Lichtblick-Predigten - Kirche Sommersdorf-Thann
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Hafen, Himmel, Hölle – was wird aus (m)einer Ehe?<br />
Gedanken zum 6. Gebot<br />
Predigt im 121.<strong>Lichtblick</strong>, Burgoberbach, Elfriede Bezold-Löhr<br />
Einleitung<br />
Na, Hand auf’s Herz: Wer hat vorgestern ferngesehen?<br />
... die Trauung des Jahrzehnts, am Bildschirm übertragen für geschätzte zwei Milliarden Menschen<br />
...<br />
... Kate und William, das neue britische Traumpaar ...<br />
... sie in elfenbeinfarbener Prachtrobe und er in königlicher Galauniform ...<br />
... Tränen der Rührung, prunkvoller Gottesdienst in Westminster Abbey, Pferdekutsche, jubelnde<br />
Massen auf den Straßen, Hochzeitskuss auf dem Balkon, Böllerschüsse und, und, und<br />
...<br />
Und miterleben konnte man das alles live und in minutiöser Genauigkeit – bei uns in Deutschland<br />
sogar auf zwei öffentlich-rechtlichen Programmen zur selben Zeit.<br />
Was war da los? Woher dieses unglaubliche Interesse an dieser Heirat von zwei jungen Leuten?<br />
Diese Hochzeit ist eine Hochglanzversion dessen, was viele von uns an Träumen mit einer<br />
Trauung verbinden. Die Partner haben zueinander aus freiem Willen ‚ja’ gesagt, sie sind aus<br />
Liebe zusammen. Der Rahmen ist vom Allerfeinsten. Nichts wird dem Zufall überlassen. Ein<br />
glanzvoller Auftakt für ein gemeinsames Leben, wie er schöner nicht mehr geht.<br />
Aber was kommt nach dem glanzvollen Auftakt?<br />
Was wird Kate und William in einem Jahr, in fünf Jahren, in zehn Jahren noch miteinander<br />
verbinden?<br />
Was verbindet dich heute, nach x Ehejahren, noch mit deinem Mann? Was verbindet dich mit<br />
deiner Frau?<br />
Hafen, Himmel, Hölle – was wird aus (m)einer Ehe? Wir hören heute, was die Bibel dazu<br />
sagt. Wir suchen Orientierung in Zeiten, in denen die Scheidungsraten stetig steigen, eine<br />
Trennung kein Tabu mehr ist und kein Grund zur Scham.<br />
Doch die entscheidende Frage lautet: Wozu werden wir durch unseren Glauben ermutigt?<br />
Der Blick in die Bibel<br />
Suche ich zu unserem heutigen Thema Aussagen in der Bibel, so stehen da zunächst unübersehbar<br />
zwei Aussagen im Raum:<br />
1. Gott will die Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau. Es ist seine schöpferische<br />
Idee: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Gehilfin machen, die um<br />
ihn sei.“ (1.Buch Mose, Kapitel 2, Vers 18)<br />
2. Und wenig später, schon im zweiten Buch Mose, wird klar: Die Verbindung zwischen einem<br />
Mann und einer Frau ist ein empfindsamer Bund. Er muss geschützt werden. Daher sehr<br />
deutlich innerhalb der zehn Gebote das sechste: Du sollst nicht ehebrechen. (2. Buch Mose,<br />
Kapitel 20, Vers 14.) Und noch viel drastischer, weil deutlich in den geforderten Konsequen-<br />
1
zen, im dritten Buch Mose im 20. Kapitel: „Wenn jemand die Ehe bricht mit der Frau seines<br />
Nächsten, so sollen beide des Todes sterben, Ehebrecher und Ehebrecherin.“<br />
Das ist Klartext. Jeder weiß, wie er dran ist. Aber ist das für uns heute hilfreich, wenn man die<br />
Ehe von Mann und Frau bewahren will durch die Androhung einer brutalen Bestrafung?<br />
Befragen wir Jesus zum Thema ‚Ehe’, finden wir in der Bergpredigt seine Meinung. Und die<br />
macht alles noch schwieriger und herausfordernder:<br />
„Schauen wir uns (...) ein anderes (d.h. das sechste, EBL) Gebot näher an. Ihr kennt es gut:<br />
‚Hände weg von der Frau eines anderen.’ (Heute würde Jesus sicher hinzufügen: ‚Hände weg<br />
vom Mann einer anderen.’ EBL) Manche meinen nun, das beziehe sich allein auf den körperlichen<br />
Kontakt. Wenn ihr mit Gott verbunden lebt, werdet ihr merken, dass der Unterschied<br />
zwischen manchen Fantasien und den entsprechenden Handlungen eigentlich oft gar nicht so<br />
groß ist. Es braucht nicht erst die eindeutige Tat, um die Treue gegenüber seiner Partnerin<br />
oder seinem Partner zu brechen. Da wir in diesem Bereich sehr angreifbar sind, sollten wir<br />
schon den ersten Gedanken mit wirklicher Radikalität begegnen.“ (Matth.5, 27 ff nach der<br />
Übersetzung ‚Willkommen daheim’.)<br />
„Es braucht nicht erst die eindeutige Tat, um die Treue gegenüber seiner Partnerin oder seinem<br />
Partner zu brechen.“ Sagt Jesus. Da frage ich Sie und euch: Geht das: als Frau nie die<br />
Attraktivität eines anderen Mannes empfinden? Als Mann nie denken: Das ist eine tolle Frau,<br />
wenn die nicht schon verheiratet wäre ....<br />
Wer nur so denkt, sagt Jesus hart, ist seinem Partner / seiner Partnerin schon untreu geworden<br />
und wird schuldig.<br />
Dann bin ich schuldig.<br />
Noch ein provozierender Impuls<br />
Ich lese gegenwärtig ein provozierendes Buch. Es hat den Titel: ‚Der heilige Hafen.’ (Leider<br />
schon wieder von einem Amerikaner geschrieben ☺, nämlich von einem gewissen Gary L.<br />
Thomas. Gary lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Huston, Texas und lehrt am<br />
Western Seminary in Portland, Oregon.)<br />
Er vertritt eine herausfordernde These zu dem, was die Ehe ist. Aus vielen Eheberatungen<br />
weiß Gary Thomas: Die Ehe kann alles das sein: Hafen. Himmel. Manchmal auch ‚Hölle’.<br />
Aber in alledem, so seine These, ist sie eine Chance. Eine Chance der Heiligung. Oder anders<br />
gesagt: Die Ehe ist die Chance, Jesus Christus ähnlicher zu werden.<br />
Er zitiert in seinem Buch Franz von Sales, einen bekannten christlichen Schriftsteller und<br />
Seelsorger. Der hatte schon im 17.Jahrhundert die Ehe beschrieben als eine<br />
„Thymianpflanze“, aus der man „trotz der natürlichen Bitterkeit ihres Saftes, den Honig eines<br />
heiligen Zusammenlebens ziehen und gewinnen“ kann. (Thomas, G.L.: Der heilige Hafen, S.<br />
7) G. L. Thomas weiter: „Man beachte, was Sales hier über die ‚natürliche Bitterkeit’ der Ehe<br />
schreibt. Wenn wir aus der Ehe einen geistlichen Nutzen ziehen wollen (und nur das ist nach<br />
G. L. Thomas auf lange Sicht der Sinn und Reiz einer Ehe!), müssen wir ehrlich sein und uns<br />
unseren Enttäuschungen, unseren großen und kleinen Hässlichkeiten und unserem Egoismus<br />
stellen. Wir müssen auch die Vorstellung über Bord werfen, dass man die Probleme in der<br />
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Ehe einfach dadurch lösen kann, dass man mehr betet oder die drei oder vier Gesetze für eine<br />
glückliche Ehe lernt. Die meisten von uns wissen schon, dass diese Eins-zwei-drei-Formeln<br />
nur oberflächlich wirken. Warum tun sie das? Weil wir uns eine tiefere Frage stellen müssen<br />
als die, wie wir unsere Ehe ‚besser machen’ können: Was, wenn Gott gar nicht will, dass die<br />
Ehe immer ‚einfach’ ist? Was, wenn er, als er die Ehe schuf, ein Ziel im Blick hatte, das weiter<br />
geht, als dass wir uns nur pausenlos ‚glücklich’ fühlen und auf Wolke Sieben schweben,<br />
so, als ob diese Welt schon das Paradies wäre? Was, wenn Gott die Ehe nicht so sehr dazu<br />
erschaffen hat, um uns glücklich zu machen, sondern vielmehr, um uns heilig zu machen?“<br />
(A.a.O., 7, Hervorhebungen durch EBL)<br />
Die Grundfarbe der Ehebeziehung: gegenseitige Hilfe<br />
Erinnert ihr euch an die entsprechende Passage aus der Schöpfungsgeschichte, die ich vorhin<br />
angesprochen hatte? Mann und Frau sind nach Gottes Vorstellung in erster Linie dazu da,<br />
dass sie einander gegenseitig helfen!<br />
Wer heiratet heute noch mit dieser Perspektive? Welcher Mann bindet sich an eine Frau, damit<br />
er ihr auf bestmögliche Weise helfen kann? Welche Frau heiratet ihren Freund, um ihn<br />
optimal zu unterstützen?<br />
Was wäre, wenn das vom heutigen Tag an das Leitmotiv für jede neu geschlossene Ehe wäre?<br />
Und in gleicher Weise für die Frau wie für den Mann gelten würde?<br />
Gary Thomas ist verheiratet mit Lisa. Sie haben inzwischen gemeinsam drei Kinder. Er<br />
schreibt sehr offen: „Die eigentliche Ehearbeit vollzieht sich im grauen Alltag, in der Tatsache,<br />
dass man 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche zusammengeworfen ist. Dies<br />
ist der Schmelztiegel, der uns nach und nach Jesus Christus ähnlicher macht. (...) Die Ehe ist<br />
ein Ruf in ein ganz neues, selbstloses Leben. So recht klar wurde mir dies vor ein paar Jahren,<br />
als Lisa und die Kinder eine Reise machten, während ich zu Hause saß und arbeitete. Zum<br />
ersten Mal in meinem Leben, so kam es mir vor, hatte ich den Samstag frei. So weit ich mich<br />
zurückerinnern konnte, hatte ich an jedem Samstagmorgen nach dem Aufwachen mit Lisa<br />
besprochen, was wir an diesem Wochenende als Familie unternehmen würden. Die Frage<br />
„Was möchte ich heute gerne machen?“ kannte ich fast schon nicht mehr – aber bevor ich<br />
heiratete, hatte ich sie mir fast jeden Samstagmorgen gestellt. Jede Situation, die mich dazu<br />
zwingt, meinem Egoismus ins Gesicht zu sehen, hat einen enormen geistlichen Wert. Und<br />
langsam, langsam dämmerte es mir, dass der eigentliche Sinn der Ehe vielleicht nicht so sehr<br />
das Glücklichsein als vielmehr das Heiligwerden ist.“<br />
Das ‚Jesus-ähnlicher-Werden’: Wer sich danach sehnt, der muss etwas lernen, was heutzutage<br />
absolut aus der Mode gekommen zu sein scheint: Das Dienen. „Wer unter euch der erste sein<br />
will, der diene den anderen“ (Matth.20, 26) – sagt Jesus einmal glasklar zu seinen Freunden.<br />
Ich glaube, dass uns Jesus damit eine ganz schlichte, aber wirksame ‚Beziehungshilfe’ an die<br />
Hand gibt. Sie entfaltet ihre tiefste Wirkung sicher in der Ehe oder Freundschaft, wenn sie von<br />
beiden Seiten gelebt wird.<br />
Ich ergänze das sechste Gebot aufgrund dieser Einsicht für mich um einen Satz:<br />
3
„Ihr sollt nicht ehebrechen. Helft einander stattdessen in eurer Ehe nach besten Kräften gegenseitig<br />
– das lässt euch geistlich reifen und stärkt eure Verbindung.“<br />
Amen.<br />
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