Vöge, M., 2003. Persistente Lycophyta: fossile und rezente - Tauchen
Vöge, M., 2003. Persistente Lycophyta: fossile und rezente - Tauchen
Vöge, M., 2003. Persistente Lycophyta: fossile und rezente - Tauchen
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Dr. Margrit <strong>Vöge</strong><br />
eMail diving@t-online.de<br />
URL http://home.t-online.de/home/diving<br />
<strong>Persistente</strong> <strong>Lycophyta</strong>: <strong>fossile</strong> <strong>und</strong> <strong>rezente</strong> Isoetes. Vergleichende<br />
Beschreibung des Bauplans mit Regressionsgleichungen.<br />
Die Abteilung der Pteridophyta gliedert<br />
sich, der Anordnung der Sporenbehälter<br />
entsprechend, in zwei Unterabteilungen:<br />
die Lycophytina, mit lateralen Sporangien<br />
<strong>und</strong> die Euphyllophytina mit endständigen<br />
Sporangien (hierzu gehören z.B. <strong>fossile</strong><br />
Calamites sowie <strong>rezente</strong> Schachtelhalme<br />
<strong>und</strong> Farne)<br />
Hier sollen Lycophytina (Klasse<br />
Lycopsida) betrachtet werden, jedoch nicht<br />
die auffälligen <strong>fossile</strong>n Lycopsida wie<br />
Lepidodendron <strong>und</strong> Sigillaria (Ordnung<br />
Lepidodendrales), sondern die noch älteren<br />
unauffälligeren Formen wie Baragwanathia<br />
(Abb. 1)<br />
Abb 1: Baragwanathia. Shoot bearing sporangia (Green<br />
plants)<br />
<strong>und</strong> Asteroxylon (Abb.2), beide zur<br />
Ordnung Drepanophycales gehörend,<br />
Seite 1<br />
Abb 2: Asteroxylon. Reconstruction of fertile axis with<br />
lateral sporangia (Green plants)<br />
aus dem oberen Silur/ unteren Devon.<br />
Ferner sei Leclercqia (Abb.3) genannt,<br />
(Ordnung Protolepidodendrales), aus dem<br />
mittleren Devon.<br />
Abb 3: Reconstruction ofLeclercqia complex with sterile<br />
and fertileleaves. (Green plants)
Rezente Ordnungen der Lycopsida sind die<br />
Lycopodiales, Selaginellales <strong>und</strong> die<br />
Isoetales, die Brachsenkräuter. Letzteren<br />
gilt mein besonderes Interesse <strong>und</strong> ich<br />
habe zahlreiche Untersuchungen an Isoetes<br />
lacustris durchgeführt. Einen Vergleich<br />
mit <strong>fossile</strong>r Isoetes beestonii aus der Trias<br />
fand ich besonders spannend.<br />
Das See-Brachsenkaraut Isoetes lacustris,<br />
eine von heute weltweit über 150 Arten,<br />
besiedelt einige Seen in Schleswig-<br />
Holstein, Niedersachsen <strong>und</strong> Baden-<br />
Württemberg. Die Unterwasseraufnahme<br />
(Abb. 4) zeigt eine Pflanze im Ihlsee bei<br />
Abb 4: Isoetes lacustris (<strong>Vöge</strong>)<br />
Bad Segeberg. Die meisten Isoetes-Arten<br />
sind submers oder saisonal aquatisch, nur<br />
wenige sind saisonal terrestrisch. Sie<br />
siedeln sowohl in subarktischen als auch in<br />
tropischen Regionen.<br />
Die Evolution der Isoetales geht bis ins<br />
frühe Devon zurück (Pigg 2001). Das<br />
Perm-Trias-Massenaussterben entfernte<br />
selektiv die dominanten großen Pflanzen<br />
des späten Perm <strong>und</strong> hinterließ die kleinen,<br />
krautigen Formen, darunter Isoetes<br />
(Retallack 1997). Früher galt Pleuromeia<br />
als Bindeglied zwischen den Lepidodendrales<br />
<strong>und</strong> den Isoetales in einer<br />
Reduktionsreihe, wie es in gängigen<br />
Lehrbüchern der Botanik steht.<br />
Das charakteristische Merkmal von Isoetes<br />
ist ist die knollenförmige Verdickung der<br />
Sproßbasis (der Kormus). Die daraus<br />
entspringenden Blätter (Mega- <strong>und</strong> Mikrosporophylle)<br />
sind rosettenförmig angeordnet.<br />
Megasporophylle besitzen an der<br />
Blattbasis ein Megasporangium (das die<br />
Seite 2<br />
Megasporen enthält), Mikrosporophylle<br />
besitzen ein Mikrosporangium mit den<br />
Mikrosporen, wie in Abb. 5 dargestellt ist.<br />
a d b c<br />
Abb. 5: a: Individuum, b: Sporophyll mit<br />
Megasporangium, c: Wurzelquerschnitt,<br />
d: Megasporophyll (links) Mikrosporophyll (rechts)<br />
entlassen die Sporen<br />
Fossile Isoetes aus der frühen Trias ähneln<br />
überraschend den <strong>rezente</strong>n Brachsenkrautern.<br />
Isoetes beestonii ist mit 240<br />
Millionen Jahren die geologisch älteste<br />
bekannte Art der Gattung <strong>und</strong> schien<br />
oligotrophe Seen <strong>und</strong> deren Ränder zu<br />
besiedeln. Abbb. 6 zeigt das <strong>fossile</strong><br />
Abb. 6: Isoetes beestonii (Retallack 1997)<br />
Vorkommen aus dem Sydney-Becken,<br />
Australien, Abb. 7 die Rekonstruktion<br />
(Retallack 1997).
Abb. 7: Rekonstruktion (Retallack 1997)<br />
Was macht die Ähnlichkeit aus <strong>und</strong> wie<br />
läßt sie sich genauer beschreiben? Bei<br />
ausgedehnten Tauchuntersuchungen in<br />
mehr als 50 Seen in Nord- <strong>und</strong> Westeuropa<br />
wurden jeweils 20 Individuen von I.<br />
lacustris entnommen. Die Blattanzahl,<br />
Anzahl der Mega- <strong>und</strong> der Mikrosporophylle,<br />
jeweils pro Blattrosette,<br />
wurden anschließend bestimmt, sowie die<br />
Sporenzahl pro Megasporangium, Kormusbreite<br />
<strong>und</strong> Kormushöhe.<br />
Die statistische Auswertung ergab meist<br />
hochsignifikante Regressionsgleichungen<br />
zwischen<br />
1.) Blattanzahl/ Rosette <strong>und</strong> Sporenzahl/<br />
Megasporangium,<br />
2.) Blattanzahl/ Rosette <strong>und</strong> Anzahl<br />
Megasporophylle/ Rosette<br />
3.) Blattanzahl/ Rosette <strong>und</strong> Anzahl<br />
Mikrosporophylle/ Rosette<br />
4.) Blattanzahl/ Rosette <strong>und</strong> Kormusbreite<br />
5.) Kormusbreite <strong>und</strong> Kormushöhe.<br />
Diese (<strong>und</strong> weitere) Regressionen wurden<br />
an 10 weiteren Isoetes-Taxa aus Italien <strong>und</strong><br />
USA bestätigt (<strong>Vöge</strong> 1997, 1999). Der<br />
Bauplan ist damit zumindest bei einer<br />
Reihe <strong>rezente</strong>r Brachsenkräuter der<br />
gleiche. Es erschien nun reizvoll, die<br />
Regressionen auch auf I. beestonii<br />
anzuwenden, sofern die entsprechenden<br />
Daten vorliegen. Die von Retallack (pers.<br />
Mitt.) genannten Werte sind in der<br />
folgenden Tabelle<br />
Seite 3<br />
Pflanzendaten a b<br />
Blattanzahl / Rosette 36 -<br />
Sporenzahl/ Megasporangium 128 102<br />
Anz. Megasporophylle/ Rosette 8 7<br />
Anz. Mikrosporophylle/ Rosette 16 16<br />
Kormusbreite (mm) 28 23<br />
Kormushöhe (mm) 25 21<br />
unter (a) aufgeführt. Die aus der gegebenen<br />
Blattanzahl mit den Regressionsgleichungen<br />
errechneten Werte sind unter (b)<br />
gegenübergestellt. Während Kormusbreite<br />
<strong>und</strong> –höhe unmittelbar erkennbar sind,<br />
lassen sich Mega- <strong>und</strong> Mikrosporophylle<br />
bei der Betrachtung einer (<strong>rezente</strong>n)<br />
Rosette nicht ohne Weiteres unterscheiden.<br />
Auch die Anzahl Sporen im Megasporarangium<br />
ist von außen nicht sichtbar.<br />
Wird eine gewisse Unsicherheit bei der<br />
Gewinnung morphometrischer Daten aus<br />
Fossilien berücksichtigt, ist die<br />
Übereinstimmung der Daten beachtlich.<br />
Fossile <strong>und</strong> <strong>rezente</strong> Pflanzen sind nicht nur<br />
rein äußerlich einander sehr ähnlich. Der<br />
Bauplan von Isoetes ist im Laufe von<br />
mind. 240 Millionen Jahren im Wesentlichen<br />
unverändert geblieben.<br />
Literatur:<br />
Bell, P.R. & Hemsley, A.R., 2000. Green plants.<br />
Their origin and diversity. Cambridge<br />
Pigg, K.B., 2001: Isoetalean lycopsid evolution:<br />
from the Devonian to the present. - Amer.Fern<br />
J.91: 99-114.<br />
Retallack, G.J., 1997: Earliest Triassic origin of<br />
Isoetes and quillwort evolutionary radiation. -<br />
J. Paleont. 71: 500-521.<br />
<strong>Vöge</strong>, M., 1997: Number of leaves per rosette and<br />
fertility characters of the quillwort Isoetes<br />
lacustris L. in 50 lakes of Europe: a field<br />
study. - Arch. Hydrbiol. 139: 415-431.<br />
<strong>Vöge</strong>, M., 1999: 240 Millionen Jahre Isoëtes: Das<br />
See-Brachsenkraut Isoëtes lacustris L.in<br />
Niedersachsen. - Beiträge zur Naturk<strong>und</strong>e<br />
Niedersachsens. 52: 81-86.