Hier geht es zum PDF des Artikels »Backstage - Glemseck101
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G<strong>es</strong>icht zeigen und smooken: Das <strong>geht</strong><br />
nicht mit Integralhelm<br />
Jethelm und<br />
weißer Schal:<br />
klassischer Cafe<br />
Racer-Look.<br />
So waren vor<br />
hundert Jahren<br />
auch die Flieger<br />
unterwegs<br />
Gleich dran:<br />
Nacheinander<br />
sprinten immer<br />
Paarungen von<br />
zwei Racern die<br />
Achtel-Meile<br />
Garage Cafe, von unterhalb Neapel,<br />
und irgendwann sollte auch Daniel<br />
Sattler von Boso San Motorradtechnik<br />
seine umgebaute MT-01<br />
noch fertig bekommen. Er klingelt<br />
immer wieder durch und sagt<br />
an, wie der Stand der Dinge ist.<br />
Ich denke, dass das Glemseck 101<br />
so überraschend kommt wie Weihnachten<br />
und das sein Umbau richtig<br />
groß ist. Also lächle ich in mein<br />
Telefon. Standard.<br />
Ich mache mich auf den Weg <strong>zum</strong><br />
Sicherheits-Team in Richtung Leonberg,<br />
um Mr. Martini zu empfangen.<br />
Hinter mir bellt <strong>es</strong> mal wieder<br />
dumpf und laut. Di<strong>es</strong>mal noch dazu<br />
mit einem leichten „Ich fr<strong>es</strong>se auch<br />
kuschelige Teddybären“ Unterton.<br />
Manuel Wahl von Motorcorner<br />
donnert mit seiner „alten“ Hellfire<br />
Bonnie an mir vorbei. Helmfrei und<br />
mit breitem Grinsen im G<strong>es</strong>icht.<br />
Der Sound ist purer Hard Rock und<br />
animiert <strong>zum</strong> Headbangen. Seine<br />
Jungs haben ebenfalls die neue Hellfire<br />
R/T auf Basis einer Speedy 1050<br />
rechtzeitig fertig bekommen. Und<br />
auch di<strong>es</strong>e wird heute noch mehrmals<br />
an mir vorbei donnern.<br />
Ja, <strong>es</strong> sind die D<strong>es</strong>igner, Konstrukteure<br />
und ihre Motorräder.<br />
Und der echte und pure Asphalt, auf<br />
denen di<strong>es</strong>e Teile stehen und fahren.<br />
Das Glemseck 101 ist ein Treffen<br />
auf historischem Asphalt der ehemaligen<br />
Solitude-Rennstrecke. Nicht<br />
nur am ersten September-Wochenende.<br />
Es ist keine M<strong>es</strong>se der Teppiche,<br />
Absperrbänder und „Bitte nicht<br />
Berühren“-Schildchen. (Letztere<br />
hatten wir auch schon, aber ihr Dasein<br />
war kurz und unerfüllt.)<br />
Die meisten Motorräder werden<br />
hier bewegt. Wir bitten nicht darum,<br />
<strong>es</strong> g<strong>es</strong>chieht freiwillig. Es liegt eine<br />
Art Sportsgeist in der Luft, dass<br />
Motorräder, egal wie viel Geld,<br />
Hirnschmalz und Technik auch<br />
inv<strong>es</strong>tiert wurde, am 101 keine unantastbaren<br />
Ikonen sind, über die<br />
man diskutiert oder von denen man<br />
träumt. Es sind Fahrmaschinen.<br />
Einen Moment steht die „Tridays<br />
Eleven“ noch auf der <strong>zum</strong> Pod<strong>es</strong>t<br />
umgewandelten Verkehrsinsel, im<br />
nächsten Moment bewegt sie sich<br />
durch das Publikum und nützt jeden<br />
freien Meter, um ihren Sound zu<br />
spielen. Die Jungs von South Garage<br />
Cafe würden einfach sagen: „Eh,<br />
haben Spaß!“<br />
Und den habe ich jetzt auch. Mr.<br />
Martini lädt seine Edel Cafe Racer<br />
auf den hinteren Parkplätzen aus dem<br />
Transporter, schmeißt einen davon<br />
an und drückt<br />
mir den Gasgriff in Hand. „Go, go!“<br />
Ich habe keine Ahnung, was das Teil<br />
unter meinem Hintern, welch<strong>es</strong> ich<br />
jetzt durch das immer dichter werdende<br />
Publikum zu seinem Standplatz<br />
bewege, an Wert hat – ich<br />
fühle mich aber wie ein Weltmeister.<br />
Blicke gehen in meine Richtung,<br />
Handys und Kameras zischen nach<br />
oben, und natürlich fange ich an, am<br />
Gas zu spielen. Es sind nur 200 Meter<br />
in fast Schrittg<strong>es</strong>chwindigkeit, aber<br />
was für welche!<br />
Um das Zentrum d<strong>es</strong> 101 herrscht<br />
jetzt wild<strong>es</strong>t<strong>es</strong> Getümmel. Alle<br />
Italiener begrüßen sich wie eine verloren<br />
geglaubte Verwandtschaft, und<br />
das gegenüberliegende Cafe Race<br />
Village von MO, zuständig für die<br />
Organisation der Teilnehmer an den<br />
Sprintrennen, ist eine Ansammlung<br />
aller Dialekte und Sprachen. Es ist<br />
13.30 Uhr. Eine halbe Stunde vor<br />
dem Start d<strong>es</strong> 1. International Cafe<br />
Racer Sprints.<br />
Ich lehne mich an ein Sperrgitter<br />
und nehme einen tiefen Zug Nikotin.<br />
Neben mir ein Typ in recht neuer<br />
Lederkombi, die aber deutliche<br />
„Touchdown-Spuren“ trägt. Absolut<br />
no Cafe Racer. Ich frage ihn, wie er<br />
die Show, die gerade um uns ab<strong>geht</strong>,<br />
findet. Er guckt mich an, sieht<br />
meine 101-Hundemarke um den<br />
Hals hängen, und gönnt mir eine<br />
Antwort: „Schon heftig, was man<br />
aus Altmetall machen kann und wie<br />
die Typen abgehen.“ Na toll, ich rufe<br />
nach der Stimme d<strong>es</strong> Motorradvolk<strong>es</strong><br />
und bekomme di<strong>es</strong>e Antwort.<br />
Ich mache einen zweiten, subtileren<br />
Versuch ein<strong>es</strong> persönlichen Interviews:<br />
„Wenn Du nicht auf Cafe<br />
Racer stehst, warum dann heute auf<br />
dem 101?“ Die kompakte Form seiner<br />
Antwort: „Es ist richtig was los,<br />
gute Leute, viele Stände und Marken<br />
<strong>zum</strong> Gucken, tolle Mädels – und<br />
treff’ mich mit Kumpels.“ Na bitte,<br />
<strong>geht</strong> doch. Stellt man die richtigen<br />
Fragen, bekommt man auch die richtigen<br />
Antworten.<br />
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