Das See-Brachsenkraut Isoetes lacustris ... - solo-tauchen.de
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Wem nutzen submerse Makrophyten?<br />
<strong>Das</strong> <strong>See</strong>-<strong>Brachsenkraut</strong> <strong>Isoetes</strong> <strong>lacustris</strong> oligotrophiert seinen Lebensraum!<br />
Gewässer-Eutrophierung ist seit <strong>de</strong>n vergangenen<br />
Jahrzehnten ein ernst zunehmen<strong>de</strong>s<br />
Problem und Arten, die an oligotrophe<br />
<strong>See</strong>n gebun<strong>de</strong>n sind, wer<strong>de</strong>n zunehmend<br />
seltener. Unter diesem Aspekt ist das Verhalten<br />
<strong>de</strong>r Brachsenkräuter eine nähere<br />
Betrachtung Wert.<br />
<strong>Isoetes</strong> <strong>lacustris</strong> (Lycophyta, Isoetaceae)<br />
besie<strong>de</strong>lt bevorzugt Uferbereiche klarer<br />
und elektrolytarmer Gewässer. Beson<strong>de</strong>re<br />
seltene Strategien, z B. CAM, ermöglichen<br />
ihm das Wachstum in extrem nährstoffarmen<br />
<strong>See</strong>n, in die die meisten Makrophyten<br />
nicht eindringen können. <strong>Das</strong><br />
Kohlendioxid wird über die Wurzeln <strong>de</strong>m<br />
Porenwasser <strong>de</strong>s Sediments entnommen,<br />
wo seine Konzentration höher ist als in <strong>de</strong>r<br />
darüber liegen<strong>de</strong>n Wassersäule.<br />
Tessenow & Baynes (1978) konnten an<br />
Bestän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s <strong>Brachsenkraut</strong>es im Feldsee<br />
(Schwarzwald) nachweisen, dass die Art<br />
das Sediment, auf <strong>de</strong>m sie wächst, in einer<br />
extremen Weise beeinflusst, in<strong>de</strong>m sie<br />
über die Wurzeln durch Mycorrhiza (Tanner<br />
& Clayton, 1985) viel Sauerstoff abgibt,<br />
und zwar auf <strong>de</strong>r gesamten Wurzellänge.<br />
Schwimmblattpflanzen dagegen tun<br />
das nur in unmittelbarer Nähe <strong>de</strong>r Wurzelspitzen.<br />
(Smits et al., 1990). Abb. 1<br />
zeigt zwei gut entwickelte Exemplare <strong>de</strong>s<br />
<strong>Brachsenkraut</strong>s aus einem schwedischen<br />
<strong>See</strong>. Charakteristisch ist das ausgeprägte<br />
Wurzelsystem aus zahlreichen langen, dichotom<br />
verzweigten Wurzeln. Es ist erheblich<br />
länger als die zugehörige Blattrosette.<br />
Damit wird <strong>de</strong>utlich, dass die in naturbelassenen<br />
<strong>Brachsenkraut</strong>-Bestän<strong>de</strong>n freigesetzten<br />
Sauerstoffmengen erheblich sind.<br />
Die obere Bo<strong>de</strong>nschicht wird somit stark<br />
mit Sauerstoff angereichert. Als Folge<br />
kann organischer Schlamm oxidiert und so<br />
vernichtet wer<strong>de</strong>n; dadurch wird das<br />
Wachstum <strong>de</strong>s <strong>Brachsenkraut</strong>s geför<strong>de</strong>rt.<br />
Außer<strong>de</strong>m bewirkt die hohe Sauerstoff-<br />
Konzentration , dass eingetragenes Phosphat<br />
in unlöslicher Form festgelegt wird.<br />
<strong>Das</strong> be<strong>de</strong>utet eine doppelte Oligotrophierung<br />
: eine teilweise Entschlammung <strong>de</strong>s<br />
Bo<strong>de</strong>ns und eine Nährstoff-Verarmung <strong>de</strong>r<br />
Wassersäule (Vahle 1998). Damit schafft<br />
die <strong>Brachsenkraut</strong>-Population die ökologischen<br />
Bedingungen, die sie benötigt.<br />
In einigen skandinavischen <strong>See</strong>n wur<strong>de</strong> die<br />
Sauerstoff-Abgabe an <strong>de</strong>n Wurzeln durch<br />
Bildung von Eisenhydroxid erkennbar<br />
(Vöge unveröff.). Perlen (Abb. 2) bzw.<br />
Röhrchen (Abb. 3) waren um die Wurzeln<br />
entstan<strong>de</strong>n.<br />
Abb. 2, 3: Abscheidung von Eisenhydroxid an <strong>de</strong>n<br />
Wurzeln<br />
Abb. 1: Optimal entwickelte Pflanzen<br />
Die Funktion <strong>de</strong>r Oligotrophierung besteht<br />
solange, wie <strong>de</strong>r Mensch nicht drastisch in<br />
das Ökosystem eingreift. Wird etwa aus<br />
einem Klarwassersee bei angrenzen<strong>de</strong>r<br />
intensiver Landwirtschaft ein planktontrübes<br />
Gewässer und gleichzeitig durch Eintrag<br />
von Huminstoffen ein Braunwassersee,<br />
wie geschehen im nie<strong>de</strong>rsächsischen
Wollingster <strong>See</strong>, dann läuft, ohne Kompromisse,<br />
folgen<strong>de</strong>s Programm ab: Gleichzeitig<br />
und kontinuierlich nehmen ab: Wurzellänge<br />
und –Anzahl, Blattanzahl und<br />
photosynthetisch wirksame Rosettenfläche,<br />
Anzahl <strong>de</strong>r Sporophylle (die Rosette enthält<br />
mehr vegetative Blätter) und Anzahl<br />
<strong>de</strong>r Sporen pro Megasporangium, entsprechend<br />
<strong>de</strong>n in Skandinavien gewonnenen<br />
hochsignifikanten Regressionen (Vöge<br />
1997, 2002). Die Blattanzahl ist ihrerseits<br />
mit <strong>de</strong>r Wasserfarbe und <strong>de</strong>r Sichttiefe<br />
korreliert (Vöge 2004). Abb. 4 zeigt eine<br />
Kümmerform mit <strong>de</strong>utlich reduziertem<br />
Wurzelsystem und verringerter Blattanzahl.<br />
Die Population im Wollingster <strong>See</strong> ist<br />
inzwischen zusammengebrochen.<br />
Fazit: Der Erhalt <strong>de</strong>r seltenen oligotrophen<br />
Weichwasserstandorte ist von beson<strong>de</strong>rer<br />
Be<strong>de</strong>utung. Ausschließlich Brachsenkräuter<br />
können nährstoffarme Bedingungen im<br />
<strong>See</strong> erhalten. Die meisten Makrophyten<br />
verbrauchen zwar durch ihr Wachstum<br />
Phosphat, das jedoch in einem eutrophen,<br />
sauerstoffarmen Gewässer im folgen<strong>de</strong>n<br />
Jahr wie<strong>de</strong>r zur Verfügung steht.<br />
Abb. 4: Kümmer-Pflanze<br />
Literatur:<br />
Smits, A. J. M., Laan, P., Thier, R. H. & van <strong>de</strong>r<br />
Vel<strong>de</strong>, G., 1990: Root aerenchyma, oxygen<br />
leakage patterns and alcoholic fermentation<br />
ability of the roots of some nymphaeid and<br />
isoetid macrophytes in relation to the sediment<br />
type of their habitat. - Aquat. Bot. 38: 3<br />
- 17.<br />
Tanner, C.C. & Clayton, J.S., 1985. Vesicular arbuscular<br />
mycorrhiza studies with submerged<br />
aquatic plant. - Transact. Of British Mycological<br />
Soc. 85: 683 – 688.<br />
Tessenow, U. & Baynes, Y., 1978: Redoxchemische<br />
Einflüsse von <strong>Isoetes</strong> <strong>lacustris</strong> L. im Litoralsediment<br />
<strong>de</strong>s Feldsees (Hochschwarzwald).<br />
- Arch. Hydrbiol. 82: 20 - 48.<br />
Vahle, H. C., 1998: Gedanken zur Weiterentwicklung<br />
<strong>de</strong>s Wollingster <strong>See</strong>s- ein persönliches<br />
Fazit <strong>de</strong>s Symposiums. - Mitt. AG Geobot.<br />
Schleswig-Holstein u.Hamburg 57: 145 -<br />
150.<br />
Vöge, M., 1997 Plant size and fertility of Isoëtes<br />
<strong>lacustris</strong> L. in 20 lakes of Scandinavia: a<br />
field study. - Arch. Hydrobiol. 139: 171-185.<br />
Vöge, M., 2002: Neues zum <strong>See</strong>-<strong>Brachsenkraut</strong><br />
<strong>Isoetes</strong> <strong>lacustris</strong> L. im Wollingster <strong>See</strong>e. -<br />
Beitr. Naturk. Nie<strong>de</strong>rsachsens 55: 15 - 21.<br />
Vöge, M., 2004: Non-<strong>de</strong>structive assessing and<br />
monitoring of populations of <strong>Isoetes</strong> <strong>lacustris</strong><br />
L. - LIMNOLOGICA 34: 147 - 153.<br />
Anschrift <strong>de</strong>r Verfasserin:<br />
Margrit Vöge<br />
Pergamentweg 44b<br />
D-22117 Hamburg<br />
Waterplants@<strong>solo</strong>-<strong>tauchen</strong>.<strong>de</strong><br />
www.<strong>solo</strong>-<strong>tauchen</strong>.<strong>de</strong>