
sich um Globalanmeldungen der JCC handelte – und<br />
deren Restitutionsbescheide noch nicht bestandskräftig<br />
sind.<br />
Nicole Weyde<br />
Rechtsanwältin