Die Ampel von Ground Nero (4/2010) - Mixinfo
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<strong>Die</strong> <strong>Ampel</strong> <strong>von</strong> <strong>Ground</strong> <strong>Nero</strong><br />
<strong>Die</strong> New Yorker nennen ihr Twin-Tower-Trümmerfeld <strong>Ground</strong> Zero. <strong>Ground</strong> <strong>Nero</strong> nennen Spötter<br />
das Trümmerfeld des gesunden Menschenverstandes, die KBV in Berlin, nach ihrem faktischen<br />
Alleinherrscher Dr. Andreas Köhler. <strong>Die</strong>ser Zaubersprüche deklamierende Mathemagiker und<br />
Diplom-Betriebsamkeitswirt schreitet rüstig scheiternd voran im Wettrennen mit den Ulla'schen<br />
Schwachsinnsbeschleunigungsgesetzen, kann sie aber nicht überholen, da er mit jenen unbemerkt<br />
im Kreise rennt. Vorwärts immer, rückwärts nimmer, wie Honecker zu formulieren pflegte.<br />
Im letzten Jahr habe ich in "Fluch der Akribik" über die kabarettistische Veranstaltung berichtet, in<br />
der Herr K. über alternative Heilmethoden für den absehbaren Schenkelhalsbruch seines faulen<br />
RLV-Zaubers berichtete.<br />
Geniestreich-Release 100.10.9 ist nun auf dem Markt! In wild um sich denkendem Endspurt erreichte<br />
er wieder den Start seiner Geisterfahrt. Sein leidenschaftlicher Nekrolog auf den gesunden<br />
Menschenverstand, der milliardenteure "betriebswirtschaftlich gerechnete" Gebührenordnungscomic,<br />
den er den Ärzten für ein erhebliches Honorar angedreht hat, ist wieder bei 1996 angelangt:<br />
Bei den grünen, gelben und roten <strong>Ampel</strong>-Budgets. In einem KBV-Überlebensstärkungsgesetz hat<br />
der Bewertungsausschuss die "freien" und "förderungswürdigen" Leistungen auf die Freiheit und<br />
Förderungswürdigkeit <strong>von</strong> 2008 begrenzt, damit neben all dem Qualitatäts-Schmalz noch ein paar<br />
Pfennige für das trockene RLV-Brot der Krankenversorgung bleiben.<br />
<strong>Die</strong> KV wird uns also zu III/<strong>2010</strong> neben unserem Grünen RLV-Budget noch mehr oder weniger zahlreiche<br />
Gelbe "Qualitätsgebundene Zusatzbudgets" zuteilen. Für Sonografie z.B. und für Unzeitbesuche,<br />
die man aber auch machen darf und muss, wenn man (noch) kein kostenpflichtiges Qualitäts-Zertifikat<br />
für nächtliches Aufstehen erworben hat.<br />
Bis zu 25 Einzelbudgets, vereinigt in einem großen Praxisbudgets, darf die KV dann für den Hausarzt<br />
schaffen! Selbstverständlich abgestaffelt nach Fallzahl. Selbstverständlich "historisch", d.h.<br />
aufbauend auf den Punktzahlanforderungen der Fachgruppe im Komplementärquartal 2008.<br />
Selbstverständlich neue Umverteilung ohne neues Geld.<br />
Viele Ärzte haben die Nase voll <strong>von</strong> diesem Wahn-Amalgam aus wundersamer Brotverminderung<br />
und wundersamer Budgetvermehrung. Vor allem Hausärzte ziehen die Notbremse und fliehen<br />
mittlerweile diese psychiatrisierende Berufswelt in den Bleikammern der KBV. Wer es sich leisten<br />
kann, wird Kostgänger der Versorgungsanstalt; wer nicht, geht in immer größeren Zahlen in die<br />
Hausarztverträge. Köhlers Enzykliken an die KBV-Glaubenskongregation erinnern an die letzten<br />
Tage vor dem Mauerfall, jenem kollektiven Geborgenheitsverlust für Funktionäre. Selbst der Spiegel<br />
hat mittlerweile den Missbrauch der Macht und der Schwachen in der "Selbstverwaltung" mit<br />
ihren teuren Folgen diagnostiziert: Den absehbaren Zusammenbruch der ländlichen ärztlichen Versorgung.<br />
Der schrille Aufschrei <strong>von</strong> Herrn Köhler und seinem wundersam zu Amt und Unwürden<br />
gelangten Vize sprach Getroffenheitsbände!<br />
Zwecks Exorzismus des Sezessionsteufels bastelt die "Vertragswerkstatt der KBV" mittlerweile<br />
ebenfalls Alternativverträge sonder Zahl: Luftige Laubsägearbeiten, die in den Schubladen der Beschäftigungsgesellschaft<br />
grünen Schimmel ansetzen, weil niemand "Alternativverträge" haben will,<br />
die als Lohn ein paar Punkten mehr auf der Hamilton-Depressionsskala bringen.
Eines Tages wird die KBV dem Tod auf die Schippe springen, kundig geführt <strong>von</strong> einem gefühlten<br />
großen Strategen zu Rosse, der realiter ein Pygmäe auf einem Pony war: Des Kaisers Neue Kleider<br />
in Endlosschleife seiner Entourage präsentierend, umnachtet vom Trieb, sein Tun verbal zu entbanalisieren<br />
und seine Verlorenheit in der Komplexität der vier Grundrechenarten zu verschleiern.<br />
Einestages in der KV-Management-Akademie<br />
Das NRW-Minister Laumann der KBV völlige Unfähigkeit bei der Organisation der Honorarverteilung<br />
bescheinigte stimmt zwar, und diese Erkenntnisfähigkeit spricht für ihn. Es hilft aber nicht<br />
weiter.<br />
Auf Wunsch der Berliner VV wurde der Trennungsfaktor Haus- und Fachärztliche Vergütung festgeschrieben.<br />
Das bedeutet, es wird zum Missfallen <strong>von</strong> HoGo auch die Zahlung der KV Bayern an den<br />
Bayrischen Fach-Arzt eines bei der AOK BaWü versicherten Patienten aus dem Stuttgarter Facharzttopf<br />
bereinigt. Vorher war das ein Vorwegabzug aus der Gesamtvergütung vor der Topftrennung.<br />
<strong>Die</strong>ser "Fremdkassenzahlungsausgleich" war in den Bilanzen der KVen immer gut für windige<br />
Erklärungen <strong>von</strong> Unstimmigkeiten.<br />
Das Labor wird jedoch weiterhin VOR der Aufteilung Haus- und Facharzt abgezogen. <strong>Die</strong> Hausärzte<br />
und laborarmen Fachärzte (Orthopäden, Chirurgen, Augen z.B.) tragen also die Kosten des medizinischen<br />
Fortschritts, beispielsweise der Gendiagnostik, tapfer mit. Dafür wird es für Pathologen<br />
und Zytologen einen Topf geben, der allzu fortschrittliche und gründliche Färbungen und Immunreaktionen<br />
bei der Untersuchung der gemeinen Dornwarze verhindern soll.<br />
Zum eigentlichen Problem der bundesweiten Honorarverteilung gab es in Berlin keine Neuigkeiten.<br />
Vielleicht ist es bei Herrn Köhlers Trefferquote auch besser so.
<strong>Die</strong> VV der KV BaWü diskutierte all dies und noch viel mehr in ihrer<br />
VV am 21.4. in Stuttgart.<br />
Ein für Gemeinschaftspraxen wichtiger Punkt ist die Tatsache, dass die "Qualitätsbudgets" NICHT<br />
die 10% Aufschlag der RLV erhalten!<br />
Für alle ist ein wichtiger Punkt die Tatsache, dass Abrechnungsrichtlinien verabschiedet wurden,<br />
die eine Strafzahlung <strong>von</strong> 100€ pro angefangene Woche vorsehen, wenn man den Abgabetermin<br />
der Abrechnung überschreitet!!! Bei zwingenden Gründen VORHER (!) Bescheid sagen, um Vorstands-Gnadengesuche<br />
zu vermeiden. Z.B. bei EDV-Ausfall, eigenes Begräbnis o.ä.<br />
Beim Honorar werden sich die Dinge nicht wirklich viel ändern gegenüber 3/09, jenem Quartal, in<br />
dem die KV BaWü die Zusatzbudgets ja bereits in sehr ähnlicher Weise gedeckelt hatte, allerdings<br />
mit der bislang noch fehlenden Möglichkeit, die Gelben "QZV"-Budgets mit den RLV zu verrechnen!<br />
<strong>Die</strong>ses soll nach KBV-Vorgabe ab 3/10 möglich sein!<br />
Ich hatte bereits in der VV vor zwei Monaten eine Analyse des Vorstandes angemahnt, die endlich<br />
öffentlich macht, wodurch die Verschiebungen innerhalb der Fachgruppen zustande kamen. Auch<br />
dieses Mal war dröhnendes Schweigen die Antwort. HoGo behauptete allen Ernstes, es seien die<br />
"Statusänderungen" (Gemeinschaftspraxenbildungen und -auflösungen etc.) der Hauptgrund dafür,<br />
dass rund 60% der Hausärzte in den ersten 2 Quartalen bis zu 20% verloren ,,!!!<br />
<strong>Die</strong> Frage, ob dieser Vorstand einfach unfähig zu solchen Analysen ist, oder komplizenhaft die Unfähigkeit<br />
der KBV oder sonst was verschleiern will, werde ich wohl mit ins Grab nehmen.<br />
Ein Dollpunkt wird das richtige Kodieren. Hier hängt die Geldzuweisung an die Kassen und damit<br />
auch nach BaWü <strong>von</strong> den eingegebenen ICD-Codes ab. Dafür winkt Arbeit satt: Ein 160-Seiten-<br />
Handbuch <strong>von</strong> einem Herrn S. Ysiphos, einem Mitbürger mit Migratonshintergrund erklärt "Wie<br />
ich meine Diagnosen verschlüssele"! Dauerdiagnosen sind passè! Nur quartalsfrische Ware genügt<br />
den Qualitätsanforderungen des modernen Datenverbrauchers und Gesundheitsökonomen!<br />
Sämtliche ärztlichen Einwände aus der Anfangszeit über die Kontroll-, Steuerungs- und "Kreativitäts-"potentiale<br />
der irren ICD-Kodierung werden jetzt Realität, das Abwiegeln der damaligen KV-<br />
Vorstände entlarvt deren – ja was eigentlich? Unvermögen? Komplizenschaft? Kurzsichtigkeit?<br />
Obrigkeitshörigkeit?<br />
Tatsache ist jedenfalls, dass sich ein Codierstreik wie seinerzeit die durchaus erfolgreiche DMP-<br />
Verweigerung zur Erhöhung der Vergütungen nicht lohnen kann. Er ist ein Schuss ins eigene Knie!<br />
<strong>Die</strong> Software der HA-Verträge ist hier erfreulich hilfreich und finanziert den teilnehmenden Kassen<br />
bereits heute einen Teil der Mehrvergütung, die es für HZV-Patienten gibt. Dass das Ganze bundesweit<br />
eine Nullnummer ist, steht auf einem anderen Blatt. Wir tun gut daran, nicht auf die Codierverweigerungs-Solidarität<br />
der "ausländischen" Kollegen zu hoffen. Bei der bundesweiten Honorarverteilung<br />
hat dieses Baden-Württembergische Vertrauen in Solidarität, Solidität und betriebswirtschaftlichen<br />
Menschenverstand schon einmal gemeinsam mit den westfälischen Kollegen<br />
zu einem sehr unfreiwilligen Aderlass geführt. Griechenland ist eben Asklepios' Heimat, die Wurzel<br />
unserer Kultur und überall.
Eine Herzensangelegenheit des Vorstandes war noch die Teilnahme <strong>von</strong> möglichst vielen separat<br />
angeschriebenen Praxen an ZI-PP, dem Praxisdatenpanel des ZI. Hier erhofft man sich Munition<br />
hinsichtlich künftiger Honorarverhandlungen durch den Nachweis höherer Praxiskosten (vor allem<br />
im Vergleich zu den Billiglohnländern im Fernen Osten) als bislang vom statistischen Bundesamt<br />
bekannt. Nun ja. Vielleicht hilft der Glaube…..<br />
Weiter entzündete sich ein Streit über einen Antrag der Notdienstkommission. <strong>Die</strong>se hatte die<br />
Idee, dass die Notdienstversorgung auf dem platten Lande mit einer landesweiten Grundpauschale<br />
wie in Südbaden etwas gestützt werden sollte. Das Land sollte 1 (!) € pro Einwohner/Jahr bereitstellen.<br />
Der resultierende Gesamtbetrag <strong>von</strong> 10 Mio p.a. hätte einen Betrag ergeben, der nicht<br />
einmal Köhlers Absenkung der Notdienstvergütung aufgewogen hätte. Eine vorgeschlagene Steigerung<br />
auf 1 € pro Quartal löste heftige Ängste vor Akzeptanzverlust aus. War wohl nicht leidliniengerecht,<br />
wurde dann aber doch als Forderung beschlossen.<br />
Demgegenüber singt HoGo immer noch das Lied vom harten, kulturfernen Leben auf dem Lande,<br />
dass die Ärzte <strong>von</strong> dort fern halte. Da dieses ja nicht zu ändern ist und dörfliches Doktor-Kino und<br />
Doktor-Oper als kulturelle Mehrwertnummern nicht in realer Reichweite sind, braucht die Sicherstellungsbehörde<br />
ja nix zu ändern. DAS KdÖR-Geschäftsmodell schlechthin!<br />
<strong>Die</strong> ahnungslosen Studenten hören es, glauben schaudernd das Heldenepos vom Plumpsklo-<br />
Überleben auf dem Lande und meiden diesen Höllenschlund. Denn Geld ist da auch nicht zu verdienen.<br />
Nur Mitleid.<br />
So wird das Wegerklären des eigentlichen Problems durch die Würdenträger zum Kernproblem:<br />
<strong>Die</strong> Marktwirtschaft ist zwar gepredigte Staatsreligion, aber im Körperschaftsbereich gilt Eminenz<br />
mehr als Evidenz. <strong>Die</strong> Gesetze der Preisbildung gelten jedenfalls nicht. "Allein mit finanziellen Anreizen<br />
wird man eine Infrastruktur nicht kompensieren können". Genau dieser eine HoGo-Satz ist<br />
fett unter seinem Portrait herausgehoben in einem zweiseitigen Artikel in der Ärztezeitung am Tag<br />
nach der VV. Es wird suggeriert, 13 €/Monat seien offensichtlich genug für die Rundum-Versorgung<br />
eines kranken GKV-Zwangsmitgliedes. Obwohl er auch Anderes sagte: Das Geld das Problem nicht<br />
löst, das bleibt kleben. Sehr professionell!<br />
Mittlerweile lernen wir medienvermittelt <strong>von</strong> unseren Elite-Nieten: Nur Planungskommissionen<br />
fehlen, die die nicht vorhandenen Ärzte gerecht verteilen. Und Koordinierungsräte. Und Runde<br />
Tische, die den 40% der Ärzte, die mit der Patientenversorgung nichts mehr zu tun haben wollen<br />
erklären, dass Armut die ultimative Nobilitierung durch die Gesellschaft bedeutet.<br />
Dass die hausärztlichen Realeinkommen aus der Versorgung kranker GKV-Mitglieder sich in den<br />
letzen 15 Jahren halbiert haben, KANN kein Grund sein, dass fast die Hälfte der deutschen Medizin-<br />
Absolventen alles tut, außer GKV-Patienten in Deutschland zu behandeln!!!<br />
Pikant sind in diesem Zusammenhang die Bremsversuche der etablierten Institutionen gegenüber<br />
dem geschäftstüchtigen und umtriebigen Heidelberger Prof. Szeszenyi. Der hat Staats-Knete für ein<br />
Programm zur Förderung der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum akquiriert. Bei den öffentlich<br />
rechtlichen verantwortlichen Schlafmützen hat das zu einem heftigen Weckreiz geführt. Es<br />
erwachten schwerste Bedenken, dass so ein Hecht im stillen Karpfenteich der öffentlich rechtlichen<br />
Institutionen fischt. Stoppt den Fördergeldraub! Wenigstens bei diesem Schlachtruf sind sich<br />
Kammer und KV (fast) einig.
Vielleicht sind alternative Gesundheitsläden in der dörflichen Mehrzweckhalle außerhalb der Turnstunden<br />
ein Ausweg für die ländliche Versorgung. Den Auszug aus der Liste der kalkulierbaren Vergütung<br />
für Pandemische Krankheitsbilder fand ich jedenfalls schon mal überzeugend. Erlaubt dem<br />
Arzt klare Kalkulation! Fordert aber auch Qualitääääät. Und erlaubt die Vereinigung <strong>von</strong> Beruf und<br />
Familie!<br />
Eine richtig gute Woche, ein gutes Händchen im QZV-Lostopf und beim Ausfüllen des Tippscheins<br />
für die im Juli anstehenden Wahlen für die Selbstverwaltung unseres uns verbindenden Elends<br />
wünscht<br />
Euer/Ihr Udo Schulte