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Die protestantische Ethik und der Geist des Kapita- lismus - S-hb.de

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trat, in Indien aber keine mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ne Kalkulation <strong>und</strong> Bilanzierung schuf. Auch die Entstehung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Mathematik <strong>und</strong> Mechanik war nicht durch kapitalistische Interessen bedingt. Wohl aber<br />

wur<strong>de</strong> die technische Verwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse: dies für die Lebensordnung<br />

unsrer Massen Entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>, durch ökonomische Prämien bedingt, welche im Okzi<strong>de</strong>nt<br />

gera<strong>de</strong> darauf gesetzt waren. <strong>Die</strong>se Prämien aber flossen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Eigenart <strong><strong>de</strong>r</strong> Sozialordnung<br />

<strong><strong>de</strong>s</strong> Okzi<strong>de</strong>nts. Es wird also gefragt wer<strong>de</strong>n müssen: aus welchen Bestandteilen dieser<br />

Eigenart, da zweifellos nicht alle gleich wichtig gewesen sein wer<strong>de</strong>n. Zu <strong>de</strong>n unzweifelhaft<br />

wichtigen gehört die rationale Struktur <strong><strong>de</strong>s</strong> Rechts <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Verwaltung. Denn <strong><strong>de</strong>r</strong> mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ne<br />

rationale Betriebskapita<strong>lismus</strong> bedarf, wie <strong><strong>de</strong>r</strong> berechenbaren technischen Arbeitsmittel, so<br />

auch <strong><strong>de</strong>s</strong> berechenbaren Rechts <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Verwaltung nach formalen Regeln, ohne welche zwar<br />

Abenteurer-<strong>und</strong> spekulativer Händlerkapita<strong>lismus</strong> <strong>und</strong> alle möglichen Arten von politisch<br />

bedingtem <strong>Kapita</strong><strong>lismus</strong>, aber kein rationaler privatwirtschaftlicher Betrieb mit stehen<strong>de</strong>m<br />

<strong>Kapita</strong>l <strong>und</strong> sicherer Kalkulation möglich ist. Ein solches Recht <strong>und</strong> eine solche Verwaltung<br />

nun stellte <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirtschaftsführung in dieser rechtstechnischen <strong>und</strong> formalistischen Vollendung<br />

nur <strong><strong>de</strong>r</strong> Okzi<strong>de</strong>nt zur Verfügung. Woher hat er jenes Recht? wird man also fragen müssen.<br />

Es haben, neben an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Umstän<strong>de</strong>n, auch kapitalistische Interessen ihrerseits unzweifelhaft<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Herrschaft <strong><strong>de</strong>s</strong> an rationalem Recht fachgeschultem Juristenstan<strong><strong>de</strong>s</strong> in Rechtspflege<br />

<strong>und</strong> Verwaltung die Wege geebnet wie je<strong>de</strong> Untersuchung zeigt. Aber keineswegs nur o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

vornehmlich sie. Und nicht sie haben jenes Recht aus sich geschaffen. Son<strong><strong>de</strong>r</strong>n noch ganz<br />

andre Mächte waren bei dieser Entwicklung tätig. Und warum taten die kapitalistischen Interessen<br />

das gleiche nicht in China o<strong><strong>de</strong>r</strong> Indien? Warum lenkten dort überhaupt we<strong><strong>de</strong>r</strong> die wissenschaftliche<br />

noch die künstlerische noch die staatliche noch die wirtschaftliche Entwicklung<br />

in diejenigen Bahnen <strong><strong>de</strong>r</strong> Rationalisierung ein, welche <strong>de</strong>m Okzi<strong>de</strong>nt eigen sind?<br />

Denn es han<strong>de</strong>lt sich ja in all <strong>de</strong>n angeführten Fällen von Eigenart offenbar um einen spezifisch<br />

gearteten »Rationa<strong>lismus</strong>« <strong><strong>de</strong>r</strong> okzi<strong>de</strong>ntalen Kultur. Nun kann unter diesem Wort höchst<br />

Verschie<strong>de</strong>nes verstan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, - wie die späteren Darlegungen wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holt ver<strong>de</strong>utlichen<br />

wer<strong>de</strong>n. Es gibt z. B. »Rationalisierungen« <strong><strong>de</strong>r</strong> mystischen Kontemplation, also: von einem<br />

Verhalten, welches, von an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Lebensgebieten her gesehen, spezifisch »irrational« ist, ganz<br />

ebenso gut wie Rationalisierungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirtschaft, <strong><strong>de</strong>r</strong> Technik, <strong><strong>de</strong>s</strong> wissenschaftlichen Arbeitens,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Erziehung, <strong><strong>de</strong>s</strong> Krieges, <strong><strong>de</strong>r</strong> Rechtspflege <strong>und</strong> Verwaltung. Man kann ferner je<strong><strong>de</strong>s</strong><br />

dieser Gebiete unter höchst verschie<strong>de</strong>nen letzten Gesichtspunkten,<strong>und</strong> Zielrichtungen »rationalisieren«,<br />

<strong>und</strong> was von einem aus »rational« ist, kann, vom an<strong><strong>de</strong>r</strong>n aus betrachtet, »irrational«<br />

sein. Rationalisierungen hat es daher auf <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Lebensgebieten in höchst<br />

verschie<strong>de</strong>ner Art in allen Kulturkreisen gegeben. Charakteristisch für <strong><strong>de</strong>r</strong>en kulturgeschichtlichen<br />

Unterschied ist erst: welche Sphären <strong>und</strong> in welcher Richtung sie rationalisiert wur<strong>de</strong>n.<br />

Es kommt also zunächst wie<strong><strong>de</strong>r</strong> darauf an: die beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Eigenart <strong><strong>de</strong>s</strong> okzi<strong>de</strong>ntalen <strong>und</strong>, innerhalb<br />

dieses, <strong><strong>de</strong>s</strong> mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen okzi<strong>de</strong>ntalen, Rationa<strong>lismus</strong> zu erkennen <strong>und</strong> in ihrer Entstehung<br />

zu erklären. Je<strong><strong>de</strong>r</strong> solche Erklärungsversuch muß, <strong><strong>de</strong>r</strong> f<strong>und</strong>amentalen Be<strong>de</strong>utung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Wirtschaft entsprechend, vor allem die ökonomischen Bedingungen berücksichtigen. Aber es<br />

darf auch <strong><strong>de</strong>r</strong> umgekehrte Kausalzusammenhang darüber nicht unbeachtet bleiben. Denn wie<br />

von rationaler Technik <strong>und</strong> rationalem Recht, so ist <strong><strong>de</strong>r</strong> ökonomische Rationa<strong>lismus</strong> in seiner<br />

Entstehung auch von <strong><strong>de</strong>r</strong> Fähigkeit <strong>und</strong> Disposition <strong><strong>de</strong>r</strong> Menschen zu bestimmten Arten praktisch<br />

- rationaler Lebensführung überhaupt abhängig. Wo diese durch Hemmungen seelischer<br />

Art obstruiert war, da stieß auch die Entwicklung einer wirtschaftlich rationalen Lebensführung<br />

auf schwere innere Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>stän<strong>de</strong>. Zu <strong>de</strong>n wichtigsten formen<strong>de</strong>n Elementen <strong><strong>de</strong>r</strong> Lebensführung<br />

nun gehörten in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vergangenheit überall die magischen <strong>und</strong> religiösen Mächte <strong>und</strong><br />

die am Glauben an sie verankerten ethischen Pflichtvorstellungen. Von diesen ist in <strong>de</strong>n nachstehend<br />

gesammelten <strong>und</strong> ergänzten Aufsätzen die Re<strong>de</strong>.

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