Die protestantische Ethik und der Geist des Kapita- lismus - S-hb.de
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Vorbemerkung<br />
Universalgeschichtliche Probleme wird <strong><strong>de</strong>r</strong> Sohn <strong><strong>de</strong>r</strong> mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen europäischen Kulturwelt unvermeidlicher<br />
- <strong>und</strong> berechtigterweise unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Fragestellung behan<strong>de</strong>ln: welche Verkettung<br />
von Umstän<strong>de</strong>n hat dazu geführt, daß gera<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>s</strong> Okzi<strong>de</strong>nts, <strong>und</strong> nur hier,<br />
Kulturerscheinungen auftraten, welche doch - wie wenigstens wir uns gern vorstellen - in einer<br />
Entwicklungsrichtung von universeller Be<strong>de</strong>utung <strong>und</strong> Gültigkeit lagen?<br />
Nur im Okzi<strong>de</strong>nt gibt es »Wissenschaft« in <strong>de</strong>m Entwicklungsstadium, welches wir heute als<br />
»gültig« anerkennen. Empirische Kenntnisse, Nach<strong>de</strong>nken über Welt- <strong>und</strong> Lebensprobleme,<br />
philosophische <strong>und</strong> auch - obwohl die Vollentwicklung einer systematischen Theologie <strong>de</strong>m<br />
hellenistisch beeinflußten Christentum eignet (Ansätze nur im Islam <strong>und</strong> bei einigen indischen<br />
Sekten) - theologische Lebensweisheit tiefster Art, Wissen <strong>und</strong> Beobachtung von außeror<strong>de</strong>ntlicher<br />
Sublimierung hat es auch an<strong><strong>de</strong>r</strong>wärts, vor allem: in Indien, China, Babylon,<br />
Ägypten, gegeben. Aber: <strong><strong>de</strong>r</strong> babylonischen <strong>und</strong> je<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Astronomie fehlte - was ja die<br />
Entwicklung namentlich <strong><strong>de</strong>r</strong> babylonischen Sternk<strong>und</strong>e nur umso erstaunlicher macht - die<br />
mathematische F<strong>und</strong>amentierung, die erst die Hellenen ihr gaben. Der indischen Geometrie<br />
fehlte <strong><strong>de</strong>r</strong> rationale »Beweis«: wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um ein Produkt hellenischen <strong>Geist</strong>es, <strong><strong>de</strong>r</strong> auch die Mechanik<br />
<strong>und</strong> Physik zuerst geschaffen hat. Den nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Seite <strong><strong>de</strong>r</strong> Beobachtung überaus entwickelten<br />
indischen Naturwissenschaften fehlte das rationale Experiment: nach antiken Ansätzen<br />
wesentlich ein Produkt <strong><strong>de</strong>r</strong> Renaissance, <strong>und</strong> das mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ne Laboratorium, daher <strong><strong>de</strong>r</strong> namentlich<br />
in Indien empirisch-technisch hoch entwickelten Medizin die biologische <strong>und</strong> insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />
biochemische Gr<strong>und</strong>lage. Eine rationale Chemie fehlt allen Kulturgebieten außer <strong>de</strong>m<br />
Okzi<strong>de</strong>nt. Der hoch entwickelten chinesischen Geschichtsschreibung fehlt das thukydi<strong>de</strong>ische<br />
Pragma. Macchiavelli hat Vorläufer in Indien. Aber aller asiatischen Staatslehre fehlt eine <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
aristotelischen gleichartigen Systematik <strong>und</strong> die rationalen Begriffe überhaupt. Für eine rationale<br />
Rechtslehre fehlen an<strong><strong>de</strong>r</strong>wärts trotz aller Ansätze in Indien (Mimamsa - Schule), trotz<br />
umfassen<strong><strong>de</strong>r</strong> Kodifikationen beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s in Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>asien <strong>und</strong> trotz allem indischen <strong>und</strong> sonstigen<br />
Rechtsbücher, die streng juristischen Schemata <strong>und</strong> Denkformen <strong><strong>de</strong>s</strong> römischen <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
daran geschulten okzi<strong>de</strong>ntalen Rechtes. Ein Gebil<strong>de</strong> ferner wie das kanonische Recht kennt<br />
nur <strong><strong>de</strong>r</strong> Okzi<strong>de</strong>nt.<br />
Ähnlich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kunst. Das musikalische Gehör war bei an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Völkern anscheinend eher<br />
feiner entwickelt als heute bei uns je<strong>de</strong>nfalls nicht min<strong><strong>de</strong>r</strong> fein. Polyphonie verschie<strong>de</strong>ner Art<br />
war weithin über die Er<strong>de</strong> verbreitet, Zusammenwirken einer Mehrheit von Instrumenten <strong>und</strong><br />
auch das Diskantieren fin<strong>de</strong>t sich an<strong><strong>de</strong>r</strong>wärts. Alle unsere rationalen Tonintervalle waren auch<br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>wärts berechnet <strong>und</strong> bekannt. Aber rationale harmonische Musik: - sowohl Kontrapunktik<br />
wie Akkordharmonik, - Bildung <strong><strong>de</strong>s</strong> Tonmaterials auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Basis <strong><strong>de</strong>r</strong> drei Dreiklänge mit<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> harmonischen Terz, unsre, nicht distanzmäßig, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n in rationaler Form seit <strong><strong>de</strong>r</strong> Renaissance<br />
harmonisch ge<strong>de</strong>utete Chromatik <strong>und</strong> Enharmonik, unser Orchester mit seinem Streichquartett<br />
als Kern <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Organisation <strong><strong>de</strong>s</strong> Ensembles <strong><strong>de</strong>r</strong> Bläser, <strong><strong>de</strong>r</strong> Generalbaß, unsre Notenschrift<br />
(die erst das Komponieren <strong>und</strong> Üben mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ner Tonwerke, also ihre ganze Dauerexistenz<br />
überhaupt, ermöglicht), unsre Sonaten, Symphonien, Opern, - obwohl es Programmusik,<br />
Tonmalerei, Tonalteration <strong>und</strong> Ghromatik als Ausdrucksmittel in <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nsten<br />
Musiken gab, - <strong>und</strong> als Mittel zu <strong>de</strong>m alle unsre Gr<strong>und</strong>instrumente: Orgel, Klavier, Violine:<br />
dies alles gab es nur im Okzi<strong>de</strong>nt.<br />
Spitzbogen hat es als Dekorationsmittel auch an<strong><strong>de</strong>r</strong>wärts, in <strong><strong>de</strong>r</strong> Antike <strong>und</strong> in Asien, gegeben<br />
angeblich war auch das Spitzbogen - Kreuzgewölbe im Orient nicht unbekannt. Aber die rationale<br />
Verwendung <strong><strong>de</strong>s</strong> gotischen Gewölbes als Mittel <strong><strong>de</strong>r</strong> Schubverteilung <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Überwöl-